Am 2. Juli 2025 hat der iranische Präsident Massud Peseschkian ein Gesetz unterzeichnet, das die Zusammenarbeit zwischen Iran und der Internationalen Atomenergie-Organisation (
Das Gesetz macht künftige Kontrollen der iranischen Atomenergieanlagen von der Genehmigung des iranischen Obersten Nationalen Sicherheitsrates abhängig. Diese Praxis widerspricht den Grundsätzen der IAEO. Die Atomenergiebehörde soll die sichere zivile Nutzung der Atomenergie fördern und eine militärische Nutzung verhindern. Die IAEO teilte am 4. Juli als Reaktion mit, dass sie ihre letzten verbliebenen Inspektoren aus Iran abgezogen hat.
Die iranische Regierung erklärte am 12. Juli zwar ihre grundsätzliche Bereitschaft zur weiteren Kooperation mit der IAEO. Gleichzeitig beharrte sie jedoch auf den Forderungen aus dem Gesetz, dass jede Inspektion einzeln vom Sicherheitsrat genehmigt werden müsse. Iran kündigte mit der Entscheidung weder den Atomwaffensperrvertrag noch das IAEO-Sicherheitskontrollabkommen formell. Praktisch machte das Land die Umsetzung der Kontrollen jedoch nahezu unmöglich.
Entscheidung als Reaktion auf Zwölf-Tage-Krieg
Mit dem Gesetz reagierte die iranische Führung auf die jüngste gewaltvolle Eskalation zwischen Iran, Israel und den USA (den sogenannten Zwölf-Tage-Krieg). Zur Begründung führte die iranische Regierung an, die IAEO verhalte sich einseitig zugunsten westlicher Staaten und Israels.
Die IAEO hatte am 12. Juni 2025 erstmals seit zwei Jahrzehnten eine Resolution verabschiedet, in der sie Iran wegen Verstößen gegen die Maßnahmen zur Nichtverbreitung von Atomwaffen rügte. Kritisiert wurde, dass Iran der IAEO die Zusammenarbeit bezüglich nicht gemeldeten Kernmaterials verweigere und die Kontrollen an mehreren nicht gemeldeten Standorten verhindere.
Einen Tag später, am 13. Juni, begann Israel mit groß angelegten Luftangriffen auf Iran. Das erklärte Ziel war es, das Atomwaffenprogramm Irans auszuschalten. Auch iranische Raketenbasen wurden angegriffen. Iran erwiderte den Beschuss umgehend. Israel betrachtet das iranische Atomprogramm Irans als existenzielle Bedrohung, da Iran Israel nicht als Staat anerkennt und immer wieder mit dessen Zerstörung droht. Die IAEO äußerte noch am selben Tag ihre „Besorgnis“ über die Ereignisse. Sie betonte, Atomanlagen sollten niemals angegriffen werden – unabhängig von den Gründen.
In der Nacht zum 22. Juni griffen auch die USA in den Konflikt ein und bombardierten drei iranische Atomanlagen. Iran vergalt dies einen Tag später mit Angriffen auf US-Militärstützpunkte in Katar und dem Irak. Nach zwölf Tagen Raketenkrieg verkündete US-Präsident Donald Trump in der Nacht zum 24. Juni eine Waffenruhe zwischen Israel und Iran.
Mandat der IAEO
Die Internationale Atomenergie-Organisation wurde am 29. Juli 1957 auf Initiative des US-Präsidenten Dwight D. Eisenhower als eigenständige Institution mit Sitz in Wien gegründet. Über einen Vertrag ist sie an das System der Vereinten Nationen angebunden und berichtet jährlich an die UN-Generalversammlung und den Sicherheitsrat. Die IAEO erhielt das Mandat, „den Beitrag der Atomenergie zu Frieden, Gesundheit und Wohlstand in der ganzen Welt zu beschleunigen und zu vergrößern“ sowie gleichzeitig sicherzustellen, dass Spaltmaterial nicht für militärische Zwecke verwendet wird.
Ihre Aufgabe, den Bau und die Weiterverbreitung von Atomwaffen zu kontrollieren, wurde durch den 1970 in Kraft getretenen Atomwaffensperrvertrag (auch bekannt als Nichtverbreitungsvertrag, NVV) verstärkt. Im Artikel 3 verpflichten sich die Nicht-Nuklearwaffenstaaten, IAEO-Kontrollen zuzulassen.
Kontrollen als wichtiges Instrument des Atomwaffensperrvertrags
Als Kontrollinstanz verfügt die IAEO über vielfältige Befugnisse. Sie darf beispielsweise Sicherungsmaßnahmen einführen und verwalten, um zu verhindern, dass spaltbares Material militärischen genutzt wird. Sie führt Online-Überwachungen durch und analysiert Umweltproben zum Nachweis radioaktiver Stoffe. Bei Verstößen kann die IAEO den UN-Sicherheitsrat direkt informieren.
Iran unterzeichnete den Atomwaffensperrvertrag bereits im Jahr 1968. Der Vertrag erkennt nur fünf Staaten als Nuklearwaffenstaaten an: die USA, Frankreich, Großbritannien, Russland (damals Sowjetunion) und China. Diese dürfen ihre Atomwaffen behalten, verpflichten sich aber dazu, das Wissen über den Bau von Atomwaffen nicht weiterzugeben und langfristig abzurüsten.
Ein Team der IAEO überprüft am 20. Januar 2014 den Anreicherungsprozess in der Urananreicherungsanlage Natans, die in der Nähe der Städte Isfahan und Kashan in Zentraliran liegt. (© picture-alliance, dpa | Kazem Ghane)
Ein Team der IAEO überprüft am 20. Januar 2014 den Anreicherungsprozess in der Urananreicherungsanlage Natans, die in der Nähe der Städte Isfahan und Kashan in Zentraliran liegt. (© picture-alliance, dpa | Kazem Ghane)
Staaten wie Iran gelten im Vertrag als Nicht-Nuklearwaffenstaaten. Sie haben sich verpflichtet, keine Atomwaffen zu erwerben oder zu bauen. Zudem müssen sie ihr Atomprogramm für internationale Kontrollen öffnen. Die sogenannten Sicherheitskontrollabkommen (engl. Safeguards agreements) mit der IAEO sollen verhindern, dass neben der erlaubten zivilen Nutzung Programme aufgelegt werden, die zur Verbreitung von Atomwaffen führen.
Seit 1997 können Staaten ein freiwilliges Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag mit der IAEO abschließen. Es verschärft die Kontrollmöglichkeiten und erlaubt beispielsweise auch unangekündigte Kontrollen.
Iran unterzeichnete das Zusatzprotokoll 2003, hat es jedoch nie ratifiziert. Bereits seit 2002 stand das Land unter internationalem Druck, nachdem die IAEO den Verdacht auf ein geheimes iranisches Atomwaffenprogramm geäußert hatte. Zwischen 2003 und 2006 setzte Iran das Protokoll vorläufig um und beendete die Anwendung dann wieder.
Das Internationale Atomabkommen
Nach zwölfjährigen Verhandlungen einigten sich 2015 die fünf UN-Vetomächte USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien sowie Deutschland mit Iran auf das Internationale Atomabkommen (engl.
2018 zog sich die US-Regierung unter Präsident Donald Trump einseitig aus dem Abkommen zurück und verhängte wieder umfassende Sanktionen. Iran setzte daraufhin seine JCPoA-Verpflichtungen schrittweise aus. 2021 beendete Iran auch die Anwendung des Zusatzprotokolls. Verhandlungen über eine Wiederherstellung des Abkommens scheiterten 2022.
Folgen für die internationale Politik
Durch den faktischen Ausstieg Irans aus der Zusammenarbeit verliert die IAEO den direkten Einblick in das iranische Atomprogramm. Sie kann nicht mehr in Echtzeit überprüfen, ob Iran Uran auf ein waffenfähiges Niveau anreichert. Nicht nur Überwachungsmaßnahmen (Safeguards) sind unmöglich geworden, sondern auch Umweltkontrollen. Nach dem Abzug der IAEO-Kontrolleure bleibt beispielsweise unklar, welche Langzeitfolgen die israelischen und US-amerikanischen Angriffe auf iranische Atomanlagen haben. Entsprechende Strahlenmessungen durch unabhängige Beobachter können vorerst nicht mehr durchgeführt werden.
Gleichzeitig untergräbt Iran durch diesen Schritt auch das internationale Regime zur Nichtverbreitung von Atomwaffen. Das gilt insbesondere, weil Iran laut mancher Einschätzungen trotz der israelischen und US-amerikanischen Angriffe weiterhin über eine funktionierende Nuklearindustrie verfüge, die schnell wiederaufgebaut werden könne. Andere Expertinnen und Experten befürchten, dass Staaten dem iranischen Ausstieg folgen könnten. Die Folge wäre ein Kontrollverlust der internationalen Gemeinschaft darüber, wer Atomwaffen entwickelt.
Internationale Reaktionen
Am 4. Juli 2025 forderte die Bundesregierung Iran dazu auf, die Zusammenarbeit mit der IAEO wieder aufzunehmen und den Schutz des IAEO-Personals zu gewährleisten.
Die drei wirtschaftlich stärksten Staaten Europas („E3“ – Deutschland, Frankreich und Großbritannien) koordinieren ihr Vorgehen in dieser Frage bereits seit längerer Zeit. Die IAEO-Resolution vom 12. Juni 2025, die Irans Verstöße gegen die Maßnahmen zur Nicht-Verbreitung von Atomwaffen verurteilte, wurde von den E3-Staaten und den USA verfasst.
Die USA drängen Iran nach dem Waffenstillstand mit Israel zu Verhandlungen über die Zukunft des Atomprogramms. Irans Außenminister Abbas Araghtschi will solche Verhandlungen nur dann führen, wenn sichergestellt ist, dass die USA nicht noch einmal iranische Nukleareinrichtungen bombardieren. Außerdem teilte Araghtschi mit, dass seine Regierung keinem Abkommen zustimmen werde, das Iran die Urananreicherung generell verbiete.
Über neue Sanktionen wird ebenfalls debattiert. Anfang Juli signalisierten die Staaten Europas ihre Bereitschaft, den sogenannten Snapback-Mechanismus anzuwenden. Dieser war bereits Teil des Internationalen
Bereits am 25. Juni – direkt nach dem Ende der Kampfhandlungen zwischen Iran und Israel – hatte die IAEO Iran zu einer Rückkehr zur Zusammenarbeit aufgerufen. Die Wiederaufnahme der Kooperation sei der Schlüssel für eine diplomatische Einigung im Atomstreit, schrieb IAEO-Generaldirektor Rafael Mariano Grossi dem iranischen Außenminister.
Neue Atomverhandlungen zwischen den E-3-Staaten und Iran
Bei den jüngsten Verhandlungen am 25. Juli in Istanbul forderten die E3-Staaten die Rückkehr der IAEO-Inspekteure und drohten mit der Wiedereinführung von Sanktionen. Die europäischen Länder bilden zusammen mit China und Russland die verbleibenden JCPoA-Parteien.
Am 18. Oktober läuft die Resolution zu diesem Abkommen aus. Dann werden alle UN-Sanktionen gegen Iran aufgehoben, sofern nicht mindestens 30 Tage vorher der Snapback-Mechanismus ausgelöst wurde. Die E3-Staaten haben Iran eine Frist bis Ende August gesetzt, sie durch konkrete Schritte von einer Fristverlängerung um bis zu sechs Monate zu überzeugen. Die Verhandlungen endeten laut iranischen Angaben ergebnislos.
Interner Link: Die Atomvereinbarung mit Iran (APuZ 21-22/2020) Interner Link: Regionalmacht Iran: Interessen, Mittel und Verbündete (Dossier Iran, Januar 2021) Interner Link: Der Antisemitismus des iranischen Regimes (Dossier Antisemitismus, April 2023) - Externer Link: Die IAEO und ihre Aufgaben (Themenmodul Rüstungskontrolle)