Herkunftsländer der ausländischen Arbeitskräfte in den GCC-Staaten
1940er – 1980er Jahre: Arbeitsmigranten aus dem arabischen Raum
Von den späten 1940ern bis in die frühen 1980er Jahre hinein, also während der ersten Phase des Entwicklungsprozesses in den ölfördernden GCC-Staaten, kam die große Mehrheit der ausländischen Arbeitskräfte aus anderen arabischen Ländern, insbesondere aus Ägypten, dem Jemen, Jordanien/Palästina (den besetzen palästinensischen Gebieten) sowie in geringerem Maße aus Syrien, dem Libanon und dem Sudan. Die ausländischen Arbeiter aus dem arabischen Raum wurden benötigt, um die staatliche Verwaltung, das Bildungssystem, das Rechtssystem und andere Dienstleistungsstrukturen des öffentlichen Sektors aufzubauen. Sie wurden nicht nur aufgrund ihrer beruflichen Qualifikationen und ihres Fachwissens benötigt, sondern auch, weil sie die einzigen Arbeitskräfte waren, die all diese Institutionen und Strukturen in arabischer Sprache etablieren konnten. Ein Hauptgrund für die schnelle Entwicklung staatlicher Einrichtungen in den GCC-Staaten war also neben den für deren Aufbau vorhandenen finanziellen Ressourcen die Verfügbarkeit qualifizierter arabischer Fachkräfte.Neben der Tatsache, dass die Arabisch sprechenden Arbeitskräfte aufgrund ihrer Sprachkenntnisse unersetzbar waren, privilegierte das Arbeitsrecht der GCC-Ölstaaten ausländische Arbeitnehmer aus dem arabischen Raum gegenüber nicht-arabischen Arbeitsmigranten. Jedoch durften ausländische arabische Arbeitskräfte nur dann in den GCC-Staaten beschäftigt werden, wenn sich keine einheimische Arbeitskraft für die Tätigkeit finden ließ. Die Einstellung nicht-arabischer Arbeitskräfte war nur dann erlaubt, wenn weder ein Staatsangehöriger der GCC-Staaten noch ein ausländischer arabischer Arbeitnehmer zur Verfügung stand. Bis in die frühen 1980er Jahre hinein bestand daher eine Situation der gegenseitigen Abhängigkeit zwischen den ölreichen Golfstaaten und arabischen Ländern ohne nennenswerte Ölvorkommen. Während letztere aufgrund ihrer rasch anwachsenden Erwerbsbevölkerung dringend auf Arbeitsmöglichkeiten angewiesen waren, hatten die Ölstaaten in der Golfregion keine andere Möglichkeit, als ausländische Arbeitskräfte aus dem arabischen Raum in ihrem schnell wachsenden öffentlichen Sektor zu beschäftigen.
Darüber hinaus stärkte die Beschäftigung von Millionen von Arbeitskräften aus den arabischen Nicht-Ölstaaten die Position der ölreichen Golfstaaten in der inter-arabischen politischen Arena. Es gelang ihnen so, Forderungen nach einer "arabischen Einheit" (Panarabismus) abzuwenden; diese Bestrebungen hatten zuvor die Position der regierenden Familien der Golfstaaten, insbesondere die der Al-Sa’du Familie gefährdet. Von der Beschäftigung arabischer Arbeitsmigranten profitierten die Ölstaaten also sowohl aus sozioökonomischer als auch politischer Sicht.
Späte 1980er Jahre bis heute: Arbeitsmigration aus Asien
Nach dem Ende des "Öljahrzehnts" wurden die arabischen Arbeitsmigranten jedoch nach und nach durch asiatische Arbeitskräfte ersetzt, auch in Kuwait, allgemein als Hochburg arabischer Arbeitsmigranten bekannt. Stammten im Jahr 1975 noch 69 Prozent aller in Kuwait beschäftigten Arbeitsmigranten aus einem arabischen Land, so waren es 2007 nur noch 40 Prozent (Shah 2007, S. 14). In Saudi Arabien ging der Anteil arabischer Migranten an der gesamten ausländischen Bevölkerung von über 90 Prozent 1975 (ILO, 1980, S. 137) auf 37 Prozent 1992 (Birks, Sinclair & Associates Ltd. 1992, S. 103) und nur noch etwas mehr als 30 Prozent in den 2000ern zurück (Kapiszewski 2006, S. 9). In Oman stammte seit Beginn des Erdölzeitalters die Mehrheit der ausländischen Arbeitskräfte aus dem asiatischen Raum, da Oman traditionell enge Beziehungen mit Ländern des Fernen Ostens, allen voran Indien, pflegte. Dennoch kamen 1975 12,4 Prozent der ausländischen Arbeitskräfte im Sultanat Oman aus einem arabischen Land (ILO 1980, S. 137). 2008 gab es in Oman mit Ausnahme von etwa 11.000 ägyptischen Arbeitsmigranten (1,4 Prozent aller ausländischen Arbeitskräfte) keine arabischen Arbeitskräfte mehr. Stattdessen stammten 88% aller ausländischen Arbeitskräfte im Sultanat aus Indien, Bangladesch und Sri Lanka (Oman, MNE, Statistics Online). Insgesamt lebten im Jahr 2004 zwischen 3 Millionen und 3,5 Millionen Personen aus anderen arabischen Staaten (Arbeitsmigranten und ihre Familienangehörige zusammengezählt) in den GCC-Ländern. Bereits in den frühen 2000ern lebten mehr Arbeitsmigranten aus Indien in den GCC-Staaten als aus allen arabischen Nicht-Ölstaaten zusammen (MEI, 21. Januar 2005, S. 23). Im Jahr 2010 kamen drei Viertel der Arbeitsmigranten in den GCC-Staaten aus Asien (Migration News, Januar 2012).Ökonomische Gründe für die Veränderung der Herkunftsräume
Dieser schrittweise Austausch von arabischen durch nicht-arabische Arbeitskräfte basierte sowohl auf ökonomischen als auch auf politischen Gründen. Aus einer rein ökonomischen Sicht heraus waren asiatische Arbeitskräfte viel billiger als arabische und sie konnten auch einfacher wieder entlassen werden (vgl. z.B. ESCWA et al. 1993, S. 7; Kapiszewski 2006, S. 6-7). Anders als die arabischen Arbeitsmigranten kamen die asiatischen Arbeitskräfte überdies zumeist allein in die Golfregion und ließen ihre Familienangehörigen in den Herkunftsländern zurück.i
Rücküberweisungen von Arbeitsmigranten
Darüber hinaus führten die massiven Investitionen in das Bildungswesen dazu, dass sowohl in Staatsämtern als auch im Bildungssystem nach und nach viele GCC-Staatsangehörige die Fachkräfte aus anderen arabischen Ländern ersetzten. Im Privatsektor, vor allem im Baugewerbe und in der Landwirtschaft, die sich zu den Bereichen entwickelt haben, in denen die meisten ausländischen Arbeitskräfte beschäftigt werden, sind Arabischkenntnisse nicht relevant, so dass hier im Laufe der Zeit ebenfalls die arabischen Arbeitskräfte gegen nicht-arabische Arbeitsmigranten ausgetauscht wurden. Zudem wurden viele Infrastrukturprojekte in der Golfregion von asiatischen Unternehmen geleitet, die ihre eigenen Arbeitskräfte mitbrachten.