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Offene Methode der Koordinierung (OMK) | bpb.de

Offene Methode der Koordinierung (OMK)

A. Möller

Der Begriff O. umschreibt eine Reihe von im Detail unterschiedlichen Verfahren zum Austausch von Informationen und zur Koordinierung von politischen Entscheidungen zwischen den Regierungen der EU-Mitgliedstaaten. Angewendet wird die O. im Rahmen der »Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung« seit dem Jahr 2000 in so vielfältigen Bereichen wie etwa Forschung und Entwicklung, Beschäftigungs-, Gesundheits-, Jugend-, Migrations-, Renten-, Sozial-, Umwelt- und Unternehmenspolitik. Alle diese Bereiche haben gemeinsam, dass die supranationalen Institutionen der EU (Kommission, Ministerrat und Europäisches Parlament) keine oder nur sehr begrenzte Zuständigkeiten besitzen, um EU-weit verbindliche und einheitliche Regelungen zu erlassen. Dennoch haben die Mitgliedstaaten beschlossen, in diesen Politikfeldern zusammenzuarbeiten: Überall sind Reformen notwendig, und manchmal lohnt es sich, über den eigenen Tellerrand zu schauen. Es geht aber bei der O. nicht um eine Angleichung der nationalen Politiken durch europ. Recht, sondern um einen Informationsaustausch und die Suche nach bewährten Verfahren (»Best Practice«). Welche Modelle für eine zukunftsfähige Rentenpolitik gibt es in der EU? Wo und warum funktionieren sozialpolitische Maßnahmen am besten? Welches Land kann mir ein Vorbild für neue Ideen in der Jugendpolitik sein? In den Verfahren der O. legen die Mitgliedstaaten regelmäßig Berichte vor, die von der EU-Kommission gesammelt und ausgewertet werden. Aus diesen Informationen sollen dann »bewährte Verfahren« (»Best Practice «) ermittelt werden, die den EU-Mitgliedern als Orientierung für ihre Politikreformen dienen können. Die Anwendung der O. ist nicht unumstritten. Kritiker sehen in ihr v. a. eine schleichende Verlagerung von Zuständigkeiten weg von den Mitgliedstaaten und hin zu den europ. Institutionen, auch wenn diese in den Politikbereichen, die die O. betreffen, keine Gesetze erlassen, sondern lediglich die Zusammenarbeit der Regierungen unterstützen können. Ein wichtiger Vorteil der O. ist, dass sie es ermöglicht, auch in sensiblen Bereichen, die den Kern der Souveränität eines jeden EU-Landes berühren, Kooperationen zu ermöglichen. Durch eine »weiche« Zusammenarbeit unterhalb der Schwelle der »harten« Gesetzgebung kann man besser voneinander lernen und Reformen erleichtern.

Literatur

  • M. W. Bauer/R. Knöll: Die Methode der offenen Koordinierung. Zukunft europäischer Politikgestaltung oder schleichende Zentralisierung?, in: Aus Politik und Zeitgeschichte (APuZ), H. 01-02/2003, S. 34-39.

  • S. Borrás/C. M. Radaelli: Recalibrating the Open Method of Coordination. Sieps-Studie, Stockholm 2010 (Download: www.sieps.se).

aus: Große Hüttmann / Wehling, Das Europalexikon (3.Auflage), Bonn 2020, Verlag J. H. W. Dietz Nachf. GmbH. Autor des Artikels: A. Möller

Siehe auch:

Fussnoten

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