27.2.2014
50 Jahre "Fünf Wirtschaftsweise"
Am 28. Februar 1964 haben die "Wirtschaftsweisen" ihre Arbeit aufgenommen. Fünf Mitglieder gehören dem Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung an. In ihren Jahresgutachten analysieren die Wissenschaftler die Konjunktur und empfehlen wirtschaftspolitische Maßnahmen. 2013 war ihr Gutachten umstritten.
Die Regierung von Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) rief den Sachverständigenrat - umgangssprachlich die "fünf Wirtschaftsweisen" genannt - zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung unter Federführung von Wirtschaftsminister Ludwig Erhard (CDU) ins Leben. Mit dem wissenschaftlichen Gremium sollte nach den Vorstellungen Erhards den vielen Einzelinteressen der Wirtschaftsakteure eine neutrale, wissenschaftlich fundierte Expertenmeinung gegenübergestellt werden - mit dem Ziel, zur "Versachlichung" von Konflikten und Entscheidungen beizutragen.
Am 28. Februar 1964 nahm das Gremium seine Arbeit auf. Im Laufe der 50-jährigen Geschichte des Rats haben sich die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen geändert, Aufgabe und Funktion des Gutachtergremiums sind im Großen und Ganzen aber gleich geblieben.
Zusammensetzung und Grundlagen der Arbeit
Der Sachverständigenrat ist politisch unabhängig und setzt sich aus fünf Mitgliedern zusammen, die über besondere wirtschaftswissenschaftliche Kompetenz und volkswirtschaftliche Erfahrung verfügen müssen. Im Sinne der Neutralität dürfen die Mitglieder weder Parlament, Regierung oder Verwaltung von Bund und Ländern angehören, noch Repräsentanten der Tarifparteien sein. Der Bundespräsident ernennt sie für einen Zeitraum von jeweils fünf Jahren auf Vorschlag der Bundesregierung, wobei im Rotationssystem jedes Jahr ein Mitglied ausscheidet.Mitglied | Im Rat seit |
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Prof. Dr. Christoph M. Schmidt, Vorsitzender | März 2009, Vorsitzender seit März 2013 |
Prof. Dr. Peter Bofinger | März 2004 |
Prof. Dr. Claudia M. Buch | März 2012 |
Prof. Dr. Lars P. Feld | März 2011 |
Prof. Volker Wieland, Ph.D. | März 2013 |
Das Gremium selbst wählt einen Vorsitzenden für die Dauer von drei Jahren. Derzeit übernimmt diese Aufgabe Christoph Schmidt. Er ist Präsident des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) und Professor für Wirtschaftspolitik und angewandte Ökonometrie an der Ruhr-Universität Bochum. Den Sachverständigenrat unterstützen eine Geschäftsstelle, die beim Statistischen Bundesamt angesiedelt ist, sowie ein wissenschaftlicher Stab.
Jahresgutachten im November
Eine zentrale Aufgabe der Wirtschaftsweisen ist es, die gesamtwirtschaftliche Lage und Entwicklung Deutschlands zu analysieren. Im Gesetz heißt es wörtlich: "Zur periodischen Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland und zur Erleichterung der Urteilsbildung bei allen wirtschaftspolitisch verantwortlichen Instanzen sowie in der Öffentlichkeit wird ein Rat von unabhängigen Sachverständigen gebildet".Dabei sollen die Wirtschaftsweisen auch auf mögliche Fehlentwicklungen aufmerksam machen und Möglichkeiten aufzeigen, wie diese verändert werden können. Mitte November legt der Sachverständigenrat sein jährliches Jahresgutachten vor, zu dem die Bundesregierung laut Gesetz spätestens nach acht Wochen Stellung beziehen soll.
Gremium kritisiert "rückwärtsgewandte Wirtschaftspolitik"

Die vergleichsweise gute wirtschaftliche Situation Deutschlands sei vor allem ein Resultat der Reformen der Agenda 2010, die nicht in Frage gestellt, sondern weiter vorangetrieben werden müsse, so das Urteil der Ökonomen. Diskutierte Maßnahmen wie die Mütterrente, die Aufstockung von niedrigen Renten oder Ausnahmen von der Rente mit 67 gingen überwiegend zu Lasten kommender Generationen. Das Gutachten war in der Öffentlichkeit umstritten: Wissenschaftler, Gewerkschaften und Arbeitgebervertreter kommentierten die Aussagen kontrovers.
Reaktion der Bundesregierung
Am 12. Februar verabschiedete die Bundesregierung den Jahreswirtschaftsbericht 2014, der auch Bezug auf das Jahresgutachten des Sachverständigenrats nimmt. Laut Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) entwickelt sich die deutsche Wirtschaft weiterhin positiv. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt werde in diesem Jahr voraussichtlich um 1,8 Prozent steigen. Auch auf dem Arbeitsmarkt gibt es demnach positive Impulse: Die Erwerbstätigkeit soll laut Jahreswirtschaftsbericht 2014 um 240.000 Personen auf 42,1 Millionen steigen.- Boris Gehlen: Konzepte der Finanzpolitik im Wandel
- Steffen J. Roth: Welche Aufgaben bleiben der Politik in der Marktwirtschaft?
- Klaus-Peter Kruber, Anna Lena Mees, Christian Meyer: Strukturen der internationalen Währungs- und Finanzpolitik