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Ausrichtung der zentralen Abschlussprüfungen und Rahmenlehrpläne

Dr. rer. pol. Martin Kenner

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Die Arbeitsgruppe 1 greift das von Anja Besand herausgearbeitete Handlungsfeld "Veränderung der zentralen Abschlussprüfungen“ für den Prüfungsbereich "Wirtschafts- und Sozialkunde“ auf (vgl. Besand 2014, S. 217f.). Die Notwendigkeit der Weiterentwicklung wird in der Studie an den bestehenden Prüfungsbedingungen festgemacht, die aus didaktischer Sicht gravierende Defizite aufweisen und deren kontraproduktiven Auswirkungen aus Sicht von Lehrenden bis in den Unterricht hineinragen (vgl. ebd., S. 164ff.). Gestützt wird diese Befundlage durch eine aktuell durchgeführte Inhaltsanalyse von 12 konkreten Abschlussprüfungen unterschiedlicher Facharbeiterberufe.

Neben der geringen Bedeutung der Prüfung (Anteil am Gesamtergebnis max. 10%) lässt sich die Kritik an der bestehenden Prüfungsorganisation wie folgt zusammenfassen:
Der Berufsbezug als relevanter Lebens- und Arbeitskontext der Auszubildenden erscheint in den Prüfungen zwar gut sichtbar abgebildet, der inhaltliche Rahmen der Prüfungsaufgaben, der sich eng an der KMK-Empfehlung ausrichtet (vgl. KMK 2008), betont jedoch ausschließlich rechtliche, wirtschaftliche und soziale Aspekte. Genuin politische Problemlagen und Kontroversen (z.B. zur Verteilungsgerechtigkeit, Mitbestimmung, Ökologie, Rüstungsproduktion, etc.), in denen die gesamtgesellschaftliche Dimension von Arbeit und Beruf zum Ausdruck kommen, spielen in den einzelnen Prüfungen nur eine marginale oder gar keine Rolle.

Die didaktischen Einschränkungen setzen sich auch bei der Gestaltung der Prüfungsfragen fort. Der Anspruch der Testfragen bleibt faktisch bei der Reproduktion stehen und in Kombination mit der präferierten standardisierten Fragetechnik erscheinen die Prüfungen ungeeignet, handlungsbezogene Aspekte politischer Kompetenz (z.B. erörtern, vergleichen, beurteilen) differenziert zu erfassen. Die zu bewertende Prüfungsleistung besteht allein darin, die behandelten Themen möglichst detailgetreu als Wissensstruktur im (Kurzzeit-) Gedächtnis aufzubauen und für die Prüfungssituation verfügbar zu machen. Das Wissen selbst bleibt brach und es ergeben sich keine Nutzungsmöglichkeiten für die Entwicklung von Argumentationen.

Unter solchen Zielvorstellungen hat das didaktische Potenzial berufsbezogener politischer Bildung wenig Chancen auf Entfaltung - oder um es mit dem Postulat der Mündigkeit auszudrücken: Mit diesen Schwerpunktsetzungen kann die Entwicklung eines eigenständigen, handlungsfähigen berufsbezogenen politischen Standpunktes nicht erwartet werden und die Bedingungen erscheinen eher dazu geeignet, Anpassungshaltungen zu fördern.

Mit der Arbeitsgruppe wird nun versucht auszuloten, inwieweit diese Einschränkungen durch didaktische (inhaltlich, testmethodisch) und organisatorische (z.B. Erhöhung der Bearbeitungszeit, höhere Gewichtung der Prüfungsleistung) Maßnahmen aufgebrochen werden könnten. Prinzipiell wären zwei Strategien denkbar:
(1) Beibehaltung der zentral organisierten Prüfungen unter optimierten Bedingungen
(2) Teilverlagerung der Prüfungsverantwortung an die beruflichen Schulen (analog Baden-Württemberg)

  • Besand, Anja (2014): Monitor. Politische Bildung an beruflichen Schulen. Probleme und Perspektiven. Bad Schwalbach: Wochenschau Verlag

  • KMK (2008): Elemente für den Unterricht der Berufsschule im Bereich Wirtschafts- und Sozialkunde gewerblich-technischer Ausbildungsberufe (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 07.05.2008)

Fussnoten

Nach seiner Ausbildung als Maschinenschlosser studierte Martin Kenner Feinwerktechnik, Politikwissenschaft und Berufspädagogik. Er ist Akademischer Oberrat am Lehrstuhl Berufspädagogik der Universität Stuttgart (seit April 2019 komm. Leiter) Externer Link: https://www.ife.uni-stuttgart.de/institut/team/Kenner-00001/