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"Familie bedeutet nicht unbedingt einen biologisch-genetischen Zusammenhang" | Themen | bpb.de

"Familie bedeutet nicht unbedingt einen biologisch-genetischen Zusammenhang"

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Peter Schütz (Name geändert) ist schwul – oder eher bisexuell? So genau kann er das nicht definieren. Und er ist Vater – oder doch nicht? Auch das kann er nicht so genau sagen. Vor drei Jahren hat der 44-Jährige eine Abmachung mit einem lesbischen Paar getroffen. Er stellte sich als biologischer Vater für ein Kind zur Verfügung und gab es zur Adoption frei, wie besprochen und wie bei einem Notar besiegelt. Jetzt kam das Kind zur Welt – und es brachte Peters Gefühlswelt durcheinander. Gerne würde er am Leben des Kindes – seines Kindes – teilhaben. Aber noch bleibt ihm das verwehrt.

Peter Schütz (Philip Artelt) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Großfamilie oder alleinerziehend
- Wie sieht Familie heute aus?

Familie, wie sie uns als gesellschaftliches Meinungsbild vorgelebt wird, das wäre nicht mein Modell. Ich glaube, dass uns das auch biologisch nicht entspricht. Uns entspricht, dass wir in Gruppen und Gemeinschaften leben und nicht in Einfamilienhäusern mit Vater, Mutter und null bis zwei Kindern. Familie ist viel mehr, eher so, wie die Großfamilie es einmal war. Und ich glaube, dass das auch eine kinderfreundlichere Form ist, als immer nur mit den Eltern zusammen zu sein.

Familie bedeutet nicht unbedingt einen biologisch-genetischen Zusammenhang. Es kann sehr gut funktionieren, dass Kinder auch ohne den genetischen Vater oder die genetische Mutter aufwachsen können. Früher war es an der Tagesordnung, dass Mütter bei der Geburt gestorben sind. Aus den Kindern sind gute Erwachsene geworden. Patchwork-Familien sind in gewisser Weise akzeptiert, aber es gibt diese Haltung: "Oh Gott, die Kinder müssen ja viele Probleme haben." Es kommt aber darauf an, ob die Menschen ihre Kinder bedingungslos lieben. Und ich glaube, das tun viele nicht.

Was müsste sich ändern, damit wir mehr Kinder bekommen?

Ich glaube, dass es in der Arbeitswelt mit Kindern einfach nicht gut praktizierbar ist. Ich habe mit Frauen zu tun, die in der Krankenpflege arbeiten. Wenn ich manchmal höre, was die leisten - Vollzeitjob und sozusagen nebenbei zwei, drei, vier Kinder großziehen - denke ich mir, dass ich überhaupt kein Leistungsvermögen habe. Familie ist etwas enorm Anstrengendes. Also ich glaube, da sind 40 Stunden Arbeit einfach zu viel.

Und welchen Einfluss hat die Politik darauf?

Die Politik könnte sich dafür einsetzen, dass Arbeitszeiten viel selbstverständlicher reduziert werden, wenn Leute das möchten. Ist natürlich die Frage, wie geht man finanziell damit um? Aber im Grunde müsste man Kindererziehung entsprechend honorieren, dass den Familien keine finanziellen Verluste entstehen.

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