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Klimawandel und Klimaschutz | Umweltpolitik | bpb.de

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Klimawandel und Klimaschutz

Felix Christian Matthes

/ 19 Minuten zu lesen

Um die Folgen des Klimawandels zu begrenzen, sollen die Treibhausgase reduziert werden. (© picture-alliance/AP)

Einleitung

Der durch menschliche Aktivitäten verursachte Klimawandel verstärkt paradoxerweise einen Effekt, durch den das Leben auf der Erde erst möglich wurde. Die so genannten Treibhausgase in der Erdatmosphäre vermindern die Wärmerückstrahlung von der Erdoberfläche in das Weltall und speichern die entsprechende Energie in der Erdatmosphäre. Ohne den natürlichen Treibhauseffekt, der vor allem durch den in der Atmosphäre vorhandenen Wasserdampf (vor allem Wolken) und Kohlendioxid (aus organischen Kreisläufen) herbeigeführt wird, läge die bodennahe Durchschnittstemperatur der Erde nicht bei etwa 14 °C über, sondern ungefähr bei 19 °C unter Null.

Anthropogener Treibhauseffekt

Neben diesen lebensnotwendigen natürlichen Treibhauseffekt tritt jedoch seit Beginn der Industrialisierung im 19. Jahrhundert der menschlich verursachte (anthropogene) Treibhauseffekt. Er ist auf den rapiden Anstieg der Emissionen von Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4), Lachgas (N2O) und anderen synthetischen Gasen zurückzuführen, die sich in der Atmosphäre konzentrieren. So ist die Konzentration von CO2 in der Erdatmosphäre seit dem vorindustriellen Zeitalter von 280 ppmv (parts per million in volume, Millionstel Volumenanteile) auf aktuell 377 angestiegen, bei Methan stieg die Konzentration von 730 ppbv (parts per billion in volume, Milliardstel Volumenanteile) auf 1847 ppbv, bei Lachgas von 270 auf 319 ppbv. Andere Treibhausgase wie Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW), wasserstoffhaltige Fluorkohlenwasserstoffe (HFKW, englisch: HFC) oder perfluorierte Kohlenwasserstoffe (FKW, englisch: PFC) und Schwefelhexfluorid (SF6) kommen in der natürlichen Zusammensetzung der Erdatmosphäre nicht vor. Sie sind in ihren Konzentrationen während der letzten Jahre erheblich gestiegen.

Der Treibhauseffekt

Die aktuellen Konzentrationen der verschiedenen FCKW betragen heute bis zu 545 pptv (parts per trillion in volume, Billionstel Volumenanteile), bei verschiedenen HFKW 14 pptv sowie bei SF6 etwa fünf pptv. Eine besondere Brisanz ergibt sich bei den synthetischen Treibhausgasen FCKW, HFKW, FKW und SF6, weil sie teilweise außerordentlich lange in der Atmosphäre verweilen (bei SF6 beispielsweise für 3200 Jahre) sowie eine durchgängig sehr hohe Treibhauswirkung haben.

Weitgehend zweifelsfrei nachgewiesen ist inzwischen, dass diese Erhöhung der Treibhausgaskonzentrationen maßgeblich zu der im letzten Jahrhundert beobachteten Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur in Bodennähe von circa 0,74 °C (± 0,2 °C) beigetragen hat. Nun hat es natürliche Schwankungen bei den Durchschnittstemperaturen innerhalb sehr langer Perioden immer gegeben (Warm- und Kaltzeiten). Besorgniserregend ist aber nicht nur die Größenordnung des Temperaturanstieges, sondern vor allem dessen Geschwindigkeit. Niemals in den letzten 1000 Jahren ist ein derartig schneller Temperaturanstieg verzeichnet worden. Gleichzeitig ist die Konzentration des wichtigsten Treibhausgases CO2 in den letzten 20 000 Jahren niemals so schnell angestiegen. Sie verzeichnet heute Werte, die in den vergangenen hunderttausend Jahren nicht erreicht wurden.

Projektionen für die zukünftige Entwicklung der Treibhausgasemissionen und Modellrechnungen für die daraus resultierenden Klimaeffekte zeigen, dass die weltweite bodennahe Durchschnittstemperatur gegen Ende des 21. Jahrhunderts im Vergleich zu 1990 um zwischen 1,1 und 6,4 °C ansteigen könnte. Die Bandbreite der Temperaturprognosen ist dabei nicht nur auf wissenschaftliche Unsicherheiten zurückzuführen, sondern berücksichtigt vor allem verschiedene Emissionsverläufe. In Abhängigkeit von den unterstellten Emissionsverläufen ergibt sich als beste Abschätzung eine Bandbreite der Temperaturerhöhung von 1,8 bis 4,0 °C. Setzen sich die heute beobachteten Emissionstrends fort, so ist für das Jahr 2100 - ebenfalls im Vergleich zu 1990 - mit einer Temperaturerhöhung von 3,4 bis 4,0 °C (bei einer Unsicherheit der Modelle von etwa ±1 °C) zu rechnen. Die Folgen einer solch großen und schnellen Temperaturerhöhung können gravierend sein.

Folgen für Ökosysteme und Gesellschaften

Die globale Erwärmung kann zu verschiedenen Effekten führen, die wiederum erheblichen Einfluss auf Ökosysteme und menschliche Gesellschaften haben können. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die durch den Treibhauseffekt bedingten Temperaturerhöhungen nicht gleichmäßig vollziehen. Vor allem über den Landmassen der Kontinente werden die Temperaturen deutlicher steigen als über den Ozeanen. Als sehr wahrscheinlich gilt heute, dass folgende Veränderungen eintreten werden:

  • Der Meeresspiegel steigt signifikant (durch die thermische Ausdehnung der Wassermassen sowie das Abschmelzen der Polarkappen),

  • Gletscher schmelzen ab,

  • die Extremtemperaturen erhöhen sich,

  • Temperaturspreizungen im Tagesverlauf vermindern sich,

  • Niederschläge werden heftiger und

  • Trockenzeiten werden länger, wodurch die Dürregefahr wächst.

QuellentextKlimaforschung am sterbenden Gletscher

[...] Im Schneefernerhaus, 2650 Meter über Normalnull, hat der Naturwissenschaftler Ludwig Ries zwar nur ein schmuckloses Büro, dafür aber eine grandiose Aussicht: das Alpenpanorama, bei gutem Wetter mit Blick bis nach Italien. [...] Der Beamte führt Buch über die Folgen des industriellen Lebensstils.
Nirgendwo in Deutschland geht das besser als auf der Zugspitze, weit weg von Autos und Fabriken. Unverfälscht durch lokale Abgasquellen lässt sich hier oben beobachten, wie sich die Erdatmosphäre verändert. Genau das registriert Ludwig Ries, unterstützt von einer Armada maschineller Helfer.
Ries merkt zum Beispiel, wie die Erde atmet. Im Sommer, wenn die Bäume nördlich des Äquators Blätter tragen und per Fotosynthese Kohlenstoff in Sauerstoff verwandeln, misst er regelmäßig niedrigere Kohlendioxidwerte als im Winter, wenn viele Pflanzen ruhen. Allerdings beobachtet Ries auch eine andere, beängstigende Regelmäßigkeit: Jahr für Jahr, sommers wie winters, entdeckt er mehr Kohlendioxid in der Zugspitzluft - mehr von jenem an sich ungiftigen Gas, das Auspuffrohren, Kaminen, Schornsteinen entweicht, sich in der Atmosphäre ansammelt und maßgeblich für die globale Erwärmung sorgt. Davon sind jedenfalls die meisten Klimaforscher überzeugt. Ries auch. Alle fünf Minuten wertet sein sensibles Labor, eine Spezialanfertigung, ein Quäntchen Zugspitzluft aus. Ries berechnet daraus Halbstundenwerte, Tageswerte, Monatswerte, schließlich einen Jahreswert, ermittelt aus mehr als 100 000 Einzelmessungen. Es sind winzige Zahlen, mit denen sich Ries beschäftigt,sein Interesse gilt der dritten, vierten Stelle hinter dem Komma, Millionstel Anteilen Kohlendioxid in der Luft. Die unverkennbare Tendenz: Es werden immer mehr Millionstel. Im Oktober 1999, kurz nachdem Ries mit dem Messen anfing, spürte er 365 auf; im Oktober 2004 war der Wert auf 376 (Wert dieser speziellen Messstelle - Anm. d. Red.) geklettert.
11 Millionstel mehr - Laien mag das wenig erscheinen, Experten wie Ries nicht. Luftbläschen im ewigen Eis haben Forschern verraten, wie viel Millionstel CO2 früher in der Luft waren, bevor die Menschen anfingen, Kohle, Öl und Gas in großem Stil zu verbrennen: 280. Seitdem haben die Hinterlassenschaften von Fabriken, Häusern und Autos die CO2-Konzentration um rund 100 Millionstel steigen lassen, 10 Prozent davon allein während der vergangenen fünf Jahre. [...]
Wenn Ludwig Ries aus seinem Arbeitszimmer schaut, fällt sein Blick auf das Überbleibsel vermeintlich ewigen Eises: auf den sterbenden Schneeferner. Einst bedeckte der Gletscher 300 Hektar, inzwischen ist er auf weniger als 50 geschrumpft. In spätestens 25 Jahren wird er verschwunden sein, aufgeleckt von der sommerlichen Sonne: ein Opfer des Klimawandels.
Früher, zwischen 1961 und 1990, während der letzten so genannten klimatologischen Normalperiode, maßen die Beobachter des Deutschen Wetterdienstes auf dem Zugspitzgipfel sommerliche Durchschnittstemperaturen von 1,5 Grad. Der Schneeferner schrumpfte, aber die winterlichen Schneefälle ließen Eis nachwachsen. Es schneit auch heute noch auf der Zugspitze, aber die Eisverluste im Sommer macht der Neuschnee im Winter längst nicht mehr wett: 2,2 Grad zeigte das Thermometer im Sommer 1999, in den Jahren darauf 2,3, dann 2,4, schließlich 3,2, im vergangenen Jahr gar 5,2 Grad. Das allein kostete mehrere Meter Eis [...].
Weltweit ist die Durchschnittstemperatur im vergangenen Jahrhundert um 0,7 Grad gestiegen, in Deutschland um 0,9 Grad. [...] Klimaforscher wissen, dass schon kleine Veränderungen meteoro-logischer Mittelwerte extreme Wetterereignisse um ein Vielfaches wahrscheinlicher machen. Nach Feststellung des Deutschen Wetterdienstes wird Deutschland zum Beispiel deutlich häufiger als früher von so genannten Troglagen heimgesucht, einer Wetterlage, die dem Einzugsgebiet der Elbe vor zwei Jahren die heftigen Niederschläge und das verheerende Hochwasser bescherte. Derweil hat der Frankfurter Meteorologe Christian-Dietrich Schönwiese errechnet, dass die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten eines Hitzesommers à la 2003 in den vergangenen zwei Jahrzehnten um das Zwanzigfache gestiegen ist.
"Wir spüren die Auswirkungen der globalen Klimaänderung immer deutlicher", heißt es im jüngsten Naturkatastrophen-Report der Münchener Rückversicherung. Die Hitze des vergangenen Jahres kommentiert das Unternehmen mit den Worten: "Die Zukunft hat bereits begonnen." [...]

Fritz Vorholz, "Deutschland im Fieber", in: Die Zeit Nr. 51 vom 9. Dezember 2004

Noch nicht abschließend nachgewiesen ist die durch den Klimawandel bedingte Zunahme anderer extremer Wetterereignisse wie Hurrikane oder Taifune; die Wahrscheinlichkeit solcher Effekte ist jedoch keineswegs vernachlässig-bar. Langfristig können da--rüber hinaus auch gravierende Störungen globaler Zyklen entstehen, wie zum Beispiel der irreversible Abriss des Golfstroms im Atlantik, dessen Wärmetransport das vergleichsweise warme Klima Europas sichert.

Solche Veränderungen haben Folgen. So werden gerade in Regionen, deren Wasserhaushalt ohnehin schon stark beansprucht wird, die Probleme der Wasserversorgung zunehmen. Vor neuen Herausforderungen werden aber auchRegionen stehen, deren Wasserversorgung in erheblichem Maße von Gletschern gespeist wird. Die erhöhte Niederschlagsintensität auf der einen Seite und die Gefahr von höheren Extremtemperaturen und Trockenheiten auf der anderen Seite können für die Nahrungsmittelversorgung in vielen Regionen zu Problemen führen. Sowohl der Anstieg des Meeresspiegels als auch die Niederschlagsintensitäten werden mit hoher Wahrscheinlichkeit die Überflutungsgefährdungen für einige Regionen der Erde verstärken, wobei besonders - aber keineswegs nur - die oft dicht besiedelten Küstenregionen betroffen sind. Die Verschiebung von Klima- und Vegetationszonen und die Tendenz zu extremeren Temperaturen werden die Gesundheitsprobleme - etwa eine erhöhte Gefährdung durch Malaria, Dengue-Fieber oder Hitzestress - vergrößern. Der Zusammenhang zwischen erhöhten Extremtemperaturen und der Zahl der Todesfälle durch Hitzestress ist beispielsweise mittlerweile statistisch gut nachgewiesen.

Mit der Verschiebung von Temperatur- und Vegetationszonen wie auchder Heftigkeit verschiedener Wetterereignisse werden viele Ökosysteme der Erde (von arktischen Lebensräumen bis zu australischen Unterwasser-Riffs) durch den globalen Klimawandel absehbar unwiederbringlich geschädigt.

Karikatur: Erderwärmung

Ein wesentliches Merkmal des Klimawandels ist, dass seine Folgen ungleich über die Erde verteilt sind. Die Kapazitäten der verschiedenen Gesellschaften, zumindest einige Effekte des Klimawandels abzuschwächen oder auszugleichen (vom Bau von Deichen und Dämmen bis zur Gesundheitsversorgung), sind höchst unterschiedlich. So ist die Verletzlichkeit vieler Entwicklungsländer mit Blick auf die Folgen des Klimawandels deutlich höher als die der hoch entwickelten Industriestaaten. Sie leiden unter ungünstigeren klimatischen Vorbedingungen, Kapitalmangel, schlechterer Infrastrukturund Defiziten in der Bildung. Nicht nur das naturwissenschaftliche Phänomen des Klimawandels,sondern auch seine politische Dimension ist globaler Natur. Die Industriestaaten verantworten heute den größten Teil der Treibhausgasemissionen mit Folgen vor allem für die Entwicklungsländer. Eine wichtige Dimension des Klimawandels ist also auch die globale Verteilungswirkung seiner Folgen. Vor diesem Hintergrund erwachsen aus der Klimaproblematik auch erhebliche sicherheitspolitische Probleme und Handlungsnotwendigkeiten.

Die verschiedenen Mechanismen des globalen Klimawandels und seine Folgen für Natur und Menschen sind noch längst nicht abschließend erforscht. Doch die bereits vorliegenden wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse machen es möglich und notwendig, Zielvorgaben festzuschreiben, mit denen die Folgen des Klimawandels auf ein gerade noch tolerier- bzw. kompensierbares Maß begrenzt werden könnten.

Von zunehmender Bedeutung ist hier der "2 Grad-Ansatz", nach dem die Erhöhung der globalen Mitteltemperatur bis zum Ende dieses Jahrhunderts auf maximal zwei Grad im Vergleich zu dem Temperaturniveau in der vorindustriellen Zeit begrenzt werden soll. Als zusätzliche Bedingung wird in einigen Analysen gefordert, neben dieser langfristigen Begrenzung die Geschwindigkeit des Temperaturanstiegs auf maximal 0,2 °C pro Dekade zu reduzieren.

Übertragen auf die damit verbundene Begrenzung der weltweiten Treibhausgasemissionen bedeutet dies, deren Aufkommen - je nach zeitlicher Ausprägung des Emissionsverlaufs (wann wird der weltweite Höhepunkt der Emissionen erreicht und wie schnell werden sie dann vermindert) - bis Mitte des Jahrhunderts um mindestens 50 Prozent zu reduzieren und bis zum Ende des Jahrhunderts nahezu vollständig zu vermeiden.

Verursachende Bereiche

Der weltweite Ausstoß von Treibhausgasen ist seit Ende der 1990er Jahre deutlich angestiegen, nachdem er wegen des wirtschaftlichen Zusammenbruchs des sozialistischen Staatenblocks und wegen der Asienkrise kurzzeitig stagniert hatte. Aktuell liegen die gesamten Treibhausgasemissionen - gemessen in Kohlendioxid-Äquivalenten - bei etwa 50 Milliarden Tonnen jährlich. Etwa 77 Prozent des gesamten Emissionsvolumens entfallen dabei auf Kohlendioxid und davon fast drei Viertel auf die CO2-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Energieträger. Die verbleibenden CO2-Emissionen stammen vor allem aus Änderungen der Landnutzung (Entwaldung in einigen Regionen der Erde) sowie bestimmten Industrieprozessen wie der Herstellung von Zement und Kalk. Der Methan-Ausstoß repräsentiert etwa 14 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen und wird vor allem durch die Landwirtschaft (Tierhaltung und Reisanbau) verursacht. Größere Methan-Emissionen kommen auch aus der Abfall- und Energiewirtschaft. Etwa acht Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen bestehen aus Lachgas, das ganz überwiegend ebenfalls durch die Landwirtschaft (Bodenbewirtschaftung) verursacht wird. Die synthetischen Treibhausgase (HFKW, FKW, FCKW, SF6) spielen mit einem Anteil von etwa einem Prozent im Vergleich zu den anderen Treibhausgasen noch keine wesentliche Rolle, doch auch sie werden durch das starke Emissionswachstum in der jüngsten Vergangenheit zum Problem - insbesondere wegen ihrer teilweise extrem langen Lebenszeit.

Diese kurze Analyse zeigt bereits, dass Maßnahmen zur Verminderung des Treibhauseffekts besonders zwei sensible Wirtschaftsbereiche berühren: die Energiewirtschaft und die Landwirtschaft, damit also auch die Sicherheit der Energieversorgung und der Ernährung. Bereits diese Tatsache lässt auf die massiven Herausforderungen und die besondere Brisanz von Klimaschutzpolitik schließen.

Anteilsstrukturen

Eine vertiefte Analyse der Verursacherstrukturen unterstreicht diese These. Etwa 41 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Energieträger waren im Jahr 2005 der Kohlenutzung zuzurechnen, knapp 39 Prozent dem Verbrauch von Erdöl und etwa 20 Prozent dem Erdgaseinsatz. Eine besondere Rolle spielt dieStromerzeugung, die weltweit etwa 41 Prozent der energiebedingten CO2-Emissionen verursacht. Den zweitgrößten Verursacherbereich bildet weltweit der Verkehrssektor mit einem Beitrag von etwa 20 Prozent. Der Emissionsbeitrag der anderen Industriezweige liegt mit fast 20 Prozent in einer ähnlichen Größenordnung. Die privaten Haushalte und der Dienstleistungssektor zeichnen weltweit für etwa 12 Prozent der energiebedingten CO2-Emissionen verantwortlich.

Auch wenn die Treibhausgasemissionen in allen Sektoren zurückgeführt werden müssen, verdeutlichen die Zahlen, dass ohne eine Umgestaltung des Stromversorgungs- und des Verkehrssystems die Treibhausgasemissionen nicht in ausreichendem Maß vermindert werden können. Dies heißt nicht, dass Maßnahmen in den anderen Verursacherbereichen vernachlässigt werden dürfen. Ohne eine Änderung der Technologie- und Brennstoffbasis für die Stromerzeugung und den Verkehrssektor bleiben aber selbst massive Emissionsminderungen in den anderen Bereichen (wie zum Beispiel in Industrie und Haushalten oder in der Land- und Abfallwirtschaft) unzureichend für die Lösung des Klimaproblems.

Woher die Treibhausgase kommen

Bemerkenswert ist auch, wie unterschiedlich sich die Emissionswerte auf der Welt entwickeln. Die Industriestaaten verursachen etwa 46 Prozent der globalen Treibhausemissionen, wobei der Anteil bei den energiebedingten Kohlendioxid-Emissionen bei knapp 60 Prozent liegt. Bei den zu wesentlichen Teilen von der Landwirtschaft verursachten Methan-Emissionen entfallen dagegen auf die Entwicklungsländer knapp zwei Drittel, die Industriestaaten tragen hier nur mit etwa einem Drittel bei.

Noch immer bilden also die europäischen, nord-amerikanischen und pazifischen OECD-Staaten sowie Russland den weltweit größten Verursacherblock. Die stark wachsenden Volkwirtschaften der Entwicklungs- und Schwellenländer vor allem in Asien und Südamerika und die dort schnell zunehmenden Treibhausgasemissionen sind jedoch inzwischen für den Klimaschutz von wachsender Bedeutung. Auch wenn die jüngsten Entwicklungen nichts an der Tatsache ändern, dass die OECD-Staaten in der historischen Perspektive den weitaus größten Teil der Verantwortung für den Klimawandel tragen - zur notwendigen Trendumkehr bei den Treibhausgasemissionen werden spätestens mittelfristig auch die Entwicklungs- und Schwellenländer deutlich beitragen müssen.

Handlungsstrategien

Für die notwendige Trendwende bei den Treibhausgasemissionen gibt es verschiedene Strategien, die am Beispiel der fossilen Energieträger vorgestellt werden.

  • Es existiert ein großes Potenzial zur Energieeinsparung, die in vielen Fällen zumindest langfristig auch wirtschaftlich attraktiv ist. Eine signifikante Erhöhung der Energieeffizienz bildet eine der zentralen Säulen jeder Klimaschutzstrategie. Dabei wird zwischen Möglichkeiten zur Energieeinsparung in den Endverbrauchssektoren (Industrie, Dienstleistungen, Haushalte, Verkehr) und in den Energieindustrien (wie verbesserte Wirkungsgrade von Kraftwerken, kombinierte Erzeugung von Strom und Wärme in Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung, Verbesserung der Umwandlungseffizienz von Raffinerien) unterschieden.

  • Energieträger mit hohen Emissionen wie Kohle können durch emissionsärmere Energieträger wie beispielsweise Erdgas ersetzt werden. (Die CO2-Emissionen bei der Verbrennung von Erdgas liegen bei etwa der Hälfte der Emissionen, die bei der Kohleverbrennung anfallen.) Auch können fossile Energieträger wie Kohle und Erdgas in einigen Bereichen durch Energietechnologien ohne CO2-Emissionen wie erneuerbare Energien oder auch die Kernenergie abgelöst werden. Da die Nutzung der Kernenergie andere Umwelt- und Sicherheitsrisiken mit sich bringt, wie die Gefahr großer Unfälle und Endlagerung des hochradioaktiven Atommülls, ist ihre Nutzung heftig umstritten und wird nicht oder nur in sehr begrenztem Maße zur Lösung des Klimaproblems beitragen können.

  • Mittelfristig werden wahrscheinlich Technologien zur Verfügung stehen, mit denen Kohlendioxid aufgefangen und in geologischen Formationen (zum Beispiel erschöpfte Gas- und Ölfelder, tiefe Kohleflöze und saline Aquifere = Grundwasserleiter) gespeichert werden kann. Auch wenn diese Technologien erst in ein bis zwei Dekaden technisch ausgereift und kommerziell zur Verfügung stehen werden, könnten sie zumindest für einige Jahrzehnte einen Beitrag zur Reduktion der CO2-Emissionen erbringen. Langfristig, das heißt bis zum Ende dieses Jahrhunderts, entbindet dies aber nicht von der Notwendigkeit, die Energieversorgung dauerhaft auf erneuerbare Energien umzustellen, denn auch die Kapazitäten für die Speicherung von Kohlendioxid sind nur begrenzt verfügbar. Für eine Übergangszeit - aber erst sehr langfristig - könnte dieser Technologieansatz die Möglichkeit eröffnen, die CO2-Konzentration der Atmosphäre beschleunigt abzubauen. Das CO2 würde aus der Verbrennung klimaneutraler Biomasse oder aber direkt aus der Atmosphäre aufgefangen und in den entsprechenden Lagerstätten deponiert werden.

  • Die Treibhausgase müssen innerhalb eines engen Zeitrahmens und in einem beträchtlichen Ausmaß gesenkt werden. Dies wird nur gelingen, wenn das Innovationstempo für technologische, wirtschaftliche und soziale Ansätze und Lösungen erheblich gesteigert werden kann.

QuellentextUrsprünge der Solartechnik

[...] Vor der ersten Solarzelle 1954 standen [...] erst mal mehr als 100 Jahre Physik. Im Jahre 1839 entdeckte der Franzose Alexandre-Edmond Becquerel den Photoeffekt. In einen mit Säure gefüllten Topf hatte er zwei Elektroden getaucht, und immer, wenn er den Deckel des Topfes abhob, sodass Licht eindringen konnte, floss Strom.
Heinrich Hertz beobachtete 50 Jahre später, dass der elektrische Funken leichter übersprang, wenn eine Elektrode mit ultraviolettem Licht bestrahlt wurde. Sein Schüler Wilhelm Hallwachs, ein Meister der Experimentalphysik, stellte fest, dass eine mit ultraviolettem Licht bestrahlte Zinkplatte Strom erzeugt. Doch der "Hallwachs-Effekt" war mit der Wellentheorie des Lichts nicht vereinbar.
Ende des 19. Jahrhunderts war klar, dass der Photoeffekt auch bei anderen Materialien auftritt, aber nur bei ausreichend kurzwelligem Licht. Rätselhaft erschien, dass langwelliges Licht auch bei größter Intensität keinen Stromeffekt bewirkte.
Das Rätsel löste 1905 Albert Einstein, indem er die Quantentheorie ins Spiel brachte. Seine Erklärung, für die er 1921 den Physik-Nobelpreis erhielt: Licht besteht aus Teilchen (Photonen), wobei die Energie eines Photons proportional zur Frequenz des Lichtes ist. Für ein Elektron an der Oberfläche eines Festkörpers ist eine bestimmte Energie erforderlich, um es abzutrennen. Ist nun die Energie eines Photons größer als dieser Wert, so kann das Elektron herausgelöst werden und das Material verliert seine elektrische Neutralität; es wird elektrisch leitend oder geladen.
Damit wurde spätestens Anfang des 20. Jahrhunderts deutlich: Die Sonne spendet der Erde nicht nur Wärme, sondern auch Elektrizität. 1954 beobachteten schließlich Wissenschaftler von Bell Telephone eher zufällig, dass an elektronischen Bauteilen aus dem Halbleiter-Werkstoff Silizium eine elektrische Spannung auftrat, sobald Licht darauf fiel. Wenig später war die erste Solarzelle geboren.

dpa/ww, "Die Solarzelle feiert 50. Geburtstag", in: Generalanzeiger Bonn vom 29./30. Mai 2004.

Internationale Klimaschutz-Konferenzen

Im Vergleich zu anderen globalen Politikfeldern hat sich die internationale Klimapolitik rasant entwickelt. Den Anlass für die erste internationale Klimakonferenz bildete eine Reihe von Klimaanomalien (vor allem starke Dürre- und Trockenperioden) während der 1970er Jahre in ganz unterschiedlichen Regionen der Welt. Vom 19. bis 23. Februar 1979 wurden unter Schirmherrschaft der World Meteorological Organization (WMO) die Konsequenzen vorliegender Modellrechnungen erstmals breit diskutiert und eine langfristig merkbare Klimaänderung durch den Anstieg der CO2-Konzentration in der Erdatmosphäre prognostiziert. Ihre Schlüsselrolle für die Entwicklung des Politikfeldes Klimaschutz erlangte die Konferenz, weil sie einen breit angelegten Aufruf verabschiedete, der Entwicklung des Klimas größere Beachtung zu schenken. Die folgenden Jahre standen im Zeichen umfassender internationaler Forschungsprogramme, die die Wahrscheinlichkeit von Klimaänderungen durch Treibhausgase erhärteten.

Die Tagungen in Villach, Österreich (28. September bis 2. Oktober 1987) und in Bellagio, Italien (9. bis 13. November 1987) sowie der 1987 vorgelegte Brundtlandbericht markieren den Übergang von der naturwissenschaftlichen Bestandsaufnahme zur politischen Diskussion über Maßnahmen zur Eindämmung des Treibhauseffektes.

Die Klimakonferenz von Toronto (27. bis 30. Juni 1988) formulierte auf internationaler Ebene - und in der Diskussion zwischen Wissenschaft und Politik - erstmals konkrete klimapolitische Zielvorgaben ("Toronto-Ziel"): Die Konferenz empfahl bis zum Jahr 2050 eine Reduktion von CO2 und anderen Klimagasen um mehr als 50 Prozent. In einem ersten Schritt sollten dabei zwischen 1988 und 2005 der Energiewirkungsgrad um zehn Prozent gesteigert und die Klimagasemissionen global um 20 Prozent vermindert werden.

Im November 1988 wurde von der WMO und der UNEP das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) eingesetzt. Es stellt wissenschaftliche Erkenntnisse über Klimaänderungen zusammen und bewertet sie. Ferner soll das IPCC realistische und international akzeptierte Strategien zur Bewältigung des zusätzlichen Treibhauseffekts formulieren. Die Arbeit des IPCC ist auf Konsens angelegt, viele Wissenschaftler sind eingebunden. Wenn auch die Arbeitsweise und auch die Ergebnisse des IPCC an einzelnen Stellen immer wieder kritisiert wurden, hat sich das IPCC zu einem der einflussreichsten Expertengremien weltweit entwickelt.

Klimarahmenkonvention und Kyoto-Protokoll

Es folgten eine Reihe von Konferenzen, die bedeutendste fand schließlich im Jahre 1992 aufEinladung der UNO in Rio de Janeiro statt. DasZiel der dort beschlossenen Klimarahmenkonvention besteht darin, "die Stabilisierung der Treibhausgaskonzentra-tion in der Atmosphäre auf einem Niveau zu erreichen, auf dem eine gefährliche anthropogene Störung des Klimasystems verhindert wird". Der notwendige Zeitrahmen für diese Stabilisierung wurde in der Konvention so bestimmt, "dass sich die Ökosysteme auf natürliche Weise den Klimaänderungen anpassen können, die Nahrungsmittelerzeugung nicht bedroht wird und die wirtschaftliche Entwicklung aufnachhaltige Weise fortgeführt werden kann".

Kyoto-Protokoll: Ziele und Trends

Im April 1995 folgte die erste Vertragsstaaten-Konferenz der Klimarahmenkonvention in Berlin. Hier wurde die "Ad Hoc Gruppe zum Berliner Mandat" beauftragt, bis zur dritten Vertragsstaaten-Konferenz im japanischen Kyoto einen Vorschlag für verbindliche Zeit- und Zielvorgaben zur Reduktion der Treibhausgasemissionen zu erarbeiten. Nach harten Verhandlungen wurde 1997 dort das sogenannte Kyoto-Protokoll verabschiedet. Dieses völker-rechtlich verbindliche Vertragswerk schreibt den OECD-Staaten sowie den ehemals sozialistischen Industriestaaten unter anderem eine Reduktion der Emission von insgesamt sechs Treibhausgasen (CO2, CH4, N2O, FKW, HFKW, SF6) vor. Ihr Ausstoß soll von 2008 bis 2012 um circa fünf Prozent verringert werden. Die einzelnen Staaten verpflichteten sich auf unterschiedliche Emissionsmengen (Kanada, Japan, Ungarn und Polen -6 Prozent, USA -7 Prozent, Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten sowie Tschechien -8 Prozent, Russland, Ukraine und Neuseeland ±0 Prozent, Norwegen +1Prozent sowie Australien +8 Prozent). Um das Gesamtziel möglichst schnell und kostengünstig zu erreichen, ermöglicht das Kyoto-Protokoll auch flexible Lösungen. Industrieländer können sich für die Durchführung von Klimaschutzprojekten in Entwicklungsländern oder auch in anderen Industrieländern die dort vermiedenen Emissionen gut- schreiben lassen. Zu den "flexiblen Mechanismen" gehört auch der Emissionshandel.

In den nachfolgenden Vertragsstaaten-Konferenzen wurden die Details dieser Vorgaben in teilweise sehr schwierigen Verhandlungen ausgearbeitet. Obwohl die USA und Australien ihren Ausstieg aus den Verpflichtungen des Kyoto-Protokolls erklärt hatten (Australien unterzeichnete es nach dem dortigen Regierungswechsel 2007 schließlich doch), trat das Protokoll schließlich, 90 Tage nachdem Russland es ratifiziert hatte, am 16. Februar 2005 in Kraft. Denn damit war eine doppelte Voraussetzung erfüllt: Mindestens 55 Staaten, die mindestens 55 Prozent der Treibhausgasemissionen aus den Industriestaaten verursachen, müssen das Protokoll ratifizieren, damit es in Kraft treten kann. Bereits auf der zehnten Vertragsstaaten-Konferenz zur Klimarahmenkonvention in Buenos Aires 2004 begannen die ersten - wenn auch noch verdeckten - Verhandlungen über die Weiterentwicklung der internationalen Klimaschutzvereinbarungen.

Mit der Vorlage eines Berichts zu den wirtschaftlichen Aspekten des Klimawandels durch den früheren Weltbank-Ökonomen Sir Nicholas Stern (im Auftrag der britischen Regierung) und des vierten Sachstandsberichtes des IPCC erhärteten sich in den Jahren 2006 und 2007 die wissenschaftlichen Belege für den vom Menschen verursachten Klimawandel nochmals. Die Folgen des Klimawandels wurden als immer gravierender bewertet, die zu erwartenden Kosten für entsprechende Gegenstrategien dagegen als überschaubar eingeschätzt. Klimaschutz erhielt damit weltweit einen neuen Stellenwert auf der politischen Agenda. Symptomatisch hierfür ist beispielsweise, dass die Gruppe der G8-Staaten auf ihrem Treffen in Heiligendamm (Deutschland) im Juni 2007 den Klimaschutz als zentrale globale Aufgabe herausstellte und das IPCC sowie der ehemalige US-Vizepräsident Al Gore für ihren Einsatz zum Klimaschutz den Friedensnobelpreis erhielten.

In diesem Kontext traten die Verhandlungen um eine Anschlusslösung für das Kyoto-Protokoll auf der 13. Vertragsstaatenkonferenz der Klimarahmenkonvention im indonesischen Bali (3. bis 15. Dezember 2007) in ihre entscheidende Phase. Dort wurde verabredet, dass weitere Verhandlungen auf zwei verschiedenen Ebenen stattfinden: Die Teilnehmerstaaten des Kyoto-Protokolls verhandeln im Rahmen einer so genannten Ad-Hoc-Arbeitsgruppe über eine Weiterentwicklung des Kyoto-Protokolls, wobei ein Korridor für die von den Industriestaaten zu erbringenden Emissionsminderungen von 25 bis 40 Prozent in den Verhandlungsauftrag aufgenommen wurde. Im Rahmen der Klimarahmenkonventionen wird über die (Wieder-)Einbeziehung der USA in ein internationales Verpflichtungsregime sowie über die Frage verhandelt, in welcher Weise und unter welchen Bedingungen die Entwicklungs- und Schwellenländer ihren Beitrag zur Begrenzung der globalen Erwärmung leisten können.

Als Kernpunkte der Verhandlungen gelten die Emissionsziele für Industrie-, Entwicklungs- und Schwellenländer, die Unterstützung der Entwicklungs- und Schwellenländer bei der Anpassung an die unvermeidbaren Folgen des Klimawandels (Adaption), die Fragen des beschleunigten Finanz- und Technologietransfers zugunsten der Entwicklungs- und Schwellenländer sowie die Einbeziehung der Wälder in das globale Klimaregime. Bis Ende 2009 soll so eine Anschlusslösung für das Internationale Klimaschutzregime nach 2012 ausgehandelt werden.

Rolle der EU

Neben ihren einzelnen Mitgliedstaaten ist auch die Europäische Union (EU) als Ganzes der Klimarahmenkonvention und dem Kyoto-Protokoll beigetreten. Damit hat die EU die Verpflichtung übernommen, die Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990 (für die synthetischen Treibhausgase im Vergleich zu 1995) um acht Prozent zu senken. Für die einzelnen Mitgliedstaaten wurde diese Verpflichtung nach dem Verteilungsschlüssel der so genannten Lastenteilung differenziert, die politisch ausgehandelt wurde.

Der von Deutschland übernommene Minderungsbeitrag beträgt 21 Prozent. Andere Mitgliedstaaten haben ähnliche oder geringere Minderungsverpflichtungen übernommen (Luxemburg -28, Dänemark -21, Österreich -13, Großbritannien -12,5, Belgien -7,5, Italien -6,5, Niederlande -6 Prozent). Einige EU-Staaten haben sich zur Stabilisierung der Treibhausgasemissionen verpflichtet (Frankreich und Finnland), anderen ist das Recht zu einer weiteren Ausweitung ihrer Emissionen zugestanden worden (Schweden +4, Irland +13, Spanien +15, Griechenland +25, Portugal +27 Prozent). Die Erweiterung der Europäischen Union ab 2004 hat nach den Festlegungen des Kyoto-Protokolls keinen Einfluss auf die gemeinsamen Verpflichtungen. Sie beschränken sich weiterhin auf die EU der 15 Mitgliedstaaten.

Nachdem sich Ende der 1990er Jahre herausstellte, dass die Mitgliedsstaaten ihre Ziele mit isolierten Aktivitäten nicht erreichen würden, hat die EU eine Reihe von Richtlinien und anderen Maßnahmen initiiert, um die Verpflichtungen im Rahmen des Kyoto-Protokolls erfüllen zu können. Dazu gehören technologieorientierte Schritte wie Richtlinien zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, zur Einführung von Biokraftstoffen, zur Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung, zur Verbesserung der Energieeffizienz in Gebäuden sowie Vereinbarungen zu Höchstverbrauchsstandards von Geräten. Darüber hinaus hat die EU ein eigenes CO2-Emissionshandelssystem für die energieintensiven Industrien etabliert sowie die Energiebesteuerung erstmals harmonisiert und verschiedene Forschungsprogramme in Rahmen der Europäischen Union initiiert. Die Klammer für die Klimaschutz-politik bildet das Klimaschutz-Aktionsprogramm der EU (European Climate Change Programme - ECCP).

Eine neue Phase für die Klimapolitik der EU begann mit dem Ratsbeschluss vom März 2007, in dem sich die EU (mit nunmehr 27 Mitgliedstaaten) dazu verpflichtete, ihre Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 um 30 Prozent unter das Niveau von 1990 zu senken, wenn andere Staaten ähnliche Verpflichtungen übernähmen. Aber auch für den Fall, dass andere Staaten nicht entsprechend agieren würden, sagte die Europäische Union eine Minderung der Emissionen von 20 Prozent zu.

Infolge dieser Beschlüsse unternahm die EU eine Vielzahl von Aktivitäten im Bereich der Klimaschutzpolitik, wobei vor allem dem im Januar 2008 vorgelegten Klimaschutz- und Energiepaket (mit Regelungen zur Weiterentwicklung des EU-Emissionshandels, zu Verbrauchsgrenzwerten für Fahrzeuge und Geräte, zur Abscheidung und Ablagerung von CO2 in geologischen Formationen usw.) eine Schlüsselrolle zukommt. Mit den geplanten Regelungen vollzieht sich ein deutlicher Wandel im Verhältnis zwischen nationaler und EU-Klimapolitik. Während letztere in den 1990er Jahren allenfalls ergänzend zu den nationalen Ansätzen in der Klimapolitik wirkte, erfasst sie inzwischen zumindest als (verbindliche) Rahmensetzung mehr als 75 Prozent der Emissionsminderungen.

Schließlich nimmt die EU im internationalen Klimaschutzprozess eine Schlüsselrolle ein. Ihren vielfältigen Anstrengungen während der Verhandlungen ist es zu verdanken, dass das Kyoto-Protokoll beschlossen werden konnte. Erst durch das massive Einwirken der EU auf Russland wurde die russische Ratifikation des Protokolls und damit dessen Inkrafttreten möglich. Die EU hat sich damit als wichtige Akteurin in der globalen Klimaschutzpolitik etabliert und spielt sowohl unter den Industriestaaten als auch gegenüber den Entwicklungs- und Schwellenländern eine zentrale Rolle; dies wurde auch bei den Verhandlungen zur Anschlusslösung für das internationale Klimaregime nach 2012 erneut deutlich.

Bemühungen auf nationaler Ebene

Klimaschutzpolitik ist in Deutschland schon früh auf der politischen Agenda verankert worden. Zwei Enquête-Kommissionen des Deutschen Bundestages leisteten dabei von 1987 bis 1990 und 1990 bis 1994 Pionierarbeit. Ihre Arbeiten zeigten auf drei Ebenen Wirkung:

  • Der kontinuierliche und direkte Austausch zwischen Wissenschaft, Politik und Verwaltung spielte für Lern- und Sensibilisierungsprozesse im politisch-administrativen System eine erhebliche Rolle. Die Bundesregierung ergriff einige der vorgeschlagenen Maßnahmen, bevor noch die Kommission entsprechende Empfehlungen verabschiedet hatte.

  • Die Enquête-Kommissionen machten durch ihre Öffentlichkeitsarbeit das Thema populär und verstärkten damit dessen politische Relevanz.

  • Die Arbeiten der Enquête-Kommissionen fanden im internationalen Rahmen große Beachtung und stärkten den internationalen Klimaschutzprozess erheblich.

Als konkretes Ergebnis dieser parlamentarischen Arbeit erarbeitete die Bundesregierung ein CO2-Minderungsprogramm und definierte erstmals im Jahr 1990 ein nationales CO2-Minderungsziel von 25 Prozent (auf der Basis von 1987) bis zum Jahr 2005.

Das Ziel wurde in den folgenden Jahren mehrfach bestätigt (und das Basisjahr auf 1990 verlegt), dann aber zu Gunsten der Kyoto-Verpflichtung nicht weiter verfolgt. Die CO2-Minderungsprogramme umfassten eine Vielzahl von politischen Maßnahmen, die anfangs vor allem auf einzelne Technologien bzw. Reduktionsmaßnahmen abzielten. Dazu gehörten zum Beispiel Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, Wärmedämmung im Gebäudebestand, mehrfach verschärfte Vorschriften für den Energieverbrauch von neu errichteten Gebäuden und Heizungsanlagen sowie die Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung.

Ab dem Jahr 1995 traten neben diese eher technologiespezifischen Maßnahmen die Selbstverpflichtungen der deutschen Wirtschaft, in der sich die Verbände der Industrie zuerst zu spezifischen Emissionsminderungen (das heißt bezogen auf die Emission je Produkteinheit), ab 2000 aber auch zu absoluten Reduktionen der CO2- bzw. Treibhausgasemissionen verpflichteten.

Ab 1998 wurde mit der Öko-Steuer auf Mineralölprodukte, Erdgas und Strom erstmals eine explizit ökologische Komponente in das Steuersystem eingeführt. Sie wurde weitgehend aufkommensneutral ausgestaltet, das heißt, das Steueraufkommen wurde zur Senkung der Lohnnebenkosten genutzt. Die Nutzung ökonomischer Steuerungsinstrumente für den Klimaschutz erreichte im Jahr 2005 - wenn auch nach heftigen politischen Auseinandersetzungen und nach Vorgabe einer entsprechenden EU-Richtlinie - mit der Einführung des Emissionshandelssystems gerade für die deutsche Industrie eine flächendeckend neue Qualität.

Erstmals im Rahmen der rot-grünen Regierungskoalition (1998-2005) beschlossen, aber auch durch die große Koalition ab 2005 bestätigt wurde das mittelfristige Ziel, die Treibhausgasemissionen in Deutschland bis 2020 um 40 Prozent unter das Niveau von 1990 zu senken, wenn sich die EU eine Minderungsverpflichtung von 30 Prozent auferlegt. Auch für den Fall, dass eine solche Verpflichtung nicht zustande kommt, wurde eine Emissionsminderung von 30 Prozent zugesagt.

Eine wichtige Rolle für die nationale Klimaschutzpolitik spielte (neben der genannten dominierenden Rolle von Maßnahmen im EU-Rahmen) das im Sommer 2007 beschlossene "Integrierte Energie- und Klimaprogramm" der Bundesregierung. Das Programm fasst eine Vielzahl von Maßnahmen (von der Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung bis zur Energieeinsparung bei Gebäuden) zusammen und soll im Jahr 2008 als Gesetzesvorhaben umgesetzt werden.

In Deutschland befindet sich Klimaschutzpolitik vor allem in der mittel- und langfristigen Perspektive in einem Dilemma. Die Nutzung von Stein- und Braunkohle vor allem aus regionalwirtschaftlichen Gründen läuft ambitionierten Klimaschutzzielen zuwider. Gleichzeitig verschärft die nach einem komplizierten Verhandlungsprozess erfolgte Vereinbarung zwischen Bundesregierung und Stromerzeugern zum Ausstieg aus der Kernenergienutzung den klimapolitischen Handlungsdruck. Durch die Klimaschutzpolitik werden damit Energie- und Versorgungssicherheitspolitik permanent auf den Prüfstand gestellt.

Dass aber Klimaschutzpolitik durch ihre Innovationseffekte erhebliche Veränderungen in der politischen Arena bewirken kann, zeigt das Beispiel der Nutzung erneuerbarer Energien für die Stromerzeugung. Durch eine gezielte Förderung der regenerativen Stromerzeugung hat sich der Windenergie-Anlagenbau als neuer und machtvoller Industrie-Akteur etabliert und damit die klassischen Konfliktstellungen zwischen Umweltpolitik und Wirtschaftsinteressen nicht unerheblich verändert. Eine ähnliche Entwicklung kann auch in anderen innovativen Technologien, vor allem im Bereich der Energieeffizienz, verfolgt werden. Freilich entstanden aber durch den Ausbau der erneuerbaren Energien auch neue Konflikte innerhalb der Natur- und Umweltschutz-organisationen, etwa die Debatte über die Auswirkungen von Windkraftanlagen auf die Vogelwelt oder den Landschaftsschutz.

Schließlich ist noch auf ein Spezifikum der deutschen Klimaschutzpolitik hinzuweisen, das sich einerseits aus dem föderalen Staatsaufbau, andererseits aber aus der traditionell starken Position der Kommunen in Deutschland ergibt. Neben den klimapolitischen Ansätzen auf der Bundesebene haben teilweise sehr akzentuierte und innovative Maßnahmen von Bundesländern und Kommunen den klimaschutzpolitischen Prozess maßgeblich befördert bzw. die Breite der politischen Maßnahmen erheblich erweitert.

Dr., ist Koordinator des Bereichs Energie Klimaschutz im Öko-Institut Berlin. Forschungsschwerpunkte: nationale und internationale Energie- und Klimaschutzpolitik.

Kontakt: f.matthes@oeko.de