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Chronik: 7. Dezember 2021 bis 24. Januar 2022 | bpb.de

Chronik: 7. Dezember 2021 bis 24. Januar 2022 Polen-Analysen Nr. 286

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Die Ereignisse vom 7. Dezember 2021 bis 24. Januar 2022 in der Chronik.

Chronik: 7. Dezember 2021 – 24. Januar 2022

DatumEreignis
07.12.2021 Gesundheitsminister Adam Niedzielski und sein Stellvertreter Waldemar Kraska stellen neue Maßnahmen zur Eindämmung der vierten Welle der Corona-Infektionen sowie der Virusmutante Omikron vor, da sich die Lage nicht stabilisiert habe und eine Überlastung des Gesundheitssystems drohe. So arbeite die Fraktion von Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość – PiS) aktuell an einem Gesetzesentwurf, der es dem Arbeitgeber erlaube, vom Arbeitnehmer das Ergebnis eines Corona-Tests zu fordern. Außerdem sollen weitere Beschränkungen eingeführt werden: ab dem 15. Dezember 2021 die Schließung von Klubs und Diskotheken; in Restaurants, Theatern, Kinos und Kirchen dürfen mehr als 30 % der Plätze nur bereitgestellt werden, wenn die Besucher geimpft sind; Personen, die von außerhalb des Schengenraums mit dem Flugzeug nach Polen einreisen, müssen einen Corona-Test machen und an den Schultagen zwischen dem 20. Dezember 2021 und dem 9. Januar 2022 wird Distanzunterricht durchgeführt. Ab dem 1. März 2022 soll eine Impfpflicht gegen COVID-19 für das medizinische Personal, Lehrer und die uniformierten Dienste eingeführt werden. Kraska teilt mit, dass in den letzten 24 Stunden 826 COVID-19-Patienten neu in die Krankenhäuser eingeliefert wurden. Insgesamt befänden sich zurzeit mehr als 23.000 Corona-Patienten in stationärer Behandlung; über 2.000 lägen auf der Intensivstation.
09.12.2021 Präsident Andrzej Duda trifft sich mit Swetlana Tichanowskaja, einer Anführerin der demokratischen Opposition in Belarus, die im Exil lebt. Thematisiert wird die aktuelle Lage und Stimmung in Belarus sowie ein für Februar 2022 vom belarussischen Regime angekündigtes Verfassungsreferendum. Duda sagt anschließend, beide seien davon überzeugt, dass es vom Regime manipuliert werden wird. Die Weltöffentlichkeit müsse weiter darüber informiert werden, dass die belarussischen Machthaber keine demokratischen Regeln im Land zulassen und Tausende Menschen inhaftiert sind und verfolgt werden.
10.12.2021 Einen Tag nach ihrer Ernennung zur Außenministerin der Bundesrepublik Deutschland reist Annalena Baerbock zum Antrittsbesuch nach Warschau. Nach dem Treffen mit ihrem Amtskollegen Zbigniew Rau, auf dem bilaterale und europäische außen- und energiepolitische Themen behandelt wurden, zeigt sich dieser erfreut, dass Baerbock die kritische Haltung und die Befürchtungen Polens gegenüber der Gaspipeline Nord Stream 2 mit Blick auf die Ostpolitik teile, so das polnische Außenministerium. Rau hofft, dass das konkrete Auswirkungen auf das deutsche Regierungshandeln haben wird. Anschließend wird Baerbock von Präsident Andrzej Duda empfangen.
11.12.2021 Auf dem Landesrat der Bürgerplattform (Platforma Obywatelska – PO) stellt Parteivorsitzender Donald Tusk einen Handlungsplan mit Blick auf die kommenden, eventuell vorgezogenen Parlamentswahlen vor. Vorgesehen ist, ein System zur Kontrolle der korrekten Wahldurchführung aufzubauen und die Zusammenarbeit mit anderen prodemokratischen Parteien und Kräften auf Selbstverwaltungsebene zu stärken. Als Ergebnis mehrerer thematischer Kongresse, an denen auch Experten anderer Oppositionsparteien teilnehmen sollen, soll im nächsten halben Jahr ein Parteiprogramm ("Polen, von dem ich träume") entwickelt werden.
12.12.2021 In einem Interview mit der Tageszeitung Financial Times sagt Justizminister Zbigniew Ziobro, Polen solle als Antwort auf die "Erpressung" vonseiten der Europäischen Union bei Entscheidungen der EU, bei denen Einstimmigkeit erforderlich ist, Veto einlegen. Wenn der Streit der EU mit Polen über die Rechtsstaatlichkeit in Polen eskaliere, werde er dafür eintreten, dass Polen seine Zahlungen an die EU einstellt. Die Europäische Kommission vermittele den Polen, wenn sie die Regierung von Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość – PiS) unterstützen würden, dann bekämen sie kein Geld von der EU. Dies sei aber nicht Ausdruck der Sorge der EU um die Rechtsstaatlichkeit in Polen, so Ziobro, sondern ein politisches Diktat, Erpressung und der Versuch, die demokratische Entscheidung von Millionen Polen zu untergraben. Hintergrund ist, dass die Europäische Kommission die Auszahlung von 36 Mio. Euro an Polen aus dem Corona-Wiederaufbaufonds im Zusammenhang mit dem Rechtsstaatsmechanismus zurückhält.
12.12.2021 Der neu gewählte Bundeskanzler Olaf Scholz reist zu seinem Antrittsbesuch nach Warschau. Bei seinem Treffen mit Ministerpräsident Mateusz Morawiecki betont Scholz, dass die Europäische Union eine Werte- und Rechtsgemeinschaft ist. Er hoffe, dass die Europäische Kommission und die polnische Regierung im Streit um die polnische Justizreform eine pragmatische Lösung finden werden. Auf die Forderung Morawieckis, die umstrittene Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 zu stoppen, verweist Scholz auf das Ziel Deutschlands, in 25 Jahren klimaneutral zu sein, was mit der drastischen Reduktion von Gaslieferungen einhergehen werde. Mit Blick auf Reparationsforderungen Polens gegenüber Deutschland verweist Scholz auf früher geschlossene Verträge, die die Forderungen erledigt hätten. Zudem fließe ein Großteil der hohen EU-Zahlungen aus Deutschland auch an Länder im Osten der Europäischen Union. Deutschland stelle sich seiner moralischen Verantwortung für die Verbrechen von Deutschen im Zweiten Weltkrieg. Der Besuch in Warschau war Scholz‘ dritte Station nach Antrittsbesuchen in Paris und Brüssel.
13.12.2021 Im ganzen Land wird der Verhängung des Kriegsrechts vor 40 Jahren in der Volksrepublik Polen gedacht.
13.12.2021 Außenminister Zbigniew Rau nimmt in Brüssel am EU-Außenministertreffen teil. Rau warnt, dass die Europäische Union trotz der aktuellen Entspannung der Lage an der polnisch-belarussischen Grenze auf eine weitere Eskalation vorbereitet sein muss. Außerdem müsse die EU gegenüber Russland deutlich machen, dass eine mögliche Aggression gegenüber der Ukraine ernste Folgen für Russland haben werde.
14.12.2021 Vize-Senatsmarschallin Gabriela Morawska-Stanecka, Senator Wojciech Konieczny und die Abgeordneten Joanna Senyszyn, Robert Kwiatkowski und Andrzej Rozenek treten aus der Fraktion Die Linke (Lewica) aus. Die Abgeordneten gründen den Abgeordnetenkreis Polnische Sozialistische Partei (Polska Partia Socjalistyczna – PPS). Konieczny wird Vorstand des Kreises, Morawska-Stanecka und Senyszyn Stellvertreterinnen. Morawska-Stanecka sagt, in der Fraktion Die Linke seien viele, die ihre Vorstellungen durch die Art der Leitung nicht mehr verwirklichen können. Diese rufe sie auf, in den Kreis der PPS überzutreten.
15.12.2021 Zur Eindämmung der hohen Infektionszahlen der Corona-Pandemie gelten ab heute verschärfte Kontaktregeln. In der Gastronomie, Kinos, Theatern und Sportanlagen dürfen statt 50 % der Plätze nur noch 30 % belegt werden. Personen, die gegen Covid-19 geimpft sind, werden nicht mitgerechnet. Diskotheken und Nachtklubs dürfen nicht öffnen. Die Schule findet bis zum 9. Januar 2022 im Distanzunterricht statt. Personen, die mit einem an Covid-19 Erkrankten zusammenleben, müssen, auch wenn sie geimpft sind, einen Corona-Test machen. Personen, die von außerhalb des Schengenraumes nach Polen einreisen, müssen sich max. 24 Stunden vor dem Grenzübertritt einem Test unterziehen.
15.12.2021 Nach Angaben von Piotr Ćwik, stellvertretender Leiter der Präsidialkanzlei, setzt Präsident Andrzej Duda heute einen Rat für Sicherheit und Verteidigung ein. Diesem sollen Wissenschaftler, Vertreter der uniformierten Dienste, der Chef des Büros für Nationale Sicherheit (Biuro Bezpieczeństwa Narodowego – BBN) Paweł Soloch und Präsidentenberater Andrzej Zybertowicz angehören. Auch Innenminister Mariusz Kamiński und Verteidigungsminister Mariusz Błaszczak sollen bei der Einsetzung zugegen sein.
16.12.2021 Auf der Sitzung des Europarates in Brüssel fordert Ministerpräsident Mateusz Morawiecki von der Europäischen Kommission, dass Investitionen in Gas und Atomenergie in die EU-Taxonomie (Umlenkung der Finanzströme in nachhaltige Aktivitäten) aufgenommen werden.
17.12.2021 Im Eilverfahren stimmt der Sejm mit 229 Ja-Stimmen, 212 Nein-Stimmen und elf Enthaltungen für das sogenannte "Lex TVN", ein umstrittenes Mediengesetz, das vorsieht, dass außereuropäische Investoren maximal 49 % der Anteile polnischer Medienunternehmen halten dürfen. Kritiker sehen darin einen Angriff auf den regierungskritischen privaten polnischen Nachrichtensender TVN24, der zum US-Medienkonzern Discovery gehört. Da der Sejm das Veto des Senats gegen das Gesetz unbeachtet ließ, geht es nun an den Präsidenten. Kritik an der Entscheidung des Sejm kommen aus der Opposition, von der Europäischen Kommission und den USA.
19.12.2021 In mehr als 100 Städten in Polen finden Proteste gegen das sogenannte "Lex TVN" statt, das vor zwei Tagen im Sejm verabschiedet wurde. Den vom Fernsehkanal TVN24 initiierten Appell an Präsident Andrzej Duda, Veto gegen das Gesetz einzulegen, haben am späten Abend mehr als zwei Millionen Personen unterschrieben. Das umstrittene Mediengesetz sieht vor, dass außereuropäische Investoren maximal 49 % der Anteile polnischer Medienunternehmen halten dürfen. Kritiker sagen, das Gesetz richte sich speziell gegen den regierungskritischen privaten polnischen Fernsehsender TVN24, der zum US-Medienkonzern Discovery gehört.
20.12.2021 Präsident Andrzej Duda nimmt in Huta (Ukraine) an einem Treffen mit seinen Amtskollegen des Lubliner Dreiecks (Litauen, Polen, Ukraine), Wolodymyr Selenskyj (Ukraine) und Gitanas Nausėda (Litauen), teil. Thematisiert werden die Sicherheitslage der Ukraine angesichts der Provokationen und des Drucks, die von Russland auf die Ukraine ausgeübt werden. Polen und Litauen unterstützen die euroatlantische Integration der Ukraine und rufen die Nachbarn und die NATO auf, die Ukraine entschlossen zu stärken.
21.12.2021 Die Pressesprecherin des Grenzschutzes (Straż Graniczna – SG), Anna Michalska, informiert die Polnische Presseagentur (Polska Agencja Prasowa – PAP) über die Lage an der polnisch-belarussischen Grenze. Dort versuchen Migranten aus dem Nahen Osten und anderen Ländern seit Monaten, in die Europäische Union zu gelangen, was der belarussische Machthaber Alexander Lukascheno initiierte und unterstützt. Michalska sagt, die belarussische Seite wende seit ca. einer Woche eine neue Methode an. Während sie versuche, den polnischen Grenzschutz mit Steinwürfen, Blendungen u.ä. an einer Stelle der befestigten Grenze abzulenken, versuchen Migranten an einer anderen Stelle, die Grenze zu überwinden. Im Dezember hat die SG bisher 1.400 Versuche illegaler Grenzübertritte verzeichnet. Polen hat bis zum 1. März 2022 ein Aufenthaltsverbot im Grenzstreifen verfügt.
22.12.2021 Die Europäische Kommission leitet ein neues Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen ein, da mehrere Urteile des polnischen Verfassungstribunals (Trybunał Konstytucyjny – TK) gegen den Vorrang und das Prinzip der einheitlichen Anwendung des EU-Rechts sowie gegen die bindende Wirkung von EuGH-Urteilen verstoßen. Außerdem zweifelt die Kommission an der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des TK. Die Europäische Kommission bezieht sich u. a. auf ein Urteil des TK vom Oktober 2021, wonach Teile des EU-Rechts nicht mit der polnischen Verfassung vereinbar sind.
24.12.2021 Wojciech Skurkiewicz, Staatssekretär im Verteidigungsministerium, versichert in einem Interview des Dritten Programms des Polnischen Radio, dass die in Israel entwickelte Überwachungssoftware Pegasus nicht in der Ausrüstung der polnischen Streitkräfte und Abwehrdienste installiert ist. Der Hintergrund sind Informationen der US-amerikanischen Presseagentur Associated Press, dass der Senator der Bürgerkoalition (Koalicja Obywatelska – PO) Krzysztof Brejza 2019 mit Hilfe von Pegasus überwacht wurde sowie auch der Rechtsanwalt Roman Giertych und die Staatsanwältin Ewa Wrzosek.
24.12.2021 Ministerpräsident Mateusz Morawiecki und Verteidigungsminister Mariusz Błaszczak nehmen an einer Weihnachtsfeier für die polnischen Soldaten teil, die aktuell an der polnisch-belarussischen Grenze eingesetzt sind, um illegale Grenzübertritte von Migranten aus dem Nahen Osten und anderen Ländern zu verhindern. Morawiecki dankt den Soldaten und betont, dass Polen und die stationierten Soldaten zurzeit für die gesamte Europäische Union und ihre Sicherheit sowie für die Sicherheit des polnischen Staatsgebietes verantwortlich sind. Błaszczak verweist in seiner Ansprache auf den Weihnachtsbaum vor Ort, der mit Postkarten geschmückt ist. Mit diesen haben Kinder aus ganz Polen als Ausdruck ihrer Unterstützung den Soldaten für ihren Einsatz gedankt, so Błaszczak.
27.12.2021 Präsident Andrzej Duda legt sein Veto gegen das umstrittene Mediengesetz, das sogenannte "Lex TVN", ein, das am 17. Dezember vom Sejm verabschiedet wurde. Als Begründung nennt er u. a. den Vertrag über wirtschaftliche und Handelsbeziehungen zwischen Polen und den USA, Medienpluralismus und die Freiheit des Wortes. Das Gesetz sieht vor, dass nichteuropäische Medienkonzerne maximal 49 % an inländischen Medienunternehmen besitzen dürfen. Kritiker sehen in dem Gesetz einen Angriff auf die Medienfreiheit und insbesondere auf den regierungskritischen polnischen privaten Nachrichtenkanal TVN24, der zum US-Medienkonzern Discovery gehört. Gegen das Gesetz gab es zahlreiche Proteste.
28.12.2021 Das polnische Außenministerium zeigt sich beunruhigt und enttäuscht über das heutige Urteil des Obersten Gerichts der Russischen Föderation, dass die Auflösung der russische Menschenrechtsorganisation Memorial festlegt. Die Republik Polen sei Memorial dankbar für die Aufklärung von Repressionen Russlands gegenüber Polen, z. B. beim Massenverbrechen von Katyn (1940). Polen trete entschieden gegen jegliche Formen von Menschenrechtsverletzungen ein, wozu auch Repressionen gegen die Zivilgesellschaft, die Opposition, Verteidiger der Menschenrechte und unabhängige Medien gehören, heißt es in der Erklärung des Außenministeriums.
29.12.2021 Die Abgeordneten der Fraktion Die Linke (Lewica), Wiesław Szczepański und Paweł Krutul, geben bekannt, dass sie bei der Obersten Kontrollkammer (Najwyższa Izba Kontroli – NIK) einen Antrag auf Überprüfung stellen, wie das Überwachungsprogramm Pegasus eingesetzt wird. Gefragt wird nach der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit des Kaufes der Software sowie der Rechtmäßigkeit, sie bei Politikern und Staatsanwälten einzusetzen. Hintergrund ist die Meldung der US-amerikanischen Presseagentur Associated Press in der vergangenen Woche, dass das in Israel entwickelte Überwachungsprogramm Pegasus in Polen 2019 gegen den Senator der der Bürgerkoalition (Koalicja Obywatelska – PO) Krzysztof Brejza sowie den Rechtsanwalt Roman Giertych und die Staatsanwältin Ewa Wrzosek angewendet wurde. Brejza hat vor zwei Tagen bei der NIK beantragt, in diesem Zusammenhang das Zentrale Antikorruptionsbüro (Centralne Biuro Antykorupcyjne – CBA) zu überprüfen.
31.12.2021 Auf einer Pressekonferenz sagt Regierungssprecher Piotr Müller zum Thema Einsatz der Überwachungssoftware Pegasus gegen Personen aus Politik und Justiz, dass Ministerpräsident Mateusz Morawiecki angekündigt habe, die polnischen Geheimdienste in Hinblick auf die Durchführung operativer Kontrollen zu überprüfen. Müller bekräftigt, dass der Geheimdienst nicht gegen Rechtsvorschriften verstoßen habe; sollte er Pegasus eingesetzt haben, sei dies mit gerichtlichem Einverständnis geschehen. Müller verweigert die Antwort auf die Frage, ob Pegasus gegen Personen aus dem oppositionellen Milieu eingesetzt wurde, mit dem Verweis, dass es sich hier um geheime Informationen handele. Hinweise darauf gab die US-amerikanischen Presseagentur Associated Press in der vergangenen Woche.
01.01.2022 Polen übernimmt für ein Jahr den Vorsitz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).
03.01.2022 Außenminister Zbigniew Rau nimmt an einer Telefonkonferenz der Außenminister der Bukarester Neun (Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Slowakei, Tschechien, Ungarn) und der USA teil. Thematisiert wird die Sicherheitslage an der russisch-ukrainischen Grenze angesichts des russischen Truppenaufmarsches. US-Außenminister Antony Blinken betont, dass keine Entscheidungen zu Ostmitteleuropa ohne die Abstimmung mit den regionalen Partnern getroffen würden. Rau unterstreicht, die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sei die angemessene Institution für Gespräche über Fragen der Sicherheit. Polen hat in diesem Jahr den Vorsitz der OSZE inne.
04.01.2022 Die Pressesprecherin des Grenzschutzes (Straż Graniczna – SG), Anna Michalska, teilt der Polnischen Presseagentur (Polska Agencja Prasowa – PAP) mit, dass es im polnisch-belarussischen Grenzgebiet weiterhin zu Provokationen vonseiten der belarussischen uniformierten Dienste kommt. Sie würden polnische Grenzschützer mit Steinen bewerfen und Lasern blenden; die Zerstörung des Grenzdrahtes an verschiedenen Stellen werde ebenfalls auf belarussische Aktivitäten und nicht auf Migranten zurückgeführt. Hintergrund ist, dass Migranten aus dem Nahen Osten und anderen Ländern seit Monaten versuchen, die Grenze zwischen Belarus und der Europäischen Union zu überqueren. Dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko wirft die EU vor, die Migranten gezielt ins Land geholt zu haben und die EU destabilisieren zu wollen.
05.01.2022 Das US-amerikanische online-Netzwerk Facebook löscht das Facebook-Profil der Partei Konföderation (Konfederacja). Begründet wird der Schritt mit der Verbreitung von Hassrede im Netz und Desinformation über die Corona-Pandemie. Krzysztof Bosak, Vizevorsitzender des Abgeordnetenkreises der Konföderation, kritisiert, dass Facebook über diesen Schritt nicht die Partei, sondern das Ministerium für Digitalisierung informiert habe. Außerdem habe Facebook die Partei vorher nicht wegen angeblicher Desinformation kontaktiert. Die Konföderation werte das Vorgehen als Einmischung in die polnische Demokratie und die Redefreiheit und werde zivilrechtliche Klage gegen Facebook einlegen, so Bosak. Ministerpräsident Mateusz Morawiecki kritisiert ebenfalls das Vorgehen von Facebook. Es handele sich hierbei um Präventivzensur bei einer legal tätigen politischen Partei.
06.01.2022 Regierungssprecher Piotr Müller teilt im Nachrichtendienst Twitter mit, dass der polnische Botschafter in Prag (Tschechien), Mirosław Jasiński, entlassen werden soll. Der Hintergrund ist ein Interview Jasińskis mit dem Fernsehsender Deutsche Welle, in dem er sagte, dass der Streit zwischen Polen und Tschechien über den polnischen Braunkohleabbau in Turów (Südwestpolen) gütlich beigelegt werden müsse und dass vor allem auf polnischer Seite Empathie, Verständnis und Dialogbereitschaft gefehlt hätten. Tschechien hatte Polen im Februar 2021 vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) wegen Umweltbelastungen verklagt. Da Polen die einstweilige Verfügung, den Braunkohleabbau einzustellen, nicht umsetzte, ordnete der EuGH im September 2021 die Zahlung einer Geldstrafe in Höhe von 500.000 Euro pro Tag an.
07.01.2022 Nachdem das US-amerikanische online-Netzwerk Facebook vor zwei Tagen das Facebook-Konto der Partei Konföderation (Konfederacja) gesperrt hat, stellt der Abgeordnetenkreis der Konföderation einen Gesetzesentwurf vor, wonach der Eigentümer eines Portals der sozialen Medien eine Verwaltungsstrafe bis zu 50 Mio. Zloty zahlen soll, wenn er den Auftritt einer politischen Partei in den sozialen Medien oder ausgewählte Inhalte ihrer Seiten teilweise oder ganz sperrt. Der Entwurf habe zum Ziel, die Seiten und Inhalte politischer Organisationen rechtlich zu schützen, was das Funktionieren des demokratischen Systems garantiere. Mit Blick auf die Wahlen in den Jahren 2023 bis 2025 sagt der Abgeordnete der Konföderation Michał Wawer, US-amerikanische Konzerne seien in der Lage, die demokratische öffentliche Debatte zu unterbinden, was sich direkt auf Wahlergebnisse niederschlagen könne.
10.01.2022 Der Sprecher des Außenministeriums Łukasz Jasina teilt mit, dass der Regierungsbeauftragte für den Kontakt mit der jüdischen Diaspora, Jarosław Nowak, vor zwei Tagen von Außenminister Zbigniew Rau entlassen wurde. Medienberichten zufolge hat Nowak in einem Interview mit der britischen Zeitung Jewish News die Aktivitäten von Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość – PiS) gegenüber der jüdischen Community kritisiert, u. a. die Novelle des Gesetzes über das Institut des Nationalen Gedenkens (Instytut Pamięci Narodowej – IPN) im Jahr 2018. Außerdem hat er angemahnt, dass Polen sich mit der Frage der Rückgabe jüdischen Eigentums auseinandersetzen müsse.
11.01.2022 Nach aktuellen Angaben des Gesundheitsministeriums sind seit Beginn der Corona-Pandemie im Jahr 2020 mehr als 100.000 Personen in Polen an SARS-CoV-2 gestorben. Im Fernsehinterview mit TVN24 sagt der Präsident der Polnischen Gesellschaft der Epidemiologen und Ärzte für Infektionskrankheiten (Polskie Towarzystwo Epidemiologów i Lekarzy Chorób Zakaźnych), Robert Flisiak, dass diese Zahl nur die mit Hilfe eines Corona-Tests identifizierten Covid-19-Fälle umfasst. Es sei vielmehr von ca. 200.000 Todesfällen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie auszugehen. Als eine Ursache für die hohe Anzahl nennt Flisiak, der auch Mitglied des Medizinischen Rates beim Ministerpräsidenten ist, den Personalmangel sowie die schlechte Ausstattung und Infrastruktur des polnischen Gesundheitssystems. Laut Europäischer Kommission und OECD habe Polen die wenigsten Ärzte und Krankenpfleger in Europa pro eine Million Einwohner, so Flisiak. Zusätzlich kritisiert er, dass der Medizinische Rat immer weniger Gehör bei der Regierungsmehrheit findet.
12.01.2022 Der Senat stimmt mit 52 Ja-Stimmen bei 45 Nein-Stimmen (keine Enthaltungen) für die Einsetzung eines neunköpfigen Sonderausschusses zur Untersuchung der sogenannten Pegasus-Affäre. Senatsmarschall Tomasz Grodzki kündigt die Berufung der Kommission und ihre erste Sitzung für den nächsten Tag an. Dem Ausschuss soll Marcin Bosacki, Senator der Bürgerkoalition (Koalicja Obywatelska – KO), vorstehen. Hintergrund sind Ende Dezember 2021 laut gewordene Vorwürfe, dass Mitglieder der demokratischen Opposition bzw. dieser nahestehende Akteure mit der Überwachungssoftware Pegasus illegal ausspioniert wurden.
13.01.2022 Gefragt nach Medienspekulationen, dass Justizminister Zbigniew Ziobro (Solidarisches Polen/Solidarna Polska) entlassen werden könnte, sagt Regierungssprecher Piotr Müller im Interview des Senders TVN24, dass keine Änderungen in der Regierung geplant seien. Ähnlich äußerten sich zuvor der Fraktionsvorsitzende von Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość – PiS), Ryszard Terlecki, und Anita Czerwińska, Sprecherin der PiS, in den Medien.
14.01.2022 Vizeaußenminister Marcin Przydacz nimmt in Brest (Frankreich) am Treffen der Außenminister der Europäischen Union teil. Vor dem Hintergrund des massiven russischen Truppenaufmarsches an der ukrainischen Grenze fordert er ein eindeutiges Signal an die russische Regierung, dass die EU im Falle einer Eskalation zu harten Sanktionen bereit ist. Von Bedeutung sei die Einheit und enge Kooperation der EU mit der NATO und den USA sowie mit der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Polen, das dieses Jahr den Vorsitz der OSZE innehat, sei bereit, den Dialog über die Sicherheit in Mittelost- und Osteuropa zu unterstützen.
14.01.2022 13 von 17 Mitgliedern des Medizinischen Rates beim Ministerpräsidenten erklären ihren Rücktritt. Der Rat, dem ausschließlich Ärzte angehören, wurde im November 2020 als Beratungsgremium für die Bekämpfung der Corona-Pandemie berufen. Als Gründe für die Rücktritte werden inoffiziell die Beratungsrestistenz der Regierung und die Inkaufnahme von hohen Corona-Infektions- und -Todeszahlen genannt, die durch die vorgeschlagenen, aber nicht umgesetzten Maßnahmen hätten verhindert werden können.
15.01.2022 Auf dem Parteitag der Grünen (Zieloni) in Warschau werden ein Grüner Wiederaufbauplan für die Zeit nach der Corona-Pandemie vorgestellt. U. a. sollen 3 % des Bruttoinlandsproduktes (BIP) in die Entwicklung sog. grüner Technologien fließen, bis zum Jahr 2025 soll die öffentliche Verwaltung papierlos arbeiten und bis 2030 klimaneutral. Außerdem soll das BIP neu berechnet werden, indem Faktoren wie Umweltverschmutzung, Lebensdauer und Qualität der Gesundheitsversorgung einbezogen werden. Bis 2040 soll das polnische Energiesystem auf erneuerbare Energien umgestellt sein; davon 50–55 % Windenergie, 30 % Sonnenenergie und 15 bis 20 % Energie aus Biogasanlagen.
17.01.2022 Gesundheitsminister Adam Niedzielski gibt bekannt, dass ein neuer Medizinischer Rat beim Ministerpräsidenten einberufen wird, nachdem in der vergangenen Woche 13 von 17 Mitgliedern zurückgetreten sind. Dem neuen Rat sollen nicht mehr nur Ärzte angehören, sondern auch Wirtschaftswissenschaftler und Soziologen. Seine Aufgabe ist es, den Regierungschef bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie zu beraten.
18.01.2022 Außenminister Zbigniew Rau empfängt den im polnischen Exil lebenden belarussischen Oppositionsführer Pawel Latuschka. Angesichts einer neuen Welle von Repressionen gegenüber der demokratischen Zivilgesellschaft und Opposition in Belarus und fast 1.000 politischen Gefangenen, darunter auch führende Mitglieder der polnischen Minderheit in Belarus, äußert sich Rau tief beunruhigt über die innenpolitische Situation und sagt dem demokratischen Belarus weiter die Unterstützung Warschaus zu.
18.01.2022 Elisa Ferreira, EU-Kommissarin für Kohäsion und Reformen, teilt mit, dass sechs Woiwodschaften zusätzliche Mittel in Höhe von insgesamt 136 Mio. Euro zur Bekämpfung der Folgen der Corona-Pandemie sowie zur Unterstützung der Digitalisierung und ökologischen Transformation erhalten. Die Woiwodschaft Kleinpolen (województwo małopolskie) erhält 33,5 Mio. Euro, Pommern (woj. pomorskie) 21,7 Mio. Euro, Westpommern (woj. zachodniopomorskie) 18,7 Mio. Euro, Lublin (woj. lubelskie) knapp 26 Mio. Euro, Ermland-Masuren (woj. warmińsko-mazurskie) 20 Mio. Euro und Heiligkreuz (woj. świętokrzyskie) 15,9 Mio. Euro.
20.01.2022 Der Sprecher der Europäischen Kommission, Christian Wiegand, teilt mit, dass die Europäische Kommission Polen am Vortag eine Strafzahlungsaufforderung geschickt hat, da Polen die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zur Disziplinarkammer des Obersten Gerichts (Sąd Najwyższy – SN) vom Juli 2021 bisher nicht umgesetzt hat. Es ging dem EuGH u. a. darum, dass der Disziplinarkammer die Kompetenz zu entziehen sei, die Immunität von Richtern aufzuheben. Ende Oktober 2021 teilte der EuGH mit, dass Polen eine Strafe in Höhe von einer Million Euro täglich an die Europäische Kommission zahlen muss. Die erste, nun verschickte Zahlungsaufforderung umfasst den Zeitraum vom 3. November 2021 bis 10. Januar 2022.
20.01.2022 Vizeaußenminister Szymon Szynkowski vel Sęk empfängt Jens Plötner, außen- und sicherheitspolitischer Berater von Bundeskanzler Olaf Scholz. Außer dem Konflikt zwischen Russland und der Ukraine und der Lage an der polnisch-belarussischen Grenze werden Themen der deutsch-polnischen Beziehungen besprochen. Szynkowski vel Sęk zeigt sich zufrieden darüber, dass die bilateralen freundschaftlichen Beziehungen im Koalitionsvertrag der deutschen Regierung genannt werden. Gleichzeitig hoffe er auf Überwindung des Stillstands in einigen Bereichen, insbesondere bei Forderungen der in Deutschland lebenden Polen, z. B. der Forderung nach Polnischunterricht. Vor dem Hintergrund des 100. Jubiläums des Verbands der Polen in Deutschland (Związek Polaków w Niemczech) in diesem Jahr appelliert er an die deutsche Seite, das Polnische Haus in Bochum zu renovieren. Ein weiteres Jubiläum ist der 50. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Polen, wofür die deutsch-polnischen Gespräche am Runden Tisch wieder aufgenommen werden könnten.
21.01.2022 Im Gesetzesblatt erscheint eine neue Verordnung zur Bekämpfung der hochansteckenden Omikron-Variante des Corona-Virus. Vom 24. Januar bis 28. Februar sollen die Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung im Homeoffice arbeiten, ausgenommen sind Gerichte, Staatsanwaltschaften und Hochschulen. Das Gesundheitsministerium teilt mit, dass die Corona-Quarantäne ab dem 24. Januar 2022 auf sieben Tage (von zehn bzw. 14 Tagen) verkürzt wird.
24.01.2022 Nach aktuellen Angaben der Regierung wurden seit Beginn der Impfkampagne gegen Covid-19 am 27. Dezember 2020 50.671.742 Impfdosen verabreicht. Vollständig geimpft sind 21.589.637 Personen; eine Auffrischungsimpfung ("Booster") erhielten 9.345.652 Personen. In Polen leben 38,16 Mio. Einwohner (Stand: 30.06.2021). Gesundheitsminister Adam Niedzielski sagt, man müsse davon ausgehen, dass die Corona-Infektionen infolge der hoch ansteckenden Omikron-Variante in dieser Woche auf über 50.000 Fälle am Tag ansteigen.

Sie können die gesamte Chronik seit 2007 auch auf  Externer Link: http://www.laender-analysen.de/polen/ unter dem Link "Chronik" lesen.

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