Meine sehr verehrten Damen und Herren,
selbst Dagobert Duck würde den Preisträger, den ich jetzt zu laudatieren habe, lesen. Denn der reiche Onkel ist, wie Sie wissen, ein echter Wirtschaftsexperte und hat seine eigene Meinung zur Ökonomie. Er ist überzeugt, dass Geld immer in Bewegung sein muss. Seines bewegt er bekanntlich mit einem Bulldozer und verliert es nie aus den Augen. Noch heute besitzt er seinen ersten selbst verdienten Taler. Und selbstverständlich auch alle anderen, die er jemals verdient hat. Dagobert hat seine eigene Auffassung vom Kreislauf der Wirtschaft. Und der geht so: Wenn er seinen Großneffen Tick, Trick und Track für eine Stunde Hof fegen zehn Kreuzer bezahlt, dann werden sie sich davon sofort im nächsten Geschäft Bonbons kaufen. Der Bonbon-Produzent kauft davon neue Zutaten aus den Fabriken und diese wiederum bekommen die Rohstoffe aus wieder anderen Fabriken. Und die gehören natürlich alle Onkel Dagobert. Bis die zehn Kreuzer also im Wirtschaftskreislauf wieder zu ihm zurückkehren, sind daraus längst 30 geworden. Seine Trillionen hat der Entenhausener ganz ohne Internet gescheffelt. Er geizt, statt etwa in Aktien zu investieren. Wie groß wäre aber sein Geldspeicher, wenn er sich über die Geschehnisse in der Wirtschaft und am Markt jederzeit online informieren könnte? Dann würde er seine Kreuzer nicht nur mit dem Bulldozer bewegen. Er würde immer wissen, welche Waren wo und wann am günstigsten gehandelt würden und wäre vermutlich noch viel reicher.
Einfluss, Fairness, sachliche Exaktheit und Branchenrelevanz – das waren Ihre Kriterien, nach denen Sie, die Wirtschaftspresse, die Wirtschaftsmagazine und auch die Wirtschaftssites von Online-Diensten auch die Kategorie "Pflichtlektüre" bewertet und ausgezeichnet haben.
Selbst Onkel Dagobert samt seiner Großneffen müsste nicht lange überlegen, wem Sie den Preis zugedacht haben. Ihm fiele sofort der berühmte Spruch von den Eulen, die nach Athen getragen werden, ein.
Der Gewinner in der Kategorie "Pflichtlektüre" ist nämlich die Wirtschaftsredaktion von SPIEGEL ONLINE. Auf Platz 2 (übrigens punktgleich) landeten: manager magazin online und FTD online.
Die Wirtschaftsredaktion von SPIEGEL ONLINE zeichnet sich durch einen hohen Grad von Aktualität aus. Alle 30 Minuten wird die Seite aktualisiert. Die Redaktion nutzt die Geschwindigkeit des Mediums, ohne sich in Oberflächlichkeit zu verlieren. Die Wirtschaftsseiten bieten nicht nur die schnelle Meldung – das machen viele – sondern in relativ kurzer Zeit auch Hintergrund und Analyse. Reportagen und Interviews untermauern ein schlüssiges Gesamtangebot. SPIEGEL ONLINE hat den Beweis erbracht, dass Online-Journalismus 1. aktuell, 2. zuverlässig, 3. glaubwürdig, 4. ideenreich, 5. leserorientiert, und 6. hochwertig aufklärend ist!
Online-Journalismus, wie er beim Spiegel gepflegt und systematisch ausgebaut und weiterentwickelt wird, setzt Maßstäbe. Nicht umsonst gilt das Angebot als Aushängeschild des deutschen Online-Journalismus. SPIEGEL ONLINE hat sich durch seine Qualitätsansprüche zu einem Leitmedium nicht nur unter Journalisten gemacht. Schüler, Studenten, Pressesprecher, Büroangestellte und Hausfrauen, respektive Hausmänner haben diese Adresse unter ihren "Favoriten" jederzeit abrufbereit und nicht selten gleich zur Startseite beim täglichen Blick ins Internet ausgewählt.
SPIEGEL ONLINE hat geschafft, was vielen nicht gelingt: Die User vertrauen diesem Angebot. Zurecht: "Immer ein Tick mehr recherchiert", wie Insider sagen.
Apropos Tick: Tick, Trick und Track würden als regelmäßige SPIEGEL ONLINE-Leser ihrem Onkel Dagobert schnell auf die Schliche kommen und ihre verdienten Kreuzer schnell selber kapitalisieren oder sich die ein oder andere Anregung holen, beim Onkel mitzuverdienen.
Diese Dimension politischer und ökonomischer Bildung kann ich nur begrüßen – auch, wenn mir als jemand, der in seinen ersten dreißig Lebensjahren in den Mühlen der Ebene des Historischen und Dialektischen Materialismus samt seinen Theoremen der Politischen Ökonomie geschult wurde, das sehr markenorientierte Berichten auffällt.
Wahrscheinlich muss der technische Support schleunigst reagieren, wenn etwa Christina Aguilera oder Paris Hilton in einem Chrysler zu einer Pressekonferenz zum Thema "Airbus" vor der Berliner Niederlassung der Deutschen Bank vorfahren, um sich über die jüngsten Steuersenkungsvorschläge des Bundeswirtschaftsministers zu äußern. Die Seitenabrufe könnten gar nicht mehr gezählt werden.
Was mir als hard user von SPIEGEL ONLINE sehr zusagt ist, dass die Redakteurinnen und Redakteure nicht in ihrer eigenen Wirtschaftswelt verbleiben. Sie verknüpfen die Wirtschaft mit der Gesellschaft, in der wir leben, um die Auswirkungen positiv wie negativ zu spüren zu bekommen. Sie geben Ihren Leserinnen und Lesern, wenn Sie so wollen, ein Stück Autonomie zurück. Ihre Geschichte über die Beschwerdemail des Telekom-Mitarbeiters, die wie ein Lauffeuer ungeahnte Verbreitung und Sympathie fand, ist jenseits von Zustimmung oder Ablehnung zu den Inhalten eben auch so onlineaffin, dass man sie gar nicht auf Papier lesen mag.
Es ist die Verbindung von knallharter Analyse, detailliertem Hintergrund und auch dem Blick für das Ganze, was die Wirtschaftsberichterstattung von SPIEGEL ONLINE auszeichnet. Sie bietet Orientierung, verschafft den Lesern Einblicke in die oftmals als komplex und fade empfundene Welt der Ökonomie. Sie ist zudem aber auch reichhaltige Quelle für die Macher, die Entscheider. Sie hilft Meinung zu bilden und Scheuklappen abzulegen.
Möglicherweise hätte die regelmäßige Lektüre sogar einem absoluten Hardliner wie dem Spielfilm-Börsenhai Gordon Gecko in "Wallstreet" neue Perspektiven aufzeigen können. Sie hätte ihn Weitsicht und Geduld lehren können, die kompromisslose Gier gegen vielleicht etwas nachhaltigere Geschäfte einzutauschen.
So ein Charakterwechsel hätte uns aber leider auch den markanten Ausspruch Geckos vorenthalten, den Schauspieler Michael Douglas mit finsterer Mine formuliert: "Ich zerstöre keine Unternehmen, ich befreie sie. Der entscheidende Punkt ist doch: Die Gier ist gut, die Gier ist richtig, sie klärt die Dinge. Und die Gier wird die Rettung für Teldar sein und für diese andere schlecht geführte Firma: Die USA." Und, meine Damen und Herren, der fiese Spekulant wäre nicht nach 120 Minuten in Oliver Stones Film untergegangen. Aber meine Annahme bleibt, wie jeder gute Wirtschaftsjournalismus immer auch etwas im Spekulativen.
Ich gratuliere SPIEGEL ONLINE und wünsche mir auch in Zukunft einen so anregenden, wie ernsthaften Journalismus auf Ihren Wirtschaftsseiten.
- Es gilt das gesprochene Wort -