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Zehn Jahre ohne Stalin Versuch einer Bestandsaufnahme und Wertung | APuZ 13/1963 | bpb.de

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APuZ 13/1963 Zehn Jahre ohne Stalin Versuch einer Bestandsaufnahme und Wertung

Zehn Jahre ohne Stalin Versuch einer Bestandsaufnahme und Wertung

Borys Lewytzkyj

Vor vielen Jahren hat Leonid Krassin, Berufs-revolutionär und einer der ersten Sowjetdiplomaten. Stalin einmal als „Asiaten" bezeichnet. Dabei lag ihm als Internationalisten und Kommunisten natürlich nichts ferner, als den Asiaten zu nahe zu treten. Ganz offensichtlich spielte er mit dieser Bezeichnung auf die historische Persönlichkeit Dschingis-Khans an, und Bucharin war es, der fast prophetisch das Wort vom „Dschingis-Khan mit Telefon" auf Stalin münzte, wobei Telefon stellvertretend für Technik stand, mit deren Hilfe er sein Herrschaftssystem durchsetzte und seine Willensübertragung vollzog. Als Bucharin 1938 unter den Salven der Henker Stalins fiel, waren seine Ahnungen über das Schicksal der Revolution bereits Wirklichkeit geworden. Selbst „starke Männer" muß eine Gänsehaut überlaufen bei der Vorstellung eines Dschingis-Khan mit thermonuklearen Waffen in Händen. Daß dies der Menschheit erspart blieb, verdanken wir einzig und allein einem Ereignis vor genau zehn Jahren: darf man sowjetischen Quellen Glauben schenken, so starb am 5. März 1953 um 21. 50 Uhr Josef Wissarionowitsch Dschugaschwili — Stalin. Zehn Jahre sind, gemessen an der Menschheitsgeschichte, ein winziger Abschnitt. Sicherlich wird daher ein Historiker in 50 oder 100 Jahren die Vorgänge angemessener bewerten als wir, für die Schlüsse ungleich schwieriger sind, da im besagten Zeitraum die Geschichte in der UdSSR viel rascher abrollte als in den meisten Gesellschaften. Aber ein Jahrestag bleibt ein Jahrestag und als solcher stets ein Anlaß, eine Bestandsaufnahme zu versuchen.

Stalin stand als Gründer eines terroristischen und ausbeuterischen Systems nicht allein. Sein Genie lag darin, die Macht des Apparates erkannt und ihn konsequent errichtet zu haben Die Leninsche Partei, immerhin ein politisches Organ, stand ihm dabei hindernd im Wege. Die makabre Funktion der Säuberungen der dreißiger Jahre bestand gerade darin, die Partei in einen bürokratischen Apparat umzuwandeln und den Revolutionär durch einen gehorsamen Apparatschik zu ersetzen. Ohne Handlanger hätte Stalin dieses Werk niemals vollenden können. Wer aber waren die Waisen, die Stalin hinterlassen hat? Ganz bestimmt waren es nicht lauter einfache Spitzel, Polizisten und Mörder, die fast dreißig Jahre hindurch den ersten sozialistischen Staat in der Welt repräsentierten. Heute kann man ohne Übertreibung sagen, daß alle damaligen Kommunistenführer mit Abstufungen für das Geschehene verantwortlich sind. Eine Gruppe von ihnen bestand zweifellos aus Inquisitoren, Mord-Inspiratoren und simplen Mördern. In diese Kategorie fällt in erster Linie Berija, aber auch Kaganowitsch, Malenkow, Molotow und sogar Bulganin. Aus kürzlich bekanntgewordenen Dokumenten lassen sich ihre Unterschriften, die den Tod Tausender unschuldiger Menschen verfügten, nicht mehr tilgen. Es gab aber auch eine zweite große Gruppe von Helfershelfern Stalins, die sich nicht unmittelbar an den Säuberungen beteiligte, diese jedoch akzeptierte und sich keine Gelegenheit entgehen ließ, Beifall zu spenden. Das geschah manchmal um der Karriere willen, häufig aber auch nur auf Grund angeborener Charakterzüge. Klassischer Vertreter dieser Opportunisten ist zweifellos Mikojan; auch Nikita Sergejewitsch Chruschtschow ist dazu zu zählen.

Um das Wesen der Entstalinisierung, die seit Stalins Tod in der Sowjetunion im Gange ist, besser verstehen zu können, muß daran erinnert werden, daß sich die ersten Ansätze in dieser Richtung auf eine Allianz beider Gruppen stützten: Inquisitoren und Opportu-nisten gingen darin einig, daß der Willkür der Terrorapparate ein Riegel vorgeschoben werden müsse. Da sich keiner der Sowjetführer selbst gefährden wollte, schlossen sie eine Art gegenseitiges Stillhalteabkommen, die Waffe des Terrors nicht als Mittel zur Auseinandersetzung zu gebrauchen, über die Erschießung Berijas kursieren verschiedene Versionen. Sidier ist, daß das Mißtrauen gegen ihn zu einem Ausbruch drängte, als er versuchte, die Tätigkeit einiger Parteifunktionäre routinemäßig überwachen zu lassen. Der ukrainische Parteifunktionär Serdjuk war es, der sich bei Malenkow und Chruschtschow beklagte, daß ihn in Lemberg Polizeispitzel verfolgten. Damit war für das ZK das Maß voll.

Zwar bedeuteten die ersten Anti-Terror-Maßnahmen eine Abkehr vom stalinistischen System, doch liefert die sowjetische Literatur aus dieser Zeit mehr als genügend Beweise, daß eine bewußte Abrechnung mit Stalins Theorie und Praxis in den ersten Monaten nach dessen Tode bei den Sowjetführern nicht zur Debatte stand. Als diese im März 1954 den ersten Todestag Stalins begingen, erschienen in der gesamten Sowjetpresse Photos und Würdigungsartikel. Das theoretische Parteiorgan „Kommunist" Nr. 4/1954 widmete seinen Leitartikel diesem Ereignis, betitelt „J. W. Stalin — der große Fortsetzer der Sache Lenins". Dort war alles das zu finden, was sowjetische Autoren am lebenden Stalin zu glorifizieren pflegten. Es hieß, er sei konsequent dem Leninschen Wege gefolgt, er habe „ein begeisterndes Beispiel für den Dienst am Volke gegeben". Stalin soll, dem Artikel zufolge, seine Wirtschaftspläne stets „auf die Kenntnis der objektiven Gesetzmäßigkeit der Wirtschaftsentwicklung gestützt" haben. Er habe die Nationalitätenfrage in idealer Weise gelöst, und im Schlußkapitel hieß es: „Die Kommunistische Partei ist unbesiegbar, weil sie der Lehre von Marx, Engels, Lenin und Stalin die Treue hält."

Der XX. Parteitag (1956) stellt einen Mark-stein in der Geschichte der sowjetischen Entstalinisierung dar. Aber auch dort tauchte noch in keinem Dokument die Notwendigkeit, mit dem Stalinismus abzurechnen, als Haupt-motiv auf. In der Schlußresolution hieß es nur: „Der Parteitag beauftragt das ZK, in seinem Kampf gegen die Überreste des Personen-kultsnicht nachzulassen und in seiner gesamten Tätigkeit davon auszugehen, daß die von der KP geführten Volksmassen die wahren Schöpfer des neuen Lebens sind." Die „Prawda" huldigte am 28. März 1956 noch „Stalins großen Verdiensten um unsere Partei, die Arbeiterklasse und die internationale Arbeiterbewegung". „Stalin", so heißt es dort, „kämpfte nach dem Tode Lenins gegen Verfälscher und Feinde der Leninschen Lehre. Stalin war einer der stärksten Marxisten; seine Arbeiten, seine Logik und sein Wille hatten großen Einfluß auf die Kader und auf die Arbeit der Partei." In einer Art und Weise, die im Vergleich zum heutigen Stand der sowjetischen Publizistik als primitiv zu bezeichnen ist, hieß es damals, nur weil Stalin „keine persönliche Bescheidenheit besaß, unterband er nicht die Lobhudeleien, die an seine Adresse gerichtet wurden, sondern unterstützte und begünstigte sie auf jede Weise. Im Laufe der Zeit nahm dieser Personenkult immer abstoßendere Formen an und fügte der Sache ernsten Schaden zu“.

Bei genauem Hinsehen stellt man mit Überraschung fest, daß die Entstalinisierung in der Sowjetunion zweigleisig verlief. Neben den offiziellen Interpreten des ZK der KPdSU meldeten sich noch andere Kräfte der Sowjetgesellschaft, deren Auffassungen von der Parteilinie stark abwichen. Führende Historiker wiesen z. B. auf eine solche „Kleinigkeit" hin, daß Stalin bei der Gründung der Sowjetunion ein erbitterter Gegner Lenins gewesen war. Erste zaghafte Stimmen gegen die Parteithese „Stalin ein treuer Leninist'’ tauchten in der Presse auf (siehe z. B. „Prawda", 11.

Juli 1956), und ihr Echo war enorm. In den Republiken wurde hart um die Rehabilitierung der Opfer Stalins gekämpft. Besonders dramatische Formen nahm dieser Kampf in der Sowjetukraine an. Als die KPdSU sich entschloß, im Juni 1956 einen besonders wichtigen Beschluß „über die Überwindung des Personenkultes und seiner Folgen" zu veröffentlichen, war das nichts anderes als ein erster ernsthafter Versuch, die antistalinistische Welle zu kanalisieren und in fest vorgeschriebene Bahnen zu lenken. Man übertreibt gewiß nicht, wenn man heute feststellt, daß auch dieses Dokument ein Produkt gegenseitiger Zugeständnisse der Inquisitoren und der Gruppe mit den „saubereren Händen" wär. Darin wurde versucht, langatmige Entschuldigungsgründe für Stalin zu finden. Erinnert wurde z. B. an die isolierte Stellung der Sowjetunion in den dreißiger Jahren, an den Sieg des Nationalsozialismus 1933 und an die Achse Berlin—Rom—Tokio. Eine wichtige These Stalins, die die sowjetischen Kommunisten von heute ablehnen, war in diesem Dokument noch bis zu einem gewissen Grade enthalten, nämlich die Stalinsche Begründung für die Verschärfung des inneren Terrors bei fortschreitendem Aufbau des „Sozialismus". „Er war dem Marxismus-Leninismus treu ergeben, als Theoretiker und großer Organisator stand er an der Spitze des Kampfes gegen Trotz-kisten, Rechtsopportunisten, bürgerliche Nationale und gegen die kapitalistische Einkreisung". Neu an diesem Dokument ist, daß an die Charakteristik Stalins einmal erinnert wird, die Lenin in einem Brief an den Parteitag von 1922 gegeben hatte. Mit größter Skepsis registriert man aber heute die These jenes Beschlusses, wonach „viele Fakten und unrichtige Taten Stalins, besonders auf dem Gebiet der Verletzung der sowjetischen Gesetzlichkeit, erst in letzter Zeit, als Stalin schon tot war, bekannt wurden, hauptsächlich in Zusammenhang mit der Entlarvung der Berija-Bande und der Errichtung der Kontrolle der Partei über die Staatssicherheitsorgane". Diese erste Phase der Entstalinisierung läßt sich kurz wie folgt charakterisieren. Die damalige kommunistische Führung mußte sich darüber im klaren sein, daß die elementarsten Ansätze zu einer. Modernisierung des Sowjetsystems zunächst nur die gröbsten Auswüchse des Stalinismus beseitigen würden.

In der Tat wurde die Willkür der Terrorapparate eingeschränkt, die „sozialistische Gesetzlichkeit" wiederhergestellt, die Konzentrationslager zum größten Teil aufgelöst und den Unionsrepubliken gegenüber ein aufgelockerter Kurs eingeschlagen. Nicht nur die Partei-bürokraten, auch die einfachen Sowjetbürger konnten ruhiger atmen. Die seltsame Front von Molotow, Kaganowitsch und Malenkow bis zu Chruschtschow und Mikojan war an dieser „idyllischen" Entwicklung interessiert. Differenzen entstanden erst als die Frage aufgeworfen wurde, wie sich das Sowjetsystem weiterentwickeln, worin die Modernisierung nun eigentlich bestehen solle. In derFührungsspitze der KPdSU kristalisierten sich eine konservative und eine reformwillige Gruppe heraus, und der Sieg der letzteren entschied über den bisherigen Verlauf der Abkehr vom Stalinismus. Die Ausbootung der „parteifeindlichen Gruppe" im Juni 1957 gab den Auftakt zu einer neuen Ara, deren Kulminationspunkt noch nicht der XXII. Parteitag war, sondern die bis heute fortdauert.

Bei den dramatischen Ereignissen vom Juni 1957 spielte der tote Stalin keine ausschlaggebende Rolle. Das Zentralproblem lautete, ob sich das Sowjetsystem weiterhin auf der Grundlage der traditionellen Institutionen und der noch unter Stalin bewährten Methoden entwickeln solle, was die „Konservativen“ verlangten, oder ob die Weiterentwicklung mit Hilfe von Reformen und einschneidenden Eingriffen in die bisherige Struktur der Gesellschaft und mittels geänderter Methoden vorangetrieben werden müsse. Wenn diese Auseinandersetzung im Endeffekt zu einer Abkehr von einigen Kernpunkten der Stalinschen Theorie und Praxis führte, so geschah das sicherlich nicht aus moralischen Beweggründen oder als Ergebnis ideologischer Wandlungen — entscheidend war einzig der Druck, der Praxis. Der Altkommunist Kuuisinen sagte auf dem XXL Parteitag der KPdSU (1959): „Als Genosse Chruschtschow die neu herangereiften Aufgaben der Partei entwarf, verstanden diese vom Leben losgelösten Fraktionsmacher sie nicht und standen wie Ochsen vor dem neuen Tor. Neuland erschließen? Wozu! Die Leitung von Industrie und Bauwesen reorganisieren? Was soll dabei herauskommen! Mais anbauen? Schon wieder etwas Neues! In der Außenpolitik persönliche Kontakte pflegen? Das hat gerade noch gefehlt." In der ganzen kommunistischen Publizistik ist schwerlich ein ähnlich treffendes Beispiel zur Illustrierung der damaligen Konflikte zu finden. Neue Fronten kristallisierten sich heraus, und der Sieg in der Gruppe um Chruschtschow setzte jene Gesellschaftsprozesse in Gang, die immer stärker auf eine Abkehr vom Stalinismus drängten. Mit jedem neuen Projekt stellte sich deutlicher heraus, daß die Stalinische Theorie und Praxis nicht mehr brauchbar, daß sie überholt und für die gegenwärtige Entwicklungsphase sogar schädlich sind. Als die Sowjetführer 1959 den Siebenjahrplan proklamierten, waren sie sich wahrscheinlich selbst noch nicht darüber im klaren. Die bitteren Erfahrungen der ersten Planjahre verwandelten sich in die Triebfeder der neuerlichen Entstalinisierung. Verliert man die utilitaristischen Beweggründe der Partei aus den Augen, so läuft man Gefahr, das Wesen des gegenwärtigen Antistalinismus in der Sowjetunion zu verfehlen.

Seit Herbst 1953 läuft nun Chruschtschows Plan zur Erschließung von Neuland und Bebauung von Brachland in Mittelasien und Sibirien, in dessen Mittelpunkt das kasachische Neuland steht. Obgleich ein bestimmter volkswirtschaftlicher Nutzen dieses Experiments unbestreitbar ist, brachte es nicht die ersehnte einschneidende Wendung. Während der ersten vier Jahre des Siebenjahrplanes blieb die gesamte Landwirtschaft des Neu-landes hinter den Planzitfern zurück. Es schuldet dem Staat 945 Mill. Pud Getreide; die staatlichen Kornerfassungen in diesem Gebiet sanken von 450 Mill. Pud im Jahre 1960 auf 318 Mill. Pud 1962 ab.

Große Reformen betrafen die Leitung von Industrie und Bauwesen (1957), die Maschinen-Traktoren-Stationen und das Schulwesen (1958). Daß alle diese Maßnahmen bis heute Stückwerk geblieben sind, bezweifeln nicht einmal die sowjetischen Führer selbst. An der Reform von Industrie und Bauwesen wurde später mit verschiedenen kleineren Ergänzungen und Verbesserungen geflickt. Das gilt besonders für die Planungsorgane, wo die Veränderungen am tiefgehendsten schienen. Die Reform der MTS, in deren Verlauf bekanntlich der größte Teil der landwirtschaftlichen Maschinen und anderen technischen Ausrüstungen an die Kolchose veräußert wurde, bedeutete zwar einen Fortschritt. Automatisch tauchten jedoch neue Probleme auf, und der niedrige Stand der Modernisierung der Landwirtschaft trat noch deutlicher zutage. Darum wurde im Jahre 1961 eine neue Landwirtschaftsreform notwendig, in deren Mittelpunkt die Landwirtschaftsministerien der UdSSR und der Unionsrepubliken standen, die sich aus Leitungsorganen in wissenschaftliche Beratungsstellen verwandelten und schließlich 1962 in einigen Republiken völlig aufgelöst wurden. Auf der Suche nach neuen Leitungsorganen entschloß sich die Partei im März 1962 zur Gründung von landwirtschaftlichen Produktionsverwaltungen und von Landwirtschaftskomitees auf Unions-, Republik-und Gebietsebene. In beiden Apparaten nehmen Parteifunktionäre die Schlüsselstellungen ein. Durch das Novemberplenum 1962 erhielt diese Entwicklung einen neuen Antrieb. Die Schulreform stellt einen Versuch dar, durch den Übergang zum Produktionsunterricht eine enge Verbindung zwischen Schule und Wirtschaft zu schaffen und dadurch die Ausbildung mittel-und hochqualifizierter technischer Kader auf moderne Weise zu fördern. Aber auch hier markierte die Reform nur den Beginn des Experimentierens. Abgesehen davon, daß die Schulreform bis heute nur teilweise verwirklicht werden konnte, scheint uns die Einsicht ausschlaggebend, daß die Reform kein glückliches Rezept war: während der technische Fortschritt geradezu danach schreit, daß die Allgemeinbildung vordringlich gefördert wird, führt das Prinzip des Produktionsunterrichts in die entgegengesetzte Richtung, nämlich zu einseitiger, enger Spezialisierung.

Die Liste der Reformen ließe sich noch stark erweitern, doch kann es nicht unsere Aufgabe sein, das zu erörtern. Daß viele neue Probleme aufgeworfen wurden, vieles in Fluß geriet, zahlreiche Schranken fallen mußten, daß mit manchem Tabu gebrochen wurde, geht bereits aus den drei angeführten Beispielen hervor. Auf diesem Hintergrund sind die Bemühungen der KPdSU und die Novemberreform der Partei verständlich, die die dominierende Rolle der Partei sichern sollen. Die Partei wird jetzt in zwei gewaltige Armeen aufgeteilt — Kommunisten in der Landwirtschaft und Kommunisten in der Industrie. Ihr Einsatz soll die Grundlage für die Weiterentwicklung des Sowjetsystems bilden.

In diesem Wirrwarr von Reformen, Veränderungen, Rückschlägen und Teilerfolgen vollzog sich ein Prozeß der Entstalinisierung, der gerade in den letzten zwei bis drei Jahren einen viel weiteren Rahmen fand als zuvor. Um dem Leser einen Einblick in die Entstalinisierung von heute zu vermitteln, ist es notwendig, die Probleme aufzugliedern und die Frage, welche Punkte der Stalinschen Theorie und Praxis in der Partei nicht mehr gültig sind, von dem Problem wo die Wandlungen in der Wirtschaitstheorie liegen, abzutrennen. Da diese zwei Aspekte das Problem nicht erschöpfen, muß darüber hinaus dargestellt werden, wie der gesamte Stalinkomplex als Gewissens-problem der Sowjetmenschen und als Gegenstand der öffentlichen Meinung in Erscheinung tritt und wie ihn jene Kräfte in der Sowjetunion deuten, deren Standpunkt sich nicht dem der Partei gleichstellen läßt. Um unser Problem ganz verständlich zu machen, soll schließlich noch untersucht werden, in welchen Schichten der Sowjetbevölkerung der Stalinismus heute noch Rückhalt findet.

Stalin in der heutigen Sicht der Partei Die Sowjetkommunisten anerkennen den Stalinismus nicht als in sich abgeschlossenen und qualitativ spezifischen Geschichtszyklus. Sie vertreten die These vom kontinuierlichen Charakter der sowjetischen Entwicklung von Lenin bis heute. Was unter Stalin in der Sowjetunion geschehen ist, bezeichnen sie als bloße „Verdrehungen", die das eigentliche Wesen des Sowjetsystems nicht zu verändern vermochten. Aus dieser Betrachtungsweise ergibt sich zwangsläufig eine Reihe von Widersprüchen, die der Auseinandersetzung mit dem Stalinismus manchmal groteske Formen verleihen. Die Theoretiker waren mehrfach gezwungen zuzugeben, daß diese „Verdrehungen" in Praktiken, Methoden, Institutionen und theoretischen Leitsätzen bestanden, die mit dem Wesen des Leninismus nichts gemein hatten. Sie waren also doch qualitativ neue Erscheinungen, die der Entwicklung in der Sowjetunion einen bestimmten Charakter ausgeprägt haben, dessen Beseitigung mit jedem Jahr dringlicher wird. So verwandelt sich die eigene Geschichte der Kommunistischen Partei in einen widerspruchsvollen Knoten, der die gesamte Entstalinisierung bindet. Von den heutigen Parteitheoretikern fällt den Historikern die undankbarste Rolle zu. Die erwähnte Kontinuitätstheorie, die als Parteilinie gilt, wird fast täglich von neuen Tatsachen umgestoßen. Gerade in der letzten Zeit dienten eine Reihe von Veranstaltungen in der Sowjetunion dazu, die Parteigeschichte auf eine vernünftigere Basis zu stellen. Dazu gehört die Unionsberatung über die Maßnahmen zur verbesserten Ausbildung der wissenschaftlich-pädagogischen Kader für Geschichtswissenschaft, die im Dezember 1962 in Moskau stattfand. Das Hauptreferat von B. Ponomarew zeigt am deutlichsten den jüngsten Stand der Bemühungen der sowjetischen Historiker, Formeln zur Bewertung des Stalinismus zu finden.

Stalin versuchte nach Meinung Ponomarews in erster Linie, die Rolle Lenins in der Frühgeschichte des Sowjetstaates zu verringern und die Theorie von den „zwei Führern der Revolution" einzubürgern. Das führte unmittelbar zu Verfälschungen in der Darstellung des Bürgerkriegs und der Revolution. Nur dort, wo sich die Anwesenheit Stalins nachweisen bzw. konstruieren ließ, befanden sich die Schwerpunkte der Revolution, alles andere wurde ignoriert oder grob gefälscht. Stalin war der Schöpfer eines Zerrbildes der Revolution, er warf sich zum einzigen Interpreten der Früh-geschichte der Sowjetunion auf. Sein 1931 an die Zeitschrift „Proletarskaja revoluzija" gerichteter Brief leitete diese Wendung ein. Bei Ponomarew heißt es: „Die Parteilichkeit der Geschichtswissenschaft wurde vulgär der Objektivität gegenübergestellt." Die Verletzung der „sozialistischen Gesetzlichkeit" und der Terror gegenüber verschiedenen Kommunistenführern war von einer Verdrehung bei der Darstellung ihrer Rolle in der Partei begleitet. Die Fälschung der geschichtlichen

Wahrheit wurde zur Methode, „der Beleuchtung der Nach-Oktober-Etappe unserer Heimat pfropfte Stalin direkten Voluntarismus auf. Das Resultat war die Fetischierung des Befehls, der Direktive, jeglichen Auftreten Stalins; das fälschte die historische Perspektive: das Deklarierte wurde für das real Bestehende genommen“. Weder die Willkür der Stalinschen Sicherheitsorgane noch die groben Fehler in der Nationalitätenpolitik und der Kollektivierung konnten kritisiert werden (nach „Kommunist" Nr. 1/1963, S. 15). In der Stalinära wurden eine planmäßige Schmälerung der Bedeutung von Marx, Engels und Lenin für die kommunistische Theorie betrieben. Das kam, wie einige sowjetische Quellen berichten, am besten in den dama-ligen Publikationen zum Ausdruck. Zwischen 1917 und 1954 erschienen mehr als fünfmal soviel Werke von Stalin als Schriften von Marx und Engels, und ihre Auflagen waren mehr als zehnmal so hoch. Zahlenmäßig machten die Werke Stalins das Anderthalbfache und der Auflagenhöhe nach das Zweieinhalbfache der Werke Lenins aus. Allein zwischen 1946 und 1952 erschienen Bücher und Broschüren mit einer Gesamtauflage von 20 Millionen Exemplaren, die sich mit einzelnen Artikeln oder Werken Stalins beschäftigten („Woprosy istorii KPSS" Nr. 4/1962).

Auf den ersten Blick scheint es als hätten wir es jetzt mit einer aufrichtigen Rückkehr zur geschichtlichen Wahrheit zu tun. Die sowjetischen Autoren, einschließlich des zitierten Ponomarew, bestätigen aber, daß das nur für bestimmte Personen und Ereignisse gilt. Auf der Dezembersession des Obersten Sowjets der UdSSR 1962 würdigte Chruschtschow einige Verdienste Stalins um die Partei und die internationale kommunistische Bewegung. Ponomarew meint, daß die Parteihistoriker ihrerseits „bestimmte positive Handlungen Stalins nicht verneinen können". Was heute „Objektivität" heißt ist aber nichts anderes, als daß für ganze Abschnitte der sowjetischen Geschichte, besonders der des Bürgerkrieges, die Auffassungen Stalins weiterhin Gültigkeit besitzen. Weder die Rolle Trotzkijs und der alten Bolschewiken noch eine Reihe von Verbrechen Stalins aus den dreißiger Jahren können daher historisch wahrheitsgetreu beleuchtet werden. Alle sowjetischen Dokumente, einschließlich der zweiten Auflage des Lehrbuches „Geschichte der KPdSU", legen davon beredtes Zeugnis ab.

Mit der Kontinuitätstheorie der Chruschtschowisten steht ein anderes, äußerst widerspruchsvolles Problem zur Debatte — Charakter und Rolle der Partei unter dem Stalinismus. Seit den ersten Jahren nach Stalins Tod dominierte bis vor kurzem der Gedanke, die Fälschung der Entwicklung unter Stalin habe darin gelegen, daß er alle Erfolge seiner Person zu-schrieb, obwohl diese in Wirklichkeit der Partei und dem Volke zustanden. Das aber stand in Widerspruch zu der Tatsache, daß sich durch die blutigen Säuberungen der dreißiger Jahre der grundlegende Charakter der Partei unter Stalin geändert hatte. Sie verwandelte sich von einer politischen Organisation in einen blind hörigen bürokratischen Apparat. Erst in letzter Zeit scheint die Rolle der Partei unter Stalin einer kritischen Wertung unterzogen zu werden. Den Anstoß dazu gab die Parteireform vom November 1962.

Auf zahlreichen Parteiveranstaltungen waren die Kommunistenführer gezwungen, den Kampf um den neuen Charakter der Partei im Sinne des Produktionsprinzips mit dem Hinweis auf die Degenerierung der Partei unter Stalin zu koppeln. Nur ein Beispiel vom Plenum des ZK der KP Belorußlands im Dezember 1962, auf dem der I. ZK-Sekretär Maswrow Sagte: „Stalin schuf bei der Einführung des Personenkultes eine privilegierte Schicht zum Kommandieren der Massen." („Sowjetskaja Belorussija", 19. 12. 1962.)

Eine Reihe von Maßnahmen, die letzthin in der Partei getroffen wurden, zielte gerade darauf ab, die Kluft zwischen Partei und Volk zu verringern, den unter Stalin geschaffenen Typ des Parteifunktionärs durch einen neuen, schöpferischen, kritischen Typ zu ersetzen. Die interessantesten Versuche auf diesem Gebiet liegen in der Förderung „ehrenamtlicher Funktionäre", deren Zahl heute in die Hunderttausende geht. (Genauere Angaben darüber in „Woprosy istorii KPSS" Nr. 4/1962, S. 30).

Heute geben die sowjetischen Theoretiker zu, daß der Stalinismus eine tiefe bürokratische Entartung der Partei bewirkte, daß „Stalin die Verringerung der innerparteilichen und sowjetischen Demokratie als Norm einführte" und daß dies zu einem „Fehlen jeglicher Kontrolle, zu einem Hang zum Administrieren, zu Schwindeleien, Rückversicherung, Angst vor dem Neuen, Speichelleckerei und Kriecherei“

führte. (Aus dem Artikel von P. Rodionow:

„Ein wichtiges Prinzip des Parteilebens" in „Kommunist" Nr. 15/1962.) Um eine Änderung dieser Situation herbeizuführen, bemühen sich die heutigen sowjetischen Kommunisten am eine Kadererneuerung, die teilweise auch verwirklicht wurde.

Die Kritik am Stalinschen Standpunkt hinsichtlich der Funktion der Partei kam kürzlich in der sowjetischen Publizistik noch stärker zum Ausdrück, als von der Einstellung Stalins zum Komsomol die Rede war. Während des Novemberplenums des ZK der KPdSU von 1962 schilderte das der jetzige I. Sekretär des ZK des Komsomol, Pawlow, in klassischer Weise. Damit wurde ein neuer Bruchteil der wahren Geschichte der KPdSU der öffentlichen Meinung preisgegeben. Auf dem XI. Plenum des ZK des Komsomol 1935 hatte Stalin verlangt, die gesamte Erziehungsarbeit des Komsomol darauf umzustellen, „den Feind auszukundschaften", „ihn zu erkennen, der dann nur mit Gewalt, mit Methoden der ökonomischen Einwirkung, der organisatorisch-politischen Isolation und Methoden der physischen Vernichtung aus dem Weg geräumt werden muß". Pawlow erklärte empört — „in diese Richtung also sollten die Anstrengungen des Komsomol geleitet werden". Richtiger wäre es gewesen zuzugeben, daß es Stalin tatsächlich gelang, den Komsomol mit Terror auf diese Linie auszurichten und daß diese Anweisung nicht nur für den Komsomol, sondern in erster Linie für die Partei galt.

Die Entthronung Stalins als Parteitheoretiker ist der im Rahmen der Entstalinisierung fortgeschrittenste Prozeß. Aus dem bereits Gesagten wissen wir, daß dies ein dornenvoller Weg war. Bis heute neigt man dazu, einen Teil der Stalinschen Theorie anzuerkennen oder sie mit gewissen Umständen seiner Epoche zu entschuldigen. Es ist jedoch keine Übertreibung, wenn man die These aufstellt, daß die stalinistische Theorie heute in wesentlichen Punkten verurteilt ist. Einen wichtigen Beitrag in dieser Hinsicht leistete der XXII. Parteitag der KPdSU, der vor der Notwendigkeit stand, den ideologischen Sektor nicht nur zu aktivieren, sondern gründlich umzukrempeln. Auf der Unionsberatung über Fragen der ideologischen Arbeit im Dezember 1961 zählte der Leiter der jetzigen ideologischen Kommission beim ZK der KPdSU, L. F. Iljitschew, jene Abschnitte der Stalinschen Theorie auf, die nicht mehr gültig sind. Auf dem Gebiet der marxistischen Philosophie wird die These Stalins vom Fehlen der Einheit der Gegensätze verurteilt. Bekanntlich hat Stalin das Gesetz der Negation aufgehoben, er ersetzte überhaupt die Gesetze der materialistischen Dialektik durch „Züge der Dialektik" und stellte das Gesetz von der Verschärfung des Klassenkampfes nach Maßgabe der wachsenden Erfolge in der Sowjetunion auf. Das wurde u. a. in seiner Arbeit „über dialektischen und historischen Materialismus" dargelegt, die heute in der Sowjetunion nicht mehr als „höchster Himmel des marxistischen Denkens" gilt. (Prawda", 27. 12. 1961.)

Eine Reihe wichtiger Stalinscher Thesen in der Rechtswissenschaft, bei deren Aufstellung ihm Andrej Wyschynskij behilflich war, wurde gleichfalls annulliert. Auf der erwähnten Beratung erklärte Illjischew: „Man weiß sehr wohl bis in welche Höhen theoretischer Willkür sich Wyschynskij bei dem Versuch verstieg, die schädliche These Stalins über die Verschärfung des Klassenkampfes . . . juristisch zu untermauern und die Rechtswissenschaft so zu handhaben, daß sie gerichtliche Willkür und Verstöße gegen die Gesetzlich-seit rechtfertigte."

In der „Iswestija" erschien am 9. Februar 1962 ein Artikel, der einer gänzlichen Verurteilung Stalins und Wyschynskijs auf dem Gebiet der Rechtspflege gleichkommt. Die berüchtigte These Wyschynskijs—„Das Verlangen, daß das Gericht die absolute Wahrheit feststellt, ist unbillig, da die Bedingungen der Gerichtstätigkeit den Richter zwingen, die Frage nicht vom Standpunkt der Festlegung der absoluten Wahrheit, sondern der Feststellung der maximalen Wahrscheinlichkeit dieses oder jenes Faktors zu entscheiden, der der gerichtlichen Bewertung unterliegt" — wurde als untragbar bezeichnet. Dieser Standpunkt öffne der direkten Willkür Tür und Tor. Wie schwierig es war, den Stalinismus aus der Rechtspflege auszumerzen, ergibt sich aus vielen sowjetischen Dokumenten. Noch 1959 erschienen in der Sowjetunion verschiedene Werke, z. B. ein Sammelband „Die Fragen der Prozeßordnung und des Gerichtswesens in der neuen Gesetzgebung der UdSSR", worin die Autoren die Positionen Wyschynskijs zu verteidigen versuchten. Gleich nach Stalins Tod beschäftigten sich die kommunistischen Theoretiker mit der Entartung der Sicherheitsorgane, die sich in einen persönlichen Terrorapparat Stalins und in die Hauptstütze des Regimes verwandelt hatten und der Kontrolle der Partei entzogen worden waren. Daß auch andere staatliche und wirtschaftliche Institutionen unter Stalin „dem Leninismus entfremdet wurden", gehört zu den jüngsten „Entdeckungen" der Partei. Sie kam zu dieser Erkenntnis auf einem recht interessanten Weg: Die Abrechnung mit dem Stalinismus als entartetem Geschichtszyklus wird von den Kommunisten zwar als Häresie betrachtet, doch stoßen sie bei der Rechtfertigung ihrer Reformen automatisch auf dieses Problem und erschüttern nolens volens stückweise ihre eigene Theorie. Als Beispiel dafür mag die Schaffung eines Apparates der Partei-Staats-Kontrolle auf dem Novemberplenum 1962 gelten. Um seine neuen Pläne zu untermauern, gab Chruschtschow zu, daß auch die Staatskontrolle unter Stalin einen Bestandteil des Terrorapparates und durch eine Reihe von Beschlüssen jeglicher Kontrolle von außen entzogen war. „Die Idee der Kontrolle in ihrer Leninschen Fassung war mit der Ideologie des Personenkultes unvereinbar", stellte Chruschtschow fest, obgleich auch ein politisch völlig ungebildeter Melker aus dem hintersten Kirgisien hätte merken können, daß es sich nicht um Ideologie, sondern um konkrete politische und gesellschaftliche Institutionen in einem System handelt, dessen ausbeuterischen und menschenfeindlichen Charakter die sowjetischen Autoren nur auf Umwegen zuzugeben gewillt sind.

In der sowjetischen Literatur lassen sich genügend ähnliche Beispiele finden, wo nicht nur die Staatskontrolle, sondern auch andere Teile des Sowjetsystems unter Stalin einer grundlegenden Kritik unterzogen werden. Das gilt z. B. für Wirtschaftsapparate, die Statistik usw. Die einzig logische Folgerung: der Stalinismus — eine den Ideen der Revolution fremde Formation, bleibt jedoch aus. Diese Feststellung zu wiederholen schadet in diesem Falle nicht, da jeder, der sich mit der Sowjetunion beschäftigt, verstehen muß, daß die kommunistische Führung — zwischen der gegenwärtigen Etappe und der Stalinära — nicht im mindesten daran interessiert ist, eine klare Trennungslinie zu ziehen.

Verwerfung Stalinscher Wirtschaftstheorien Da die Frage, wie weit die sowjetische Wirtschaftstheorie und -praxis sich vom Stalinismus entfernt hat, politische Bedeutung ersten Ranges besitzt, wollen wir untersuchen, welche wichtigen Teile der Stalinschen Wirtschaftstheorie inzwischen widerrufen worden sind.

Es ist allgemein bekannt, daß seit 1959 der Siebenjahrplan läuft und daß auf dem XXII.

Parteitag (1961) der Zwanzigjahrplan angekündigt wurde. Die Gesamtkonzeption der KPdSU läuft darauf hinaus, daß sie in der Erfüllung der Wirtschaftspläne, in der Schaffung eines modernen und gut funktionierenden Wirtschaftssystems und der Hebung des Lebensstandards der Bevölkerung die einzig vertretbare Rechtfertigung ihres Machtanspruchs in der UdSSR sieht.

Für die Zukunftschancen des Kommunismus in der Sowjetunion ist die Befreiung von stalinistischen Dogmen auf wirtschaftlichem Gebiet natürlich viel wichtiger als auf anderen Sektoren. Da hier die Veränderungen viel tiefgreifender und umfangreicher sind, wollen wir ihnen vor allem unser Augenmerk widmen.

Die Stalinsche These von den Kolchosen als „niedrigerer sozialistischer Eigentumsform"

und der Notwendigkeit ihrer Umwandlung in Staatsgüter (Sowchose), die er in verschiedenen seiner Werke bereits in den dreißiger Jahren vertreten und später in seiner Arbeit „ökonomische Probleme des Sozialismus in der UdSSR", wie er meinte, zu einem Dogma für ewige Zeiten erhoben hatte, ist für ungültig erklärt worden. Diese Tatsache ist auch bereits weitgehend in die westliche Literatur eingegangen. Hingegen bedarf die Polemik sowjetischer Wirtschaftstheoretiker mit Stalin, ob ein beträchtlicher Teil der Landwirtschaft zur Gruppe A — Produktionsmittel — gezählt werden solle, einer genaueren Erörterung.

Während Marx alle Produktionsmittel einschließlich derer in der Landwirtschaft zur Gruppe A gezählt wissen wollte, begrenzte Stalin das auf die Industrie, genauer auf die Schwerindustrie. Nadi der Meinung der jetzigen sowjetischen Theoretiker gehören z. B. auch Kühe und Mutterschweine zu den Produktionsmitteln. Diese Polemik hat natürlich sehr große praktische Bedeutung Stalin verlangte in erster Linie eine unaufhaltsame Forcierung der Schwerindustrie; die übrigen Zweige einschließlich der Landwirtschaft sollten hinterherhinken und sich „sprunghaft entwickeln". Da jetzt aber ein Teil der Landwirtschaft zur Gruppe A gezählt wird, müßte er logischer-weise ebenso bevorzugt wie die Schwerindu10 strie behandelt und mit den entsprechenden Investitionsmitteln versehen werden. (Siehe darüber, der Artikel von A. Bolgow in „Woprosy ekonomiki" Nr. 5/1962.

Die Stalinsche These von der Notwendigkeit den Warenumlauf in Zukunft einschrumpfen zu lassen und durch einen Produktenaustausch zu ersetzen, ist von mehreren sowjetischen Autoren aufs schärfste verurteilt worden und gilt heute allgemein als falsch. Stalin vertrat die Ansicht, daß für den Übergang zu einer höheren Entwicklungsstufe des Sowjetsystems in erster Linie die Organisierung des Produktenaustausches wichtig sei und widersetzte sich deshalb der Erweiterung des Geld-und Waren-Umlaufes, den er als Hemmschuh der Entwicklung betrachtete. Eine der fatalen Folgen dieser These in der Praxis war, daß die Gestehungskosten der landwirtschaftlichen Produktion, die Fragen der Rentabilität, Qualitätssteigerung, Arbeitsproduktivität usw. in der Stalinzeit überhaupt keine Rolle spielten. Stalin unterschätzte also die Gültigkeit des Wertgesetzes im Sowjetsystem. Heute unterstreichen die sowjetischen Theoretiker folgendes: „Im Gegensatz zu den realen Fakten, wonach das Wertgesetz nicht allein in der Sphäre des Warenumlaufes, sondern auch in der Sphäre der Produktion gilt, widmete Stalin dem Charakter der Wirkung des Wertgesetzes in der Produktion nur beschränkte Beachtung und unterstrich dabei, daß es sie nur . beeinflußt." 1 („Woprosy ekonomiki“ Nr. 8/1962, S. 43) Stalin unterschätzte den Primat der Produktion, eine Folge der These vom Produkten-austausch. Das führte zu einer ganz vulgären Betrachtung des Überganges zu einer höheren Entwicklungsstufe, zur „kommunistischen Gesellschaft" durch Stalin. Um diese zu erreichen genüge es seiner Meinung nach, die Kolchose in Sowchose umzuwandeln, ein perfektes System des Produktenaustausches einzuführen, den Arbeitslohn zu verdoppeln und das kulturell-technische Niveau der Sowjet-bürger zu steigern. Auch dieses Rezept Stalins ist außer Kurs.

Im neuen Parteiprogramm wird die Schaffung der „materiell-technischen Basis des Kommunismus", was in allgemein-verständlicher Sprache nichts anderes bedeutet als eine modern ausgestattete und gut funktionierende Produktionsbasis, als Voraussetzung zum Übergang auf eine höhere Stufe bezeichnet.

Eine Folge dessen, daß Stalin den Primat der Produktion ignorierte, war seine weitere These, daß in der „sozialistischen Gesellschaft" die Kaufkraft der Bevölkerung stets der Produktion vorauseilen müsse. Das war einfach eine abwegige Begründung und Rechtfertigung des chronischen Warenmangels mit pseudomarxistischen Argumenten. Die mannigfachen verhängnisvollen Folgen dieser These, besonders in der Wirtschaftstheorie, springen in die Augen. Besonders stark wirkten sie sich auf die damalige sowjetische Preispolitik aus. Nach Stalins Tod wurde diese These mehrfach verurteilt, aber erst bei der Verkündung des Siebenjahrplanes und noch deutlicher auf dem Januarplenum des ZK der KPdSU von 1961 wurde die These aufgestellt, die dann in das neue Parteiprogramm übernommen wurde, daß das Wachstum der landwirtschaftlichen Produktion und später auch der Konsumgüter-erzeugung den Bedarf der Bevölkerung übersteigen solle.

Nur kurz soll daran erinnert werden, daß die Renaissance der sowjetischen Wirtschaftswissenschaften, wie sie sich in den letzten Jahren vollzieht, auch von der modernen Entwicklung der Wirtschaft im Westen beeinflußt wird. Der rasche Aufstieg der Kybernetik und die starke Anwendung der Mathematik in Wirtschaftstheorie und -praxis beschleunigen eine Abkehr vom Stalinismus. Schlagworte aus der Stalinzeit, wie „der Plan ist ein unantastbares Gesetz" oder „die Erfüllung des Planes ist die wichtigste Aufgabe ohne Berücksichtigung der Art und Weise", gehören der Vergangenheit an. Immer tiefer dringt in das Bewußtsein der sowjetischen Ökonomen, daß der Plan elastisch sein müsse und daß Veränderungen an ihm keine Sünde sind. Es wird ihnen auch klar, daß es nicht gleichgültig ist, wie der Plan erfüllt wird.

Die vorstehenden Hinweise auf den Untergang Stalins als Ökonom sind jedoch auch von einem anderen Standpunkt aus wichtig Es wäre völlig falsch, den Drill der Sowjetbürger unter Stalin nur auf ihre Verhaltensweise zu reduzieren. Der Terror war das wichtigste, jedoch nicht das einzige Erziehungsinstrument der Sowjetbürger. Die Theorie des Stalinismus bemühte sich, den Sowjetmenschen bestimmte Denkkategorien zu oktroyieren, und ein Rückblick auf diese Ideen vermittelt besser als alles andere ein Bild davon, in welcher geistigen Atmosphäre ganze Generationen in der Stalinära heranwuchsen.

Besonders großen Schaden richtete der mystische Begriff Stalins „volkswirtschaftliche Rentabilität an, der zunächst nur auf die Landwirtschaft gemünzt war. Bereits in den dreißiger Jahren vertrat Stalin den Gedanken, den er u. a. auch in einem Artikel „Das Jahr des großen Umbruchs" darlegte, daß im Gegensatz zu kapitalistischen Betrieben, die auf maximalen Gewinn abzielen, „unsere Sowchose und Kolchose sich auf einen minimalen Gewinn beschränken und manchmal sogar ohne Gewinn ausgehen können". In seinem Referat auf dem Januarplenum der WPK (B)

1933 warnte Stalin davor, die Rentabilität nicht vom „kaufmännischen Standpunkt, sondern unter dem Aspekt vieler Jahre" zu betrachten.

Das war aber erst der Beginn, denn mit der Zeit bürgerte Stalin den Begriff „volkswirtschaftliche Rentabilität" auch in der Industrie ein.

In seinem Vermächtnis „Ökonomische Probleme des Sozialismus in der UdSSR hieß es: „Wenn man die Rentabilität nicht vom Standpunkt einzelner Betriebe oder Produktionszweige und nicht im Maßstab eines Jahres betrachtet, sondern vom Standpunkt der gesamten Volkswirtschaft und im Maßstab von etwa 10 bis 15 Jahren, was die einzig richtige Fragestellung wäre, dann kann die vorübergehende und unsichere Rentabilität einzelner Betriebe oder Produktionszweige gar keinen Vergleich aushalten mit der höheren Form der sicheren und ständigen Rentabilität, die uns das Gesetz der planmäßigen Entwicklung der Volkswirtschaft und die Planung der Volkswirtschaft gewähren." Diese an sich absurde These wurde zum Programm der Direktoren und Dilettanten aus den Reihen der Wirtschaftsbürokratie. Die Mißstände wurden durch Stalin legalisiert, ihr chronischer Charakter g rechtfertigt.

Stalinismus als Frage des menschlichen Gewissens Schon aus dem vorstehend Gesagten ist zu erkennen, daß es neben der von der Partei geleiteten Entstalinisierung in der Sowjetunion einen Fragenkomplex gibt, der auf anderer Ebene liegt, und zwar die Umwertung Stalins und seiner Ära im Bewußtsein verschiedener Schichten der Sowjetgesellschaft — bei Wissenschaftlern, Intellektuellen und bei der Jugend.

Die Erfahrung hat bestätigt, daß sich in vielen Fällen der Standpunkt dieser Seite nicht mit dem der Partei deckt. Noch mehr — man könnte einen latenten Druck verschiedener, außerhalb der Partei stehender Kräfte beobachten, der auf eine Erweiterung des Rahmens der Entstalinisierung abzielt und in einigen Fällen sogar zu Versuchen führt, ihr eine gänzlich andere Richtung zu geben. Das kam besonders deutlich nach dem XX. Parteitag zum Ausdruck, als in den Republiken ein Kampf um die Rehabilitierung der Stalinopfer entbrannte, da man mit der von der Partei vorgeschlagenen Begrenzung nicht einverstanden war. Es gelang der Partei bis heute nicht, diese Forderungen einzudämmen.

Auf der Dezember-Unionsberatung über Fragen der ideologischen Arbeit von 1961 fühlte sich Iljitschew bemüßigt, die Partei vor diesem Druck zu warnen: „Wir dürfen nicht zulassen, Genossen, daß unter dem Deckmantel des Kampfes gegen die Folgen des Personenkults in der marxistisch-leninistischen Theorie ein Schlag gegen diese Theorie selbst, gegen ihre Grundlagen geführt wird. Wir dürfen nicht zulassen, daß unter dem Lärm von außen verschiedene antileninistische Tatsachen und Strömungen hochkommen und in unserer Presse Einlaß finden, die von unserer Partei, von W. I. Lenin schon längst zerschlagen und über Bord geworfen worden sind."

Eines der wichtigsten Ereignisse in der nach-stalinistischen Entwicklung ist die Wiedergeburt der von Stalin zermalmten öffentlichen Meinung. Das ist ein Prozeß, dessen Ansätze in die Zeit des XX. Parteitags fallen. Die Volksmassen glaubten nicht daran, daß die Willkür der Terrorapparate beseitigt sei, daß man nicht mehr wegen jeder Kleinigkeit bestraft werde. Mit der Zeit aber gewöhnten sich Intelligenz und Jugend daran, daß diskutiert werden darf, daß andere Standpunkte vertreten werden dürfen und die Partei immer mehr davon abkommt, Andersdenkende als Feinde zu behandeln Vergessen wir nicht, daß Stalin die Wissenschaftler der Diskussionsmöglichkeiten beraubt hatte, sie durften höchstens linientreu predigen, ihn zitieren und bereits als „Wahrheit" fixierte Dinge aussprechen. Das wiederhergestellte Recht auf Diskussion führte automatisch zu Differenzierungen, zur Bildung von Gruppen-wie auch Einzelstandpunkten. Man braucht heute nur Konferenzen in Wissenschaftszentren bei ihrer Arbeit zu beobachten, um zu sehen, wie klar diese Differenzierung zutage tritt. Angesichts der Tatsache, daß sich der neue Stil auch auf unterer Ebene Geltung verschafft, ist ein gewisser Optimismus berechtigt. Erinnert man z. B. an die große ökonomische Diskussion über die Vorschläge Professor Liebermans oder liest man Dokumente über irgendeine Sitzung im Diskussionsclub der „Ekonomitscheskaja Gaseta", so sieht man, wie tief diese neue Gewohnheit schon bei Wissenschaftlern, Ingenieuren und anderen verankert ist. Hier entwickelt sich etwas, was wir als öffentliche Meinung betrachten. Freilich ist der Spielraum für sie in der Sowjetunion im Vergleich zu den westeuropäischen Staaten nicht allzu groß, verglichen aber mit der Stalinzeit ist es ein großer Schritt voran. Noch wirksamer als in anderen sozialen Schichten zeigt sich die Wiedergeburt der öffentlichen Meinung bei Schriftstellern und Künstlern. Der sowjetische Film z. B. hat heute ein ganz anderes Gesicht, dort haben die Neuerer am stärksten Fuß fassen können. Eine Rebellion der Dichter vollzieht sich im ganzen Lande. Russische Schriftsteller wie Jewtuschenko und Wosnessenskij sind, ebenso wie die ukrainische Bewegung der „Sechzigerjährlinge" („schestydesiatnyky“), die sich um das Jahr 1960 erstmalig zu Worte gemeldet hatten, beileibe keine „antisowjetischen" Erscheinungen, sie drängt es nur, den Bereich für ihre Aussage nach Kräften auszuweiten. Manche wollen das „im Einklang mit Genosse Chruschtschow" tun, wieder andere predigen mit messianischer Gebärde, daß, wenn die Partei nicht in der Lage sei mit dem Stalinismus abzurechnen, solches auf ihrem Gewissen laste. Zwischen der KPdSU und der aus ihrem Dornröschenschlaf erwachten öffentlichen Meinung entwickelten sich äußerst komplizierte Wechselwirkungen. Einerseits ist die Partei daran interessiert, daß die Stagnation der Stalinzeit weicht, daß in verschiedene brachliegende Gebiete wieder Leben kommt und die Initiative „von unten" geweckt wird, andererseits aber begreift sie, daß diese Bewegung der Massen in eine bestimmte Richtung und in bestimmte Rahmen gelenkt werden muß — daher das dauernde Gerede von der Rolle der kommunistischen Erziehung. Die Partei muß um die Beeinflussung der öffentlichen Meinung hart kämpfen. Die so überaus zahlreichen Reden Chruschtschows lassen sich keinesfalls allein mit angeborener Redseligkeit erklären, und an vielen Stellen ist die Partei gezwungen, der öffentlichen Meinung Zugeständnisse zu machen. So wird es verständlich, weshalb bei der Abrechnung mit dem Stalinismus die Stimmen von außerhalb der Partei moralisch und menschlich viel höher stehen, daß sie so viel echter klingen und viel weiter vorstoßen als die offizielle Parteilinie.

Eines der eindruckvollsten Zeichen dafür sind die antistalinistischen Gedichte, Erzählungen und sogar Romane, die augenblicklich in der Sowjetunion erscheinen. Zweifellos gehört dazu auch das bekannte Gedicht von Jewtuschenko „Stalins Erben". In der „Prawda" vom 28. November 1962 wurden Gedichte von Nikolai Doriso veröffentlicht, in denen er erzählt : „Mein Vater wurde von daheim weggeführt, ist in der sibirischen Schneewüste später schweißtriefend zugrundegegangen". Er bedauert die sowjetischen Soldaten, die im Glauben an Stalin gefallen sind und nicht wußten, wie furchtbar dieser ihnen mißtraute. Solche Gedichte sind heute keine Seltenheit mehr. Neu ist aber, daß vor einigen Wochen erstmals Gedichte sowjetischer Schriftsteller erschienen, die zwar noch in der Stalinzeit geschrieben wurden, jedoch damals nicht veröffentlicht werden konnten — sogenannte Gedichte „aus der Schublade". In „Literaturnaja Rossija" vom 11. Januar 1963 widmete ihnen Grigorij Glasow folgende Verse: „Euch wurde der Mund mit einer Klappe verschlossen, weder Kritik noch Bedarf an Euch bestanden, Ihr wart der Anlaß zu Denunziationen, Ihr wart das Thema von Polizeiverhören." Auch wenn die Frage berechtigt ist, weshalb fast zehn Jahre seit Stalins Tod vergehen mußten, ehe diese Gedichte erscheinen konnten, zeigt ihre jetzige Veröffentlichung doch eine günstige Wendung an. Der Stalinismus ist zu einer Gewissensfrage weiter Bevölkerungskreise in der Sowjetunion geworden — eine Tatsache, die bei einem Gedenktag wie dem 10. Todestag Stalins unter gar keinen Umständen übersehen werden darf. Die wiedererstandene öffentliche Meinung ist schon heute eine nicht mehr weg-zudenkende Erscheinung im sowjetischen Leben.

Wissenschaftler, Ökonomen und der einfache Mann von der Straße sind mutiger geworden, sie diskutieren schlechthin über alles.

Die Sowjetpresse beweist täglich aufs neue, daß sogar die Jugendlichen von dieser Welle der Kritik erfaßt worden sind. In der Lehrer-zeitung „Utschitelskaja Gaseta" vom 24. Nov.

1962 ist u. a. folgendes zu lesen: „Übrigens sind scharfe Konflikte zwischen Pionierorganisationen und Lehrern letzthin keine Seltenheit. Die Kinder hören die Gespräche der Erwachsenen, hören Rundfunksendungen, lesen Zeitungen und sehen sehr wohl, wie sich das Leben wandelt. Die Partei führt einen kompromißlosen Kampf gegen die Folgen des Personenkultes in allen seinen Erscheinungsformen; diese Folgen bestehen auch in der Schule". Aus der gleichen Quelle geht hervor, daß die in den Pionierorganisationen zusammengefaßten Jugendlichen dagegen protestieren, daß ihre Leitung von oben eingesetzt wird, sie wollen in den Räten der Pionierorganisationen Personen sehen, zu denen sie Vertrauen haben, kurzum, sie wollen nicht, wie ihre Altersgenossen in der Stalinzeit, dirigiert werden.

Hüten wir uns davor, von einem Extrem ins andere zu fallen, halten wir uns stets vor Augen, daß alles im Rahmen einer bestimmten Gesellschaftsordnung verläuft. Es müßte sich erübrigen zu betonen, daß sich diese von westlichen Lebensformen prinzipiell unterscheidet und ihr der Begriff „Demokratie" im westlichen Sinne fremd ist.

Die Bemühungen um eine höhere Entwicklungsstufe aufgrund des technischen Fortschritts und der Automation geben ungeachtet des niedrigen erreichten Standes schon heute der Entfaltung der öffentlichen Meinung zahlreiche Impulse. Eine bestimmte Rolle spielt dabei der Bruch mit der Geheimniskrämerei der Stalinzeit. Seit Jahren schon erscheinen statistische Nachschlagwerke, Biographien der sowjetischen Führer und andere Unterlagen. Erwähnenswert ist z. B. das kürzlich im Verlag der „Iswestija" erschienene Nachschlag-werk „Deputierte des Obersten Sowjets der UdSSR der VI. Legislaturperiode" mit Kurz-biographien und Porträts von 1443 Deputierten des Obersten Sowjets der UdSSR. Eine weitere Folge der Bemühungen um die Schaffung einer modernen Industriegesellschaft die Wandlungen soziologischer und zwar die Herauskristallisierung bestimmter Interessengruppen wie z. B.der landwirtschaftlichen Technokratie, Betriebswirtschaftler und Werksdirektoren usw. Die KPdSU sich als die die Sowjetgesellschaft integrierende Kraft, und einer der Gründe Parteireform vom November 1962 ist der die Struktur der Partei zu verändern, nicht nur den Einsatz der Partei in der zu verbessern, sondern auch um Integrationsaufgaben der sich stetig differenzierenden Gesellschaft besser erfüllen zu Wir sehen also, daß die Erweiterung „Zone der Freiheit" eine viel kompliziertere Angelegenheit für die Partei ist, als es einige kommunistische Propagandisten darzustellen versuchen.

Wo ist der Stalinismus heute noch in d e r UdSSR lebendig?

Nach dem bereits früher Gesagten müßte klar sein, daß die KPdSU, da sie selbst keine Trennungslinie zwischen dem stalinistischen Zyklus und der gegenwärtigen Entwicklung zieht, ganze Abschnitte der heutigen sowjetischen Theorie und Praxis der Entstalinisierung entzieht.

Dieser Vorgang wird zudem durch Tatsache kompliziert, daß die KPdSU während der zehn Jahre ohne Stalin auf verschiedenen Gebieten keine konsequente Politik trieb, sondern auf ihrem Zick-Zack-Kurs bestimmte Abschnitte einmal mehr entstalinisierte, um später einem mehr oder minder sublimen Rüdefall in den Stalinismus anheimzugeben. Für Grenzen und Stärke dieser Fortdauer des Stalinismus ist also die KPdSU unter Chruschtschow bewußt verantwortlich. Ihre Kontinuitätstheorie steht der prinzipiellen Abrechnung mit dem Stalinismus ebenso im Wege wie ihre rein utilitaristische Einstellung. Viel wichtiger aber für die Fortdauer des Stalinismus ist die Tatsache, daß fast dreißig Jahre hindurch ganze Generationen in der Sowjetunion eine bestimmte Schule durchlaufen haben, in einem bestimmten Stil leben, denken und arbeiten mußten. Die von Stalin geprägten Lebensformen waren keinesfalls ein bloßer äußerer Drill — durch das stalinistische System wurde ein bestimmter manipulierter Men14 schentyp geboren, der seinen Schöpfer und Meister überlebte. Bei ihm hat der heutige Stalinismus in der Sowjetunion seinen sichersten Rückhalt. Diese Situation nahm, wenigstens in den letzten Jahren, einen für das Sowjetsystem fast tragischen Charakter an: viele Projekte der reformwilligen Kommunistenführer, die ihrem Wesen nach einen Versuch darstellen vom stalinistischen Stil loszukommen, zerbrachen an der gesellschaftlichen Realität und nahmen letzten Endes degenerierte bürokratische Formen an.

Während die letztere (und für das gegenwärtige System gefährlichste) Form des Stalinismus in erster Linie als Ergebnis menschlichen Versagens, der Unfähigkeit, sich auf den neuen Arbeitsstil umzustellen, sich neue Eigenschaften anzueignen, zu betrachten ist, sind davon klar die Gruppen bewußter Stalinisten zu unterscheiden. Sie bedienen sich geschickt und manchmal getarnt, häufig aber in aller Offenheit der erwähnten Einstellung der Partei und nutzen das Vorhandensein einer Generation stalinistischer Schule aus, um die Leitsätze des Stalinismus zu verteidigen, zu propagieren oder sie sogar dem gegenwärtigen Kurs Chruschtschows gegenüberzustellen.

Auch diese Erscheinung gehört zur bereits besprochenen Wiedergeburt der öffentlichen Meinung in der Sowjetunion. Der Stalinismus als System bestimmter . Werte'ist nicht für verfassungswidrig erklärt worden; es laufen Tausende von Inquisitoren ungestraft herum. Das alles ermutigt bestimmte Elemente, sei es in der Provinz, sei es in Schlüsselstellungen, hervorzutreten. Schauen wir uns diese Gruppe bewußter Stalinisten einmal näher an. Ihre klassischen Vertreter finden die bewußten Stalinisten bei Wissenschaftlern und Propagandisten. Auf dem Gebiet der Rechtspflege der UdSSR, einem gewiß neuralgischen Punkt, konnte es noch in jüngster Zeit geschehen, daß wissenschaftliche Abhandlungen erschienen, die jenen stalinistischen Standpunkt vertraten, den die Partei bereits als . antileninistisch'verurteilt hatte. In der Februarnummer 1962 von . Sozialistitscheskaja sakonnostj'bestätigte D. Karew, Dr.der Rechtswissenschaft, ganz offen, daß der Stalinkult in der Rechtswissenschaft weiter blüht. Obgleich die Partei die Theorien Wyschynskijs verurteilt hat, veröffentlichte der aus der Stalinzeit bekannte sowjetische Jurist Strogowitsch 1960 eine Arbeit „Fragen der allgemeinen Theorie des sowjetischen Rechts", worin er Wyschynskij grundsätzlich verteidigte. Er gab zu, daß sich in dessen Arbeiten „manche Fehler" befunden hätten, stellte gleichzeitig aber autoritativ fest:

. aber die Richtung im ganzen, die er bei der wissenschaftlichen Erforschung der Rechts-probleme wies, war richtig". Karew teilt weiter mit, daß in der Sowjetunion eine Gruppe bekannter Juristen tätig sei, wie z. B. R. D.

Rachunow, M. A. Tschelzow, S. A. Golunskij und andere, die „sich vom Einfluß des Personenkultes nicht freigemacht hat". Wir beschränken uns auf dieses Beispiel, dem man viele ähnliche anfügen könnte.

Eine starke Stellung nehmen die Stalinisten auch in der Geschichtswissenschaft ein, besonders was die Parteigeschichte angeht. Hier nutzen sie geschickt den weiten Rahmen aus, den die Historiker Chruschtschowscher Provenienz neuestens abgesteckt haben, deren „Rückkehr zur Wahrheit'bereits kritisch beleuchtet wurde. Merkwürdig ist, daß einige Werke von Stalinisten sogar unter der Schirmherrschaft der höchsten wissenschaftlichen Gremien erscheinen können. Kürzlich erschien z. B. im Verlag der Moskauer Staatsuniversität eine Arbeit von P. B. Shibarew und M. D. Stutschebnikowa: „Überblick über die Quellen der Geschichte der KPdSU (Lektionskursus)", die sich völlig in stalinistischem Fahrwasser bewegt. Im theoretischen Parteiorgan „Kommunist" Nr. 1/1963, S. 17, war folgende Bemerkung zu dieser Arbeit zu finden:

„Wir sind hier nicht auf Unverständnis, sondern auf faktischen Widerstand gegen den Geist der Beschlüsse des XX Parteitages der KPdSU gestoßen. * 1961 erschien im Verlag der Akademie der Wissenschaften der Georgischen SSR eine Arbeit von M. W Natmeladse und N. I. Sturua: Aus der Geschichte der Arbeiterbewegung Georgiens (1921 — 1958)'. In der bereits erwähnten Quelle heißt es, in dieser Arbeit seien „ohne Vorbehalt viele falsche Leitsätze Stalins, besonders aus seiner Arbeit . Ökonomische Probleme des Sozialismus in der UdSSR herangezogen worden" Mehrere sowjetische Quellen bestätigen, daß das Ministeriur für Hochschulbildung der UdSSR, verschiedene Professoren und Behörden bis heute noch den Stu-denten verschiedene Werke Stalins wie den „Kurzen Lehrgang der Geschichte der KPdSU (B)" empfehlen. In verschiedenen Einzelerscheinungen, die für Studenten an Hochschulen und mittleren Fachschulen gedacht sind, werden ganze Abschnitte von Stalin, oft ohne Quellenangabe, zitiert. Unlängst empfahl das Staatskomitee des Ministerrates der UdSSR für berufstechnische Ausbildung ein Lehrbuch der politischen Wissenschaft, „in welchem etliche Ereignisse der Geschichte unseres Landes von den Positionen des Personenkultes aus geschildert waren" (ebenda). Die Auszüge aus der Liste solcher Vorfälle sollen mit dem Hinweis abgeschlossen werden, daß in „Istorija KPSS" Nr. 5/1960 zwei Autoren behaupteten: „Stalin war der erste, der die wahre Rolle W. I. Lenins in der Oktoberrevolution festlegte".

Ein wahres Chaos herrschte während der letzten 10 Jahre in den wissenschaftlichen Arbeiten, die sich mit dem „Großen Vaterländischen Krieg" befassen. Bedenkt man, daß die Umwertung der Rolle Stalins während des Krieges noch vor dem XX. Parteitag eingesetzt hatte und daß später, genauer nach dem Sturz Marschall Shukows (1957), die Darstellung der Rolle der Partei und damit auch der Parteiführer einschließlich N. S. Chruschtschows als Richtschnur genommen wurde, so ist es, gelinde gesagt, höchst verwunderlich, daß noch kürzlich in der Sowjetunion Werke erschienen sind, die die Ereignisse durch die stalinistische Brille betrachten. In „Krasnaja Swesda" vom 12. Juni 1962 war in einem Artikel von Generalleutnant M. Ch. Kalaschnik, Stellv. Leiter der Politischen Hauptverwaltung der Sowjetarmee und -flotte, folgende staunenerregende Erklärung zu finden: „Noch nach dem XXII. Parteitag wurde der Druck einer militärwissenschaftlichen Arbeit von A. I. Gastilowitsch genehmigt, in welcher die Rolle Stalins bei der Entwicklung der sowjetischen Militärkunst in vielen Fällen ihrem Wesen nach so dargestellt wird, wie es bis 1953 zu geschehen pflegte." Eine ähnliche Situation herrscht auch in der Wirtschaftswissenschaft. Zur Illustration ein Zitat aus einer ökonomischen Zeitschrift: „. . . Aber man fragt mit Recht: wurde diesen Folgen ein Ende bereitet? (Anm: gemeint ist der stalinistische Stil in den Wirtschaftswissenschaften) Leider nicht, hier ist noch eine entschlossene Wendung notwendig." („ Woprosy ekonomiki“ Nr. 11/1962, S. 7)

Selbstverständlich begünstigt der Zick-Zack-Kurs der Partei die stalinistischen Erscheinungen in vielen Wissenschaftszweigen. In einigen Fällen befürwortete die Partei eine freizügigere Entwicklung, was für das sowjetische System stets von Nutzen war, in anderen Fällen riefen die dogmatischen Scheuklappen bestimmte Kräfte in der Partei auf den Plan, um die Entwicklung erneut in einen starren Rahmen zu pressen. Als treffliches Beispiel ist der jüngste Beschluß des ZK der KPdSU vom 25.

Januar 1963 über die Entwicklung der Biologie anzuführen. Die Belebung, die kürzlich in der Biologie zu beobachten war, ist damit unterbunden, und der umstrittene Freund Chruschtschows, der „Mitschurinist" Lyssenko, avancierte erneut zur Koryphäe der sowjetischen Biologie, die er schon unter Stalin war.

Der Hang der reformwilligen Kommunisten — und Chruschtschow zu allererst — zu dogmatischen Vereinfachungen könnte anhand zahlloser Beispiele aus der Wirtschafts-und besonders der Gesellschaftswissenschaft demonstriert werden: einem Zweig, der bis heute noch einer strengen Reglementierung durch die Partei unterworfen ist.

So also sieht die Wirklichkeit in der Sowjetunion zehn Jahre nach Stalins Tod aus. Lassen wir es dabei bewenden. In vielen Schlüsselstellungen sitzen noch heute überzeugte Stalinisten die Möglichkeiten genug haben, sogar entgegen der Parteilinie bewußt darauf hinzuarbeiten, daß das stalinistische Gedankengut in der Sowjetunion nicht ausstirbt. Was sie bezwecken, ist klar: Sie verwirklichen auf ihre eigene Weise die Kontinuitätstheorie Chruschtschows und seiner Theoretiker, indem sie neue Generationen in der Sowjetunion mit dem Stalinismus zu vergiften versuchen. Unsere Liste war zwar sehr kurz, doch mit der Absicht zusammengestellt, die Positionen der Stalinisten gerade dort zu zeigen, wo die neuralgischen Punkte jeder Gesellschaft liegen: in Recht, Wirtschaft und Erziehung.

Aber wir wollen die Bemühungen der bewußten Stalinisten trotz allem nicht überschätzen. Da ist die von Generationen der Stalin-sehen Schule geprägte Praxis ein viel komplizierteres und tiefer verankertes Übel. Die Sowjetpresse und auch die kommunistische Parteiführung führen einen mühevollen und nicht immer erfolgreichen Kampf gegen diese chronische Krankheit der Sowjetgesellschaft. Das Schlimmste dabei ist, daß die klassischen Erscheinungen des stalinistischen Stils in den Reihen der Partei festzustellen sind. Eine Stimme der Verzweiflung läßt sich in einer Parteizeitschrift vernehmen: „Es hat keinen Sinn länger zu verheimlichen, daß es bei uns bedauerlicherweise noch Funktionäre gibt, die dazu neigen, die Meinung und den Willen des Kollektivs der Parteimassen nicht zu berücksichtigen. Alles das sind Rückfälle, Überbleibsel des Personenkults. Obwohl sich die Zeiten geändert haben, obwohl sich die Methoden und der Stil der Leitung grundlegend gewandelt haben, obwohl die Partei dem Schädlichen, das in der Zeit des Personenkults auf-kam, vernichtende Schläge versetzt hat, läßt sich ab und zu ein Echo dieser Periode hören. Einige gewöhnen es sich offenbar schwer ab. Und das Abgewöhnen ist notwendig — je schneller desto besser. Die Partei hat auf dem XXII. Parteitag erklärt, daß sie auch die kleinsten Rückfälle in den Personenkult entschieden bekämpfen werde." („Kommunist" Nr. 15/1962, aus dem Artikel von P. Rodinow).

Bis heute ist es der Partei nicht gelungen, die Stalinschen Praktiken aus dem Parteileben auszumerzen. Das bezieht sich hauptsächlich auf die interne Kritik, die unter bestimmten Voraussetzungen tatsächlich eine gewisse Erneuerung und Belebung der Partei bewirken könnte. Gar mancher Parteifunktionär will keine Kritik dulden und unterdrückt sie darum mit allen erdenklichen Mitteln, ja scheut sogar nicht davor zurück, seine Kritiker unter Druck zu setzen. In vielen Parteiorganisationen gilt noch das Prinzip, „schmutzige Wäsche" nicht an der Öffentlichkeit zu waschen, und manchmal bekommen die Kritiker erst Mut, wenn der Betreffende bereits abgesetzt ist (Rodinow a. a. O.). Als klassisches Beispiel der Einstellung eines Parteifunktionärs zur Kritik mag der willkürliche Beschluß eines armenischen Rayonsekretärs gelten, der die ganze Auflage einer Rayonzeitung beschlagnahmen ließ, nur weil er sich darin kritisiert wähnte (Organ der KP Armeniens „Kommunist" vom 2. Juni 1961.).

Eine der Hauptursachen für diese Zustände ist zweifellos die, daß der Apparatschik Stalin-seher Schule noch heute auf großem Fuße lebt.

Damit ist aber noch nicht erklärt, weshalb die reformwillige Gruppe, die heute in der Partei die Mehrheit besitzt, trotz aller Bemühungen keinen nennenswerten Erfolg hat. Schuld daran ist vor allem, daß das von Lenin gezüchtete und von Stalin fortgesetzte Prinzip des „demokratischen Zentralismus" bis heute unangetastet geblieben ist. Auf dem XXII.

Parteitag der KPdSU erklärte F. R. Koslow in Zusammenhang mit der Annahme eines neuen Parteistatuts folgendes: „Selbstverständlich darf nicht zugelassen werden, daß irgendeine kleine Gruppe verirrter oder unreifer Menschen die Partei willkürlich in eine fruchtlose Diskussion verwickelt, daß einzelne parteifeindliche Elemente Maßnahmen treffen können, die zur Erschütterung der Einheit der Partei führen." Nach Stalins Tod entspann sich im kommunistischen Lager eine große Diskussion darüber, ob der Begriff „demokratischer Zentralismus" nicht abgeändert werden müsse. Kommunistenführer wie Gates und Norman in den USA und Giulite und Onofrio in Italien wollten die Begriffe „Zentralismus" und „Demokratie" voneinander abgegrenzt wissen. Es gab Stimmen, die eine Unterordnung des Zentralismus unter die Demokratie in der Partei verlangten. Der japanische Kommunist Siodsiro Kasuga verlangte, das gesamte parteiinterne Leben auf die Basis der „freien gegenseitigen Beziehungen zwischen verschiedenen Gruppen" zu stellen (nach „Woprosy istorii KPSS" Nr. 4/Juli/August 1962, Artikel von G. I. Shitarew). Gerade die reformwillige Gruppe, und an ihrer Spitze Chruschtschow, (nicht albanische oder chinesische Dogmatiker!) hat dazu beigetragen, daß diese Versuche zur Demokratisierung der Partei als Revisionismus gebrandmarkt wurden und daß die Idee, andersdenkenden Kommunisten irgendwelche Sonderrechte einzuräumen, als Verstoß gegen die Parteilinie und deren organisatorisches Hauptprinzip, den „demokratischen Zentralismus", betrachtet wurde. Und so bleibt es eben bei den stalinistischen Praktiken in der Partei.

Das gleiche gilt für das ganze Staats-und Wirtschaftsleben. Mag die Partei es auch mißbilligen, die eingefleischte stalinistische Praxis läßt die Zügel nicht locker, überall wird weiter bürokratisch herumkommandiert, und die vordringlichsten Fragen werden dilettantisch mit der linken Hand erledigt. Die verhängnisvollen Folgen sind überall spürbar — in der Wirtschaft, in der Rechtspflege oder in rein sozialen Angelegenheiten. Große Einbußen mußte das Sowjetregime gerade auf dem Gebiet der Wirtschaft erleiden, und das in einer Zeit, wo der Kampf um die Erfüllung des Siebenjahrplanes zu einer Existenzfrage geworden ist. Auf dem Novemberplenum des ZK der KPdSU von 1962 charakterisierte das der Leiter des ZK-Büros für die chemische und die Leichtindustrie, Demitschew, mit folgenden Worten: „Verschließen wir die Augen nicht davor, daß viele unserer Wirtschaftler in der Periode des Personenkults geformt wurden und daß ihnen auch die Jahre des Krieges ihren Stempel aufgedrückt haben. Einige Direktoren beschäftigen sich bis heute noch zum größten Teil mit Verwaltungsausgaben; sie werden gleich grob und haben Angst, eigene Initiative zu zeigen, sie verstehen as nicht, und manchmal wollen sie auch nicht verstehen, daß sie sich mit anderen Menschen beratend an einen Tisch setzen müssen, um sie von der Notwendigkeit der einen oder anderen Maßnahme in der Produktion zu überzeugen". Auch um die Rechtspflege ist es nicht besser bestellt, auch hier lösen sich, wie in der Partei, Entstalinisierungstendenzen und Rückfälle in stalinistische Methoden ab. Es gibt sowjetische Politiker und Juristen, die die Todesstrafe als außergewöhnliche Maßnahme betrachten, die in Zukunft abgeschafft werden sollte. 1947 wurde die Todesstrafe tatsächlich aufgehoben, bereits 1950 aber wieder eingeführt. Nach Stalins Tod wurde die Anwendung der Todesstrafe auf immer größere Gebiete ausgedehnt. Schon bei der im Dezember 1958 beschlossenen Strafprozeßordnung war die Liste solcher Fälle recht umfangreich. Seither ist sie auch noch auf Devisenvergehen und bestimmte Fälle von Diebstahl ausgedehnt worden. Gewiß, jede Gesellschaft hat das Recht, das Verbrechertum mit schärfsten Mitteln zu bekämpfen. Aber ist es nicht so, daß heute in der Sowjetunion Menschen mit dem Tode bestraft werden können, aeren Vergehen weitgehend durch die soziale Ordnung in der Sowjetunion ausgelöst sind? Die Marxisten haben doch immer verlangt, daß bei jedem Verstoß gegen die Gesetze jeweils die soziale Umwelt zu berücksichtigen sei. Und auf einmal sind solche Lappalien wie Devisenvergehen — nur deshalb, weil in der Sowjetunion Devisen nur vom Staat gehandelt werden dürfen — todes-würdig. Die erweiterte Anwendung der Todesstrafe ist also nicht als Wille zur Bestrafung anzusehen, sondern als terroristische Abschreckungsmaßnahme. Diese ungesunde Erscheinung darf jedoch nicht zu verallgemeinernden Schlüssen über die sowjetische Rechtspflege verleiten. Das vorstehend Gesagte kennzeichnet nur Charakter und Schärfe der sowjetischen Gesetzgebung unter Chruschtschow. Gleichzeitig muß der Versuch gewürdigt werden, die Willkür des Strafvollzugs und der Sicherheitsorgane einzuschränken und dem Bürger vor Augen zu führen, was er tun darf und was ungesetzlich ist.

Interessant ist, daß diese Bestrebungen häufig nur deshalb auf dem Papier bleiben, weil ihre Verwirklichung in den Händen von Behörden und Beamten stalinistischer Schule liegt. Zehn Jahre nach Stalins Tod werden immer noch Fälle bekannt, wo Sowjetbürger gesetzwidrig verhaftet werden, Gerichtsurteile ungerechtfertigt hart ausfallen, wo Untersuchungen und Verhöre gegen die Bestimmungen verstoßen.

In „Kommunist" Nr. 1/1963 ist eine lange Liste solcher Beispiele sowjetischer Rechtspflege in der Praxis zu finden. Dort heißt es z. B.:

„Manchmal haben diese Verletzungen groben und in einigen Fällen sogar kriminellen Charakter" (S. 53). Minderjährige, ist da zu lesen, werden ungerechtfertigt zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt, einige Richter handhaben die Rechtsprechung wie Dilettanten. Immerhin bemühen sich die Sowjetbehörden um die Ausmerzung solcher Fälle, und hin und wieder landen solche Richter hinter Schloß und Riegel. Bedenkt man aber, daß sich das Regime nun schon bald zehn Jahre um die Wiederherstellung der „sozialistischen Gesetzlichkeit" bemüht, dann muß man sich fragen, ob wir es nicht auch hier — ähnlich wie in Partei und Wirtschaftsleben — mit einer chronischen Krankheit zu tun haben, weil eben von wirklicher Demokratie keine Rede sein kann. In diesem Zusammenhang wäre es interessant auf die Wandlungen in den sowjetischen Sicherheitsorganen einzugehen. Vieles spricht dafür, daß in diesen Organen zunächst eine tiefgreifende Umgestaltung stattgefunden hat. Irgendwelche willkürlichen Handlungen sind heute schon deshalb nicht möglich, weil diese Behörden der strengen Kontrolle durch Partei und Staatsanwaltschaft unterliegen. Auch scheint es, daß tatsächlich alle mit den Verbrechen der Stalin-und Berijazeit Belasteten aus den Sicherheitsorganen entfernt wurden. Mehrfach betonten sowjetische Quellen, daß die Spitzenposten in diesen Apparaten mit gebildeten und verantwortungsbewußten Menschen aus der Partei besetzt würden. Seit Stalins Tod hat sich die Sphäre des Terrors grundlegend gewandelt und wurde stark eingeschränkt. Er bleibt nur als Regulativ, nicht aber als Hauptgrundlage des gesamten Systems bestehen. Deshalb muß die erneute Erweiterung des Zuständigkeitsbereiches der Sicherheitsorgane, wie sie in den letzten Monaten in der Sowjetunion stattfand, als ungesundes Zeichen und als Rückgriff auf die Methoden der Stalinära betrachtet werden. Seit kurzem gehört z. B. die Bekämpfung von Devisenschiebern und Dieben von Staats-eigentum in großem Ausmaß zur Kompetenz der Sicherheitsorgane. Regulär würden diese Vergehen in die Zuständigkeit der Kriminalpolizei, der Finanzbehörden und der Staatsanwaltschaft fallen.

Die Bundesrepublik war im vergangenen Jahr Zeuge eines makabren Prozesses, aus dem hervorging, daß die sowjetischen Sicherheitsorgane im Ausland tätig sind und nicht davor zurückschrecken, sich bei der Bekämpfung der Feinde der Sowjetunion des individuellen Terrors zu bedienen. Die Marxisten haben stets solchen Terror als Methode verurteilt. Kein anderer als Lenin machte in seiner Polemik mit Strömungen innerhalb der Narodniki und Anarchisten auf die Unzweckmäßigkeit und Amoralität des individuellen Terrors aufmerksam. Erst Stalin erhob den individuellen Terror zum festen Bestandteil seiner Kampf-methoden. Es scheint, daß diese Lehre Stalins immer noch in den Köpfen einiger Manager dieses Metiers spukt.

Im Zeichen des Zick-Zack-Kurses der Kommunisten nach Stalins Tod stand auch die Natio nalitätenpolitik. Es kann zu einer Abkehr von den Verdrehungen Stalins unter den Parolen: Erweiterung der Rechte der Republiken, Rehabilitierung der deportierten Völker, Auflockerung auf dem kulturellen Sektor; hauptsächlich durch Abstellung der von Stalin forcierten Russifizierung. Aber schon die Schulreform von 1958 enthielt wieder gegen die Interessen der nichtrussischen Völker gerichtige Vorschläge. In einem Paragraphen heißt es z. B., daß die Erlernung der jeweiligen Muttersprache in den Schulen nicht mehr obligatorisch sei, Der XXII. Parteitag erhob erneut die fixe Idee einer „Verschmelzung der Völker" auf seinen Schild.

Das bedeutet, daß für fast die Hälfte der Sowjetbevölkerung der Renegat als Vorbild hingestellt wurde. Die Streitigkeiten auf diesem Sektor hat Chruschtschow nicht überwunden. Unter seiner Herrschaft fanden wegen der Differenzen in der Nationalitätenpolitik große Säuberungen in fast allen Republiken statt, besonders umfangreiche in Lettland, Aserbeidschan und Kirgisien. Die auf diesem Sektor immer noch herrschende Unsicherheit läßt sich natürlich mit dem unverhüllten Terror der Stalinära nicht vergleichen, aber sie ist ein Nachhall dieser Zeiten.

Ein neues Problem des W e 11 k o m m u n i s m u s : Marx oder D s c h i n g i s -K h a n Eine Bestandsaufnahme der Entstalinisierung — vorgenommen zehn Jahre nach Stalins Tod — wäre unvollständig, würde nicht der Lage im Weltkommunismus und der Evolution der strategischen Konzeption der sowjetischen Kommunisten Erwähnung getan. Stalins Vermächtnis „ökonomische Probleme des Sozialismus in der Sowjetunion" enthielt zwei prinzipielle Thesen der kommunistischen Strategie gegenüber dem Westen, die heute ihre Gültigkeit verloren haben. Eine davon lautete, daß infolge des Verlustes von Absatzmärkten für die kapitalistischen Länder und der Verringerung der Rahstoffbezugsquellen der Fäulnisprozeß des Kapitalismus beschleunigt werde. Stalin schlug vor, die These Lenins von 1916, wonach trotz Fäulnis „im großen und ganzen der Kapitalismus bedeutend schneller wächst als früher", außer Kraft zu setzen. Die zweite These lautete, daß Kriege zwischen den kapitalistischen Ländern eine unvermeidliche Erscheinung seien. Die Schlußfolgerung daraus hieß: „Um die Unvermeidbarkeit der Kriege zu beseitigen, muß der Imperialismus vernichtet werden". Gemäß den Beschlüssen des XXII. Parteitages wurden beide Thesen als mit dem Leninismus unvereinbar erklärt. Was die erste These anbelangt, so betrachten die heutigen kommunistischen Theoretiker sie als „untragbar und durch die Praxis nicht erwiesen". „Im neuen Parteiprogramm wurde die These verankert, daß der Fäulnisprozeß des Kapitalismus das Wachstum der Produktivkräfte in einzelnen Etappen und einigen Ländern nicht ausschließt" („Mirowaja . . ." Nr. 3/1962, S. 9). Zweifellos spielten die jüngsten Ereignisse dabei eine große Rolle, vor allem die Erfolge der westeuropäischen Wirtschaftsintegration, die die sowjetischen Führer zwangen, Bedeutung und Größe der EWG anzuerkennen. Natürlich heißt das nicht, daß die sowjetischen Kommunisten wie überhaupt die Kommunisten die EWG als solche akzeptieren oder ihre eigenen Pläne bezüglich der Entwicklung Europas aufgeben; eine völlig andere Einstellung als zur Stalinzeit ist jedoch unverkennbar. Auch die Stalinschen Auffassungen über die Auslösung von Kriegen sind heute ad acta gelegt. Bei den sowjetischen Kommunisten erfolgte eine beachtliche Evolution in dieser Frage. Ausschlaggebend war natürlich die Tatsache, daß die Sowjetunion selbst die gefährlichsten Vernichtungswaffen besitzt und daher, gleich den USA, besser als jeder andere Staat in der Welt die historische Tragweite der Revolution der Waffentechnik und Militärwissenschaft erkennt. In dieser Frage erfolgte in jüngster Zeit, und zwar seit der Kubakrise vom Oktober 1962, eine einschneidende Wendung. Seitdem die Kommunisten-führer erkannt haben, daß es nicht nur im „imperialistischen Lager", sondern auch im internationalen Kommunismus Kräfte gibt, die auf einen Krieg hintreiben, klingen die sowjetischen Thesen, daß die Hauptaufgabe der Politik die Ausschaltung von Kriegen sein muß und daß Moskau auf den Krieg als Mittel zur Verbreitung des Kommunismus verzichten wolle, viel plausibler.

Seit Stalins Tod vollzieht sich ein wichtiger Differenzierungsprozeß in den Reihen des Weltkommunismus. Man macht sich wohl keiner „schrecklichen Vereinfachung" schuldig, wenn man feststellt, daß sich die sowjetischen Kommunisten der wirtschaftlichen und sozialen Folgen bewußt geworden sind, die der technische Fortschritt und die Automation unvermeidlich nach sich ziehen, und daß diese ein wichtiger Beweggrund für ihre Abkehr vom-Stalinismus auf verschiedenen Abschnitten sind. Der gegenwärtige Konflikt zwischen Moskau und Peking hat viele Ursachen — zu den wesentlichsten aber gehören die neuen Denkkategorien, die in der Sowjetunion, ebenso wie in anderen Ländern, im Zeitalter der technischen Revolution auftreten. Das Wesen der Dispute, ob Marx oder Dschingis-Khan die Strategie der sowjetischen Kommunisten bestimmen solle, liegt darin: ein System vom Typ des Stalinismus oder des Imperiums Dschingis-Khans charakterisierte sich in erster Linie durch die militärische Organisation der Gesellschaft und konnte eine Rechtfertigung seiner Mission nur in der Expansion, in der gewaltsamen Willensübertragung auf fremde Völker und schließlich in siegreichen Kriegen finden. Dagegen finden die Denkkategorien in der Etappe des technischen Fortschritts und der Automation die Rechtfertigung jeglichen Herrschaftssystems nur in der Lösung innerpolitischer und-wirtschaftlicher Fragen. Hierin sind die Gründe zu suchen, weshalb die sowjetischen Kommunisten und besonders Chruschtschow erklären, daß sie im guten Funktionieren des sowjetischen Wirtschaftssystems und in der Verwirklichung ihrer Pläne zur Schaffung einer sowjetischen Konsumgesellschaft die Rechtfertigung ihres Herrschaftsanspruches sehen. Obwohl sie ihre Koexistenz-politik als Fortsetzung des Klassenkampfes unter den herrschenden Gegebenheiten betrachten, besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen der gegenwärtigen Politik Moskaus und dem sowjetischen Bonapartismus der Stalinzeit.

Als Stalin 1953 starb, hieß es in der ganzen kommunistischen Welt, seine Idee und sein Werk würden ewig bestehen. Nur zehn Jahre sind seitdem vergangen, und schon beurteilen die Kommunisten den Stalinismus auf ganz verschiedene Weise. Während in Europa die albanischen und in Asien die chinesischen Kommunisten gemeinsam mit dem in fast allen kommunistischen Parteien bestehenden stalinistischen Flügel Stalin als großen, unvergeßlichen Führer des Weltkommunismus preisen und seinen Ideen Treue geloben, wird er — wenigstens bis zu gewissem Grade — in der Sowjetunion teilweise als persona non grata, teilweise als Verbrecher abgestempelt. Neben den entschieden antistalinistischen Kräften, die ganze kommunistische Parteien beherrschen, wie z. B. in Polen, Ungarn und Jugoslawien, kennen wir auch Erscheinungen wie Ulbricht, einen Stalinist-bis ins innerste Mark, der von der historischen Entwicklung gezwungen ist, sich wenigstens nominell der Kritik Chruschtschows an Stalin anzuschließen. Mit der Abkehr vom Stalinismus in der Sowjetunion, selbst in der unvollkommenen Form, in der sie sich vollzieht, entsteht ein neuer Zyklus in der Geschichte dieses totalitären Systems. Bei der Beurteilung dieser Veränderungen entstehen große Fehler, wenn Liberalisierung und Demokratisierung miteinander verwechselt werden. Eines der typischen Charakteristika der jüngsten Entwicklung in der Sowjetunion war eine gewisse Auflockerung, eine Liberalisierung. Das Regime war in der Lage oder manchmal auch gezwungen, auf ganzen Abschnitten des sowjetischen Lebens Terror, primitive Administrierung und nackte Gewaltmethoden durch subtilere Herrschaftsformen abzulösen und damit auch für ganze Gesellschaftsschichten die freiheitliche Zone innerhalb gewisser Grenzen zu erweitern. Die Demokratisierung eines Systems beginnt mit der Anerkennung des Rechts der anderen, ihre Gedanken in der Gesellschaft zu vertreten und sich um deren Verwirklichung zu bemühen. Das macht nicht allein das Wesen einer „bürgerlichen Demokratie" aus, wie das die Kommunisten immer darstellen möchten. Ohne Anerkennung dieses Prinzips ist keine Demokratie denkbar. In der Sowjetunion deuten nicht einmal elementarste Anzeichen auf eine solche Entwicklung hin. Das ist für uns noch aus einem anderen Grunde wichtig: Am besten können das jene Kreise im Westen verstehen, die sich selbst rückhaltlos zur Demokratie bekennen und deshalb keine Angst vor der Anerkennung gewisser Liberalisierungstendenzen in der UdSSR zu haben brauchen.

Der Versuch der Kommunisten unter Chruschtschow, das Sowjetsystem zu modernisieren, ist automatisch von einer Reihe völlig neuer Prozesse begleitet, die bis zu einem gewissen Grade objektiven Charakter tragen und mit dem „guten Willen" der Kommunistenführer wenig zu tun haben. Dazu gehört ein neuer politischer Stil, der die Bevölkerung davon befreit, stets vor den Führern einen Kotau machen zu müssen, dazu gehören die Bemühungen, die Kluft zwischen Partei und Bevölkerung zu verringern, die Massenmedien von dem seelenlosen, starren Charakter der Stalinzeit gesunden zu lassen, das gesamte Beeinflussungsinstrumentarium zu modernisieren. Mit Sicherheit befindet sich die Sowjetgesellschaft im Stadium einer Transformation, deren Endpunkt sich heute kaum absehen läßt. Prophezeiungen sind daher nicht angebracht, eines jedoch ist sicher: die ganze Entwicklung wird Züge annehmen, die sie dem Geiste Dschugaschwili-Stalins immer mehr entfremden. aus politik und Zeitgeschichte Aus dem Inhalt der nächsten Beilagen:

Robert J. Alexander:

Die kommunistische Durchdringung Lateinamerikas K. A. Jelenski:

Die Literatur der Enttäuschung Wanda Kampmann:

Die Vorgeschichte der bolschewistischen Revolution als Einführung in das politische System der Sowjetunion Erich Kosthorst:

Von der Gewerkschaft zur Arbeitsfront und zum Widerstand Walter Z. Laqueur:

Rußland mit westlichen Augen Gerhard A. Ritter, Ernst Schräpler, Ulrich Dübber:

Hundert Jahre deutsche Arbeiterbewegung Helmut Wagner:

Ich habe nur das Beste gewollt Egmont Zechlin:

Friedensbestrebungen und Revolutionierungsversuche (IV.

Teil)

Rechtsradikalismus in der Bundesrepublik

Fussnoten

Weitere Inhalte

Borys Lewytzkyj, geb. 1915 in Wien. Erlangung des Titels Magister der Philosophie an der Universität Lemberg; wissenschaftlicher Mitarbeiter der Friedrich-Ebert-Stiftung; Autor verschiedener Einzelartikel in Fachzeitschriften, ferner der Bücher „Vom Roten Terror zur Sozialistischen Gesetzlichkeit" (München 1961) und die „Sowjetukraine seit 1944" (Köln 1963).