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"Am Ende kann nur Gott uns helfen" Das Coronavirus in Äthiopien

Nizar Manek Alexander Meckelburg

/ 10 Minuten zu lesen

In Äthiopien kam die Covid-19-Pandemie erst mit Verzögerung an. Trotz der bisher geringen offiziellen Fallzahlen ist davon auszugehen, dass das Virus die bestehenden Probleme des Landes erheblich verschärfen wird.

Seit Mitte März 2020 klingt vor jedem Telefonat in Äthiopien eine freundliche Stimme aus dem Hörer, die auf Amharisch über den Umgang mit dem neuartigen Coronavirus aufklärt: Man möge sich die Hände waschen und genügend Abstand zum Gegenüber halten. Bereits zuvor hatten einige Apotheken in Addis Abeba handgeschriebene Schilder an ihren Türen angebracht: ፈዝ ማስክ የልለም – "fez mask yälläm" – "keine Gesichtsmasken verfügbar", während sich an den Tankstellen der Stadt kilometerlange Schlangen bildeten. "Korona", so die amharische Transliteration, hat im Bewusstsein der meisten Bürgerinnen und Bürger recht plötzlich einen festen Platz eingenommen.

Schon seit Wochen war in der Stadt über das Virus und seine weltweite Verbreitung gemunkelt worden. Doch nach der Bestätigung des ersten Covid-19-Falles in Äthiopien am 12. März kam stellenweise Panik auf. Für viele Äthiopierinnen und Äthiopier war Corona vor allem eine Gefahr von außen: Das durch das Virus verursachte Lungenleiden wurde zunächst als "ausländische" und "chinesische Krankheit" bezeichnet. Der erste bestätigte Fall soll ein japanischer Staatsbürger gewesen sein, auch die nächsten bekannten Fälle hatten allesamt eine "Reisegeschichte". In der Folge wurden Ausländer mehrfach von Mitfahrten in Minibussen ausgeschlossen, teilweise auch auf der Straße bedroht und angegriffen.

Dabei waren die offiziellen Fallzahlen im Vergleich zu vielen europäischen Ländern scheinbar moderat: Am 7. April berichtete Gesundheitsministerin Liya Tadesse von 55 Infizierten und zwei Todesfällen. Da die Testkapazitäten jedoch zu den niedrigsten der Welt gehören, mag niemand so richtig glauben, dass die Zahl der bekannten Fälle mit der Zahl der tatsächlichen Infektionen übereinstimmt – entsprechend hoch wird die Dunkelziffer geschätzt. Am Tag darauf rief Premierminister Abiy Ahmed den nationalen Notstand aus, der vorerst fünf Monate andauern soll. Zusammenkünfte von mehr als vier Personen sind seither untersagt. Bereits zuvor wurde die ursprünglich für den 29. August geplante Parlamentswahl auf unbestimmte Zeit verschoben.

Die ohnehin schon vorhandenen politischen, ökonomischen und sozialen Dynamiken des vielsprachigen Landes dürften sich damit erheblich beschleunigen. Denn die Covid-19-Krise ist bei Weitem nicht das einzige Problem, mit der Äthiopien derzeit zu kämpfen hat. Ausbrüche von Masern, Cholera und Gelbfieber haben das Land jüngst erschüttert. Hinzu kommt eine verheerende Heuschreckenplage in Ostafrika, durch die in einigen Regionen mit Nahrungsmittelknappheit und Hunger zu rechnen ist. Äthiopien ist zudem ein wichtiges Durchgangs- und Zielland für Geflüchtete aus dem subsaharischen Afrika, die in der sich abzeichnenden Krise zusätzliche Unterstützung benötigen werden. Während China und die Vereinigten Arabischen Emirate bereits Hilfslieferungen geschickt haben, ist mit großer Hilfe aus Europa nicht zu rechnen. Denn die eigenen Notwendigkeiten an medizinischer Ausrüstung konkurrieren mit den akuten Bedürfnissen der europäischen Länder, die ihrerseits wegen der Pandemie Häfen und Grenzen geschlossen und Arzneimittelexporte gestoppt haben. Alles in allem gilt Äthiopien als Hochrisikoland, das durch einen ungebremsten Covid-19-Ausbruch soziale, politische und ökonomische Folgen größten Ausmaßes zu erwarten hätte.

Vorbereitungen für den Ernstfall

Die Ansteckungsgefahr wird in Äthiopien als einigermaßen hoch eingeschätzt, denn sowohl in den Städten als auch auf dem Land leben häufig mehrere Generationen in einem Haushalt. Überhaupt ist das Leben in Äthiopien zumeist von großer sozialer Nähe geprägt – man teilt sich Essen, und schon bei der Begrüßung zeigt man üblicherweise Nähe und Verbundenheit. Im schlimmsten Fall, so Prognosen des äthiopischen Gesundheitsministeriums, könnten sich im Zuge der Pandemie innerhalb eines Jahres etwa 60 Prozent der Bevölkerung mit dem Virus infizieren, vor allem in den Städten. Die Folgen im Gesundheitssektor wären katastrophal. Das äthiopische Gesundheitssystem gehört zu den schwächsten der Welt, ohne bessere Ausstattung könnte es schon bald kollabieren. Ein Arzt in einem kleinen Krankenhaus in Addis Abeba berichtet uns: "Wenn der Ausbruch passiert, können wir nur weglaufen. Wir haben keine Mittel, um den Menschen zu helfen." Die Zahl der Intensivbetten und Beatmungsgeräte würde in keiner Weise den prognostizierten Bedarf abdecken.

Auch im Rest des Landes ist die Situation ernüchternd. Im somalischen Osten und anderswo im Land beklagt man sich hilflos darüber, dass schon die Telefongruß- und Informationskampagne der Bundesregierung große Bevölkerungsteile nicht erreicht, weil Amharisch dort weniger verbreitet ist. In Jigjiga, der Hauptstadt des Bundeslandes Somali, erzählt uns ein Beamter von einem Labor, das selbst für grundlegende Tests nicht ausgestattet sei, und von einem Überweisungskrankenhaus, das mit nur einem Computertomografen diesen Zweck kaum erfüllen könne. In einem Spital in Debre Birhan im Bundesland Amhara, so wird uns berichtet, habe dem Klinikpersonal im März nur eine Maske pro Woche zur Verfügung gestanden. Die Ärzte hätten minimale Kontingente an Desinfektionsmitteln, die sie unter den Mitarbeitern verteilten. In der Quarantäneeinrichtung in Debre Birhan, die provisorisch und weitab vom Krankenhaus eingerichtet ist, fehle es am Nötigsten, sogar am Essen für die Patienten. In vielen ländlichen Gebieten, in denen es ohnehin kaum ausreichende medizinische Versorgung gibt, wäre das Gesundheitssystem wohl sofort überfordert.

Die äthiopische Regierung reagierte verhältnismäßig langsam auf die drohende Ausbreitung des Virus, was unter anderem auch auf innere Meinungsverschiedenheiten zurückzuführen ist. Ende Januar 2020 eröffnete das Gesundheitsministerium ein (schlecht funktionierendes) Callcenter zum Thema Corona, zudem in Abstimmung mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ein Trainingszentrum für medizinisches Personal. In Addis Abeba wurde bislang noch keine Ausgangssperre verhängt, und auch internationale Passagiere kommen weiterhin am Flughafen Bole an. Sie müssen sich allerdings auf eigene Kosten für zwei Wochen in ein Hotel in Quarantäne begeben. Die Landesgrenzen hat Äthiopien hingegen weitgehend zu schließen versucht – sowohl die äußeren internationalen als auch die Binnengrenzen zwischen den Bundesländern. Da manche Grenzen jedoch umstritten, kaum markiert oder von bestimmten Bevölkerungsgruppen aufgrund traditioneller Lebensweisen ständig überschritten werden, ist die vollkommene Durchsetzung indes ein Ding der Unmöglichkeit. In einigen Bundesländern wurde der öffentliche Personenverkehr bereits untersagt, in Addis Abeba dürfen Minibusse nur noch die Hälfte der Plätze besetzen, was zu einer Verdopplung der Preise geführt hat.

Die Schulen waren die ersten Einrichtungen, die offiziell geschlossen wurden. Es folgten die Universitäten und die meisten Behörden. Universitätsdozenten in Addis Abeba wurden gebeten, von zu Hause zu arbeiten und online zu unterrichten. Doch dafür ist kaum eine ausreichende Internetverbindung vorhanden, und die Mehrheit der Studierenden hat sich sofort nach Schließung der Universitäten zu ihren Familien aufgemacht, um den zu erwartenden Transportbehinderungen zuvorzukommen. Auch im Strafvollzug wurden Maßnahmen getroffen: In verschiedenen Landesteilen wurden mehrere Tausend Gefängnisinsassen entlassen, die Regierung hat weitere Freilassungen angekündigt.

Regionale Eindrücke

Auch im dritten Notstand innerhalb von vier Jahren hat in Addis Abeba noch vieles geöffnet. Zwar schließen Bars und Nachtclubs allmählich ihre Türen, doch Straßenverkäufer und kleine Kioske sind nach wie vor da und sowohl für die tägliche Versorgung mit Lebensmitteln als auch für das Überleben der Betreiberfamilien von entscheidender Bedeutung. Wie in Europa verzeichnet manch ein Supermarkt Rekordumsätze aufgrund von Hamsterkäufen, die sich jedoch nur wenige leisten können. Viele Restaurants, Banken und andere Unternehmen haben vor ihren Türen Wasserbehälter aufgestellt und fordern die Kunden auf, ihre Hände zu reinigen. Neben Seife und Wasser bieten sie häufig auch Spiritus- oder Fensterreiniger an. Einige Supermärkte leiten zum Schlangestehen an und lassen nur eine begrenzte Anzahl von Kunden gleichzeitig in den Laden.

Das Bundesland Tigray hat den Ausnahmezustand schon vor der äthiopischen Regierung ausgerufen und den Verkehr zwischen ländlichen und städtischen Gebieten ausgesetzt. Bahir Dar, eine Stadt am Tanasee in der Region Amhara, war Vorreiterin beim Versuch, Obdachlosen zu helfen und sie angemessen unterzubringen und vor der Infektion auf der Straße zu schützen.

Gambela im Westen Äthiopiens war das letzte Bundesland, das auf die Krise reagierte: In den ersten Apriltagen setzte die Regionalregierung die Schließung von Cafés und des öffentlichen Nahverkehrs durch. "Kaum Menschen sind unterwegs, niemand sitzt in den Cafés an der Straße, niemand kaut Khat", beschreibt ein lokaler Farmer die Situation. Die Einhaltung der Vorschriften wird durch zusätzliche Polizei- und Milizkräfte kontrolliert. Inzwischen mehren sich die Beschwerden darüber, dass es an Transportmitteln mangele, was die Menschen daran hindere, ihren Geschäften nachzugehen, obwohl der Markt in der Landeshauptstadt Gambela noch in Betrieb sei.

In ländlichen Gegenden, etwa in Dawro in Südäthiopien, sind die lokalen Märkte geschlossen, und die Menschen verkaufen landwirtschaftliche Güter von den Türen der Bauernhöfe aus. Nutzen Ladenbesitzer die Situation aus und erhöhen die Preise, werden sie von der lokalen Regierung bestraft, und ihr Laden wird geschlossen. "Im Allgemeinen aber", so berichtet uns ein Ethnologe von der Addis Abeba University aus der Region, "sehen die Menschen dieses Virus noch nicht als Bedrohung. Sie sagen, sie seien ‚rein‘ – im Sinne von ‚spirituell rein‘ –, und das Virus betreffe sie nicht." Entsprechend sind in Dawro die sozialen Bindungen intakt, und die Kirchen entgegen der Regierungsrichtlinien geöffnet.

Wirtschaftliches Damoklesschwert

Trotz der inzwischen ergriffenen Maßnahmen kritisieren manche inbesondere die ersten Reaktionen der Bundesregierung als zu lasch – vor allem mit Blick auf den Betrieb der nationalen Fluggesellschaft. So erhielt Ethiopian Airlines seine mehr als 30 wöchentlichen Flüge nach China auch dann noch aufrecht, als schon längst klar war, dass sich die Corona-Krise dort gefährlich zuspitzte. Dies verdeutlicht ein Dilemma: Als derzeit wichtigste afrikanische Fluggesellschaft ist Ethiopian Airlines ein Motor der heimischen Wirtschaft; eine Einstellung des Flugverkehrs und damit verbundener Dienstleistungen gefährdet Arbeitskräfte und Konsum viel schwerwiegender, als es in der westlichen Welt der Fall ist.

Bereits ohne Pandemie war die Inflation in Äthiopien ein großes Problem; getrieben durch die steigenden Lebensmittelpreise erreichte sie im März 22,6 Prozent – die höchste Rate seit sechs Jahren. Der Internationale Währungsfonds erwartet für 2020 eine deutliche Verringerung des Wirtschaftswachstums. Hoteliers stellen nun der Regierung Unterkünfte zur Verfügung, die als mögliche Quarantäneeinrichtungen benutzt werden können. Beamte und Minister sammeln Spenden, und Premierminister Abiy forderte von den G20-Staaten einen Schuldenerlass sowie 150 Milliarden US-Dollar Hilfe für afrikanische Länder. Die Afrikanische Union prognostiziert einen Rückgang der Exporte und Importe afrikanischer Nationen um mindestens 35 Prozent gegenüber dem Vorjahr, was einem Wertverlust von schätzungsweise 270 Milliarden US-Dollar gleichkäme. Darüber hinaus würde der Bedarf an zusätzlicher medizinischer Versorgung zu einem Anstieg der öffentlichen Ausgaben um mindestens 130 Milliarden US-Dollar führen.

Die Verhängung einer möglicherweise notwendigen Ausgangssperre und eines kompletten "Lockdowns" hängt somit wie ein Damoklesschwert über den Köpfen der Bevölkerung. Die staatlichen Maßnahmen, die der Notstand ermöglicht, sind bisher bewusst unscharf formuliert; wie fast überall befindet sich auch die äthiopische Regierung in einem schmerzhaften Spagat zwischen gesundheitlichem Schutz und ökonomischer Vernunft. "Social distancing", wie es derzeit in vielen Ländern praktiziert wird, bringt Taxifahrer, Kleinunternehmer und viele andere Beschäftigte schon jetzt in große finanzielle Schwierigkeiten. Beamte berichten, dass sie weiterhin bezahlt werden, sind jedoch unsicher, wie lange die Regierung sich dies noch leisten wird. Und nur wenige haben Laptops oder Zugang zum Internet. Homeoffice in Äthiopien ist ein logistischer Albtraum.

Besonders die städtischen Armen befinden sich zwischen Hammer und Amboss: Eine Schließung von Kleinunternehmen, die für die Allgemeinheit nicht lebensnotwendig sind, würde viele Menschen unmittelbar in eine Notlage führen. Ein Straßenhändler bringt seine Sorgen eindrücklich auf den Punkt: "Wenn wir an einem Tag nichts verkaufen, werden wir an diesem Tag nichts essen." Viele Kleinunternehmer im informellen Sektor sagen deshalb, sie hätten nur die Wahl zwischen dem Tod an Covid-19 oder dem an Hunger. "Am Ende kann nur Gott uns helfen", ist ein gängiger Ausdruck – jedoch weniger aus Angst vor der Krankheit als vielmehr in der Erwartung, dass die staatlichen Maßnahmen nicht ausreichen werden.

Die Angst betrifft auch Beschäftigte in der Industrie: 30.000 Industrieparkarbeiter wurden bereits beurlaubt, und die Frage ist, ob und wie lange sie bezahlt werden, wenn sie nicht zurückkehren können. Die gleichen Befürchtungen gibt es in vielen weiteren Bereichen. Die Regierung hat zwar Hilfen angekündigt, doch auch die sind begrenzt.

Blick ins Ungewisse

Die Corona-Krise ist aber auch ein politisches Problem. Schon vor der Pandemie sind in jüngerer Zeit wegen der anhaltenden politischen Veränderungen schwerwiegende politische Konflikte ausgebrochen. So führte eine seit 2018 laufende Sicherheitsoperation gegen einen bewaffneten Aufstand in West-Oromia zur teilweisen Abschaltung des dortigen Telekommunikationsnetzes, was erst auf internationalen Druck hin wieder aufgehoben wurde. Die Zivilbevölkerung hätte sonst keinerlei Online-Zugang zu Informationen über die Gesundheitskrise gehabt. Derlei Konflikte könnten sich im Zuge der Pandemie jedoch noch verschärfen. Auch die Verschiebung der Parlamentswahlen wirft Probleme auf. So erwartet die Wahlkommission eine drastische Verringerung der Wahlbeteiligung, wenn die Pandemie noch länger andauern sollte. Die Opposition befürchtet Machtmissbrauch.

Ein weiteres Problem ist die vermehrte Verbreitung von Fehlinformationen über das Coronavirus und Covid-19. Das betrifft zum einen die Herkunft des Virus, zum anderen aber auch Gerüchte über vermeintliche Gegenmittel wie Knoblauch. Ein Regierungsvertreter verbreitete etwa die Information, traditionelle Medizin werde bereits im Zusammenhang mit dem Coronavirus an Tieren getestet, was rasch als politische Quacksalberei verspottet wurde. Gleichzeitig mehren sich Berichte über verstärkte Kleinkriminalität. Sollte sich die Situation verschärfen, kann nicht ausgeschlossen werden, dass Demonstrationen und Unruhen zunehmen werden, sei es wegen der mangelnden Gesundheitsversorgung, steigender Lebensmittelpreise oder anderer Engpässe bei lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen.

Während sich die Pandemie weiter ausbreitet, bereitet sich Äthiopien weiter auf den "richtigen" Ausbruch vor. Die Vorbereitungen sind begleitet von verheerenden Prognosen, dramatischen wirtschaftlichen und sozialen Folgen sowie erheblichen politischen Unsicherheiten. Angesichts der derzeitigen globalen Panik sollte man jedoch nicht vergessen, dass in Äthiopien weder die Regierung noch die WHO die wichtigsten Institutionen sind. Viele der krisenerprobten Äthiopier wenden sich der Religion zu; vielerorts gibt es Solidaritätsbekundungen, kollektives Fasten unter Muslimen und Prozessionen bei den Christen – auch wenn die Äthiopisch-Orthodoxe Kirche den Gläubigen vor ihrem Osterfest (Fasika) am 19. April strikte Regeln zur Wahrung der räumlichen Distanz untereinander auferlegt hat. Ebenso wurden Moscheen geschlossen, die Freitagsgebete sollen zu Hause stattfinden. So warten die Äthiopier mehrheitlich stoisch und gefasst auf das, was kommt. Bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe am 17. April ist die Zahl der landesweiten Covid-19-Infektionen auf 96 gestiegen, die Zahl der Todesfälle betrug inzwischen 3. Ob Äthiopien gut vorbereitet ist, wird sich möglicherweise schon zeigen, während Sie diese Zeilen lesen.

arbeitet als freier Berater und Journalist in Addis Abeba mit Schwerpunkt auf Äthiopien und die Region am Horn von Afrika. Externer Link: http://www.nizarmanek.com

ist promovierter Ethnohistoriker und arbeitet derzeit an der Universität Addis Abeba zur Geschichte der Sklaverei in Nordostafrika. E-Mail Link: alexandermeckelburg@yahoo.de