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Zur Konzeption einer Geschichte des Zweiten Weltkrieges | APuZ 39/1962 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 39/1962 Zur Konzeption einer Geschichte des Zweiten Weltkrieges Der Entwurf einer Geschichte des Zweiten Weltkrieges 1939-1945

Zur Konzeption einer Geschichte des Zweiten Weltkrieges

HANS-ADOLF JACOBSEN

Diese Einführung und Disposition einer Geschichte des Zweiten Weltkrieges 1939— 1945 erscheinen mit einer umfassenden Bibliographie als Heft 2 der Schriften der Bibliothek für Zeit-

geschichte, Weltkriegsbücherei (Stuttgart), Frankfurt 1963. (Darin sind auch alle Anmerkungen und wissenschaftlichen Belege enthalten.)

Die nachfolgend veröffentlichte Disposition zu einer Geschichte des Zweiten Weltkrieges, die durch eine Einführung erläutert wird, ist als eine erste umfassende Diskussionsgrundlage gedacht, nicht aber als eine endgültig abgeschlossene Konzeption. Sie will lediglich den großen Aufgabenkreis und die wichtigsten Schwerpunkte andeuten, dabei allerdings die erforderlichen Akzente setzen und eine historisch gerechtfertigte Periodisierung des Krieges erreichen. Daß der vorliegenden Gliederung noch manche Mängel anhaften, sich vereinzelt Überschneidungen und bei einer wünschenswerten Bearbeitung — von einem einzelnen oder mehreren — verschiedene Änderungen und Verbesserungen ergeben, ist selbstverständlich.

Der Zweck dieses Beitrages wäre erfüllt, würden die darin geäußerten und skizzierten Überlegungen zu einer fruchtbaren wissenschaftlichen Auseinandersetzung über das behandelte Thema anregen und die politische Pädagogik befähigen, die Geschichte des Zweiten Weltkrieges — in Ursprüngen, Verlauf und Ausblick — im Unterricht künftig sinnvoller zu gestalten.

Zur Einführung

Obgleich bereits siebzehn Jahre seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges vergangen sind, beweisen die sich häufig überstürzenden Ereignisse der Tagespolitik immer von neuem, wie stark unsere Gegenwart mit den schwerwiegenden, verhängnisvollen Entscheidungen der Jahre 1939 bis 1945 verflochten ist, aber auch wie sehr der Ausgang dieser weltweiten Auseinandersetzung das Gesicht unserer Zeit geprägt hat: das Schicksal des geteilten Deutschlands in einem gespaltenen Europa unter dem Schatten der Atombombe und der sowjetkommunistischen Herausforderung. verständlich, daß sich uns stets von neuem die Frage aufdrängt: Wie war das alles möglich? Was damals den Zeitgenossen unentwirrbar, unverständlich oder gar unfaßbar erschien, ist nunmehr dank der internationalen zeitgeschichtlichen Forschung in Motiven, Anlässen und im Verlauf klarer und überschau-

barer geworden, mögen auch noch zahlreiche Detailfragen zu beantworten bleiben. Heute können wir die Geschichte dieses Krieges in seinen wichtigsten Konturen und Dimensionen schreiben, und zwar objektiver, als dies unmittelbar nach Kriegsende vielfach geschehen ist. Allerdings ist die Flut der Veröffentlichungen zur Geschichte des Zweiten Weltkrieges (Überblicke, Memoiren, Tagebücher, Monographien, Dokumentationen und Aufsätze) inzwischen unübersehbar geworden. Allein eine Spezialbibliographie zur Geschichte Südosteuropas von 1939 bis 1945 führt annähernd 2 000 Titel auf. Unter diesen Umständen ist der einzelne Historiker kaum imstande, alle Neuerscheinungen systematisch zu verfolgen, geschweige denn auszuwerten. Er wird sich daher auf das Wesentliche beschränken müssen, will er nicht den Überblick über das Ganze und die wichtigsten Entwicklungslinien verlieren.

Quellen und Literatur Neben den großen Akteneditionett zur Auswärtigen Politik, mit deren Herausgabe Deutschland, Großbritannien, Italien, die Sowjetunion (allerdings zunächst erst ab 7. 11. 1917) und die Ver-einigten Staaten begonnen haben, sind vor allem die amtlich-offiziösen Darstellungen der Krieg-führenden heranzuziehen, die auf der Grundlage reichhaltiger Quellenbestände verfaßt worden sind (deren Provenienz in Großbritannien leider nicht angegeben wird). Eine Übersicht aus dem Jahre 1962 zeigt, daß die Arbeiten u. a. in Den Haag, London, Moskau. Rom und Washington gut vorangekommen sind. In etwa vier bis fünf Jahren dürften die einzelnen Serien und Reihen (vorwiegend unter militärischer -medizinischer -wirtschaftlicher Fragestellung) abgeschlossen sein. Daß diese z. T. recht umfangreichen Bände auf manche historisch relevante Frage keine oder zumindest eine nur unbefriedigende Antwort geben, versteht sich von selbst. Eine rückhaltlose Darlegung — z. B.der amerikanischen und britischen Politik und Strategie — wird wahrscheinlich erst zu erwarten sein, wenn die staatlichen Behörden den Historikern Zugang zu allen Archiven und Beständen gewähren. In England mag dies vielleicht in 30 Jahren der Fall sein — wenn man sich dort weiterhin strikt an das 50 Jahre-Prinzip hält. Bedauerlicherweise hat Frankreich noch immer nicht mit der Veröffentlichung einer amtlichen Geschichte des Krieges begonnen.

Mit einer ernsthaften Erforschung der sowjetischen Politik und Kriegführung wird frühestens dann zu rechnen sein, wenn grundlegende Veränderungen in der Sowjetunion eingetreten sind. Die bisherigen Veröffentlichungen (nicht nur der Stalin-Ära) sind so stark von den Parteidirektiven und dem ideologischen Klischee geprägt, daß sie für eine tiefschürfende Analyse der sowjetischen Intentionen und Führungsmaßnahmen nur sehr begrenzten Wert besitzen. Auf jeden Fall müssen die Arbeiten des Marxismus-Leninismus-Instituts in Moskau — freilich nach entsprechender Entideologisierung — mit herangezogen und ausgewertet werden.

Im Gegensatz dazu kann heute die deutsche Politik vor 1939 und im Zweiten Weltkrieg bis in die feinsten Verästelungen hinein erforscht und dargestellt werden, wenngleich auch für manche Einzelfrage die Quellenlage ungünstig bleiben mag. Große Teile der deutschen Akten wurden bekanntlich 194 5 vernichtet. Alle erhalten gebliebenen Bestände aber stehen der zeitgeschichtlichen Forschung zur Verfügung. Dies gilt freilich für die militärischen Akten vorläufig nur mit Einschränkungen, da die Rückgabe an das Militärgeschichtliche Forschungsamt keineswegs abgeschlossen ist. Zudem wird die Sichtung und Archivierung noch längere Zeit in Anspruch nehmen, so daß eine amtliche Darstellung (der Bundesrepublik) erst in den nächsten Jahren bearbeitet werden kann.

Von den wichtigsten Quellenwerken zur deutschen Kriegführung und zu m ZusantMenbrucIt 1945 seien hier als unentbehrlich erwähnt: Das Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht (Bd. IV: 1944/1945; Bd. III: 1943 erscheint Anfang 1963), das persönliche Tagebuch des Chefs des Genst. d. H., Gen. Oberst Halder (Bd. I: 1939/1940; Bd. II und III in Vorbereitung), Hitlers Lagebesprechungen (1942 bis 1945: Protokollfragmente), die Führerkonferenzen mit der Seekriegsleitung (bisher nur in engl. Übersetzung. Deutsche Ausgabe in Vorbereitung), die Führerweisungen 1939 bis 1945, Hitlers Tischgespräche im Führerhauptquartier 1941 bis 1942, Hitlers Koalitionsbesprechungen 1940 bis 1944 (in Vorbereitung), Hitlers Bunkergespräche („Politisches Testament“) 1945, eine Reihe von Spezial-Quellensammlungen zu bestimmten Kampfabschnitten und vor allem die Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ostmitteleuropa, die von Th. Schieder herausgegeben wird.

Aus dein umfassenden internationalen Schrifttumkönnen hier nur einige Arbeiten angeführt werden, die zur Klärung unseres Geschichtsbildes in hervorragender Weise beigetragen haben. Von den großen Überblidten und Zusammenfassungen sind an erster Stelle die Surveys of International Affairs (des Royal Institute in London) zu nennen, die, von Arnold Toynbee vortrefflich betreut, bis heute im ganzen unerreicht geblieben sind, mögen inzwischen auch im Detail zahlreiche Korrekturen erforderlich geworden sein. Den weiten Bogen vom Ausbruch des Ersten Weltkrieges bis zur Katastrophe von 1945 umspannt in souveräner Bewältigung des Stoffes das bereits in dritter Auflage vorliegende Werk von H. Herzfeld „Weltmächte und Weltkriege“, in dem die ideengeschichtlichen Triebkräfte ebenso berücksichtigt sind wie die Staatenentwicklung und die wirtschaftlichen Faktoren unserer Epoche. Weiterhin ist auf die geistvolle Analyse Dehios zu verweisen sowie auf die Arbeiten von Salis (Schweiz), Renouvin (Frankreich), Crouzot (Frankreich) und Black/Helmreich (USA), ferner auf verschiedene Beiträge in der neuen deutschen Propyläen-Weltgeschichte (Bd. IX). sein. Den weiten Bogen vom Ausbruch des Ersten Weltkrieges bis zur Katastrophe von 1945 umspannt in souveräner Bewältigung des Stoffes bereits in dritter Auflage vorliegende Werk H. Herzfeld „Weltmächte und Weltkriege“, dem die ideengeschichtlichen Triebkräfte ebenso berücksichtigt sind wie die Staatenentwicklung und die wirtschaftlichen Faktoren unserer Epoche. Weiterhin ist auf die geistvolle Analyse Dehios zu verweisen sowie auf die Arbeiten von Salis (Schweiz), Renouvin (Frankreich), Crouzot (Frankreich) und Black/Helmreich (USA), ferner auf verschiedene Beiträge in neuen deutschen Propyläen-Weltgeschichte IX).

die neuerdings wieder häufiger diskutierte Zur Kriegsschuldfrage Zur Vorgeschidtte des Zweiten Weltkrieges gibt es wohl mehrere vorzügliche Spezialuntersuchungen, etwa von Bracher (Anfänge der nationalsozialistischen Außenpolitik), Langer/Gleason, (Challenge to Isolation), Celovsky (Münchener Abkommen), Hofer (Entfesselung des Krieges 1939), Toscano (Entstehung des „Stahlpaktes“), Meinck (Deutsche Aufrüstung), Roos (Polen und Europa), Siebert (Italiens Weg in den Zweiten Weltkrieg) und Sommer (Deutschland — Japan), um nur die wichtigsten aufzuführen. Das grundlegende Werk über Ursprung und Anlaß des Kriegsausbruches 1939 (1941) auf dem Hintergrund der Weltpolitik, etwa beginnend mit der mißlungenen Friedensordnung von 1919, in dem kritisch abgewogen alle bisher veröffentlichte Literatur, das gesamte erreichbare Quellenmaterial ausgewertet wäre und das somit den Stand unseres historischen Wissens vermittelte, steht jedoch noch aus. Die beiden jüngst erschienenen und heftig diskutierten Bücher von Taylor (Die Ursprünge des Zweiten Weltkrieges) und Hoggan (Der erzwungene Krieg) — letztere bisher nur in deutscher Übersetzung — sind nicht nur methodisch höchst anfechtbar, sondern auch in ihren Thesen unhaltbar. Beide Verfasser gehen im Grunde von einer vorgefaßten Meinung aus; dies gilt im besonderen für die Untersuchung Hoggans. Überdies haben sie einen der wesentlichsten Aspekte in der internationalen Politik jener Jahre völlig übersehen: nämlich den Mechanismus totalitärer Systeme.

Kriegsschuldfrage von 1939 (1941) betrifft, so im Lichte der bisherigen, ernstzunehmenden Forschung festgehalten: Gewiß ist der Zweite Weltkrieg nicht allein durch den Ehrgeiz und Machthunger eines einzelnen entstanden.

Ganz frei von Verantwortung für diese erneute Katastrophe war kaum eine Macht. Alle später Kriegführenden haben in gewisser Weise der faschistischen und nationalsozialistischen Politik Vorschub geleistet. Erinnern wir uns z. B. an die „Beschwichtigungspolitik“ der Engländer und Franzosen, den Frieden auch um jeden Preis zu erhalten, an den Egoismus der süd-osteuropäischen Länder, an die Überheblichkeit der polnischen Staatsmänner, die u. a. in der Überschätzung ihrer eigenen Kräfte zum Ausdruck kam, oder an das Verhalten der Sowjetunion im Sommer 1939. Ebenso haben die Vereinigten Staaten ihren Teil zum Kriegsausbruch im Pazifik beigetragen (z. B. durch ihren „harten Wirtschaftskurs"), ohne daß dadurch Japan von der Verantwortung für den 7. Dezember 1941 freigesprochen würde.

Mag sich das geschichtliche Urteil über Theorie und Praxis des Nationalsozialismus als eines vereinzelten Rückfalles in die Barbarei und in die Mißachtung der die Völker verpflichtenden Normen für ein geregeltes Zusammenleben wandeln angesichts der Erfahrungen des „Kalten Krieges", der Kampfmethoden auf dem afrikanisch-asiatischen Erdteil und der Wirkungen moderner Massenvernichtungswaffen. Nichts wird sich indessen an der Erkenntnis ändern, daß Hitler und sein Regime durch ihre hemmungslose Gewaltpolitik den größten Teil der Verantwortung für das Jahr 1939 und seine Folgen vor der Geschichte tragen. In diesem Zusammenhang seien die mahnenden Worte R. Wittrams zitiert: „Das Werturteil und das Schuldurteil muß sich nach unserem inneren Verantwortung für das Jahr 1939 und seine wahr sein, als wir selber uns ihm stellen. Von geschichtlicher Schuld mögen wir ungern sprechen;

wir müssen es tun — um unserer selbst und unserer Kinder willen. Nicht als Ankläger, Richter oder Verteidiger, sondern als Steuer-leute, die für das Schiff, das unsere Jugend an Bord hat, im Strom der Überlieferung und im Sturm der historischen Suggestionen den rechten Kurs finden sollen."

Schrifttum Deutschlands Leider fehlen bis heute umfassende und fundierte Gesamtanalysen zur Politik, Koalitionskriegführung und Strategie Deutschlands, Italiens und Japans. Desto eingehender hat sich jedoch die internationale Forschung mit der Ausbreitung und dem Wesen des nationalsozialistischen Herrsdtaftssystems in Europa befaßt. In ihrer Art vorbildlich sind die Arbeiten des Amerikaners Dallin über die deutsche Herrschaft in Rußland, der Sammelband „Hitler's Europe“ des Royal Institute for International Affairs und die kleine Studie von L. Gruchmann über die Nationalsozialistische Großraumordnung. Auffallende Lücken bestehen allerdings noch auf dem Gebiet der NS-Wirtschaftspolitik; auch gibt es noch keine befriedigende Untersuchung, in der die Entwicklung zum totalen Krieg oder die inneren Machtkämpfe zwischen Partei, SS, staat-liehenDienststellen und Wehrmacht behandelt werden. Zu den seit 1949 entstandenen, methodisch und inhaltlich bahnbrechenden Einzel-untersuchungen aus deutsdier Feder zählen u. a. die Arbeiten von Broszat (NS-PoIenpolitik), Doerr (Stalingrad), Greiner (Wehrmachtführung), Heim-Philippi (Rußlandfeldzug), Hillgruber (Deutschland — Rumänien, Krim), Hubatsch („Weserübung"), Klee („Seelöwe“), Murawski (Wehrmachtbericht), Rohwer (U-Bootkrieg), Ruge (Seekrieg) und Tippelskirch (Militärische Geschichte des Zweiten Weltkrieges). Die hier genannten und in der Auswahlbibliographie der Weltkriegsbücherei (Heft 2 der Bibliothek für Zeitgeschichte, Stuttgart) aufgeführten Arbeiten ermöglichen es, Planungen, Taktik, Zielsetzung und Kriegführung des nationalsozialistischen Deutschlands eingehend zu würdigen. Italien Für Italien sieht die Quellen-und Literaturlage nicht ganz so günstig aus. Zwar bieten die amtlichen Publikationen des italienischen Generalstabes für die militärische Seite und einige Memoiren (einschließlich der Tagebücher Cianos) sowie die im Erscheinen begriffenen Akten zur Auswärtigen Politik einen gewissen Ersatz für die noch fehlenden wissenschaftlich befriedigenden Untersuchungen; auch gibt es eine Reihe guter Überblicke von Paldella, Gigli, Bernotti, Wiskeman (Großbritannien), Cocchi, Santoro. Aber alle diese Arbeiten ersetzen nicht die notwendige Gesamtdarstellung der italienischen Politik.

Japan Recht ungleichmäßig ist auch noch der Quellen-und Literaturbestand zur japanischen Politik und Kriegführung. Zwar sind in Japan einige Dokumentenbände und vor allem auch Memoiren führender Politiker wie der Ministerpräsidenten Wakatsuki, Okada, Ugaki und Konoe oder der Außenminister Arita, Togo und Shigemitsu sowie von Diplomaten wie Morishima, Horiuchi, Ishii, Nomura und Kurusu erschienen, doch wurden bisher nur die Werke von Togo und Shigemitsu in westliche Sprachen übersetzt. Noch ungünstiger sieht es bei den militärischen Publikationen aus, wo nicht die umfassendsten Werke vonTanemura (Das Geheime Tagebuch des Hauptquartiers) oder Hattori (Geschichte des Großen Ostasiatischen Krieges), sondern lediglich ein wesentlich knapperes Buch von Hayashi übersetzt wurde. So bleibt man für die japanische Seite noch weitgehend auf die Ergebnisse der amerikanischen Forschung angewiesen, die sich bisher am intensivsten mit dem Überfall auf Pearl Harbour beschäftigt hat. Die unglückliche Fragestellung nach der „Schuld“ an dieser Katastrophe fesselte allerdings die Historiker in einer jahrelangen Kontroverse, die den Blick für die rechte Einordnung dieses Ereignisses in den Gesamtablauf vernebelte (vgl. dazu die Aufsätze von Rohwer). Erst neuerdings führen Werke wie das von Butow (über Gen. Tojo) wieder aus dieser einseitigen Verengung heraus.

Die beste, leicht zugängliche Orientierung über die japanischen militärischen Planungen bieten neben Aufsätzen von Hattori (Gesamtplanung)

und Ohmae (Marine) die entsprechenden Bände der amtlichen amerikanischen, britischen, australischen, indischen, niederländischen und neuseeländischen Werke über den Zweiten Weltkrieg.

Die Alliierten Für die alliierte Seite liegen eine Reihe wertvoller Untersuchungen über die Kriegsziele, zur »Großen Strategie" und Koalitionsproblematik vor. Hier sind in erster Linie die Arbeiten von Feis (Politik der „Großen Drei"), McNeill (Großbritannien, UdSSR und USA im Kriege), Langer/Gleason (Undeclared War), Sherwood (Roosevelt-Hopkins), Snell (Dilemma over Germany), Woodward (Britische Außenpolitik im Zweiten Weltkrieg) und Moltmann (Amerikanische Kriegszielpolitik) anzuführen, die drei Bände der „Großen Strategie“ der amtlichen britischen Serie, der amerikanische Sammelband Command Decisions, die Memoiren Churchills (mit den wichtigen Dokumenten), Eisenhowers, de Gaulles, C. Hulls, Stimsons, Kings, Leahys und Lord Ismays, die von A. Bryant veröffentlichten Auszüge aus den Tagebüchern des britischen Empire Generalstabschefs Lord Alanbrooke und nicht zuletzt die grundlegenden Studien der Amerikaner Matloff und Snell über die Koalitionskriegführung von 1941— 1944, ferner die inzwischen veröffentlichten Akten des State Departments zu den Konferenzen von Teheran, Jalta und Potsdam. Diese Bände gestatten einen tiefen Einblick in den Mechanismus der alliierten Kriegführung und veranschaulichen Ziele und Maßnahmen der britisch-amerikanischen Politiker sowie ihrer militärischen Planer, aber auch etwas von deren so bewegter „inside story“, den mannigfachen Schwierigkeiten und Friktionen.

Für die sowjetische Kriegführung bleibt vorerst die parteiamtliche Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges (Bd. I—IV erschienen, d. h. bis 1944), die alle bisherigen Bücher der Stalin-Chruschtschow-Ära zu diesem Thema ersetzt, richtungweisend.

Zieht man das Resümee der bis zum Jahre 1962 erschienenen wesentlichen Publikationen der internationalen Forschung zur Geschichte des Zweiten Weltkrieges, so ist hervorzuheben, daß wohl gewisse Zusammenhänge im großen aufgezeigt, viele Streitfragen geklärt, die mannigfachen Aspekte des Krieges in Einzelstudien behandelt und die wichtigsten strategischen Pläne wie Maßnahmen aller kriegführenden Seiten gewürdigt worden sind, daß aber zweifellos noch erhebliche Lücken (diese sind in den einzelnen Ländern recht unterschiedlich) und Schwächen bestehen, im besonderen, was die Gesamtdarstellungen des Krieges betrifft. Im nachfolgenden können davon nur einige grundsätzliche Probleme angeschnitten werden — so die Periodisierung, bestimmte Schwergewichte und spezifische Fragestellungen —, die es in einer Geschichte des Zweiten Weltkrieges künftig stärker zu erforschen und zu betonen gilt.

Universalgeschichtliche Einordnung und Periodisierung Einmal ist es bisher immer noch nicht gelungen, den Zweiten Weltkrieg universalgeschichtlidt zutreffend einzuordnen, (s. Einleitung, 1; 1/1— 5; D/l— 8) d. h., ihn als Phänomen des Spät-imperialismus, des Zeitalters der Revolutionen, Weltkriege und totalitärer Ideologien wertend darzustellen. Das erfordert vor allem eine klare Unterscheidung der Zäsur 1939 bis 1945 von den Epochejahren 1914 bis 1918 mit ihren „Denkformen und Zielsetzungen“, die Behandlung der Einheit und Ordnungsprinzipien Europas mit den sich daraus ergebenden Problemen politischer und wirtschaftlicher Natur. An anderer Stelle wird darauf ausführlich einzugehen sein.

Eine der wesentlichen Schwächen der meisten Darstellungen zeigt sich bei den bisherigen Versuchen der Geschichtsschreibung, den Zweiten Weltkrieg in ganz bestimmte Perioden einzuteilen. Überwiegend gehen die Autoren von einem militärischen Ablauf der Ereignisse aus. Sie unterteilen den Krieg in die Phase der „siegreichen Blitzfeldzüge" (der deutschen Wehrmacht und ihrer Verbündeten) entsprechend den von Hitler nacheinander geführten Feldzügen von 1939 bis 1942, in die der Kriegswende (d. h.des militärischen Umschwunges 1942/1943 im Pazifik, Nordafrika, in Rußland und zur See) und der deutsdi-japanischen Rückschläge an allen Fronten bis zum militärischen Zusammenbruch 1945 (die britischen und amerikanischen Autoren bevorzugen naturgemäß die umgekehrte Reihenfolge). Das bekannte deutsche Nach-schlagewerk Ploetz gliedert z. B. das Geschehen in „die Zeit der deutschen Erfolge“ (1939 bis 1941) und in die „Zeit der deutschen Niederlagen" (1942 bis 1945); ein drittes Hauptkapitel ist dem Krieg im pazifischen Raum (1937 bis 1945) gewidmet, während die zwischenstaatlichen Ereignisse und die Staatengeschichte 1939 bis 1945 ebenso gesondert behandelt werden wie die Maßnahmen in den besetzten Gebieten. Es hat aber auch nicht an Bemühungen gefehlt, den Krieg in ein Nebeneinander von militärischen Feldzügen und politisch-wirtschaftlichen Maßnahmen aufzugliedern. In Sonderkapiteln wurden sodann ganz bestimmte Problemkreise wie etwa die Judenverfolgung, der Widerstand, die Wirtschaft, die Rüstung, die Kriegszielpolitik, der SS-Staat usw. erörtert. Am Rande sei vermerkt, daß die sowjetische Geschichtsschreibung einer solchen Periodisierung begreiflicherweise nicht folgt. Entsprechend der Sowjetideologie unterscheiden die Historiker des Kremls „gerechte" und „ungerechte“ Phasen des Krieges, je nachdem, ob dabei die „sozialistischen Errungenschaften" auf dem Spiel stehen oder nicht. Demnach haben z. B. England und Frankreich 1939 noch keineswegs einen „gerechten" Krieg geführt, sondern einen „imperialistischen Eroberungskrieg“. Erst mit dem wachsenden Widerstand der „Volksmassen“ gegen die deutschen Okkupanten hat sich der Übergang zum „gerechten Krieg“ angebahnt. (Sogenannte Übergangsperiode vom Juli 1940 bis zum Juni 1941). Mit dem Eintritt der Sowjetunion in den Konflikt (1941) hat sich der Krieg endgültig zu einem „wahrhaft gerechten Befreiungskampf“ entwik-kelt. Auch für die „kapitalistischen Teilnehmer der Antihitlerkoalition“ hat der Krieg zu die-sem Zeitpunkt einen „gerechten" und „fortschrittlichen“ Charakter angenommen.

Zuletzt hat H. G. Dahms in seiner Geschichte des Zweiten Weltkrieges (aus deutscher Sicht) unter Berücksichtigung aller Teilaspekte — wie Wirtschaft, Technik, Besatzungspolitik, Partisanenkrieg und Spionage — einen umfassenden Überblick über den Zweiten Weltkrieg geben wollen. Aber da er weder ausreichende Quellen-kenntnisse noch eine klare Vorstellung von der Einordnung des Krieges in den Gang der Weltgeschichte besaß, ist seine im Ansatz sicherlich verdienstvolle Arbeit über das Aufzählen des rein Faktischen kaum nennenswert hinausgediehen. Hunderte von Einzeltatsachen ergeben noch lange kein plastisches Gesamtbild, außerdem beantworten sie nicht im entferntesten die uns so bewegenden Fragen: weshalb z. B. dieser von allen Seiten erbarmungslos geführte Krieg in eine derartige Katastrophe einmündete, wie es zur tragischen Spaltung Europas kam, warum der Ost-Westkonflikt heraufbeschworen wurde, der unserer Gegenwart das Gesetz des Handelns aufzwingt, oder weshalb der Imperialismus der europäischen Staatensysteme schließlich dem „Dualismus der Weltmächte" weichen mußte.

Der Krieg — ein Instrument der Politik Wir sollten endlich begreifen, daß nur derjenige diesen unbarmherzigen Prozeß der Weltgeschichterichtig schildern und erklären kann, der die kämpfenden Heere und Partisanen, die eingesetzten Flugzeuge und Kriegsschiffe, die verschiedenen Waffen, die fortschrittliche Technik, die Mobilisierung der gesamten Wirtschaft und die entfesselten Leidenschaften — kurz das umfassende Wehrpotential der Kriegführenden als Mittel der Politik, also instrumental, zur

Verwirklichung ganz spezifischer machtpolitischer

Ziele wertet (1/4, 5, 7, usw.; 11/1, 7, 8, usw.) und gleichzeitig den totalen Krieg bei aller Vielfalt seiner Elemente als einheitliches Ganzes erfaßt. Clausewitz hat den Krieg einmal treffend als die „Fortsetzung des politischen Verkehrs mit Einmischung anderer Mittel" bezeichnet, der niemals von der Politik getrennt werden dürfe, da sonst „alle Fäden des Verhältnisses“ zerreißen würden. Wenn wir von dieser Definition des Krieges ausgehen, die bis zum Durchbruch der neuen Waffensysteme nach dem Zweiten Weltkrieg unbestreitbare Gültigkeit besaß, dann ist es verfehlt, die historische Entwicklung der Jahre von 1939 bis 1945 lediglich in siegreiche und verlorene Schlachten einzuteilen, einseitig das wechselvolle Auf und Ab der Kampfhandlungen auf beiden Seiten zu verfolgen oder gar isoliert behandelte Teilprobleme (vgl. z. B. die zahlreichen mehr oder minder „keimfreien“ Feldzugsmonographien und Divisionsgeschichten) zum Maßstab unserer Beurteilung zu machen. Vielmehr müssen wir als erstes den Kriegs-zielen der Großmächte nachspüren und damit der unabdingbaren Wechselwirkung von Politik und Kriegführung in ihren mannigfachen Dimensionen und Unwägbarkeiten. Sodann wird es darauf ankommen, die militärischen Anstrengungen (aller Waffengattungen), die Maßnahmen auf dem Gebiet der Technik, der Wirtschaft und der Rüstung sowie die psychologischen Gegebenheiten usw. zutreffend in den historischen Gesamtablauf einzuordnen, um schließlich die ihnen im Rahmen des Ganzen zukommende Bedeutung herauszuarbeiten. Dabei sollte der Historiker nicht nur der Wahrheit gerecht zu werden suchen, sondern auch der „Forderung nach Gerechtigkeit“. Der Historiker will nicht nur feststellen, , wie es gewesen ist', „sondern eben damit den Menschen ihre Ehre geben, ihre Verstricktheit in Schuld und Schicksal zeigen, das Böse und Dunkle beim Namen nennen, das Bessere nicht verschweigen“ (Wittram).

I. Der Kampf um die Neugestaltung Europas und des großostasiatischen Raumes (1939-1943)

Aus dem bisher Erläuterten ergibt sich die Aufgabe, im Mittelpunkt des ersten Hauptteils einer Geschichte des Zweiten Weltkrieges die politischen Pläne, Maßnahmen und Ziele jener Großmächte (1/1— 23) zu verfolgen, die Asien und Europa — beginnend mit den dreißiger Jahren — in einem „atemberaubenden Anlauf zur imperialen Eroberung“ (Schieder) herauszufordern begannen: Japan, Italien und Deutschland. Deren Aktionen blieben allerdings nachweislich voneinander getrennt, ja zum Teil ohne gegenseitige Fühlungnahme. Es ist also unzutreffend, von einer gemeinsamen, zielbewußten Verschwörung dieser drei Partner (deren Herrschaftssysteme in ihren Strukturelementen bei allen nachweisbaren Parallelen doch auch grundlegende Unterschiede aufwiesen) gegen den Frieden zu sprechen. Die Schilderung, auf welchen Wegen, mit welchen Mitteln und an welchen Fronten diese Großmächte versuchten, ihre weitgesteckten Ziele zu realisieren und auf welchen Widerstand sie stießen, sollte dann wie ein roter Faden die Kapitel 1/4— 18 durchziehen. (Einzelheiten sind der Disposition zu entnehmen, in der die hier vorgeschlagenen Schwergewichte durch Stichworte angedeutet werden.) Demgegenüber müßte die Behandlung der Abwehr durch die herausgefordeten Mächte und Staaten — einzeln oder kollektiv — in diesem ersten Hauptteil etwas zurücktreten (I/5d, f; 9c, e, f; 13, 15, 18). Im übrigen könnte die politische Pädagogik auf diese Weise den Zweiten Weltkrieg besser in den Gesamtablauf der Geschichte einbeziehen und auf die uferlosen Schilderungen verwickelter Kampfhandlungen verzichten.

Die „Achse" Berlin -Rom -(Tokio)

Als 1936/1937 die sogenannte „Achse Berlin — Rom — (Tokio)“ (1/5 b) zustandekam, äußerte sich der damalige amerikanische Botschafter Grew treffend: „Analysiert man die jetzige Dreieckkombination ... so leuchtet unmittelbar ein, daß diese Gruppe nicht allein antikommunistisch ist, sondern daß ihre Politik und ihre Praktiken ebenso denen der sogenannten demokratischen Mächte zuwidrläuft ... Es ist eine Vereinigung von Staaten, die auf den Umsturz des Status quo bedacht sind und sich zu jenen Staaten in Opposition stellen, die den Status quo aufrechtzuerhalten wünschen, einfacher gesagt, der . Habenichtse'gegen die . Habenden'. . .der Antikommunismus ist lediglich Panier, unter dem sich die . Habenichtse'zusammenschließen“. Zweifellos strebten Japan, Italien und Deutschland, von einem „historischen Sendungsbewußtsein“ durchdrungen, eine Neuverteilung des Rohstoff-und Siedlungsraumes in der Welt an. Ihre Ziele waren letzthin Ausdrucksform spätimperialistischer Machtpolitik. Die Extremisten in Tokio (1/4; 11; 14 und 18) glaubten an eine Neuordnung ganzer Erdteile durch das Schwert. Sie wollten das Sonnenbanner bis tief in das „Reich der Mitte“ (China) hineintragen, um die notwendige Scholle für das zu eng gewordene Imperium zu erobern. Schieder hat in seiner Untersuchung über „Imperialismus in älter und neuer Sicht“ darauf hingewiesen, daß die japanische Politik mit der faschistischen und nationalsozialistischen eines vor allem verband: in „allen diesen Fällen" war die Expansion in keiner Weise mehr wie in der Zeit des klassischen Imperialismus „Ausdehnung aus Überfluß — Überfluß an Kapital, Menschen und Waren“ —, sondern „Ausdehnung aus einer Art Kurzschlußreaktion auf politische Depression, wirtschaftliche Krise und Verarmung“. Hier wäre freilich zu ergänzen, daß die nationalsozialistische Ausprägung des Spätimperialismus, sehen wir einmal von der veränderten Stoßrichtung ab, die 1939 bis 1943 im Gegensatz zur „überseeischweltpolitischen" des Kaiserreiches „kontinental“

ausgerichtet war, auch Elemente zielstrebiger Planung und zukunftsträchtiger Programmatik enthielt, wie es für die großen Ideologien des 20. Jahrhunderts symptomatisch ist. Die „Neuordnung" Europas Hitlers Politik (1/5— 17) hat in Theorie und Praxis verdeutlicht, daß es ihm weder allein um die Hegemonie ging, noch allein um den Aufbau eines Großwirtschaftsraumes, sondern in erster Linie um die völlige rassische Neugestaltung Europas im Sinne seiner Dogmen, die auch als eine „letzte Übersteigerung europazentrischer Weltpolitik“ (Bracher) beurteilt werden kann; diese ließ für die historisch gewachsenen Traditionen und Werte der Unterworfenen keinen Spielraum mehr. Handelte es sich dabei doch zum Teil um die „physische Dezimierung anderer europäischer Völker ohne moralische oder völkerrechtliche Hemmungen und unter gröbster Verletzung des Willens der . Verbündeten'“ (Gruchmann). Seit den zwanziger Jahren war Hitler überzeugt, daß der „Zusammenschluß der europäischen Völker“ aus der zwingenden Einsicht „in eine drohende Not“ heraus eine „phantastische, geschichtlich unmögliche Kinderei sei“. In seinem zweiten Buch aus dem Jahre 1928 polemisierte er mit Nachdruck gegen die „paneuropäische Bewegung", der er mangelnde Realität vorwarf. Besonders wandte er sich gegen den fundamentalen Grundirrtum, „Menschenwerte“ (in Form der rassischen Aufzüchtung) könnten durch „Menschenzahl“ ersetzt werden. Im Gegensatz zu den Europaplänen seiner Zeit, in deren Mittelpunkt die Gedanken der Souveränität der Staaten, der Gleichheit ihrer Rechte und des freiwilligen föderativen Zusammenschlusses standen, war Hitler von der Idee beherrscht, daß „dauerhafte Volkszusammenschlüsse nur stattfinden" könnten, wenn „rassisch an sich gleichwertige und verwandte Völker in Frage kommen und wenn zweitens ihr Zusammenschluß in der Gestalt des langsamen Prozesses eines Hegemoniekampfes stattfindet.“ An anderer Stelle behauptete Hitler, daß der „Erfolg des Lebenskampfes der kraftvollsten Nation in Europa, und was dann übrig bleibe, so wenig ein Pan-europa sein“ werde, wie die Einigung der „ladinischen Staaten einst etwa ein Pan-Ladinien war. Die Macht, die damals diesen Einigungsprozeß in jahrhundertelangen Kämpfen durchgeführt hat, hat dem ganzen Gebilde für immer auch den Namen gegeben.“ Und „die Macht", so fuhr Hitler fort, „die heute auf so natürlichem Wege ein Paneuropa schüfe, würde ihm damit zugleich auch die Bezeichnung Paneuropa rauben.“

Hitler meinte, daß Europa nach diesem Einigungsprozeß in der Lage sein würde als Welt-macht aufzutreten und damit „Nordamerika die Stirne" zu bieten. Daß derartige Ideen keineswegs leere Phrasen oder weitschweifige Spekulationen waren, sondern Teile festumrissener Planungen, hat sich im Verlauf des Zweiten Weltkrieges offenbart, nämlich dann, als die nationalsozialistische Führung mit der Verwirklichung dieser Pläne begann. Aus diesem Grunde bleiben auch alle Versuche einseitig oder untauglieh, Hitlers Zielsetzung allein aus seiner Politik von 1933— 1939 zu deuten (wie dies vor allem bei Taylor und Hoggan geschieht). Denn Was bei diesem Taktik und was Programmatik war, haben erst die Jahre von 1939— 1945 enthüllt. Z. B. hat die nationalsozialistische Besatzungspolitik in Rußland bewiesen, daß der sogenannte „Antibolschewismus" des „Führers“ letztlich nur eine wirksame Propagandawaffe war.

Es gehört zu einer der weiteren Aufgaben zeitgeschichtlicherForschung, die zahlreichen Pläne Europas int 20. Jahrhundert miteinander zu vergleichen, aber auch ihre wesentlichen Unterschiede herauszuarbeiten. Dann würde sichtbar, welche Wege und aus welchen Gründen unter keinen Umständen gangbar gewesen sind, mögen die anderen auch erst nach einem längeren Entwicklungsprozeß eine befriedigende Lösung verheißen. In diesem Zusammenhang könnte an die Überlegungen der Reichsleitung im Kaiserreich angeknüpft werden, unter deutscher Hegemonie einen mitteleuropäischen Großwirtschaftsraum zu schaffen (freilich als Ergebnis militärischer Gewaltanwendung), um sodann auf den Coudenhove-Kalergi-Plan aus dem Jahre 1923 einzugehen, auf die Gedanken einer Wirtschaftsunion Briands (1929), die Empfehlungen Milan Hodzas (1942) sowie C. F. Goerdelers, auf die Deklarationen der europäischen Widerstandskämpfer von 1944, bis hin zu den Vorschlägen W. Churchills, die dieser am 21. März 1943 in einer Rundfunkansprache über alle Sender zusammenfaßte (vgl. II/6 und 8). Der britische Premierminis: er vertrat damals die Auffassung, daß ein „Europäischer Rat“ für die Befriedigung Europas geschaffen werden müsse, in dessen „Gefüge sich alle, auch die stärksten der in Frage kommenden Mächte einordnen, dem ein Oberster Gerichtshof zur Schlichtung von Streitigkeiten sowie bewaffnete Streitkräfte (seien sie nun national oder international zusammengesetzt oder auch beide Arten nebeneinander) zwecks Durchführung seiner Entscheidungen und Verhinderung neuerlicher Angriffe und künftiger Kriegsvorbereitungen zur Verfügung stehen." —

Gemessen an den Zielen Japans, vor allem aber Hitlers, waren diejenigen Mussolinis (I/4b; 1/10, 11, 17) im ganzen maßvoller, wenn auch nicht weniger ehrgeizig. Der Duce, der Dokrinär der Tat, kämpfte für die Vorherrschaft Italiens im Mittelmeerraum, für territoriale Erwerbungen in Afrika, im Jonischen Meer, für den Besitz Korsikas und Nizzas. Ja er träumte wohl von der Wiederaufrichtung eines „Römischen Mittelmeer-Reiches“ moderner — faschistischer — Prägung, von Macht und Ansehen für das italienische Volk, was er — wie bei den meisten Diktatoren — bald mehr und mehr mit seiner persönlichen Macht identifizierte. Doch gerieten er und seine Politik schließlich ganz in das „Schlepptau" des Nationalsozialismus. Sein Verhängnis war, daß er sich von den deutschen militärischen Anfangserfolgen hinreißen ließ, in Parallelkriegen dem gleichen Kriegsruhm nachzujagen wie sein nördlicher Nachbar. Die Einsicht, daß die Kräfte des faschistischen Italiens nicht ausreichten, diese überspannten Ziele gegegen die großen Seemächte, aber auch gegen den Willen des eigenen Generalstabes und Teilen des eigenen Volkes durchsetzen, kam zu spät.

Der erste Hauptteil müßte mit einer Beschreibung des „Großgerntanischen Reiches" (1/16), einer kritischen Analyse der deutsdien Krieg-führung von 1939 bis 1943 (1/19; bzw. Italiens und Japans: 1/21; 1/22) und vielleicht mit der Darstellung der deutschen Opposition gegen Hitler (1/20) schließen. Dabei wäre, soweit uns die Quellen darüber ein Urteil erlauben, einmal die territoriale Ausdehnung, Wesen und Methoden des nationalsozialistischen Herrschaftssystems in Europa in umfassender Weise zu veranschaulichen, zum anderen zu begründen, warum Hitler und sein Regime (das gleiche gilt für Italien und Japan) diesen Krieg niemals gewinnen konnten; daß sie ihn politisch verloren hatten, bevor der erste Schuß fiel und sich daher alle Spekulationen über die „verpaßten Chancen" oder „verlorenen Siege“ erübrigen. Und endlich wäre eingehend darzulegen, wie das Antlitz des Nationalsozialismus (1/16) die moralische Empörung jener wachrief (nicht erst 1943/44, sondern schon vor 1939), die sich nicht von den äußeren Erfolgen und den hohlen Parolen ihrer Zeit blenden ließen, sondern zur Überwindung des Systems und geistig-sittlichen Erneuerung Deutschlands drängten.

Analyse der Kriegführung Im achten Buche seines Werkes „Vom Kriege" hatte Carl von Clausewitz davor gewarnt, daß „man keinen Krieg anfange", oder „vernünftigerweise keinen anfangen sollte, ohne sich zu sagen, was man mit und was man in demselben erreichen will: das erste ist der Zweck, das andere das Ziel. Durch diesen Hauptgedanken werden alle Richtungen gegeben, der Umfang, Mittel, das Maß der Energie bestimmt, und er äußert seinen Einfluß bis in die kleinsten Glieder der Handlung hinab.“ Um aber „daß Maß der Mittel kennenzulernen, welches man für den Krieg“ aufzubringen habe, müsse man „den politischen Zweck desselben unsererseits und von Seiten des Feindes bedenken; wir müssen die Kräfte und Verhältnisse des feindlichen Staates und des unsrigen, wir müssen den Charakter seiner Regierung, seines Volkes, die Fähigkeiten beider, und das alles wieder von unserer Seite, wir müssen die politischen Verbindungen anderer Staaten und die Wirkungen, welche der Krieg darin hervorbringen kann, in Betracht ziehen.“ Diese kriegstheoretischen Erkenntnisse aus dem 19. Jahrhundert hat bezeichnenderweise im 20. Jahrhundert gerade die deutsche Führung weithin außer acht gelassen; ja im Verlaufe des Zweiten Weltkrieges negierte sie diese völlig.

Indessen wird eine Analyse der alliierten Krieg-führungam Schluß des zweiten Hauptteils (11/13) ergeben, daß auf dieser Seite in den Jahren 1941 bis 1945 alle Voraussetzungen gegeben waren bzw. geschaffen wurden, den Krieg militärisch zu gewinnen. Daß dies der sogenannten „Antihitlerkoalition“ allerdings nicht „gesetzmäßig" zugefallen ist, weil hier das „Neue gegen das Alte" kämpfte, wie es sowjetkommunistische Historiker wahrhaben wollen (die von einem deterministischen Geschichtsablauf überzeugt scheinen), dürfte ohne besondere Schwierigkeiten nadizuweisen sein. Erst das Zusammenwirken zahlreicher Faktoren hat ihr den militärischen Triumph unter schweren Opfern gesichert. Entscheidend fiel ins Gewicht, daß diese Koalition bald über 75 Prozent aller personellen und materiellen Reserven der Welt verfügte, von einer weitaus günstigeren strategischen Position aus operieren konnte, zudem die nationalsozialistische Besatzungspolitik in Europa ihr geradezu in die Hände arbeitete. Im übrigen ist es müßig, die Frage zu beantworten, wer von den Koalitionspartnern den größten Anteil am militärischen Sieg über die Achsenstreitkräfte und Japan gehabt hat. Daß die Geschichtsschreiber des Kremls den Sieg ihres Landes, ihres Systems und ihrer Streitkräfte übertreiben, schreibt ihnen die Partei vor. Fest steht, daß die große Allianz nur mit vereinten Kräften die Angreifer niederwerfen konnte. Keiner hätte ohne den anderen erreicht, was sie 1945 gemeinsam vollendeten.

Jedoch haben auch die Alliierten — sehr zum Nachteil der Nachkriegsentwicklung — gegen einen gewichtigen Grundsatz von Clausewitz verstoßen: als sie nämlich in der Endphase des Krieges bei der Ausarbeitung und Durchführung ihrer Operationspläne (in Frankreich und im Pazifik) keinerlei Rücksichten auf die „Formen des politischen Zustandes“ nahmen, wie „sie voraussichtlich nach dem Ende der Feindseligkeiten bzw. in dem danach eintretenden Nicht-kriegszustand herrschen" würden. Betrachtet man den „Krieg als Teil eines politischen Problemkomplexes auf lange Sicht“, dann „hätte man sich fragen müssen“, so kritisierte u. a. G. Kennan, „bis zu welchem Grade (z. B.) Japan zum Vorteil Rußlands auf die Dauer geschwächt werden durfte.“ Bei derartigen Überlegungen wäre dann auch „die Antwort auf die Frage, ob eine Beteiligung der Sowjetunion am Kriege gegen Japan erwünscht gewesen sei, „etwas anders ausgefallen“, als es de facto geschah.

Die deutsche Opposition Dank der grundlegenden Arbeiten von Foerster (Bede), Leber (Das Gewissen steht auf), Ritter (Goerdeler), Rothfels (Opposition) und Zeller (20. 7. 1944) dürften die ethischen Motive und die mannigfach verschlungenen Aktionen der deutschen Opposition gegen Hitler 193 3 bis 1944 im wesentlichen geklärt sein. Das schließt nicht aus, daß zahlreiche Einzelprobleme und die Einordnung des Widerstandes in den Gang der Geschichte weiterer Klärung, intensiverer Durchdringung und sorgsamerer Differenzierung harren. Verschiedentlich werden Licht und Schatten anders zu verteilen sein, als dies bisher geschehen ist. Vor allem muß man sich darüber klar sein, daß es neben dem relativ kleinen Kreis derer, die den Staatsstreich vom 20. 7. 1944 im einzelnen vorbereiteten und zu verwirklichen suchten, den viel größeren Bereich der oppositionellen Gruppen, Grüppchen und Einzelpersonen gab, die sich zwar in der Ablehnung des NS-Unrechtsstaates einig waren, im übrigen aber den verschiedensten weltanschaulichen Richtungen angehörten. Aus diesem Bereich wurden viele in die Katastrophe des 20. 7. 1944 hineingezogen, die zu den wirklichen Verschwörern nur in verwandtschaftlicher oder beruflicher Verbindung standen oder mit ihnen sympathisierten, ohne jedoch von den konkreten Aktionen zu wissen oder an ihnen beteiligt gewesen zu sein (1/20).

Das Kriegsbild Schließlich sind bei allen Forschungen viel zu wenig die Ersdieinungslorwen und Wandlungen des Kriegsbildes in ihren Auswirkungen auf die politischen Entscheidungen (und umgekehrt) vor Kriegsausbruch und von 1939 bis 1945 untersucht worden (1/23; 11/14).

Weshalb ist trotz der zahlreichen internationalen Vereinbarungen und der sich fast die Waage haltenden kollektiven Verteidigungssysteme der Große Krieg — sowohl 1914 als auch 1939 — ausgebrochen? Gewiß auch deshalb, weil die Mächte, befangen in den Vorstellungen des Kriegsbildes ihrer Zeit, überzeugt waren, die zwischen ihnen bestehenden Gegensätze und Streitfragen mittels Gewalt, d. h. durch Krieg als letzte konsequente Steigerung der Machtpolitik, durch den Einsatz aller verfügbaren Waffen und Mittel, wenn nicht für immer, so doch für längere Zeit aus der Welt schaffen zu können. Sie glaubten, auf diese Weise ihre politischen Pläne schneller und sicherer realisieren zu können, ebenso, daß der dafür erforderliche Einsatz an Menschenleben und der Aufwand an materiellen Werten in einem tragbaren Verhältnis zu dem erstrebten Ziel stehen würde. Damit verband sich zugleich die Vorstellung vom Sieger und Besiegten. Schon der Verlauf des Ersten Weltkrieges hat jedoch die ganze Fragwürdigkeit dieser Ansichten offenbart. Der totale Krieg entwickelte eine Eigengesetzlichkeit, die kaum mehr zu bändigen war und die sich im Zweiten Weltkrieg durch die Ideologisierung und Radikalisierung der Kriegführung auf beiden Seiten um ein Vielfaches potenzierte.

In der Darstellung könnte hier wieder an einen Gedanken angeknüpft werden, den Clausewitz im ersten Buche seines Werkes „Über die Natur des Krieges“ ausgeführt hat: „Der Krieg ist ein Akt der Gewalt, und es gibt in der Anwendung derselben keine Grenzen; so gibt jeder dem anderen das Gesetz, es entsteht eine Wechselwirkung, die dem Begriff nach zum Äußersten führen muß.“ Es wäre u. a. zu zeigen, in welcher Weise und in welchen Phasen des totalen Krieges — auch als Folge der „Erfassung der absoluten potentiellen Energien" (Jünger) — Hinterland und Heimatgebiet mit der kämpfenden Front zur Einheit verschmolzen, warum die Kriegführung in ebenso starke Abhängigkeit von einer intakten Wehrwirtschaft wie von einer ungestörten technischen Forschung und Entwicklung geriet, wie der Wettlauf auf dem Gebiet der Waffentechnik in der Erfindung und im Abwurf der ersten Atombomben gipfelte, die ein Zeitalter völlig neuartiger strategischer Waffen ankündigten, und wie endlich der ideologische Kampf und die revolutionäre Kriegführung nicht nur die Leidenschaften auf beiden Seiten ins Unkontrollierbare steigerten (Terror — Gegen-terror), sondern auch die Grenzen nationalstaatlicher Vorstellungen zerstörten und neue Wert-bezüge schufen. (Vgl. im übrigen die weiteren Stichworte in den Kapiteln 1/26 und 11/14.)

II. Die „Pazifizierung" der Aggressoren: um den Aufbau und die Sicherung einer neuen Weltfriedensordnung

Im Mittelpunkt des zweiten Elauptteils einer Gesdtichte des Zweiten Weltkrieges müßten, analog der Anwendung des Clausewitzschen Prinzips auf die Kriegführung der „Achse“ und Japans im ersten Hauptteil, Politik und Strategieder sogenannten „Antihitlerkoalition“ stehen, d. h. Großbritanniens, der UdSSR, der Vereinigten Staaten und ihrer Verbündeten, die 1942/43 die militärische Initiative auf allen Kriegsschauplätzen an sich gerissen hatten und nunmehr das Gesetz des Handelns zu diktieren begannen (1/17, II/l— 12). Demgegenüber sollten die hartnäckigen, verzweifelten Abwehrkämpfe Deutschlands (bis zum Herbst 1943 auch Italiens) an den verschiedenen Fronten der „Festung Europa“ sowie die Rückzüge Japans im Pazifik von 1943— 1945 in der Darstellung etwas zurücktreten (11/3, 4, 9, 10). Vielleicht könnte dieser zweite Hauptteil die Überschrift tragen: Die „Pazifizierung“ der Aggressoren:um den Aufbau und die Sicherung einer neuen Weltfriedensordnung.

Damit würde einmal das unverrückbare Primär-ziel der Verbündeten ausgedrückt (über das cs weniger zu schwerwiegenden Kontroversen kam (sehen wir einmal von der Problematik der verschiedenen Operationsvorschläge ab): Deutschland, Italien und Japan (aber „Germany first“) militärisch schnell und rationell vollständig niederzuwerfen (1/13 c, 15 b; II/2, 3, 4, 9) und hierzu die Allianz, so heterogen ihre Kräfte in allen Ländern und innerhalb der Widerstandsgruppen (11/6) auch sein mochten, möglichst wirksam zu halten. In diesem Zusammenhang darf allerdings nicht vergessen werden, daß der Zweite Weltkrieg nur als eine gleichzeitige und oft miteinander verwobene Auseinandersetzung zu Lande, zur See, in der Luft und unter dem Blickwinkel globaler Interdependenz der großen Kriegsschauplätze: Europa — Afrika — Asien und Amerika (Nachschub, wirtschaftliche Lieferungen) zutreffend bewertet werden kann (1/13 C, 15, 18; 11/2, 3, 4, 9, 13).

Zum anderen würde der übergeordnete Endzwedt der gemeinsamen alliierten Anstrengung hervorgehoben: nicht nur die besiegten Staaten — vor allem Deutschland — politisch in der Weise umzugestalten bzw. vertraglich festzulegen, daß sie die Völker nie wieder mit der „Geißel des Krieges" überziehen konnten, sondern auch, im Glauben an die unteilbare Welt, an die „Grundrechte des Menschen, an die Würde und den Wert der menschlichen Person" (Charta der Vereinten Nationen), ein neues kollektives Sicherheitssystem ins Leben zu rufen, das den internationalen Frieden und die Stabilität in der Welt gewährleistet (II/8, 11).

Höhepunkt und Ausblick des zweiten Haupt-teiles müßte endlich die Darstellung sein, die erklärt, wie die Antwort auf die nationalsozialistische-faschistische und japanische Herausforderung durch die große Koalition zwar mit einem militärischen Sieg endete, aber zugleich ein neues politisches Dilemma heraufbeschwor: den Ost-West-Konflikt mit all seinen Konsequenzen (11/10, D). Denn bei der Diskussion über die künftigen Mittel und Wege zur politischen Neugestaltung Europas und zur Befriedigung der Welt brach das „fremdartige“ Bündnis auseinander. Zu tief waren die ideologischen Gegensätze, die bis dahin von der einen Seite verschleiert, von der anderen entweder bagatellisiert oder mißachtet worden waren. Als die Rote Armee in den von ihr „befreiten“ osteuropäischen Gebieten ein „fait accompli" geschaffen hatte — das mehr wog als alle bis 1945 vertagten Beschlüsse —, wurde der große Irrtum offenbar: zu glauben, weil alle „dieselben Gegner“ hatten, würden sie auch „alle für dieselbe Sache kämpfen“.

Sowjetkommunistische Kriegsziele Für die Behandlung dieser Kapitel (11/1— 13) ist die Quellenlage zwar nicht ganz so günstig wie für die Zeit der nationalsozialistisch-faschistischen (japanischen) Vorherrschaft (1/5— 22), immerhin dürfte es mit dem bisher veröffentlichten Material möglich sein, die wichtigsten Probleme, Zäsuren und Divergenzen der alliierten-sowjetisehen Politik und Kriegführung darzulegen. Um allerdings über Intentionen, W'andlungen und Taktik des Sowjetkommunismus urteilen zu können, sind wir nach wie vor auf die indirekten Aussagen (in den Memoiren westlicher Politiker und Militärs) bzw. auf die britischen, amerikanischen und polnischen (London) Protokolle und Dokumente (Teheran, Jalta und Potsdam z. B.) angewiesen. Denn außer dem Briefwechsel zwischen Stalin, Churchill und Roosevelt, einem Quellenband über die sowjetisch-französischen Beziehungen von 1941— 1945 sowie einigen zu propagandistischen Zwecken ausgewählten Aufzeichnungen von der Konferenz von Teheran (1943) hat Moskau bisher nichts veröffentlicht, was zur Klärung der oben angedeuteten Themen beitragen könnte.

Seit der Oktoberrevolution 1917 hat das bolschewistische — sowjetkommunistische Herrschaftssystem (1/2) immer nachdrücklicher den Anspruch erhoben, Vollstrecker der Weltgeschichte zu sein. Daher wird jede Analyse der sowjetischen Außenpolitik unzureichend bleiben, die diese allein als Ausdruck der ihr immanenten realpolitischen, historisch-traditionellen Faktoren oder überwiegend als Reflex der innenpolitischen Entwicklung wertet. Schon 1920 hat es Lenin vor den Moskauer Zellensekretären als eine der wichtigsten Regeln bezeichnet, die „wir (d. h. die Bolschewisten) ... nicht nur theoretisch erfaßt, sondern auch praktisch angewandt haben und die für uns lange Zeit, bis zum endgültigen Sieg des Sozialismus in der ganzen Welt, die Grundregel bleiben wird, nämlich: daß man die Gegensätze und Widersprüche zwischen zwei Kapitalismen, zwischen zwei Systemen kapitalistischer Staaten, ausnutzen und sie gegeneinander hetzen muß. Solange wir nicht die ganze Welt erobert haben, solange wir wirtschaftlich und militärisch schwächer sind als die übrigen, die kapitalistische Welt, solange haben wir uns an die Regel zu halten, daß man es verstehen muß, sich die Widersprüche und Gegensätze zwischen den Imperialisten zunutze zu machen". Fünf Jahre später hat Stalin, der gelehrige Schüler Lenins, in seiner Rede auf der Plenartagung des ZK der KPR (B) im Hinblick auf die internationale Lage erklärt: „Bei Verwicklungen in den uns umgebenden Ländern wird sich vor uns unbedingt die Frage unserer Armee, ihrer Macht, ihrer Bereitschaft als lebenswichtige Frage erheben. Das bedeutet nicht, daß wir bei einer solchen Situation unbedingt aktiv gegen irgend jemand auftreten müssen. Dem ist nicht so. Wenn irgend jemand solche Gedanken bei sich aufkommen läßt, so ist das falsch. Linser Banner bleibt nach wie vor das Banner des Friedens. Sollte aber der Krieg beginnen, so werden wir nicht untätig zusehen können — wir werden auftreten müssen, aber wir werden als letzte auftreten. Lind wir werden auftreten, um das entscheidende Gewicht in die Waagschale zu werfen, ein Gewicht, das ausschlaggebend sein dürfte."

An dieser gewichtigen Maxime sowjetischer Außenpolitik hat sich nichts wesentliches geändert; noch heute zählt sie zu einer der Prämissen für den verheißenen Endsieg der proletarischen Revolution, d. h.des Sowjet-kommunismus. Mag die Politik der UdSSR bis zum Kriegsausbruch 1939 aus verschiedenen Gründen auf der staatlidt-diplomatischen Ebene stärker im Zeichen der Defensive gestanden haben, die auch mit der These von der „Einkreisung der Sowjetunion durch die faschistischen Mächte“ begründet wurde, die gleichzeitige ideologische Offensive (Komintern) blieb davon unberührt (1/2, 4 c, 5 d, f; 7 b, 8). Wie unnachgiebig und konsequent die sowjetischen Politiker im übrigen die internationale Lage zur eigenen strategischen Sicherung, aber auch im Sinne weltrevolutionärer Zielsetzung zu nutzen verstanden, haben das Geheimabkommen mit Hitler vom 23. 8. 1939, der Überfall auf Finnland Ende November 1939, die Annexionen des Baltikums, Bessarabiens und der Nordbukowina im Juni 1940 enthüllt (1/7, 8). Daß sie in den Jahren 1940-1941 einen Angriff gegen Deutschland geplant haben, erscheint dagegen wenig wahrscheinlich; schließlich hatten sie auf „kaltem“ Wege — ihre beliebtere Methode und viel gefahrloser — ihre ersten territorialen Wünsche befriedigen können.

Der deutsche Überfall auf die Sowjetunion vom 22. 6. 1941 (1/12) änderte zunächst die Situation von Grund auf. Im „Großen Vaterländischen Krieg“ (1/13 b) kämpfte die Sowjetunion mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln um die nackte staatliche und gesellschaftliche Existenz. Erst im Dezember 1941 war die schwerste Krise überwunden, zumal das Bündnis mit Großbritannien und den Vereinigten Staaten (1/13) berechtigte Aussichten verhieß, den Krieg auf lange Sicht militärisch zu gewinnen. Stalin hat denn auch im Dezember 1941 in einem Gespräch mit dem britischen Außenminister Eden erstmals seine Zukunftspläne angedeutet, die in der Teilung Deutschlands, in der Schwächung der europäischen Mitte und in der Anerkennung der osteuropäischen Annexionen der Sowjetunion durch die Westmächte gipfelten. Doch weckten diese vorerst auf britischer Seite wenig Sympathien.

Unter dem Eindruck der militärischen Lage im Jahre 1942 stellte Stalin seine Forderungen zunächst zurück; angesichts des wachsenden militärischen Übergewichts der Roten Arme« an der europäischen Landfront brachte er sie aber erneut zur Sprache (II/3a, 7, 8). Tatsächlich gelang es ihm, seinen Bündnispartnern gewisse territoriale Zugeständnisse abzuringen. Stalin und Molotow wollten nicht nur behalten, was sie der Politik Hitlers verdankten, sondern auch ihren Einfluß auf jene Gebiete ausdehnen, die zum Teil die Nationalsozialisten für sich beansprucht hatten, so z. B. auf den Balkan (einschließlich der Meerengen) und auf Finnland. 1944 formulierten die Sowjets auch ihre Bedingungen gegenüber Japan: Einfluß in der nördlichen Mandschurei, in der äußeren Mongolei, Abtretung Südsachalins und der Kurilen (11/12 a). Unterdessen hatten sie es geschickt verstanden, ihr eigenes Herrschaftssystem syste-matisch zu verharmlosen (Auflösung des Komin-terns 1943, Kirchenpolitik). Erst die „Befreiung“ Ostmitteleuropas durch die Rote Armee 1944/45 ließ dessen wahren Charakter und das vorläufige Endziel der Sowjetkommunisten wieder sichtbar werden: neben der territorialen Ausdehnung des sowjetischen Imperiums (bei der sich historische und strategische Ziele ergänzten) und dessen Einflußsphäre in Europa und Asien wollten sie den Ländern Ostmitteleuropas die eigene Staats- und Gesellschaftsordnung oktroyieren (11/10). Jetzt rächte sich die „unentschuldbare Ignoranz (der Alliierten) gegenüber der Natur des russischen Kommunismus, gegenüber der Geschichte seiner Diplomatie, den Vorgängen während der Säuberungsaktionen und dem, was in Polen (Katyn) und den baltischen Staaten vor sich gegangen war" (Kennan).

Wenn auch heute die „Hauptlineamente" der sowjetischen Politik im Zweiten Weltkrieg zu überblicken sind, so bleiben doch zahlreiche Probleme ungeklärt. Z. B. wissen wir immer noch nicht, wie der militärische Führungs-apparat der UdSSR tatsächlich funktioniert hat oder wie das totalitäre Herrschaftssystem in allen Einzelheiten ausgebaut worden ist (vgl. dagegen 1/16). Zu welchem Zeitpunkt und aus welchem konkreten Anlaß hat Stalin seine ursprüngliche Absicht aufgegeben, die Teilung und die Entindustrialisierung Deutschlands als wichtigste Vorbeugungsmaßnahmen zu fordern, um dann für die „Einheit" des Reiches einzutreten, zu der er sich zur Überraschung seiner Bündnis-partner am 8. 5. 1945 öffentlich bekannte? Welche Weisungen hat Marschall Rokos-sowski, der Oberbefehlshaber der 1. Weißrussischen Front, im August 1944 (II/3a, 6) erhalten, als er während des Aufstands polnischer Patrioten in Warschau unter General Bor gegen die deutsche Besatzung mit seinen Truppen „Gewehr bei Fuß“ solange wartete, bis der Aufstand niedergeworfen war? Auch ist bis heute kein klares Bild von dem wirklichen Anteil der alliierten Lieferungen für die sowjetische Kriegs-wirtschaft von 1941-1945 zu gewinnen (11/13 a). Das sind nur einige von vielen Fragen, auf die uns die sowjetischen Chronisten bis heute eine Antwort schuldig geblieben sind.

Zur alliierten Kriegszielpolitik Über die Grundzüge der britisdt-amerikanischen Kriegszielpolitik im Zweiten Weltkrieg (1/13 d, II/l usw.) ist heute im großen und ganzen ein übersichtliches Bild zu gewinnen. Es kann im Rahmen dieser kurzen Einführung zu der nachfolgenden Disposition einer Geschichte des Zweiten Weltkrieges darauf verzichtet werden, näher auf sie einzugehen. Hier seien nur einige Problemkreise angedeutet.

Die Kriegsziele der westlichen Demokratien wurden erstmals am 14. August 1941 (1/13 d) in der sogenannten Atlantik Charta von Churchill und Roosevelt für die Weltöffentlichkeit verkündet. Die darin betonten demokratischen Prinzipien wurden dann in der Erklärung der Vereinten Nationen vom 1. 1. 1942 übernommen und von 26 Staaten anerkannt, mit der sich bis 1945 weitere 19 Länder solidarisch erklärten. Freilich besaßen diese recht vagen Formulierungen mehr deklamatorischen Charakter, zumal sie als Fanal für die unterdrückten Völker dienen und diesen Ziele und Sinn ihres Widerstandes gegen Hitler weisen sollten. Wie weitgehend beide Staatsmänner unter dem Eindrude der militärischen Situation von ihren verkündeten Prinzipien allerdings abgewichen sind, haben die Gespräche während der Kriegskonfe-renz in Moskau, Washington, London, Teheran, Jalta und Potsdam sowie die Ereignisse von 1945 zur Genüge bewiesen (Selbstbestimmungsrecht der Völker).

Mit der, wie wir heute wissen, nicht improvisierten Forderung nach einer „bedingungslosen Kapitulation“ der Gegner durch Roosevelt und Churchill im Januar 1943 (II/l), der sich Stalin in einem Tagesbefehl vom 1. Mai 1943 anschloß, setzte indessen die eigentliche entscheidende Phase der alliierten Kriegszielpolitik ein. Sie war letzten Endes Ausdrude einer „Tabula rasa“ -Politik, einer Politik der freien Hand für die große Koalition, die sich unter keinen Umständen durch irgendwelche Zugeständnisse an die Besiegten festlegen und die Nachkriegsordnung ganz im „Geiste der Demokratie" gestalten wollte. Daß diese öffentlich proklamierte Formel der bedingungslosen Kapitulation psychologisch äußerst ungeschickt gewesen ist und für die deutsche Opposition gegen Hitler einen schweren Rückschlag bedeutete, kann nicht bestritten werden. Doch muß der oft geäußerten These entgegengetreten werden, diese Forderung hätte den Krieg verlängert. Hitler hätte auch bei gemäßigteren Bedingungen seiner Gegner den Krieg nicht früher beendet, da es für ihn nur die Alternative Sieg oder Untergang gab. Er und seine engsten Mitarbeiter wußten, daß die conditio sine qua non der Alliierten ihr eigener Abtritt von der Weltbühne sein würde. Goebbels schrieb am 2. März 1943 in sein Tagebuch: „. . . Vor allem in der Judenfrage [man könnte hinzufügen: durch die nationalsozialistische Vernichtungspolitik] sind wir ja so festgelegt, daß es für uns kein Entrinnen mehr gibt. Und dies ist auch gut so . . .“

Im übrigen verdeutlichen die mannigfachen Überlegungen und Vorschläge des Stateund War Department, der Marine, des Kriegsinformationsbüros, des Finanzministers Morgenthau u. a. in Washington, des britischen Kabinettsausschusses unter Attlee, des Foreign Office, des belgischen Außenministers Spaak, der Europäischen Beratenden Kommission (EAC) in London und anderer über die „Pazifizierung“ der Aggressoren und die Möglichkeiten regionaler Sicherheitssysteme in Europa nach Kriegsende, wie intensiv diese schwerwiegenden Probleme studiert und wie heftig sie zum Teil diskutiert, angenommen und wieder verworfen worden sind (II/7). Sie veranschaulichen aber auch, daß die Ansichten über die künftig zu verfolgende Politik, über einen „harten“ oder „milden" Frieden weit auseinandergingen. Gewiß: für alle Ämter, Gruppen und Persönlichkeiten blieb oberstes Gebot, nach Möglichkeit jede erneute Bedrohung des Friedens auszuschalten. Aber wie weit konnten und durften die Siegermächte in ihren Maßnahmen gehen, — auch im Hinblick auf die völlig veränderte Machtkonstellation in Mitteleuropa — wollten sie nicht die Besiegten in ihrer wirtschaftlichen und sozialen Substanz und damit die politische Stabilität Europas gefährden? Nach allen uns heute vorliegenden Zeugnissen kann nicht behauptet werden, daß die Alliierten sich in den Kriegsjahren zu spät und zu wenig mit den Fragen der politischen Zukunft Europas und der Welt auseinander-gesetzt haben. Viele der Empfehlungen wirken angesichts des von beiden Seiten total geführten ideologischen Vernichtungskampfes (1/12, 23; 11/14) noch recht konstruktiv, wenn auch anfänglich eine große Unsicherheit über die zukünftige Rolle der UdSSR herrschte. Erst im Herbst 1943 entwarfen verschiedene Fach-gremien ein etwas realistischeres Bild von der Bedeutung und dem Einfluß der UdSSR in Europa nach Kriegsende. Kritische Stimmen warnten wiederholt vor einem politischen Vakuum in Mitteleuropa; eine Zerstückelung Deutschlands würde nur sowjetischen Hegeino-niebestrebungen zugute kommen. Doch weniger diese Anregungen und Empfehlungen bestimmten den Lauf der Geschichte, als vielmehr die dazu oft im Widerspruch stehende „persönliche Politik“ der Großen.

Churchill und Roosevelt ließen sich bei ihren Entschlüssen und Handlungen weitgehend von persönlichen Erfahrungen (1918), eigenen Neigungen, ideologischen Gesichtspunkten, aber auch von Klischeevorstellungen, die sie z. T. von ihren engsten Beratern übernommen hatten, leiten (11/1, 7, 8). Beiden war — ebenso wie Stalin — eine unverhohlene Animosität gegenüber Deutschland, den Deutschen und — in tragischer Gleichsetzung — dem Nationalsozialismus eigen, die sich durch die laufend bekanntwerdenden Maßnahmen nationalsozialistischer Besatzungsund Vernichtungspolitik noch verstärkte. Es ist daher nicht verwunderlich, daß alle Sondierungsversuche aus den Kreisen der deutschen Opposition in London und Washington in den Jahren 1940— 1943 negativ verliefen (T/20)

Roosevelt hat von 1942 an die Aufteilung Deutschlands in mehrere autonome Staaten als Allheilmittel gegen jede künftige Kriegsgefahr in Europa betrachtet. Mochte er auch im „Durchdenken der Konsequenzen", die sich aus den „absoluten und territorial unbeschränkten Herrschaftsansprüchen" Hitlers für sein Land und die Demokratien ergeben konnten, große „staatsmännische Weitsichtigkeit" bewiesen haben und mag in den „Folgerungen, die er daraus zog, seine weltgeschichtliche Bedeutung (Moltmann) gesehen werden, in der Beurteilung des Sowjetkommunismus und dessen weltrevolutionärer Dynamik erwies sich seine Politik als falsch und verhängnisvoll (II/l 3b und d). Zwar hat er grundsätzliche Entscheidungen im Verlauf des Zweiten Weltkrieges immer wieder hinausgezögert, doch machte er Stalin — auch als Kompensation für die sichtbare militärische Schwäche der Alliierten 1942/43 (Ausbleiben einer Zweiten Front) — gewisse Zugeständnisse territorialer Art. Um keinen Preis wollte er das militärische Bündnis gefährden. Zudem hoffte er, nach dem Sieg über die „Achsenstreitkräfte" und Japan die schwebenden Probleme im Hin-blick auf die Sicherung des Weltfriedens rascher und leichter lösen zu können.

Ohne Zweifel wird man das Illusionäre in der Politik des amerikanischen Präsidenten mit seinen weitreichenden Folgen nicht verschweigen dürfen, ja kritisieren müssen. Aber es ist doch zu fragen, ob angesichts der globalen Strategie, des hartnäckigen deutschen Widerstandes an allen Fronten und der aufgeputschten Leidenschaften überhaupt ein wesentlich anderer Ausgang des Krieges denkbar gewesen wäre — ohne zugleich das „fremdartige“ Bündnis zwischen Großbritannien, der Sowjetunion und den Vereinigten Staaten aufs Spiel zu setzen und damit den Sieg über Hitler? Standen die westlichen Staatsmänner nicht vor einem unlösbaren Dilemma: den aggressiven Nationalsozialismus und seine Satelliten zu schlagen, ohne die Vorherrschaft der Sowjetunion in Ost-und Mitteleuropa zu begünstigen? Die Frage, ob sich durch eine frühzeitigere Landung der Alliierten 1942 oder 1943 in Frankreich die Lage wirklich zugunsten der Demokratien entwickelt hätte, gehört in das Reich der Spekulation. Die Alliierten haben das Unternehmen „Overlord" vor dem 6. Juni 1944 (II/3 c) nicht riskiert, und viele Gründe dafür (nicht zuletzt des Transportes über See) muß man als berechtigt ansehen.

Diese Entscheidungen und Maßnahmen dürfen eben nicht aus der Sicht des „Kalten Krieges" beurteilt werden, mit der sich ein falsches Wunschdenken verbindet — wie dies allzu häufig (auch in den Vereinigten Staaten) geschieht —, sondern aus dem jeweiligen historischen Augenblick, den stets die Summe aller bis dahin gemachten Erfahrungen beeinflußt. Mit Recht hat G. Kennan überdies auf die Atmosphäre jener Tage, Wochen und Monate hingewiesen, in der „die Ängste, Stimmungen, Träume und Hoffnungen, die Illusionen, die Aufwallungen der Erbitterung, die Anspannung erschöpfender Kriegsarbeit, die Komplexe und Psychosen eines militärischen Denkens" die „Akteure des Dramas" getrieben haben.

Nur wer diese Gesichtspunkte gleichsam als eine der Voraussetzungen für das historische Verstehen beherzigt, wird imstande sein, den Ereignissen und Gestalten der damaligen Epoche gerecht zu werden und in einem Ausblick (D) jene historische Entwicklung zutreffend zu analysieren, die unsere Welt nach 1945 zu einem einheitlichen politisch-wirtschaftlichen Schaupla’ verwandelt und vor Aufgaben gestellt hat, die zu lösen wohl noch keiner Generation aufgetragen worden ist.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Die Ziffern und Buchstaben beziehen sich auf die nachfo’gend veröffentlichte Gliederung: Der Entwurf einer Geschichte des 2. Weltkrieges (s. S. 478).

  2. Zu denen sich auch der Vers. z. T. mit seinen früheren Arbeiten zur Geschichte des Zweiten Weltkrieges zählt.

Weitere Inhalte

Anmerkung: Hans-Adoli Jacobsen, Dr. phil, geboren 16 11. 1925. Direktor des Forschungsinstituts der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik e V., Bonn Veröffentlichungen u a.: Fall Gelb, Wiesbaden 1957; Dünkirchen, Heidelberg 1958; Der Zweite Weltkrieg in Chronik und Dokumenten (1. Auflage 1959, 5. Auflage 1961), Darmstadt; Entscheidungsschlachten des Zweiten Weltkrieges, Frankfurt 1960 (Mitherausgeber); Die sowjetische Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges (Mitherausgeber), Frankfurt 1961; Generaloberst Halder Kriegstagebuch (Bearb.), Band 1, Stuttgart 1962.