Funktionshäftling
Eine von der SS für eine bestimmte Funktion ausgewählte Häftlingsfrau (z. B. Blockälteste, Lagerälteste, Lagerpolizei). Die Funktionshäftlinge bildeten die unterste Stufe der Bewachungshierarchie im Konzentrationslager und erleichterten der SS die Überwachung des Lagers. Im Verhältnis zu ihren Mitgefangenen hatten die Funktionshäftlinge Vorteile wie bessere Kleidung und bessere Unterbringung. Sie konnten sich freier bewegen und ihre begrenzte Machtposition nutzen, um die brutalen Lagerbedingungen etwas zu mildern oder ihren Mitgefangenen das Leben zusätzlich zu erschweren. In jedem Fall waren sie selbst der ständigen Kontrolle der SS ausgesetzt. Funktionshäftlinge wurden mit einer Armbinde gekennzeichnet: Block und Stubenälteste mit grünen, Anweiserinnen und Lagerpolizistinnen mit roten, im Krankenrevier arbeitende Häftlingsfrauen mit gelben Armbinden.
Furunkulose
Eine der typischen Krankheiten im Konzentrationslager. Ein Furunkel (auch Blutgeschwür oder Eiterbeule) ist eine schmerzhafte, tief gehende, knotige Entzündung eines Haarbalgs und seiner Talgdrüse, die durch Bakterien hervorgerufen wird und vor allem an Nacken, Gesäß, Gesicht, Oberschenkelinnenseiten und im äußeren Gehörgang auftritt. Wenn ein Mensch vor allem bei Abwehrschwäche immer wieder einen oder mehrere Furunkel an verschiedenen Körperstellen bekommt, spricht man von einer Furunkulose.
Gaskammer
Die Gaskammer war eine spezielle Tötungsstätte in Ravensbrück, wo zwischen Januar und April 1945 mindestens fünf- bis sechstausend Personen ermordet wurden. Zuvor gab es in Ravensbrück keine Gaskammer, jedoch selektierte die SS ab 1942. mehrere Tausend Häftlingsfrauen und -männer, um diese in Vernichtungslager wie Auschwitz und Majdanek oder andere Vernichtungsstätten wie Bernburg in Sachsen-Anhalt abzutransportieren. Die Gaskammer in Ravensbrück wurde am 23. April 1945 von der SS gesprengt, um die Spuren der Massenvernichtung zu beseitigen.
Gestapo
Abkürzung für Geheime Staatspolizei. Die Gestapo hatte während der nationalsozialistischen Herrschaft 1933 bis 1945 die Machtbefugnis, ohne gerichtliche Kontrolle Hausdurchsuchungen durchzuführen, Menschen zu verhaften, sie in Konzentrationslager einzuweisen, sie zu quälen, zu foltern und zu ermorden.
Häftlingsärztin
Eine Häftlingsfrau, die als Ärztin im Krankenrevier eingesetzt wurde. Oft war sie bereits vor ihrer Verhaftung ausgebildete Ärztin oder hatte Medizin studiert.
Häftlingsfrau
Auch Frauenhäftling. Weibliche Gefangene im Konzentrationslager. In den Lagern wurden sie jedoch nicht als Häftlingsfrauen bezeichnet, sondern wie männliche Gefangene als Häftlinge. Die Bezeichnung Häftlingsfrau entstand im Zuge der Frauenforschung über Konzentrationslager, die zeigen konnte, dass Frauen das Konzentrationslager anders erlebten als Männer und auch andere Überlebensstrategien entwickelten.
Häftlingsnummer
Jede Person, die in ein Konzentrationslager eingewiesen wurde, erhielt eine Häftlingsnummer, die die SS in Ravensbrück fortlaufend vergab. So waren Häftlingsfrauen mit niedrigen Nummern schon lange im Lager und wurden daher auch als "alte Häftlinge" bezeichnet. Da sie im Laufe ihrer Gefangenschaft bereits vieles durchgestanden hatten, wurden sie häufig von Häftlingsfrauen mit hohen Nummern respektiert (zuweilen auch von der SS). Häftlingsfrauen mit niedrigen Nummern waren eher in "guten" Arbeitskommandos oder als Funktionshäftlinge eingesetzt.
Häftlingspflegerin
Häftlingsfrau, die im Krankenrevier Pflegedienste verrichtete.
Häftlingswinkel
Jede Frau, die in Ravensbrück eingewiesen wurde, erhielt zu ihrer Häftlingsnummer auch einen farbigen Dreieckswinkel, den sie an die Brust oder den Oberarm ihrer Häftlingskleidung aufgenäht tragen musste. Einen roten Winkel erhielten die politischen Gefangenen ("Politische"), einen grünen Winkel die "Kriminellen", also vorbestrafte Frauen, einen schwarzen Winkel die "Asozialen", einen lila Winkel die Zeuginnen Jehovas. Jüdische Gefangene trugen unter dem roten, grünen oder schwarzen Winkel ein quer stehendes gelbes Dreieck, so dass dadurch ein sechseckiger Stern entstand. Die Nationalität wurde durch den auf den Winkel aufgedruckten Anfangsbuchstaben des Landes kenntlich gemacht: "T" für Tschechinnen, "P" für Polinnen, "F" für Französinnen usw. Österreichische Gefangene galten jedoch für die SS als Reichsdeutsche, Sloweninnen als Jugoslawinnen.
Industriehof
Der Industriehof war ein Wirtschaftsbetrieb der SS. Er befand sich auf einem Areal des Lagergeländes von Ravensbrück, auf dem mehrere Werkhallen von jeweils etwa fünfzig mal zehn Metern Grundfläche errichtet worden waren. Zum Industriehof gehörten fast ausschließlich Anlagen zur Textilverarbeitung, ein Industriezweig, in dem traditionell ein hoher Anteil an Frauen beschäftigt war. In Ravensbrück war der gesamte Produktionsablauf von der Herstellung des Garns bis zur verarbeiteten Textilie gewährleistet. Zu den Teilbereichen der Produktion gehörten: die Reißerei, die Spinnerei, Webereien, die Kürschnerei und Schneidereibetriebe. Die Teilbereiche der Produktion befanden sich in jeweils einer eigenen Baracke im Industriehof, wo Häftlingsfrauen zwangsarbeiteten.
Jugendlager
Auch Uckermark oder "Die Uckermark". Ein ehemals zum Jugendschutzlager Uckermark gehörender Lagerabschnitt, der Ende 1944 ein Ort der Vernichtung wurde. Hier gab es lediglich sechs bis sieben Baracken mit primitivster Ausstattung und eine große Turnhalle. Die Blocks wurden mit ca. fünfhundert Frauen, die Turnhalle mit tausend Frauen belegt. Aus dem Stammlager Ravensbrück wurden hierher vorwiegend kranke und ältere Frauen gebracht, die entweder aufgrund der dort herrschenden katastrophalen Zustände durch Hunger, Krankheiten und Kälte ums Leben kommen sollten, oder mit Phenolspritzen und anderen Medikamenten getötet wurden, die meisten aber wurden von "der Uckermark" in die Gaskammer gebracht und ermordet.
Jugendschutzlager Uckermark
Auch Jugenderziehungslager. Treffender ist dieses Lager als Mädchen-Konzentrationslager zu bezeichnen. Das Lager wurde 1942 in unmittelbarer Nähe zum Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück für Mädchen und junge Frauen zwischen vierzehn und einundzwanzig Jahren errichtet, die sich nicht in die "Volksgemeinschaft" einfügen wollten, und gemäß der Ideologie der Nationalsozialisten als "Ausreißer", "Arbeitsscheue" oder als "Asoziale" kriminalisiert und verfolgt wurden. Bis Ende 1944 wurden im Jugendschutzlager Uckermark ca. tausend Mädchen inhaftiert und einem Prozess der "Umerziehung" unterworfen. Gegen Ende des Jahres 1944 wurde ein Teil des Jugendschutzlagers geräumt, dem Konzentrationslager Ravensbrück angegliedert und mit der Bezeichnung "Jugendlager" versehen (siehe Jugendlager).
Quelle: Gabriele Knapp, Frauenstimmen – Musikerinnen erinnern an Ravensbrück, Berlin, 2003.