Gesellschaftliche Ausschlussmechanismen und Wege zur Inklusion
Die Legitimation sozialer Ungleichheit basiert auf der Leitidee, dass Güter nach meritokratischen Prinzipien verteilt werden. An Bildungsinstitutionen und Arbeitsmärkten kann die Verwirklichung dieser Leitidee bemessen werden.Einleitung
Die Legitimation sozialer Ungleichheit in Marktgesellschaften basiert vor allem auf einer Leitidee: Güter sollen nach meritokratischen Prinzipien - nach Qualifikations- und Leistungskriterien - verteilt werden. Für die Ausgestaltung von Arbeitsmärkten als zentrale Verteilungsinstitutionen ergeben sich daraus drei Forderungen: Leistung und Qualifikation sollen für den Zugang zu beruflichen Positionen und für deren Entlohnung ausschlaggebend sein; außerdem ist dafür Sorge zu tragen, dass Bildungsinstitutionen nach individuellem Talent und Bereitschaft differenziert die zur Leistungserbringung notwendigen Qualifikationen vermitteln und zertifizieren. Nach meritokratischen Prinzipien ausgestaltete Institutionen sind folglich gekennzeichnet durch offenen Zugang, freien Leistungswettbewerb und transparente Selektionsmechanismen: Nur wenn sich alle potenziellen Kandidaten um eine Position bewerben können und sich die Auswahlkriterien nach Qualifikation und Leistung richten, gelangen die besten Bewerber in die richtigen Positionen. Nur wenn Löhne und Gehälter respektive Preise für Güter und Dienstleistungen in freiem Leistungswettbewerb ausgehandelt werden, kann man davon ausgehen, dass die ausgeübten Tätigkeiten leistungs- und qualifikationsgerecht entlohnt werden. Und nur wenn Bildungsinstitutionen für alle offen und dazu in der Lage sind, Talente zu erkennen und zu fördern, können sie meritokratischen Prinzipien gerecht werden.Auf Märkten mit freiem Wettbewerb sind sozialstrukturelle Schließungsprozesse das größte Hindernis meritokratischer Prinzipien.[1] Sie finden statt, wenn potenziellen Kandidaten der Zugang zu beruflichen Positionen oder Bildung verwehrt wird, weil sie einer bestimmten sozialen Gruppe angehören. Sie können auch dazu führen, dass Entlohnungen deutlich über respektive unter dem Niveau liegen, das als leistungs- beziehungsweise qualifikationsgerecht erachtet werden kann. Schließungsprozesse können unterschiedliche Formen annehmen, kennen unterschiedliche Gewinner und Verlierer, treten teils offensichtlich, teils verborgen auf, sodass man sie nur mit trickreichen Messmethoden analytisch erfassen kann. Ob und inwieweit Schließungsprozesse erfolgreich sind, lässt sich an der Durchlässigkeit von Barrieren sozialer Mobilität zwischen unterschiedlichen sozialen Gruppierungen ablesen. Dabei können zwei Forschungszweige unterschieden werden, die Schließungsprozesse aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten: Die intergenerationale Mobilitätsforschung untersucht die kumulative Wirksamkeit von verschiedenen Mobilitätsschranken zwischen sozialen Schichten in der Generationenfolge. Sie hat gezeigt, dass Deutschland sich nach wie vor durch einen hohen Grad beruflicher "Vererbung" auszeichnet, was auf ausgeprägte Schließungsmechanismen zurückzuführen ist.[2] Im Unterschied dazu fokussiert die intragenerationale Mobilitätsforschung auf die Wirkungsweise von Mobilitätsbarrieren innerhalb einer Generation. Hierbei steht die Untersuchung einzelner Schließungsmechanismen stärker im Vordergrund.