Deutsche Sicherheitsstrukturen im 21. Jahrhundert
Die föderale Sicherheitsarchitektur Deutschlands trennt nach wie vor strikt die Aufgabenfelder Innere und Äußere Sicherheit. Angesichts des Terrorismus neuen Typs werden unkonventionelle, kooperative Sicherheitsstrategien verlangt.Einleitung
Der internationale Terrorismus - eine globale, vielleicht sogar epochale Herausforderung - bedroht unsere Zivilisation. Die Terrorangriffe vom 11. September 2001 und die zahlreichen Anschläge danach mit einer Vielzahl von Toten und Verletzten überall in der Welt verstärken die Furcht vieler, unvermittelt und unvorbereitet Opfer von Terrorakten zu werden. Sicherheitsanalysen kommen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass in Zukunft mit weiteren barbarischen terroristischen Angriffen zu rechnen ist.[1]
Die Dimension der terroristischen Bedrohung ist neu. Die trotz der militärischen Überlegenheit bestehende Verletzlichkeit freiheitlicher Staaten und die Schutzlosigkeit ihrer Bürger werden offenbar. Die militärische Abschreckung versagt, da es sich nicht um Angriffe selbständiger Völkerrechtssubjekte, sondern um vernetzte Tätergruppen oder Einzeltäter aus unterschiedlichen Herkunftsländern handelt.[2] Gegenüber Attentätern, die ihren Tod in Kauf nehmen oder ihren Körper als Waffe einsetzen, bleiben die general- und spezialpräventiven Mechanismen des Strafrechts (Entdeckungsrisiko, Angst vor Strafe) wirkungslos. Kein Staat darf es zulassen, dass sein Volk terroristischen Angriffen schutzlos ausgeliefert und er damit erpressbar wird. Vorrangiges Ziel muss es sein, bereits die Vorbereitung terroristischer Anschläge so frühzeitig zu erkennen, dass sie verhindert werden können. Die Anstrengungen von Politik und Administration sind mithin auf die Abwehrstrategien zu konzentrieren, die auf eine effektive Prävention gerichtet sind. Gleichzeitig muss aber auch die notwendige Sicherheitsvorsorge getroffen werden, um der Bevölkerung im Ereignisfall größtmöglichen Schutz zu gewährleisten.
Im Zielspektrum islamistischer Terroristen stehen vor allem die USA, Großbritannien und Israel sowie deren Einrichtungen im Ausland. Das militärische Engagement Deutschlands bei der Bekämpfung des Terrorismus hat die Anschlagsgefahr auch in Deutschland erhöht.[3] Diese Einschätzung[4] schärft den Blick auf den Status quo ante: Vor den Ereignissen des 11. September 2001 war Deutschland offenbar kein Angriffsziel für die Planer islamistischer Terroranschläge. Überraschen kann dies nicht, zeigen doch nicht nur die Erkenntnisse aus dem Kaplan-Verfahren vor dem OLG Düsseldorf, sondern vor allem auch die Aktionsfähigkeit der hier offenbar weitgehend unbehelligt gebliebenen späteren Attentäter um Mohammed Atta, dass die deutsche Ausländerpolitik möglicherweise nationale und internationale Sicherheitsrisiken nicht ausreichend berücksichtigt hat. Ungewollte, aber nahezu zwangsläufige Folge war das Entstehen von Rückzugsräumen zur Vorbereitung terroristischer Aktivitäten, deren Stoßrichtung außerhalb Deutschlands lag und die durch Angriffe auf Einrichtungen in Deutschland nicht gefährdet werden sollten.