Mission
(arab. daʿwa, Ruf, Einladung). Die islam. M. im 20. Jh. zielte nicht in erster Linie auf die Bekehrung von Ungläubigen ab, sondern war vielmehr auf eigene Glaubensbrüder ausgerichtet, die – vom westlichen Säkularismus und Materialismus verführt – vom rechten Wege abgekommen seien. So meinte etwa Ḥasan al-Bannā (1906 – 1949), der Gründer der Muslimbruderschaft, dass die missionar. Tätigkeit bei einem selbst beginnen müsse. Erst dann könne man dazu übergehen, seine nähere Bekanntschaft, die Gemeinschaft, in der man lebt, das eigene Land, die muslim. Gesamtgemeinde (Umma) und schließlich den Rest der Welt zum wahren Islam zu führen. Auf gesellschaftspolit. Ebene werden verschiedene Möglichkeiten für eine reformist. Missionierung der vom richtigen muslim. Glauben Abgefallenen genannt: Aufbau von Organisationen wie der Liga der islam. Welt mit Sitz in Saudi Arabien, aktives Engagement für eine Islam. Ordnung im Alltag und in der Öffentlichkeit, Unterwanderung des bestehenden polit. Systems und Widerstand gegen die als unislam. angesehenen Praktiken und Prinzipien. Obgleich reformist. missionar. Bestrebungen dieser Art Teilerfolge (Re-Islamisierung) in einzelnen Ländern verbuchen können, ist der Versuch, überregionale missionar. Vereinigungen zu etablieren, bisher nicht sehr erfolgreich gewesen.Literatur:
Piscatori, J. P.: Islam in a World of Nation-States, 1986. – Schulze, R.: Islamischer Internationalismus im 20. Jahrhundert. Untersuchungen zur Geschichte der Islamischen Weltliga, 1990. – Poston, L.: Daʾwah in the West. Muslim Missionary Activity and the Dynamics of Conversion to Islam, 1992.
Autor/Autorinnen:
Prof. Dr. Stephan Conermann, Universität Bonn, Orientalistik
Quelle: Elger, Ralf/Friederike Stolleis (Hg.): Kleines Islam-Lexikon. Geschichte - Alltag - Kultur. München: 6., aktualisierte und erweiterte Auflage 2018.