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Eurasische Wirtschaftsunion | bpb.de

Eurasische Wirtschaftsunion

M. Große Hüttmann

Die E. ist ein politisches und ökonomisches Projekt einer verstärkten Zusammenarbeit und (langfristig) einer Integration der Staaten, die bis zur Auflösung der Sowjetunion (1991) eine Union gebildet haben. Das Projekt geht zurück auf eine im Wahlkampf geäußerte Idee des im März 2012 wiedergewählten russ. Präsidenten Wladimir Putin; ähnliche Ideen zur Neuorganisation im sog. postsowjetischen Raum unter der Führung Russlands gehen zurück in die 1990er-Jahre. Die unmittelbar nach der Auflösung der Sowjetunion im Dezember 1991 gegründete GUS (Gemeinschaft Unabhängiger Staaten) hat die in sie gesteckten Erwartungen nicht erfüllt und ist heute bedeutungslos. Erklärtes Ziel der E. ist laut Putin nicht die Wiederherstellung der Sowjetunion, sondern eine neue Form der Kooperation und Integration, die sich bewusst an der Europäischen Union orientiert. Die E. soll eine gemeinsame Industrie-, Technologie- und Energiepolitik verfolgen, einen gemeinsamen Handelsraum bilden und einen freien Grenzverkehr ermöglichen. Den Kern der E. bilden Russland, Belarus und Kasachstan, welche schon 2011 ihre Zollschranken aufgehoben haben. Staaten, die später Mitglied in der E. geworden sind, sind Armenien (2014) und Kirgistan (2015). Im Januar 2014 nahm die E. formal die Arbeit auf. Eine formal unabhängige supranationale Kommission soll die politische Integration verwalten, und ein Gerichtshof der schon existierenden Eurasischen Wirtschaftsgemeinschaft soll die Einhaltung der Vereinbarungen kontrollieren. An der Spitze der E. steht der Oberste Eurasische Wirtschaftsrat; in ihm sind die Staats- und Regierungschefs der beteiligten Länder vertreten. Experten zweifeln, ob die vom russ. Präsidenten Putin vorangetriebene E. in erster Linie der Zusammenarbeit mit der EU dienen soll; eine andere Erklärung wäre, dass Russland mit der E. seine Machtansprüche im postsowjetischen Raum unterstreicht und Staaten wie Georgien und Ukraine, die eine Integration in die EU erwägen, von ihrer Westorientierung abbringen möchte, indem ein politisches und wirtschaftliches Alternativprojekt angeboten wird. Die E. steht nicht nur für die wirtschaftliche und politische Integration, sondern auch für eine engere Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Sicherheitspolitik im Rahmen der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit, einem Zusammenschluss von 7 GUS-Staaten. Die politische und wirtschaftliche Bilanz der E. nach den ersten 5 Jahren ist nach Ansicht von Experten jedoch ernüchternd (Stand 2019).

Literatur

  • Russian Analytical Digest: The Eurasian Union Project, No. 112, April 2012 (Download: www.res.ethz.ch).

aus: Große Hüttmann / Wehling, Das Europalexikon (3.Auflage), Bonn 2020, Verlag J. H. W. Dietz Nachf. GmbH. Autor des Artikels: M. Große Hüttmann

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