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Editorial | Generationen | bpb.de

Generationen Editorial Generationen im 20. und 21. Jahrhundert. Zur Kritik eines problembeladenen Begriffs Stereotypisierungen von Jung und Alt in der Corona-Pandemie Familiale Generationenbeziehungen Generationengerechtigkeit. Grenzen und Potenziale eines sozialpolitischen Kernbegriffs Zukünftige GenerationenZukünftige Generationen. Geschichte einer politischen Pathosformel Wem gehört die Vergangenheit? Generationenbrüche im deutschen Erinnern

Editorial

Frederik Schetter

/ 2 Minuten zu lesen

Die "Generation" ist in den vergangenen Jahrzehnten neben politisch-soziologische Grundbegriffe wie "Klasse", "Schicht" oder "Milieu" gerückt. Der Begriff ordnet Gesellschaften nach zeitlichen Zusammenhängen und dient dabei zum einen als wissenschaftliche Analysekategorie, über deren Potenziale und Grenzen sich trefflich debattieren lässt. Zum anderen wird er als Fremd- und Selbstthematisierungsformel dazu genutzt, gesellschaftliche Deutungs- oder Geltungsansprüche durchzusetzen. Insbesondere die zweite Dimension – in der Forschung zumeist als "Generationalität" gefasst – scheint derzeit im Zuge der Corona-Krise durch die Frage, welche Generation heute und in der Zukunft vermeintlich die Hauptlast der Pandemie und ihrer Folgen zu tragen habe, an Bedeutung zu gewinnen.

Rund 90 Jahre nachdem der Soziologe Karl Mannheim in seinem kanonischen Aufsatz das "Problem der Generationen" diskutierte, sind die methodischen Zugänge indes ebenso vielfältig wie die inhaltlichen Fragen, die an diese anschließen: Was bedeutet ein Wandel der Generationen für den Umgang mit Vergangenheit? Was sind mögliche Nebenfolgen von mitunter stereotypen Konstruktionen "einer alten" oder "einer jungen" Generation? Und wie lässt sich der Verweis auf "zukünftige Generationen" als symbolischer Referenzpunkt für natürliche Ressourcen schonende Politik mit Fragen sozialer Gerechtigkeit so verbinden, dass beide Aspekte nicht gegeneinander ausgespielt werden?

Diesen und weiteren Fragen widmen sich die Autor:innen dieser Ausgabe in sechs Beiträgen, die die Redaktion im Rahmen des diesjährigen Call for Papers aus zahlreichen Einsendungen ausgewählt hat. Sie alle zeigen, dass sich gesellschaftspolitische Entwicklungen mitnichten allein durch zeitliche Zusammenhänge erklären lassen. Ohne deren Berücksichtigung gehen jedoch Aspekte verloren, die Hannah Arendt einst als essenzielle Bedingung politischen Handelns definierte: "Eine Welt, die Platz für Öffentlichkeit haben soll, kann nicht nur für eine Generation errichtet oder nur für die Lebenden geplant sein; sie muß die Lebensspanne sterblicher Menschen übersteigen."