Die Erderhitzung ist zu einer beispiellosen Gefahr für menschliches Leben auf der Erde geworden. Sie bedroht nicht nur die Lebensgrundlagen und die Gesundheit ganzer Bevölkerungen, sondern destabilisiert zunehmend ganze Gesellschaften – sei es durch politische Auseinandersetzungen um Notwendigkeit und Ausmaß von Anpassungsmaßnahmen und Transformationsprozessen oder Verteilungskämpfe von und zwischen Staaten. So hat sich eine permanente Krise mit immer katastrophaleren Auswirkungen entwickelt: die Klimakrise. Die Auseinandersetzung mit ihr beeinträchtigt nicht zuletzt die psychische Gesundheit vieler Menschen. So führen immer häufigere und schwerwiegendere klimabedingte Extremwetterereignisse in vielen Regionen zu existenziellen Ängsten und Sorgen. Auch bereits das Wissen um das Ausmaß und die Dringlichkeit der Krise kann Angst, Hilflosigkeit, Verunsicherung und andere aufwühlende Gefühle auslösen, wobei Angst diejenige emotionale Reaktion ist, die öffentlich und wissenschaftlich am häufigsten thematisiert wird. Wichtig ist: Diese „Klima-Angst“ ist meist nicht übertrieben, sondern eine angemessene Reaktion auf eine wissenschaftlich erwiesene, enorme Bedrohung. Sie sollte deshalb keinesfalls als persönliches Problem heruntergespielt werden, das individuell „gelöst“ werden muss. Die Lösung liegt zuallererst in einem wirksamen Klimaschutz.
Was ist Klima-Angst?
In den vergangenen Jahren hat das Thema Klima-Angst sowohl in den Medien als auch in der Wissenschaft an Bedeutung gewonnen. Der Begriff wird dabei unterschiedlich definiert; oft wird er als Teilbereich der Öko-Angst (Eco-Anxiety; der deutsche Begriff ist wenig gebräuchlich) betrachtet, welche neben der Klimakrise auch andere Umweltprobleme wie Umweltzerstörung oder Artensterben umfasst. Manche Autor*innen fassen den Begriff weit und schließen neben der Angst auch andere belastende Gefühle ein.
Grundsätzlich können alle, die sich bewusst mit der Klimakrise auseinandersetzen, Klima-Angst empfinden. Im Gegensatz zur Furcht, die auf ganz konkrete Gefahren ausgerichtet ist (beispielsweise eine Unwetterwarnung), bezieht sich Klima-Angst typischerweise auf zukünftige Bedrohungen und geht oft mit erheblicher Unsicherheit einher.
Dass eine solche Auseinandersetzung mit der Thematik Klima-Angst auslöst, ist angesichts der existenziellen Auswirkungen der menschengemachten Klimakrise folgerichtig. Klima-Angst ist somit keine unangemessene, übermäßig emotionale Reaktion im Sinne einer psychischen Störung. Im Gegenteil: Tatsächlich ist es eher bedenklich, wenn sich Menschen gar keine Sorgen über die Klimakrise machen.
Wissenschaftlich gesehen unterscheidet sich das Ausmaß an Angst hinsichtlich der Klimakrise deutlich von Person zu Person und von Region zu Region. Während weltweit viele Menschen Klima-Angst empfinden, erleben im Globalen Norden noch vergleichsweise wenige dadurch alltägliche Beeinträchtigungen wie zum Beispiel Konzentrationsprobleme, Schlafstörungen und Freudlosigkeit. In anderen Regionen, vor allem im Globalen Süden (etwa den Philippinen oder Indien), die bereits sehr schwerwiegenden Auswirkungen der Klimakrise ausgesetzt sind, werden Alltagsbeeinträchtigungen durch Klima-Angst hingegen häufiger benannt.
Dass Klima-Angst belastend wirken kann, liegt nicht allein an dem Angst-Gefühl an sich, sondern vor allem an der tatsächlichen Bedrohung, durch die diese emotionale Reaktion berechtigterweise hervorgerufen wird: die Klimakrise und noch spezifischer das Erleben unzureichender politischer Entscheidungen und Maßnahmen zu deren Eindämmung. In jedem Fall sollte Klima-Angst nicht nur politisch, sondern auch gesundheitlich ernst genommen werden. Denn Forschungsbefunde zeigen, dass sie im Zusammenhang mit generellen Symptomen von Angst, Depression und Stress auftreten kann.
Wer hat Klima-Angst?
Obwohl Klima-Angst noch ein relativ neues Forschungsgebiet ist, wurden in den vergangenen Jahren zahlreiche Studien dazu veröffentlicht. Die Ergebnisse zeigen, dass weltweit insbesondere junge Menschen Klima-Angst empfinden. In einer internationalen Untersuchung mit 10000 Teilnehmenden im Alter von 16 bis 25 Jahren aus zehn verschiedenen Ländern des Globalen Südens und Nordens gaben rund zwei Drittel der Befragten an, dass die Klimakrise bei ihnen Angst auslöst.
Neben dem Alter spielen weitere Merkmale eine Rolle. So berichten Frauen im Vergleich zu Männern häufiger von Klima-Angst, genauso wie Menschen mit eher linker politischer Einstellung. Eine größere Wahrscheinlichkeit, Klima-Angst zu verspüren, zeigen außerdem Menschen, die sich stärker mit der Natur verbunden fühlen, sich wegen der Zukunft und/oder der Umwelt größere Sorgen machen, sowie Personen, die häufiger Informationen über die Klimakrise und deren Konsequenzen aufnehmen. Personen, die von Klima-Angst berichten, sind außerdem zurückhaltender in ihrer Kinderplanung, sowohl, um eine weitere Verschlimmerung der Klimakrise zu vermeiden, als auch, weil die Kinder später nicht unter den Auswirkungen der Klimakrise leiden sollen.
In der Übersichtsarbeit von Kühner et al. (2025) stammten fast drei Viertel der ausgewerteten Studien aus dem Globalen Norden. Allerdings zeigen Personen aus dem Globalen Süden mehr Klima-Angst, vermutlich, da sie die Auswirkungen stärker zu spüren bekommen und über weniger Ressourcen zur Bewältigung verfügen.
Zum aktuellen Zeitpunkt weisen viele Untersuchungen nur eine eingeschränkte wissenschaftliche Qualität auf und gründen außerdem auf einer Vielzahl unterschiedlicher Definitionen von Klima-Angst. Darüber hinaus wird Klima-Angst häufig nur mit einer einzigen Frage erfasst oder mit anderen Klima-Emotionen vermischt. Das schränkt die Vergleichbarkeit der Studien ein. Zudem lässt sich bei manchen Fragestellungen nicht immer bestimmen, was Ursache und was Wirkung ist: Verspürt eine Person zum Beispiel verstärkt Klima-Angst, weil sie sich mit der Klimakrise beschäftigt – oder umgekehrt? Hier wären mehr konzeptuelle Klarheit und Längsschnittforschung wünschenswert.
Vielfalt der Klima-Emotionen
In der bisherigen Klima-Emotionsforschung nimmt Klima-Angst eine prominente Rolle ein. Das vernachlässigt den Wissensstand zu menschlichen Emotionen: Sie stellen komplexe und individuell sehr unterschiedliche Reaktionen dar und treten selten als Einzelemotionen auf. Für die Reaktion auf die Klimakrise werden mittlerweile eine ganze Reihe unterschiedlicher emotionaler Reaktionen beschrieben.
Emotionen spiegeln nicht nur individuelles, persönliches Erleben wider, sondern sind in die Kultur eingebettet, an der wir uns orientieren. In Emotionen stecken geteilte Werte, Identität, Überzeugungen und soziale Normen.
Durch den westlichen Fokus vieler Studien beschreibt Klima-Angst oft eher eine indirekte Sorge statt unmittelbare Furcht von Menschen, die bereits stark von Klimafolgen betroffen sind. Ein Blick über diesen Forschungsrahmen hinaus zeigt Unterschiede in den Klima-Emotionen zwischen dem Globalen Norden und dem Globalen Süden. Für Menschen des Globalen Südens bedeutet Klima-Angst oft keine entfernte Sorge, sondern die direkte Erfahrung von Klimafolgen. Ihre Klima-Wut richtet sich beispielsweise auf die verantwortlichen Industrienationen. In diesem Kontext ist Zuversicht notwendig, um handlungsfähig zu bleiben und nicht in Hilflosigkeit zu verharren. Im Vergleich zum Globalen Norden berichten Menschen des Globalen Südens jedoch von weniger Zuversicht und stärkerer Angst und Wut.
Wie führt Klima-Angst zu Klima-Engagement?
Die gegenwärtige Forschung zu Klima-Angst untersucht auch, wie diese mit klimafreundlichem Verhalten zusammenhängt. Die Mehrzahl der Studien zeigt, dass Klima-Angst eine gleichermaßen informative und handlungsleitende Funktion haben kann: Sie signalisiert, dass etwas nicht in Ordnung ist, und motiviert zum Engagement für Klimaschutz. Personen mit stärkerer Klima-Angst sind klimafreundlicher eingestellt und geben an, sich entsprechend zu verhalten – etwa durch individuelle Klimaschutzmaßnahmen, Klima-Engagement und -Protest oder die Unterstützung klimapolitischer Maßnahmen.
Gesellschaftliche Strategien im Umgang mit Klima-Angst sollten insgesamt darauf abzielen, Handlungsfähigkeit zu stärken und das Wohlbefinden zu schützen. Dies kann über verschiedene Wege geschehen. Wichtige Voraussetzungen für eine gesellschaftlich wirksame Bewältigung der Klimakrise sind unter anderem das Verstehen und die Akzeptanz der Klimakrise. Um persönlich angemessen reagieren zu können, müssen wissenschaftliche Erkenntnisse über realistische und individuell umsetzbare Handlungsoptionen bekannt sein, die zur Eindämmung der menschengemachten Klimakrise beitragen. In der medialen Kommunikation über die Klimakrise sollten zudem Verzögerungsdiskurse
Auf gesellschaftlicher Ebene sollte Zuversicht im Sinne einer realistischen, konstruktiven Hoffnung mit Blick auf die Zukunft gestärkt werden. Institutionen könnten mit gutem Beispiel vorangehen – also wirksamen Klimaschutz und Klimaanpassung betreiben und dies nach außen kommunizieren – oder Medien könnten breiter darstellen, was überall auf der Welt und auch vor Ort bereits an wirksamem Klimaschutz geschieht und wie viele Menschen sich daran beteiligen. Außerdem braucht es eine gemeinsame Vorstellung einer nachhaltig lebenden Gesellschaft, die positiv besetzt ist und nicht nur von Verzichts-Narrativen dominiert wird. Es sind also positive Erzählungen zu realisierbaren Zukunftsperspektiven notwendig, um ein Gleichgewicht aus Angst und realistischer Hoffnung herzustellen.
Klima-Angst sollte in diesem Zusammenhang als wichtige lebens- und gesundheitsschützende Ressource betrachtet werden. Eine gesellschaftliche Anerkennung von Klima-Angst und anderen Klima-Emotionen kann dabei helfen, diese Gefühle auf individueller Ebene anzunehmen und einen guten Umgang damit zu finden.
Um aus Sorgen um unseren Planeten klimafreundliches Verhalten abzuleiten, sollten folglich nicht nur abstrakte Ziele formuliert werden („Die Welt muss bis 20XX klimaneutral sein“), sondern auch konkrete Handlungsoptionen betont und ermöglicht werden (zum Beispiel Rad statt Auto fahren, auf vegane Ernährung umstellen, Flugreisen vermeiden). Diese wirken oft nicht nur positiv aufs Klima, sondern auch auf die Gesundheit.
Angesichts der erforderlichen Transformationen zur Bekämpfung ökologischer Krisen ist nicht zuletzt kollektives Handeln nötig,
Die Autorinnen und Autoren sind Teil der Forschungsinitiative Research for Planetary Health & Transformative Change (Research4Change).