Islamische Jugendkulturen in Deutschland
Islamische Jugendkulturen sind kein Migrationsphänomen. Junge Muslime definieren sich oft ausdrücklich als muslimisch und deutsch und sehen sich als aktiven Teil der deutschen Gesellschaft.Einleitung
Mit ihrem vielbeachteten Buch "Zwischen Pop und Dschihad. Muslimische Jugendliche in Deutschland" lenkte die Journalistin Julia Gerlach vor einigen Jahren den Blick erstmalig auf eine "pop-islamische" Jugendszene. Mit dem Begriff beschrieb sie eine Strömung, deren Anfänge sich in die 1990er Jahre zurückverfolgen lassen, die aber erst nach den Anschlägen vom 11. September 2001 und den folgenden Diskursverschiebungen an Bedeutung gewann.[1] Als wichtigstes Merkmal der "Pop-Muslime" machte Gerlach deren Selbstverständnis aus, in dem sich ein Bruch mit tradierten Identitäten und Lebensentwürfen der Eltern- und Großelterngeneration abzeichnete. Islamische Identität, Zugehörigkeit zur deutschen Gesellschaft und moderner Lifestyle werden von Jugendlichen und jungen Erwachsenen als widerspruchsfreie Einheit gedacht.In den vergangenen Jahren entstanden zahlreiche Vereine und Initiativen, denen ein ähnliches Selbstverständnis zugrunde liegt. Unter Muslimen ist diese Strömung mittlerweile zu einem Begriff geworden, und auch in der nicht-islamischen Öffentlichkeit stieß der "Pop-Islam" zunehmend auf Interesse.[2] Dennoch warf Gerlach erst kürzlich die Frage auf: "Ist der Pop-Islam in Deutschland tot?"[3] Hintergrund dieser Frage war die zwischenzeitliche Stagnation der Mitgliederzahlen dieser Vereine. Die Frage verweist dabei weniger auf einen Niedergang als auf eine Vervielfältigung der islamisch geprägten Jugendszenen. Ähnlich wie unter nicht-muslimischen entwickelt sich auch unter muslimischen Jugendlichen ein breit gefächertes Spektrum jugendkultureller Szenen, die sich unter "Pop" nur noch unzureichend fassen lassen. Das Aufgehen im gesellschaftlichen Mainstream und die Abgrenzung in explizit islamisch definierten Gemeinschaften sind dabei nur die Extreme, die das Spektrum markieren.