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Klimaanpassungspolitik in Deutschland

Redaktion

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Wetterphänomene wie Hitzewellen oder Starkregen häufen sich aufgrund der globalen Klimaerwärmung. In Deutschland soll eine nationale Klimaanpassungsstrategie vor den Folgen dieser Extremwetterereignisse schützen.

Fenster werden überwuchert, klimaneutrale Fassadenbegrünung an einem Bürogebäude in Stuttgart. (© picture-alliance, picture alliance / imageBROKER | Michael Weber)

Ganz Deutschland wird künftig wahrscheinlich stärker von Interner Link: Hitze, Trockenheit, Interner Link: Starkregen und Überflutungen betroffen sein. Diese Einschätzung ist der „Deutschen Anpassungsstrategie“ vorangestellt, in welcher Maßnahmen und Ziele zur Klimaanpassung in Deutschland festgeschrieben sind. Je nach Ausmaß des fortschreitenden Klimawandels drohen laut Bundesumweltministerium hierzulande bis 2050 Interner Link: volkswirtschaftliche Schäden in Höhe von 280 bis 900 Milliarden Euro. Um die Auswirkungen des Klimawandels auf den Menschen zu vermindern und sich an die veränderten klimatischen Bedingungen anzupassen, werden unter dem Schlagwort „Klimaanpassung“ weltweit politische Maßnahmen diskutiert.

Was bedeutet „Klimaanpassung“?

Der Weltklimarat versteht unter Interner Link: Klimaanpassung „Initiativen und Maßnahmen, um die Empfindlichkeit natürlicher und menschlicher Systeme gegenüber tatsächlichen oder erwarteten Auswirkungen der Klimaänderung zu verringern“. Dabei unterscheidet er zwischen verschiedene Arten von Anpassungen, etwa vorausschauenden und reaktiven, privaten und öffentlichen, autonomen und geplanten. Jedoch sei die Anpassungsfähigkeit von Ökosystemen wie auch von Gesellschaften begrenzt. Je mehr der Klimawandel voranschreitet, desto teurer und schwieriger werde es, dessen Folgen in den Griff zu bekommen, stellt der Weltklimarat in seinem sechsten Sachstandsbericht fest. Deshalb sei es notwendig, Klimaschutz und Klimaanpassung parallel zu verfolgen, Interner Link: um menschenwürdige Lebensbedingungen zu sichern.

Möglichkeiten der Klimaanpassung

Konkrete Beispiele für Klimaanpassung können etwa der Bau höherer Fluss- und Küstendeiche sein – oder der Anbau von Pflanzen, die weniger empfindlich auf Temperaturschocks reagieren. Klimaanpassungsmaßnahmen umfassen auch die Infrastrukturplanung – etwa im Verkehr und Bau. Dazu gehört eine hitze- und umweltresistente Bauweise und Dämmung von Gebäuden oder eine an Extremtemperaturen und Starkregen angepasste Stadtplanung. Um vulnerable Gruppen in Einrichtungen wie Pflegeheimen oder Krankenhäusern besser zu schützen, fordern Sozialverbände Aktionspläne. Sie nehmen dabei etwa bauliche, organisatorische und personelle Maßnahmen in den Blick, mit denen auf Hitze und Hochwasser reagiert werden soll. Auch ein funktionierendes Warnsystem kann Menschenleben retten. Diskutiert werden auch Verhaltensänderungen, wie neue Ladenöffnungs- oder Arbeitszeiten. Eine zentrale Rolle spielt laut Umweltbundesamt die Interner Link: Wasserspeicherung, um sich gegen Dürren zu wappnen. In der Landwirtschaft können zudem die Bodenbearbeitung, Bewässerung oder Sortenwahl angepasst werden, damit die Ernte widerstandsfähiger wird. Kommunen können sich zudem durch mehr Grün- statt Asphaltflächen besser auf Flutkatastrophen und Hitzeperioden vorbereiten.

Deutsche Anpassungsstrategie 2008

Am 17. Dezember 2008 beschloss das Bundeskabinett der „Großen Koalition“ unter Angela Merkel erstmals eine Deutsche Anpassungsstrategie (DAS) an den Klimawandel. Sie sollte einen Rahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels in der Bundesrepublik schaffen und anderen Akteuren Orientierung bieten. In der DAS werden Risiken identifiziert, der mögliche Handlungsbedarf benannt und entsprechende Ziele definiert. Im Jahr 2011 formulierte die Bundesregierung zusätzlich den Aktionsplan zur deutschen Anpassungsstrategie (APA). Hier werden konkrete Handlungsoptionen und spezifische Aktivitäten zu den in der DAS festgeschriebenen Zielen benannt.

Das Klimaanpassungsgesetz

Im Juli vergangenen Jahres trat unter der damaligen Bundesregierung aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP („Ampel-Koalition“) das Bundes-Klimaanpassungsgesetz (KAnG) in Kraft. Es sieht unter anderem vor, dass Bund, Bundesländer und Kommunen Klimaanpassungskonzepte entwerfen und umsetzen. Das Erreichen der Ziele wird in einem Monitoring unter der Federführung des Umweltministeriums geprüft.

Öffentliche Träger müssen gemäß des Gesetzes bei Planungen und Entscheidungen die Folgen des Klimawandels ausreichend berücksichtigen. Das Gesetz regelt, dass regelmäßig Daten zu Schadenssummen erhoben werden, die auf Wetterextreme zurückzuführen sind. Zur Unterstützung der Länder und Kommunen bei der Klimaanpassung wurden auch Förderprogramme aufgesetzt. So erhalten Kommunen Zuschüsse, wenn sie Fachkräfte für Klimaanpassungsmanagement einstellen. Zudem sollen Expertinnen und Experten des Externer Link: Zentrums KlimaAnpassung Städte und Gemeinden dabei unterstützen, sich besser gegen Klimarisiken abzusichern.

Eine vom Umweltbundesamt beauftragte und im September 2024 veröffentlichte Externer Link: Studie untersuchte die Fortschritte der Kommunen. 12 Prozent von ihnen gaben damals an, bereits über ein Klimaanpassungskonzept zu verfügen. 41 Prozent hatten bereits konkrete Maßnahmen zur Klimaanpassung umgesetzt. Über 30 Prozent der Kommunen wählten etwa klimaangepasste Pflanzen aus, legten Bebauungsgrenzen fest, renaturierten Gewässer, legten offene Wasserflächen an und informierten die Bevölkerung über Gefahren sowie vorsorgende Schutzmaßnahmen. Kommunen, die auf Probleme stießen, hatten diese meist, weil ihnen das Geld für die Umsetzung der Maßnahmen fehlte.

Deutsche Anpassungsstrategie 2024

Im Dezember vergangenen Jahres hat die damalige Ampel-Koalition als Teil des Klimaanpassungsgesetzes die aktuell noch gültige Externer Link: DAS 2024 verabschiedet. Die hier genannten Ziele haben erstmals den Anspruch, messbar zu sein. 33 konkrete Ziele und 45 Unterziele in verschiedenen Bereichen, die Deutschland bis 2030 beziehungsweise 2050 erreichen soll, werden benannt, darunter: Infrastruktur, Land und ⁠Landnutzung, Gesundheit und Pflege, Stadtentwicklung und Raumplanung sowie Bevölkerungsschutz, Wasser und Wirtschaft. Alle vier Jahre sollen die Zielmarken und Maßnahmen überprüft und gegebenenfalls angepasst werden.

Im Rahmen der DAS will der Bund zum Beispiel die 16 Bundesländer sowie die Kommunen dabei unterstützen, mehr kühlende Grünflächen anzulegen oder andere Möglichkeiten des Hitzeschutzes zu schaffen. Auch soll der Hochwasserschutz stärker gefördert werden, etwa durch Gelder für eine Anpassung der Flussläufe – oder auch Moore, die Wasser speichern können. Auch die Warnsysteme sollen verbessert werden.

Die DAS 2024 wurde und wird öffentlich kontrovers diskutiert. Das Umweltbundesamt sowie manche Think Tanks begrüßten den Grundgedanken der Strategie und die Messbarkeit von Zielen. Andere Akteure, wie der Deutsche Städtetag, kritisierten, dass die Kommunen durch die Klimaanpassungsstrategie mehr Aufgaben übernehmen müssten, ohne dass deren Finanzierung gewährleistet sei.

Klimaanpassungspolitik der aktuellen Bundesregierung

Die seit Mai amtierende Regierung aus CDU/CSU und SPD sieht in ihrem Haushaltsentwurf für dieses Jahr Ausgaben in Höhe von 38,57 Millionen Euro für die Förderung von Klimaanpassungsmaßnahmen im Umweltressort vor. Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) gab an, noch 2025 ein neues Klimaschutzprogramm mit konkreten Maßnahmen vorlegen und mit den Geldern des Ministeriums Klimaschutz und Klimaanpassung gleichermaßen fördern zu wollen. Hinzu kommen Mittel aus dem insgesamt 500 Milliarden Euro umfassenden Sondervermögen „Infrastruktur und Klimaneutralität“. Aus diesem sollen dieses Jahr 37,2 Milliarden Euro ausgegeben werden.

Separat zum Klimaanpassungsgesetz gab das Bundesgesundheitsministerium 2023 einen „Hitzeschutzplan für Gesundheit“ heraus. Dieser listet Möglichkeiten, um Hitzetote unter anderem durch Informationen für besonders gefährdete Menschen – und Einrichtungen, in denen sie sich befinden – sowie ein verbessertes Warnsystem zu vermeiden. Die aktuelle Gesundheitsministerin hat das Angebot um drei weitere Musterhitzeschutzpläne mit Empfehlungen für Apotheken, psychotherapeutische Praxen und den organisierten Sport erweitert. Auch das Bauministerium plant in diesem Jahr 790 Millionen Euro für Städtebauförderung zur Verfügung zu stellen, mit denen unter anderem Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen umgesetzt werden sollen. Dadurch soll mehr Grün entstehen, versiegelte Flächen reduziert und Wasser in der Stadt besser gespeichert werden. Mit der geplanten Reform des Bauplanungsrechts soll zudem die klimaresiliente Anpassung der Städte vorangetrieben werden. Auch der Haushaltsentwurf der aktuellen Bundesregierung im Bereich Umweltschutz wurde unter anderem im Bundestag mit Blick auf seine Prioritätensetzung und die Höhe der Mittel kontrovers diskutiert.

Klimaanpassung auf dem Weltklimagipfel im Herbst

Auch auf der UN-Klimakonferenz (COP30) in Brasilien im Herbst wird Klimaanpassung voraussichtlich eines der beherrschenden Themen sein. Vor allem für viele Länder des Globalen Südens, die von den Folgen des Klimawandels schwer betroffen sind, werden Finanzierungsfragen im Mittelpunkt stehen. Auf der COP29 hatte die Weltgemeinschaft beschlossen, dass die Finanzhilfen für Klimaschutz und Kliimaanpassung auf jährlich 300 Milliarden US-Dollar aufgestockt werden soll.

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