Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Chronik: 15. bis 28. Februar 2022 | bpb.de

Chronik: 15. bis 28. Februar 2022

/ 1 Minute zu lesen

Chronik: 15. – 28. Februar 2022

DatumEreignis
15.02.2022 In seiner Funktion als diesjähriger Vorsitzender der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) trifft sich Außenminister Zbigniew Rau in Moskau mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow. Rau wirbt für die Initiative Polens im Rahmen des polnischen OSZE-Vorsitzes, den europäischen Sicherheitsdialog wiederzubeleben, sowie für die aktive Beteiligung Russlands an diesem Dialog. Thematisiert wird in diesem Zusammenhang auch die Sicherheitslage an der russisch-ukrainischen Grenze, wo Russland ein Truppenaufgebot von ca. 120.000 Soldaten zusammengezogen hat. Zum Abschluss seines Besuches in Moskau spricht Rau mit Vertretern der russischen Zivilgesellschaft und Menschenrechtsexperten.
16.02.2022 Der Europäische Gerichtshof (EuGH) weist die Klagen von Polen und Ungarn gegen den EU-Rechtsstaatsmechanismus ab. Der Mechanismus, der die Auszahlung von EU-Finanzmitteln an die EU-Mitgliedsländer von deren Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien abhängig macht, sei EU-rechtskonform und überschreite nicht die Kompetenzen der Europäischen Union, so das Gericht in seiner Begründung. In einer ersten Reaktion bezeichnet der Justizminister Polens, Zbigniew Ziobro (Solidarisches Polen/Solidarna Polska), den EuGH als politisches Organ, das von der Europäischen Volkspartei (EVP) beeinflusst werde, die eine Verlängerung der deutschen Politik sei. Die Zustimmung zur Einführung des Rechtsstaatsmechanismus im Jahr 2020 sei ein gravierender politischer und historischer Fehler von Ministerpräsident Mateusz Morawiecki (Recht und Gerechtigkeit/Prawo i Sprawiedliwość – PiS) gewesen, vor dem Solidarisches Polen damals gewarnt habe. Morawiecki kontert, ein fundamentaler Fehler wäre es, wenn das Urteil zu Spannungen in der Regierungskoalition der Vereinigten Rechten (Zjednoczona Prawica) führen würde.
17.02.2022 In einer gemeinsamen Erklärung aus Anlass des massiven russischen Truppenaufmarsches an der russisch-ukrainischen Grenze geben Großbritannien, Polen und die Ukraine ihre Absicht bekannt, eine Vereinbarung über eine trilaterale strategische Zusammenarbeit (u. a. in den Bereichen Cybersicherheit, Abwehr von Desinformationsangriffen und Energiesicherheit) auszuarbeiten.
18.02.2022 In Międzyrzecz (Woiwodschaft Lebuser Land/województwo lubuskie) beginnt das multinationale Militärmanöver Saber Strike-22, das u. a. in Polen und den baltischen Staaten stattfindet und bis zum 6. März dauern soll. Aus Polen nehmen ca. 1.300 Soldaten teil. Gegenstand der Übung ist die Verlegung von Truppen und Gerät aus den USA nach Europa und die Abwehr militärischer Gefahren an der NATO-Ostgrenze.
18.02.2022 Am letzten Tag seines zweitägigen Besuchs in der Ukraine spricht sich Senatsmarschall Tomasz Grodzki (Bürgerplattform/Platforma Obywatelska – PO) in Kiew für eine schnelle Assoziierung der Ukraine an die NATO und die Europäische Union aus, sobald die Hochphase des russisch-ukrainischen Konflikts überwunden ist. Die EU solle ein Hilfspaket für die ukrainische Wirtschaft in Erwägung ziehen, denn viele ausländische Investoren hätten sich infolge der militärischen Krise aus der Ukraine zurückgezogen. Grodzki wird von einer Delegation des Senats der Republik Polen begleitet. Neben einer Rede Grodzkis vor dem Obersten Nationalrat der Ukraine fanden Gespräche der Senatoren u. a. mit dem Präsidenten des ukrainischen Parlaments, Ruslan Stefantschuk, statt.
18.02.2022 Szymon Szynkowski vel Sęk, Staatssekretär im Außenministerium, sagt bei seinem Besuch in Berlin in Bezug auf die russisch-ukrainische Krise, Polen erwarte – mit Blick auf Sanktionen des Westens gegenüber Russland sowie die Wünsche der Ukraine nach Unterstützung – konkrete Handlungen von Deutschland und nicht nur Erklärungen.
19.02.2022 Auf der Münchener Sicherheitskonferenz erklärt Ministerpräsident Mateusz Morawiecki die Bereitschaft Polens, der Ukraine weitere Defensivwaffen für den möglichen Ernstfall im russisch-ukrainischen Konflikt zu liefern. Man dürfe die Einstellung Russlands nicht akzeptieren, dass manche europäischen Staaten ein größeres Recht auf Frieden und Sicherheit hätten als andere. Unabhängig von ihrer Stärke oder Schwäche hätten alle souveränen Staaten dasselbe Recht, in Frieden zu leben.
19.02.2022 Aufgrund der angespannten Sicherheitslage in der Ukraine infolge des russisch-ukrainischen Konflikts rät das Außenministerium von Reisen in die Südostukraine ab und fordert die polnischen Staatsbürger, die sich dort aufhalten, auf, ihre Rückkehr in Betracht zu ziehen. Außerdem wird von nicht notwendigen Reisen in die übrigen Gebiete der Ukraine abgeraten.
20.02.2022 Die stellvertretende Bürgerrechtsbeauftragte, Hanna Machińska, sagt in einem Interview mit TVN24, Polen müsse sich organisatorisch und infrastrukturell darauf vorbereiten, Flüchtlinge aus der Ukraine bei einem potentiellen Einmarsch Russlands in die Ukraine aufzunehmen. Dabei gehe es nicht nur um die kurzfristige Versorgung der Menschen, sondern auch darum, ihnen langfristig eine normale Existenz in Polen zu gewährleisten. Die schlechten Erfahrungen mit der Migrationskrise an der polnisch-belarussischen Grenze, die seit einem Dreivierteljahr besteht, dürften sich nicht wiederholen.
21.02.2022 Das Außenministerium verurteilt entschieden die Anerkennung der selbsternannten "Volksrepubliken Donezk" und "Lugansk" in der Ostukraine durch Russland. Die "Volksrepubliken" werden von Separatisten kontrolliert. Die Anerkennung bedeute einen Bruch mit den Minsker Abkommen, das Russland mitunterzeichnet hat, und sei eine Verletzung des Völkerrechtes. Polen sagt der Ukraine seine Solidarität zu und ruft Russland zur Deeskalation und zum Truppenabzug von der russisch-ukrainischen Grenze auf.
22.02.2022 Nach der Anerkennung der selbsternannten "Volksrepubliken Donezk" und "Lugansk" in der Ostukraine durch Russland am Vortag ruft Polen als Vorsitzender der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) eine Sondersitzung des Ständigen Rates ein. Vizeaußenminister Marcin Przydacz verurteilt die Entscheidung Russlands und unterstreicht, dass es keine Alternative zu einer diplomatischen Lösung der Spannungen auf dem Gebiet der OSZE gebe.
22.02.2022 Laut einem Entwurf des Innenministeriums soll das Aufenthaltsverbot im Grenzstreifen zu Belarus über den 1. März hinaus bis zum 30. Juni 2022 verlängert werden. Das Verbot besteht seit dem 1. Dezember 2021 und wurde infolge der Migrationskrise an der belarussischen Grenze verhängt.
23.02.2022 Die Delegation aus elf Abgeordneten des Europäischen Parlaments, die zur Beurteilung der Lage der Rechtsstaatlichkeit in Polen entsandt wurde, beendet ihren dreitägigen Aufenthalt in Polen. Auf einer Pressekonferenz unterstreicht Juan Fernando Lopez Aguilar, Ausschuss des EU-Parlaments für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, dass die Europäische Union nicht nur ein gemeinsamer Markt, sondern vor allem eine Wertegemeinschaft sei, deren Einhaltung durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) beurteilt wird. Seit Inkrafttreten des Lissabonner Vertrags sei die Rechtsstaatlichkeit nicht mehr nur eine nationale, sondern eine europäische Frage. In Polen sei die Erosion der Unabhängigkeit der Justiz festzustellen. Othmar Karas, Ausschuss für konstitutionelle Fragen, betont, vor dem Hintergrund der aktuellen russisch-ukrainischen Krise sei es umso wichtiger, die grundlegenden europäischen Werte wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Grundrechte einzuhalten. Er ruft die Europäische Kommission auf, keine Finanzhilfen für den Landesaufbauplans Polens (zur Bekämpfung der Folgen der Corona-Pandemie) auszuzahlen, bevor das Urteil des EuGH, dass die Disziplinarkammer beim Obersten Gericht (Sąd Najwyższy – SN) aufgelöst werden muss, nicht umgesetzt worden sei. Er sagt, es sei beunruhigend, dass Vertreter des Regierungslagers in Polen keine Bereitschaft gezeigt hätten, sich mit den Delegierten des EU-Parlaments zu treffen. Ein solches Verhalten hätten auch regierungskritische zivilgesellschaftliche Organisationen in Polen beklagt.
24.02.2022 Das Außenministerium verurteilt entschieden den militärischen Angriff Russlands auf verschiedene Ziele in der Ukraine, der heute begann. Dies sei ein präzedenzloser Vorfall und die bewusst getroffene Entscheidung Russlands, die Grundlagen der gegenwärtigen Sicherheitsarchitektur zu zerstören und Staatsgrenzen gewaltsam zu verschieben. Im 21. Jahrhundert sei dies nicht akzeptabel. Polen unterstütze gemeinsam mit den westlichen Partnern die Ukraine.
25.02.2022 Auf Initiative von Präsident Andrzej Duda findet in Warschau ein Sondergipfel der "Bukarester Neun" (Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Slowakei, Tschechien und Ungarn) statt, an dem außer den Staatschefs auch die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, teilnimmt. Während des Treffens wird eine online-Verbindung zum NATO-Sondergipfel hergestellt. Angesichts des russischen Militärangriffs auf die Ukraine fordert Duda mehr konkrete militärische, wirtschaftliche, finanzielle und humanitäre Hilfe für die Ukraine. Die beiden Gipfel wertet Duda als wichtige Beiträge zur Diskussion über tiefgreifende Sanktionen gegenüber Russland.
25.02.2022 Regierungssprecher Piotr Müller gibt bekannt, dass Polen als Antwort auf den am Vortag begonnenen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine seinen Luftraum für russische Flugzeuge schließt.
25.02.2022 Regierungssprecher Piotr Müller teilt mit, dass Polen und die Ukraine einen gemeinsamen Antrag auf Aussetzung der Mitgliedschaft Russlands im Europarat gestellt haben. Hintergrund ist der Einmarsch Russlands in die Ukraine am Vortag.
25.05.2022 Der stellvertretende Innenminister Paweł Szefernaker informiert, dass am Vortag 31.000 Personen infolge des russischen Militärangriffs auf die Ukraine die Grenze nach Polen überschritten haben. Am heutigen Tag seien es bis 15 Uhr 25.000 Menschen gewesen. An den zentralen Busbahnhöfen in den Hauptstädten der Woiwodschaften und am Flughafen in Warschau würden Informationsstellen für Flüchtlinge eingerichtet.
25.02.2022 Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ruft die Wirtschafts- und Handelskammer des Lebensmittelmarktes (Izba Gospodarczo Handlowa Rynku Spożywczego) dazu auf, keine russischen und belarussischen Produkte zu kaufen.
26.02.2022 Vor dem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin kündigt Ministerpräsident Mateusz Morawiecki in einem Briefing an, er wolle das Gewissen Deutschlands erschüttern, mit dem Ziel, dass sich Deutschland für "vernichtende" Sanktionen gegenüber Russland entscheide. Damit die EU von russischen Energielieferungen unabhängig werde, müsse nicht nur auf die Gaspipeline Nord Stream 2, sondern auch Nord Stream 1 verzichtet werden. Weiter müsse die russische Finanzwirtschaft aus dem SWIFT-System ausgeschlossen und der russische Präsident Wladimir Putin persönlich mit Sanktionen belegt werden. Die Lieferung Deutschlands von 5.000 Militärhelmen an die Ukraine bezeichnet Morawiecki als "Witz" und fordert reelle Hilfe in Form von Waffenlieferungen Deutschlands.
26.02.2022 Bundeskanzler Olaf Scholz empfängt Ministerpräsident Mateusz Morawiecki und den litauischen Staatspräsidenten Gitanas Nausėda in Berlin zu einem Gespräch über die Invasion Russlands in die Ukraine, die vor zwei Tagen begann. Der Angriffskrieg der Russischen Föderation gegen die Ukraine sei durch nichts zu rechtfertigen. Gewürdigt wurden die Einheit der EU und die schnell beschlossenen, umfangreichen Sanktionen der EU gegenüber Russland. Weitere zielgerichtete Maßnahmen sollen vereinbart werden. Thematisiert wurde auch die Notwendigkeit, die NATO-Ostflanke zu verstärken, heißt es in der Pressemitteilung des Bundeskanzleramtes nach dem Treffen.
27.02.2022 Der stellvertretende Innenminister Błażej Poboży teilt mit, dass ein von Polen eingerichteter medizinischer Eisenbahntransport auf seiner Probefahrt ca. 600 Flüchtlinge (Frauen und Kinder) aus der Ukraine nach Polen gebracht hat. Der für medizinische Zwecke eingerichtete Zug soll infolge des Kriegsgeschehens zwischen Russland und der Ukraine Verletzte aus der Ukraine nach Polen bringen, wo sie ärztlich versorgt werden.
27.02.2022 Tomasz Praga, Oberbefehlshaber des Grenzschutzes, informiert, dass seit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine am 24. Februar knapp 200.000 Flüchtlinge aus der Ukraine Hilfe in Polen erhalten hätten.
28.02.2022 In einem Interview in der spanischen Zeitung Corriere della Sera fordert Ministerpräsident Mateusz Morawiecki angesichts des russischen Militärangriffs auf die Ukraine, dass alle östlichen NATO-Mitgliedsstaaten mit mehr Militär sowie Raketenabwehrsystemen ausgerüstet werden müssen. Der russische Präsident Wladimir Putin werde seine aggressive Politik des Wiederaufbaus des russischen Imperiums möglicherweise beschleunigen. Nach Georgien und aktuell der Ukraine könnten die baltischen Staaten, Polen, Finnland und andere ostmitteleuropäische Staaten sein Ziel werden. Morawiecki spricht sich dafür aus, die Verteidigungsausgaben der Europäischen Union von zurzeit ca. 300 Mrd. Euro auf 500–600 Mrd. Euro zu steigern.

Sie können die gesamte Chronik seit 2007 auch auf Externer Link: http://www.laender-analysen.de/polen/ unter dem Link "Chronik" lesen.

Fussnoten

Weitere Inhalte