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Die kommunistische Zukunftsvision | APuZ 31/1962 | bpb.de

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APuZ 31/1962 Die kommunistische Zukunftsvision

Die kommunistische Zukunftsvision

WOLFGANG LEONHARD

Mit freundlicher Genehmigung des S. Fischer 1eages, Frankfurt, werden aus dem im August ho t erscheinenden Taschenbuch „Sowjetideologie aute 11 — Die politischen Lehren" zwei Kapitel als Vorabdruck veröffentlicht.

I. Der Übergang vom Sozialismus zum Kommunismus

Abbildung 1

Mit der Errichtung der sozialistischen Gesellschaft ist nicht das Endziel erreicht, sondern lediglich die erste Stufe der kommunistischen Gesellschaft. Sobald in einem Land der Sozialismus errichtet ist, beginnt nach sowjetischer Auffassung der Übergang zur höheren Stufe, zum Kommunismus.

Nadi eigener Definition hat die Sowjetunion Ende 1936 die sozialistische Gesellschaft errichtet. Seitdem befindet sich die UdSSR im Stadium des „Übergangs zum Kommunismus“, der allerdings durch den Krieg (1941—45) und den dadurch notwendigen Nachkriegs-Wiederaufbau (1946-50) unterbrochen wurde. Auf dem 19. Parteitag im Oktober 1952 wurde erneut der „Übergang zum Kommunismus“ proklamiert. Der 21. Parteitag (Ende Januar/Anfang Februar 1959) behauptete, die Sowjetunion befände sich bereits in der „Periode des entfalteten Aufbaus des Kommunismus". Im neuen Parteiprogramm, dessen Entwurf am 30. Juli 1961 veröffentlicht und dessen endgültige Fassung auf dem 22. Parteitag am 28. Oktober 1961 angenommen worden ist, ist der Übergang zum Kommunismus erstmals ausführlich dargestellt.

Die Lehre vom „Übergang zum Kommunismus“ befaßt sich zunächst mit der Frage, worin sich die erste Stufe, der Sozialismus, von der zweiten Stufe, dem Kommunismus, unterscheidet. Ausgehend davon werden dann die notwendigen Maßnahmen für den Übergang zum Kommunismus dargelegt, darunter, welche materiell-technischen Voraussetzungen für die Errichtung des Kommunismus notwendig sind, wie das einheitliche kommunistische Eigentum erreicht werden soll, wie die Unterschiede zwischen Stadt und

Land sowie zwischen geistiger und körperlicher Arbeit zu überwinden und wie der Übergang zur kostenlosen Verteilung aller Produkte („jedem nach seinen Bedürfnissen") zu vollziehen seien. Außerdem behandelt das Thema „Übergang zum Kommunismus" die Frage, wie sich die Staatsmacht verändern, wie eine Annäherung der verschiedenen Völker erreicht werden soll, welche ideologisch-erzieherischen Maßnahmen notwendig sind und schließlich, welche Rolle die Partei beim Übergang zum Kommunismus spielen soll.

Der Unterschied zwischen Sozialismus und Kommunismus Nach der heutigen sowjetischen Auffassung durchläuft die neue Gesellschaft zwei Entwicklungsphasen: eine niedere, die Sozialismus, und eine höhere, die Kommunismus genannt wird. Die Sowjetideologie stützt sich dabei auf Karl Marx, der allerdings nur ein einziges Mal von zwei Phasen der zukünftigen kommunistischen Gesellschaftsordnung gesprochen hat:

„Womit wir es hier zu tun haben, ist eine kommunistische Gesellschaft, nicht wie sie sich auf ihrer eigenen Grundlage entwickelt hat, sondern umgekehrt, wie sie eben aus der kapitalistischen Gesellschaft hervorgeht; die also in jeder Beziehung, ökonomisch, sittlich, geistig, noch behaftet ist mit den Muttermalen der alten Gesellschaft, aus deren Schoß sie herkommt ... Aber diese Mißstände sind unvermeidbar in der ersten Phase der kommunistischen Gesellschaft, wie sie eben aus der kapitalistischen Gesellschaft nach langen Geburtswehen hervorgegangen ist ... In einer höheren Phase der kommunistischen Gesellschaft, nachdem die knechtende Unterordnung der Individuen unter die Teilung der Arbeit, damit auch der Gegensatz geistiger und körperlicher Arbeit verschwunden ist; nachdem die Arbeit nicht nur Mittel zum Leben, sondern selbst das erste Lebensbedürfnis geworden; nachdem mit der allseitigen Entwicklung der Individuen auch die Produktionskräfte gewachsen sind und alle Springquellen des genossenschaftlichen Reichtums voller fließen — erst dann kann ... die Gesellschaft auf ihre Fahnen schreiben: Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!"

Lenin bezeichnete später die erste Phase als „Sozialismus“, die zweite als „Kommunismus“.

Der Unterschied bestünde darin, „daß das erste Wort die erste Stufe der aus dem Kapitalismus erwachsenden neuen Gesellschaft, das zweite Worte die höhere, eine weitere Stufe dieser Gesellschaft bezeichnet"

Der Sozialismus wird, laut Lenin, erst dann in die höhere Phase des Kommunismus übergehen, „wenn alle gelernt haben werden, selbständig die gesellschaftliche Produktion zu leiten" und „die Notwendigkeit zur Einhaltung der unkomplizierten Grundregeln für jedes Zusammenleben von Menschen sehr bald zur Gewohnheit werden wird“

Ausgehend von diesen Hinweisen erklärt die heutige Sowjetideologie, es handele sich beim Sozialismus und Kommunismus um zwei Phasen ein und derselben Gesellschaftsordnung, die sich voneinander durch ihren Reifegrad unterscheiden. Beide Phasen — Sozialismus wie Kommunismus — haben gemeinsam, daß es keine Ausbeuterklasse gibt, die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen überwunden ist, die Produktionsmittel in den Händen der Gesellschaft liegen und planmäßig für die Befriedigung der Bedürfnisse der Menschen eingesetzt werden.

Neben diesen entscheidenden Gemeinsamkeiten bestehen jedoch folgende Unterschiede:

a) Im Sozialismus haben die Produktivkräfte zwar bereits einen hohen Stand erreicht, aber erst der Kommunismus wird über eine solche materiell-technische Produktionsbasis verfügen, daß es möglich wird, einen Überfluß an materiellen Gütern zu sichern. b) Im Sozialismus gibt es zwei Formen des gesellschaftlichen Eigentums — das Staatseigentum und das genossensdiaftlidi-kollektivwirtschaftliche Eigentum. Im Kommunismus gibt es nur ein einheitliches kommunistisches gesellschaftliches Volkseigentum. c) Im Sozialismus gibt es noch Unterschiede zwischen Stadt und Land. Im Kommunismus sind diese Unterschiede überwunden.

d) Im Sozialismus gibt es noch Unterschiede zwischen geistiger und körperlicher Arbeit. Im Kommunismus sind diese Unterschiede überwunden. e) Im Sozialismus gibt es noch Unterschiede zwischen den Klassen der Arbeiter und Bauern und der Schicht der Intelligenz. Im Kommunismus verschwinden die Grenzen zwischen Arbeitern, Bauern und der Intelligenz, und die klassenlose Gesellschaft wird verwirklicht.

f) Im Sozialismus erfolgt die Verteilung der Güter nach der Menge und der Qualität der gelei-steten Arbeit, gemäß dem Prinzip „Jedem nach seiner Leistung“. Im Kommunismus, nachdem die Produktivkräfte einen weitaus höheren Stand erreicht haben und die Arbeit zum ersten Lebensbedürfnis geworden ist, erfolgt die Verteilung der Güter nach dem Prinzip „Jedem nach seinen Bedürfnissen“. g) Im Sozialismus gibt es noch einen Staat. In der höheren Phase des Kommunismus, mit der Aufhebung der Klassenteilung der Gesellschaft und dem höheren Bewußtsein der Menschen, entfällt die Notwendigkeit der Staatsmacht. Das vollständige Absterben des Staates ist jedoch nur nach dem Sieg des Kommunismus im Welt-maßstab möglich.

Was heißt „Übergang zum Kommunismus" ?

Ausgehend von diesen Unterschieden zwischen Sozialismus und Kommunismus bedeutet nach heutiger sowjetischer Auffassung der Übergang zum Kommunismus folgendes:

Auf wirtschaftlichem Gebiet: die materiell-technische Grundlage des Kommunismus zu schaffen, die entwickelten kapitalistischen Länder in der Produktion pro Kopf der Bevölkerung zu überholen, den höchsten Lebensstandard der Welt zu erreichen, um damit zur Verteilung der Produkte nach den Bedürfnissen übergehen zu können.

Auf dem Gebiet der sozialen Beziehungen: die Unterschiede zwischen Stadt und Land und später zwischen geistiger und körperlicher Arbeit zu überwinden, damit die noch bestehenden Überreste von Klassenunterschieden zu besei-tigen und eine klassenlose Gesellschaft zu errichten. Auf politischem Gebiet: schrittweise Staats-funktionen an gesellschaftliche Organisationen zu übergeben, das Absterben des Staates und den Übergang zur kommunistischen Selbstverwaltung vorzubereiten.

Der Übergang vom Sozialismus zum Kommunismus soll in einer relativ kurzen Zeit vollzogen werden. Der Abschluß des kommunistischen Aufbaus wird dann erfolgen, „wenn wir einen vollen Überfluß zur Befriedigung der Bedürfnisse aller Menschen geschaffen haben, wenn alle Menschen gelernt haben, nach ihren Fähigkeiten zu arbeiten, um die gesellschaftlichen Reichtümer zu mehren und anzuhäufen“

Die Schaffung der materiell technischen Produktionsbasis Die entscheidende Vorbedingung für die Verwirklichung des Kommunismus ist die Schaffung der materiellen Produktionsbasis. Die heutige Sowjetideologie stützt sich dabei auf Lenin, der wiederholt betont hatte, daß für den Über-gang zum Kommunismus eine moderne Technik und vor allem die Elektrifizierung des Landes notwendig seien.

Lenin, 18. Februar 1920: „Die Elektrifizierung auf der Basis der Sowjetordnung wird den endgültigen Sieg der Grundlagen des Kommunismus in unserem Lande herbeiführen“

Lenin, 21. November 1920: „Wenn wir Ruß-land nicht eine andere, höhere Technik geben als früher, so kann keine Rede sein von der Wiederherstellung der Volkswirtschaft und vom Kommunismus. Kommunismus ist Sowjetmacht plus Elektrifizierung des ganzen Landes“

Lenin, 22. Dezember 1920: „Kommunismus — das ist Sowjetmacht plus Elektrifizierung des ganzen Landes ... Wenn Rußland sich mit einem dichten Netz von elektrischen Kraftwerken und mächtigen technischen Anlagen bedeckt haben wird, dann wird unser kommunistischer Wirtschaftsaufbau zum Vorbild für das kommende sozialistische Europa und Asien werden“

Die Schaffung der materiell-technischen Basis beinhaltet nach der gegenwärtigen Definition die völlige Elektrifizierung des Landes, die Voll-mechanisierung und Automatisierung des Produktionsprozesses, die weitgehende Anwendung der Chemie in der Volkswirtschaft, die Entwicklung neuer Produktionszweige, Energiearten und Werkstoffe, die allseitige rationelle Nutzung der Naturschätze und die organische Verbindung der Wissenschaft mit der Produktion, ein hohes technisches und kulturelles Niveau der Werktätigen und eine höhere Arbeitsproduktivität, als sie selbst die höchstentwickelten kapitalistischen Länder erreicht haben.

Diese Ziele sollen in der Sowjetunion, beginnend vom Jahre 1960, in zwei Etappen bis zum Jahre 1980 erreicht werden. Im ersten Jahrzehnt, d. h, bis 1970, soll die Sowjetunion die USA in der Produktion pro Kopf der Bevölkerung überflügeln. Sowohl die Industrieproduktion als auch die landwirtschaftliche Produktion sollen bis 1970 auf das Zweieinhalbfache steigen. Die Energieausstattung der Industrie soll bis 1970 sogar auf das Dreifache anwachsen. Alle Kollektivwirtschaften und Sowjetgüter sollen in „hochproduktive Betriebe mit hohen Einkünften" verwandelt werden. Die Arbeitsproduktivität in der Industrie soll auf das Doppelte, in der Landwirtschaft auf das Zweieinhalbfache steigen.

Im zweiten Jahrzehnt (1971— 80) sollen dann die materiell-technische Basis des Kommunismus errichtet und für die gesamte Bevölkerung ein Überfluß an materiellen und kulturellen Gütern geschaffen sein. Bis 1980 soll die Industrieproduktion auf das Sechsfache gegenüber 1960 anwachsen und damit die Industrieproduktion der USA weit hinter sich lassen. Die jährliche Stromerzeugung soll 1980 2700 bis 3000 Milliarden Kilowattstunden (1958: 233 Milliarden Kilowattstunden), die Stahlproduktion 250 Mill. Tonnen (1957: 51, 2 Mill. Tonnen) betragen. Die landwirtschaftliche Produktion soll gegenüber 1960 auf das Dreieinhalbfache steigen, darunter die Erzeugung von Fleisch auf das Vierfache und von Milch auf das Dreifache. Sowohl die Brutto-Produktion der Getreidekulturen als auch der Hektar-Ertrag sollen mindestens auf das Doppelte steigen.

Die Arbeitsproduktivität in der Industrie soll sich gegenüber 1960 auf das Vier-bis Viereinhalbfache erhöhen und damit 1980 etwa doppelt so hoch sein wie gegenwärtig in den USA. Die Arbeitsproduktivität in der Landwirtschaft soll bis 1980 sogar auf das Fünf-bis Sechsfache anwachsen.

Der Weg zum einheitlichen kommunistischen Eigentum Nach sowjetischer Auffassung werden in der Periode des Aufbaus der kommunistischen Gesellschaft die Grenzen zwischen dem gegenwärtig noch bestehenden kollektivwirtschaftlichgenossenschaftlichen Eigentum und dem staatlichen Eigentum verschwinden.

Die Kollektivwirtschaften sollen sich in der Normung, Organisation und Vergütung der Arbeit immer mehr den Formen annähern, die sich in den staatlichen Betrieben herausgebildet haben. Die Kollektivbauern sollen ebenso wie die Arbeiter in den staatlichen Betrieben eine garantierte monatliche Vergütung, die gleichen Sozialleistungen (Urlaub, Renten usw.) erhalten. Eigene Bäckereien, Wäschereien, Kinderkrippen und -gärten, Clubs, Bibliotheken und Sportanlagen sollen die Gewähr dafür bieten, daß alle Bedürfnisse der Kolchosbauern von der Kollektivwirtschaft selbst völlig befriedigt werden können. Damit wird die gegenwärtig noch bestehende individuelle Nebenwirtschaft (das private Hofland) nach und nach ökonomisch überflüssig. Die Kolchosbauern werden sich dann überzeugen, daß es für sie nicht vorteilhaft ist, eine Hofwirtschaft zu haben, und freiwillig darauf verzichten.

Außerdem sollen die Kollektivwirtschaften in Zukunft sowohl enger untereinander als auch mit den örtlichen Staatsorganen zusammenarbeiten und sich nicht nur auf die Landwirtschaft konzentrieren, sondern gemeinsam Betriebe für die Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte, Bau-und Baustoffbetriebe, Kraftwerke sowie andere Produktionszweige organisieren, womit das genossenschaftlich-kollektivwirtschaftliche Eigentum allmählich den Charakter von Volks-eigentum annehmen wird und beide Eigentums-formen miteinander verschmelzen.

Die Überwindung der Unterschiede zwischen Stadt und Land Schon in seinen Frühschriften hatte sich Marx für die „Aufhebung des Gegensatzes von Stadt und Land“ ausgesprochen. Der Gegensatz zwischen Stadt und Land sei, laut Marx, „der krasseste Ausdruck der Subsumtion des Individuums unter die Teilung der Arbeit und unter eine bestimmte, ihm aufgezwungene Tätigkeit, eine Subsumtion, die den einen zum bornierten Stadttier, den anderen zum bornierten Land-tier macht und den Gegensatz der Interessen beider täglich neu erzeugt“ Auch Engels erklärte, in einer kommunistisch organisierten Gesellschaft würde „der Gegensatz zwischen Stadt und Land . .. verschwinden" Dies sei nicht nur möglich, sondern „eine direkte Notwendigkeit der industriellen Produktion selbst geworden“. Nur durch die Verschmelzung von Stadt und Land könne „die heutige Luft-, Wasser-und Bodenvergiftung beseitigt" werden und eine „möglichst gleichmäßige Verteilung der großen Industrie über das ganze Land“ erreicht werden Später hatte auch Lenin erklärt, um zum Kommunismus zu gelangen, müsse man „den Unterschied zwischen Stadt und Land ... aufheben“

Die Verwirklichung dieser Zielsetzung ist, nach sowjetischer Auffassung, in greifbare Nähe gerückt. Die Entwicklung der Mechanisierung und später auch Teil-Automatisierung der landwirtschaftlichen Arbeiten wird dazu führen, daß auf dem Lande immer mehr Betriebe entstehen, Fachkräfte, Ingenieure und Techniker auf das Land ziehen. Die Umwälzung der landwirtschaftlichen Produktion wird zu einer Umgestaltung der gesamten Lebensweise auf dem Dorf führen. Das traditionelle Antlitz des Dorfes wird sich allmählich dem der Stadt angleichen: die Kolchosdörfer werden sich in größere Ortschaften von städtischem Typus mit modern eingerichteten Wohnhäusern, kommunalen und sonstigen Dienstleistungsbetrieben, Kulturstät-ten und Einrichtungen des Gesundheitsschutzes verwandeln.

Diese neuen Siedlungen sollen, laut „Grundlagen des Marxismus-Leninismus", das Beste aus der jahrhundertealten Entwicklung der städtischen Zivilisation mit allem Positiven vereinigen, was das Dorf zu bieten hat. Auch im neuen Parteiprogramm wird erklärt, daß das Dorf „in bezug auf die Entwicklung der Produktivkräfte und den Charakter der Arbeit die Formen der Produktionsverhältnisse, die Lebensverhältnisse und den Wohlstand der Bevölkerung das Niveau der Stadt“ erreichen werde Diese Aufhebung der Unterschiede zwischen Stadt und Land gehört laut Parteiprogramm „zu den größten Ergebnissen des kommunistischen Aufbaus“

Die Verschmelzung der körperlichen und geistigen Arbeit Die allmähliche Überwindung der Unterschiede zwischen Stadt und Land steht nach sowjetischer Auffassung in engstem Zusammenhang mit dem Ziel, auch die geistige und körperliche Arbeit organisch zu verbinden.

Das Entscheidende ist zunächst die Wandlung des Charakters der Arbeit. Mit der Entwicklung der Mechanisierung und Automatisierung wird die weniger qualifizierte Arbeit mehr und mehr verdrängt. Die Arbeit in der Produktion wird aufhören, nur körperliche Arbeit zu sein, und immer mehr Elemente der geistigen Tätigkeit enthalten. Die Tätigkeit eines Arbeiters wird sich damit mehr und mehr der Tätigkeit eines Ingenieurs und Technikers annähern. Aus dem Arbeiter soll der Werktätige der zukünftigen kommunistischen Gesellschaft werden, der bewußte, gebildete, hochqualifizierte Spezialist, der gleichzeitig über einen breiten technischen Horizont verfügt und ein allseitig entwickelter und gebildeter Mensch ist.

Die Verschmelzung von geistiger und körperlicher Arbeit soll auch — in voller Übereinstimmung mit Marx und Engels — durch die Vereinigung der Schulbildung mit der materiellen Produktion, durch den polytechnischen Unterricht, gefördert werden. Schon Marx hatte erklärt, die zukünftige kommunistische Gesellschaft würde „den technologischen Unterricht, theoretisch und praktisch", in den Schulen einführen und „für alle Kinder über einem gewissen Alter produktive Arbeit mit Unterricht und Gymnastik verbinden" als einzige Methode zur Ausbildung „vollseitig entwickelter Menschen"

Die kommunistische Gesellschaft wird, laut Engels, die jungen Menschen mit allen Zweigen der industriellen Produktion bekannt machen und dadurch befähigen, „der Reihe nach von einem zum anderen Produktionszweig hinüber-zugehen, je nachdem die Bedürfnisse der Ge-Seilschaft oder ihre eigenen Neigungen sie dazu veranlassen". Der einseitige Charakter der Erziehung und Arbeit wird dadurch überwunden werden, und „die kommunistisch organisierte Gesellschaft" wird „ihren Mitgliedern Gelegenheit geben, ihre allseitig entwickelten Anlagen allseitig zu bestätigen" Audi Lenin erklärte, man könne sich das „Ideal der künftigen Gesellschaft nicht vorstellen ohne die Vereinigung des Unterrichts mit der Produktionsarbeit der jungen Generation"

Sowohl die Wandlung des Charakters der Arbeit als auch die polytechnische Erziehung werden nach sowjetischer Auffassung dazu führen, daß die Unterschiede zwischen geistiger und körperlicher Arbeit verschwinden. Die Arbeit in der materiellen Produktion wird immer mehr Elemente der geistigen und körperlichen Arbeit in sich vereinigen, und es wird ein neuer Typ der Arbeit entstehen, in dem sich sowohl die körperlichen als auch die geistigen Fähigkeiten des Menschen voll entfalten können.

Die klassenlose Gesellschaft Mit der Überwindung der Unterschiede zwischen Stadt und Land und der organischen Verbindung von geistiger und körperlicher Arbeit werden, nach sowjetischer Auffassung, auch die letzten Überreste der Klassengrenzen beseitigt und damit eine immer größere soziale Gleichartigkeit der Gesellschaft erreicht. Allerdings wird der Prozeß, in dem die Grenzen zwischen der Intelligenz einerseits, den Bauern und Arbeitern andererseits verschwinden, länger dauern als die Überwindung der Unterschiede zwischen Stadt und Land. Die Sowjetideologie stützt sich dabei auf den Hinweis Lenins, daß die Intelligenz „bis zur Erreichung der höchsten Entwicklungsstufe der kommunistischen Gesellschaft eine besondere Schicht bleiben" wird

Auch im neuen Parteiprogramm ist diese These verankert: „Mit dem Sieg des Kommunismus werden die geistige und die körperliche Arbeit in der Produktionsbetätigung der Menschen organisch miteinander verschmelzen. Die Intelligenz wird aufhören, eine besondere soziale Schicht zu sein, da die körperlich Arbeitenden kulturell und technisch das Niveau der Geistes-schaffenden erreichen werden. Somit macht der Kommunismus der Teilung der Gesellschaft in Klassen und soziale Schichten ein Ende“ Allerdings handelt es sich dabei, laut Chruschtschow, um einen allmählichen und langwierigen Prozeß, der erst „als Ergebnis des Aufbaus der vollständigen kommunistischen Gesellschaft vollzogen“ werde

Der Übergang nach dem Prinzip Jedem nach seinen Bedürfnissen"

Schließlich soll im Verlauf des Übergangs zum Kommunismus das Prinzip des Sozialismus „Jedem nach seiner Leistung" durch das neue Prinzip des Kommunismus „Jedem nach seinen Bedürfnissen" ersetzt werden.

Die Verwirklichung des Prinzips „Jedem nach seinen Bedürfnissen" ist wiederholt von Marx, Engels und Lenin als Merkmal der neuen kommunistischen Gesellschaft bezeichnet worden. So erklärte Marx, „eines der wesentlichsten Prinzipien des Kommunismus“ bestünde in dem Satz „Jedem nach Bedürfnis: daß, mit anderen Worten, die Verschiedenheit in der Tätigkeit, in den Arbeiten, keine Ungleichheit, kein Vorrecht des Besitzes und Genusses begründet“

Die kommunistische Gesellschaft werde, laut Marx, „auf ihre Fahnen schreiben: Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen" Die Erträge würden in einer kommunistischen Gesellschaft, laut Engels, so gesteigert, „daß die Befriedigung aller rationellen Bedürfnisse einem jeden in stets wachsendem Maße gesichert bleibt"

Auch Lenin hat erklärt, der Kommunismus würde das Prinzip „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen“ verwirklichen In der kommunistischen Gesellschaft werde es bei der Verteilung der Produkte „keine Normierung der jedem einzelnen zukommenden Menge“ mehr geben, „jeder wird frei nach seinen Bedürfnissen nehmen“

Diese Zielsetzung soll jetzt, laut sowjetischem Parteiprogramm, in der UdSSR verwirklicht werden.

Nach den Richtlinien des neuen Parteiprogramms sollen im nächsten Jahrzehnt, d. h. bis 1970, die Realeinkommen der Arbeiter und Angestellten durchschnittlich auf das Doppelte ansteigen. Die Realeinkommen der niedrig bezahlten Arbeiter und Angestellten sollen dabei so erhöht werden, daß es in der Sowjetunion keine minder bezahlten Kategorien von Arbeitern und Angestellten mehr geben wird. Im zweiten Jahrzehnt, d. h. bis 1980, soll das Realeinkommen der Arbeiter und Angestellten auf das Drei-bis Dreieinhalbfache, der Kollektivbauern um mehr als das Vierfache steigen.

Gleichzeitig sollen bis 1980 folgende Bedürfnisse unentgeltlich befriedigt werden: a) die Unterbringung der Kinder (auf Wunsch der Eltern) in Erziehungseinrichtungen oder Internatsschulen, b) die Bildung in allen Lehranstalten, c) die ärztliche Betreuung für alle Bürger einschließlich der Versorgung mit Medikamenten und der Sanatoriumsbehandlung von Kranken, d) die Benutzung der Wohnung, e) die Inanspruchnahme der kommunalen Dienste (Wasser, Gas und Heizung), f) die Benutzung der kommunalen öffentlichen Verkehrsmittel, g) das Mittagessen in den Betrieben und Büros sowie für die in der Produktion beschäftigten Kolchosbauern.

Ferner wird die „teilweise Unentgeltlichkeit“ der Benutzung von Erholungsheimen, Pensionen und Touristenherbergen in Aussicht gestellt.

Dies sind nach sowjetischer Auffassung die Voraussetzungen dafür, um „in der darauf folgenden Periode den Übergang zum kommunistischen Prinzip der Verteilung nach den Bedürfnissen zu vollenden" Allerdings kann dieses Programm nur „unter Verhältnissen des Friedens erfolgreich verwirklicht werden". Im Falle von internationalen Komplikationen, vor allem, wenn dadurch die militärischen Ausgaben erhöht werden müßten, könne sich die Verwirklichung dieser Ziele verzögern. Das „Absterben des Staates"

Der Übergang zum Kommunismus stellt schließlich die Frage, wie sich das Absterben des Staates, die Verwandlung des Staates in eine kommunistische Selbstverwaltung, vollziehen soll. Diese Frage hat der Sowjetideologie seit langem die größten Schwierigkeiten bereitet, weil Marx und Engels das Absterben des Staates als eines der wichtigsten Merkmale der von ihnen befürworteten klassenlosen Gesellschaft bezeichnet hatten.

So hatte Marx erklärt, daß an die Stelle der alten bürgerlichen Gesellschaft „eine Assoziation“ treten und es „keine politische Gewaltmehr geben“ werde. Sobald „alle Produktion in den Händen der assoziierten Individuen konzentriert" sei, „verliert die öffentliche Gewalt ihren politischen Charakter"

Dieser Gedanke ist auch wiederholt von Engels unterstrichen worden: „Schafft das Kapital, die Aneignung der gesamten Produktionsmittel in den Händen weniger, ab, so fällt der Staat von selbst.“ Später erklärte Engels noch bestimmter, „daß der politische Staat und mit ihm die politische Autorität im Gefolge der nächsten sozialen Revolution verschwinden werden", die öffentlichen Funktionen würden „ihren politischen Charakter verlieren und sich in einfache administrative Funktionen verwandeln"

Zwei Jahre später meinte er erneut, „daß mit der Einführung der sozialistischen Gesellschaftsordnung der Staat sich von selbst auflöst und verschwindet"

Im Zuge der gesellschaftlichen Umwälzung werde das Eingreifen der Staatsgewalt „auf einem Gebiet nach dem anderen überflüssig", und an die Stelle der Regierung über Personen „tritt die Verwaltung von Sachen und die Leitung von Produktionsprozessen. Der Staat wird nicht abgeschafft, er stirbt ab“ Die neue Gesellschaft „versetzt die ganze Staatsmaschine dahin, wohin sie dann gehören wird: ins Museum der Altertümer, neben das Spinnrad und die bronzene Axt" Ähnlich wie Marx und Engels meinte auch Lenin, der Sozialismus, der die Klassengesellschaft aufhebt, „führt damit zugleich zur Aufhebung des Staates“ Allerdings würde dies erst in einer höheren Phase der sozialistischen Gesellschäft erfolgen: „Der Staat stirbt ab, sowie es keine Kapitalisten, keine Klassen mehr gibt und man daher auch keine Klasse mehr unterdrücken kann . . . Zum vollständigen Absterben des Staates bedarf es des vollständigen Kommunismus . . . Die ökonomische Grundlage für das vollständige Absterben des Staates ist eine so hohe Entwicklung des Kommunismus, daß der Gegensatz von geistiger und körperlicher Arbeit verschwindet, folglich eine der wichtigsten Quellen der heutigen gesellschaftlichen Ungleichheit beseitigt wird . . . Wir sind daher auch nur berechtigt, von dem unvermeidlichen Absterben des Staates zu sprechen. Dabei betonen wir, daß dieser Prozeß von langer Dauer ist und vom Entwicklungstempo der höheren Phase des Kommunismus aphängt . . .“

Nach dem Tode Lenins, mit der Herausbildung und Festigung der neuen herrschenden Schicht in der Sowjetunion, geriet die tatsächliche Entwicklung immer mehr in Widerspruch zu der ursprünglichen These vom „Absterben des Staates“. Die Entwicklung in der Sowjetunion seit Ende der zwanziger Jahre führte zur Herausbildung einer zentralistischen Staatswirtschaft und der Entstehung einer neuen herrschenden Schicht, die im Namen des „Sozialismus“ alle Bereiche des politischen, wirtschaftlichen, militärischen und geistigen Lebens diktatorisch bestimmte.

Unter diesen Umständen blieb die Staatsmacht nicht nur beibehalten, sondern wurde weiter ausgebaut und verstärkt — nicht mehr als Instrument der Herrschaft der alten Grundbesitzer und kapitalistischen Unternehmer, sondern als Instrument der neuen herrschenden Schicht.

Stalin hat daher schon 1930 die Ideologie der neuen Realität angepaßt und die These vom Absterben des Staates im Interesse der neuen herrschenden Schicht der Sowjetunion revidiert. Die sowjetischen Kommunisten, erklärte Stalin, seien zwar grundsätzlich für das Absterben des Staates, „jedoch gleichzeitig für die Verstärkung der Diktatur des Proletariats, der stärksten und mächtigsten Staatsmacht, die jemals bestanden hat“. Stalin forderte dabei „höchste Entwicklung der Staatsmacht zur Vorbereitung der Bedingungen für das Absterben der Staatsmacht“

Der Staat würde, wie Stalin später ausführte, selbst bei der Erreichung der kommunistischen Gesellschaftsordnung noch bestehen bleiben: „Wird bei uns der Staat auch in der Periode des Kommunismus erhalten bleiben? Ja, er wird erhalten bleiben, wenn die kapitalistische Umkreisung nicht beseitigt . . . Nein, er wird nicht erhalten bleiben, sondern absterben, wenn die kapitalistische Umkreisung beseitigt, wenn sie durch eine sozialistische Umwelt abgelöst wird.“

Kurz vor seinem Tode vertrat Stalin die Auffassung, der Staat würde zwar absterben, aber an seiner Stelle würde „die Gesellschaft selbst in Gestalt ihres zentralen leitenden Wirtschaftsorgans“ das allgemeine Volkseigentum übernehmen — ohne zu erklären, worin sich das „zentrale leitende Wirtschaftsorgan" von einem Staat unterscheide.

Seit 1957, mit der immer stärkeren Betonung des „Übergangs zum Kommunismus“, versuchte Chruschtschow, zwischen der offenen Stalin-Revision des Marxismus und den ursprünglichen Thesen von Marx und Engels über das Absterben des Staates einen gewissen „Mittelweg" zu finden, eine Linie, die es gestatten sollte, gleichzeitig aber durch die Übergabe gewisser unwichtiger Staatsfunktionen an gesellschaftliche Organisationen sich der urprünglichen These von Marx und Engels über das Absterben des Staates anzunähern. Unter diesen Umständen wurde das „Absterben des Staates" wieder stärker betont: Chruschtschow, 7. Oktober 1957: „Wenn unsere Gesellschaft das Stadium des Kommunismus erreicht hat, werden nur diejenigen Institutionen bestehen bleiben, die zur Organisierung eines normalen Lebens der Gesellschaft notwendig sind, wie zum Beispiel zur weiteren Entwicklung von Industrie, Landwirtschaft, Kultur und Alltagsleben und ähnlichem."

Chruschtschow, 14. November 1957: „Wir sagten und sagen, daß die staatlichen Zwangsorgane allmählich absterben und schließlich ganz verschwinden werden, wie auch der Staat selbst absterben wird. Doch das wird natürlich nicht plötzlich geschehen, sondern allmählich, in einer bestimmten Entwicklungsetappe der kommunistischen Gesellschaft."

Chruschtschow, 31. Januar 1958: „Wenn in unserem Lande die Bedingungen für den Übergang zur kommunistischen Gesellschaft geschaffen sein werden, werden viele Organe des staatlichen Verwaltungsapparates allmählich verschwinden. Die Armee, das Gericht, die Staatsanwaltschaft und andere Organe werden aufhören zu bestehen."

Auf dem 21. Parteitag erklärte Chruschtschow, daß einige staatliche Funktionen von gesellt schaftlichen Organisationen übernommen werden könnten. Als Beispiele erwähnte er die Übergabe des städtischen Gesundheitswesens an die Gewerkschaften; der Sport solle nicht mehr vom Staatskomitee für Körperkultur, sondern von freiwilligen Sportorganisationen geleitet werden. Schließlich sollten neben der Polizei (Miliz) und den Gerichten auch gesellschaftliche Organisationen, wie z. B. die Kameradschafts-gerichte, zur Bekämpfung „antisozialer Handlungen" herangezogen werden.

Allerdings bedeute dies „keineswegs eine Schwächung der Rolle des sozialistischen Staates im Aufbau des Kommunismus". Das Absterben der Staatsorgane dürfe man sich „nicht vereinfacht als eine Art Blätterfall im Herbst vorstellen, wenn an dem Baum, nachdem das Laub gefallen ist, nur die kahlen Äste bleiben"

Das „Hinüberwachsen in die gesellschaftliche Selbstverwaltung"

Nach der gegenwärtig gültigen These der Sowjetideologie ist der sozialistische Staat in eine neue Phase eingetreten. Das Hinüberwachsen des Staates in eine „Volksorganisation der Werktätigen der sozialistischen Gesellschaft" habe begonnen. Die Diktatur des Proletariats habe ihre historische Ausgabe erfüllt und sei, vom Standpunkt der inneren Aufgaben in der Sowjetunion, nicht mehr notwendig. Sie sei zu einem „Staat des gesamten Volkes" geworden.

Im Verlaufe des Übergangs zum Kommunismus werden sich laut Parteiprogramm die Organe der Staatsgewalt allmählich in Organe der gesellschaftlichen Selbstverwaltung verwandeln. Dazu sind folgende Maßnahmen vorgesehen: 1. Größere Rechte für die örtlichen Organe. Während bisher auch viele lokale Fragen von höheren Dienststellen entschieden worden sind, sollen in Zukunft die örtlichen Sowjets der Deputierten der Werktätigen alle Fragen von örtlicher Bedeutung entscheiden. Die ständigen Kommissionen bei den Sowjets sollen größere Rechte erhalten. 2. Größere Kompetenzen für die gesellschaftlichen Organisationen. Die gesellschaftlichen Organisationen, d. h. die Gewerkschaften (55 Millionen Mitglieder), der Kommunistische Jugendverband (19 Millionen Mitglieder) und andere Vereinigungen sollen immer mehr an der Verwaltung der Kultur und Einrichtungen des Gesundheitsschutzes teilnehmen. Die bisher vom Staat verwalteten Bühnen, Clubs, Bibliotheken und anderen Kultur-und Bildungsstätten sollen „in den nächsten Jahren“ den gesellschaftlichen Organisationen übergeben werden. 3. Gesetzgeberische Initiative. Die gesellschaftlichen Organisationen sollen in Zukunft an der gesetzgeberischen Tätigkeit einen größeren Anteil nehmen. Die Leitungen der Gewerkschaften, des Kommunistischen Jugendverbandes (Komsomol) und anderer gesellschaftlicher Massenorganisationen sollen das Recht der gesetzgeberischen Initiative erhalten, d. h.der Einbringung von Gesetzesvorlagen. 4. Volksentscheid und Volksabstimmung. Die Entwürfe von Gesetzen und anderen Beschlüssen — sowohl von gesamtstaatlicher als auch von örtlicher Bedeutung — sollen den Werktätigen zur Diskussion unterbreitet werden. Für die wichtigsten Gesetzentwürfe ist eine allgemeine Volksabstimmung (Volksentscheid) vorgesehen.

Im Zuge dieser Maßnahmen sollen auch Planungs-und Wirtschaftsorgane allmählich ihren politischen Charakter ablegen und zu Organen der gesellschaftlichen Selbstverwaltung werden. In einer weiteren Entwicklung würden, laut Parteiprogramm, die Gewerkschaften, Genossenschaften und andere gesellschaftliche Organisationen der Werktätigen sich allmählich mit den Sowjets zur kommunistischen Selbstverwaltung vereinigen.

Auf diese Weise werde die weitere Entwicklung „unausbleiblich zum Absterben des Staates" führen, der Staatsapparat sich allmählich in eine gesellschaftliche Selbstverwaltung verwandeln.

Allerdings wird der Staat noch bis zum völligen Sieg des Kommunismus fortbestehen, denn er hat in der Periode des Übergangs zum Kommunismus noch folgende wichtige Funktionen: a) die materiell-technische Basis des Kommunismus zu schaffen, b) die sozialistischen Beziehungen in kommunistische umzuwandeln, c) das Maß der Arbeit und des Konsums zu kontrollieren, d) das sozialistische Eigentum zu sichern, e) die Bevölkerung im Geiste bewußter Disziplin und kommunistischen Verhaltens zur Arbeit zu erziehen, f) die Verteidigung des Landes garantieren, g) die außenpolitischen Funktionen der Sowjetunion wahrzunehmen.

Das völlige Absterben des Staates ist, laut Chruschtschow, erst zu einem späteren Zeitpunkt möglich: „Der Staat wird noch lange nach dem Sieg der ersten Phase des Kommunismus bestehenbleiben. Der Prozeß des Absterbens des Staates wird äußerst langwierig sein, wird eine ganze historische Epoche umfassen und erst dann vollendet sein, wenn die Gesellschaft völlig für die Selbstverwaltung reif geworden ist . . . Erst mit dem Aufbau der entwickelten kommunistischen Gesellschaft in der UdSSR und unter den Bedingungen des Sieges und der Festigung des Sozialismus auf dem Schauplatz des internationalen Welt-geschehens entfällt die Notwendigkeit eines Staates, und er wird absterben.“

Die Annäherung der Nationen Der Übergang zum Kommunismus ist nach sowjetischer Auffassung durch eine immer engere Vereinigung der verschiedenen in der Sowjetunion lebenden Völker gekennzeichnet. Diese Frage ist um so bedeutender, als es sich bei der Sowjetunion um einen sehr buntscheckigen Nationalitätenstaat handelt. Nach der Volkszählung vom Januar 1959 betrug die Zahl der Gesamtbevölkerung 208 827 000, davon 114 5 88 000 Russen. Die stärkste nichtrussische Nationalität sind die Ukrainer mit 36 981 000. Zehn weitere Nationalitäten in der Sowjetunion zählen jeweils über zwei Millionen Angehörige: die Bjelo-Russen (7 829 000), Usbeken (6 004 000), Tataren (4 969 000), Kasachen (3 581 000), Aserbaidshaner (2 929 000), Armenier (2 787 000), Grusinen oder Georgier (2 650 000), Litauer (2 326 000), Juden (2 268 000) und Moldauer (2 214 000). Außerdem bestehen in der Sowjetunion noch fünf Nationalitäten mit einer Bevölkerungsstärke von je zwischen einer und zwei Millionen: Deutsche (1 619000), Tschuwaschen (1 470000), Letten (1400 000), Tadshiken (1 379 000), Polen (1 380 000), Mordwinen (1 285 000) und Turkmenen (1 004 000)

Im Zuge der Entwicklung zum Kommunismus soll eine weitere Annäherung dieser in der Sowjetunion lebenden Nationen erfolgen. Vor allem durch den weiteren wirtschaftlichen Aufbau der UdSSR, das Entstehen neuer Industriezentren, die Erschließung neuer Bodenschätze, die Besiedlung der Neulandgebiete und den Ausbau des Verkehrsnetzes würden die verschiedenen Völker ihre Beziehungen zueinander enger gestalten. Damit werden auch die Grenzen zwischen den jetzt noch bestehenden 15 Unionsrepubliken der Sowjetunion ihre Bedeutung verlieren. Nach dem gegenwärtigen Stand sind die drei größten Republiken — die Russische Föderation (RSFRS), Ukraine und Bjelo-Rußland -vorwiegend slawisch bevölkert, außerdem bestehen drei kaukasische Republiken (Grusien, Aserbaidshan und Armenien), fünf mittelasia-tische (Turkmenistan, Usbekistan, Tadshikistan, Kasachstan und Kirgisien), drei baltische Unionsrepubliken, die erst durch Annexion im Jahre 1940 entstanden sind (Estland, Lettland, Litauen) und schließlich die ebenfalls erst 1940 entstandene, an Rumänien grenzende Moldauische Unionsrepublik.

Die Bedeutung dieser bisher stets hervorgehobenen Unionsrepubliken soll jetzt allmählich geringer werden. Als Begründung wird angeführt, daß die Bevölkerung der verschiedenen Unionsrepubliken ihr Leben auf der gleichen Grundlage aufbaut, die Sowjetvölker durch gemeinsame Lebensinteressen vereint seien und gemeinsam dem gleichen Ziel, dem Kommunismus, zustrebten.

Die Annäherung der verschiedenen Nationen findet, laut Sowjetideologie, auch ihren Ausdruck in einem stärkeren Erlernen der russischen Sprache. Immer mehr Menschen seien bereit, neben der Muttersprache auch freiwillig Russisch zu lernen. Unter diesen Bedingungen ist die russische Sprache, laut Parteiprogramm, zur „gemeinsamen Verkehrssprache" bzw., wie Chruschtschow es formulierte, zur „zweiten Muttersprache für die Völker der Sowjetunion“ geworden.

Im Zuge des Übergangs zum Kommunismus werden sich bei den Sowjetbürgern verschiedener Nationalitäten „gemeinsame Züge ihres geistigen Antlitzes“, gemeinsame Züge der kommunistischen Kultur, der Moral und der Lebensweise, herausbilden.

Ideologische und moralische Veränderungen Der Übergang zum Kommunismus soll auch durch die Heranbildung neuer Menschen gekennzeichnet sein. Die neuen Menschen sollen sich durch ein hohes politisches Bewußtsein und hohe Bildung auszeichnen.

Laut sowjetischem Parteiprogramm beruht der „Sittenkodex der Erbauer des Kommunismus“ auf folgenden Prinzipien

Treue zur Sache des Kommunismus, Liebe zur sozialistischen Heimat, zu den Ländern des Sozialismus: gewissenhafte Arbeit zum Wohle der Gesellschaft: Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen;

Sorge eines jeden für die Erhaltung und Mehrung des gesellschaftlichen Reichtums; hohes gesellschaftliches Pflichtbewußtsein, Unduldsamkeit bei Verstößen gegen die gesellschaftlichen Interessen;

Kollektivgeist und kameradschaftliche Hilfe: Einer für alle, alle für einen; humanes Verhalten und gegenseitige Achtung der Menschen: Der Mensch ist des Menschen Freund, Kamerad und Bruder; Ehrlichkeit und Wahrheitsliebe, sittliche Sauberkeit, Schlichtheit und Bescheidenheit im gesellschaftlichen wie im persönlichen Leben; gegenseitige Achtung in der Familie, Sorge für die Erziehung der Kinder;

Unversöhnlichkeit gegenüber Ungerechtigkeit, Schmarotzertum, Unehrlichkeit, Strebertum und Habgier;

Freundschaft und Brüderlichkeit aller Völker der UdSSR, Unduldsamkeit gegenüber nationalem Zwist und Rassenhader;

Unversöhnlichkeit gegenüber den Feinden des Kommunismus, des Friedens und der Völkerfreiheit: brüderliche Solidarität mit den Werktätigen aller Länder, mit allen Völkern.

Unter den Bedingungen des Übergangs zum Korimunismus und des Aufbaus der kommunistischen Gesellschaft sind folgende Maßnahmen auf dem Gebiet der ideologischen Schulung, Erziehung und Bildung vorgesehen: a) die ganze Bevölkerung soll im Geiste des wissenschaftlichen Kommunismus erzogen werden. Es soll erreicht werden, daß alle Werktätigen den Verlauf und die Perspektiven der internationalen Entwicklung gut verstehen, die Ereignisse in der Sowjetunion und in der internationalen Politik richtig beurteilen und ihr Leben bewußt auf kommunistische Weise gestalten. b) Alle Mitglieder der Sowjetgesellschaft sollen sich durch eine kommunistische Einstellung zur Arbeit auszeichnen. Unter diesem Begriff versteht die Sowjetideologie „die Bereitschaft und den Wunsch, gut zu arbeiten, und zwar nicht deswegen, weil jemand dazu antreibt, und nicht nur, weil davon der Verdienst abhängt, sondern auch aus tiefer Einsicht und dem Bewußtsein moralischer Verpflichtung“ c) Die Prinzipien der kommunistischen Moral sollen entwickelt und gefestigt werden. Zur kommunistischen Moral gehören nach sowjetischer Definition „die einfachen Normen der Sittlichkeit und Gerechtigkeit, die unter der Ausbeuteherrschaft bis zur Unkenntlichkeit entstellt“ sowie „die allgemein menschlichen moralischen Normen, die von den Volksmassen im Laufe der Jahrtausende im Kampf gegen die soziale Knechtschaft und sittliche Laster entwickelt wurden", darunter vor allem „die revolutionäre Moral der Arbeiterklasse". Beim Aufbau des Sozialismus und Kommunismus würde die kommunistische Moral durch neue Grundsätze und einen neuen Inhalt bereichert. 46 d) Die Überreste des Kapitalismus im Bewußtsein der Menschen sollen überwunden werden. Zu den Überresten der Vergangenheit gehören laut Sowjetideologie vor allem eine verantwortungslose Einstellung zum gesellschaftlichen Eigentum und zur Arbeit, Erscheinungen des Nationalismus, religiöse Vorurteile, Trunksucht, mangelnde Achtung vor der Frau, Lockerung der Moral und Undiszipliniertheit, Überreste der Eigentümermentalität, Aberglaube, Individualismus und Egoismus

Diese Überreste sind, wie jetzt zugegeben wird, nicht nur bei der älteren Generation, sondern auch bei einem Teil der Jugend vorhanden; vor allem deshalb, weil die sozialistischen Länder nicht durch eine undurchdringliche Mauer von der Welt des Kapitalismus getrennt sind und über die verschiedensten Kanäle bürgerliche Ideen, Ansichten und Gewohnheiten eindringen und auf ungefestigte Menschen eine gewisse Wirkung ausüben.

Der Kampf gegen die Überbleibsel des Kapitalismus im Bewußtsein und Verhalten der Menschen soll geführt werden durch die Einwirkung der öffentlichen Meinung, die Entwicklung von Kritik und Selbstkritik, die kollektive Verurteilung gesellschaftsfeindlichen Verhaltens und durch positive Beispiele in der Erfüllung der gesellschaftlichen Pflichten und im persönlichen Leben. e) In der Auseinandersetzung mit der Religion soll laut Parteiprogramm „geduldig ... die Unzulänglichkeit religiöser Glaubensvorstellungen erklärt werden". Religiöse Vorstellungen sind „in der Vergangenheit entstanden, als die Menschen unter dem Druck der blinden Naturgewalten und in sozialer Knechtschaft lebten und die wahren Ursachen der Erscheinungen in Natur und Gesellschaft nicht kannten“. Gestützt auf die Erkenntnisse der modernen Wissenschaft sollen jetzt die Menschen im Geiste der wissenschaftlich-materialistischen Weltanschauung erzogen werden mit dem Ziel, „religiöse Vorurteile zu überwinden, ohne zu dulden, daß die Gefühle der Gläubigen verletzt werden“ f) Das Bildungsniveau der Bevölkerung soll gehoben werden. Alle Arbeiter und Bauern sollen das Niveau der Intelligenz erreichen. Während des nächsten Jahrzehnts (d. h. bis 1970) soll die elfjährige polytechnische Oberschulbildung für alle Kinder im schulpflichtigen Alter eingeführt werden. Bis 1980 soll, laut Chruschtschow, „die Masse der Mitglieder der Gesellschaft“ — worunter offensichtlich die Mehrheit der Bevölkerung zu verstehen ist — eine Hochschulbildung oder zumindest abgeschlossene elfjährige Ober-schulbildung erhalten. 47 Die Rolle der Partei Die kommunistische Gesellschaft entsteht nach sowjetischer Auffassung nicht spontan, sondern kann nur durch die bewußte und auf dieses Ziel gerichtete Tätigkeit der von der marxistischleninistischen Partei geführten Bevölkerung errichtet werden. Die Partei hat dabei die Aufgabe, die wissenschaftlich fundierten Wege des Fortschritts aufzuzeigen, in der Bevölkerung die Energien zu wecken und sie auf die Lösung der wichtigsten Aufgaben zu konzentrieren. Die marxistisch-leninistische Partei muß den gesamten Aufbau richtig leiten und ihm einen organisierten, planmäßigen, wissenschaftlich fundierten Charakter verleihen.

Die Rolle der Partei wird im Übergang zum Kommunismus noch größer, a) weil die Aufgaben des kommunistischen Aufbaus immer größere Maßstäbe annehmen und immer komplizierter werden und daher ein höheres Niveau der politischen und organisatorischen Leitung notwendig ist;

b) weil Millionen Werktätige zur Verwaltung des Staatsapparates und der Produktion herangezogen werden müssen;

c) weil die gesellschaftlichen Organisationen eine zunehmende Bedeutung erlangen und die Rechte der örtlichen Organe erweitert werden; d) weil die Theorie und Propaganda des wissenschaftlichen Kommunismus eine wachsende Bedeutung erhält, die kommunistische Erziehung der Werktätigen und der Kampf gegen die Überwindung der Überreste der Vergangenheit im Bewußtsein der Menschen verstärkt geführt werden muß.

Um diese Aufgaben lösen zu können, weiden ar die Partei auch erhöhte Anforderungen gestellt. Sie soll in der Organisierung ihres innerparteilichen Lebens beispielgebend sein, ein Vorbild für die kommunistische Selbstverwaltung geben, die Prinzipien der kollektiven Fülrung einhalten und ihre Verbindungen zur Bevölkerung ausbauen und vertiefen. Daher sollen in Zukunft die Parteilosen stärker an die politische Arbeit herangezogen und die widttigsten Fragen der Innen-und Außenpolitik der gesamten Bevölkerung unterbreitet werden.

Der Übergang zum Kommunismus im Ostblock Es bleibt die Frage, ob die Sowjetunion allein die kommunistische Gesellschaft aufbauen wird (wahrend die übrigen Ostblockstaaten noch auf der osten Stufe, dem Sozialismus, stehen), oder ob alle Ostblockstaaten gemeinsam das kommunistische Endziel erreichen.

Diese Frage ist besonders im Hinblick auf die großen Unterschiede zwischen der Sowjetunion und den mit ihr verbündeten kommunistischen Ländern Osteuropas auf der einen und dem kommunisrischen China mit den asiatischer „Volksdemokratischen Ländern" Nord-Vietnam. Nord-Korea und der Äußeren Mongolei auf der anderen Seite von großer Bedeutung.

Während des ersten Konflikts zwischen Moskau und Peking im Herbst 1958 — als die h. nesischen KP-Führer den Anspruch erhoben, durch ihre Vollskommunen direkt zum Kommunismus überzugehen -wurde in der Sowjetunion folgende Lösung vorgeschlagen: Zunächst würden alle europäischen Ostblockstaaten (mit der Sowjetunion an der Spitze) den Kommunismus erreichen; später würden die asiatischen Ostblockstaaten, d. h. China, Mongolei, Nord-Korea und Nord-Vietnam, nahfolgen

Auf dem 21. Parteitag vertrat Chruschtschow jedoch die Auffassung, „daß die Länder des Sozialismus unter erfolgreiher Ausnutzung der der sozialistischen Ordnung innewohnenden Möglihkeiten mehr oder minder gleihzeitig in die höhere Phase der kommunistishen Gesellschaft übergehen werden' Diese These wurde damit begründet, daß im Ostblock ein „Gesetz der planmäßigen proportionalen Entwicklung wirksam sei“, wodurch die in der Vergangenheit wirtschaftlich zurückgebliebenen Länder, gestützt auf die Zusammenarbeit im gesamten Ostblock, ihre Wirtshaft und Kultur rasch auf das Niveau der wirtschaftlich entwickelten Länder bringen können. Die Ende 1959 und vor allem 1960 stärker hervortretenden Divergenzen innerhalb des Ostblocks führten dazu, daß das neve Parteiprogramm wieder die unterschiedliche Entwicklung der einzelnen Ostbiock-Staaten be ausstellte. Danah kann „der Eintritt dieser Länder in die Periode des umfassenden kommunistishen Aufbaus niht gleihzeitig“ erfolgen. Es ist lediglich möglih, gestützt auf die Zusammenarbeit, die „Fristen des sozialistishen Aufbaus abzukürzen''. Damit besteht die „Perspektive ihres mehr oder minder gleichze: -tigen Übergangs zum Kommunismus innerha! b derselben geshihtlihen Epoche".

Kurzer Kommentar Die Tbesen vom „umfassenden Aufbau der komn. unistischen Gesellschaft" dienen dem Ziel, die gegenwärtige und zukünftige Entwicklung der Sowjetunion bis 1980 ideologish zu begründen. Vor allem soll damit das Weiterbestehen der Herrschaft des Parteiapparates über alle Lebensbereihe der sih entwickelnden modernen so-

wjetischen Industriegesellschaft gerechtfertigt werden. Die Thesen haben ferner das Ziel, die gegenwärtige und zukünftige Entwicklung der UdSSR als Vorbild für alle übrigen Ostblockstaaten hinzustellen, um damit die rührende Rolle der Sowjetunion innerhalb des Ostclohs und der kommunistishen Weltbewegung ideelogisch zu verankern. Die heutige Sowjetlehre vom „umfassenden Aufbau der kommunistishen Gesellschaft" zeigt erneut, wie weit sih die gegenwärtige Sowjetideologie von den ursprünglichen Auffassungen von Marx und Engels entfernt hat. Viele der von der Sowjetideologie aufgezeigten Maßnahmen des „umfassenden Aufbaus der kommunistishen Gesellschaft" waren bei Marx und Engels bereits für den Übergang zum Sozialismus vorgesehen. Nah Marx und Engels sollte unmittelbar nah einer sozialistischen Umgestaltung die Staatsmaht absterben. Die heutige Sowjetideologie verkündet im Parteiprogramm vom Oktober 1961 — 44 Jahre nah einer sozialistishen Umwälzung! —, daß der Staat immer noh erhalten bleiben müsse. Marx und Engels sahen das Staatseigentum nur als vorübergehende Form während der Umwälzung selbst an. Unmittelbar danah sollte es durch die Selbstregierung der Produzenten, Arbeiterassoziationen und Genossenshaftsverbände ersetzt werden. Die heutige Sowjetideologie beschäftigt sich dagegen 44 Jahre nah einer sozialistishen Umwälzung mit der Frage, wie ein Staatseigentum mit kollektivwirtshaftlih-genossenschaftlihem Eigentum zu vershmelzen sei. Marx und Engels bezeichneten die Überwindung der Untershiede zwishen Stadt und Land und zwischen geistiger und körperliher Arbeit als unmittelbare Übergangsmaßnahmen der sozialistishen Umwälzung. Die heutige Sowjetideologie hat diese Problematik auf die höhere Phase des Kommunismus vershoben.

Von unmittelbarem politischem Interesse ist jedoh vor allem die Frage, ob die von der Sowjet-ideologie vorgezeichneten ökonomishen, polishen, sozialen und geistigen Zielsetzungen verwirkliht werden können.

Nah den ökonomishen Zielsetzungen des sowjetishen Parteiprogramms soll zunähst die Sowjetunion die USA in der Produktion pro Kopf der Bevölkerung bis 1970 überflügeln und bis 1980 das gegenwärtige Gesamtvolumen der Industrie der USA weit hinter sih lassen. Die Arbeitsproduktivität in der Industrie soll in 20 Jahren doppelt so hoch sein wie gegenwärtig in den USA. Als Erklärung dafür, daß dies möglich sei, werden von sowjetischer Seite zwei Argumente angeführt: erstens habe sich die Sowjetunion bereits heute in der Produktion einzelner Industriezweige dem amerikanischen Stand genähert, und zweitens weise die Sowjetwirtschaft eine höhere Wachstumsrate auf und könne die USA somit relativ bald — nämlich im Jahre 1970 — überflügeln.

Beide Beweisführungen aber stehen auf schwachen Füßen. Die sowjetischen Vergleichsziffern über die Wirtschaftsproduktion der UdSSR und der USA sind schon deshalb nicht objektiv, weil die sowjetische Statistik auf der Ermittlung der Brutto-Produktion basiert, während in den westlichen Ländern stets die Netto-Produktion bekanntgegeben wird. In den westlichen Ländern werden nur die Endprodukte von der Statistik erfaßt, in der Sowjetunion dagegen alle erzeugten Produkte zusammengezählt, ohne diejenigen, die bereits für die Produktion von anderen Waren verwandt wurden, wieder abzuziehen. Diese sowjetischen Doppelzählungen geben daher ein völlig falsches Bild über die wirkliche wirtschaftliche Situation. Dieses Problem ist auch in der Sowjetunion selbst bekannt. So hat der sowjetische Wirtschaftstheoretiker Professor Strumilin nachgewiesen, daß z. B. die Netto-Produktion der sowjetischen Industrie im Jahre 1952 weniger als ein Drittel der offiziellen Brutto-Produktion betragen habe. Je mehr sich die sowjetische Wirtschaft entwickelt, um so mehr fallen auch diese statistischen Doppelzählungen ins Gewicht, so daß sich die statistischen Angaben immer mehr von der wirklichen Entwicklung der sowjetischen Wirtschaft entfernen

Außerdem muß in Betracht gezogen werden, daß selbst die offiziell angegebenen Brutto-Produktionsziffern — wie später manchmal von Sowjet-führern selbst zugegeben wird — nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmen. Nur ein Beispiel von vielen: Auf dem 19. «Parteitag im Oktober 1952 war erklärt worden, die Brutto-Getreideernte in der Sowjetunion habe 1952 acht Milliarden Pud (128 Millionen Tonnen) betragen Sechs Jahre später erklärte Chruschtschow auf einer Plenarsitzung des Zentral-komitees, in Wirklichkeit seien 1952 nicht acht, sondern nur 5, 6 Milliarden Pud Getreide erzeugt worden d. h., die früheren Ziffern waren um 30 Prozent zu hoch angegeben worden. Die Tatsache, daß Chruschtschow auf dem Januarplenum 1961 und bei vielen anderen Anlässen Partei-, Staats-und Wirtschaftsfunktionäre rügte, weil sie falsche wirtschaftliche Erfolgsberichte abgegeben hatten und Statistiken fälschten, zeigt, daß solche Erscheinungen nicht vereinzelt sind.

Auch die zweite sowjetische Beweisführung für die Möglichkeit, die USA bis 1970 zu überflügeln — der Vergleich der Jahreswachstumsraten zwischen beiden Ländern —, muß mit Skepsis betrachtet werden. Um bis 1970 Amerika zu überflügeln und die anderen wirtschaftlichen Zielsetzungen des Parteiprogramms zu erreichen — bis 1970 die Industrieproduktion auf das Zweieinhalbfache und bis 1980 auf das Sechsfache zu steigern —, müßte, laut Boris Meißner, die sowjetische Brutto-Industrieproduktion bis 1980 um jährlich 9, 4 Prozent steigen.

Diese Jahreszuwachsrate übersteigt offensichtlich die wirtschaftlichen Möglichkeiten der UdSSR; es wird völlig außer acht gelassen, daß mit der Aufwärtsentwicklung der sowjetischen Wirtschaft die Erhöhung um jedes Prozent immer größere Investitionen, Anstrengungen und Erzeugnisse erfordern wird und damit die Jahreszuwachsraten sinken. Dies ist auch durch die bisherige sowjetische Wirtschaftsentwicklung bestätigt worden. So sank die Zuwachsrate von 19, 2 Prozent während des ersten Fünfjahrplans (1928— 32) auf 17, 1 Prozent während des zweiten Fünfjahrplans (1933— 37), auf 13— 14 Prozent in den weiteren Fünfjahrplänen, auf 10 Prozent während des sechsten Fünfjahrplans (1955 bis 1960) und schließlich auf 8, 6 Prozent im Siebenjahrplan (1959 bis 1965)

Andererseits wird die amerikanische Wachstumsrate stets zu niedrig angesetzt und meist nur mit 2 Prozent beziffert. Als Grundlage dafür gelten Angaben für die USA aus dem Jahre 195 8.dem Jahr der Rezession, als die USA die verhältnismäßig geringste Aufwärtsentwicklung aufwiesen. In Wirklichkeit liegt die durchschnittliche amerikanische Wachstumsrate bedeutend höher, nämlich etwa bei 3, 6 Prozent. Selbst wenn es der Sowjetunion gelingen sollte, die Industrieproduktion bis 1970 auf das Zweieinhalbfache zu steigern, würde in einem solchen Fall die Sowjetunion im Jahre 1970 keineswegs die USA überflügelt haben, sondern lediglich 65 Prozent der USA-Industrieproduktion und, pro Kopf der Bevölkerung, nur etwa 50 Prozent erreicht haben

Laut Professor Campbell würden bei einer sowjetischen Wachstumsrate von 7 Prozent und einer amerikanischen von 4 Prozent 32 Jahre vergehen, bis die Sowjetunion die USA in der Produktion pro Kopf der Bevölkerung einholen könnte — an Stelle der 10 Jahre, die das sowjetische Parteiprogramm vorsieht.

Wie überhöht die sowjetische Zielsetzung ist, bis 1970 die amerikanische Industrieproduktion pro Kopf der Bevölkerung überholt zu haben, so überhöht sind auch die übrigen wirtschaftlichen Zielsetzungen für die Erreichung des Kommunismus. Dies ist besonders aus den Zielsetzungen bei der Landwirtschaft und der Arbeitsproduktivität ersichtlich. So soll sich, laut Parteiprogramm, die landwirtschaftliche Produktion bis 1970 auf das Zweieinhalbfache, bis 1980 auf das Dreieinhalbfache gegenüber 1960 erhöben, die Arbeitsproduktivität in der Landwirtschaft bis 1970 auf das zweieinhalbfache, bis 1980 auf das Fünf-bis Sechsfache steigen. Dies würde eine jährliche Steigerung der landwirtschaftlichen Arbeitsproduktivität um 9, 6 Prozent (bis 1970) und um 7— 9 Prozent (bis 1980) bedeuten.

Dazu muß in Betracht gezogen werden, daß die landwirtschaftliche Produktion im Jahre 1960 nur etwa das Eineinhalbfache des Standes von 1913 ausmachte. Die Arbeitsproduktivität wuchs in 20 Jahren, von 1940 bis 1960, bei den Kolchosen pro Jahr um 3, 3 Prozent, bei Sowchosen um 1, 7 Prozent. Ähnlich problematisch sieht die Situation bei der Arbeitsproduktivität aus: Bis 1970 soll diese in der Industrie auf mehr als das Doppelte und bis 1980 auf das Vier-bis Viereinhalbfache erhöht werden. Dies würde eine jährliche Steigerung von etwa 8— 9 Prozent bedeuten, eine Zielsetzung, die — laut Boris Meißner — die fallende Tendenz der Arbeitsproduktivität außer acht läßt (1 955: 1 1 Prozent, 1956: 7 Prozent; 1957: 6, 5 Prozent; 1958: 5, 6 Prozent; 1960: 5 Prozent) und darüber hinaus ignoriert, daß die 1960 erfolgten Verkürzungen der Arbeitszeit sich bereits negativ auf die Arbeitsproduktivität ausgewirkt haben

Alle diese und viele anderen Tatsachen müssen bei der Beurteilung des 10-bzw. 20-Jahrplans des sowjetischen Parteiprogramms in Betracht gezogen werden. Es handelt sich dabei keineswegs nur um wirtschaftliche Fragen, da diese Zielsetzungen gleichzeitig als Voraussetzungen für die sozialen und politischen Veränderungen zur Erreichung des kommunistischen Endziels gedacht sind. Die verspätete Erfüllung der wirtschaftlichen Ziele würde unweigerlich auch die anderen vorgesehenen Maßnahmen (wie z. B. die Überwindung der Unterschiede zwischen Stadt und Land und zwischen geistiger und körperlicher Arbeit sowie vor allem die Verwirklichung des Prinzips „Jedem nach seinen Bedürfnissen") beeinflussen.

Die Thesen über das „Absterben des Staates“ zeugen von dem Bestreben der Sowjetunion, diesen Prozeß weiter hinauszuschieben. Die Erklärung, die Diktatur des Proletariats habe ihre Aufgabe erfüllt und der Sowjetstaat sei zu einem „Staat des gesamten Volkes" geworden, ist wohl mehr eine Veränderung in Worten als in der Realität. Die praktischen Maßnahmen für die allmähliche Verwandlung des Staates in eine gesellschaftliche Selbstverwaltung besagen lediglich, daß einige unwichtigere Funktionen der Staatsmacht abgegeben, die zentralen Machtpositionen dagegen beibehalten werden.

Die verkündete „Annäherung der Völker" der Sowjetunion während des Übergangs zum Kommunismus bedeutet nichts anderes als das Bestreben, unter ideologischer Verschleierung den Prozeß der Russifizierung der nichtrussischen Völker der Sowjetunion fortzusetzen und zu verstärken.

Die dargelegten ideologisch-erzieherischen Maßnahmen zur Erreichung des kommunistischen Endziels — die Erziehung der gesamten Bevölkerung im Geiste des „wissenschaftlichen Kommunismus“, die kommunistische Einstellung zur Arbeit, die Prinzipien der kommunistischen Moral und die Überwindung der „Überreste des Kapitalismus“ im Denken — lassen ähnlich große Probleme der Sowjetführung erkennen wie bei den wirtschaftlichen Zielsetzungen.

Nach der ursprünglichen Auffassung von Marx und Engels würde mit der Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse auch die menschliche Persönlichkeit frei werden. Das Teilindividuum würde „durch das total entwickelte Individuum" ersetzt, „für welches verschiedene gesellschaftliche Funktionen einander ablösende Betätigungsweisen sind“ Mit der Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse „beginnt die menschliche Kraftentwicklung, die sich als Selbstzweck gilt, das wahre Reich der Freiheit“ Die Arbeit würde unter diesen Verhältnissen „aus einer Last eine Lust“ weil eine „freiwillige produktive Tätigkeit der höchste Genuß ist, den wir kennen"

Die 44jährige Entwicklung der Sowjetgesellschaft, darunter die ökonomische, politische und soziale Unterordnung der Werktätigen unter eine neue herrschende Schicht, hat jedoch dazu geführt, daß die Menschen der heutigen Sowjet-gesellschaft keineswegs die Züge aufweisen, wie sie von Marx und Engels entworfen wurden. So sieht sich die heutige Sowjetführung genötigt, durch ein gewaltiges Programm der ideologischen Erziehung und auch durch Mittel des Drucks („Anti-Parasiten-Gesetz", „Kameradschaftsge57 richte“ usw.) zu versuchen, den Menschen jene Eigenschaften anzuerziehen, die die sowjetische Führung zur Verwirklichung des kommunistischen Endziels braucht. Mit keinem Wort wird dabei erwähnt, daß die zu bekämpfenden negativen „Überreste des Kapitalismus" ihre Ursache keineswegs in dem längst vergangenen Kapitalismus haben, sondern unter den Bedingungen der neuen Sowjetgesellschaft selbst entstanden sind. Die von der Sowjetideologie ausgedrückte Hoffnung, bis zum Jahre 1980 die Menschen weitgehend umerzogen zu haben, zeugt von der Annahme, man könne Menschen genauso schnell verändern wie Fabriken und Elektrizitätswerke errichten. Die ideologisch-erzieherischen Zielsetzungen müssen daher nicht weniger skeptisch betrachtet werden als die im Parteiprogramm niedergelegten Wirtschaftsaufgaben.

Unter diesen Umständen erscheint es gleichzeitig verständlich und bezeichnend, daß die Rolle der Partei in der Periode des „umfassenden Aufbaus der kommunistischen Gesellschaft" nicht etwa verringert, sondern sogar verstärkt werden soll — ein deutliches Zeichen dafür, daß diese Thesen, machtpolitisch gesehen, letzten Endes dem Ziel dienen, die Herrschaft des Parteiapparates über die entstehende sowjetische Industriegesellschaft zu verankern und zu erweitern.

II. Die zukünftige kommunistische Gesellschaft

Abbildung 2

Sobald der Übergang zum Kommunismus — oder, wie es jetzt manchmal heißt, der „entfaltete Aufbau des Kommunismus“ — beendet ist, wird das Endziel erreicht: die kommunistische Gesellschaftsordnung.

Bis vor wenigen Jahren war es üblich, sich auf einige allgemeine Hinweise über die zukünftige Gesellschaftsordnung zu beschränken. Erst in den letzten Jahren, vor allem nach dem 21. Parteitag (Frühjahr 1959), haben bekannte Sowjet-ideologen unter der Devise „wissenschaftliche Prophezeiung“ versucht, Einzelfragen über das Leben in der zukünftigen kommunistischen Gesellschaft zu beantworten.

Die nachfolgende Schilderung stützt sich auf das Kapitel „Die kommunistische Gesellschaft“ im Lehrbuch „Grundlagen des Marxismus-Leninismus“ und auf 43 Aufsätze sowjetischer Ideologen über das Leben in der zukünftigen Gesellschaft, in denen folgende Fragen behandelt werden:

Wie werden sich die Menschen der zukünftigen kommunistischen Gesellschaft zur Arbeit verhalten? Was werden sie in ihrer Freizeit tun? Wie wird sich ihr Tagesablauf abspielen? Wie wird die Verteilung der Produkte nach den Bedürfnissen erfolgen? Wird es, und wenn ja, in welchem Umfang noch persönliches Eigentum im Kommunismus geben? Welche Aufgabe wird die gesellschaftliche kommunistische Selbstverwaltung nach dem Absterben des Staates haben? Wie wird die Rolle der Partei in der zukünftigen kommunistischen Gesellschaft sein, und wann wird mit dem Absterben der Partei zu rechnen sein? Wie werden die Menschen in einer kommunistischen Gesellschaft wohnen? Wie wird sich ihr Familienleben abspielen? Wie werden die Charakterzüge des Menschen der kommunistischen Zukunft sein? Wie wird es nach dem Sieg des Kommunismus in der ganzen Welt zu einer einheitlichen Wirtschaft, Kultur und Sprache kommen? Und schließlich: Was wird geschehen, nachdem der Kommunismus bereits gesiegt hat?

Marx, Engels und Lenin über die kommunistische Gesellschaft Nach Auffassung von Marx und Engels würde, wie bereits früher erwähnt, eine kommunistische Gesellschaft durch folgende Merkmale gekennzeichnet sein: a) Form von Arbeiterassoziationen und Produktionsgenossenschaften, b) klassenlose Gesellschaft, Abschaffung jeder Form von Ausbeutung und Unterdrückung, c) Nichtvorhandensein einer Staatsmacht, da der Staat, laut Marx und Engels, bereits unmittelbar nach dem Sieg der Revolution abstirbt bzw. . einschläft", d) Überwindung der Unterschiede von Stadt und Land, e) Aufhebung der Arbeitsteilung und Überwindung der Unterschiede zwischen geistiger und körperlicher Arbeit, f) Erlangung eines genossenschaftlichen Reichtums, der die Verteilung aller Produktion nach dem Prinzip „Jedem nach seinen Bedürfnissen“ ermöglicht.

Marx und Engels hatten die Überwindung der Arbeitsteilung und die Befreiung der menschli-chen Persönlichkeit als das entscheidende Merk-mal der zukünftigen kommunistischen Gesellschaft bezeichnet. Sie stellten sich den Kommunismus als eine auf der Grundlage des Produktionsüberflusses beruhende freie kommunistische Gesellschaft und freie Persönlichkeit vor, eine Gesellschaft ohne Staat, ohne Klassen und Parteien: „Das Reich der Freiheit beginnt in der Tat erst da, wo das Arbeiten, das durch Not und äusere Zweckmäßigkeit bestimmt ist, aufhört";

dort »beginnt die menschliche Kraftentwicklung, die sich als Selbstzweck gilt, das wahre Reich der Freiheit."

Genaue Schilderungen darüber, wie die kommunistische Zukunftsgesellschaft im einzelnen zu verwirklichen sei, lehnten Marx und Engels ab, weil sie es für unrichtig hielten, darüber Spekulationen anzustellen. „Die Arbeiterklasse", erklärte Marx, „hat keine fix und fertigen Utopien durch Volksbeschluß einzuführen ... Sie hat keine Ideale zu verwirklichen; sie hat nur die Elemente der neuen Gesellschaft in Freiheit zu setzen, die sich bereits im Schoß der zusam-menbrechenden Bourgeoisiegesellschaft haben.“

Und Engels erklärte: „Wie eine zukünftige Gesellschaft die Verteilung des Essens und der Wohnungen regeln wird, darüber zu spekulieren, führt direkt in die Utopie.“

Auch die Sowjetideologie verzichtete — sowohl während der Lenin-als auch während der StalinÄra — auf jegliche Detailschilderung der kommunistischen Zukunft. Vor 1959 — dem Jahr des 21. Parteitages — hatte lediglich Leo Trotzki — der allerdings von der Sowjetideologie nicht zitiert wird — einmal folgende Gedanken über das Leben der Menschen in der kommunistischen Zukunft geäußert:

„Der Mensch, der imstande sein wird, Flüsse und Berge zu versetzen, Volkspaläste auf dem Gipfel des Mont-Blancs und auf dem Grunde des Atlantiks aufzubauen, der wird natürlich auch wissen, seinem Alltagsleben nicht nur Reichtum, Farbigkeit und Intensität, sondern auch höchste Dynamik zu verleihen . . . Der Mensch wird es sich zur Aufgabe machen, seiner eigenen Gefühle Herr zu werden, seine Instinkte auf den Gipfel des Bewußtseins zu heben, sie durchsichtig klar zu machen, Leitungsfäden vom Willen unter die Schwelle des Bewußtseins zu führen und sich selber damit auf eine höhere Stufe zu bringen, also einen höherstehenden gesellschaftlich-biologischen Typus oder, wenn man will, einen Übermenschen zu schaffen . . . Der Mensch wird unvergleichlich stärker, klüger, feiner werden. Sein Körper — harmonischer, seine Bewegungen — rhythmischer, seine Stimme — musikalischer; die Formen des Seins werden eine dynamische Theatralik gewinnen. Der menschliche Durchschnitt wird sich bis zum Niveau eines Aristoteles, Goethe, Marx erheben. Über diesen Berggrat werden sich neue Gipfel erheben.“

Die heutige Definition der kommunistischen Gesellschaft Viele Jahre hindurch galt in der Sowjetideologie die folgende Erklärung Stalins aus dem Jahre 1927 als offizielle Definition der kommunistischen Gesellschaft: „Will man in aller Kürze die Anatomie der kommunistischen Gesellschaft skizzieren, so wird das eine Gesellschaft sein: a) in der es kein Privateigentum an Produktionsinstrumenten und -mitteln, sondern nur gesellschaftliches, kollektives Eigentum an ihnen geben wird;

b) in der es keine Klassen und keine Staatsmacht, sondern Schaffende der Industrie und der Landwirtschaft geben wird, die sich als eine freie Assoziation der Werktätigen wirtschaftlich selbst verwalten werden; c) in der die Volkswirtschaft, nach einem Plan organisiert, auf der höchstentwickelten Technik sowohl in der Industrie als auch in der Landwirtschaft basieren wird; d) in der es keinen Gegensatz zwischen Industrie und Landwirtschaft geben wird;

e) in der man die Produkte nach dem Prinzip der alten französischen Kommunisten verteilen wird: Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen'; f) in der Wissenschaft und Kunst sich unter so günstigen Verhältnissen entwickeln werden, daß sie zur vollen Blüte gelangen werden; g) in der die Persönlichkeit, befreit von der Sorge um das Stüde Brot und von der Notwendigkeit, sich an die . Mächtigen dieser Welt'anzupassen, wirklich frei sein wird.“

Seit Mitte der dreißiger Jahre wurde die Definition der kommunistischen Gesellschaft verändert. Die noch 1927 von Stalin erwähnte „freie Assoziation der Werktätigen" fiel fort, und das „Absterben des Staates“ wurde dahingehend relativiert, daß der Staat im Kommunismus weiterbestehen und nur nach dem vollen Sieg des Kommunismus in der ganzen Welt absterben werde

Im neuen Parteiprogramm wird der Begriff „kommunistische Gesellschaft" folgendermaßen definiert: „Kommunismus ist eine klassenlose Gesellschaftsordnung, in der die Produktionsmittel einheitliches Volkseigentum und sämtliche Mitglieder der Gesellschaft sozial völlig gleich sein werden, in der mit der allseitigen Entwicklung der Individuen auf der Grundlage der ständig fortschreitenden Wissenschaft und Technik auch die Produktivkräfte wachsen und alle Springquellen des gesellschaftlichen Reichtums voller fließen werden, und wo das große Prinzip herrschen wird: Jeder nach seinen Fähigkeiten; jedem nach seinen Bedürfnissen.

Der Kommunismus ist eine hochorganisierte Gesellschaft freier arbeitender Menschen von hohem Bewußtsein, in der gesellschaftliche Selbstverwaltung bestehen wird, in der die Arbeit zum Wohle der Gesellschaft zum ersten Lebensbedürfnis für alle, zur bewußt gewordenen Notwendigkeit werden und jeder seine Fähigkeiten mit dem größten Nutzen für das Volk anwenden wird."

Die Menschen der zukünftigen Gesellschaft werden sich, laut Parteiprogramm, durch „hohes kommunistisches Bewußtsein, Arbeitsfreude, Disziplin und Ergebenheit gegenüber den Interessen der Gesellschaft“ auszeichnen. Im Kommunismus werden geistige und körperliche Arbeit organisch miteinander verschmelzen. Die Teilung der Gesellschaft in Klassen und soziale Schichten wird überwunden sein, und alle Menschen würden im Kommunismus „die gleiche Stellung in der Gesellschaft, das gleiche Verhältnis zu den Produktionsmitteln sowie gleiche Bedingungen der Arbeit und Verteilung haben.“

Die Bedürfnisse der Menschen werden „aus den gesellschaftlichen Fonds befriedigt". Der Staat wird durch eine gesellschaftliche Selbstverwaltung ersetzt sein.

Arbeit — das erste Lebensbedürfnis Nach Auffassung der Sowjetideologie wird in der kommunistischen Gesellschaft die Arbeit zur Gewohnheit und zum ersten Lebensbedürfnis eines jeden Menschen Dazu äußerte Chruschtschow: „Wenn in allen Zweigen der Produktion die Automatisierung eingeführt ist, wenn der Mensch zum Herr über die Maschine geworden ist, dann wird er weniger Zeit und Kraft für die Produktion von Existenzmitteln aufwenden müssen. Die Arbeit, die zuweilen noch schwer und ermüdend ist, wird zu einer Quelle der Freude und des Genusses für den gesunden, allseitig entwickelten Menschen."

Für die Verwandlung der Arbeit in das erste Lebensbedürfnis der Menschen spielen nach sowjetischer Auffassung sowohl objektive als auch subjektive Bedingungen eine Rolle.

Zu den objektiven Bedingungen gehört, daß in der automatisierten Produktion die Arbeiter von der unmittelbaren Ausführung von Arbeitsgängen befreit werden. Es bleibt ihnen nur die Funktion, Automaten und Geräte zu bedienen, sie einzustellen und die Programme für die technologische Produktion aufzustellen. Die Automatisierung führt damit zur Hebung des kulturell-technischen Niveaus der Werktätigen, zur Verwischung der Grenzen zwischen körperlicher und geistiger Arbeit. Die Menschen werden immer mehr von mechanischen Arbeiten befreit und erhalten damit größeren Raum zu einer schöpferischen Betätigung.

Außerdem werden damit die Arbeitszeit verringert und die Freizeit verlängert. Schon von 1968 an soll die Zahl der freien Tage — den Urlaub nicht eingerechnet — auf 110 pro Jahr ansteigen. Die Bürger der zukünftigen kommunistischen Gesellschaft werden nur noch 20 bis 25 Stunden in der Woche, d. h. 4 bis 5 Stunden pro Tag, tätig sein, später noch weniger

Neben diesen objektiven gibt es auch eine Reihe subjektiver Bedingungen. Mehr und mehr werden materielle Anreize durch moralische Stimulantien, durch kommunistische Antriebe zur Arbeit, ersetzt. Das kommunistische Bewußtsein wird wachsen und damit Anreize in den Vordergrund rücken, die nicht von der Lohnhöhe abhängig sind, wie etwa den Berufsstolz, Sorge um die Ehre des Betriebes, das Bestreben, mit der Arbeit dem Kommunismus und der Gesellschaft zu dienen. An Stelle der sozialistischen Arbeit, in der noch materielle Anreize eine große Rolle spielen, wird die „kommunistische Arbeit“ vorherrschen, d. h„ laut Lenin, „unbezahlte Arbeit für die Gesellschaft, die man leistet, nicht um eine bestimmte Dienstpflicht zu erfüllen, nicht um Anspruch auf gewisse Produkte zu erhalten, Arbeit, die nicht nach vorher festgelegten, gesetzlichen Normen geleistet wird, sondern freiwillige Arbeit, ohne Norm, ohne auf Entlohnung zu rechnen, ohne eine Vereinbarung über Entlohnung, Arbeit, die aus Gewohnheit, für das Gemeinwohl zu arbeiten, und aus der (zur Gewohnheit gewordenen) Erkenntnis von der Notwendigkeit der Arbeit für das Gemeinwohl geleistet wird“ Die Arbeit wird somit keine Last und keine Bürde mehr sein, sondern zu einer freien, freiwilligen Angelegenheit werden, zu einem inneren Bedürfnis. Sie wird, wie Engels es ausdrückte, „der höchste Genuß, den wir kennen“

Berufswahl und Freizeit Nach sowjetischer Auffassung wird sich im Kommunismus jeder Mensch seine Tätigkeit aussuchen, die seinen Neigungen und Fähigkeiten entspricht, und nach Wunsch seinen Arbeitsbereich wechseln. Die bisherige Arbeitsteilung, die den Menschen zwingt, sein ganzes Leben lang denselben Beruf auszuüben, wird im Kommunismus überwunden Jeder Arbeiter kann „nicht nur zu einem Meister in seiner Abteilung oder zu einem Meister in einer beliebigen Sportart werden, sondern auch zum Maschinenkonstrukteur, Künstler oder Gelehrten" Im Kommunismus wird „niemand mehr an einen bestimmten Beruf gefesselt sein“, der Kommunismus zerschlägt „die Reste der alten Arbeitsteilung, die den Menschen zum Sklaven erniedrigt" und schafft die Voraussetzungen dafür, daß „niemand sein Leben lang an ein und denselben Beruf gebunden ist“

Allerdings wird es auch in der kommunistischen Gesellschaft noch eine Spezialisierung geben, denn der Kommunismus bedingt nicht die völlige Abschaffung der Berufe. Beim heutigen Stand der Wissenschaft und Technik kann kein Mensch gleichzeitig ein versierter Wissenschaftler und Fachmann auf vielen Gebieten sein. Es wird aber eine freie Berufswahl geben und die Möglichkeit, sich in mehreren, eng miteinander zusammenhängenden Zweigen zu spezialisieren Die Arbeit im Kommunismus wird zu einer soldien Freude werden, daß auch Erholung und Urlaub nicht mehr mit der Vorstellung eines Müßiggangs verknüpft sein werden. Viele Menschen werden den Wunsch haben, sich neben ihrer beruflichen Tätigkeit, die nur wenige Stunden pro Tag in Anspruch nimmt, auf dem Gebiet der Wissenschaft, des Erfindungswesens, der Kunst und Literatur in ihrer Freizeit zu betätigen. Das kulturelle und wissenschaftliche Niveau wird dann so hoch sein, daß diese freie Betätigung zur Entwicklung und Blüte der gesamten Gesellschaft entscheidend beitragen wird „Wenn es uns nicht in Erstaunen versetzt, daß ein Klavierstimmer auch jetzt, nach der Erfüllung seiner mechanischen Funktion, mitunter bereits als wirklicher Musiker die Mondscheinsonate" von Beethoven spielt, so werden solche Vereinigungen der Funktionen unter den Bedingungen des verkürzten Arbeitstages im Kommunismus noch natürlicher sein, da Hunderttausende von Arbeitenden in ihren freien Stunden sich mit Erfindungen befassen oder den Kreis der gesellschaftlich tätigen Menschen, der Wissenschaftler, Schriftsteller, Musiker und Maler vergrößern.“

Die zukünftige Freizeitgestaltung wird eine Synthese zwischen persönlichen und gesellschaft-lichen Interessen darstellen, weil „unter dem Kommunismus jeder Mensch sich seiner Lieblingsbeschäftigung hingeben wird, die seinen Neigungen und Fähigkeiten am meisten entspricht und folglich auch den größten gesellschaftlichen und produktiven Nutzen bringt, wie auch persönliche Befriedigung bereitet" Die Menschen der kommunistischen Zukunft werden sich in ihrer Freizeit mit Kunst, Literatur und Sport beschäftigen. Die verschiedenen Sportarten werden sich im Kommunismus außerordentlich schnell entwickeln, und in der kommunistischen Zukunft wird „jeder gesunde Mensch in einem gewissen Grade Tourist sein". Gleichzeitig wird den Menschen „auch für Zerstreuung genügend Zeit bleiben“ Unter den Bedingungen der kommunistischen Gesellschaft wird ein Tag folgendermaßen ablaufen:

„Die natürlichen Bedürfnisse — Schlaf und Essen — werden etwa zehn Stunden einnehmen. Für die obligatorische Arbeit sind vier Stunden erforderlich. Das bedeutet, daß jeder Mensch etwa zehn Stunden freie Zeit zur Verfügung hat. Und wenn rund vier Stunden für eine den Menschen interessierende geistige Arbeit oder für Lesen verwendet werden und ebensoviel Zeit für aktiven Sport und Laienkunst, so bleiben in diesem Fall noch zwei Stunden für Erholung vor dem Fernsehapparat, im Konzert oder im Kino.“

Jedem nach seinen Bedürfnissen"

Die kommunistische Gesellschaft wird alle materiellen und kulturellen Güter nach dem Prinzip »Jedem nach seinen Bedürfnissen“ verteilen. „Im höchsten Stadium, im Kommunismus, wird die völlige Befriedigung aller Bedürfnisse der Menschen gesichert sein. Und das ist keine leere Phrase ... Im Kommunismus wird die Verteilung nach dem Prinzip vor sich gehen: Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen."

Die Verwirklichung dieses Prinzips bedeutet, daß die Gesellschaft jedem Menschen, unabhängig von seiner Stellung, von Quantität und Qualität der Arbeit, unentgeltlich alles zur Verfügung stellt, was er braucht. Die Kontrolle über das Maß der Arbeit und das Maß des Verbrauchs entfällt, das Geld wird abgeschafft, und die bisherigen Bar-Geld-Beziehungen verschwinden.

Auf diese Weise werden die Menschen der kommunistischen Zukunft von der Sorge um den morgigen Tag befreit. Die Möglichkeit, aus den gesellschaftlichen Beständen jederzeit alles, was für ein Leben in Kultur und Wohlstand notwendig ist, unentgeltlich zu erhalten, wird sich moralisch und psychologisch auswirken. Die Sucht nach Gewinn und Privateigentum wird —---------verschwinden, und die Menschen werden sich höheren Interessen zuwenden

Was aber wird geschehen, wenn sich in der kommunistischen Gesellschaft ein Mensch täglich einen neuen Anzug oder ein neues Auto wünscht oder einen Palast mit einigen Dutzend Räumen begehrt?

Die Sowjetideologie antwortet darauf: „Die Urheber derartiger absurder Mutmaßungen verleumden die Bürger der künftigen kommunistischen Gesellschaft und schreiben ihnen die eigenen Laster zu. Natürlich kann es nicht Sache der kommunistischen Ordnung sein, allen ausgefallenen Wünschen und Launen gerecht zu werden . . . Die Menschen selbst werden gebildet und bewußt genug sein, um keine sichtlich unvernünftigen Forderungen an die Gesellschaft zu stellen." Dabei wird auf Lenin verwiesen, der erklärte, die kommunistische Gesellschaft der Zukunft habe „nicht die heutige Arbeitsproduktivität und nicht den heutigen Spießer zur Voraussetzung, der es fertig brächte . . . „aus Spaß'Magazine gesellschaftlicher Vorräte zu beschädigen und Unmögliches zu verlangen"

Die Menschen der kommunistischen Zukunft werden sich nach sowjetischer Auffassung durch ein hohes kommunistisches Bewußtsein auszeichnen und außergewöhnlich sparsam sein. Nur „in einer bürgerlichen Gesellschaft ausgewachsene Elemente können meinen, daß in der künftigen Gesellschaft ein jeder sich in unbegrenztem Ausmaß Bedarfsartikel nehmen, sie nach Lust und Laune wegwerfen, neue verlangen usw. kann.

Eine derartig verschwenderische, ihrem Wesen nach barbarische Einstellung zum Gemeingut ist ein Fremdkörper im Kommunismus als der sparsamsten Gesellschaft"

Sollten sich trotzdem im Kommunismus einige Menschen finden, die ungerechtfertigt hohe Ansprüche stellen, so würden sie nicht in der Lage sein, das kommunistische Verteilungsprinzip zu desorganisieren. Sie würden sich damit „in der kommunistischen Gesellschaft vor der Öffentlichkeit nur lächerlich machen. Und danach dürfte sich wohl kaum jemand finden, der den gleichen Versuch wiederholen wollte“

Statt Luxus, der in früheren Gesellschaftsordnungen der wichtigste Gradmesser für die Stellung des Menschen in der Gesellschaft war, werden im Kommunismus Bequemlichkeit und wahre Schönheit im Mittelpunkt stehen. Die Menschen werden in materiellen Dingen nicht mehr Objekte der Eitelkeit und das Maß für ihren Lebenserfolg sehen, sondern sie lediglich benutzen, um ihr eigenes Leben zu erleichtern.

In jüngster Zeit ist von der Sowjetideologie wiederholt nachdrücklichst darauf hinverwiesen worden, daß die Verwirklichung des Prinzips „Jedem nach seinen Bedürfnissen“ nicht die grenzenlose Befriedigung aller Bedürfnisse beinhalte, sondern lediglich die der „gesunden" und „notwendigen“ Bedürfnisse. So wies vor allem Chruschtschow darauf hin, daß der Verwirklichung des Prinzips „Jedem nach seinen Bedürfnissen“ bestimmte Grenzen gesetzt sind. Mit Bedürfnissen sind „nicht die Launen und Ansprüche auf Luxusgegenstände gemeint“, sondern „die gesunden Bedürfnisse eines kulturell entwickelten Menschen“. Der Bedarf des Menschen an Existenzmitteln ist „nicht grenzenlos“. Ein Mensch könne „an Brot und anderen Nahrungsmitteln nicht mehr verbrauchen, als für seinen Organismus notwendig ist“. Auch gibt es „gewisse Grenzen“ bei Kleidung und Wohnung. Die Bedürfnisse der Menschen nach Nahrung, Wohnung und Kleidung werden „in notwendigen und vernünftigen Grenzen" befriedigt werden

Was aber sind „gesunde Bedürfnisse", „Bedürfnisse in notwendigen und vernünftigen Grenzen"? In der Sowjetunion sind inzwischen soge-nannte „rationale Normen“ aufgestellt worden, die den „gesunden Bedürfnissen eines kulturell entwickelten Menschen" entsprechen Die Nahrungsnormen sind für die verschiedenen Gebiete in der UdSSR bereits vom Institut für medizinische Ernährungswissenschaften in Moskau ausgearbeitet worden, wissenschaftlich begründete Verbrauchsnormen für die übrigen Kosumgüter sind in Vorbereitung

Kürzlich ist bereits folgende Gegenüberstellung der Produktionsziffern pro Kopf der Bevölkerung des Jahres 1958 mit der sogenannten „rationalen Norm" veröffentlicht worden. Die Ziffern beziehen sich auf den Jahresbedarf pro Kopf der Bevölkerung

Offensichtlich sollen diese Ziffern jedoch nur für das erste Stadium der zukünftigen kommunistischen Gesellschaft dienen, denn im Lehrbuch „Grundlagen des Marxismus-Leninismus“ wird unterstrichen, daß die menschlichen Bedürfnisse nicht starr und unveränderlich seien. Im Kommunismus werden die Bedürfnisse weiter wachsen und sich weiter entwickeln, bedeutend höher und vielseitiger sein als heute. Daher stellt sich die kommunistische Ordnung die Aufgabe, auch die ständig wachsenden Bedürfnisse aller Mitglieder der Gesellschaft zu befriedigen.

Das persönliche Eigentum Was aber wird mit den jetzt noch in privater Hand befindlichen Grundstücken, Landhäusern, Gärten und Autos im Kommunismus geschehen? Nadi sowjetischer Auffassung werden im Zuge des Übergangs zum Kommunismus sowohl die privaten Hofwirtschaften der Kolchosbauern als auch die privaten Datschen, Gärten und Autos verschwinden. An Stelle der Datschen sollen große Erholungszonengeschaffen werden mitErholungsheimen, die sich in genossenschaftlicher Verwaltung befinden Unter den Bedingungen der Verteilung nach Bedürfnissen werden „sich viele Besitzer von Landhäusern freiwillig bereit erklären, in den bequemeren und schöneren Erholungsheimen zu leben. Das gleiche wird wahrscheinlich auch mit dem eigenen Wagen geschehen, sobald der gesamte Bedarf an diesem Transportmittel durch gesellschaftliche Garagen gesichert ist“

Auch der bekannte Sowjetideologe G. Gak, der diesem Problem einen besonderen Aufsatz gewidmet hat, meinte, daß im Kommunismus die privaten Datschen (Landhäuser) in Genossenschaften vereinigt werden; dadurch werden „die Mißbräuche mit privaten Wohnräumen unterbunden". Die Eigenwirtschaft der Kolchosbauern wird unter den Bedingungen des Kommunismus „unnötig und sogar belastend werden".

Im Kommunismus wird sich das persönliche Eigentum nur auf die Gegenstände des persönlichen Gebrauchs beschränken, d. h. auf eigene Wäsche, eigene Kleidung und Schuhe. Allerdings ist anzunehmen, daß die Bürger des Kommunismus „den Wunsch haben werden, ihre eigene kleine Bibliothek zu haben“. Musikinstrumente können ebenfalls weiter in persönlichem Besitz verbleiben

Die gesellschaftliche Selbstverwaltung Mit der Verwirklichung der kommunistischen Gesellschaft und dem freiwilligen Einhalten der Grundregeln des menschlichen Zusammenlebens wird es nicht mehr notwendig sein, „Strafjustiz und Polizei, Gerichte und Gefängnisse, Staatsanwälte und Rechtsanwälte, Ermittlungsbeamte und Henker und alle anderen berufsmäßigen Agenten der Rechtsprechung zu bemühen . . . Nach der Liquidierung des Privateigentums werden auch die Normen des Zivilrechts überflüssig werden. Das gleiche Schicksal wird nach und 29 nach auch die verschiedenen Sektoren der staatlichen Institutionen und des Staatsrechts ereilen“

An die Stelle der Staatsmacht wird, nach Auffassung der Sowjetideologie, im Kommunismus eine gesellschaftliche Selbstverwaltung treten. Dieser Prozeß wird dadurch erfolgen, daß eine immer größere Zahl von Bürgern an der Verwaltung teilnimmt, bis schließlich der Zeitpunkt eintritt, da alle Bürger selbständig ihre gesellschaftlichen Angelegenheiten leiten und die Einhaltung der Grundregeln der menschlichen Gesellschaft zur allgemeinen Gewohnheit wird.

Damit entfällt die Notwendigkeit eines Staates

Die kommunistische Selbstverwaltung, die an die Stelle der Staatsmacht treten soll, wird definiert als ein „Organisationssystem, das die gesamte Bevölkerung umfaßt, die mit Hilfe dieses Systems die unmittelbare Verwaltung ihrer eigenen Angelegenheiten verwirklicht“. Die Selbstverwaltung soll aus einem weitverzweigten System von Massenorganisationen und Kollektiven bestehen und garantieren, daß alle Mitglieder der Gesellschaft ständig an der Verwaltung teilnehmen. Das wichtigste Wirkungsfeld der gesellschaftlichen Verwaltung wird die Wirtschaft sein. Die Aufgabe der kommunistischen Selbstverwaltung wird darin bestehen, freiwillige Verbindungen und freiwillige Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Produktionskollektiven und Wirtschaftszonen herzustellen, die einander umsonst — da es ja kein Geld mehr gibt — ihre Produkte zur Verfügung stellen

Nach einer anderen Definition wird die kommunistische Selbstverwaltung der Zukunft „die Organisation eines harmonischen Systems gewählter Organe der Bevölkerung" sein, „die bereits keine politischen Organe mehr sind, aber jene natürliche Autorität genießen, deren sich die ältesten und erfahrenen Genossen in jedem Kollektiv erfreuen". Dieses System wird alle Glieder umfassen und „über ein Zentrum verfügen"

In einer kommunistischen Selbstverwaltung wird es keine politischen Wahlen mehr geben, „womit auch das Wahlsystem als Gesamtheit juristischer Normen absterben wird“. Lediglich „unpolitische Wahlen“ von technisch-ökonomischen Funktionen und Organisationen in der Wirtschaftsleitung könnten notwendig sein. Die Gesellschaft werde dazu ihre eigenen Organe der Planung, Kalkulation usw. bilden; alle Angelegenheiten der Gesellschaft würden öffentlich behandelt werden, alle Mitglieder der Gesellschaft würden darüber informiert sein und eine große Aktivität und ein reges Interesse für die allgemeinen Aufgaben bekunden.

Die gesellschaftliche Selbstverwaltung wird keinen Zwang anwenden, sondern durch gesellschaftliche Einwirkung und durch den Einfluß der öffentlichen Meinung jene zur Vernunft bringen, die die kommunistischen Gepflogenheiten und Prinzipien des Gemeinschaftslebens nicht beachten wollen.

Die Eröterung der gesellschaftlichen Angelegenheiten wird nicht ohne Meinungsstreit verlaufen, aber dieser wird dazu beitragen, daß die richtigen Entscheidungen getroffen werden. Un-lösbare Widersprüche wird es nach sowjetischer Auffassung im Kommunismus nicht mehr geben; denn solche entstehen nur infolge gegensätzlicher Interessen und Ignoranz. Da jedoch diese beiden Ursachen im Kommunismus ausgeschaltet sind, bleiben nur Unterschiede in den Erfahrun-gen, im Grad der Informiertheit und in der Art der Behandlung einzelner Fragen. Bei der tief-wurzelnden Gemeinsamkeit der Interessen, der Ziele und der Weltanschauung wird es jedoch nicht schwer sein, solche Meinungsverschiedenheiten zu überwinden

Lie Zukunft der Partei Das Absterben des Staates bedeutet jedoch nicht gleichzeitig ein Absterben der Partei. Nach offizieller Formulierung hat das Absterben des Staates „nicht automatisch das Abtreten der Partei von der Bühne des gesellschaftlichen Lebens zur Folge“

Die Partei wird auch im Kommunismus zunächst noch weiter existieren, um die Aktivität der verschiedenen Organisationen der kommunistischen Selbstverwaltung zu koordinieren. Die Auflösung der Kommunistischen Partei in der Gesellschaft ist erst dann möglich, wenn alle Mitglieder das Bewußtsein der Avant-Garde, d. h.der Partei, erreicht haben. Dies ist jedoch eine schwierige Aufgabe, und es wird eine längere Zeit dauern, bis die gesamte Bevölkerung diesen Bewußtseinsstand erreicht hat

Außerdem schließt auch die kommunistische Gesellschaft Widersprüche nicht aus. Daher muß die Partei Maßnahmen treffen, „damit die Widersprüche nicht zu Bremsklötzen der Entwicklung werden, sondern damit sie rechtzeitig gelöst und durch gemeinsame Anstrengungen überwunden werden". Nur die Kommunistische Partei ist fähig, die Arbeit aller Organisationen der kommunistischen Selbstverwaltung zu leiten und zu koordinieren. Erst wenn die Partei ihre Aufgaben restlos erfüllt hat, wird sie von der Bildfläche des gesellschaftlichen Lebens verschwinden. Diesen Prozeß kann man jedoch nicht als Absterben oder Liquidieren bezeichnen, sondern die Partei wird sich in der kommunistischen Gesellschaft auflösen. Dies wird jedoch „erst nach dem Sieg des Kommunismus im Welt-maßstab, unter den Bedingungen der reifen kommunistischen Gesellschaft, möglich sein“

Die Kommunepaläste Aus den bisherigen sowjetischen Beschreibungen der zukünftigen Wohnverhältnisse im Kommunismus geht deutlich hervor, daß die Menschen nicht in Privathäusern, sondern gemeinsam leben werden. Dafür sind „Kommunepaläste“ vorgesehen, wobei in jedem „Kommunepalast“ etwa zweitausend bis zweitausendfünfhundert Menschen, einschließlich „Kinder, Greise und Dienstpersonal“ wohnen sollen. Ein solcher Kommunepalast wird folgendermaßen beschrieben:

„In jedem Kommunepalast mit einer Wohnfläche bis zu 40 000 Quadratmetern kann man im Erdgeschoß alle Diensträume, wie Aufwartung, Krankenrevier, Post, Friseur, Wäscherei, unterbringen und in den übrigen Etagen alle Kommuneangehörigen. In der zweiten Etage werden z. B. in einem Flügel die Kinderzimmer untergebracht und im anderen die pflegebedürtigen Alten und das sie betreuende Personal, in der dritten die Zwei-und Dreizimmerwohnungen für Verheiratete, in der vierten Einzelzimmer für die arbeitende Jugend, Studenten und Junggesellen." Für gemeinsame Speiseräume, Lesesäle, Kinderspielräume und Räume für Musikzirkel, Chöre und sportliche Betätigung wird pro Wohnetage eine Fläche von 800 bis 1 000 Quadratmetern zur Verfügung gestellt

In den Kommunepalästen werden die Menschen in der Regel ihr Mittag-und Abendessen gemeinsam in den Speisesälen einnehmen. Sie werden es vorziehen, „sich mit Freunden und zum Austausch von Neuigkeiten in zwanglosem Gespräch am gemeinsamen Kommunetisch zu treffen". Andererseits aber braucht der arbeitende Mensch manchmal Ruhe und Erholung, ohne fremde Menschen, wenn er über etwas angestrengt nachdenkt oder von einer interessanten schöpferischen Arbeit mitgerissen wird. Auch „für ein liebendes Ehepaar ist es zuweilen gut, sich im schweigenden Alleinsein der . Zweisamkeit'zu vergessen. Deshalb sehnt sich jeder arbeitende Mensch nach seinem eigenen Zimmer und die Familie nach einer, wenn auch kleinen, so doch separaten Wohnung. Eine längere Trennung von anderen Menschen aber wird bereits lästig, denn die Menschen sind an sich umgänglich“

Das Wohnen in den Kommunepalästen soll freiwillig sein, aber nur wenige Menschen im Kommunismus werden darauf verzichten: „Alle Individualisten aus Berufung und auf Grund der Erziehung sowie geborene Misanthropen, Eigenbrötler und Sonderlinge werden nach Wunsch auch künftig außerhalb der Kommune als Einzelgänger verbleiben können. Die Vorteile der kollektiven Lebensform, die mit der Annäherung an die Bedingungen des Volkskommunismus immer größer werden, werden derart groß sein, daß selbst von diesen Eigenbrötlern sehr wenige Lust verspüren werden, auf sie zu verzichten.“

Für kleinere Städte von etwa 30 000 Einwohnern werden nicht mehr als 15 Kommunepaläste erforderlich sein. Diese Kleinstädte würden eine Fläche von etwa 30 000 Hektar beanspruchen, von denen die Hälfte auf Grünanlagen entfällt. In einer solchen Stadt wäre es möglich, jede beliebige Entfernung vom Stadtrand bis zum Zentrum in maximal zehn Minuten zu bewältigen, und damit könne das Transportproblem leicht gelöst werden

In der kommunistischen Stadt der Zukunft werden nach Auffassung des Städteplaners Dr. Gradow Mikro-Rayons mit je acht-bis zehntausend Bewohnern geschaffen. Die Städte sollen eine Einheit von Einzelwohnungen und Sektoren öffentlicher Dienstleistungen darstellen. Als Grundwohnzelle sollen große Wohnhäuser im Hoteltyp mit öffentlichen Speisebetrieben, Kinderkrippen und Kindergärten entstehen. Jeder Mikro-Rayon hat ein gesellschaftliches Zentrum mit einem Park. Mehrere Mikro-Rayons werden dann zu einem Rayon, ebenfalls mit einem gesellschaftlichen Zentrum, verbunden. Der Anteil der Gebäude für kulturelle Zwecke würde von gegenwärtig 30 auf 60 bis 70 Prozent der gesamten Wohnbaufläche anwachsen

Die Familie im Kommunismus In den Zukunftsberichten über die kommunistische Gesellschaft werden auch die Fragen der Familie, der Ehe und der Erziehung der Kinder beschrieben. Schon Friedrich Engels hatte erklärt, daß eine zukünftige ökonomische Umgestaltung der Gesellschaft auch die Ehe auf eine neue Grundlage stellen würde. Alle ökonomischen Nebenrücksichten würden verschwinden und als einziges Motiv für die Eheschließung „die gegenseitige Zuneigung" verbleiben. Die Prostitution würde verschwinden, und „die Mo-nogamie, statt unterzugehen, wird endlich eine Wirklichkeit“ Ähnlich wie Friedrich Engels erklären auch die heutigen sowjetischen Ideologen, in der kommunistischen Gesellschaft wird „die Familie nicht nur erhalten bleiben, sondern auch eine allseitige Entwicklung erfahren. Die einzige Grund-läge für eine nie dagewesene Dauerhaftigkeit der Familie wird die wahre menschliche Liebe sein"

Die Familie wird im Kommunismus „nicht durch irgendwelche äußeren Überlegungen, Berechnungen und Umstände erzwungen" Der Kommunismus wird „eine Periode der konsequenten Monogamie" sein, da „die geistige, ethisch-ästhetische Seite in der kommunistischen Ehe eine weit größere Bedeutung erlangen wird als jemals zuvor“. Die Familie wird im Kommunismus ihre eigentliche Bestimmung erlangen, „Reservat der Liebe und des persönlichen Glücks zu sein und die künftige Generation zu erziehen," Allerdings darf man nicht glauben, daß der Kommunismus jegliche Widersprüche und Konflikte in der Familie überwinden wird, „da die Harmonie in der Liebe keineswegs eine adäquate Widerspiegelung der sozialen Harmonie ist“

Jegliche sexuelle Unmoral wird von Sowjetologen abgelehnt. Die kommunistische Moral ist im Prinzip „gegen außereheliche Kontakte aus unmoralischen oder leichtsinnigen Motiven“.

Ähnlich äußerte sich Professor Strumilin: „Jene, die bereit sind, von heute auf morgen aus einer Umarmung in die andere zu fallen, sind zu bedauern, denn sie wissen überhaupt nicht, welch tiefes und hinreißendes Gefühl gegenseitiger Anziehung zweier Herzen die individuelle Liebe ist. Sie ist ausschließlich und unteilbar. Beständige Liebe bedarf nur zweier Partner.“

Auch Chruschtschow hat sich ausdrücklich dafür ausgesprochen, daß in der kommunistischen Gesellschaft die Familie erhalten bleibt: „Vollkommen unrecht haben diejenigen, die behaupten, daß die Bedeutung der Familie beim Übergang zum Kommunismus angeblich sinkt und daß diese mit der Zeit völlig verschwindet. In Wirklichkeit wird sich die Familie im Kommunismus festigen. , Die familiären Beziehungen werden endgültig von materiellen Berechnungen befreit, in hohem Maße rein und fest sein."

Noch nicht völlig geklärt ist allerdings die Frage, welche Rolle die Familie bei der Kindererziehung spielen soll. Friedrich Engels hatte die Pflege und Erziehung der Kinder in der kommunistischen Gesellschaft als „öffentliche Angelegenheit" bezeichnet In Anlehnung an Engels hatte zunächst auch Professor Strumilin eine gesellschaftliche Erziehung der Kinder im Kommunismus befürwortet. Die gesamte Verantwortung für die neuen Mitglieder der Gesellschaft )Stepanjan, Etappen und Fristen, op. cit. und für ihre Erziehung „kann die Gesellschaft selbst auf sich nehmen, indem sie der Familie in dieser Hinsicht nur jene Funktionen überläßt, die ihr ohne Schaden für die Kinder ohne weiteres anvertraut werden können"

Die erfahrene Hand des Pädagogen könne „bei der Anerziehung der besten gesellschaftlichen Gewohnheiten dem Kinde bei weitem mehr vermitteln als die empfindsamste und liebevollste Mutter". Die gesellschaftlichen Erziehungsformen sollten soweit ausgebaut werden, daß sie „der Bevölkerung des Landes — von der Wiege bis zur Ablegung der Reifeprüfung — in 15 bis 20 Jahren allgemein zur Verfügung stehen“.

Die Entwicklung des jungen Menschen in der kommunistischen Gesellschaft soll laut Professor Strumilin folgendermaßen aussehen: „Jeder Sowjetbürger wird bereits nach dem Verlassen des Entbindungsheims in die Kinderkrippe eingewiesen werden, von da aus in den durchgehend geöffneten Kindergarten oder in ein Kinderheim; hernach in die Internatsschule, um dann von hier aus, seinen Einweisungsschein in der Hand, in das selbständige Leben, d. h. in die Produktion, einzutreten, oder aber, um in dem gewählten Spezialfach weiterzustudieren."

Allerdings sollen die Kinderheime im selben Haus unter dem gleichen Dach mit den Eltern sein; diese hätten daher stets die Möglichkeit, ihre Kinder zu besuchen. Außerdem würden in den Kindergärten wie bei den Internatsschulen besondere Frauen-und Mütterräte gebildet.

Diese Auffassungen Professor Strumilins wurden jedoch bald zurückgewiesen. Laut Chartschew wird die Funktion der Eltern bei der Erziehung der Kinder im Kommunismus weiter bestehen, weil „der Einfluß der Eltern auf die Kinder ganz spezifischer Natur“ sei, „der durch nichts ersetzt werden kann“. Daher würde der unmittelbare Umgang der Eltern mit ihren Kindern unter häuslichen Bedingungen künftig nicht weniger notwendig sein als heute. Die Bestimmung der Familie sei, „die künftige Generation zu erziehen"

Die Menschen der kommunistischen Zukunft Die Zukunftsschilderungen über die kommunistische Gesellschaft enthalten auch Beschreibungen des neuen Menschen, der sich, wie die Sowjetideologie hofft, bis dahin herausgebildet habe.

Seit Anfang 1959, als die Sowjetführung den allumfassenden Aufbau der kommunistischen Gesellschaft proklamierte, wird dem Problem der neuen Menschen der kommunistischen Zukunft besondere Aufmerksamkeit gewidmet. So bezeichnete Chruschtschow auf dem 21. Parteitag als wesentliche Eigenschaften dieses zukünftigen Menschen „die Treue zum Kommunismus und die Unversöhnlichkeit gegenüber seinen Feinden, das Bewußtsein der gesellschaftlichen Pflicht, die aktive Beteiligung an der Arbeit zum Wohle der Gesellschaft, die freiwillige Achtung der Grundregeln des menschlichen Zusammenlebens, die kameradschaftliche gegenseitige Hilfe, Ehrlichkeit, Wahrhaftigkeit und Unduldsamkeit gegenüber den Verletzern der gesellschaftlichen Ordnung" zum Wohle der Gesellschaft, die freiwillige Achtung der Grundregeln des menschlichen Zusammenlebens, die kameradschaftliche gegenseitige Hilfe, Ehrlichkeit, Wahrhaftigkeit und Unduldsamkeit gegenüber den Verletzern der gesellschaftlichen Ordnung" .

Etwas später meinte Chruschtschow, zum Kommunismus könnten nur Menschen gelangen, die „frei sind von den privatkapitalistischen Gewohnheiten, vom Egoismus, von der Selbstsucht — von allem, was den Menschen daran hindert, auf kommunistische Art zu leben“ Anfang 1960 wurde in einem offiziellen Parteidokument bereits kategorisch erklärt: „Die Herausbildung des neuen Menschen mit kommunistischen Charakterzügen, Gewohnheiten und mit einer kommunistischen Moral, die Liquidierung der Überreste des Kapitalismus im Bewußtsein der Menschen ist gegenwärtig eine der Hauptaufgaben der Praxis.“

Nicht nur die Erziehung in der Übergangsperiode, sondern auch durch die Veränderung der gesellschaftlichen Beziehungen werde sich nach sowjetischer Auffassung der Charakter der Menschen wandeln. Mit der Überwindung der Klassen-herrschaft und der Verwirklichung des Prinzips „Jedem nach seinen Bedürfnissen“ verschwinden — nach sowjetischer Auffassung — die Ursachen für die negativen Charaktereigenschaften der Menschen. Die Gesellschaft wird von allen Erscheinungsformen der Unmenschlichkeit, Ungerechtigkeit, Kulturlosigkeit, Unwissenheit, Verbrechen und Lastern befreit. Damit aber werden auch aus den Beziehungen zwischen den Menschen „Gewalt und Eigensucht, Heuchelei und Egoismus, Verrat und Eitelkeit endgültig verschwinden“

In der kommunistischen Gesellschaft wird es auch keine Verbrechen mehr geben. So würden vor allem die Eigentumsdelikte wegfallen, die 95 Prozent aller Verbrechen auszumachen. Audi die meisten Verbrechen, Mord, Körperverletzung, Urkunden-und andere Fälschungen werden der Vergangenheit angehören“ Der Mensch wird sich jedoch nicht nur von jenen Zügen befreien, die sich seiner Persönlichkeit durch die Bedingungen der Ausbeuterordnung eingeprägt haben, sondern auch alle positiven Errungenschaften der früheren Epochen in sich aufnehmen. Er vereint damit das Beste von hervorgebracht hat, zu einer Synthese: „Humanismus, entwickeltes Freiheitsgefühl, schöpferische Einstellung zum Leben, persönliche Initiative und Kameradschaft . . . werden sich unter dem Kommunismus zu ihrer vollen Blüte enfalten."

Die Charaktere und Gefühle der Menschen der zukünftigen kommunistischen Gesellschaft werden „zum höchsten Gipfel ihrer Vollkommenheit" gelangen. Unter den neuen Lebensbedingungen werden sich neue moralische Impulse entfalten: Solidarität, Freundschaft, das Gefühl engster Gemeinschaft mit anderen Menschen. Zwischen den Menschen werden in der zukünftigen kommunistischen Gesellschaft „Beziehungen der Zusammenarbeit, der Brüderlichkeit und Freundschaft“ herrschen. „Der kommunistische Mensch wird kein Egoist, kein Individualist, er wird sich durch bewußten Kollektivgeist, durch

Sorge um das gemeinsame Wohl auszeichnen. Die feste Grundlage der Moral dieses Menschen ist die Treue zum Kollektiv, die Bereitschaft und die Fähigkeit, die gesellschaftlichen Interessen gewissenhaft zu wahren.“

Außerdem werden die Menschen der kommunistischen Gesellschaft der Zukunft hochgebildet sein. Im Kommunismus werden „etwa die Hälfte der in der Volkswirtschaft beschäftigten Arbeiter eine mittlere Fachausbildung und der Rest Hochschulbildung besitzen" Der Mensch wird nicht nur „die naturwissenschaftlichen und technischen Kenntnisse seiner Zeit" beherrschen, sondern „auch mit den Sachverhalten der Gesellschaftswissenschaften sowie mit den Leistungen der Literatur und Kunst vertraut sein“. Schließlich wird er „durch regelmäßige Übungen auch den Anforderungen der Körperkultur und des Sports genügen"

Die Fristen der Verwirklichung Es bleibt die Frage, wann das kommunistische Endziel erreicht werden soll — zumindest auf dem Territorium der Sowjetunion. In den letzten Jahren hat es darüber verschiedene Erklärungen gegeben.

Auf dem 21. Parteitag (Januar/Februar 1959) erklärte Chruschtschow, das (für 1970 vorgesehene Ziel, die USA im pro-Kopf-Verbrauch einzuholen, bedeute lediglich die „erste Etappe“, „eine Zwischenstation“ auf dem Wege zur Erreichung des kommunistischen Endziels. Der Aufbau des Kommunismus wird erst dann vollendet sein, „wenn wir einen vollen Überfluß zur Befriedigung der Bedürfnisse aller Menschen geschaffen haben, wenn alle Menschen gelernt haben, nach ihren Fähigkeiten zu arbeiten, um die gesellschaftlichen Reichtümer zu mehren und anzuhäufen“.

Anfang 1960 gab Chruschtschow auf die Frage des indischen Publizisten Kwaja Ahmad Abbas, wann die Sowjetunion den Kommunismus erreichen werde, folgende Antwort: „Wir haben alle Ursache zu hoffen, unser Ziel zwischen 1975 und 1980 zu erreichen, vorausgesetzt, daß es keinen Krieg gibt.“

In den „Grundlagen des Marxismus-Leninismus“ wird erklärt, „viele unserer Zeitgenossen“ würden noch erleben, „wie die kommunistische Ordnung in ihrer ersten Entwicklungsstufe beschaffen sein wird“

Nach Auffassung Professors Strumilins wird bis 1975 die Einführung kostenloser Mittagessen erfolgen und bis 1980 die vollkommen unentgeltliche Verpflegung, die unentgeltliche Versorgung mit Bekleidung und Schuhwerk sowie eine kostenlose Wohnfläche von etwa 15 qm pro Person Etwas schwieriger ist dagegen der Aufbau der Kommunepaläste, der etwa fünf Trillionen Rubel Investitionen erfordert. Selbst nach 15 Jahren (d. h. 1975), wenn die Sowjetunion die USA längst überflügelt hätte, würden dafür noch „weitere fünf bis zehn Jahre“ notwendig sein

Stepanjan unterscheidet bei der Verwirklichung des kommunistischen Endziels drei Etappen:

In der ersten Etappe, bis 1975/80, sollen die materiell-technische Basis des Kommunismus geschaffen, die Arbeitszeit gesenkt sowie stufenweise bestimmte Güter kostenlos verteilt wer-den. In der zweiten Etappe werden dann die beiden Formen des gesellschaftlichen Eigentums endgültig zu einer einheitlichen Eigentumsform verschmelzen, die wesentlichen Unterschiede zwischen Stadt und Land überwunden und mehr als die Hälfte des gesellschaftlichen Kosumtionsfonds kostenlos verteilt werden. Die Arbeitszeit wird auf vier bis fünf Stunden pro Tag gesenkt sein. In der dritten Etappe wird schließlich der Aufbau der kommunistischen Gesellschaft vollendet, ein Überfluß an materiellen und geistigen Gütern erreicht sein und der Grundsatz „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen“ verwirklicht sein; die Arbeit wird zum ersten Lebensbedürfnis für alle Menschen, der Unterschied zwischen geistiger und körperlicher Arbeit verschwunden sein, und „es wird keine Zwischenschicht der Intelligenz mehr geben, da alle Werktätigen Intellektuelle geworden sind“. Dabei wird „die zweite Etappe weniger Zeit als die erste, und die dritte Etappe noch weniger Zeit als die zweite beanspruchen". Somit wird „noch im 20. Jahrhundert in einem gewaltigen Teil unseres Planeten eine entwikkelte kommunistische Gesellschaft entstehen"

Auch das neue Parteiprogramm sieht vor, den kommunistischen Aufbau „kontinuierlich in mehreren Etappen" zu vollenden. Bis 1980 soll „in der UdSSR die kommunistische Gesellschaft im wesentlichen aufgebaut“ sein. Vollendet wird der Aufbau der kommunistischen Gesellschaft „in der nachfolgenden Periode“. Der letzte Satz des Parteiprogramms lautet: „Die Partei verkündet feierlich: die heutige Generation der Sowjetmenschen wird im Kommunismus leben!“

Der Weltsieg des Kommunismus Die bisher geschilderten Merkmale der zukünftigen kommunistischen Gesellschaft sollen für die Sowjetunion gelten bzw. für die übrigen Ostblockstaaten, die später — allerdings in derselben geschichtlichen Epoche — den Kommunismus erreichen werden. Was die übrigen Staaten der Welt anlangt, so glauben die Sowjetideologen, daß sie sich früher oder später ebenfalls in gleicher Richtung entwickeln werden. Die wesentlichen Grundzüge der zukünftigen kommunistischen Gesellschaft sind „für alle Länder unumgänglich und allgemeinverbindlich“. Die einzelnen kommunistischen Länder würden nach sowjetischer Auffassung in eine „kommunistische Weltgesellschaft“ hinüberwachsen und damit „die Verschmelzung der Völker" verwirklichen

Mit dem Sieg des Kommunismus im Weltmaßstab sollen selbst die geringsten Anlässe zu Feindschaft und Zwietracht, zu Isolierung, Egoismus und nationaler Entfremdung der Vergangenheit angehören. Wirtschaft und Kultur werden sich sogar so weit annähern, daß schließlich eine einheitliche internationale Kultur und, zu einem späteren Zeitpunkt, auch eine einheitliche Weltsprache entstehen werden Die Thesen über eine zukünftige kommunistische Weltwirtschaft und Weltkultur sind — was heute allerdings nicht erwähnt wird — mehrmals von Stalin verkündet worden, darunter in seiner Rede auf dem 16. Parteitag im Juli 1930 sowie in seinem Aufsatz aus dem Jahre 1950 „Der Marxismus und die Fragen der Sprachwissenschaft“ Auch die Staatsgrenzen werden, laut Chruschtschow, in Zukunft überwunden: „Mit dem Sieg des Kommunismus im Weltmaßstab werden die Staatsgrenzen, wie der Marxismus-Leninismus lehrt, absterben. Sie werden aller Wahrscheinlichkeit nach bis zu einer gewissen Zeit noch lediglich als ethnographische Grenzen bestehen bleiben, aber auch dann offensichtlich nur bedingt existieren. Es versteht sich, daß es an diesen Grenzen, wenn man sie überhaupt als Grenzen bezeichnen kann, keine Grenzposten, keine Zollbeamten und keinerlei Zwischenfälle geben wird.“ In der weiteren Entwicklung wird ein „Prozeß des Zusammenschlusses der Völker zu einer einheitlichen kommunistischen Familie vor sich gehen"

Im neuen Parteiprogramm werden das zukünftige Wegfallen der Staatsgrenzen und die zukünftige Weltsprache allerdings nicht erwähnt. Es wird jedoch ausdrücklich erklärt, daß der Aufbau der kommunistischen Gesellschaft in der Sowjetunion zur Herausbildung einer „künftigen kommunistischen Weltwirtschaft, die von den siegreichen Werktätigen nach einem einheitlichen Plan gelenkt wird“, beiträgt. Auch die „Herausbildung der künftigen einheitlichen Menschheitskultur der kommunistischen Gesellschaft" wird im Programm erwähnt.

Weitergehend als das Parteiprogramm sind einige Aufsätze, die sich bereits mit der zukünftigen Weltsprache des Kommunismus beschäftigen.

Die kommunistische Weltsprache der Zukunft wird „weder die russische noch die chinesische, englische oder irgendeine andere der gegenwärtig bestehenden Sprachen sein", sondern es wird „eine neue Sprache geboren, die die würdigen Errungenschaften der gegenwärtigen Sprachen in sich vereinen, vollkommener und reicher sein wird"

Der bekannte Sowjetideologe M. D. Kammari meint, daß der Sieg des Kommunismus „die harmonische Einheit und freiheitliche brüderliche Zusammenarbeit aller Stämme, Völker, Nationen und Rassen auf der Basis einer einheitlichen kommunistischen Weltwirtschaft schaffen“ wird. Damit werde auch eine „einheitliche Weltsprache als Mittel des Verkehrs zwischen den Völkern" entstehen. Es kommt daher bereits jetzt darauf an, diese Probleme „theoretisch auszuarbeiten“ und „die Bedingungen für das Entstehen, die Verbreitung und Bereicherung der künftigen einheitlichen Weltsprache zu schaffen"

Und nach dem Sieg des Kommunismus?

Was aber wird geschehen, wenn die kommunistische Idealgesellschaft verwirklicht ist? Wie soll die Entwicklung weitergehen, wenn alle Menschen in Kommunepaläste wohnen, nur noch wenige Stunden freudig arbeiten und umsonst versorgt werden; wenn keine wesentlichen Konflikte zwischen den Menschen und Völkern mehr bestehen, wenn alle Menschen sich nur noch durch gute Charaktereigenschaften auszeichnen, Staat, Gerichte, Gefängnisse und Rechtswesen ausgestorben sind und das Familienleben die höchste Blüte erreicht hat? Was dann? Welche Triebkräfte würden wirksam sein, wenn einmal der kommunistische Idealzustand geschaffen ist?

Selbst wenn die Menschen die Höhen des Kommunismus erklommen haben, werden sie nicht Stehenbleiben. Die Menschen werden sich auch nach der Erreichung des Kommunismus nicht zufriedengeben. Sie werden nicht der passiven Beschaulichkeit verfallen, sondern auch weiterhin zu aktiver Tätigkeit, schöpferischer Arbeit und kühnem Überwinden aller Hindernisse angespornt sein. Die wachsenden Bedürfnisse der Menschen in der kommunistischen Gesellschaft, das Anwachsen der Bevölkerung und die Entwicklung der materiellen und geistigen Güter würden dann als Triebkräfte für den ununterbrochenen Fortschritt wirken. Das Leben wird die Menschen immer wieder vor neue Probleme stellen, „deren Lösung schöpferische Anstrengungen von jeder neuen Generation erfordern wird“ Vor allem für die Wissenshaft wird es, laut Professor W. A. Obrutschew, eine Fülle von neuen Problemen geben, darunter, alle Naturkatastrophen vorauszusehen und abzuwenden, alle Naturkräfte dem Menschen dienstbar zu mähen, alle ungünstigen Gebiete, vielleicht auh den Meeresgrund, für das Leben zu ershließen, die Lebenszeit der Menshen auf durchshnittlih 150 bis 200 Jahre zu verlän-gern, Alter und Ermüdung zu besiegen „und zu lernen, den Menshen bei frühzeitigem oder vorzeitigem Tod das Leben wiederzugeben“ Nah sowjetischer Auffassung gibt es im Kommunismus keine Grenze für das Streben der Menshen, sih die Kräfte der Natur dienstbar zu mähen und die Formen der gesellschaftlichen Selbstverwaltung zu vervollkommnen. Auf dem Wege zu den Höhen der kommunistischen Zivilisation werden die Menshen immer wieder ungewöhnlihe Willens-und Geistesstärke, shöpferishen Elan, Mut und Tatkraft hervorbringen.

Kurzer Kommentar

Die Darstellungen über die kommunistische Gesellshaft der Zukunft bilden den Abshluß der politishen Lehren. Das eigentümlihe Phänomen, daß die Sowjetideologie seit 1959 plötzlih begonnen hat, die kommunistische Zukunftsgesellshaft in allen Einzelheiten zu shildern, dürfte durh folgende Gründe zu erklären sein: a) Die Propagierung und Darstellung der kommunistischen Zukunft stellt für die Sowjetführung ein geeignetes Mittel dar, die sowjetishe Bevölkerung von den gegenwärtigen wirtschaftlihen, politishen und sozialen Shwierigkeiten abzulenken und diese als notwendige Durchgangsetappe auf dem Wege zu jenem Idealzustand hinzustellen, den die Partei in den nähsten zwanzig Jahren zu verwirklihen verspricht. Nahdem die Sowjetbevölkerung shon seit einigen Jahrzehnten viele Entbehrungen, Leiden und Opfer für das Endziel auf sih nehmen mußte und dabei immer mit dem Glüh der zukünftigen Generation vertröstet wurde, shien es jetzt ratsam zu sein, das Endziel plastish vor Augen zu führen und seine Verwirklichung bereits der jetzigen Sowjetgeneration zu versprehen.

b) Durh die Herausstellung und detaillierte Beshreibung des kommunistischen Endziels hofft die Sowjetführung, ein gewisses Gegengewiht gegen die praktizistishen Manager, rational und nühtern denkenden Ingenieure, Techniker, Betriebsleiter, Wissenshaftler und Forsher zu shaffen, deren Bedeutung und Rolle in der Sowjetgesellshaft immer mehr ansteigt, die sih aber selbst immer mehr von der Parteiideologie entfernen und immer shwieriger zu kontrollieren und in Shah zu halten sind. Mit der Propagierung des kommunistishen Endziels soll die Rolle der Parteiideologie und des Parteiapparates stärker in den Vordergrund gestellt werden.

c) Mit der genauen Beshreibung des kommunistishen Endziels — niht nur für die Sowjetunion, sondern für alle Länder der Welt — haben die sowjetishen Kommunisten ihre führende Rolle im Ostblock und in der gesamten kommunistishen Welt erneut hervorgehoben. Sie, die sowjetishen Kommunisten, haben als erste das Endziel genau definiert und beshrieben und damit unter anderem auh verhindert, daß andere Kommunistishe Parteien — z. B. die KP Chinas — in dieser Frage den sowjetishen Kommunisten zuvorkommen könnten.

Dies soll jedoh keineswegs bedeuten, daß die Herausstellung des kommunistishen Endziels nur als kühles taktishes Manöver der Sowjetführung anzusehen ist. Es ist durhaus möglich, ja wahrsheinlih, daß auh ein großer Teil der Führungskräfte der UdSSR, darunter auh Chrushtshow selbst, an die Verwirklihung dieses Endziels glaubt und es mit allen Kräften er-reihen will. Die starke Verschiebung der Sowjetideologie auf die Probleme der Zukunftsgesellschaft könnte auch ein Zeichen dafür sein, daß die Universal-ideologie des Stalinismus beginnt, sich in eine utopische Ideologie des Nachstalinismus zu verwandeln, die die ideologischen Eingriffe in die verschiedenen Bereiche der Gegenwart — etwa der wissenschaftlich-technischen Forschung für die Automation — verringert. Unter den Bedingungen der Herausbildung der sowjetischen Industriegesellschaft erwies es sich als notwendig, den Wissenschaftlern und Forschern — zunächst vor allem im technischen Bereich — einen größeren Spielraum zu geben und ihnen zu gestatten, die Praxis des „kommunistischen Aufbaus“ auf eine nüchterne Basis zu stellen; andererseits gibt die starke Betonung des Zukunftsideals der Partei . die Möglichkeit und Rechtfertigung für die gesteigerte Erziehungsarbeit in der Bevölkerung.

Die Zukunftsvision der Sowjetideologie selbst ist _ von manchen Einzelheiten abgesehen — sicher zu bejahen und zu begrüßen. Es dürfte wenige Personen in der Welt geben, die es nicht gerne sähen, wenn die Bevölkerung der Sowjetunion nur noch wenige Stunden pro Tag arbeitet, daß sie zumindest ihre „gesunden“ Bedürfnisse frei befriedigen kann, der Sowjetstaat ab-stirbt und durch eine Selbstverwaltung ersetzt wird, Polizei und Gefängnisse verschwinden, die Kommunistische Partei — wenn auch später — sich in der Gesellschaft auflöst und in der Sowjetunion zum erstenmal in der Geschichte der Welt eine Gesellschaft entstehen würde, in der aus den Beziehungen zwischen den Menschen Gewalt, Heuchelei, Egoismus, Verrat, Eitelkeit verschwunden sein werden.

Die Propagierung und neue Beschreibung des kommunistischen Endziels wirft jedoch eine Fülle von Problemen und sogar Gefahren auf. Innerhalb des sowjetischen Parteiapparates ist es über die Frage, ob es richtig und ratsam ist, dieses Problem so in den Vordergrund zu stellen, offensichtlich zu Meinungsverschiedenheiten gekommen. So wurde vom Chefideologen Leonid Iljitschow auf einer ideologischen Konferenz im Herbst 1960 gerügt, daß viele Funktionäre sich nur allzu gern und häufig über die Wohltaten der zukünftigen kommunistischen Gesellschaft ausließen, aber die Arbeitsanstrengungen, die zur Erreichung dieses Zieles notwendig seien, völlig umgingen oder nur in einem Nebensatz erwähnten. Die Parteifunktionäre wurden daher angehalten, nicht so viel über das Zukunftsbild zu referieren, sondern sich auf die gegenwärtigen Anstrengungen zu konzentrieren, auf die Verwirklichung der übernommenen Verpflich'tungen, die Beschleunigung des technischen Fortschritts und die Erhöhung der Arbeitsdisziplin Dies dürfte auch die Erklärung dafür sein, daß im offiziellen Parteiprogramm zwar einige Grundzüge der kommunistischen Gesellschaft dargelegt werden, auf alle genaueren Details dagegen, wie sie in den Aufsätzen der Ideologen beschrieben worden waren, verzichtet wurde.

Damit ist schon zu Beginn der sowjetischen Zukunftsdiskussion das entscheidende Problem zutage getreten: der Widerspruch zwischen der Realität, den wirtschaftlichen und politischen Möglichkeiten der UdSSR auf der einen und den weitgesteckten Schilderungen des Kommunismus auf der anderen Seite. Dieses Problem wird um so dringlicher, je näher das entscheidende Datum von 1980 rückt.

Um diesen Widerspruch nicht allzu deutlich werden zu lassen, wird die Sowjetideologie wahrscheinlich dazu übergehen, einfache, logische Folgen des technischen Fortschritts, wie sie in jedem System zutage treten, als Erfolge auf dem Wege zum Kommunismus zu preisen. So ist damit zu rechnen, daß z. B. die Einführung der Automation in der Sowjetindustrie, das Steigen der technischen Qualifikation der Arbeiter, die technische Modernisierung der Dörfer, die Verringerung der Gehaltsspannen und damit der sozialen Unterschiede im sowjetischen Wirtschaftsleben, die stärkere Heranziehung und Beteiligung der Belegschaft bei der Leistung der Betriebe und ähnliche Veränderungen, wie sie für jede Industriegesellschaft typisch sind, von der Sowjetideologie als „Errungenschaften des kommunistischen Aufbaus“ dargestellt werden.

Aber selbst unter diesen Umständen wird es der Sowjetführung kaum möglich sein, den Widerspruch zwischen der Realität und der Zielsetzung völlig zu überbrücken.

Was aber wird geschehen, wenn die Sowjetführung — und damit dürfte wohl gerechnet werden — die Verwirklichung selbst der ersten Stufe des Kommunismus bis 1980 nicht erreicht? Schon heute lassen sich drei Möglichkeiten absehen: 1. Die Sowjetführung wird dazu übergehen müssen, die Verwirklichung des kommunistischen Endziels immer weiter in die Ferne zu rücken, immer neue Übergangsperioden oder Durchgangsstadien zu finden als Erklärung und Entschuldigung dafür, daß sie das verkündete Ziel nicht erreicht hat. Damit allerdings würde die Glaubwürdigkeit des kommunistischen Endziels in Frage gestellt.

2. Die Sowjetführung müßte ihr Zukunftsbild selbst verändern, neu formulieren und in allen Grundzügen so abschwächen, daß es erreichbar ist oder erreichbar werden kann: sie müßte also das kommunistische Endziel den Realitäten und Entwicklungsmöglichkeiten der Sowjetunion anpassen. Damit aber würde das kommunistische Endziel an Anziehungsvermögen und Leuchtkraft verlieren — für die Sowjetbevölkerung ebenso wie für die kommunistische Weltbewegung. 3. Schließlich könnte die Sowjetideologie das kommunistische Endziel immer seltener erwähnen, sich auf Lippenbekenntnisse bei feierlichen Anlässen beschränken, immer weniger vom Endziel sprechen und statt dessen die Aufmerksamkeit immer mehr auf die konkreten, realen politischen und wirtschaftlichen Aufgaben konzentrieren. Damit aber wäre die Sowjetunion ihrer ideologischen Zielsetzung beraubt. Mit dem Verlust dieser Zielsetzung wäre aber auch die ideologische Begründung für die Herrschaft des Parteiapparates in der Sowjetunion hinfällig.

Die Diskrepanz zwischen der Realität und den weitreichenden Zielsetzungen läßt das Grundproblem, die Achillesferse der Sowjetideologie erkennen: den Anspruch, alle ökonomischen, sozialen, politischen, ideologischen, kulturellen und menschlichen Probleme für alle Zeiten und alle Völker unfehlbar lösen zu wollen.

Abkürzungen Für die in den Fußnoten genannten Quellen sind nachstehende Abkürzungen verwandt worden (in alphabetischer Reihenfolge):

Ch I N. S. Chruschtschow, Für dauerhaften Frieden und friedliche Koexistenz (Reden und Interviews im Jahre 1957), Dietz-Verlag, Ost-Berlin 1959.

Ch II N. S. Chruschtschow, Für den Sieg im friedlichen Wettbewerb mit dem Kapitalismus (Reden und Interviews im Jahre 1958), Dietz-Verlag, Ost-Berlin 1960. EAD Friedrich Engels, Herrn Eugen Dührings Umwälzung der Wissenschaft (Anti-Dühring), Verlag für fremdsprachige Literatur, Moskau 1946.

GKP Geschichte der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, Übersetzung aus dem Russischen, Dietz-Verlag, Ost-Berlin 1959. GML Grundlagen des Marxismus-Leninismus, Übersetzung aus dem Russischen, Dietz-Verlag, Ost-Berlin, 1960.

LAW W. I. Lenin, Ausgewählte Werke in 2 Bänden, Dietz-Verlag, Ost-Berlin 1953. LM W. I. Lenin, Marx — Engels — Marxismus, Sammlung ausgewählter Aufsätze, Dietz-Verlag, Ost-Berlin 1960.

LüF W. I. Lenin, Uber den Kampf um den Frieden, Sammlung ausgewählter Aufsätze und Reden, Dietz-Verlag, Ost-Berlin 1956.

LW W. I. Lenin, Werke, vorgesehen in 40 Bänden, bisher noch nicht alle erschienen, Dietz-Verlag, Ost-Berlin 1956 bis 1962 MEAS Marx/Engels, Ausgewählte Schriften in 2 Bänden, Dietz-Verlag, Ost-Berlin 1953. MEB Marx/Engels, Briefe an A Bebel, W.

Liebknecht, K Kautsky und andere, Verlagsgenossenschaft Ausländischer Arbeiter in der UdSSR, Moskau-Leningrad 1933.

MEW Marx/Engels, Werke, vorgesehen in 40 Bänden, bisher noch nicht alle erschienen. Dietz-Verlag, Ost-Berlin 1958— 1961. MK Kar! Marx, Das Kapital In 3 Bänden, Dietz-Verlag. Ost-Berlin 1947 bzw 1951. PW Politisches Wörterbuch, russischer Originaltitel: Polititscheskij slowar, Staatsverlag für politische Literatur, Moskau 1958. Politik und Zeitgeschichte AUS DEM INHALT DER NÄCHSTEN BEILAGEN:

Karl Dietrich Bracher: „Plebiszit und Machtergreifung"

Heinz Gollwitzer: „Weltbürgertum und Patriotismus"

Babette L. Gross: „Volksfrontpolitik in den dreißiger Jahren"

Romano Guardini: „Der Glaube in unserer Zeit"

Henry A, Kissinger: „Die ungelösten Probleme der europäischen Verteidigung"

Hans Kohn: „Wege und Irrwege. Vom Geist des deutschen Bürgertums"

Wolfgang Mitter: „Gesichtspunkte zur Didaktik und Methodik der Behandlung von Ostfragan"

Franz Petri: „Deutschland und die Niederlande"

Friedrich Christian Schröder: „Das Sowjetrecht"

Egmont Zechlin: „Friedensbestrebungen und Revolutionierungsversuche" (IV. Teil)

Fussnoten

Fußnoten

  1. Karl Marx, Kritik des Gothaer Programms, MEAS, Bd. II, S. 16— 17.

  2. Lenin. Die große Initiative, Juni 1916, LM, S. 443.

  3. Lenin, Staat und Revolution, August/September 1917, LM, S. 395.

  4. Chruschtschow, über die Kontrollziffern für die Entwicklung der Volkswirtschaft der UdSSR in den Jahren 1959- 1965, Prawda, 28 Januar 1959

  5. Interview mit einem Korrespondenten des „Daily Express“, LüF, S 230

  6. Unsere außen-und innenpolitische Lage und die Aufgaben der Partei, LW, Bd. 31, S. 414.

  7. Bericht über die Tätigkeit des Rates der Volkskommissare, 8. Allrussischer Sowjetkongreß, LW, Bd. 31, S. 513 und 515.

  8. Karl Marx, Die deutsche Ideologie, 1845/46, MEW, Bd. 3, S. 50; vgl. auch Karl Marx, Die Früh-schriften, Kröner Verlag, Stuttgart 1953, S. 380.

  9. F Engels, Grundsätze des Kommunismus, MEW, 4, S. 376.

  10. EAD, S 369— 370.

  11. Die große Initiative, Juni 1919, LAW, Bd. II, S. 571.

  12. Prawda, 2. November 1961; deutsch: Ost-Probleme, Nr. 20/1961, S. 629.

  13. ebenda, S. 636.

  14. MK, Bd. I, S. 453.

  15. ebenda, S. 309.

  16. Friedrich Engels, Grundsätze des Kommunismus, 1847, MEW, Bd 4, S. 376.

  17. Lenin, Perlen der volkstümlerischen Projektemacherei, Werke, 4. Ausgabe, russisch, Bd. 2, S. 440.

  18. Lenin, über die Rolle und die Aufgaben der Gewerkschaften unter den Verhältnissen der Neuen Ökonomischen Politik, LAW, Bd. II, S. 910.

  19. Prawda, 2. November 1961; deutsch: a. a. O., S. 629.

  20. Prawda, 19. Oktober 1961.

  21. Marx, Die deutsche Ideologie, MEW, Bd. 3, S. 528.

  22. Marx, Kritik des Gothaer Programms, MEAS, Bd. II, S. 17.

  23. F. Engels, „Karl Marx", Juni 1877, MEAS, Bd. II, S. 153.

  24. Lenin, Die Aufgaben des Proletariats in unserer Revolution, April 1917, LM, S. 358.

  25. Lenin, Staat und Revolution, Herbst 1917, LAW, Bd. II, S 232.

  26. Prawda, 2. November 1961; deutsch: a. a. O., S. 639.

  27. Marx, Das Elend der Philosophie, MEW, Bd. 4,

  28. Kommunistisches Manifest, MEAS, Bd. I, S. 43.

  29. Engels, Brief an Cuno, 24. Januar 1872, MEAS, Bd. II, S. 440.

  30. Engels, Von der Autorität, Januar/Februar 1873, MEAS, Bd. I, S. 606.

  31. Engels, Brief an Bebel, März 1875, MEAS, Bd. II,

  32. Engels, Die Entwicklung des Sozialismus von 4er Utopie zur Wissenschaft, MEAS, Bd. II, S. 139.

  33. Engels, Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats, März-Juni 1884, MEAS, Bd. II, S. 299.

  34. W. I. Lenin, . Karl Marx', 1914, LM, S. 38.

  35. Lenin, Staat und Revolution, August/September 1917, LM, S. 387— 389.

  36. Stalin, Politischer Rechenschaftsbericht an den 16. Parteitag der KPdSU (B), Sommer 1930, Stalin, Werke (deutsch), Verlag Das neue Wort, Düsseldorf 1954, Bd. 12, S. 323.

  37. Stalin, Rechenschaftsbericht an den 18. Parteitag der KPdSU, März 1939, Stalin, Fragen des Leninismus, Dietz Verlag, Ost-Berlin 1951, S. 728.

  38. Stalin, Ökonomische Probleme des Sozialismus in der UdSSR, . Neue Weit', Ost-Berlin, Nr. 21/1952 S. 2597.

  39. Interview mit James Reston von der . New York Times', Ch I, S. 224.

  40. Interview mit Henry Schapiro von der . United Press“, Ch I, S. 282.

  41. Interview mit I. McDonald von der Londoner . Times', Ch II, S. 80.

  42. Chruschtschow, Rede auf dem 21. Parteitag, Prawda, 28. Januar 1959.

  43. Chruschtschow, Referat über das Parteiprogramm auf dem 22. Parteitag der KPdSU, Prawda, 19. Oktober 1961.

  44. Prawda, 4. Februar 1960.

  45. Parteiprogramm; deutsch: Ost-Probleme Nr. 20/1961, S. 647.

  46. GML, S. 782.

  47. vgl. GML, S. 781.

  48. Prawda, 2. November 1961; deutsch: Ost-Probleme Nr. 20/1961, S. 647.

  49. vgl. Stepanjan, Die Oktoberrevolution und das Werden der kommunistischen Formation. In: Woprossy filosofii, Nr. 10/1958; deutsch: Ost-Probleme, Nr. 25— 26/1958, S. 829.

  50. Prawda, 28. Januar 1959.

  51. vgl. u. a. Boris Meissner, Das Parteiprogramm der KPdSU 1903 bis 1961. Verlag Wissenschaft und Politik, Köln 1902, S. 80; sowie Harry Hamm, Der große Bluff der Sowjetstatistik, und Albert Seyler, Statistische Seifenblasen aus Moskau, Frankfurter igemeine Zeitung vom 18. Mai und 11. November

  52. Prawda, 6 Oktober 1952.

  53. Prawda, 16. Dezember 1958.

  54. Der wirtschaftliche Wettbewerb zwischen der UdSSR und den USA, Moskau 1959, russ., S. 79; vgl. Boris Meissner: Rußland unter Chruschtschow, R. Oldenbourg-Verlag, München 1960, S. 208— 211; und Rolf Wagenführ, Der Wettlauf der Großmächte, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23. Juli 1960.

  55. vgl. Boris Meissner, Das Parteiprogramm der KPdSU, 1903 bis 1961, op. cit., S. 81.

  56. vgl. Boris Meissner, Rußland unter Chruschtschow, op. cit., S. 224; und: Parteiprogramm der KPdSU 1903 bis 1961, op. cit., S. 75- 76.

  57. MK, Bd. I, S. 513.

  58. MK, Bd. III, S. 874.

  59. EAD, S. 366.

  60. Engels, Die Lage der arbeitenden Klasse in England, 1845, MEW, Bd. 2, S. 346.

  61. MK, Bd. III, S. 873— 874.

  62. Marx, Der Bürgerkrieg in Frankreich, April/Mai 1871, MEAS, Bd I, S 495

  63. Engels, Zur Wohnungsfrage, 1872, MEAS, Bd. I, S. 600.'

  64. Leo Trotzki, Literatur und Revolution, 1924, Verlag für Literatur und Politik, Wien, S. 176— 179.

  65. Stalin, Unterredung mit der ersten amerikanischen Arbeiterdelegation, Werke, deutsch, Bd. 10, S. 116— 117.

  66. vgl. Definition . Kommunismus', PW, S. 260— 261.

  67. Ost-Probleme, Nr. 20/1961, S. 647.

  68. vgl. GML, S. 810— 812 sowie A. Ljapin, Von der sozialistischen zur kommunistischen Arbeit (Woprossy ekonomikl, Nr. 3/1960); G. Gleserman, Die Verwandlung der Arbeit in das erste Lebensbedürfnis (Kommunist Nr. 9/1960) und L. N. Kogan, Von der sozialistischen zur kommunistischen Arbeit (Woprossy filosofil, 2/1960), deutsch: Sowjetwissenschaft. Gesellschaftswissenschaftliche Beiträge (im folgenden SGB abgekürzt), Nr. 3/1961, 12/1960 und 6/1960.

  69. N. S. Chruschtschow, Rede auf dem 21. Parteitag, Prawda, 28. Januar 1959.

  70. GML, S. 811.

  71. W. I. Lenin, Von der Zerstörung einer jahrhundertealten Ordnung zur Schaffung einer neuen, LAW, Bd. II, S. 667.

  72. Engels, Die Lage der arbeitenden Klasse in England, 1845, MEW, Bd. 2, S. 346.

  73. GML, S. 810— 811. Dieser Gedanke ist auch von Marx und Engels häufig zum Ausdruck gebracht worden; vgl. Karl Marx, Die deutsche Ideologie, MEW, Bd. 3, S. 33; Engels, Die Lage der arbeitenden Klasse in England, Dietz Verlag, Ost-Berlin 1952, S. 162; Engels, Grundsätze des Kommunismus, MEW, Bd. 4, S. 376, MK, Bd. 1, S. 513 und EAD,

  74. Strumilin, Gedanken über die Zukunft. In: Oktjabr, 7/1960; deutsch: Ost-Probleme Nr. 12/1960, S. 375— 378.

  75. Ljapin, Von der sozialistischen zur kommunistischen Arbeit, op cit.

  76. L. N. Kogan, Von der sozialistischen zur kommunistischen Arbeit, op cit. Vgl. auch I. L. Manewitsch, Die Beseitigung der Unterschiede zwischen geistiger und körperlicher Arbeit beim umfassenden Aufbau des Kommunismus (Woprossy filosofii, Heft 9/1960, deutsch: SGB, Heft 12/1961) und E. Strukow, Der Kommunismus und die allseitige Entwicklung der Persönlichkeit, Moskau 1960, deutsch: SGB 3/61.

  77. GML. S. 812.

  78. Strumilin, Gedanken über die Zukunft, Oktjabr 22 2 deutsch: Ost-Probleme 12/60, S. 375— 380.

  79. W. Tugarinow, Kommunismus und personale Freiheit. In: Kommunist, Nr. 18/1960; deutsch: Ost-Probleme, 5/1961, S. 135— 137.

  80. N. F. Kostin, über die Freizeit im Kommunismus (Woprossy filosofii, Nr. 5/1960); deutsch: SGB, 9/1960 und Ost-Probleme, Nr. 5/1961, S. 153— 155.

  81. Strumilin, Gedanken über die Zukunft, op cit.

  82. Chrhruschtschow, Rede in Bitterfeld (Sowjetzone) am 9. Juli 1958, 0111, 3. 380.

  83. GML. S. 812— 814.

  84. GML, S. 813— 814.

  85. Lenin, Staat und Revolution, 1917, LAW, Bd. II, S. 232.

  86. Komsomolskaja Prawda, 7. September 1958, deutsch: Ost-Probleme, Nr 12/1960, S. 365.

  87. GML, S 814.

  88. N. S. Chruschtschow, Rede auf dem 21. Parteitag, Prawda, 28. Januar 1961.

  89. vgl. K. Skoworod, Aufgaben zur weiteren Verbesserung der Versorgung der Bevölkerung mit Waren. In: Planowoje Chosjaistwo (Planwirtschaft) Nr. 2/1960. Auszug deutsch in Ost-Probleme Nr. 12/1960, S. 3622.

  90. A. Polschtschikow, Das Ansteigen des Volks-wohlstandes, Kommunist, Nr. 15/1959, S. 78 und 80.

  91. vgl. Stepanjan, Kommunismus und Eigentum, Oktjabr, Nr. 9/1960.

  92. Stepanjan, Etappen und Fristen, Oktjabr, Nr. 7/1960; deutsch: Ost-Probleme, Nr. 21/1960, S. 646— 651.

  93. G. Gak, Der Kommunismus und das persönliche Eigentum, Nr. 1/1961; deutsch: Ost-Probleme, 15/1961, S 461— 462.

  94. Strumilin, Arbeiteralltag und Kommunismus. In: Nowyj Mir, Nr. 7/1960; deutsch: Ost-Probleme, Nr. 21/1960, S. 651— 655.

  95. vgl. Denissow, Uber die Wechselbeziehung von Staat und Gesellschaft in der Übergangsperiode vom Kapitalismus zum Kommunismus. In: Sowiets koje gosudarstwo i prawo, Moskau, 4/1960; deutscn: Ost-Probleme, 14/1960, S. 445— 447, und W. W: Kortunow, Von der sozialistischen Staatlichkeit hl* gesellschaftlichen Selbstverwaltung, SGB, 12/1961

  96. GML, S 819.

  97. G. Schachnasarow, Vom Staat zur kommunistischen Selbstverwaltung. In: Polititscheskoje samo obrasowanije, Nr. 8/1960; deutsch: kurzer Auszug in Ost-Probleme, Nr. 21/1960, S. 664— 665.

  98. GML, S. 820.

  99. G. Shitarjow, Die Partei und der Aufbau des Kommunismus. In: Polititscheskoje samoobrasowanije, Nr. 8/1960; deutsch: Ost-Probleme, Nr. 21/1960, S. 665— 667.

  100. vgl. Romaschkin, Der sozialistische Staat und die kommunistische Selbstverwaltung. In: Partinaja Shisn (Parteileben), Nr. 9/1961.

  101. G. Shitarjow, Die Partei und der Aufbau des Kommunismus, op. cit. Vgl. auch W. Nikolajew, über die Entwicklung der sozialistischen Staatlichkeit zur kommunistischen Selbstverwaltung (Woprossy filosofii Nr. 12/1960).

  102. Strumilin, Arbeiteralltag und Kommunismus, °P-cit.

  103. und

  104. Strumilin, Arbeiteralltag und Kommunismus. In: Nowyj Mir, Nr. 7/1960; deutsch: Ost-Probleme, Nr 15/1960

  105. Dr. G Gradow (Direktor des Instituts für öffentliche Bauten), Die Stadt und ihr Leben. In: Iswestija, 13. Januar 1960; deutsch: Ost-Probleme, Nr. 25-26/1960, S. 800 Vgl auch A Peremyslow. Das Haus der Zukunft In: Oktjabr, Nr. 10/1960, und: Das Projekt einer Zukunftsstadt. In: Technika Molodeshy, Nr. 8/1960.

  106. Engels, Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats, 1884, MEAS, Bd. II, S. 218 und 223.

  107. Stepanjan, Etappen und Fristen, op. cit.

  108. Strumilin, Arbeiteralltag und Kommunismus, op. cit.

  109. A. Chartschew, Familie und Kommunismus. In: Kommunist, Nr. 7/1960; deutsch: auszugsweise in Ost-Probleme, Nr. 12/1960, S. 381— 383. Vgl. auch die Aufsätze von Chartschew, über den sittlichen Charakter der sozialistischen Familie (Woprossy filosofii, 1/61); Wera Bilschaj, Liebe, Familie und Frauenarbeit; Lewkowitsch/Fuks, Liebe und Familie, und N. Solowjow, Familie und Kommunismus. In: Oktjabr, Nr. 3, 7 und 12/1960.

  110. Strumilin. Arbeiteralltag und Kommunismus, op. cit.

  111. Chruschtschow, Rede auf dem 22. Parteitag, Neues Deutschland, 20. Oktober 1961.

  112. Engels, Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats, 1884, MEAS, Bd. II, S. 218.

  113. Strumilin, Arbeiteralltag und Kommunismus, op. cit.

  114. A. Chartschew, Die Familie und der Kommunismus. In: Kommunist, Nr. 7/1960; deutsch: Ost-Probleme, Nr. 12/1960.

  115. Prawda, 28. Januar 1959.

  116. Chruschtschow, Rede beim Besuch von Scholochow in Weschenskaja, Prawda, 31. August 1959.

  117. Beschluß des Zentralkomitees über die Aufgaben der Parteipropaganda unter den gegenwärtigen Bedingungen, Prawda, 10. Januar19601 deutsch: Ost-Probleme, Nr. 3/1960, S. 89— 95.

  118. GML, S. 824.

  119. Strumilin, Arbeiteralltag und Kommunismus, op. cit.

  120. Tugarinow, „Die sozialistische Gesellschaft und die Persönlichkeit', Kommunist, Nr. 18/1960; deutsch: Ost-Probleme, Nr. 5/1961.

  121. GML, S. 818- 820.

  122. Stepanjan, Etappen und Fristen, op cit.

  123. S. Popow, Bericht über eine wissenschaftliche Konferenz in der Moskauer Universität über das Thema „Der entfaltete Aufbau des Kommunismus und die allseitige Entwicklung der Persönlichkeit". In: Westnik Moskowskowo uniwersiteta, Ökonomisch-philosophische Reihe, Nr. 5/1960; deutsch: Ost-Probleme, Nr. 5/1961, S. 147- 153.

  124. Khwaja Ahmad Abbas, Face to Face with rush Delhi/Inchdieevn,, Verlag Rajpal & Sons, Kashmere Gate, S. 185

  125. GML, S. 806.

  126. Strumilin, Gedanken über die Zukunft. In: Oktjabr, Nr. 7/1960; deutsch: Ost-Probleme, Nr. 12/1960.

  127. Strumilin, Arbeiteralltag und Kommunismus, op. cit.

  128. Stepanjan, Etappen und Fristen, op cit.

  129. Stepanjan, Etappen und Fristen, op cit.

  130. GML, S 820— 821.

  131. Stalin, Werke (deutsch), Dietz Verlag, OstBerlin, Bd 12, S. 322.

  132. Stalin, Der Marxismus und die Fragen der Sprachwissenschaft, Dietz Verlag, Ost-Berlin 1952, S. 61— 65.

  133. Chruschtschow, Rede auf der IX. Gesamtdeutschen Arbeiterkonferenz in Leipzig, 7. März 1959, Ch III, S. 151— 153.

  134. Ost-Probleme Nr. 20/1961, S. 645 und 651.

  135. Komsomolskaja Prawda, 13. April 1960.

  136. M. D. Kammari, Verschmelzung der Völker. In: Woprossy filosofii, Nr. 9/1961.

  137. GML, S. 824- 825.

  138. Wissenschaft und Jugend, Moskau 1958, S. 63, russ Die Prophezeiungen Obrutschews sind inzwischen in das Lehrbuch „Grundlagen des Marxismus-Leninismus'eingefügf und haben damit partei-offizielle Bedeutung erhalten (vgl. GML, S. 825 bis 826).

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Anmerkung: Wolfgang Leonhard, geb. 16. 4. 1921 Verfasser u. a.der vieldiskutierten Bücher . Die Revolution entläßt ihre Kinder“, Kiepenheuer & Witsch, Köln, 1955; „Kreml ohne Stalin“, Verlag f. Politik und Wirtschaft, Köln, 1959.