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Editorial | Dritte Welt | bpb.de

Dritte Welt Editorial Deutsche Entwicklungskooperation gestalten Das Schweigen des Parlaments Staatsversagen, Gewaltstrukturen und blockierte Entwicklung: Haben Krisenländer noch eine Chance? Die wahren Globalisierungsgegner oder: Die politische Ökonomie des Terrorismus Frauen fordern ihre Rechte als Indígenas und Staatsbürgerinnen

Editorial

Ludwig Watzal

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Die Politik der Globalisierung hat für die Staaten der Dritten Welt kaum Vorteile gebracht. Die Entwicklungsländer sind gegenüber den Industrieländern auf allen Gebieten weiter zurückgefallen.

Die Politik der Globalisierung hat für die Staaten der Dritten Welt kaum Vorteile gebracht. Die Entwicklungsländer sind gegenüber den Industrieländern auf allen Gebieten weiter zurückgefallen. Die reichen Staaten werden reicher, die armen ärmer. Darüber hinaus befinden sich zahlreiche Länder der Dritten Welt sowohl politisch als auch ökonomisch in einem desolaten Zustand - einige sogar in Auflösung. Für ihre Forderungen nach gerechten und fairen Handelsbedingungen, Freiheit von Unterdrückung und Ausbeutung sowie Selbstbestimmung werden sie vor allem nach dem 11. September 2001 zunehmend selbst verantwortlich gemacht. Die internationale Staatengemeinschaft ist seither tiefer gespalten als jemals zuvor. Die Entwicklungsländer sind die Hauptleidtragenden.

Ein Mittel, die Armut zu bekämpfen, ist die Entwicklungszusammenarbeit. Seit Ende der siebziger Jahre folgt die bundesdeutsche Entwicklungspolitik den Vorgaben von Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF). In diesem Zeitraum sei jedoch kein engagierter bundesdeutscher Beitrag erkennbar gewesen, wie Ulf Engel und Robert Kappel in ihrem Essay konstatieren. Erst mit der rot-grünen Bundesregierung sei Bewegung in die deutsche Entwicklungspolitik gekommen. Die Autoren benennen Gründe für den mangelnden Gestaltungswillen und sehen die Möglichkeiten einer verstärkten Einmischung Deutschlands in der Debatte über die Folgen der Globalisierung. Sie erfordere jedoch viel Kompetenz und Engagement.

Um Effizienz deutscher Entwicklungszusammenarbeit, insbesondere deren Nachhaltigkeit, geht es in dem Beitrag von Alexandra Caspari, Paul Kevenhörster und Reinhard Stockmann. Diese Themen werden in den parlamentarischen Gremien seit über zwölf Jahren diskutiert. Durch parlamentarische Anfragen einiger Abgeordneter sah sich das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) veranlasst, Evaluierungen durchzuführen, die den dauerhaften Erfolg von entwicklungspolitischen Maßnahmen ermitteln sollten. Die AutorInnen beschreiben den parlamentarischen Weg der Studie, deren Ergebnisse seit über einem Jahr vorliegen. Das Parlament habe dazu bislang geschwiegen.

Die wirtschaftliche Entwicklung der armen Länder wird nicht nur durch Korruption der dortigen Eliten, sondern auch durch die organisierte Gewalt und den Zerfall staatlicher Strukturen behindert. Tobias Debiel beschreibt die Ursachen für die Krise von Staaten in der Dritten Welt, die ein Erklärungsmuster für die alltägliche Gewalt sind. Ebenso geht der Autor auf Konzepte ein, die bei der Transformation von Krisenländern eine Rolle spielen. Am Beispiel Afghanistans diskutiert der Autor Konsolidierungs- und Reformschritte des Wiederaufbaus.

Zur Desintegration von Staaten der Dritten Welt tragen zu einem erheblichen Teil innenpolitische Versäumnisse der Eliten bei. Die Verbindung von ökonomischem Niedergang und Verelendung großer Teile der Bevölkerung bildet nach Harald Schumann einen fruchtbaren Nährboden für Terrorismus. Zur Hoffnungslosigkeit und Massenarmut hätten die internationalen Finanzinstitutionen wie Weltbank und IWF wesentlich beigetragen. Der Autor zeigt am Beispiel Chinas einen alternativen Entwicklungsweg zum neoliberalen Wirtschaftsmodell auf.

Mit den Folgen von gesellschaftlicher Gewalt für die Indígena-Frauen in Guatemala setzt sich Ludgera Klemp auseinander. Am Beispiel der Institution Ombudsstelle wird deutlich, wie gegen geschlechtsspezifische Gewalt vorgegangen werden kann. Erst durch die Auseinandersetzung mit der Gewaltthematik und ihren geschlechtsspezifischen Dimensionen könne nachhaltige Sicherheit für die Geschlechter erreicht werden.