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Editorial | Unternehmen und Produktion | bpb.de

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Editorial

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Deutschland wurde 2006 zum wiederholten Male "Exportweltmeister". Der Außenhandel verzeichnete mit 12,4 Prozent erneut zweistellige Wachstumsraten. Mit 2,5 Prozent erreichte das Bruttoinlandsprodukt 2006 die zweithöchste Wachstumsrate seit der deutschen Vereinigung. Die Summe der produzierten Güter und Dienstleistungen wuchs um rund 60 Milliarden Euro.

Hinter diesen Erfolgszahlen, präsentiert im Jahresresümee des Statistischen Bundesamts, stehen circa drei Millionen deutsche Unternehmen mit 39 Millionen Beschäftigten.

Den Hauptanteil von ihnen stellen, numerisch betrachtet, die Kleinen und Mittleren Unternehmen (KMU). Sie bilden das eigentliche Rückgrat der deutschen Wirtschaft, produzieren meist im Inland, stellen das Gros der Arbeitsplätze und versteuern ihre Gewinne im Inland. Stärker im Blickpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit stehen währenddessen die großen, börsennotierten, international operierenden Unternehmen.

Die jüngsten Erfolgsmeldungen folgen auf Jahre anhaltender Flaute und überwiegend schlechter Presse. Berichte über Managementfehler, Massenentlassungen, mangelnde Investitionsbereitschaft, Produktionsverlagerungen ins Ausland, Steuerflucht und überzogene Managergehälter nährten in der breiten Öffentlichkeit die Vorstellung eines Raubtierkapitalismus genauso wie Kapitaleigner und Investmentfonds, die übernommene Firmen durch unverhältnismäßig hohe Renditeabschöpfungen ruinierten.

Doch auch den Arbeitnehmern wurden in den letzten Jahren vielfach mangelnde Flexibilität, Versorgungsmentalität, übertriebenes Sicherheitsdenken und eine zu hohe Freizeitorientierung vorgeworfen.

Angesichts einer emotionalisierten öffentlichen Wahrnehmung, in der Pauschal- und Vorurteile häufig zur Verzerrung der Realität führen und die genauere Kenntnis der Zusammenhänge ersetzen, will unser Heft dazu beitragen, der Debatte ein sachliches Fundament zu geben, indem es zunächst in die Grundlagen unternehmerischen Denkens und betrieblichen Wirtschaftens einführt.

Ein funktionsfähiges Wirtschaftsleben ist von elementarer Bedeutung für den Fortbestand einer Gesellschaft, für Wohlstand und sozialen Frieden. Demokratisch verfasste Systeme finden in ihm eine verlässliche Stütze. Wirtschaftliche Zusammenhänge beeinflussen das Leben der Menschen und sind daher zu wichtig, um Unkenntnis oder Halbwissen überlassen zu bleiben. In unserer Darstellung soll daher deutlich werden, welche Faktoren zusammenkommen müssen, damit ein Unternehmen erfolgreich wirtschaften kann.

Unternehmen sind aber auch komplexe soziale Systeme, in denen Interessenkonflikte ausgetragen und an die Erwartungen aus Staat und Gesellschaft herangetragen werden. Deshalb gilt das Augenmerk dieses Heftes auch den Rollen und Beziehungen der verschiedenen gesellschaftlichen Akteure, die intern und extern, in und mit Unternehmen zusammenwirken. Hier zeigt sich die ganze Vielschichtigkeit der Zusammenhänge:

Sollen sich Unternehmen neben dem Ziel der Gewinnmaximierung auch Werten und Verantwortlichkeiten gegenüber der Gesellschaft verpflichtet fühlen - und wenn ja und wenn es sich um ein global operierendes Unternehmen handelt, gegenüber welcher Gesellschaft?

Wie sollen sich Arbeitnehmer entscheiden, die durch zu hohe Lohnforderungen ihren Arbeitsplatz gefährden, durch zu niedrige aber ihre Kaufkraft?

Tragen Konsumenten , die sich nur noch für die preisgünstigsten Angebote entscheiden, nicht mittelfristig zum Verlust einheimischer Arbeitsplätze bei?

Soll man sich, um die eigene Rente abzusichern, an einem Investmentfonds beteiligen, der, um Renditen zu erwirtschaften, Beschäftigte anderer Unternehmen Rationalisierungsmaßnahmen aussetzt?

Darf der Staat den Unternehmen unbequeme Rahmenbedingungen auferlegen?

Wie gestaltet sich angesichts des Strukturwandels die Zukunft der Arbeit?

Fragen, auf die unser Heft zwar keine allgemeingültigen Antworten geben, für die es aber Denkanstöße liefern kann.

Christine Hesse