Wie wird gewählt?
Der Präsident wird in Polen direkt vom Volk gewählt. Frühestens 100 und spätestens 75 Tage vor Ablauf der Amtszeit des amtierenden Präsidenten muss dies laut Verfassung geschehen, es sei denn, die Amtszeit des amtierenden Präsidenten endet vorzeitig. Wer eine absolute Mehrheit – also mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen – auf sich vereinigen kann, gewinnt die Wahl. Wenn das bei keinem der Kandidatinnen oder Kandidaten der Fall ist, findet zwei Wochen später eine Stichwahl statt. Hier treten die beiden Bestplatzierten aus dem ersten Wahlgang gegeneinander an.
Eine Amtszeit dauert fünf Jahre. Eine Wiederwahl ist nur einmal zulässig, dann darf der amtierende Präsident nicht mehr zur Wahl antreten. Das ist in diesem Jahr bei Andrzej Duda der Fall: Polens aktueller Staatspräsident wurde im Jahr 2015 erstmals ins Amt gewählt. Fünf Jahre später wurde er für eine zweite Amtszeit bestätigt.
Kandidieren dürfen polnische Staatsangehörige, die spätestens am Wahltag das 35. Lebensjahr vollendet haben und bei den Sejmwahlen das volle Wahlrecht genießen. Für eine Kandidatur sind ferner 100.000 Unterstützerunterschriften von Wahlberechtigen nötig. Dazu zählen alle Polinnen und Polen ab Vollendung des 18. Lebensjahrs. Dauerhaft im Ausland lebende Polinnen und Polen müssen sich in das Wählerverzeichnis eintragen lassen. Ein automatisches Anrecht auf Briefwahl gibt es nicht. Von diesem Weg der Stimmabgabe können in Polen vor allem Menschen mit einem bestätigten erheblichen oder mittleren Grad der Behinderung Gebrauch machen.
Der Wahlkampf ist offiziell am Freitag vor dem Wahltag beendet. Am Tag vor der Wahl gibt es keine öffentlichen Kundgebungen und Auftritte mehr.
Wie sieht die Bilanz der beiden Amtszeiten von Andrej Duda aus?
Duda trat 2015 als Kandidat der nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (Prawo i Sprawiedliwość, PiS) an. Zum Zeitpunkt der Wahl, im Mai 2015, stellte seit acht Jahren die liberal-konservative Bürgerplattform (Platforma Obywatelska, PO) den Ministerpräsidenten. Duda setzte sich überraschend deutlich gegen den damaligen Amtsinhaber Bronisław Komorowski (PO) durch. Nur wenige Monate später gewann die PiS auch die Sejmwahlen. Der Wahlsieg von Duda im Jahr 2015 galt später als Vorspiel für die acht Jahre währende Regierungszeit der PiS.
Der polnische Präsident hat im politischen Alltag eine etwas bedeutendere Stellung als beispielsweise der deutsche Bundespräsident. Er hat außenpolitische Befugnisse und ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Außerdem kann er sein Veto gegen Gesetze einlegen. Der Sejm kann ihn dann nur mit einer Drei-Fünftel-Mehrheit überstimmen. Diese Veto-Befugnis spielt vor allem dann eine Rolle, wenn die Regierung von einer anderen Partei geführt wird als das Präsidentenamt. Im Falle Dudas war das zweimal der Fall: Gleich zu Beginn seiner ersten Amtszeit und dann noch einmal seit Ende 2023. Mit seiner Veto-Macht hat der Präsident die Möglichkeit, Regierungshandeln auszubremsen. So blockierte Duda beispielsweise ein Gesetz, das den rezeptfreien Zugang zur „
In Dudas Amtszeiten fiel auch die Verschärfung der
Duda galt schon vorher als Verbündeter von US-Präsident Donald Trump. Während dessen erster Amtszeit von 2017 bis 2021 pflegten beide ein enges Verhältnis. Auch nach Trumps erneuter Wahl suchte Duda die Nähe des US-Politikers. Kurz nachdem sich US-Vizepräsident J.D. Vance am 14. Februar 2025 in seiner Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz kritisch über die europäischen Partner der USA geäußert und ihnen unter anderem einen Verlust von Demokratie und Meinungsfreiheit vorgeworfen hatte, traf sich Duda mit Trump am Rande der Conservative Political Action Conference (CPAC). Auf der mehrtägigen rechtskonservativen Konferenz in der Nähe von Washington kamen vom 19. bis 22. Februar 2025 konservative Aktivisten und Rechtspopulisten aus verschiedenen Ländern zusammen. Das Treffen sorgte für heftige Kontroversen – auch deshalb, weil Trump seinen polnischen Amtskollegen anderthalb Stunden warten ließ und ihm dann nur ein zehnminütiges Gespräch zugestand.
Immer wieder äußerte Duda sich kontrovers zu gesellschaftspolitischen Themen. Im Wahlkampf von 2020 sagte er beispielsweise, dass „
Wer tritt zur Wahl an?
Für die regierende Bürgerkoalition (Koalicja Obywatelska, KO) geht der Warschauer Stadtpräsident Rafał Trzaskowski ins Rennen. Trzaskowski hatte verschiedene politische Ämter im Sejm und Europaparlament inne. Zudem ist er stellvertretender Vorsitzender der PO. Der liberale Politiker war bereits im Jahr 2020 Präsidentschaftskandidat.
Trzaskowski – dessen Vater Andrzej ein international bekannter Jazz-Musiker war – fungierte damals eigentlich nur als Ersatzkandidat. Ursprünglich sollte 2020 Małgorzata Kidawa-Błońska für die PO in den Wahlkampf ziehen – doch die Politikerin zog ihre Kandidatur wegen schlechter Umfragewerte sechs Wochen vor dem ersten Wahlgang zurück. Dem Politiker aus der Hauptstadt gelang ein überraschend guter Schlusswahlkampf. Er verlor damals in der Stichwahl gegen Duda mit 48,97 Prozent der Stimmen – und das zu einer Zeit, als ein Machtwechsel in Polen noch nicht allzu wahrscheinlich war.
In vielerlei Hinsicht könnte Trzaskowski einen Kurswechsel im Präsidialamt einläuten. So bezog er wiederholt Stellung für die Rechte queerer Menschen. Trzaskowski ist studierter Politologe und war unter anderem Stipendiat in Oxford. Eine der wichtigsten Herausforderungen dürfte es sein, Wählerinnen und Wähler auf dem Land für sich zu gewinnen. Eine deutliche Mehrheit der Polinnen und Polen lebt in Dörfern sowie kleinen und mittelgroßen Städten. Trzaskowski versucht derzeit, sich vom Image als liberaler Großstadtpolitiker zu befreien – und zwar, ohne seine Stammwählerinnen und -wähler zu verprellen. Oft betonte er im Wahlkampf etwa die Bedeutung von Werten wie Patriotismus. Darüber hinaus verspricht er, ein Präsident zu sein, der die Polinnen und Polen vereint und nicht weiter spaltet. Trzaskowski führt in den Umfragen, sein Vorsprung schmolz zuletzt allerdings.
Die nationalkonservative PiS unterstützt den parteilosen „Bürgerkandidaten“ Karol Nawrocki. Der 42-jährige Historiker war von 2017 bis 2021 Direktor des Museums des Zweiten Weltkriegs in Gdańsk. Seit 2021 ist der Leiter des staatlichen Instituts für Nationales Gedenken. Promoviert hatte Nawrocki an der Universität Gdańsk.
Politisch ist Nawrocki bisher kaum in Erscheinung getreten. In frühen Jahren war er polnischer Jugendmeister im Schwergewichtsboxen, außerdem war er als Fußballer aktiv. Einer breiten Öffentlichkeit war er vor seiner Nominierung jedoch unbekannt. Er selbst sieht sich als „Vertreter des patriotischen Lagers“, der jedoch „kein Politiker“ sei. Nicht umsonst habe er nie einer Partei angehört. Eine ideologische Nähe zur PiS darf jedoch angenommen werden – schließlich war Nawrocki während der PiS-Regierungszeit in Positionen tätig, in denen er an der Gestaltung der Geschichtspolitik der Nationalkonservativen beteiligt war. Nawrocki lehnt den EU-Migrations- und Asylpakt ab und fordert dessen Aufkündigung durch Polen. Zu seinen Programmpunkten gehören auch: Vorrang für polnische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger beim Zugang zu Sozialleistungen, Gesundheitsversorgung und Bildung. Ferner will er den European Green Deal aufkündigen und spricht sich gegen die Adoption von Kindern durch homosexuelle Paare aus.
Außenseiterchancen auf den Einzug in die Stichwahl werden außerdem noch Sławomir Mentzen zugerechnet, dem Kandidaten und Co-Vorsitzenden der rechtsextremen Partei Konfederacja (Konföderation Freiheit und Unabhängigkeit). Bei der Parlamentswahl 2023 erreichte sie 7,2 Prozent der Stimmen. Mentzen ist vor allem in den sozialen Netzwerken erfolgreich und gilt als rechter „TikTok-Star“ in Polen. Der 38-Jährige versteht Donald Trump als sein politisches Vorbild.
Alle anderen Kandidatinnen und Kandidaten spielen für den Ausgang der Wahl aller Voraussicht nach keine Rolle: Das gilt beispielsweise für den liberalen Kandidaten Szymon Hołownia genauso wie für die linke Kandidatin Magdalena Biejat.
Was bedeutet die Wahl für Polens internationale Verbündete?
Die
Von der Präsidentschaftswahl in Polen hängt deshalb ab, ob die amtierende Regierung überhaupt eine neue Politik gestalten kann. Bislang war sie auf das Wohlwollen von Andrzej Duda angewiesen.
Sollte Trzaskowski neuer polnischer Präsident werden, würden sich für die Regierung unter anderem neue Spielräume für die Gestaltung ihrer Außen- und Sicherheitspolitik eröffnen. Das gilt insbesondere auch für die sicherheitspolitische Neuausrichtung Europas. Würde Nawrocki gewinnen, wäre Polen mittelfristig vermutlich politisch blockiert. Die aktuelle Regierung könnte keine Reformen durchsetzen.
Die Präsidentschaftswahl gilt deswegen über die Grenzen Polens hinaus als überaus bedeutsam und markiert, ähnlich wie die Parlamentswahl von 2023, eine politische Richtungsentscheidung in Polen.