Homosexualität und Fußball - ein Widerspruch?
Männlichkeit und Weiblichkeit im Sport
Sport bietet Frauen Möglichkeiten, Aspekte ihrer Persönlichkeit auszudrücken, die gewöhnlich als "männlich" definiert werden, ja, sie müssen diese sogar pflegen und demonstrieren, um sportlich erfolgreich zu sein. Somit müssen sie Verhaltensweisen und Haltungen in ihre Identifikation als Frau, in das Bild, das sie sich selbst und andere von einer Frau machen, integrieren, die ihnen nicht selbstverständlich zugeschrieben werden. Als Athletinnen überschreiten sie häufig die Grenzen zwischen Weiblichkeit und Männlichkeit, können Maskulinität ausdrücken und Anerkennung für ihre körperlichen Fähigkeiten suchen und finden.[4] Frauen können dies durchaus als positiv wahrnehmen, denn der Einstieg in eine Männerwelt eröffnet auch die Freiheit, sich zwischen den Geschlechtern zu bewegen: Frauen müssen nicht klassisch "Frau" sein, um ihre Identität als Frau nicht in Frage stellen müssen.Sie bewegen sich im Sport jedoch immer auch am Rande des Akzeptablen und nahe an dem Vorwurf, zu "vermännlichen". Deshalb müssen sie zusehen, so "weiblich" wie möglich aufzutreten: "Activities coded as male are evaluated to see whether they ,contaminate' female participants."[5] Mit den neuen Standards für Frauenkörper, gekennzeichnet durch Stärke, Beweglichkeit, Schlankheit, Größe und kleine Brüste, werden überkommene Auffassungen des Begehrenswerten in Frage gestellt, ein Wandel, der Misstrauen auslöst: "A hermeneutics of suspicion surrounds this desirable body: Is it still female, is it still feminine, and is it drug-enhanced?"[6] In diesem Misstrauen spielt immer auch die Sorge mit, eine Frau, die sich als männlich geltende Verhaltensweisen und Fähigkeiten angeeignet hat, könne lesbisch sein. Hier wirkt das stereotype Bild von einer Lesbe als einer Frau, die sich den gängigen Zumutungen akzeptierter Weiblichkeit widersetzt, sich gängigen Schönheitsidealen verweigert und von Männern und deren Anerkennung unabhängig auftritt - und damit für den heterosexuellen männlichen Betrachter unattraktiv ist.
Also geben sich Sportlerinnen meist eindeutig heterosexuell, damit sie nicht, gerade weil ihr Sporttreiben einen kräftigen, beweglichen und vielleicht auch besonders muskulösen Körper bewirkt, möglicherweise als lesbisch gelten.[7] Je mehr im Sport Geschlechtergrenzen überschritten oder auch erweitert werden, desto mehr müssen sie auch aufrechterhalten werden, um die symbolische Ordnung der Geschlechtsstereotype nicht zu gefährden. Nur so bleibt eine Wahl zwischen geschlechtskonnotierten Verhaltensweisen möglich.[8] Allerdings bringen diese Wahloptionen bislang nur wenig Offenheit auch für die Wahl einer homosexuellen Option mit sich.
Männer haben dieses Problem der Grenzüberschreitung im Sport nicht, da im Sport "männliche" Leistungsfähigkeit, Durchsetzungsfähigkeit, Kraft und Stärke sowie "männliche" Tugenden wie Kameradschaft ohnehin die Meßlatte für jegliches sportliches Handeln sind. Sport verlangt von Männern also nur, was ihnen aufgrund ihrer Sozialisation zum Mann schon vertraut ist. Für Männer ist daher das Überschreiten von Geschlechtergrenzen hin zu dem, was gemeinhin als "weiblich" gilt, weniger einfach. Denn wenn sie es tun, bedeutet dies sozialen und kulturellen Abstieg sowie Statusverlust. Ihnen wird dann häufig ihre Männlichkeit abgesprochen, und/oder sie werden für schwul gehalten. Sie brechen ein stärkeres Tabu als Frauen.[9]
Es gibt also gute Gründe, Männlichkeit im Sport nicht in Frage zu stellen. Er ist nicht nur ein Ventil, um Kräfte wie sexuelle Regungen, Vitalität und körperliche Stärke schadlos für andere auszuagieren, "er bietet gleichzeitig ein Moratorium, in dem auch eine kulturelle Gewissheit der eigenen Männlichkeit, eine männliche Identität entwickelt wird".[10] Doch es scheint immer schwieriger zu werden, dies aufrechtzuerhalten: "However, the capacity of sports to ideologize masculine superiority has been destabilized as women have struggled to gain greater access and commercially minded sports governors have sought women out as consumers."[11] Dies erklärt, warum es gerade in traditionellen Männersportarten Bestrebungen gibt, sich gesellschaftlichen Veränderungen, die dazu geeignet sind, tradierte Bilder von Männlichkeit und Weiblichkeit aufzuweichen, zu widersetzen. Und es unterstützt die Haltung, Schwule hätten im Fußball keinen Platz.