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Mit "Ballerspielen" gegen pädagogische "No-Go-Areas"? Erfahrungen mit Eltern-LANs | Jugend und Medien | bpb.de

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Mit "Ballerspielen" gegen pädagogische "No-Go-Areas"? Erfahrungen mit Eltern-LANs

Arne Busse Arne Busse et al.

/ 12 Minuten zu lesen

Auf "Eltern-LANs" spielen Eltern und Lehrer unter medienpädagogischer Anleitung Computerspiele. Die soll nicht in Billigung des jugendlichen Medienhandelns resultieren, wohl aber in Kommunikation mit den Heranwachsenden.

Einleitung

Jedes medienpädagogische Projekt trifft in der Regel auf eine Ausgangssituation: einen Zustand, der aus medienpädagogischer Sicht der Bearbeitung bedarf, da er so nicht sinnvoll oder nicht hinnehmbar erscheint. Für das Projekt "Eltern-LAN" ließe sich diese Situation auf die verkürzte (und verallgemeinernde) Formel bringen: Das Thema Computerspiele und der pädagogische Umgang mit ihnen ist für Eltern eine pädagogische "No-Go-Area". Dies meint, dass eine relevante Anzahl von Eltern das Thema pädagogisch nicht aufgreift, also die erzieherische Auseinandersetzung scheut oder diese auf restriktive Eingriffe hinsichtlich der erlaubten Nutzungszeit reduziert. Eine kritische, zwischen entwicklungsbeeinträchtigenden und -fördernden Aspekten differenzierende Auseinandersetzung erfordert Zeit und Engagement; beides sind Ressourcen, die für die heutigen "Eltern unter Druck" oder "Eltern im Abseits" nicht mehr so einfach verfügbar sind.

Die Veranstalter der Eltern-LAN-Veranstaltungsreihe (und Autoren dieses Beitrages) halten dies für keine zufriedenstellende pädagogische Situation. Eltern sollten die Chance erkennen und nutzen, mit ihren Kindern über das für diese wichtige Thema "Computerspiele" zu diskutieren - und dabei durchaus auch den schwierigen Fragen und problematischen Aspekten nicht ausweichen. Diese Dialogbereitschaft würde den Kindern zeigen, dass ihre Eltern bereit sind, sich mit diesem "neuen" oder einfach nur sehr unvertrautem Medium auseinanderzusetzen und den Eltern ermöglichen, scheinbar verloren gegangenes pädagogisches Terrain (zurück) zu gewinnen. Ein wesentliches Anliegen der Eltern-LANs ist es daher, Eltern, aber auch Lehrkräfte bei der Auseinandersetzung mit dem Hobby "Computerspielen" ihrer Kinder und Schüler zu unterstützen, ihnen das notwendige Orientierungswissen zu vermitteln bzw. Zugänge zu entsprechenden Informationsangeboten zu eröffnen sowie Dialogbarrieren zwischen den Generationen und eventuelle Berührungsängste gegenüber digitalen Medien abzubauen.

Die Konzeption der Veranstaltungen greift entsprechend auf zwei Bezugssysteme zurück: auf das der Medienpädagogik und das der politischen Bildung. Medienpädagogisch lassen sie sich als klassischer Ansatz der "aktiven Medienarbeit" charakterisieren, der sich nur durch seine Zielgruppe (Erwachsene) aus dem Feld hervorhebt, aber dieselben pädagogischen Ziele verfolgt, insbesondere die Vermittlung, Förderung und Stärkung von Medienkompetenz oder Medienbildung. Für die politische Bildung gehören medienpädagogische Ansätze und Medien als Themen in einer mediatisierten Lebenswelt, in der sich nicht zuletzt auch Politik medial vermittelt, selbstverständlich zum Methoden- und Themenrepertoire. Das Themenfeld "Computerspiele" birgt indes noch weitaus mehr: Die Frage des Umgangs mit bestimmten Computerspielen wie der gesamte Jugendmedienschutz überhaupt wird durchkreuzt von einer ganzen Reihe miteinander konkurrierender Grundrechte und Werte. Hierzu zählen zum Beispiel der Schutz der Menschenwürde (Artikel 1 des Grundgesetzes), Recht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 GG), Meinungsfreiheit und die Freiheit der Kunst (Art. 5 GG) und das Erziehungsprivileg der Eltern (Art. 6 GG).

Eltern und Lehrkräfte sind in der täglichen Erziehung also permanent mit moralischen Fragen, mit der Notwendigkeit der Urteilsfindung und -fällung konfrontiert, und dies wird stets von einer umfangreichen und sehr kontrovers geführten öffentlichen Diskussion um Computerspiele und Jugendschutz begleitet und kommentiert. Eltern, Erzieherinnen und Erzieher ebenso wie Lehrkräfte bei der Bewältigung dieser Herausforderung zu unterstützen, ist eine Grundintention der Eltern-LAN-Konzeption, denn: "Wer ignoriert, was gespielt wird, verpasst die Möglichkeit, über die Inhalte von Computerspielen zu diskutieren - sowohl mit den eigenen Kindern als auch mit anderen."

Pädagogische Ausgangssituation

Die pädagogische Ausgangssituation lässt sich aus unserer Sicht anhand dreier Thesen beschreiben. Die erste lautet:

Computerspiele sind ein relevanter Bestandteil (männlicher) jugendlicher Freizeitgestaltung.

Aktuelle Studien zeigen, dass Computer- und Videospiele zu einem relevanten Teil jugendlichen Medienhandelns geworden sind. Vor allem für männliche Heranwachsende stellt der Umgang mit Computerspielen nach der Nutzung des Internets, dem Hören von Musik und dem Fernsehen eine wichtige Freizeitbeschäftigung dar. 93 Prozent der in der aktuellen "JIM-Studie" befragten 12- bis 19-jährigen Jungen spielen Computerspiele (Mädchen 69 Prozent), die durchschnittliche wöchentliche Spielzeit der Jungen liegt bei 104 Minuten in der Woche und 132 Minuten am Wochenende. Dieser sehr ausgeprägten und teilweise auch sehr intensiven Mediennutzung gegenüber stehen Erwachsene, die nicht oder nur wenig spielen und sich kaum mit diesem Medienhandeln der Heranwachsenden auseinandersetzen und aufgrund mangelnder eigener Erfahrung oder fehlender Informationen nicht wissen, wie sie digitale Spiele pädagogisch beurteilen sollen. Die zweite These lautet entsprechend:

Die Generation der Eltern (und Lehrkräfte) verfügt über kein diesem Medienhandeln entsprechendes Wissen, keinen angepassten Erfahrungshorizont oder pädagogischen Zugang.

Eltern sehen als Folge oftmals auch keine Notwendigkeit, Kinder beim Erlernen des Medienumgangs erzieherisch zu unterstützen: "Obwohl Kinder schon sehr früh mit Medien in Kontakt kommen, wird selten die Notwendigkeit gesehen, diese in das allgemeine Erziehungskonzept zu integrieren. Solange es nicht zu Konflikten kommt, scheint aus Sicht vieler Eltern kein Handlungsbedarf erforderlich." Das JFF - Institut für Medienpädagogik kam 2007 in einer Studie zur Akzeptanz des deutschen Jugendmedienschutzsystems zu dem Ergebnis: "Die notwendige Verantwortungsübernahme seitens der Eltern wird insbesondere dadurch beschränkt, dass Wissen und Fähigkeiten von Heranwachsenden und Erziehungsberechtigten in Bezug auf die interaktiven Möglichkeiten der heutigen Medienwelt sehr auseinanderdriften. (...) Jugendschutzrelevantes Medienhandeln innerhalb von Peerstrukturen unterläuft den Jugendmedienschutz und entzieht sich weitgehend der Kontrolle des erwachsenen sozialen Umfeldes."

Mit Bezug auf Computerspiele stellte die "JIM-Studie" 2008 fest, "dass die Mehrheit der Eltern keinerlei Regeln für den Umgang mit Computerspielen getroffen hat. Hier ist ein deutlicher Informationsbedarf für Eltern gegeben". Aus pädagogischer Sicht ist eine Überregulierung von Aktionsfeldern oder symbolischen Räumen, in denen Heranwachsende sich bewegen und in denen sich Identitätsfindungs- und Sozialisationsprozesse ereignen, nicht sinnvoll. Wohl aber ist es notwendig, diese Prozesse zu begleiten, um Entwicklungsbeeinträchtigungen oder -gefährdungen zu verhindern und auf eine gute Spielpraxis hinzuwirken; wobei sich die Bewertung der Spielpraxis hier nicht allein auf die Art der Spiele, sondern ebenso auf die Art des Spielens beziehen sollte. Angesichts der bisherigen Feststellungen mag die dritte These überraschend erscheinen:

Eltern sind Expertinnen und Experten ihrer Kinder.

Die Behauptung beansprucht ihren Wahrheitsgehalt allein aus der familialen Grundsituation, welche die Eltern zu den zumindest erfahrensten Expertinnen und Experten ihrer Kinder macht. Gleichzeitig sind sie bis zu einem gewissen Alter der Kinder auch immer Rollenvorbild. Aufgrund dieses besonderen Charakters der Eltern-Kind-Beziehung sollten Eltern eine stärkere Verantwortung für das Medienhandeln ihrer Kinder übernehmen, eben weil sie es mit Blick auf die Kind-Kompetenz letztlich am besten vermögen. Die notwendige Medienkompetenz in Bezug auf Computerspiele können sich Eltern auch von ihren Kindern vermitteln lassen, solange sie sich die pädagogische Kompetenz nicht nehmen lassen.

Um diese Befunde in der medienpädagogischen Arbeit wirkungsvoll aufzugreifen und sinnvoll zu berücksichtigen, haben die Bundeszentrale für politische Bildung, der Veranstalter der Electronic Sports League (ESL) Turtle Entertainment, der Spieleratgeber NRW (ComputerProjekt Köln e.V.) und das Institut Spielraum an der Fachhochschule Köln 2008 eine Eltern-LAN-Veranstaltungsreihe für Eltern und Lehrkräfte konzeptionell und organisatorisch entwickelt. Bis Ende 2010 wurden bundesweit über 30 Eltern-LANs nach diesem Konzept veranstaltet.

Konzept und Ablauf der Eltern-LANs

Unter dem Titel "Eltern-LAN. Zusammen. Spiele. Erleben." wird der vernetzen Spielweise zahlreicher aktueller Computerspiele Rechnung getragen, wie auch dem pädagogischen Charakter der Veranstaltung, mit der unter anderem eine kommunikative "Vernetzung" der jungen und alten Generation beabsichtigt ist. Die Teilnehmenden einer Eltern-LAN bauen Berührungsängste mit dem Medium Computer ab und probieren unter pädagogischer Anleitung selbst Spiele in einem geschützten Rahmen aus, darunter auch den kontrovers diskutierten Taktik-Shooter "Counter-Strike". Ihnen werden Orientierungswissen und Medienkompetenz vermittelt, und es wird damit die Motivation und Fähigkeit gefördert, sich mit den eigenen Kindern, mit Schülern und Schülerinnen sowie mit Heranwachsenden in der Jugendarbeit über deren mediales Handeln und die Inhalte von Computerspielen kritisch auseinanderzusetzen.

Als Rahmen der Eltern-LANs wurden bewusst die Live-Veranstaltungen der Electronic Sports League (ESL) gewählt, die in zahlreichen deutschen Städten stattfinden. Auf den "Intel Friday Night Game"-Veranstaltungen der ESL treffen sich bis zu 2000 Jugendliche und junge Erwachsene, die wie bei einer herkömmlichen Sportveranstaltung professionellen Computerspielern und -spielerinnen via Großleinwand zuschauen, den Analysen von Kommentatoren zuhören, "ihr Team" anfeuern und erfolgreiche Spielzüge bejubeln. Neben den eigenen Spielerfahrungen können die Teilnehmenden der Eltern-LANs so auch einen Einblick in die jugendliche Spielkultur gewinnen und mit Spielern sowie Organisatoren der Events ins Gespräch kommen.

Der typische Programmablauf einer Eltern-LAN dauert etwa fünfeinhalb Stunden und beginnt mit einer medienpädagogischen Einführung zu Computerspielen sowie dem jugendkulturellen Phänomen eSport (das wettbewerbsmäßige Spielen von Computerspielen im Mehrspielermodus). In einer rund zweistündigen Spielphase werden dann unter Anleitung das Auto-Rennspiel "TrackMania Nations Forever" und "Counter-Strike" gespielt. Vor der jeweiligen Spielphase werden die Spiele vorgestellt und die Steuerung erläutert. Während des Spielens unterstützen professionelle Spieler und Spielerinnen die Teilnehmenden, helfen bei der Steuerung oder erklären den Spielablauf. Nach der Spielphase stellt ein Moderator oder ehemaliger professioneller Computerspieler die ESL vor, beantwortet Fragen der Teilnehmenden zum eSport oder schildert an seinem persönlichen Werdegang, wie das Hobby zum Beruf wurde. Im Anschluss wird das Thema "Medienwirkung/Exzessives Spielen" in einem eigenständigen Themenblock dargestellt. Danach tauschen sich Teilnehmende mit Pädagogen und Pädagoginnen in einer Nachbesprechung über die gewonnenen Erfahrungen aus und diskutieren Fragen zum erzieherischen Umgang mit Computerspielen. Abschließend werden die Teilnehmenden in Kleingruppen über die Liga-Veranstaltung geführt und mit professionellen Computerspielern sowie Besuchern ins Gespräch gebracht. Eine Broschüre mit Hintergrundinformationen sowie Tipps zum Medienalltag in der Familie wird den Teilnehmenden bereits vor der Veranstaltung zur Verfügung gestellt und kann überdies auch auf der Internetseite der Eltern-LAN (Externer Link: http://www.eltern-lan.info/) kostenfrei heruntergeladen oder bestellt werden.

Als wesentliches pädagogisches Prinzip der Eltern-LAN-Veranstaltungen lässt sich der "Perspektivwechsel" beschreiben. Eltern und Lehrkräften wird in einem geschützten medienpädagogischen Rahmen ermöglicht, Computerspiele selbst auszuprobieren, für zwei Stunden die Perspektive computerspielender Kinder und Jugendlicher einzunehmen und die Faszination digitaler Spielewelten zu erkunden, von denen ihre Kinder zu berichten wissen. Dies soll nicht in Billigung des Medienhandelns resultieren, wohl aber in Verständnis und Motivation zur Kommunikation mit den Heranwachsenden.

Interesse und Resonanz der Teilnehmenden

Die meistgenannten Motive zur Teilnahme von Eltern und Pädagogen an den Eltern-LANs sind das Kennenlernen der Spiele der Kinder und Jugendlichen und das Verstehen der Faszination, die Computerspiele auf Kinder und Jugendliche ausüben. Auch der Austausch mit anderen Eltern wird bei der Abfrage der Erwartungen und Teilnahmemotivationen häufig genannt. Die Zusammensetzung der Teilnehmenden war bislang in etwa paritätisch zwischen Eltern und pädagogischen Fach- bzw. Lehrkräften verteilt; im Durchschnitt aller Veranstaltungen waren etwa 60 Prozent der Teilnehmenden weiblich, 40 Prozent männlich. Der größte Informationsbedarf bezog sich auf Regelungen zum Umgang mit Computerspielen im familiären Medienalltag sowie dem Kennenlernen von Ansprechpartnern bei weiterführenden Fragen oder Unterstützungsangeboten. Die Auswertung der Evaluationsfragebögen ergab, dass fast alle Teilnehmenden zufrieden oder sehr zufrieden mit der Veranstaltung waren und 90 Prozent deren Anbindung an ein eSport-Event positiv oder sehr positiv beurteilten. Aufgrund der gewonnenen Erfahrungen würden ausnahmslos alle die Veranstaltung weiterempfehlen und haben dies auch bereits gegenüber Kolleginnen, Kollegen und Bekannten getan.

Ein Lehrer aus Köln hatte seine Teilnahme an der Eltern-LAN bereits im Vorfeld Schülerinnen und Schülern mitgeteilt und wurde von ihnen dafür ausdrücklich gelobt: "Endlich mal ein Erwachsener, der sich dafür interessiert und sich selbst ein Bild macht, bevor er Spiele kritisiert." Seine kritische Einstellung zu "Counter-Strike" habe er auch nach der Veranstaltung nicht aufgegeben, könne jetzt aber "die Faszination verstehen und mit den Schülern auf Augenhöhe diskutieren". Die Mutter eines Zwölfjährigen aus Berlin resümierte: "Ich kann jetzt besser argumentieren, kann jetzt eher sagen, das eine Spiel ist für mich in Ordnung, aber das andere, da möchte ich nicht, dass du es spielst." Diese Eindrücke und Aussagen belegen, dass eine derartige Informationsveranstaltung dazu beitragen kann, Berührungsängste von Erziehenden gegenüber dem in erster Linie von Kindern und Jugendlichen genutzten Medium abzubauen. Auch kann es nach dem Besuch einer solchen Veranstaltung leichter fallen, sich in den Dialog mit Heranwachsenden über deren mediales Handeln zu begeben und sich selbst mit Inhalten von Computerspielen auf verschiedenen Ebenen kritisch auseinanderzusetzen.

Computerspielende, um nicht zu sagen "ballerspielende", Eltern sind ein Thema, das auf große Resonanz in den Medien stößt. Fast alle bisherigen Eltern-LAN-Veranstaltungen waren von großem Medieninteresse und der Präsenz von Journalistinnen und Journalisten begleitet, teilweise in solchem Maße, dass Regelungen zur Gewährleistung eines reibungslosen Veranstaltungsablaufs getroffen werden mussten. Nichtsdestotrotz unterblieb fast durchgängig eine sensationsheischende Berichterstattung oder gar Skandalisierung. Der Tenor der Artikel und Beiträge war fast durchgängig neutral-abwägend und wertschätzend.

Resümee und Ausblick

Die Konzeption der bundesweiten Eltern-LANs sieht eine Anbindung an den professionellen eSport vor, um einen Einblick in diese Jugendkultur zu ermöglichen. Aber auch in schulischem Rahmen können Erwachsene mit Jugendlichen über Faszination und Wirkung von Computerspielen ins Gespräch kommen, indem beispielsweise Schülerinnen und Schüler gewonnen werden, die Eltern und Lehrende bei einer ähnlichen Veranstaltung beim Spielen unterstützen. Seit 2010 besteht die Möglichkeit, die Eltern-LANs auch direkt in Schulen oder Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit zu veranstalten. Insgesamt gab es bisher zehn solcher mobilen Eltern-LANs. Der Vorteil dieser Variante ist offensichtlich: Da hier Teilnehmende aufeinander treffen, die auch im Anschluss an die Eltern-LAN noch miteinander zu tun haben werden, können die gewonnenen Erkenntnisse und Kompetenzen in dem pädagogischen Bezugsrahmen (Schule, Jugendeinrichtung) auch für die weitere pädagogische Arbeit gemeinsam genutzt werden, bis hin zu einer gemeinsamen Computerspielveranstaltung von Erwachsenen und Jugendlichen.

Aber es muss nicht immer gleich eine "LAN-Party" sein, um mit Kindern und Jugendlichen ins Gespräch zu kommen; gerade im familiären Rahmen reicht das gemeinsame Spielen von Eltern und Kind(ern): "Durch das Mitspielen erfahren Eltern, welche Faszination von Computerspielen ausgeht und verstehen vielleicht eher, warum Kinder so viel Zeit damit verbringen. (...) Durch die längere Beschäftigung mit einem Spiel, das die eigenen Kinder spielen, ergeben sich vielleicht neue Beziehungsebenen und damit neue Gespräche. (...) Ist man als Verbündeter anerkannt, ändert sich auch die Beziehungsebene für den Moment des Spiels. Der Vater, der Erwachsene, wird als gleichwertiger Mitspieler akzeptiert. Anschließende Gespräche finden zwischen Spielern statt und nicht zwischen Vater und Sohn."

Der Text wurde gemeinsam mit Torben Kohring (Projektleiter des Spieleratgeber NRW des Vereins ComputerProjekt Köln), Ibrahim Mazari (Pressesprecher und Jugendschutzbeauftragter Turtle Entertainment GmbH, Veranstalter der ESL), Tobias Miller (Redaktionsleiter von spielbar.de, dem Internetangebot der bpb zu Computerspielen), Horst Pohlmann und JürgenSleegers (Dipl.-Pädagogen und Leiter von Spielraum, Institut zur Förderung von Medienkompetenz an der Fachhochschule Köln) und Adrian Weiß (PR-Manager Turtle Entertainment GmbH, Veranstalter der ESL) verfasst. Er basiert auf einem Vortrag, der am 11. Mai 2010 im Rahmen der Ringvorlesung "Keine Bildung ohne Medien" an der Universität Hamburg gehalten wurde und im Frühjahr 2011 in einem Sammelband zur Ringvorlesung in veränderter Form erscheinen wird.

Fussnoten

Fußnoten

  1. LAN steht für local area network; LANs bzw. "LAN-Parties" sind Veranstaltungen, auf denen (meist jugendliche) Computerspieler in einem lokalen Netzwerk mit- bzw. gegeneinander spielen.

  2. Der Begriff Computerspiele wird im Folgenden als Synonym für alle Arten von digitalen Spielen, unabhängig von der technischen Plattform (PC, Konsole, Mobiltelefon) verwendet.

  3. Vgl. Christine Henry-Huthmacher/Michael Borchard (Hrsg.), Eltern unter Druck. Selbstverständnisse, Befindlichkeiten und Bedürfnisse von Eltern in verschiedenen Lebenswelten, Stuttgart 2008; Themenausgabe "Eltern im Abseits", merz - medien + erziehung, (2010) 4.

  4. Zum Begriff "Aktive Medienarbeit" vgl. Fred Schell, Aktive Medienarbeit, in: Jürgen Hüther/Bernd Schorb (Hrsg.), Grundbegriffe Medienpädagogik, München 20054. Zu den Konzepten "Medienkompetenz" und "Medienbildung" vgl. die entsprechenden Artikel von Kai-Uwe Hugger bzw. Winfried Marotzki/Uwe Jörissen in: Uwe Sander/Friederike von Gross/Kai-Uwe Hugger (Hrsg.) in: Handbuch Medienpädagogik, Wiesbaden 2008.

  5. Thomas Krüger, Präsident der bpb, in einem Interview: Versachlichung der Diskussion und pädagogisches Augenmaß notwendig, in: Kommission für Jugendmedienschutz der Landesmedienanstalten (Hrsg.), Umstritten und umworben: Computerspiele - eine Herausforderung für die Gesellschaft, Berlin 2010.

  6. Vgl. MPFS (Hrsg.), JIM 2010. Jugend, Information, (Multi-)Media, Basisstudie zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger in Deutschland, Stuttgart 2010, S. 36, online: www.mpfs.de/jim (21.12.2010).

  7. Hier sind mehrere Generationenbegriffe zu berücksichtigen: der genealogische (Abstammung/Abfolge), der pädagogische (Wer lernt von wem oder lehrt/erzieht wen?) und der historisch-soziologische, der gesellschaftliche Gruppen nach bestimmten politischen, kulturellen, sozialen Erfahrungen oder Praxen ordnet. Vgl. François Höpflinger, Generationenfrage - Konzepte, theoretische Ansätze und Beobachtungen zu Generationenbeziehungen in späteren Lebensphasen, Lausanne 1999, online: www.hoepflinger.com/fhtop/
    Generationenfrage.pdf (21.12.2010).

  8. Daniel Süss/Claudia Lampert/Christine W. Wijnen, Medienpädagogik. Ein Studienbuch zur Einführung, Wiesbaden 2010, S. 131.

  9. Helga Theunert/Christa Gebel, Untersuchung der Akzeptanz des Jugendmedienschutzes aus der Perspektive von Eltern, Jugendlichen und pädagogischen Fachkräften, München 2007, S. 101 und S. 108, online: www.jff.de/dateien/JFF_JMS_LANG.pdf (21.12.2010).

  10. MPFS (Hrsg.), JIM 2008. Jugend, Information, (Multi-)Media, Basisstudie zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger in Deutschland, Stuttgart 2008, S. 68, online: www.mpfs.de/jim (21.12.2010).

  11. Vgl. Johannes Fromme, Sozialisation in einer sich wandelnden Mediengesellschaft, in: Jürgen Lauffer/Renate Röllecke (Hrsg.), Mediale Sozialisation und Bildung, Bielefeld 2007, S. 12-29.

  12. Vgl. Christopher Scholtz, Zwischen Spielauswahl und Spielpraxis. Entscheidungsfelder für Eltern und Pädagogen, in: Jürgen Fritz (Hrsg.), Computerspiele(r) verstehen. Zugänge zu virtuellen Spielwelten für Eltern und Pädagogen, Bonn 2008, S. 225-235.

  13. Vgl. Höpflingers Begriff der pädagogischen Generation (Anm. 7).

  14. Zusätzlich gab es auch Eltern-LANs als Informationsveranstaltungen für Politikerinnen und Politiker, beispielsweise für den Sonderausschuss "Konsequenzen aus dem Amoklauf in Winnenden und Wendlingen: Jugendgefährdung und Jugendgewalt" des Landtags von Baden-Württemberg.

  15. Beispiele hierfür sind online beschrieben auf: www.spielbar.de/neu/2010/02/elternabend-zu-und-mit-computerspielen/; www.spieleratgeber-nrw.de/?siteid=1927; http://cms-dev.fh-koeln.de/spielraum/level3/schulische_
    medienpaedagogik/00678/index.html (alle 21.12.2010).

  16. Jens Wiemken, Computerspiele & Internet? Der ultimative Ratgeber für Eltern, Düsseldorf 2009, S. 154ff.

M.A., geb. 1966; Referent in der Bundeszentrale für politische Bildung/bpb, Fachbereich "Politikferne Zielgruppen", Adenauerallee 86, 53113 Bonn. E-Mail Link: arne.busse@bpb.de