Die Bilder vom Anderen haben die deutsch-griechischen Beziehungen in den vergangenen Jahren bestimmt. Und mitunter auch vergiftet, obwohl das Land früher verehrt wurde wegen seines kulturellen Vermächtnisses. So wurde die Euro-Krise zur Griechenland-Krise und "die Griechen" zu "faulen Südeuropäern, die ein arbeitsarmes Leben" führen. Umgekehrt stilisierten griechische Medien "die Deutschen" zu "ewigen Besatzern", die da anknüpfen, wo sie 1945 aufhörten. Die Beziehungen sind aber nicht nur beschränkt auf Fragen über Schulden und Schuld. Kunst, Kultur, Literatur, Migration und Tourismus verbinden beide Länder. Hunderttausende Menschen mit griechischen Wurzeln leben heute in Deutschland, viele Deutsche wollten und wollen noch heute als Touristen in Griechenland eine ideale Gegenwelt erfahren. Welche Geschichte verbindet Griechen und Deutsche? Welche Spannungen und Probleme lasten auf den aktuellen Beziehungen? Und wie können wir den Anderen besser verstehen?

Cerstin Gammelin
Ist in Griechenland die Normalität wiederhergestellt?
Zwar hat Griechenland wieder begonnen, sich am Markt zu finanzieren. Normalität ist aber noch nicht eingekehrt, meint Cerstin Gammelin. Die vergangenen Jahre hätten noch einmal gelehrt, dass es falsch war, eine gemeinsame Währung einzuführen, ohne zugleich eine Politische Union zu bilden.

Georg Tzogopoulos
Schwarz-Weiß-Malerei – Stereotypen und ihre Hinterfragung im griechisch-deutschen Mediendialog
Georg Tzogopoulos meint, dass griechische Politiker wohl unfähig oder unwillig seien, eine effiziente Reformpolitik durchzuführen. Sie interpretierten die Politik der Reformen als Forderung aus dem Ausland und übernähmen damit keine Eigenverantwortung. Die griechischen Medien hätten diese Logik der Politiker nicht nur ungenügend kritisiert, sondern auch akzeptiert und reproduziert.
Manuel Gogos
Das Feuer hinter den Bildern
Lange Zeit waren die deutsch-griechischen Beziehungen von Verehrung getragen, dann plötzlich von Verachtung. Das Land, das Generationen großer deutscher Geister in Erregung versetzte: Für viele ist es heute nur noch der "kranke Mann" Europas.

Die Entstehung des griechischen Staates und der Geist des Philhellenismus
Der Philhellenismus ist eine geistige und ideologische Bewegung vor allem westeuropäischer Bürger. Er kämpft für die Anerkennung der Errungenschaften der (griechischen) klassischen Antike und ihre Aneignung in der Zeit der Aufklärung. Er war aber auch eine politische Bewegung zur Befreiung Griechenlands von der osmanischen Herrschaft.

"Die Griechen waren niemals, was die Deutschen von ihnen dachten"
"Griechenland" war lange Zeit Projektionsfläche idealisierter Vorstellungen. Was aber machte die Philhellenen aus? Und wie steht es um den Philhellenismus heute?

"Lernt Griechenland durch seine Literatur kennen!"
Die deutsch-griechischen Literaturbeziehungen beginnen nicht erst mit dem von Nikos Kasantzakis 1946 verfassten "Alexis Zorbas". Einem Roman, der es auch wegen seiner Verfilmung zu weltweitem Ruhm gebracht hat. Dennoch: Die griechische Literatur ist in Deutschland eine schöne Unbekannte geblieben.

Hagen Fleischer
"Wenn ihr euch erinnert, können wir vergessen"
Im April 1941 eilt die Wehrmacht dem Achsenpartner Italien zu Hilfe, der sich vergeblich um die Einnahme Griechenlands bemüht hatte. Den griechischen Widerstand während der folgenden Besatzungszeit schlagen die Deutschen mit einer Brutalität gegen die Zivilbevölkerung zurück, die in nicht-slawischen Ländern unerreicht bleibt.

Manuel Gogos
"Mutter Israels"
Es waren sephardische Juden, durch die sich Saloniki zum zentralen Knotenpunkt des Balkan-Handels entwickelte. Über Jahrhunderte ist die Stadt jüdisch geprägt. Mit der deutschen Besatzung endet all das. Ihr Antlitz wird bis zur Unkenntlichkeit verwüstet, am 15. März 1943 fährt der erste Zug zu den Todeslagern der Nazis. 46.000 Juden bringen die Züge bis August 1943 in die Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau und Treblinka. Heute leben nur noch 1200 Juden hier.
"So leben bei uns nur die Aristokraten"
Am 30. März 1960 wird das Anwerbeabkommen zwischen Deutschland und Griechenland unterzeichnet. Händeringend sucht das Wirtschaftswunderland Deutschland nach Arbeitskräften. In Athen entsteht die "Germaniki Epitropi": eine Außenstelle des deutschen Arbeitsministeriums, welche die berufliche und besonders die gesundheitliche Eignung der Anwärter prüfen soll.

"Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker"
Mit dem Staatsstreich vom 21.4.1967 übernimmt der Generalstabschef der Armee Papadopoulos die Macht in Griechenland. Tausende Demokraten werde binnen kürzester Zeit verhaftet. Die Putschregierung wird dafür vom Westen heftig kritisiert. Und Oppositionelle, die aus Griechenland ausgebürgert werden, bekommen in Deutschland aus Solidarität Fremdenpässe.

"Das wahre Leben ist anderswo"
Arbeitsmigration und Tourismus: Das sind die beiden großen Wanderungsbewegungen des 20. Jahrhunderts, und beide suchen sie nach dem wahren Leben anderswo. Während die Militärjunta regiert, beginnt die erste Hochphase des deutschen Griechenlandtourismus. Die ideale Gegenweltlichkeit Griechenlands konnte auch der Massentourismus nicht gänzlich auflösen.

Anestis Azas
So lange das Theater noch steht
Die kreative Szene in Griechenland ist von der Krise ebenso in Mitleidenschaft gezogen worden wie alle anderen Bereiche des gesellschaftlichen Lebens. Wie ist es, in einer solch "dramatischen" Situation Theater zu produzieren? Was will das Publikum sehen? Was muss man ihm zumuten?

Maria Topali
Athener Straßenbilder
Seit mehr als drei Jahren durchleben die Griechen, vor allem in Athen, den Zusammenbruch alltäglicher Routinen und die Entfremdung von dem, was einst das "normale Leben" ausmachte. Allein die Arbeitslosigkeit stieg zwischen 2008 und 2013 von 7% auf 27%. Unter jungen Frauen beträgt sie 50%, unter Männern 23%.

Stavros und Georgios Tsiakalos
Der Aufstieg der Rechtsextremen in Griechenland
Mit der offen nationalsozialistischen Partei Chrysi Avgi ("Goldene Morgenröte") ist Griechenland ein starker Feind im Inneren gewachsen. Antidemokratische Strömungen und Parteien haben hier zwar eine lange Tradition. Dennoch überrascht der Zuspruch in einem Land, das massiv unter der nationalsozialistischen Besatzung gelitten hat.

Petros Markaris
Meinung: Das Zeitalter der Opfer
In der aktuellen Krise denkt kaum einer an die Migranten in Griechenland, meint der Schriftsteller Petros Makaris. Sie treffe die Wirtschaftskrise am härtesten. Die EU-Flüchtlingspolitik hält er für reine Heuchelei.
Manuel Gogos
"Geb ich dir was zu essen, musst du mir auch was musizieren"
Die deutsch-griechischen Beziehungen haben unter der Wirtschaftskrise massiv gelitten. Denn die Bilder, die deutsche und griechische Medien vom anderen Volk zeichnen, waren sehr wirkmächtig. Mit der Realität hatten und haben sie allerdings nur wenig zu tun. Manuel Gogos fasst zusammen.
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