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"…Jedes Kind braucht doch einen Vater. Wirklich?"

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Von Monisha Moreau

Monisha Moreau ist Lernbegleiterin* einer demokratischen Schule und arbeitet als Anti-Diskriminierungsteamerin in der politischen Bildung. (© Fabienne Gralla)

Es ist die Zeit der "Ehe für Alle", der "dritten Option" und den "Fridays for Future". Eine Zeit in der Patchwork Familien in unterschiedlichsten Zusammensetzungen miteinander leben, Trans*-Menschen endlich die Chance auf ihre Namensänderung haben und der Begriff "Familie" an Vielfalt gewinnt. Seitdem die Ehe für alle 2017 im Bundestag beschlossen wurde, können gleichgeschlechtliche Paare heiraten und Kinder bekommen- oder adoptieren zu können. Diese Veränderung hat dem Familienbild in unserer Gesellschaft eine neue Richtung gegeben und viele Menschen bestärkt. Dennoch sind wir erst am Anfang. Die Frage, wie sich ein Familienmodell und die damit verbundene Kinderplanung gestalten lässt, bleibt in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften schwierig zu beantworten.

Für mich als Auslandsadoptiv-und Findelkind stand Familie noch nie mit leiblicher Verwandtschaft in einem direkten Zusammenhang. Schon immer setzte ich mich viel mit der Frage auseinander: "Was ist Familie?". Denn der Kinderwunsch für mich, als Frau* in einer Liebesbeziehung mit einer Frau*, ist viel komplexer. Wir können es nicht "einfach so passieren lassen", wie heterosexuelle Paare. Gleichzeitig sind gleichgeschlechtliche Paare ständigen Rechtfertigungsprozessen ausgesetzt. Sätze und Fragen wie: "Aber jedes Kind braucht doch einen Vater!" oder "Wer ist denn in eurer Beziehung der Mann?" gehören zu unserem Alltag. Als Frau mit einer Frau ein Kind zu planen, ist bis heute leider immer noch nicht "normal", sondern für viele ein polarisierendes, exotisches und unnatürliches Lebenskonzept.

Inzwischen gibt es unterschiedliche Optionen und Strategien, um als gleichgeschlechtliches Paar eine gemeinsame Elternschaft zu übernehmen. Seit 2018 gibt es ein neues Samenspendergesetz. Seither haben Kinder das Recht, Auskunft über ihre Abstammung und damit ihrer eigenen Identität zu erhalten. Denn die meisten Methoden, um gleichgeschlechtlichen Paaren den Kinderwunsch zu erfüllen, setzen auf gespendete Samen oder Eizellen. Eine Methode, die in Deutschland bislang nicht erlaubt ist, ist die "Ropa-Methode". Dabei findet die künstliche Befruchtung mit der Eizelle der einen Frau* und dem Sperma im Glas statt (In-vitro-Fertilisation) und wird in den Körper der anderen Frau* für die fortlaufende Schwangerschaft eingesetzt. Auf diese Weise kann in einer geschlechtlichen Partnerschaft die eine Frau* mit dem Kind verwandt sein und die andere es austragen. Diese Methode ist jedoch in Deutschland noch illegal und deswegen nur im Ausland möglich. Sie stellt meiner Ansicht nach, jedoch eine Strategie dar, die mehr Gleichstellung für gleichgeschlechtliche Paare birgt und dringen von politischen Instanzen unterstützt werden sollte.

Mein abschließendes Fazit sieht so aus: Ich bin davon überzeugt, dass ein Kind in einem Umfeld aufwachsen soll, das sich der Verantwortung, die eine Elternschaft bedeutet, bewusst ist und bereit ist, dieser nachzugehen. Dabei ist es egal, ob das Umfeld aus zwei Frauen, zwei Männern, einem heterosexuellen Paar oder Menschen besteht, die sich nicht in diesen Kategorien wiederfinden. Wir leben in einer Zeit, in der unterschiedlichste Formen und Modelle von Elternschaften möglich sein könnten. Mehr als überfällig ist es jedoch, dass sich marginalisierte Gruppen und Minderheiten nicht mehr versuchen müssen in veraltete Familienbild-Schablonen zu pressen, sondern ihnen Strukturen vereinfacht werden, um ihr eigenes Familienbild zu entwerfen. Denn nur so können wir Kindern und deren Eltern und Bezugspersonen, die Basis bieten, ohne Diskriminierungserfahrungen an dieser Gesellschaft teilzuhaben.

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