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Strategische Partnerschaften der EU

W. Hilz

Im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) strebt die EU auf einer Vielzahl politischer und ökonomischer Gebiete stabile Beziehungen zu wichtigen Staaten, Staatengruppen und internationalen Organisationen an. Aus den intensivierten Bemühungen um eine verbesserte außen- und sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit der EU zu Beginn des 21. Jahrhunderts ging das Instrument der S. hervor. Wie in der Europäischen Sicherheitsstrategie (ESS) 2003 fixiert, will die EU externen Bedrohungen der eigenen Werte und des Wohlstands begegnen, indem sie die Beziehungen zu denjenigen zentralen Akteuren ausbaut, die die Ziele und Werte der EU teilen. Dieses Bemühen um strukturierte Beziehungen hat zu sehr unterschiedlichen Vereinbarungen zwischen der EU und den als strategisch bedeutsam betrachteten Partnern geführt, die sowohl auf einzelne außenpolitische Felder beschränkt sein können als auch den kompletten auswärtigen Regelungsbereich umfassen. Die erste S., die einen intensiven Dialog zu allen Politikbereichen umfasst, hat die EU bereits 1995 mit den USA abgeschlossen. Seitdem finden mehrmals im Jahr Treffen auf verschiedenen Regierungsebenen und zu vielfältigen außen-, sicherheits- und wirtschaftspolitischen Themen statt. Im Zusammenhang mit dem Aufbau der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) wurde diese transatlantische Partnerschaft 2003 durch eine S. zwischen EU und NATO ergänzt. Dadurch werden die Detailregelungen zu den militärischen Kooperationsbeziehungen (»Berlin-Plus-Abkommen«) in einen allgemeinen Rahmen eingebettet. Im Jahr 2004 hat die EU S. mit Kanada und Japan abgeschlossen, die inhaltlich individuell auf das jeweilige Partnerland zugeschnitten sind. Neben der Abstimmung in Sicherheitsfragen werden darin z. B. der Austausch sicherheitsrelevanter Daten, Kulturfragen und Handelsaspekte angesprochen. Den S. mit bedeutenden Industrienationen folgten Vereinbarungen mit wichtigen Schwellenländern – Indien (2004), China (2005), Südafrika (2006), Brasilien (2007), Mexiko (2008) –, die primär auf die Intensivierung des regelmäßigen Meinungsaustauschs über die internationale Sicherheit, den Klimaschutz, die Intensivierung des Handels und regionalspezifische Anliegen abzielten. Bisher erfolglos blieben die Bemühungen um eine S. mit Russland seit 2003. Ähnlich wie in den stets angespannten Beziehungen zu China blieben die Bemühungen, sicherheitspolitische Herausforderungen, Rechtsfragen sowie energiepolitische Dynamiken in einen einvernehmlichen Rahmen zu fassen, in den Gesprächen mit Moskau bisher ergebnislos. Die Interessen der alten und neuen EU-Mitglieder erwiesen sich hierbei als oftmals unvereinbar. Die bisher abgeschlossenen S. ergänzen das Geflecht an politischen oder ökonomischen Abkommen der EU mit einzelnen Staaten oder Regionen (Freihandels- und Assoziierungsabkommen, Europäische Nachbarschaftspolitik ENP, »Östliche Partnerschaft«, Mittelmeerunion, Cotonou-Abkommen u. a.). Damit gelingt die beabsichtigte Ausweitung der Dialogstrukturen auf weltpolitisch wichtige Staaten. Eine weitergehende inhaltliche Koordinierung der Politiken angesichts neuer Herausforderungen ist jedoch nur mit denjenigen Partnern zu erwarten, die auf einer ähnlichen Wertebasis wie die EU-Mitglieder handeln. Die begrenzte S. mit China und das weiterhin erfolglose Bemühen um ein Abkommen mit Russland weisen auf die Schwächen dieses flexiblen, aber zugleich unverbindlichen Instruments auswärtigen Handelns der EU hin.

Literatur

  • A. Bendiek/H. Kramer (Hg.): Globale Außenpolitik der Europäischen Union. Interregionale Beziehungen und »strategische Partnerschaften«, Baden-Baden 2009.

aus: Große Hüttmann / Wehling, Das Europalexikon (3.Auflage), Bonn 2020, Verlag J. H. W. Dietz Nachf. GmbH. Autor des Artikels: W. Hilz

Siehe auch:

Fussnoten

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