Rund zwei Jahre nach dem Inkrafttreten des Interner Link: Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland wurde am 28. September 1951 das Bundesverfassungsgericht mit einem Festakt feierlich eröffnet. Das Bundesverfassungsgerichtsgesetz war bereits seit dem 17. April in Kraft. Am 7.September 1951 nahmen 23 Richter und eine Richterin ihre Arbeit im Prinz-Marx-Palais in Karlsruhe auf.
Das Bundesverfassungsgericht als Hüter der Verfassung
Das Bundesverfassungsgericht ist "Hüter der Verfassung": Es wacht über die Einhaltung des Grundgesetzes und ist in Grundgesetzfragen das höchste deutsche Gericht. Gegenüber den anderen Verfassungsorganen ist das Gericht unabhängig. Seine Entscheidungen sind unanfechtbar, das heißt alle übrigen Staatsorgane sind an seine Rechtsprechung gebunden. Als Verfassungsorgan untersteht das Bundesverfassungsgericht im Unterschied zu den Fachgerichten nicht der Aufsicht eines Ministeriums.
Das Bundesverfassungsgericht kann alle Handlungen von Bundes- und Landesregierungen, Parlamenten und Verwaltungen sowie die Entscheidungen deutscher Gerichte auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz überprüfen. Die Initiative darf allerdings nicht vom Gericht selbst ausgehen, es muss von einer Person oder Institution angerufen werden.
Zuständigkeiten und Befugnisse
Insbesondere entscheidet das Gericht über Interner Link: Verfassungsbeschwerden. Von 1951 bis Ende 2020 wurden etwa 249.000 Verfahren anhängig, von denen über 96% Prozent Verfassungsbeschwerden bildeten. Jede natürliche oder juristische Person, die sich durch die öffentliche Gewalt in einem ihrer Grundrechte verletzt sieht, kann das Bundesverfassungsgericht anrufen. Eine Verfassungsbeschwerde kann sich dabei gegen ein Gesetz, ein Gerichtsurteil oder eine behördliche Maßnahme richten. Allerdings müssen die Klägerinnen und Kläger zuvor alle anderen zur Verfügung stehenden Rechtsmittel ausgeschöpft haben.
Das Gericht kann die Entscheidungen aller anderen deutschen Gerichte nach Prüfung ihrer Verfassungsmäßigkeit aufheben sowie Gesetze oder Verordnungen für ungültig erklären. Zudem kann das Gericht die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen überprüfen. In der sogenannten "abstrakten Normenkontrolle" prüft Karlsruhe auf Antrag der Bundesregierung, des Bundestages oder einer Landesregierung die Vereinbarkeit eines Landesgesetzes oder Bundesgesetzes mit dem Grundgesetz oder einem anderen Bundesgesetz. Darüber hinaus können Gerichte im Rahmen der konkreten Normenkontrolle dem höchsten Organ der Rechtsprechung ein Gesetz zur Prüfung vorlegen, über dessen Vereinbarkeit mit der Verfassung sie Zweifel haben.
Darüber hinaus entscheidet das Bundesverfassungsgericht bei Verfassungsstreitigkeiten zwischen staatlichen Organen. Beispielsweise werden die die Richterinnen und Richter bei Uneinigkeit über Rechte und Pflichten des Bundes und der Länder angerufen. So etwa bei der Ausführung von Bundesrecht durch die Länder.
Das Bundesverfassungsgericht ist zudem die einzige Instanz, die politische Parteien verbieten kann. Derlei Verfahren sind aber selten. Zudem gelten äußert hohe Hürden. In seiner Geschichte hat das Gericht in zwei Fällen eine Partei tatsächlich verboten: 1952 die Sozialistische Reichspartei (SRP) als Nachfolgepartei der NSDAP und 1956 die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD). Dagegen scheiterte 2017 der Verbotsantrag gegen die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD).
Der Aufbau des Gerichts und die Wahl seiner Richterinnen und Richter
Das Bundesverfassungsgericht besteht aus zwei Senaten mit jeweils acht Richterinnen und Richtern. Der Erste Senat ist im Wesentlichen für Grundrechtsfragen zuständig, der Zweite Senat wurde vom Gesetzgeber vorwiegend als Staatsgerichtshof konzipiert. In beiden Senaten gibt es mehrere Kammern mit jeweils drei Mitgliedern. Diese können Verfassungsbeschwerden, die inhaltlich unzulässig oder aussichtslos sind, zurückweisen und offenkundig begründeten Anträgen stattgeben. Die Richterinnen und Richter sind zur Unabhängigkeit verpflichtet.
Eine Hälfte der 16 Verfassungsrichterinnen und -richter wählt der Bundestag, die andere Hälfte der Bundesrat. Für die Wahl eines Richters ist jeweils eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. So soll eine politische Ausgewogenheit garantiert werden. In den vergangenen Jahrzehnten hatten sich deshalb CDU/CSU und SPD oft ein gegenseitiges Vorschlagsrecht eingeräumt und sich im Vorfeld auf einen Kandidaten geeinigt. In Regierungskoalitionen war es oft üblich, dass die größere Partei dem kleineren Koalitionspartner ein Vorschlagsrecht für einen Richter oder eine Richterin gewährt.