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Indonesien -Epochen und Probleme | APuZ 26/1967 | bpb.de

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APuZ 26/1967 Indonesien -Epochen und Probleme

Indonesien -Epochen und Probleme

Bernhard Dahm

I. Die Entstehung des indonesischen Staates

Abbildung 1

1. Die Freiheitsbewegung (1908— 1942)

Als Geburtsstunde der indonesischen Freiheitsbewegung wird im allgemeinen die Gründung der javanischen Vereinigung Budi Utomo (edles Streben) am 20. Mai 1908 angesehen, die sich damals die Pflege der javanischen Kultur und eine Besserung des Schicksals der Bevölkerung zum Ziele gesetzt hatte. Gewiß war dies der erste organisatorische Zusammenschluß im niederländischen Kolonial-reich in Südostasien, für den späteren indonesischen Nationalismus jedoch war diese java-zentrisch ausgerichtete Kulturbewegung eher ein Hemmnis als ein treibender Faktor.

Wichtiger dagegen war die um 1912 entstandene Sarekat Islam (Islam-Vereinigung), die sogleich den interinsulären Aspekt betonte, da der Islam in den Java umgebenden Inseln (Sumatra, Borneo, Celebes, um nur die wichtigsten zu nennen) bestimmender aufgetreten war als auf Java selbst. Auf Java waren der Hinduismus und Buddhismus beim Eindringen des Islam noch so stark, daß der Islam hier zu einem Kultursynkretismus gezwungen wurde, der in Mittel-und Ostjava noch heute zu beobachten ist.

Dennoch fand die Sarekat Islam gerade auf Java schon bald nach ihrer Gründung großen Zulauf. Sie war ursprünglich als Opposition javanischer Händler gegen die Preisdiktatur der in Indonesien lebenden Chinesen gedacht, nahm aber allmählich den Charakter einer Freiheitsbewegung an, in der neben einer Besserung der Loses der einheimischen Bevöl-kerung eine Beteiligung des Volkes an der Regierung und schließlich eine eigene Regierung frei von fremder Vorherrschaft gefordert wurde.

In wenigen Jahren war die Zahl der Anhänger der Sarekat Islam auf eine halbe Million gestiegen. Diese Entwicklung trieb holländische Sozialisten, die sich in der Kolonie aufhielten, schon bald dazu, Einfluß auf die Massenbewegung zu nehmen, um sie für ihre eigenen Ziele zu gewinnen. Nach dem Sieg der russischen Oktoberrevolution wurden diese Bemühungen stärker; die Anhänger des Islam sahen sich plötzlich in die Defensive gedrängt. Im Mai 1920 kam es zum Bruch, als der linke Flügel der Sarekat Islam sich als kommunistische Partei konstituierte, während der rechte Flügel sich jetzt mehr der Propagierung islamitischer Ideen zuwandte. In den folgenden Jahren kam es zwischen der kommunistischen Partei und den Islamiten zu Auseinandersetzungen, so daß das gemeinsame Ziel, die Unabhängigkeit, mehr und mehr in den Hintergrund geriet. Ende 1926 wagten die Kommunisten einen Aufstandsversuch in Westjava, bald darauf auch in Sumatra, mit dem Erfolg, daß die PKI (Partai Komunis Indonesia) bis zum Ende der niederländischen Kolonialherrschaft verboten wurde.

Um die gleiche Zeit trat Sukarno in der indonesischen Bewegung in den Vordergrund. Er kam aus der Sarekat Islam und hat den Bruch in der Bewegung sehr bedauert. Nach seiner Ansicht wären die ganzen Auseinandersetzungen überflüssig gewesen, da Islamiten und Marxisten nicht nur natürliche Verbündete im Freiheitskampfe seien, sondern beide auch nach einer gerechten Gesellschaftsordnung strebten. Von den Führern der Sarekat Islam hatte er viel vom „Sozialismus des Koran" gehört, vom Wucherverbot zum Beispiel, und er meinte, das sei das gleiche wie die Mehrwerttheorie der Marxisten. Bei dieser Verwandtschaft von Islam und Marxismus blieb bloß die Gretchenfrage offen: Wie steht es mit der Religion? Sukarno hatte auch dafür eine Lösung parat: Der Atheismus des Marxismus sei schon lange überholt. Der Philosophische Materialismus sei reine Spekulation gewesen, das, was den Marxismus ausmache, sei der Historische Materialismus, sei die Analyse der Entwicklungen der Welt, die ihrerseits von einem Schöpfergott geschaffen worden sei.

Mit diesen Thesen trat Sukarno an die Öffentlichkeit, um die Einheit in der Bewegung wiederherzustellen. Dazu richtete er Appelle an die Nationalisten, ihrerseits Islamiten und Marxisten als echte Partner im Kampfe um die Freiheit zu betrachten. Er erreichte auf diese Weise, daß die verschiedenen Organisationen sich zu einer Föderation der indonesischen Parteien (1927) bereit erklärten. Daneben gründete Sukarno im gleichen Jahre seine PNI (Partai Nasional Indonesia), mit der er den Unabhängigkeitskampf nach dem Ausscheiden der PKI zu intensivieren gedachte. Diese neue Partei fand durch Sukarnos Rednertalent und durch seine versöhnliche Haltung den anderen Parteien gegenüber großen Anklang in der Bevölkerung. Die niederländische Kolonialmacht verhaftete Sukarno (Dezember 1929), weil sie einen neuen Aufstandsversuch befürchtete. Sukarno erhielt eine mehrjährige Gefängnisstrafe, obgleich für einen Aufstands-versuch nicht die geringsten Beweise gegeben waren. Dadurch stieg sein Ansehen bei der Bevölkerung um so mehr.

Allerdings büßte die indonesische Unabhängigkeitsbewegung während Sukarnos Haft viel von ihrer Dynamik ein. Vor allem die in den Niederlanden studierenden Indonesier, insbesondere Sutan Sjahrir und Mohammed Hatta — letzterer war auf europäischen Kongressen schon wiederholt als Anwalt der indonesischen Freiheitsbewegung hervorgetreten —, begannen nach den Ursachen des Erlahmens der Volksbewegung zu forschen und kamen zu dem Schluß, daß Sukarno nicht daran gedacht hatte, das Volk zu erziehen und für Führungskader zu sorgen. Sjahrir ging 1931 nach Indonesien zurück, um das Versäumte nachzuholen. Er machte Sukarno den Vorwurf, er habe mehr einen Heiligen Krieg als einen zielbewußten Unabhängigkeitskampf geführt und damit seine Verhaftung selbst verschuldet.

Als Sukarno aus dem Gefängnis entlassen wurde (1932), sah er seine dominierende Stellung in der Unabhängigkeitsbewegung plötzlich gefährdet. Sjahrir gab zu verstehen, daß eine Einheitsfront nach Sukarnos Vorstellungen unmöglich sei. Die Freiheit könne nur mit einer revolutionären Massenaktion erkämpft werden; revolutionär seien jedoch nur die Arbeiter, das Proletariat. Alle anderen Gruppen, die Sukarno mit in die Bewegung einbezogen hätte, würden die Einheit eher schwächen als stärken. Sukarno aber war nicht bereit, seine Ideen fallenzulassen. Rassenkampf geht vor Klassenkampf war seine Devise, und er erfand eine neue Theorie, in der er, wie er erklärte, den asiatischen Nationalismus mit dem Marxismus vermählte.

Nach seiner Ansicht bestand die indonesische Gesellschaft zu mehr als 90 Prozent aus Armen, also nicht aus Arbeitern, die ihre Arbeitskraft verkauften, sondern aus Gruppen, auf die der Begriff Proletarier keine Anwendung finden konnte: aus kleinen Händlern, Fischern, Handwerkern und Reisbauern, die in ihrer Existenz durch den Imperialismus bedroht seien, die den Verelendungsprozeß am eigenen Leibe erfahren hätten und somit antiimperialistisch gesonnen seien. Die notwendige Folgerung aus dieser Erkenntnis sei der Zusammenschluß all dieser Armen und nicht etwa eine künstliche Trennung nach europäischen Lehrbüchern, die für die Verhältnisse in Asien keine Gültigkeit hätten. In Sukarnos Augen war das Schicksal des Reis-bauern Marhaen, der sein eigenes Stück Land mit eigenen Geräte bebaute, von dem Ertrag jedoch seine Familie kaum ernähren konnte, typisch für Indonesien, deshalb nannte er seine Theorie Marhaenismus.

Die Frage, wer auf die Dauer recht behalten sollte, Sjahrir oder Sukarno, blieb offen. Im Jahre 1934 wurden beide von der holländischen Kolonialmacht auf entlegene Inseln verbannt, auch Mohammed Hatta, der inzwischen ebenfalls nach Indonesien zurückgekehrt war und sich der Gruppe Sjahrirs angeschlossen hatte. Die Massen aber standen auf Sukarnos Seite. Sjahrir notierte in der Verbannung in sein Tagebuch, daß es ihm schwerfalle, wieder mit dem Volk in Kontakt zu kommen, daß ihm nun abergläubisch, unwissend und zurückgeblieben erscheine, während er selbst als zu westlich angesehen werde. Dererlei Probleme hat es für Sukarno nie gegeben. Er war es gewohnt, sogleich im Mittelpunkt zu stehen und den Ton anzugeben. Er brauchte den Beifall der Massen wie die Luft zum Leben und wunderte sich höchstens darüber, daß es Indonesier gab, die seinen großen Ideen von der Einheitsfront des ganzen Volkes die Gefolgschaft verweigerten. Das waren neben den Sozialisten vor allem die Islamiten. Als sich Sukarno während seiner Verbannungszeit ausführlich mit dem Islam beschäftigte und schließlich als Ergebnis dieser Untersuchungen das Patentrezept „Islam ist Fortschritt“ verkündete, erhielt er aus den Kreisen der indonesischen Muslime heftigen Widerspruch. Mohammed Natsir (der wie Hatta und Sjahrir aus Westsumatra stammte) verbat sich Sukarnos Freigeisterei im Bereiche der Religion, denn er befürchtete nicht zu Unrecht, daß bei einer Befolgung der Forderung Sukarnos, den Koran neu zu interpretieren, „ohne auf die Buchstaben zu achten", von der Religion des Islam wenig übrigbleiben würde. Ähnlich wie den Sozialisten, die sich um Sjahiir geschart hatten, war den Islamiten, zum Beispiel aus der großen Reformbewegung Muhammadijah, die sich politisch wenig engagierte, Sukarnos Gleichmacherei verdächtig. Und diese in den dreißiger Jahren entstande5 nen Differenzen sollten noch Jahrzehnte hindurch in der politischen Atmosphäre in Indonesien für Spannungen sorgen, die sich nur zeitweilig zurückdrängen ließen. Die Freiheitsbewegung barg in sich schon alle Probleme der zukünftigen Republik. 2. Die japanische Besatzungszeit (1942— 1945)

Mit der Verbannung der herausragenden Führer der Unabhängigkeitsbewegung erlahmte die Volksbewegung, und die Herrschaft der Niederlande in ihrer Kolonie schien „so fest verankert wie der Mont Blanc in den Alpen“, wie es ihr Ministerpräsident Colijn einmal erklärte. Auch nachdem Holland von deutschen Truppen besetzt worden war (10. Mai 1940), änderte sich nichts an der unnachgiebigen Haltung der Niederländer, die alle Gesuche um ein Versprechen auf eine zukünftige Unabhängigkeit auf Eis legten.

Nach dem japanischen Überfall auf Pearl Harbour geriet die holländische Festung in Südostasien schneller ins Wanken, als es selbst Pessimisten für möglich gehalten hatten. Im Laufe einer einzigen Woche brach Anfang März 1942 die jahrhundertealte niederländische Kolonialherrschaft in sich zusammen und ein großer Teil der Indonesier jubelte den einziehenden Japanern als Befreier zu. Schon bald sollte sich jedoch erweisen, daß die neuen Herren nicht gekommen waren, um dem indonesischen Volk die Freiheit zu bringen, wie es vorher auf Flugblättern geheißen hatte, sie waren vielmehr schlimmere Kolonisatoren als die Holländer und griffen drastischer in den Kolonialherrschaft in sich zusammen und ein eine andere auswärtige Macht. Die anfängliche Sympathie der Bevölkerung schlug daher rasch in das Gegenteil um. Die Japaner begannen sich nach Führerpersönlichkeiten umzusehen, die das Volk in ihrem Sinne beeinflussen konnten.

Sukarno zeigte sich sogleich zur Mitarbeit bereit. Er sah in dem japanischen Interregnum die geeignete Möglichkeit, um das Verlangen der Bevölkerung nach Unabhängigkeit zu stärken. Immerhin war der Gegner der Japaner der westliche Imperialismus, den Sukarno seit nun schon nahezu zwei Jahrzehnten als den größten Feind der asiatischen Völker bei ihrem Kampf um die Unabhängigkeit attackiert hatte. Man hatte also einen gemeinsamen Feind. Für Sjahrir dagegen waren die Japaner Faschisten, die man schon aus demokratischen Prinzipien bekämpfen mußte; er organisierte eine Widerstandsbewegung, die vor allem in studentischen Kreisen Anhänger fand. Hatta schließlich wurde zur Mitarbeit von den Japanern gezwungen. Man gab ihm von japanischer Seite zu verstehen, daß seine antijapanischen Aufrufe aus der letzten Zeit bekannt seien; es blieb Hatta keine andere Wahl, als — nach außen jedenfalls — die Besatzungsmacht zu unterstützen.

Sukarno gelang es in kurzer Zeit, die Japaner davon zu überzeugen, daß ohne ihn die erhoffte Mitarbeit des Volkes in Rüstungsbetrieben, bei der Versorgung mit Nahrungsmitteln usw. nicht zustande komme. Als Gegenleistung forderte er, daß sie ihn in seiner Arbeit der Vorbereitung des Volkes auf die Unabhängigkeit nicht hinderten. Im ersten Jahr schien diese Rechnung auch aufzugehen: Eine einheitliche Bewegung (Putera) kam im März 1943 zustande, in der Sukarnos Gedanke einer Einheitsfront aller Gruppen (Nationalisten, Islamiten und Sozialisten) erstmals seine Verwirklichung fand.

Aber schon bald darauf änderte sich die militärische Lage. Die Japaner verlangten von den Indonesiern jetzt volle Unterstützung im Krieg gegen die Alliierten und stellten die Volksbewegung, die jetzt die japanische Bezeichnung Djawa Hokokai erhielt, unter ihren Befehl. Die Reden Sukarnos und Hattas wurden einer scharfen Zensur unterzogen. Alle unpopulären Maßnahmen aber, insbesondere die Aushebung sogenannter Kriegsdienstfreiwilliger (Romushas), blieben mit Sukarnos Namen verkoppelt. Die Romushas, die an der Indochina-Front eingesetzt wurden, gingen zum weitaus größten Teil elend zugrunde. Wegen der Unterstützung der Forderungen Japans hat Sukarnos Nimbus sehr gelitten. Von Sjahrirs Untergrundbewegung wurde er Japanerknecht genannt. Sukarnos größte Sorge zu dieser Zeit galt aber den mit den näher-rückenden Alliierten zurückkehrenden Holländern, die aus dem Exil in Australien angekündigt hatten, daß sie mit Leuten wie Sukarno und Hatta abrechnen würden.

Im September 1944 kam endlich das ersehnte Versprechen aus Tokio, das für die Zukunft die Unabhängigkeit Indonesiens in Aussicht stellte. Der lange Zeit nur mühsam zurückgehaltene Freiheitswillen brach sich jetzt mit Macht Bahn. Die Japaner, die durch das Versprechen im Grunde nur neue Energien für die Unterstützung ihrer Kriegsziele freimachen wollten, verzögerten weiteres Entgegenkommen bis zum Mai 1945, als der Krieg in Europa bereits zu Ende gegangen war. Dann setzten sie einen Ausschuß zur Untersuchung der Probleme ein, die mit einer indonesischen Unabhängigkeit verbunden waren. Sie hofften, daß sich bei den Fragen der Verfassung, der Staatsform, des Territoriums sowie der Stellung der Religion im Staate die Abgeordneten in endlose Diskussionen verstricken würden und daß auf diese Weise abermals Zeit gewonnen werden könnte.

Jetzt freilich erwies sich, daß Sukarnos ständige Appelle zur Einheit nicht ungehört geblieben waren. In allen Kreisen war man zu wirklichem Entgegenkommen bereit. Man entschied sich in der Frage der Staatsform für die Republik, in der Frage des Territoriums für das gesamte niederländisch-indische Kolonialreich und fand sich in der heiklen Frage der Stellung der Religion im Staate zu einem Kompromiß bereit. Die Islamiten hatten auf Grund der Tatsache, daß etwa 85 Prozent der Bevölkerung Moslems seien, verlangt, daß der zukünftige Staat ein theokratischer Staat werden solle, in dem die Bestimmungen des Islams Gesetze würden. Diesen Gedanken fanden die Nationalisten unerträglich; sie hatten sich schon oft über die „reaktionäre Gesinnung“ der Ulamas und Kijais, der islamischen Rechtsgelehrten und Lehrer auf dem Lande geärgert, wenn diese moderne demokratische Ideen als Ketzereien verwarfen. Insbesondere der Uberredungskraft Sukarnos war es zu danken, daß die Moslems sich schließlich mit einem Passus in der Präambel zur Verfassung begnügten, der lediglich den Anhängern des Islam die Befolgung der Lehre des Propheten zur Pflicht machte. Ein weiteres Zugeständnis war der Vorschlag, daß der Präsident der Republik ein Islamit sein solle.

Als philosophische Grundlage des neuen Staates wurden die Pantjasila akzeptiert, die „fünf Prinzipien", die Sukarno der Versammlung am 1. Juni 1945 zur Annahme empfohlen hatte 1. Indonesischer Nationalismus, der auch anderen Volksgruppen (Chinesen, Arabern) in Indonesien ein Heimatrecht bietet.

2. Humanität als Grundlage der internationalen Beziehungen.

3. Demokratie im indonesischen Sinne der allseitigen Repräsentation (Perwakilan), der gemeinsamen Beratung (Musjawarah) und des einstimmigen Beschlusses (Mufakat), die seit jeher im Gegensatz zur parlamentarischen Demokratie von Sukarno idealisiert worden war.

4. Soziale Gerechtigkeit als Ziel aller staatlichen Bemühungen.

5. Glaube an Gott, den jede Religionsgruppe in der ihr gemäßen Form ausüben sollte.

Diese Pantjasila, von ihrem Verkünder später als der „größte gemeinsame Nenner" oder „das kleinste gemeinsame Vielfache" der indonesischen Völkerfamilie bezeichnet, sind auch heute noch die Grundlagen aller staatlichen Orientierung in Indonesien. Sie bezeichnen schlagwortartig die Basis des Staates (1 u. 5), sein Ziel (4) und die Methoden (2 u. 3), um dieses Ziel zu erreichen. Sie sind ein Appell zur Toleranz und zur gegenseitigen Unterstützung (gotong rojong) der verschiedenen Gruppen des Volkes. Die Reihenfolge der fünf Prinzipien hat wiederholt gewechselt. Durchgesetzt hat sich schließlich folgende Rangordnung: Glaube an Gott, Nationalismus, Humanität, Demokratie und soziale Gerechtigkeit.

Die Verfassung, die im Juli 1945 ausgearbeitet wurde sah vor, daß der höchste Souverän des Staates ein alle fünf Jahre tagender Volkskongreß (Madjelis Permusjawaratan Rakjat) sein solle. Die Exekutive sollte in den Händen eines von diesem Volkskongreß gewählten Präsidenten liegen, der nur diesem Gremium verantwortlich sei. Ihm zur Seite stehen sollte ein Parlament (Dewan Perwakilan Rakjat), mit dem er sich die Legislative teilen sollte. In kritischen Zeiten konnte der Präsident das Parlament jedoch übergehen. Der Präsident war der Oberbefehlshaber der Streitkräfte, ernannte seine Minister selbst und war somit praktisch Diktator auf Zeit. Im Todes-, Krankheits-oder Verhinderungsfälle übernahm der ebenfalls vom Volkskongreß zu wählende Vizepräsident sämtliche Vollmachten.

Mit dieser starken Konzentrierung der Macht auf einen Führer, der, wie es damals hieß, „durch und durch von dem Wunsche des Volkes durchdrungen sein muß", wollte die verfassunggebende Versammlung für die zu erwartenden Auseinandersetzungen der mit rückkehrwilligen Kolonialmacht schnelle Entschlüsse ermöglichen.

Der Kriegsverlauf war für die Japaner inzwischen kritisch geworden. In Djakarta forderten Jugendverbände (Pemudas), man solle nicht erst lange die Unabhängigkeit beraten, sondern sie verkünden. Man wolle die Souveränität nicht als Geschenk aus Tokio, sondern notfalls darum kämpfen. Sukarno versuchte die Jugendlichen damit zu beschwichtigen, daß man kurz vor dem Augenblick stehe, für den man so lange gekämpft habe, daß das gutgerüstete japanische Heer jeden Aufstandsversuch schnell unterdrücken werde, daß der revolutionäre Elan sich nicht in die falsche Richtung entladen dürfe; die Hauptfeinde Indonesiens seien die Kolonialisten, die jeden Tag in Indonesien landen könnten.

Dadurch ließen die Pemudas sich jedoch nicht beeindrucken. Hinter ihnen stand nicht nur Sutan Sjahrir, sondern auch die inzwischen wieder rührig gewordenen Kommunisten, die zum Teil jahrzehntelang außer Landes gewesen waren, wie Tan Malaka, der als Kohlentrimmer nach Indonesien zurückgekehrt war, als sich das Ende der japanischen Herrschaft abzuzeichnen begann. Als die Pemudas von heimlichen Friedensfühlern aus Tokio hörten, nachdem die Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki gefallen waren, begannen sie, den immer noch zögernden Sukarno unter Druck zu setzen. Am 16. August entführten sie ihn in eine Kaserne außerhalb Djakartas, um ihn dort zur Proklamation der Unabhängigkeit zu zwingen. Sukarno weigerte sich jedoch entschieden und wurde noch am gleichen Tage nach Djakarta zurückgebracht, wo dann in einer turbulenten Nachtsitzung die Proklamation der Unabhängigkeit Indonesiens ausgearbeitet wurde, nachdem Sukarno Gewißheit von der japanischen Kapitulation erhalten hatte.

Am 17. August 1945 verlas er die Proklamation vor einem kleinen Kreis von Freunden. Adam Malik, der heutige Außenminister Indo7 nesiens, der Zugang zu der japanischen Radiostation hatte, verbreitete die Proklamation über die Inselwelt. Am nächsten Tage wurde die Verfassung von einer repräsentativen in-donesischen Versammlung für rechtsgültig erklärt und Sukarno zum Präsidenten und Hatta zum Vizepräsidenten gewählt: Der indonesische Staat war geboren.

II. Die Revolutionszeit (1945— 1949)

1. Sjahrirs Mission In der kritischen Situation des August 1945, in der die Alliierten täglich auf Java landen konnten, war für die Republikaner Eile geboten, wenn sie ihren Staat für die Außenwelt glaubwürdig machen wollten Sukarno berief ein Nationalkomitee, das ihn unterstützen sollte, bis der Volkskongreß und das Parlament, wie nach der Verfassung vorgesehen, gebildet werden konnten. Er ernannte acht Gouverneure für die einzelnen Provinzen, die jeweils wieder durch ein provinziales Nationalkomitee unterstützt werden sollten, in dem alle Gruppen des Volkes gemeinsam die ersten zu unternehmenden Schritte beraten sollten. Gleichzeitig wurde von Sukarno eine einzige Partei angekündigt, eine Art nationale Front, in der die bisherigen Parteien Zusammenarbeiten sollten, um den Staat zu verteidigen. Mit den Japanern hatten Sukarno und Hatta ein gentlemen's agreement ausgehandelt, damit ihre Arbeit von den Besatzungstruppen nicht behindert werde. Offiziell waren die Japaner vom alliierten Oberkommando zur Wahrung des Statuts quo verpflichtet worden, aber sie wußten, daß sie nicht mehr die Autorität hatten, um die revolutionären Strömungen weiterhin zu kontrollieren. Sukarno und Hatta verpflichteten sich ihrerseits, dafür zu sorgen, daß es von indonesischer Seite nicht zu offenem Aufruhr komme.

Trotzdem kam es an verschiedenen Stellen zu Auseinandersetzungen zwischen Japanern und Pemudas, die sich in den Besitz der Waffen der Japaner bringen wollten. Die Krise spitzte sich zu, als von radikalen Gruppen immer lauter die große Abrechnung mit den Japanern gefordert wurde. Am 19. September schien ein Zusammenstoß unvermeidlich, als etwa 200000 Jugendliche zum heutigen Freiheitsplatz strömten, um die Japaner zum Eingreifen zu provozieren. Dazu kam es jedoch nicht. Sukarno forderte die Massen in beschwörendem Tone auf, Disziplin zu wahren und nach Hause zurückzukehren, was dann auch geschah, zum besonderen Leidwesen Tan Malakas, der nicht müde wurde, Sukarno als Japanerknecht und Verräter der Revolution hinzustellen. Unter Tan Malakas Anhängern und Sukarnos Gegnern war auch Adam Malik, der in einer Broschüre diese Ereignisse aus dem Jahre 1945 ausführlich beschrieben hat

Zehn Tage später, am 29. September, landeten die ersten alliierten Truppen auf Java unter Führung des britischen Generals Christison. Christison erklärte, die Regierung der Republik werde nicht vertrieben, er hoffe, daß sie ihn bei der Evakuierung der Kriegsgefangenen, der Entwaffnung und Rückführung der japanischen Truppen und bei der Aufrechterhaltung der Ordnung unterstütze. Daneben gab Christison bekannt, er habe die Absicht, die Vertreter der niederländischen und indonesischen Interessen zu einem gemeinsamen Gespräch zu bewegen, was von holländischer Seite bisher abgelehnt worden sei.

Diese erste Stellungnahme der „Imperialisten“ war großzügiger, als die Indonesier um Sukarno es erwartet hatten. Mit einigem Recht konnte sie bereits als eine De-facto-Anerken-nung der Republik gewertet werden. Mit der Landung weiterer britischer Truppen, die sich vornehmlich aus Gurkhas rekrutierten, kamen in zunehmendem Maße auch holländische Truppen. Bald kam es zu ersten Straßenkämpfen; die Lage spitzte sich gefährlich zu. Die Niederländer dachten nicht daran, mit den . japanischen Quislingen" zu verhandeln, und hatten nur den einen Wunsch, dort anzuknüpfen, wo sie 1942 von den Japanern vertrieben worden waren.

In dieser Situation war die Stunde eines Mannes gekommen, auf dem der Vorwurf der Kollaboration mit den Japanern nicht lastete, Sutan Sjahrir, Sukarnos alter Gegenspieler aus den dreißiger Jahren. Sjahrir hatte sich von der Republik bisher fern gehalten. Er hatte für einen offenen Kampf gegen die Japaner plädiert, um die Selbständigkeit der indonesischen Freiheitsbewegung vor aller Welt zu dokumentieren. Durch Sukarnos Absprachen und Rückversicherungen mit der japanischen Militärregierung glaubte er die indonesische Revolution verraten. Am 17. August begab er sich auf eine Reise durch Java, um die Stimmung der Bevölkerung zu erkunden. Dabei stellte der nüchterne Sjahrir fest, daß der Effekt der Proklamation überwältigend war und daß Sukarno trotz seiner engen Zusammenarbeit mit den Japanern allenthalben als der große Freiheitsheld verehrt wurde. Deshalb beschloß Sjahrir, sich mit seinen Anhängern mit der Republik solidarisch zu erklären und in ihrem Namen mit den Niederländern Verhandlungen zu führen.

Allerdings stellte Sjahrir Bedingungen. Die Verfassung mit den nahezu unbegrenzten Vollmachten für den Präsidenten erschien ihm faschistisch. Er, der lange Jahre in den Niederlanden gelebt hatte und von den Möglichkeiten einer parlamentarischen Demokratie überzeugt war, verlangte, daß die Minister-verantwortlichkeit vor einem Parlament, vorläufig vor dem Nationalkomitee, eingeführt werde, daß sämtliche Minister aus Sukarnos Kabinett, die in der japanischen Zeit mit der Besatzung zusammengearbeitet hatten, ausscheiden sollten und daß — zur Förderung des demokratischen Gedankens — Parteien gegründet werden sollten.

Sämtliche Bedingungen wurden in den Monaten Oktober/November 1945 erfüllt, so daß die präsidiale Verfassung in wenigen Wochen in eine parlamentarische Demokratie umgewandelt wurde. Bezeichnenderweise tragen die Verfügungen, die diesen Wandel ins Leben riefen, nicht die Unterschrift Sukarnos, der sich hier ins Unvermeidliche fügen mußte (seit 1933 hatte er die parlamentarische Demokratie als willfähriges Werkzeug des Kapitalismus verteufelt), sondern die Unterschrift Hattas, der wie Sjahrir ein überzeugter Anhänger liberaler Institutionen war.

Sukarnos Bereitschaft zur Übertragung der Macht an Sjahrir wurde in jenen Wochen durch die Aktivität des Altkommunisten Tan Malaka verstärkt, der kein Mittel unversucht ließ, um Sukarno in den Hintergrund zu drängen. Tan Malaka galt in den Augen der Bevölkerung als Veteran der Freiheitsbewegung, der schon vor dem Auftritt Sukarnos den Verfolgungen der Kolonialherren ausgesetzt war und aus dem Exil (Singapur) bestimmenden Einfluß auf die kommunistische Untergrundbewegung ausgeübt hatte.

Mit einem Testament, das er von Sukarno und Hatta erhalten haben wollte, für den Fall, daß ihnen in den revolutionären Wirren etwas zustoßen sollte, suchte er zunächst Kontakte mit Sjahrir aufzunehmen, um mit diesem gemeinsame Sache gegen die „Japanerknechte" zu machen. Als Sjahrir sich weigerte, begann Tan Malaka gegen diesen zu intrigieren. Er scheute sich nicht, bei den von Sjahrir abgesetzten japanophilen Ministern und deren Anhang Unterstützung zu suchen und bildete eine Kampfgemeinschaft (Persatuan Perdjuangan), die in den folgenden Wochen und Monaten Sjahrirs Verhandlungen mit den Niederländern ständig torpedierte. Ende Juni 1946 kam es sogar zu einer Entführung Sjahrirs und einiger seiner Minister und ein paar Tage darauf zur offenen Aufforderung an Sukarno und Hatta, sie sollten zurücktreten. Erst mit Hilfe einiger Elite-Divisionen des in der japanischen Besatzungszeit entstandenen indonesischen Heeres konnte Tan Malakas Coup d'etat, der vorübergehend Aussicht auf Erfolg zu haben schien, gemeistert werden. Danach sank der Einfluß Tan Malakas rapide. Von aus Moskau kommenden Kommunisten wurde er des Trotzkismus bezichtigt, wodurch auch seine Stellung im Lager der Revolutionäre unterminiert wurde. 1949 kam Tan Malaka auf mysteriöse Weise in Westjava ums Leben. Sjahrir konnte im Sommer 1946 seine Verhandlungen mit den Niederländern wieder aufnehmen, die inzwischen auf einer Sonderkonferenz in Malino (Südcelebes) versucht hatten, Gegenregierungen gegen die Republik ins Leben zu rufen, indem sie den einzelnen Provinzen weitgehende Unabhängigkeit in einem niederländischen Reichsverband versprachen. Im November 1946 wurde dann ein erstes Abkommen mit der Republik entworfen. Die Niederländer erkannten die Autorität der Republik über Java, Sumatra und Madura an, verlangten dafür jedoch, daß die Republik später ein Teilbestand einer Niederländisch-Indonesischen Union werden sollte, unter der obersten Autorität der holländischen Krone. Sowohl in den Niederlanden als auch in Indonesien kam es zu erregten Debatten über diesen Entwurf, der schließlich am 25. März 1947 in Linggadjati unterzeichnet wurde. Schon bald darauf wurden jedoch die Fußangeln des Vertrages sichtbar. Die Holländer behaupteten, bis zum Zustandekommen der Union auch das Gebiet der Republik kontrollieren zu können; sie setzten massive Druckmittel gegen Indonesien ein, um die Akzeptierung dieser Klausel zu erzwingen.

Darauf trat Sjahrir im Juni 1947 zurück. Seiner Mission war kein direkter Erfolg beschieden, aber er hatte erreicht, daß das Anliegen der Republik in der ganzen Welt begriffen worden war und — wie sich noch zeigen sollte — mächtige Freunde gefunden hatte. 2. Holländische Polizeiaktionen und Kommunistenputsch (1948)

In seiner Militärgeschichte schreibt Nasution, daß man erwartet habe, nach dem Abkommen von Linggadjati werde allmählich eine Stabilisierung der Verhältnisse eintreten; das Gegenteil sei jedoch der Fall gewesen, erst danach habe die Zerreißprobe für die Republik begonnen. Von außen und von innen bedroht, sollte die Republik, die ihr Hauptquartier Anfang 1946 von Djakarta nach Jogjakarta in Mitteljava verlegt hatte, in den Jahren 1947/48 eine Krise nach der anderen erleben, bis im Dezember 1948 mit der Besetzung Jogjakartas durch die Niederländer und der Verbannung der Führer ihr Schicksal endgültig besiegelt schien.

Es begann kurz nach dem Rücktritt Sjahrirs mit der ersten holländischen Polizeiaktion. Auf immer überspitzter werdenden Forderungen der Niederländer im Juli 1947 hatte die Republik unter ihrem neuen Ministerpräsidenten Amir Sjarifuddin immer größere Zugeständnisse gemacht, sich zur Zusammenarbeit mit den Niederlanden in ihrem Gebiet bereitgefunden, eine Einschränkung der Guerillakämpfe versprochen, bis schließlich das Ultimatum seitens der Niederländer kam, daß sie in ganz Indonesien die Polizeihoheit beanspruchten. Das wurde von der Republik verweigert. Am 20. Juli fielen holländische Truppen in West-, Mittel-und Ostjava sowie in den einzelnen Provinzen Sumatras ein. Es gelang ihnen bis zum Eingreifen der Vereinten Nationen (31. Juli), das Territorium der Republik bis auf ihr Kernland in Mitteljava zu erobern, wo sich der Widerstand der indonesischen Truppen versteifte.

Wieder kam es — dieses Mal durch amerikanische Vermittlungen — zu Verhandlungen, die schließlich an Bord des amerikanischen Kriegschiffes Renville am 17. Januar 1948 zu dem sogenannten Renville-Abkommen führten. Danach wurde von den Niederländern abermals die de facto-Existenz der Republik anerkannt, diese hatte jedoch die neu geschaffenen Grenzen zu respektieren. In den von den holländischen Truppen besetzten Gebieten sollten Volksabstimmungen stattfinden. Amerikanische Beobachter versprachen den Führern der Republik, daß die amerikanische Regierung auf der Erfüllung dieses Punktes bestehen würde. Dennoch wurde die Regierung Amir Sjarifuddin wegen der Unterzeichnung des Vertrages gestürzt und ein neues Kabinett unter Mohammed Hatta gebildet, in dem die bedeutendsten Perönlichkeiten der damaligen indonesischen Politik versuchten, das vertraglich vereinbarte Plebiszit durchzuführen.

Statt dessen kam es von niederländischer Seite zu einer Wirtschaftsblockade gegenüber dem Rest der Republik. Die mit der Konzessionspolitik unzufriedenen Kräfte schlossen sich unter der Führung der PKI zu einer demokratischen Volksfront zusammen. Auch der Unterzeichner des Renville-Abkommens, Amir Sjarifuddin, erklärte öffentlich, die Unterzeichnung sei ein großer Fehler gewesen und bekannte sich plötzlich als Kommunist. Nachdem eine Zeitlang Differenzen zwischen den Anhängern Tan Malakas und den aus Moskau zurückgekehrten indonesischen Kommunisten bestanden hatten, schien der Zorn über die „Erfüllungspolitiker" und „Handlanger der Imperialisten" nach dem Renville-Abkommen die Sozialrevolutionäre jedoch zu einigen. Im August 1948 kam dann Musso direkt aus Moskau nach Indonesien zurück.

Musso hatte jahrelang die illegale PKI geleitet und war fest entschlossen, in der revolutionären Situation in Indonesien einen Umsturz-B versuch zu wagen. Die Notlage der Republik schien ihm dazu besonders gut geeignet, da das Heer an den Grenzen gebunden war. Nachdem er wiederholt in seinen Reden dazu aufgefordert hatte, bei dem Weltkonflikt zwischen Amerika und Rußland die Partei Moskaus zu ergreifen, verkündete er am 18. September in Madiun die kommunistische Rebellion, nachdem es schon einige Tage vorher in Solo zu Unruhen gekommen war, die ohnedies zum Konflikt mit der Regierung geführt hätten.

Heftig griff Musso in einer Rundfunkrede Sukamo und Hatta an. Sie hätten zunächst den Japanern großzügig die indonesischen Romushas geopfert und seien jetzt dabei, die indonesische Revolution an die amerikanischen Imperialisten zu verkaufen. Solchen Verrätern könne das indonesische Volk nicht länger vertrauen, man solle ihnen einen Prozeß machen und sie hängen. Sukarno regierte rasch. In einer schon vor Mussos Aufruf gesendeten Ansprache forderte er das Volk auf, zwischen ihm und Musso zu wählen. Seine Regierung verfolge nur das Ziel, Indonesien nach allen Seiten die Unabhängigkeit zu sichern, Musso dagegen wolle die bitter erkämpfte Freiheit in eine neue Abhängigkeit, dieses Mal von Moskau, verwandeln. Er erhielt vom Nationalkomitee besondere Vollmachten und setzte die Siliwangi-Division ein, um die Kommunisten aufzureiben. — Als die Kommunisten sahen, daß der erhoffte Zulauf aus den Kreisen der Bevölkerung ausblieb, versuchten sie ihren Putschversuch zu verharmlosen. Das aber half nichts mehr. Unerbittlich wurden sie von dem aufgebrachten Heer verfolgt, bis die Rädelsführer in Gewahrsam waren; Musso wurde im November bei einem Gefecht erschossen, auch Amir Sjarifuddin kam ums Leben.

Kurz darauf brachen die Niederländer erneut das Waffenstillstandsabkommen und besetzten am 19. Dezember 1948 mit Luftlandetruppen die Hauptstadt der Republik Jogjakarta. Sukarno, Hatta, Sjahrir und andere Führer der Republik wurden nach Nordsumatra und auf die Insel Bangka verbannt. Die Holländer hofften, daß dieses fait accompli ebenso hingenommen werden würde wie die vorherige Vertragsverletzung. Dieses Mal aber sahen sie sich in ihren Erwartungen getäuscht. Die Vereinten Nationen protestierten sofort und, was wirksamer war, die Vereinigten Staaten drohten mit Sperrung der Marshallplan-gelder, falls die Führer der Republik nicht freigelassen würden und wirkliche Verhandlungen zustande kämen. In den USA war nicht unbemerkt geblieben, daß die Republik in sich stabil war; die rasche Erledigung des Kommunistenaufstandes hatte die letzten Zweifel beseitigt.

Nach und nach wurden die Führer der Republik im Laufe des Jahres 1949 aus der Verbannung entlassen. Im Herbst 1949 begannen die Verhandlungen in den Niederlanden, an deren Ende die Anerkennung der Souveränität Indonesiens stehen sollte. Zwar stellte das Ergebnis der Round Table Conference von Den Haag (27. Dezember 1949) noch nicht alle Wünsche zufrieden. In der Frage der Zugegehörigkeit Westneuguineas (Westirians) konnte keine Einigung erzielt werden, weiter hieß der von den Niederlanden anerkannte Staat nicht Indonesien, sondern Vereinigte Staaten von Indonesien. Das Hauptziel des jahrzehntelangen Freiheitskampfes aber war zunächst einmal erreicht: Indonesien war frei und unabhängig. 3. Der Einheitsstaat (1950)

Die Vereinigten Staaten von Indonesien sollten sich aus insgesamt sechzehn Einzelstaaten zusammensetzen. Unverkennbar war die Absicht der Niederlande, mit der Schaffung dieser Union weiterhin eine wichtige Rolle in dem weitverzweigten Inselreich zu spielen, denn die meisten dieser „Staaten" waren erst durch ihre Initiative ins Leben gerufen worden, als sie merkten, daß sie ihre primäre Absicht, die Wiedererrichtung der Kolonialherrschaft, nicht verwirklichen konnten. Seit der Malino-Konferenz (Juli 1946) waren sie äußerst erfinderisch in der Bildung von Gegengewichten gegen die Republik, und ihr Vorhaben schien mit der Unterzeichnung der Verträge in Den Haag auch geglückt

Die folgenden Monate aber zeigten, daß ihre Hoffnungen sich nicht erfüllten. Die Vereinigten Staaten von Indonesien stürtzten nach Aufkommen des Soges zum Einheitsstaat wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Zurück blieb nichts als ein gescheiterter Versuch des alten divide et impera und eine noch heute in den Niederlanden im Exil lebende Gruppe von Bewohnern der „Republik Süd-Molukken“, der einzigen der sechzehn Staaten, der für die Eigenständigkeit zu kämpfen bereit war. Den Molukken (die östlichen Inseln des Archipels) war seit jeher besondere Aufmerksamkeit von der niederländischen Kolonialmacht geschenkt worden. Von dort holten sie nicht nur seit Jahrhunderten die in aller Welt geschätzten Gewürze, sondern auch die Soldaten ihres Kolonialheeres, die sie auch in den Kämpfen der Revolutionszeit gegen die Republik einsetzten. Die anderen Einzelstaaten hatten sich bis zum Mai 1950 zum Anschluß an die Republik bereit erklärt. Trotz des Aufbegehrens gegen die holländische Taktik bleibt dieser Wille zum Einheitsstaat ein Phänomen. In der Tat hatten die einzelnen Bevölkerungsgruppen und Stammesgemeinschaften auf den verschiedenen Inseln nur wenig gemeinsam. Sie hatten ihre eigenen Sprachen, Riten und Kulturen; die Verbindungen zwischen den einzelnen Inseln waren in früheren Jahrhunderten nur locker gewesen. Selten, daß es einmal zu Hochzeiten zwischen javanischen und sumatranischen Fürstenhäusern, noch seltener, daß es zu Bündnissen in Kriegen gekommen war.

Sieht man von historisch noch nicht gesicherten Gemeinschaftsaktionen, zum Beispiel gegen eine Strafexpedition der Chinesen unter Kublai Chan ab, dann war der Krieg von Nordsumatranern und Ostjavanern gegen die portugiesische Herrschaft in Malakka zu Beginn des 16. Jahrhunderts die erste gemeinsame kriegerische Aktion. Das war das Werk des Islams gewesen, der sich zu Beginn des 16. Jahrhunderts bereits an den Küstenregionen mehrerer Inseln festgesetzt hatte. Und vom Islam gingen weitere einigende Impulse aus, als er die malaiische Sprache, die lingua franca der Händler im südostasiatischen Raum, auch für seine Missionsabsichten benutzte, oder als die islamitischen Händler den Handel zwischen den einzelnen Küstenorten zu intensivieren begannen. Der Zusammenhalt der Islamiten zeigte sich dann sehr deutlich bei der Gründung der Sarekat Islam (1912) und der sich mehr religiösen Reformen widmenden Muhammadijah (1912); bald gab es auf allen größeren Inseln Zweigorganisationen.

Hinzu gekommen war inzwischen das einigende Band der Kolonialregierung mit dem Verwaltungszentrum in Batavia, dem heutigen Djakarta. Bedingt durch den Umstand, daß zunächst die einzigen weiterführenden Schulen auf Java eingerichtet wurden, kamen schon bald die Lernbegierigen der anderen Inseln nach Java herüber. Hatta, Sjahrir und Natsir kamen von Sumatra, Sam Ratulangie von Celebes, Johannes Leimena von den Molukken. Es wurden mehr und mehr, die die nationalistischen Parolen gierig in sich aufnahmen und so von vornherein an einen indonesischen Nationalismus gewöhnt wurden.

Die Holländer leisteten einen weiteren Beitrag zur Einigung der Inselwelt, als sie 1918 einen „Volksraad" ins Leben riefen, in dem Abgeordnete von nahezu allen Inseln saßen. Als man in den Niederlanden feststellte, daß das wegen seiner politischen Ohnmacht oft verspottete Parlament den Einheitsgedanken in einer für die Kolonialmacht bedrohlichen Weise stärkte, war es für die Einrichtung von Regionalparlamenten, wie sie Ende der zwanziger Jahre von Colijn vorgeschlagen wurden, bereits zu spät: Das indonesische Einheitsgefühl war geboren und sollte sich nicht mehr auslöschen lassen.

Zumindest gilt das für die Elite. Eine andere Frage freilich war, wieweit die einzelnen Stämme und autochthonen Volksgruppen — vom ewig aufrührerischen Atjeh im Norden Sumatras bis zu den Molukken im Osten der Inselwelt — bereit waren, die von den Kolonialherren erzwungene Loyalität freiwillig auf die Republik zu übertragen. Der imposante Zulauf zum Einheitsstaat in den ersten Monaten des Jahres 1950 ließ jedenfalls noch manche Frage ungeklärt. Er wurde veranlaßt durch die auf Java erzogene und vom indonesischen Nationalismus erfaßte Elite. Wieweit die an sich nur natürlichen partikularistischen Tendenzen damit überwunden waren, konnte nur die Zukunft erweisen.

Den Verschiedenheiten Rechnung tragend hatte man den Spruch des Weisen Tantular „Bhinneka Tunggal Ika" (Einheit in der Vielfalt) in das Wappen der Republik ausgenommen. Der mythische Vogel Garuda, dessen Brust-, Flügel-und Schwanzgefieder das Datum der Proklamation der Unabhängigkeit (17. August 1945) symbolisiert, um dessen Hals der Schutzschild mit den fünf Symbolen der Pantjasila hängt, hält den Spruch beschwörend in seinen gespreizten Krallen. Ob er derart belastet fliegen konnte? Die Rede Sukarnos vom 17. August 1950, in der er feierlich den Einheitsstaat proklamierte, war voller Optimismus. Wenn eine Nation die Herausforderungen der letzten Jahre bestanden habe, so etwa drückte er sich aus, dann habe sie auch das Recht, vertrauensvoll in die Zukunft zu blicken.

III. Die Zeit der parlamentarischen Demokratie (1950— 1957)

1. Die wichtigsten Parteien Dem von Hatta unterzeichneten Aufruf zur Gründung von Parteien (3. November 1945) waren die verschiedenen politischen und religiösen Richtungen nur zu gerne gefolgt Bis zum Jahre 1955, als die ersten allgemeinen Wahlen in Indonesien stattfanden, gab es an die vierzig Parteien, von denen jedoch nur wenige wirkliche politische Bedeutung hatten. Dies waren die von Sjahrir gegründete Partai Soslalis Indonesia (PSI), die alte Partei Nasional Indonesia (PNI), die große islamische Partei Masjumi sowie die Partai Komunis Indonesia (PKI).

Sjahrirs PSI war die kleinste der bedeutendsten Parteien, aber in ihr hatten sich viele im Westen geschulte Kräfte zusammengefunden, die zum Teil schon in Sjahrirs Organisation aus dem Beginn der dreißiger Jahre mitgearbeitet hatten. Schon damals war kein Wert auf Massenanhang gelegt worden, sondern auf eine kleine Elite, die an rationaler Planung interessiert war, an Kaderbildung und Erziehung. In der PSI wurden großbauschige, aber impraktikable Programme verurteilt, sie war die Heimat der Wirtschaftsfachleute und Pragmatiker, die sich gerne nach westlichen Modellen richteten.

Die PNI war nachgerade in jeder Beziehung das Gegenteil der PSI. Sie war wie in den zwanziger und unter anderem Namen (Partindo) in den dreißiger Jahren die Organisation, die besonderen Wert auf die Gewinnung der Massen legte. Der alte Einfluß Sukarnos war fast ungebrochen erhalten geblieben, auch wenn Sukarno über den Parteien als Präsident zu stehen hatte. Sukarnos Ideen vom Marhae-nismus (s. o. S. 5) und seine Pantjasila-Ideologie (s. o. S. 6 f.) waren Basis und Richtschnur der Partei. Sie war antiwestlich orientiert und glaubte wie ihr Gründer Sukarno, die indonesische Demokratie des gemeinsamen Berstens und des gemeinsamen Entschlusses (Musjawarah und Mufakat) sei dem westlichen Abstimmungssystem weit überlegen. Daß die Einstimmigkeit oft nur durch schwerwiegende Kompromisse zustande kam, wurde nicht unbedingt als Nachteil empfunden. Sie war eine ausgesprochen „javanische Partei"; in ihr traf sich die städtische Intelligenz, die den Islam als rückständig betrachtete, sowie die kleinstädtischen und dörflichen Verwaltungsbeamten aus Gegenden, die nicht so stark unter dem Einfluß des Islams standen (Mittel-und Ostjava). Die PNI behauptete um 1950, 1, 5 Millionen Anhänger zu haben.

Die Masjumi (Madjelis Sjuro Musiimin Indonesia — Rat der indonesischen Islamanhänger) war zu Beginn der Republik die einflußreichste Partei. Sie sprach 1950 von mehr als zehn Millionen Anhängern, obgleich nur 400 000 Mitgliedskarten ausgegeben waren. Sie war aus einer in der japanischen Besatzungszeit unter gleichem Namen erfolgten Zusammenfassung verschiedener islamitischer Organisationen hervorgegangen. Dazu zählten die alte Sarekat Islam, die im gleichen Jahre (1912) gegründete Muhammadijah, die in der Kolonialzeit unpolitisch war und die Reform-ideen des Ägypters Mohammed Abduh zu verwirklichen trachtete, und die Nahdatul Ulama (N. U.). Die N. U. war eine javanischtraditionalistische Vereinigung von islamischen Rechtsgelehrten und Lehrern, Kijais und Ulamas, die sich 1926 hauptsächlich gegen die Muhammadijah zusammengeschlossen hatten, weil sie fürchteten, durch die Reformbewegungen ihren dominierenden Einfluß in den ländlichen Gegenden Javas zu verlieren.

Die Masjumi war somit ein Sammelbecken recht heterogener Islamgruppen geworden, und schon bald machten sich Spaltungsstendenzen bemerkbar. Im Jahre 1947 trat die alte Sarekat Islam unter dem Namen Partai Sarekat Islam Indonesia (PSII) aus der Masjumi aus und ist bis zum heutigen Tage eine selbständige Organisation geblieben. Die aus der Kolonialzeit her datierenden Spannungen führten schließlich (1952) auch zur Abspaltung der Nahdatul Ulama, die seither zu einer mächtigen politischen Organisation herangewachsen ist. Die Masjumi, die sich nach diesen Absplitterungen behauptete, zeigte sich außer von religiösen Reformplänen auch stark von westlichen Ideen beeinflußt. In wirtschaftlicher Hinsicht gab sie sich ausgesprochen liberal; viele Händler, Landbesitzer und Kleinindustrielle hatten sich ihr angeschlossen.

Ihr „Hinterland“ hatte die Masjumi in den islamitisch geprägten Außenprovinzen, auf Sumatra, Borneo (Kalimantan), Celebes (Sulawesi), während die Nahdatul Ulama ihre Anhänger fast ausschließlich auf Java hatte. Ähnlich war das Verhältnis PSI — PNI. Die Anhänger von Sjahrirs Partei kamen, wie er selbst, zumeist aus Sumatra, die der PNI waren Javaner. Der Gegensatz Javaner — Sumatraner überspielte selbst ideologische Differenzen. Koalitionen zwischen Masjumi/PSI und PNI/Nahdatul Ulama waren in der indonesischen Politik an der Tagesordnung.

Als weitere wichtige Partei blieb die PKI Sie hat sich verhältnismäßig rasch von dem Madiun-Desaster erholt, vor allem, nachdem zu Beginn des Jahres 1951 eine noch jugendliche Dreiergruppe die Führung der Partei übernahm. D. N. Aidit, Lukman und Njoto waren zu dieser Zeit alle noch keine dreißig Jahre alt, hatten jedoch schon lange in kommunistischen Untergrundorganisationen mitgearbeitet. Während des Madiun-Aufstandes waren Aidit und Njoto in Indochina, ein Jahr später erlebten sie die Verkündigung der Volksrepublik China in Peking mit. Auf Grund des in Indonesien noch lange anhaltenden Mißtrauens gegen die Kommunisten waren sich Aidit und seine Freunde darüber völlig klar, daß zum neuen Aufbau der Partei nur der legale, republikfreundliche Weg beschritten werden konnte. Sie warben insbesondere um die Gunst des Präsidenten und der PNI, deren antiimperialistische Haltung sie priesen, während sie mit der Masjumi von Anfang an verfeindet waren. Die Masjumi hatte im Sommer 1951 Haussuchungen bei den Füh-rern der PKI veranlaßt, außerdem saßen in ihr jene „Feudalisten", „Kapitalisten" und „Kompradoren", die nach dem Sprachgebrauch der PKI die größten Feinde des indonesischen Volkes waren. Andererseits war die PKI jedoch so geschickt, daß sie sich hütete, gegen den Islam als solchen Kritik zu äußern. Dies trug ihr selbst Sympathien in den Kreisen der Nahdatul Ulama ein. Wiederholt ist es vorgekommen, daß PKI und Nahdatul Ulama gemeinsam gegen die westliche Orientierung der Masjumi opponierten.

Schließlich sind noch die Partai Murba der Anhänger Malakas und die christlichen Parteien zu nennen. Während die Murba nach dem Aufleben der PKI mehr und mehr an Bedeutung verlor, blieben die Partai Katolik und die Partai Kristen Indonesia (Parkindo), in der sich die Protestanten sammelten, stabil. Sie waren ebenfalls schon in den zwanziger Jahren gegründet worden und erhielten ihre Stimmen vor allem aus den christlichen Missionsgebieten aus dem Norden Sumatras (Bataklande), aus Nord-und Mittelcelebes (Minahasa und Toradja) sowie aus der östlichen Inselwelt (Flores, Sumba, Timor und den Molukken), die von der Kolonialmacht für die beiden christlichen Konfessionen einstmals paritätisch zur Missionierung freigegeben worden waren. Aber auch auf Java hatten der Katholizismus wie der Protestantismus Fuß fassen können. In ihrer politischen Ausrichtung standen sie dem gemäßigten Liberalismus der PSI und der Masjumi nahe.

Bei der ersten allgemeinen, geheimen und freien Wahl Indonesiens im Jahre 1955 gab es für die hier erwähnten Parteien folgende Ergebnisse:

Stimmen Anteile in % PNI 8 434 653 22, 3 Masjumi 7 903 886 20, 9 Nahdatul Ulama 6 955 141 18, 4 PKI 6 176 914 16, 4 2, 9 PSII 1 091 160 Parkindo 1 003 325 2, 6 Partai Katolik 770 740 2, 0 PSI 753 191 2, 0 Partai Murba 199 588 0, 5

Parteien, die Von den weiteren mehr als 20 sich an der Wahl beteiligten, erhielten lediglich die 1954 gegründete Soldatenpartei IPKI und eine islamische Erziehungspartei Perti mehr als 1 0/0 der Stimmen

IPKI 541 306 1, 4

Perti 483 014 1, 3 2. Die Probleme des Staates Schon bald nach der Verteidigung der Unabhängigkeit und der internationalen Anerkennung der Republik brachen die bis dahin zurückgedrängten Probleme auf, die der erwünschten Stabilisierung, vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht, immer wieder hinderlich im Wege standen. Da war zunächst die Frage der innerstaatlichen Sicherheit. Schon im Jahre 1949 hatten fanatische Islamiten, die sich um ihren Islam-Staat betrogen fühlten, eine Darul Islam-Bewegung gegründet, die sich in den Bergen Westjavas etablierte, einen Islam-Staat eigener Machart verkündete und die Bevölkerung terrorisierte. Bei der Darul Islam-Bewegung sollte es nicht bleiben: In Nordsumatra, in Südcelebes und in anderen Provinzen gab es ähnliche Bewegungen, die die Autorität der Republik negierten, auch wenn sie die Existenz des Staates nicht so direkt bedrohten wie die Darul Islam, die manchmal ihr Unwesen bis in die unmittelbare Umgebung Djakartas trieb.

Eng mit der Frage der innerstaatlichen Sicherheit gekoppelt war die der Zukunft des indonesischen Heeres. Während der japanischen Besatzungszeit waren zur Verteidigung der Insel Java bei einem möglichen Angriff der Alliierten erstmals einheimische Jugendverbände militärisch trainiert worden. Aus diesen Verteidigungsgruppen wurde am 5. Oktober 1945 das indonesische Heer, Tentara Negara Indonesia (TNI), geformt. In den Kämpfen um den Bestand der Republik hat es sich hervorragend bewährt. Es hat in Guerillakämpfen für eine ständige Bedrohung der niederländischen Positionen gesorgt und damit die Behauptung der ehemaligen Kolonialherren, daß die Indonesier ihre Rückkehr wünschten, immer wieder in Frage gestellt. Nach 1950 fühlte sich das Heer, das auch die kommunistischen Putschversuche vom Juli 1946 (Tan Malaka) und September 1948 (Musso) niedergeschlagen hatte, als Retter des Staates und beanspruchte ein Mitspracherecht in politischen Angelegenheiten.

Wegen der innerstaatlichen Unruhen wurde das Heer auch weiterhin benötigt, aber es machte schon bald deutlich, daß es nicht gewillt war, sich an parlamentarische Entscheidungen zu halten. Es wollte seinen exklusiven Charakter wahren. Im Oktober 1952 kam es sogar zu einem „halben Putsch", als eine Gruppe hoher Offiziere mit bewaffneten Verbänden vor dem Palast erschien und von Sukamo forderte, er solle das Parlament auflösen. Das Parlament habe sich unfähig erwiesen, die politischen Fragen zu bewältigen, die Parteienherrschaft sei für Indonesien ein Übel, man brauche eine Diktatur oder ein Triumvirat, das bestimmend auftrete und genügend Autorität besitze, um die notwendigen Maßnahmen durchzusetzen.

Sukarno weigerte sich, der Forderung der Militärs nachzugeben, obwohl er im Grunde der gleichen Ansicht war, daß die de facto seit November 1945 und de jure seit 1950 in Indonesien wirksame parlamentarische Demokratie die Aufgaben des Staates nicht lösen konnte. Er selbst — und damit ist bereits das dritte Problem angeschnitten — war überzeugt, daß mit der Verteidigung der Unabhängigkeit die indonesische Revolution noch nicht zu Ende sei und daß der nationalrevolutionären Phase nunmehr eine Sozialrevolutionäre zu folgen habe, um die Verwirklichung der in den Pantjasila geforderten sozialen Gerechtigkeit zu erreichen. Dabei stieß Sukarno jedoch auf den entschiedenen Widerspruch der Masjumi und der PSI, die den Staat als Selbstzweck betrachteten und nicht wie Sukarno und diesem folgend die PNI und PKI als Mittel zum Zweck, zum Aufbau eines indonesischen Sozialismus.

Ein viertes Problem war die Frage der außen-politischen Orientierung. Während Masjumi, PSI und die christlichen Parteien für einen prowestlichen Kurs plädierten und in den ersten Jahren des Staates in den von ihnen dominierten Kabinetten auch durchsetzten, waren die PNI, PSII, die Mu ja und die Nahdatul Ulama entschiedene Befürworter einer strikten Neutralität und wurden dabei eifrig von der PKI unterstützt. So kam es bei Fragen der Aufnahme von Krediten aus der westlichen Welt stets zu scharfen Auseinandersetzungen über die von den Gläubigern geforderten Garantien und Gegenleistungen, die selbst zum Sturz von Regierungen führten. Als in den Jahren 1953—-1955 erstmals ein von der PNI dominiertes Kabinett die Regierungspolitik bestimmte, wurde der Gedanke der Neutralität stark intensiviert. Dies führte im April 1955 zur Bandung-Konferenz, zum Fest der afro-asiatischen Solidarität, das die Staatsoberhäupter der „dritten Welt" nach Indonesien führte, wodurch das Prestige des Staates, aber auch seine wirtschaftlichen Schwierigkeiten erheblich vermehrt wurden.

Schließlich gab es die immer noch ungeklärte Frage der Zugehörigkeit West-Neuguineas (Westirians), die die Beziehungen zwischen Indonesien und den Niederlanden in zunehmendem Maße trübte. Nach den Vereinbarungen von Den Haag (1949) sollte dieses Problem innerhalb eines Jahres geklärt werden, aber die Holländer gaben schon bald zu verstehen, daß sie nicht gewillt waren, dieses letzte ihnen verbliebene Gebiet ihres einstigen großen Kolonialreiches in Südostasien an Indonesien zu übertragen. Das war für die Indonesier, deren Ansprüche auf das Papua-Gebiet mehr emotial als historisch oder völkerrechtlich begründet waren (im Freiheitskampf waren viele Indonesier nach West-Neuguinea worden), der Beweis, verbannt daß der Kolonialismus noch lebendig sei, und im Frühjahr 1956 wurden die Vereinbarungen von Den Haag von ihrer Seite einseitig aufgekündigt. Die außenpolitische Orientierung Indonesiens richtete sich von da an vornehmlich nach dem Prinzip, daß es als befreundete Länder die betrachtete, die den indonesischen Anspruch auf Westirian unterstützten, und das waren vornehmlich kommunistische Länder. 3. Die Staatskrise Im November 1955 war der seit 1952 vakante Posten eines Stabschefs des Heeres neu zu besetzen. Nach dem Rücktritt des damaligen Obersten Abdul Harris Nasution, der als Stabschef die Verantwortung für den „halben Putsch" im Oktober 1952 übernommen hatte, war es nur zur Ernennung von Stellvertretern gekommen. Das Heer wachte eifersüchtig darüber, daß ihm von der Regierung kein Stabschef zudiktiert wurde, der nicht sein Vertrauen besaß. Im Juli 1955 war das Kabinett Ali Sastroamidjojo (Juli 1953—Juli 1955) über eine solche Maßnahme zu Fall gekommen. Der von der Regierung vorgeschlagene Stabschef wurde vom Heer nicht akzeptiert.

Dieses Ereignis war das Wetterleuchten zu den revolutionären Entwicklungen der folgenden Jahre. Sukarno überging im November 1955 die ihm vom Heer vorgeschlagenen Kandidaten Zulkiflis Lubis und Simbolon und setzte erneut — mit Ernennung zum Generalmajor — Nasution als Stabschef ein, der wie Sukarno der Ansicht war, daß die parlamentarische Demokratie für Indonesien nicht geeignet sei. Die Zurücksetzung der Obersten Lubis und Simbolon, die mit der Masjumi und der PSI sympathisierten, wurde von diesen nicht ohne Groll hingenommen. Im Laufe des Jahres 1956 gingen sie zur offenen Opposition gegen Djakarta über und nahmen Kontakte zu den Rebellenbewegungen in Westjava (Lubis) und in Nordsumatra (Simbolon) auf.

Schon immer hatten die Militärkommandanten in den Außenprovinzen eine verhältnismäßig selbständige Rolle gespielt. Sie hatten zum Beispiel Schmuggel mit Singapur getrieben, weil die Versorgung aus Djakarta ausgeblieben war, ohne daß es jedoch zur offenen Auflehnung gekommen wäre. Durch das Beispiel von Lubis und Simbolon angetrieben, wuchs jetzt auch in den anderen Provinzen die Rebellenneigung. In Celebes wurde schließlich vom Militärkommandanten Anfang März 1957 eine Erklärung veröffentlicht, die einem Ultimatum gleich kam. Darauf wurde von Sukarno der militärische Ausnahmezustand über das Land verhängt.

In Djakarta hatten sich inzwischen zwei große Lager gebildet, die sich in ihrer Ansicht, wie die heraufziehende Staatskrise zu meistern sei, deutlich unterschieden. Auf der einen Seite standen die überzeugten Anhänger der parlamentarischen Demokratie, die Masjumi, die PSI, die christlichen Parteien und auch, wie immer deutlicher wurde, die militärischen Machthaber der Provinzen; die letzteren weniger aus liberaler Überzeugung als aus Opposition gegen „Djakarta", gegen Sukarno— Nasution. Von dieser Gruppe wurde ein Experten-Kabinett unter der Führung von Hatta verlangt, der im Dezember 1956 von seinem Posten als Vizepräsident zurückgetreten war, weil ihn dieser zu politischer Bedeutungslosigkeit verurteilte. Nach der Verfassung von 1950 hatten der Präsident und der Vizepräsident über den Parteien zu stehen und lediglich repräsentative Pflichten zu erfüllen. Hatta war jedoch, wie er verschiedentlich zu verstehen gab, zur Bildung einer Regierung bereit, wenn ihm genügend Vollmachten zur Beendigung der Krise gegeben würden.

Auf der anderen Seite standen die Massenorganisationen der PNI und PKI sowie das Militär unter Nasution, die Sukarno bei seinen Plänen zur Abschaffung der parlamentarischen Demokratie unterstützten. Sukarno unternahm 1956 eine Weltreise und hat sowohl westliche als auch östliche Staaten besucht und sich sehr beeindruckt gezeigt von den Möglichkeiten, die ein straffer Zentralismus bot. In seinen alten Vorurteilen gegen die parlamentarische Demokratie, gegen die „Willkürherrschaft der Parteien" und die „soziale Ungerechtigkeit in der kapitalistischen Welt" war er eher noch bestärkt worden. Eine Einheitsfront hatte er schon in den zwanziger Jahren gefordert; jetzt, in den fünfziger Jahren, war das Parteiwesen schon zu sehr in Indonesien verankert, als daß er es, wie er es am liebsten getan hätte, ganz verbieten hätte können. Sukarno suchte daher nach einem Kompromiß, nach einem Gegengewicht gegen die Parteien und fand dies in seiner alten Idee der Gruppenrepräsentation (Perwakilan). Er plädierte für die Bildung eines Nationalrates, in dem auch die parteilich nicht organisierten Bevölkerungsgruppen (Soldaten, Künstler, Frauenverbände, Regionalvertreter, Abordnungen religiöser Gruppen usw.) vertreten sein sollten. Dieser Nationalrat sollte ein Arbeitskabinett, in dem nach Möglichkeit alle wichtigen Parteien vertreten sein sollten, beraten.

Der Ausnahmezustand gab Sukarno die Möglichkeit, den Nationalrat schon bald ins Leben zu rufen. Dieser schien vorübergehend in der Lage, die staatliche Krise lösen zu können. Es kam zu Gesprächen zwischen den Anhängern und Gegnern der parlamentarischen Demokratie und zwischen Nasution und den Militärkommandanten der Provinzen. Die profiliertesten Gegenspieler Sukarnos, die sich in der Masjumi und der PSI konzentrierten, konnten sich jedoch nicht mit dem Plan einer gelenkten Demokratie anfreunden, den Sukarno jetzt offen propagierte, oder mit seinen Vorstellungen von der unvollendeten Revolution, daß der ganze Staatsapparat zur Verwirklichung des indonesischen Sozialismus eingesetzt werden müssen usw.

Offene Kritik wurde in ihren Kreisen auch über die enge Zusammenarbeit Sukarnos mit den Kommunisten geäußert und über den von Sukarno gebilligten wilden Feldzug der PNI und PKI gegen die in Indonesien lebenden Niederländer wegen der unnachgiebigen Haltung Hollands in der Westirianfrage. Anfang Dezember 1957 kam es zur Enteignung und Nationalisierung von holländischen Betrieben und bald darauf zum großen Exodus von fast vierzigtausend der etwa fünfzigtausend in Indonesien lebenden Holländer.

Am Vorabend dieser Vorgänge, am 30. November 1957, war es zum ersten Attentatversuch auf Sukarno gekommen, als er eine Schule in Djakarta besuchte. Elf Tote und mehr als fünfzig Verletzte, darunter viele Kinder, waren die Opfer. Bei der Suche nach den Schuldigen richteten sich die Blicke von Sukarnos Anhängern sogleich auf die Masjumi und die PSI. Deren Führer fühlten sich in Djakarta nicht mehr sicher und verzogen nach Westsumatra, unter den Schutz des dort residierenden Oberstleutnant Husein. Husein hielt in der Folgezeit verschiedene Konferenzen mit anderen Militärmachthabern in Sumatra. In einem Ultimatum vom 10. Februar 1958 forderte er von der Zentralregierung in Djakarta binnen fünf Tagen eine Regierung mit Hatta an der Spitze oder mit dem Sultan Hamengku Buwono von Jogjakarta, andernfalls werde man in Sumatra eine Gegenregierung ausrufen.

Der Termin war geschickt gewählt. Sukarno weilte zur Erholung in Japan und wurde erst am 16. Februar zurückerwartet. Als bis zum 15. Februar keine Antwort aus Djakarta ein-17 gegangen war, wurde die „Revolutionäre Regierung der Republik Indonesien" (PRRI) in Padang ausgerufen, in der bekannte Führerpersönlichkeiten der Masjumi und PSI als Minister fungierten. Nach Sukarnos Rückkehr nach Indonesien und ergebnislosen Verhandlungen mit Hatta, der als einziger den offenen Konflikt noch hätte verhindern können, entschlossen sich Sukarno und Nasution zu einer schnellen Aktion. Streitkräfte der Zentralregierung wurden an verschiedenen Stellen Sumatras gelandet, und nach wenigen Wochen waren die Truppen der Gegenregierung in die Urwälder vertrieben, ohne daß es zu ernsthaften Gefechten gekommen wäre.

Damit hatten die Gegner Sukarnos mehr als eine entscheidende Schlacht verloren. Durch die Tatsache, daß sie zunächst von westlicher Seite Hilfe erhielten, hatten sie dazu das Odium auf sich geladen, die indonesische Revolution verraten zu haben. Mit den „Imperialisten" gemeinsame Sache zu machen war in den Augen Sukarnos ein größeres Verbrechen als der Aufstand der Kommunisten in Madiun; diese hätten, wie er wiederholt erklärte, nicht erkannt, daß diese Sozialrevolutionäre Phase der Revolution erst nach Beendigung der nationalrevolutionären Phase möglich sei, das sei der Fehler von Musso und seinen Anhängern gewesen.

IV. Sukarnos gelenkte Demokratie (1959— 1965)

1. Das ideologische Rüstzeug Seit Ende 1956 tagte in Bandung die im Dezember 1955 gewählte Konstituante, die an Stelle der vorläufigen Verfassung von 1950 eine endgültige Verfassung ausarbeiten sollte, die dem indonesischen Volkscharakter besser Rechnung trage als die liberale Verfassung von 1950, wie es von Anfang an in den Reden Sukarnos an die Konstituante hieß. Nach dem Sieg über die Gegenregierung wurden die Appelle Sukarnos an die verfassunggebende Versammlung dringlicher; im August 1958 war erstmals eine Drohung eingeflochten: Wenn die Arbeit in der bisherigen bedächtigen Weise fortgesetzt werde, dann müßten die gelehrten Häupter eines Tages vielleicht feststellen, daß die Revolution über sie hinweg-gegangen sei.

Im Februar 1959 ließ Sukarno dann von seinem Arbeitskabinett, das er nach der Verkündung des Ausnahmezustandes im Frühjahr 1957 eingesetzt hatte, ein Memorandum ausarbeiten, das die Wiedereinführung der Verfassung von 1945 empfahl. Der Konstituante wurde es im April 1959 mit der Bitte um Zustimmung vorgelegt. Eingedenk der Vollmachten, die dem Präsidenten in der Revolutionsverfassung eingeräumt sind (s. o. S. 7), kam es in der Konstituante zu großen Bedenken von selten der Masjumi und der PSI, während PNI und PKI für die Annahme des Antrages stimmten. Als es der Masjumi jedoch gelang, die anderen islamitischen Parteien und auch die Nahdatul Ulama auf ihre Seite zu ziehen, war die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit endgültig verhindert. Sukarno war gezwungen, die Verfassung am 5. Juli 1959 auf dem Dekretwege einzuführen. Unterzeichnet war das Dekret mit seinem neuen Titel „Oberbefehlshaber der Streitkräfte", der in der Verfassung von 1950 absichtlich ausgeklammert worden war. Dieser Titel wog schwerer als das „Nein" von mehr als 200 gewählten Volksvertretern, über die damit die Revolution tatsächlich „hinweggegangen" war

In seiner Rede zum 17. August 1959 schilderte Sukarno ausführlich die Aufgaben, die in der neuen Phase der indonesischen Revolution zu erfüllen seien. Das dringlichste Erfordernis sei zunächst die restlose Eliminierung des Giftes des Liberalismus, denn lediglich der Liberalismus sei für die ganzen Abweichungen vom Ziele der Revolution verantwortlich. Er habe die Gruppeninteressen, die Willkürherrschaft der Parteien gefördert und die alten indonesischen Ideale der gegenseitigen Unterstützung, der gemeinsamen Beratung und des einstimmigen Beschlusses getötet. Er sei Schuld an der Korruption, an Inflation und allen wirtschaftlichen Schwierigkeiten; die Zeit des Liberalismus sei, um mit Dante zu reden, das Inferno gewesen. Jetzt sei man in die Phase der Läuterung eingetreten, an deren Ende das Paradies, der indonesische Sozialismus stehen werde.

Um dieses Ziel erreichen zu können, müsse echte Führung an die Stelle des egozentrischen Wettstreits der Vergangenheit treten: Führung auf dem Gebiete der Politik, der Wirtschaft, der Kultur; keine Diktatur, sondern mehr ein Anleiten, wie es seit altersher in den autochthonen asiatischen Demokratien praktiziert worden sei. Die Verfassung von 1945 sei das geeignete Mittel, um das gesteckte Ziel zu erreichen, weil in ihr sowohl der Gedanke der Führerschaft als auch der indonesischen Demokratie zum Ausdruck komme.

In diesem Sinne redete Sukarno stundenlang. Durch ein oberstes Beratungsgremium wurde diese Rede dann zum politischen Manifest erhoben, das die klangvolle Bezeichnung „Manipol" erhielt. Die wesentlichen Gedanken des Manifestes wurden noch einmal in dem Akronym USDEK zusammengefaßt, die indonesischen Anfangsbuchstaben für 1. Verfassung von 1945, 2. indonesischer Sozialismus, 3. gelenkte Demokratie, 4. gelenkte Wirtschaft, 5. nationale Eigenständigkeit.

Manipol-USDEK wurde für sechs Jahre zum beherrschenden Thema in Indonesien. Neue Schlagworte kamen in periodischen Abständen hinzu, Djarek zum Beispiel, die Abkürzung für „Der Weg unserer Revolution“, oder Resopim, die Abkürzung für „Revolution, Sozialismus, Führerschaft", wie die Titel der Ansprachen in den folgenden Jahren hießen, die alle das gleiche ausdrückten. Das Schlagwort der Schlagworte jedoch hieß Nasakom, die Abkürzung der indonesischen Begriffe für Nationalismus, Religion und Kommunismus.

Nasakom war die Bezeichnung für Sukamos altes Ideal der Einheitsfront. Schon im Jahre 1926 hatte er nachzuweisen versucht, daß Nationalisten, Islamiten und Marxisten im Grunde die gleichen Ziele hätten und daß alle Differenzen der einzelnen Gruppen auf Mißverständnissen beruhten; wiederholt hatte er sich als eine Mischung aus den drei Strömungen bezeichnet. Für ihn war die Welt von Gott geschaffen, ihre Entwicklung war durch den historischen Materialismus am besten erkannt und die Nationen waren die natürlichen Ordnungen innerhalb der Welt. Das waren die Bestandteile seiner Synthese, die er nun vom ganzen Volke nachvollzogen wissen wollte. Wo immer er warnende Stimmen vor den wirklichen Zielen der Kommunisten hörte, schalt Sukarno, man solle sich von der Kommunistophobie lösen, die auch ein Erbstück des Liberalismus sei. Nasakom war in seinen Augen die Zauberformel — nicht nur für Indonesien, sondern für die Überwindung der Spaltung der Welt. Nasakom sei das Extrakt der Pantjasila, in denen die Versöhnung der liberalen Freiheits-und Rechtserklärungen mit dem kommunistischen Manifest gelungen sei, weil sowohl dem Bedürfnis der Menschen nach sozialer Gerechtigkeit als auch nach dem Glauben an Gott darin Rechnung getragen werde.

Nasakom enthielt jedoch neben seinem Versöhnungsaspekt auch einen Auftrag zum Kampf — zum Kampf gegen den Imperialismus.

Die drei Strömungen Nationalismus, Islam und Kommunismus seien antiimperialistisch und schon aus diesem Grunde zur Zusammenarbeit prädestiniert, hieß es ungezählte Male. Antiimperialistische Gesinnung bedeute Bereitschaft zum Aufbau einer Gesellschaftsordnung, frei von Kapitalismus, Feudalismus und sonstiger Ausbeutung, aber auch Bereitschaft zum Kampf gegen den Imperialismus, der die Unabhängigkeit der afro-asiatisehen Völker nach wie vor bedrohe. Die Blütezeit des Imperialismus sei zwar vorbei, aber gerade deshalb sei er „gefährlich wie der verwundete Tiger im tropischen Dschungel", wie Sukarno es in seiner plastischen Ausdrucksweise zum Beispiel in seiner Rede vor den Vereinten Nationen am 30. September 1960 in New York ausführte.

Das Ideal sei daher die Zusammenfassung aller antiimperialistischen Kräfte, nicht nur auf nationaler, sondern auch auf internationaler Ebene, um den Imperialismus, die Inkarnation des Bösen, zu Fall zu bringen und das ewige Glück der Menschheit zu ermöglichen. „Nasakom internasional" war das Thema des Jahres 1965, bei der Vorbereitung der großen antiimperialistischen Konferenz Conefo (Conference of the New Emerging Forces), bei der sich nicht nur die jungen Staaten aus Asien, Afrika und Lateinamerika, sondern auch die „fortschrittlichen Kräfte" der kapitalistischen Welt verbünden sollten.

Diese Theorien um Pantjasila, Nasakom und Manipol-USDEK wurden von Sukarnos Chef-ideologen Ruslan Abdulgani in den Jahren der gelenkten Demokratie in nicht erlahmendem Eifer in Indonesien verbreitet. Studenten, Soldaten, der Presse und den Parteien, im Urwald Mittelborneos und den Papuas in Westirian verkündete Ruslan Abdulgani die Ideale der indonesischen Revolution und die Wege für ihre Verwirklichung.

In den Jahren der zunehmenden Isolierung Indonesiens kamen noch zwei neue Schlagworte hinzu: Trisakti und Berdikari, die beide das Prinzip der Eigenständigkeit auf politischem, wirtschaftlichem und kulturellem Gebiet propagierten. Damit gab es „fünf Talismänner der indonesischen Revolution", wie der indonesische Staatschef, der nicht frei von Aberglauben war, 1965 verkündete. Sie sollten nicht ausreichen, um wenige Monate später die Revolution vor dem totalen Zusammenbruch zu schützen. 2. Institutionen und Kräftegruppierungen Ohne Kenntnis der ideologischen Konzeption ist weder das innen-noch das außenpolitische Verhalten der indonesischen Regierung in der Zeit der gelenkten Demokratie zu verstehen. Sukarno wußte, daß zwischen dem „Sollen" und dem „Sein" — dieses deutsche Wortpaar wurde von ihm mit Vorliebe angewandt — in der indonesischen Wirklichkeit eine weite Kluft bestand. Das Ideal wäre die Abschaffung der Parteien, erklärte er, aber er wolle nicht Diktator spielen und habe daher „das Sollen mit dem Sein verheiratet“. Die ewig oppositionell gegen Sukarnos Pläne eingestellten Masjumi und PSI wurden von Sukarno im August 1960 verboten, weil sie sich, wie es offiziell hieß, an der Gegenregierung auf Sumatra beteiligt hätten. Die anderen Parteien mußten sich zu Manipol-USDEK, Pantjasila und Nasakom bekennen, kleinere Parteien wurden aufgelöst. übrig blieben schließlich die islamitischen Parteien Nahdatul Ulama, PSII und Perti, die christlichen Parteien Partai Katolik und Parkindo, die nationalistisch orientierten PNI, IPKI und eine Abspaltung der PNI, Partindo, sowie die PKI und die Murba.

Diese zehn Parteien erhielten in dem von Sukarno im März 1960 verkündeten Parlament der gegenseitigen Unterstützung (Gotcng Rojong-Parlament), das an die Stelle des kurz zuvor entlassenen liberalen Parlaments trat, folgende Anzahl Sitze zugesprochen (in Klammern die Sitze im liberalen Parlament): PNI 44 (57), Nahdatul Ulama 36 (45), PKI 30 (32), Parkindo 6 (8), PSII 5 (8), Partai Katolik 5 (7), Perti 2 (4), Murba 1 (2), Partindo 1 (-), IPKI — (4). Dazu traten die Abgeordneten der „funktionellen Gruppen": vom Heer 15, Marine 7, Luftwaffe 7, Polizei 5, Arbeiter 26, Bauern 25, islam. Autoritäten 24, Jugend 9, Frauenverbände 8, Intellektuelle 5, sonstige 22.

Das Parlament hatte somit 283 Abgeordnete: sie waren auch der Kern des im August 1960 berufenen vorläufigen Volkskongresses (Madjelis Permusjawaratan Rakjat Sementara), nach der Verfassung der höchste Souverän des Staates. Weiter waren in diesem Volkskongreß vertreten: der nationale Planungsrat, der einen Achtjahresplan zur wirtschaftlichen Entwicklung Indonesiens ausarbeitete, der jedoch nie ernsthaft in Angriff genommen wurde, der ehemalige Nationalrat von 1957, der inzwischen in Oberstes Beratungsgremium (des Kabinetts) umbenannt worden war, an die hundert Abgeordnete der einzelnen Provinzen und weitere Vertreter der funktionellen Gruppen. Insgesamt umfaßte der Volkskongreß 609 Abgeordnete, von denen die Parteien nur ein knappes Viertel stellten; die Parteienherrschaft war also im Laufe eines Jahres bereits erheblich eingeschränkt worden. Der Volkskongreß tagte im November 1960, im Mai 1963 und im April 1965, wobei jeweils die Theorien Sukamos zur Beendigung der Revolution von Manipol bis Trisakti einstimmig gebilligt wurden und Sukarno alle politischen Vollmachten und darüber hinaus klangvolle Titel wie zum Beispiel „Großer Führer der Revolution" (1960) oder „Präsident auf Lebenszeit" (1963) erhielt. Sukamos Herrschaft schien unerschütterlich. Auch außerhalb des Parlaments bzw.des Volkskongresses schien sich die Nasakom-Idee allmählich durchzusetzen. Doch die unter gleichem Namen im Januar 1961 proklamierte Nationale Front, in der die religiösen, kommunistischen und nationalistischen Organisationen zur Verwirklichung der Ideale der Revolution zusammenarbeiten sollten, wollte wegen der zu starken Repräsentation der PKI in den verschiedenen Gremien nicht recht in Gang kommen.

Nach Ankündigung des Gotong Rojong-Parlamentes, in dem die PKI mit 30, die von ihr kontrollierten Arbeiter-und Bauernorganisationen noch einmal mit 51 Abgeordneten vertreten waren, war es zwischen den anderen Parteien zur Gründung einer Demokratischen Liga gekommen, um gemeinsam einen zu starken Einfluß der Kommunisten abzuwehren. Man trat sogar an das Heer heran und versuchte es zu einem Staatsstreich zu überreden, während Sukarno außer Landes war, denn auch im Heer war seit der Niederschlagung des Kommunistenaufstandes vonMadiun (1948) das Wiederaufleben der PKI mit großer Skepsis betrachtet worden. Zur Zeit der Einführung der gelenkten Demokratie zählte die PKI bereits 1, 5 Millionen Mitglieder; die Gewerkschaften, Frauen-und Jugendverbände, die ihr nahe standen, hatten eine Gesamtstärke von etwa zehn Millionen.

Zum Staatsstreich war das Heer jedoch nicht bereit, da es selbst stark an der Einführung der gelenkten Demokratie beteiligt war. Allerdings nutzte man die Vollmachten, die der militärische Ausnahmezustand dem Heer als Exekutivorgan gewährte, voll aus. Die Presse-zensur wurde besonders drastisch bei den Organen der PKI durchgeführt, die Genehmigungen zur Veranstaltung von Tagungen und Kongressen wurden hinausgezögert, in verschiedenen Außenprovinzen kam es nach den Verboten der Masjumi seitens der Militär-kommandantenauch zu Verboten der PKI. Das Heer übernahm somit zunächst eine Wächterrolle, wie sie von General Nasution verschiedentlich gefordert worden war. Nasution war ein gläubiger Moslem und sah sehr viel deutlicher als Sukarno die Gefahren, die von den Kommunisten her drohten. Sukarno betrachtete die Kommunisten als die treuesten Anhänger seiner Ideologie und nahm sie deshalb auch gegen die selbstherrlichen Maßnahmen des Heeres immer wieder in Schutz.

Bei einer Umbildung des Kabinetts im März 1962 wurden mit Aidit und Lukman erstmals zwei Kommunisten in die Regierung ausgenommen. Sie waren jedoch nur Minister ohne Portefeuille — neben ihnen gab es noch 48 andere Minister, die zum größten Teil strikte Antikommunisten waren. Im Juni 1962 kam man der PKI weiter entgegen, als General Nasution den Posten des Stabchefs des Heeres verlassen mußte und zum Stabschef der Streitkräfte „befördert" wurde. Dieser Posten war neu geschaffen worden, um die einzelnen Waffengattungen (Heer, Marine, Luftwaffe und Polizei) zu koordinieren. Dahinter stand aber der Wunsch Sukamos, Nasution von seiner Hausmacht zu trennen, weil er dem „indonesischen Hamlet", wie Nasution genannt wurde, nicht voll vertraute. Er machte Nasution den Vorwurf, daß er hinter seinem Rücken Kontakte mit den Rebellenführern hergestellt und ihnen bei freiwilliger Rückkehr eine Amnestie in Aussicht gestellt hatte. Außerdem sah er in Nasution, der kein einziges Mal ein Bekenntnis zu Nasakom abgelegt hatte, sondern eher vor den „Anhängern fremder Ideologien" warnte, den Hauptverantwortlichen für die „Kommunistophobie" des Heeres. Generalmajor Yani, der Nachfolger Nasutions als Stabschef des Heeres, zeigte sich Sukamos Wünschen gegenüber aufgeschlossener. Schon bald nach seiner Ernennung versetzte er die Militärkommandeure, die in ihren Provinzen auf eigene Faust gegen die Kommunisten vorgegangen waren, auf andere Posten.

Zwar gab es auch weiterhin noch Spannungen zwischen dem Heer und den Kommunisten, aber Sukarno hatte eine Bresche in den durch Nasution sorgfältig gewahrten exklusiven Charakter des Heeres geschlagen, durch die allmählich auch die „Pembina" eindringen sollten, die Kontaktmänner der PKI, die vor allem unter den jüngeren Offizieren für die kommunistische Ideologie zu werben begannen. Schließlich waren zu Beginn des Jahres 1962 die Führer der Masjumi und der PSI verhaftet und in Sicherheitsverwahrung nach Ostjava gebracht worden. Sie waren die konsequentesten Kritiker der PKI gewesen. Die PNI und die Nahdatul Ulama blieben dagegen von Verfolgungen verschont und wurden eher als Gesinnungsgenossen denn als Feinde betrachtet; sie hatten sich in ihrem Sprachgebrauch der PKI weitgehend angeglichen, so merkwürdig es sich auch anhören mochte, wenn der Religionsminister zum Beispiel von der progressiv-revolutionären Kraft'des indonesischen Islams sprach. Seit Mitte 1962 waren somit die Haupthindernisse für eine größere Entfaltung der PKI aus dem Wege geräumt — eine Chance, die die gut organisierte Partei entschlossen zu nutzen verstand, während die anderen Gruppen und Parteien zusehends in die Defensive gedrängt wurden. 3. Konfrontationen Ihre Hauptaktivität auf innerpolitischem Gebiet verlegte die PKI auf die Forderung nach Verwirklichung der schon 1960 von Sukarno angekündigten Landreform, derzufolge die reichen Grundbesitzer ihr Land gegen Bezahlung an die armen Bauern abtreten mußten, die sie bisher nach eigenem Ermessen ausbeuten konnten. Daneben verstand es die PKI, den Kampf gegen den Imperialismus immer wieder anzuheizen, nicht zuletzt, um das Heer von innenpolitischen Engagements abzuhalten, was gewöhnlich zu einer Einschränkung ihres eigenen Einflusses führte.

Es wäre jedoch verfehlt anzunehmen, daß die außenpolitische Aggressivität Indonesiens zur Zeit der gelenkten Demokratie ausschließlich oder auch nur überwiegend auf diesen internen Machtkampf zwischen Heer und Kommunisten zurückzuführen sei. Oft genug ist in der Presse und auch in der Fachliteratur dieser Aspekt überbewertet und der Einfluß des Spiritus rectors des Kampfes gegen den Imperialismus, Sukarno, unterschätzt worden. Sukarno erweist sich bei näherem Eingehen auf seine Gedanken immer mehr als ein prinzipienstarrer Theoretiker, als der geschickte Taktiker, der die beiden Potenzen seines Staates, das Heer und die Kommunissten, nach Belieben gegeneinander ausspielte.

Sukarno war seit jeher ein unerbittlicher Feind des Imperialismus; dieser war für ihn mehr als der willkommene Sündenbock, auf den alle Schuld an den mißlichen Zuständen abgeschoben werden konnte; er war die Inkarnation des Bösen schlechthin, das ausgerottet werden mußte, wenn ein dauerhafter Friede in der Welt erreicht werden sollte. Niemand hat auf internationalen Kongressen diesen „notwendigen Kampf" mehr gefordert als Sukarno; schon lange vor dem Schisma Moskau-Peking hat er den Gedanken der friedlichen Koexistenz verworfen. Dieses Denken war ein Erbstück aus der javanischen Mythologie, aus der Welt des Wajang (Schattenspiels), in der in immer neuen Variationen der Kampf zwischen Gut und Böse bis zum endgültigen Sieg der Gerechtigkeit stattfindet.

Durch die Verluste, die der Imperialismus im Laufe des 20. Jahrhunderts erlitten hatte, war er nach der Ansicht Sukarnos zwar getroffen, aber noch nicht endgültig besiegt und daher gefährlich. Sukarno ist nicht wegen der innenpolitischen Schwierigkeiten (seine Position war weitgehend unangefochten) in die Konfrontationen „geflohen", sondern hat sie bewußt inszeniert. Er war einer jener Weltverbesserer, die mit ihrem Verlangen, das Glück der Menschheit zu sichern, schon oft chaotische Zustände heraufbeschworen haben, weil sie in ihrer ideologischen Fixiertheit keinen Blick mehr für die realen Verhältnisse hatten.

Bei seiner Forderung an die Niederlande, Westneuguinea (Westirian) an Indonesien zu übertragen, konnte Sukarno bei einem großen Teil der Welt noch auf Verständnis rechnen. Nach der Einführung der gelenkten Demokratie gab er dieser Forderung Nachdruck: im August 1960 durch den Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Holland, im Januar 1961 durch den Kauf von Waffen in Moskau im Werte von insgesamt einer Milliarde US-Dollar. Die Niederländer, durch diese Maßnahmen beunruhigt, hatten im April 1961 einen Papua-Rat ins Leben gerufen, der das Land allmählich zur Unabhängigkeit führen sollte. Bei den Vereinten Nationen suchten sie im Herbst des gleichen Jahres hierfür Verständnis zu finden. Sukarno betrachtete die Gründung des Papua-Rates als einen Affront für Indonesien und schickte eine Delegation nach New York unter Führung von Außenminister Subandrio „mit dem einzigen Ziel, das Vorhaben der Holländer zu Fall zu bringen."

Als diese Mission geglückt war, verkündete Sukarno am 19. Dezember 1961, dem Jahrestag des letzten holländischen Angriffs auf die Republik (1948), die TRIKORA, die drei Befehle des Volkes: die Gründung eines Papua-Staates als „Machwerk des niederländischen Imperialismus" zu verhindern, die indonesische Nationalflagge im Westirian aufzupflanzen und sich für eine allgemeine Mobilmachung bereit zu halten.

Am 15. Januar 1962 kam es zu einem Seegefecht zwischen indonesischen und holländischen Marineeinheiten, wobei ein indonesisches Torpedoboot versenkt wurde. Darauf wurde stürmisch die Invasion Westirians gefordert; das Heer, dessen Stärke inzwischen auf etwa dreihundertfünfzigtausend Mann angewachsen war, und die anderen Einheiten (hundertfünfzigtausend Mann) waren auf diesen Fall vorbereitet. Es wurde ein Operationskommando Mandala gegründet, das unter der Leitung von Generalmajor Suharto stand, der über 75 000 einsatzfähige Soldaten verfügte. Sukarno aber wollte die Übergabe Westirians auf dem Verhandlungswege erzwingen. Als sich die Niederländer bis März 1962 dazu nicht bereit fanden, wurden kleinere Einheiten von Marine-und Fallschirmjägertruppen in Westirian gelandet.

Jetzt schalteten sich die Vereinigten Staaten ein, die einen größeren Krieg in Südostasien verhindern wollten. Ellsworth Bunker arbeitete einen Vermittlungsvorschlag aus, der die indirekte Übergabe des umstrittenen Gebietes an Indonesien festlegte. Der Plan sah in seiner endgültigen Fassung vor, daß die Niederlande am 1. Oktober 1962 das Land an eine UNO-Kommission abtreten und diese es nach einem halbjährigen Interregnum am 1. Mai 1963 an Indonesien übergeben sollte. Für 1969 waren freie Wahlen in Westirian vorgesehen, bei denen die Papuas selbst über die Zukunft ihres Landes entscheiden sollte. Am 15. August 1962 wurde das Abkommen unterzeichnet.

Zwei Tage danach verkündete Sukarno in einer Ansprache zum Nationalfeiertag, mit der Wiedergewinnung Westirians sei die nationale Revolution vollendet.

Allerdings war der Sieg teuer erkauft. Mit den Waffenkäufen in der Sowjetunion war die Verschuldung Indonesiens bei den Gläubiger-staaten in aller Welt auf etwa 2, 5 Milliarden Dollar angestiegen. Trotzdem war die Wirtschaftslage schlechter denn je. Der offizielle Umrechnungskurs betrug ein US-Dollar = 45 Rupiah; auf dem Schwarzen Markt erhielt man zur gleichen Zeit für einen US-Dollar 1200 Rupiah. Diese Wertminderung der Rupiah hatte die Preise in die Höhe schnellen lassen, jedoch waren Löhne und Gehälter gleich geblieben. Der Durchschnittsverdiener konnte von seinem monatlichen Einkommen (etwa 300 Rupiah) die lebensnotwendigen Nahrungsmittel bei weitem nicht mehr bezahlen; 1 kg Reis kostete im freien Handel 1963 bereits 80 Rupiah, 1 kg Tomaten 150 Rupiah. Der Staat mußte für die Versorgung mit Nahrungsmitteln und Kleidung ungeheure Zuschüsse gewähren, wodurch das staatliche Defizit, das ohnedies von Jahr zu Jahr gestiegen war, nur noch größer wurde.

Eine amerikanische Finanzkommission schlug darauf einschneidende Maßnahmen zur Finanzreform vor, die in erster Linie einen realistischen Wert der Rupiah festsetzen wollte, um das Import-Exportgeschäft für die Handelspartner wieder attraktiv zu gestalten. Das geschah am 26. Mai 1963. In der Hoffnung, neue Kredite des International Monetary Fund und von den USA zu erhalten, stimmte die indonesische Regierung den Empfehlungen der Finanzkommission weitgehend zu

Die neuen Kredite blieben jedoch aus, weil Indonesien inzwischen mit der „Konfrontation" des Staatenbundes aus Malaya, Singapur sowie Sabah und Serawak in Nordborneo, des einstigen britischen Kolonialbesitzes in Südostasien, begonnen hatte. Am 16. September 1963 war dieser Staatenbund unter dem Namen Malaysia proklamiert worden. Die indonesische Reaktion gegen dieses „Machwerk des britischen Imperialismus" war heftiger als früher gegen die unnachgiebige Haltung der Niederländer in der Neuguinea-Frage. Am gleichen Tage schon stürmten Jugendliche die britische Botschaft in Djakarta, rissen den Union Jack herunter und demolierten britisches Eigentum. Zwei Tage später stand das Botschaftsgebäude in Flammen; die britischen Staatsbürger wurden aus Djakarta evakuiert.

Als der Plan einer zukünftigen Malaysischen Föderation im Mai 1961 zum ersten Male von Tunku Abdul Rahman erwähnt wurde, hatte es von indonesischer Seite noch keinerlei Einwände gegeben. Die erste Kritik kam von Seiten der PKI, die den Malaysia-Plan im April 1962 als ein Projekt des Neokolonialismus bezeichnete. Von der Regierung wurde bis zum Abschluß der Verhandlungen über Westirian keine kritische Stellungnahme laut. Erst danach war davon die Rede, daß Indonesien es zum Beispiel nicht dulden könne, daß im Norden Borneos eine amerikanische Militärbasis aufgebaut werde.

Am 8. Dezember 1962 kam es dann in Brunei zur Proklamation eines unabhängigen Staates Nordborneo (Kalimantan Utara), der auch die für die Föderation vorgesehenen Gebiete von Sabah und Serawak umfassen sollte. Als Ministerpräsident fungierte der in Indonesien gut bekannte Mahmud Azahari. Nachdem die „Revolte von Brunei" von den Briten niedergeschlagen worden war und Azahari in Manila eine „Exilregierung" bildete, erklärte Indonesien sich sofort bereit, das Volk von Nordborneo bei seinem Kampf um die Unabhängigkeit zu unterstützen. Auch die Philippinen begannen jetzt gegen das Malaysia-Projekt zu opponieren. Von ihnen wurden alte Ansprüche auf das Territorium Nordborneos gel" end gemacht, während sich Indonesien in erster Linie gegen die Kreation des Imperialismus verwahrte. Malaysia heiße Erdöl und Gummi, erklärte Sukarno, das die Briten in der Zeit der Staatsgründungen nicht verlieren wollten. In den Monaten Mai bis August 1963 schien sich eine Verständigung unter dem Schlagwort Musjawarah Maphilindo anzubahnen. Malaya, die Philippinen und Indonesien sollten sich als Völker einer Rasse von Zeit zu Zeit zu Beratungen treffen, die die gemeinsamen Interessen betrafen.

Dieser Vorschlag kam von Seiten der Philippinen auf der Außenministerkonferenz der drei Staaten im Juni 1963, die ein Treffen der Staatschefs vorbereitete, das vom 31. Juli bis 5. August in Manila stattfand. Dort erklärte sich Abdul Rahman bereit, vor der Proklamation des States Malaysia eine UNO-Kommission zur Befragung der Bevölkerung von Sabah und Serawak einzuladen. Philippinische und indonesische Beobachter sollten bei dieser Befragung anwesend sein. Mitte August begann die UNO-Kommission mit ihrer Arbeit. Von den Beobachtern wurde diese später als parteiisch bezeichnet: Die Bevölkerung habe von britischer Seite her unter Druck gestanden. Sowohl die Philippinen als auch Indonesien versagten dem neuen Staat nach dessen Proklamation ihre Anerkennung.

Indonesien entsandte Freiwillige nach Nordborneo, die den Freiheitskampf der Bevölkerung unterstützen sollten, was von malayischer Seite als Aggression bezeichnet wurde und zu britischen Truppenverstärkungen in Malaysia führte. Auf Grund einer Vermittlung von Robert Kennedy wurde im Januar 1964 ein Waffenstillstand erreicht und erneut verhandelt, zunächst in Bangkok (Februar und März 1964), danach in Tokio (Juni 1964), jedoch ohne Erfolg, weil Tunku Abdul Rahman darauf bestand, daß Indonesien zunächst seine Freiwilligen aus dem umstrittenen Gebiet zurückrufen sollte. Dazu war Indonesien nicht bereit; die Konfrontation wurde fortgesetzt. Am 3. Mai 1964 hatte Sukarno die DWIKORA, die zwei Befehle des Volkes, bekanntgegeben: Die Verteidigungsbereitschaft zu erhöhen und die Bevölkerung von Malaya, Singapur, Sabah, Serawak und Brunei bei der Auflösung des „Puppenstaates Malaysia" zu unterstützen. 21 Millionen Freiwillige hatten sich gemeldet, um diese Befehle auszuführen.

Auf der 2. Konferenz der nicht-alliierten Staaten im Oktober 1964 in Kairo wurde von Sukarno die Entschlossenheit des indonesischen Volkes ausgedrückt, den Kampf gegen den Imperialismus unbeirrt fortzusetzen. Als Malaysia zu Beginn des Jahres 1965 in den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen als Nachfolger der CSSR ausgenommen wurde, schreckte Sukamo auch vor dem Schritt nicht zurück, die Vereinten Nationen in seine Konfrontationen einzubeziehen. Am 7. Januar verkündete er den Austritt Indonesiens aus den Vereinten Nationen und all ihren Zweigorganisationen und begann gleichzeitig, die Bemühungen um eine Zusammenfassung der New Emerging Forces zu intensivieren. Anfang März 1965 wurde eine Konferenz der afroasiatischen Islamiten in Bandung veranstaltet und wenige Wochen später eine Erinnerungsfeier an den 10. Jahrestag der Bandung-Konferenz, an der Vertreter von etwa vierzig Nationen teilnahmen.

Die Delegierten der afro-asiatischen Staaten wurden Zeugen der Grundsteinlegung zum Gebäudekomplex der für 1966 geplanten Konferenz der New Emerging Forces (Conefo), auf der die antiimperialisitischen Kräfte der ganzen Welt aufgefordert werden sollten, Indonesien bei seinem Kampf gegen den Imperialismus zu unterstützen. Im November 1963 war es bereits zu den Games of the New Emerging Forces (Ganefo) in Djakarta gekommen, als Konfrontation gegen das „imperialistenhörige" Internationale Olympische Komitee, das es gewagt hatte, Indonesien wegen seiner antiimperialistischen Haltung bei den 4. Asian Games (im September 1962 in Djakarta, zu denen Israel und Taiwan keine Einladung erhalten hatten) von der Teilnahme an den olympischen Spielen in Tokio auszuschließen.

Damit hatte die Konfrontation, die seit Jahren auch schon gegen die „imperialistische Kultur" geführt wurde (sogar öffentliche Bücherverbrennungen hatte es im Mai 1964 gegeben), nahezu alle Gebiete erfaßt. Sukamo war auf dem besten Wege, bei seinem Traum nach der Verwirklichung einer Welt ohne Ausbeutung die internationale Atmosphäre mehr und mehr zu vergiften.

V. Das Ende der Ära Sukamo

1. Der Putschversuch Lediglich vom kommunistischen China wurde Indonesien wegen seiner militanten antiwestlichen Haltung mit Beifall überschüttet. Vergessen waren die ernsten Spannungen zwischen Djakarta und Peking zu Anfang der gelenkten Demokratie, die sich wegen der harten indonesischen Maßnahmen gegen die zahlreichen chinesischen Händler in Indonesien ergeben hatten, die seit jeher das einheimische Wirtschaftsleben kontrollierten. Ende 1959 wäre es deswegen fast zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen gekommen. Seit Sukarno jedoch mit seiner Zusammenfassung der antiimperialistischen Kräfte begonnen hatte, wurden die Beziehungen von Jahr zu Jahr freundlicher. Seit 1963 etwa unterstützte die PKI offen den Standpunkt Chinas im Schisma Moskau-Peking, nachdem sie bis dahin vergeblich versucht hatte, zwischen den beiden Giganten im kommunistischen Lager zu vermitteln.

Der immer stärkere Anschluß an China war in Indonesien selbst nicht ohne Kritik geblie-ben Im Sommer 1964 war eine „Vereinigung zur Unterstützung der Lehren Bung Karnos" gegründet worden, die durch die Betonung des Toleranzgedankens der Pantjasila das immer stärkere Abgleiten nach links verhindern wollte. Die in ihrem Einfluß stark zurückgegangene Partai Murba wurde ebenfalls noch einmal aktiv, um sich gegen die mehr und mehr in den Vordergrund tretende PKI zu behaupten. Anfang 1965 wurde sowohl die Murba als die „Vereinigung zur Unterstützung der Lehren Bung Karnos" verboten, weil in ihren Kreisen Kritik an dem Austritt Indonesiens aus den Vereinten Nationen laut geworden war.

Opposition gegen den einseitigen politischen Kurs gab es jetzt auch in zunehmendem Maße im Heer. Es tauchten Gerüchte auf, daß sich ein „Rat der Generäle" gebildet habe, der den Sturz Sukarnos plane. Diese Gerüchte verdichteten sich, als im Mai 1965, zur selben Zeit als die Kommunisten mit großem Pomp ihr 45jähriges Bestehen feierten, bei Subandrio (in seiner Eigenschaft als Chef des Staatssicherheitsdienstes) das sogenannte „GilchristDokument" auf dem Schreibtisch flatterte, ein mit dem Briefkopf der Britischen Botschaft versehenes Schreiben, in dem von englischer Seite von „our local army friends" in Indonesien gesprochen wurde. Sukarno verlangte von General Yani eine Erklärung. General Yani versuchte Sukarno zu beschwichtigen, es habe zwar Opposition gegen seine Maßnahmen im Heer gegeben, aber das sei jetzt vorbei, er könne den Offizieren völlig vertrauen.

Durch dieses halbe Bekenntnis wurde Sukarno nicht beruhigt. Sein Mißtrauen gegen das Heer wuchs, als im Juni sein Freund Ben Bella von der algerischen Armee abgesetzt wurde und die Zweite Afro-asiatische Gipfelkonferenz verschoben werden mußte. Sukarno dachte an eine internationale Verschwörung, die es auf die Vorkämpfer gegen den Imperialismus abgesehen habe. Auch die Abberufung des langjährigen amerikanischen Botschafters H. P. Jones aus Djakarta im Mai 1965, mit dem ihn trotz aller politischen Differenzen mit den USA eine Freundschaft verband, schien ihm verdächtig. Der neue Botschafter Green war bei Zusammenkünften mit Sukarno, der bei aller wilden Agitation stets Wert auf gute persönliche Kontakte legte, äußerst reserviert.

Anfang August 1965 wurde Sukarno ernstlich krank. Eine Nierenkolik machte ihm dieses Mal mehr zu schaffen als gewöhnlich, und durch chinesische Ärzte wurde die Möglichkeit seines baldigen Ablebens angedeutet. Die für diesen Augenblick erwartete große Auseinandersetzung zwischen Heer und Kommunisten um das politische Erbe begann, obgleich Sukarno sich nach einigen Wochen doch verhältnismäßig rasch erholte. Routinesitzungen der Militärs wurden von kommunistischer Seite als Vorbereitungen eines Staatsstreiches gedeutet, und das Verhängnis nahm seinen Lauf.

Die Kommunisten, die unter der Ägide Sukarno eine mächtige Organisation aufbauen konnten — im Mai 1965 behaupteten sie, 3, 5 Millionen Mitglieder und etwa 20 Millionen Anhänger in den von ihr kontrollierten Massenorganisationen zu haben —, fürchteten, daß bei einer Übernahme der Macht durch das Heer ihre ganze Aufbauarbeit zur geplanten friedlichen Verwandlung Indonesisens in eine Volksrepublik zunichte sei. Sie hatten bereits damit begonnen, unter jüngeren Offizieren Kader zu bilden, die für den Fall eines offenen Konfliktes auf ihrer Seite stehen würden. Daneben war ihnen ein großer Fang mit Luftmarschall Omar Dhani geglückt, der seit 1962 Stabschef der indonesischen Luftwaffe war. Sie konnten offen für ihre Pläne werben, weil diese sich kaum von Sukarnos Vorstellungen unterschieden.

In Sitzungen des Zentralkomitees der PKI im August 1965 wurde die entscheidende Frage diskutiert, ob man dem Putschversuch der Generäle zuvorkommen solle. Wie die Entscheidung schließlich ausgefallen ist, läßt sich bis heute lediglich auf Grund der folgenden Ereignisse rekonstruieren. Ende August/Anfang September wurden verschiedene hohe Offiziere, die für die kommunistische Ideologie gewonnen worden waren, von ihren Betreuern aufgefordert, sich am 3. September im Hause eines Kameraden zu einer wichtigen Besprechung einzufinden. Dort wurden sie mit „Sjam“ bekanntgemacht, dessen Identität erst im März 1967 bei seiner Verhaftung festgestellt wurde.

Es war der Kommunist Kamarusaman, der in der PKI bis dahin keine wichtige Funktion bekleidet hatte. Sjam erklärte, es gäbe überzeugende Beweise, daß ein „Rat der Generäle'existiere, der einen Staatsstreich und die Absetzung Sukarnos plane. Die Aufgabe der hier versammelten „fortschrittlichen Offiziere'sei es, diesem Plan zuvorzukommen, die wichtigsten Generäle zu entführen und damit den Präsidenten und die Revolution zu retten. In insgesamt zehn Sitzungen im Laufe des Septembers 1965 wurde der Putschplan schließlich in allen Einzelheiten ausgearbeitet. Zum Führer der „Bewegung des 30. September'— für diesen Tag war der Putsch zunächst vorgesehen — wurde Oberstleutnant Untung bestimmt, der Kommandant der Leibgarde des Präsidenten aus dem Regiment Tjakrabirawa In den Diskussionen wurde von Sjam Nachdruck darauf gelegt, daß die ganze Affäre als eine „rein innermilitärische Angelegenheit" zu gelten habe, obgleich er es war, der die ganzen Pläne entwickelte und bei Nachfragen erklärte, der Vorsitzende Aidit wolle es so. Wieweit Sukarno vor dem Putsch von der Angelegenheit unterrichtet worden ist, ist bis zur Zeit nicht geklärt. Er bleibt bei der Behauptung, daß für ihn die Ereignisse in den Morgenstunden des ersten Oktober eine „vollkommene Überrumpelung" waren.

Von dem Übungsgelände der Luftwaffe Halim, das zum Hauptquartier der Putschisten gemacht worden war, fuhren kurz nach Mitternach verschiedene Lastkraftwagen los, um die sieben Generäle, die auf der „Liste" standen, abzuholen. Es waren Nasution, Yani, S. Parman, Suprapto, Harjono, Sutojo und Pandjaitan. Lediglich Nasution konnte den Häschern entkommen; diese griffen in der Dunkelheit seinen Adjutanten, Leutnant Tendean, der sich für Nasution ausgegeben hatte, um den General zu retten. In grauenhafter Weise wurden die Opfer von Angehörigen kommunistischer Jugendverbände, die speziell trainiert waren, ermordet. Man hatte ihnen gesagt, daß es sich um „Imperialistenknechte" handele, die die Revolution verraten wollten. Gleichzeitig wurden die Rundfunkstation, das Post-und Telegraphenbüro und andere strategisch wichtige Punkte in Djakarta von den Putschisten besetzt. Gegen 9 Uhr fand sich auch Sukarno auf dem Flugplatz Halim ein. Er hatte im Hause seiner japanischen Frau übernachtet und sich nach den ersten Meldungen von einer „Säuberungsaktion“ innerhalb des Heeres für das Lager der Putschisten entschieden. Er mißtraute dem Heer und glaubte, daß die ganze Aktion zur Rettung seiner Person und seiner Konzeption geschehen sei.

In Halim wurde Sukarno von dem von Sjam aus Borneo herbeigerufenen General Supardjo und Luftmarschall Dhani über die Ereignisse Bericht erstattet. Nach der Unterredung mit Sukarno gab Dhani in einem Tagesbefehl bekannt, daß die Luftwaffe die Bewegung des 30. September unterstütze. In einer bald darauf von Sjam an die Rundfunkstation geleiteten Erklärung des Revolutionsrates hieß es, die bisherige Regierung sei abgesetzt. Die Bevölkerung wurde zur Wahrung der Ruhe aufgerufen. Diese Erklärung, die auch detaillierte Anweisungen über die vorzunehmenden Schritte in den Provinzen enthielt und die Maßnahmen gegen die Generäle ausführlich rechtfertigte, veranlaßte den Leiter des strategischen Kommandos des Heeres, General Suharto, zur Gegenaktion.

Suharto war von anderen hohen Offizieren zur Übernahme der Kommandogewalt gedrängt worden, die er auch nicht niederlegte, als Sukarno im Laufe des Tages auf Wunsch der Putschisten General Supranoto zum vorläufigen Stabschef des Heeres ernannte. Suharto stellte zunächst die militärische Stärke der Gegner fest und begann darauf, die außerhalb Djakartas liegenden Truppen zum Gegenangriff zusammenzuziehen. Um 16 Uhr zwang er die um den Palast stationierten Truppen zum Rückzug, um 19 Uhr wurden die Rundfunk-und Telegraphenstationen fast kampflos zurückerobert. Durch einen Adjutanten ließ er darauf an Sukarno ausrichten, daß er Halim verlassen möge, das Hauptquartier der Putschisten werde angegriffen.

Gegen 22 Uhr ließ sich der Präsident, dessen Stern von diesem Tage an unaufhaltsam zu sinken begann, zu seinem Palast nach Bogor zurückbringen. Wenige Stunden später verließ Aidit den Flugplatz Halim und flog mit einer bereitgestellten Maschine nach Mitteljava, um dort den Widerstand gegen die zu erwartende „Reaktion" zu organisieren. Seine Rechnung war nicht aufgegangen. Er hatte gehofft, nach der Entführung der Generäle werde den Kommunisten die Regierungsgewalt wie eine reife Frucht in den Schoß fallen. Diesen Irrtum sollten er und mehr als hunderttausend Kommunisten mit dem Tode bezahlen. 2. Sukarnos Sturz Ein Aufschrei der Empörung ging durch das Inselreich, als am 4. Oktober die verstümmelten Leichen der Generäle in einem ausgetrockneten Brunnen in der Nähe des Flugplatzes Halim gefunden wurden. Als die ersten Indizien für eine Beteiligung der Kommunisten an der Bewegung des 30. September vorlagen, wurde Sukarno von allen Seiten gedrängt, die PKI zu verbieten und die Führer zur Verantwortung zu ziehen. Sukarno dachte nicht daran; er versuchte statt dessen die Angelegenheit zu verharmlosen: „So etwas kann in einer Revolution schon einmal passieren", hieß es, wenngleich er den brutalen Mord an den Generälen verurteilte. Damit aber gab man sich im Volke nicht zufrieden. Als Sukarno weiterhin zögerte und die Schuldigen zu schützen suchte, schritt das Heer und die Bevölkerung zur Selbstjustiz.

Seit dem 20. Oktober herrschte das Grauen in Indonesien. Das Morden begann in Mitteljava, sprang über nach Ostjava, der Götterinsel Bali und den anderen Provinzen. Das Heer übte grausame Rache, bei den Islamiten brach sich der lang aufgestaute Groll gegen die „Gottlosen" mit Macht Bahn, in bestimmten Gegenden kamen soziale Gegensätze hinzu, der Zorn der Grundbesitzer auf die „Roten", die es gewagt hatten, ihren Grund und Boden aufzuteilen.

Vergeblich versuchte Sukarno dem Geschehen Einhalt zu gebieten. Eine ganze Nation lief Amok (dieses Wort stammt aus Indonesien); schon der Verdacht, Anhänger der PKI gewesen zu sein, kam in manchen Regionen einem Todesurteil gleich. Die Zahlen der Opfer, die man in Indonesien hört, schwanken zwischen Hunderttausend und einer halben Million. Manche Privatfehde, wobei die politische Überzeugung keine Rolle spielte, wurde auf diese Weise mit erledigt; die Flüsterparolen, wonach schwarze Listen für den Fall einer kommunistischen Machtübernahme existieren sollten, taten das ihrige dazu. Sukarnos Nasakom-Ideal erstickte in einem Nebel von Haß und Blut.

Dennoch ließ Sukarno zur gleichen Zeit durch Ruslan Abdulgani weiter verkünden, Nasakom sei die richtige Politik. Noch war von offener Auflehnung gegen ihn nichts zu spüren, nur mehrten sich die Bemerkungen in den Zeitungen, daß die Haltung des Präsidenten nach der Madiun-Affäre „konsequenter” gewesen sei. Wäre Sukarno der Opportunist gewesen, der stets auf der Seite der Sieger stand, wie er häufig dargestellt wurde, dann wäre sein Verhalten in diesen Monaten, als seine Autorität zu zerrinnen begann, unerklärlich. Sukarno war kein Opportunist, er war prinzipienstarr und wollt« sich nicht eingestehen, daß seine Politik versagt hatte. Das war der eigentliche Grund für seinen Sturz.

Gegen Ende des Jahre 1965 trat die KAMI auf den Plan, die Einheitsfront der Studenten, die am 25. Oktober 1965 gegründet worden war, um die Streitkräfte bei ihrem Kampf um die Vernichtung der Putschbewegung zu unterstützen. Am 3. November hatte die aus allen Studentenschaften gebildete Einheitsfront in einem offenen Brief an Sukarno erstmals die Auflösung der PKI verlangt. Ihre ersten Demonstrationen folgten jedoch erst nach einer drastischen Preiserhöhung im Dezember. Von ihr wurden auch die öffentlichen Verkehrsmittel derart betroffen, daß ihre Benutzung für die meisten Studenten kaum noch erschwinglich war. Weil sich zur gleichen Zeit Sukarnos Macht wieder zu konsolidieren schien und das Heer in seiner Haltung dem Präsidenten gegenüber unentschlossen war, stellten die Studenten zu einer zielbewußten Aktion am 10. Januar 1966 die TRITURA (drei Forderungen des Volkes), von denen sie „keinen Millimeter" zurückweichen würden. Sie forderten 1. Verbot der PKI, 2. Säuberung des Kabinetts von heimlichen Anhängern der Putschbewegung, 3. Senkung der Preise.

Anfänglich nahm Sukarno die Forderungen der Studenten nicht sonderlich ernst; aber Außenminister Subandrio erkannte die Gefahren, die von den ersten organisierten Umzügen, Straßenblockaden usw. ausgehen konnten und rief in seinem Appell zur Gründung einer Barisan Sukarno (Front der Anhänger Sukarnos) auf, die dem Wirken der KAMI entgegentreten sollte. Mitte Februar, nachdem sich die Situation vorübergehend zu beruhigen schien, flammte die Opposition wieder auf. Der Zorn der Studenten richtete sich jetzt insbesondere gegen Subandrio, der die Universität Indonesia als ein Zentrum der Reaktion und die Studenten als Handlanger der Imperialisten bezeichnet hatte.

Am 21. Februar wurde von Sukarno die lange angekündigte Kabinettsreform bekanntgegeben. Die Wut der Studenten kannte jetzt keine Grenzen mehr. Die bewußtesten Gegner der Kommunisten, General Nasution und Adfi miral Martadinata, waren ausgeschlossen worden, während in dem auf 100 Minister erhöhten Kabinett zahlreiche neue Männer auftauchten, die der Unterstützung der Putschbewegung bezichtigt wurden. Sogleich brachen die Protestdemonstrationen in bisher ungekannter Schärfe wieder los und wurden von einem Teil des Heeres offen unterstützt. Am 24. Februar hatten die Studenten das erste Todesopfer zu beklagen: Aries Rachman Hakim, der am folgenden Tage unter der Teilnahme von Hunderttausenden zu Grabe getragen wurde.

Das am gleichen Tage erlassene Verbot der KAMI konnte die Aktivität der Studenten nicht einschränken. Unter dem Namen der sich anschließenden Schülerorganisation KAPPT wurde der Kampf fortgesetzt; Verstärkungen aus Bandung kamen hinzu. Als Subandrio am 1. März die Universität Indonesia schließen ließ, versammelten sich die Studenten an anderen Orten. Es gab Auseinandersetzungen mit den von Subandrio organisierten Gegen-terror-Gruppen, es kam zum Sturm auf das Außenministerium und die chinesische Botschaft. Am 10. März rief Sukarno die Führer der einzelnen Parteien zusammen, die eine Erklärung abgeben sollten, daß die Aktion der Studenten vom Ausland unterstützt und von der CIA bezahlt werde.

Für den 11. März ordnete Sukarno eine Sondersitzung des neuen Kabinetts an. Die Minister hatten bereits um 6 Uhr morgens zu erscheinen, damit sie nicht von den Studenten am Betreten des Palastes gehindert wurden, wie es bei der Einsetzung des Kabinetts am 24. Februar geschehen war, als sie zum Teil mit Hubschraubern zum Palast gebracht werden wurde mußten. in der Sitzung Sukarno mitgeteilt, der Palast sei von Truppen umstellt. Er griff nach seiner Jacke und lief, gefolgt von Subandrio und Chairul Saleh, zu einem bereitstehenden Hubschrauber, mit dem er nach Bogor floh. Durch die Unterzeich-nung einer Erklärung am Abend des gleichen Tages übertrug er die politischen Vollmachten ® General Suharto.

Es dauerte noch auf den Tag genau ein Jahr, bis der Volkskongreß, der Sukarno früher mit Ehren und Vollmachten überschüttet hatte, den Präsidenten am 11. /12. März 1967 aller seiner Ämter enthob. In einer Sondersitzung im Juli 1966 war Sukarnos Ernennung zum Präsidenten auf Lebenszeit bereits zurückgezogen und die Übertragung der politischen Vollmachten an General Suharto bestätigt worden. Dennoch ließ Sukarno keine Gelegenheit vorübergehen, um bei Veranstaltungen, Botschafterernennungen u. dgl.seine alten politischen Prinzipien weiter zu verkünden. Darin konnten ihn auch die politischen Prozesse gegen seine Mitarbeiter Subandrio und Omar Dhani nicht hindern, bei denen viel Material über des Präsidenten Rolle beim Putschversuch zutage kam.

Die Hoffnung des gemäßigt auftretenden General Suhartos, der seit jener Schiksalsstunde am 1. Oktober 1965 die Macht verwaltet, der Präsident werde sich mit einer rein repräsentativen Funktion abfinden oder vielleicht doch noch ins Lager der „Neuen Ordnung" überwechseln, erfüllte sich nicht. Sukarno blieb der Ansicht, daß die neue politische Richtung in Indonesien ein abgekartetes Spiel der „Imperialisten" sei, deren Intrigen er nach einem lebenslangen unbeirrten Kampf nun schließlich doch zum Opfer gefallen wäre

Die neuen politischen Führungskräfte in Indonesien haben sich von der Zwangsvorstellung, daß die Welt in „Imperialisten" und „Antiimperialisten" geteilt sei, gelöst. Sie haben Frieden mit Malaysia geschlossen und im September vergangenen Jahres den Wiedereintritt Indonesiens in die Vereinten Nationen erreicht. Die profiliertesten Gestalten des neuen Indonesien sind neben General Suharto, der den drohenden Ausbruch eines neuen Bürgerkrieges durch seine besonnene Politik verhindern konnte, Außenminister Adam Malik, früher ein aktives Mitglied der Murba-Partei, danach lange Jahre Botschafter in der Sowjetunion, der den Willen Indonesiens zu einer echten Neutralität betont, und Sultan Hamengkubuwono, der seit der Gründung des Staates ein überzeugter Republikaner ist, ob-gleich er in weiten Kreisen der javanischen Bevölkerung wegen seiner hohen Abstammung noch fürstliche Verehrung genießt. Er verwaltet das Wirtschaftsressort.

Das Erbe der gelenkten Demokratie, das sie mit anderen realistisch gesonnenen Politikern übernommen haben, ist nicht leicht: Eine verheerende Wirtschaftslage, ein Schuldenberg von 2, 5 Milliarden Dollar und eine einseitig indoktrinierte Bevölkerung, die den Liberalismus als Teufeiswerk ansieht. Der Weg aus dem wirtschaftlichen und geistigen Dilemma wird schwieriger sein als der Abbau des Mythos eines Mannes wie Sukarno, von dem in den Augen der Bevölkerung der Wahju Tjakraningrat, „der Auftrag zur Herrschaft“, bereits in der Zeit des Mordens abgefallen ist.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Spezielle Literatur über die Freiheitsbewegung in der Zeit von 1908 bis 1942: J. Th. Blumberger, De nationalistische beweging in Nederlandsch Indie, Haarlem 1931; J. M. Pluvier, Overzicht van de outwikkeling der nationalistische beweging in ndonesie in de jaren 1930 tot 1942, Den Haag 1953; G. Mc. T. Kahin, Nationlism and Revolution in Indonesia, Ithaca N. Y. 1959 4; Ruth McVey, The Rise of Indonesian Communism, Ithaca N. Y. 1965; Robert Van Niel, The Emergence of the Modern Indonesian Elite, Den Haag 1960.

  2. Eine ausführlichere Darstellung der Entwicklung der Freiheitsbewegung und des Aufstiegs Sukarnos enthält das Buch des Verfassers: Sukarnos Kampf um Indonesiens Unabhängigkeit, Bd. 18 der Schriften des Instituts für Asienkunde in Hamburg, Frankfurt 1966, 295 S. Dort auch weitere Literatur und Quellenverweise auf dem Stande von 1965.

  3. Speziell zur japanischen Besatzungszeit in Indonesien s. H. J. Benda, The Crescent and the Rising Sun, Den Haag und Bandung 1958; M. A. Aziz, Japans Colonialism and Indonesia, Den Haag 1955; W. H. Eisbree, Japans Role in South-East-Asian Movements 1940— 45, Cambridge/Mass. 1953; B. R. O. -G. Anderson, Some Aspects of Indonesien Politics under the Japanese Occupation 1944— 45, Cornell University, Modern Indonesia Project-Interim Report Series, Ithaca N. Y. 1961.

  4. Diese Rede Sukarnos ist auch in englischer Sprache erschienen; s. Sukarno, Lahirnja Pantjasila — The Birth of Pantjasila, hrsg. vom indonesischen Informationsministerium, Djakarta 1952.

  5. Es ist die heute in Indonesien gültige Verfas-sung, die 1959 von Sukarno wieder eingeführt wurde. Aus diesem Anlaß ist sie von der indonesischen Botschaft in Bonn auch in Deutsch veröffentlicht worden. S. Informationen aus Indonesien, Bonn März 1959, Nr. VII/3, S. 3— 6.

  6. Grundlegend für die Zeit von 1945 bis 1949 ist das Buch von George Mc. T. Kahin, Nationalism and Revolution in Indonesia, vgl. Anm. 1. Die folgenden Ausführungen stützen sich daneben auf die jährlichen Reden Sukarnos zum Nationalfeiertag mit einem Überblick über die vorangegangenen Ereignisse (Ir. Sukarno, Dibawah Bendera Revolusi [Unter der Fahne der Revolution], II. Teil, Djakarta 1965 3) und auf die Schriften des langjährigen Verteidigungsministers General A. H. Nasution, besonders auf seine Sedjarah perdjuangan nasional dibidang Bersendjata (Geschichte des nationalen Kampfes der Streitkräfte), Djakarta 1966.

  7. A. Malik, Riwajat dan perdjuangan sekitar Pre klamasi kemerdekaan Indonesia 17 Augustus 1945 (Geschichte und Kampf um die Proklamation der indonesischen Unabhängigkeit v. 17. 8. 1945), Djakarta 1956’.

  8. Zu den Vorgängen zur Gründung der Union siehe ausführlich A. A. Schiller, The Formation of Federal Indonesia, Den Haag und Bandung 1955.

  9. Wichtigste Literatur für den Zeitraum 1950 bis 1957: Herbert Feith, The Decline of Constitutional Democracy in Indonesia, Ithaca N. Y. 1962; G. Mc. T Kahin, Indonesia, in: G. Mc. T. Kahin (ed.), Major Governments of Asia, Ithaca N. Y. 1963*, S. 535— 700; J. D. Legge, Central Authority and Regional Autonomy in Indonesia, A study in local admi-nistration 1950— 1960, Ithaca N. Y. 1961; Ruth Mc Vey (ed.), Indonesia, New Haven 1963, mit Beiträgen ü. a. zur Politik (Feith), Wirtschaft (Paauw), landwirtschaftliche Probleme (Peltzer) und zur Stellung der Chinesen (Skinner). — Zur sich wandelnden Sozialstruktur s. W. F. Wertheim, Indonesien Society in Transition, Den Haag 19592, sowie die Arbeiten von Clifford Geertz, z. B.: Peddlers and Princes, Social Change and Economic Modernization in Two Indonesian Towns, Chicago 1963.

  10. Speziell zur Rolle und Geschichte der PKI sind in den letzten Jahren wichtige Untersuchungen erschienen, z. B. A. C. Brackman, Indonesian Communism. A History, New York 1963; D. Hindley, The Communist Party of Indonesia 1951— 1963, Berkeley 1964; J. M. v. d. Kroes, The Communist Party of Indonesia. Its History, Program and Tactics, Vancouver 1965; R. T. McVey, The Rise of Indonesian Communism, a. a. O.

  11. Das vollständige Wahlergebnis s. z. B. bei Feith, Decline, S. 434 f.

  12. über die Zeit der gelenkten Demokratie in Indonesien gibt es noch keine verläßliche Gesamtdarstellung. Einführende Bemerkungen siehe b. H. Feith, Dynamics of Guided Democracy, in: R M Vey (ed.), Indonesia, S. 309— 547, und bei Kahin, Indonesia, S. 636— 687; verwiesen sei auch auf die Artikel in Pacific Affairs und Asian Survey, die sich oft gut fundiert mit Problemen der jüngsten indonesischen Politik beschäftigen. Das folgende Kapitel basiert jedoch auf eigenen Untersuchungen des Vers., auf regierungsamtlichen Publikationen, den Reden Sukarnos und des Chefideologen Ruslan Abdulganis, die mit geringen Ausnahmen nur m indonesischer Sprache publiziert worden sind. Zur ausführlichen Dokumentation verweist der Ven auf sein zur Zeit entstehendes Buch über das Ende der Ära Sukarnos in Indonesien.

  13. Der offizielle Umrechnungskurs sollte auf 1 Dollar = 315 Rupiah festgesetzt werden. Daneben wurden Sonderkurse für Touristen (500 Rupiah) und für den Handel (bis zu 800 Rupiah) vereinbart. Der schwarze Markt und die Preiserhöhungen (bis zu 5000/0 allein in den Verkehrsbetrieben) machte die Hoffnungen auf Stabilisierung jedoch schon bald zunichte (ausführlicher zu den Reformmaßnahmen s.: Far Eastern Economic Review, Hongkong 6. und 13. Juni 1963, S. 526 u. 600 ff.

  14. Dieses Kapitel fußt auf Gesprächen des Vers, während seines Aufenthalts in Indonesien mit Vertretern der Regierung, der politischen Parteien und des Heeres. Für Quellenbelege etc. verweist der Vers, auch hier auf sein z. Z. entstehendes Buch „Das Ende der Ära Sukamo in Indonesien".

  15. So Sukarno in einem Gespräch mit dem Verfasser am 25. Oktober 1966 in Djakarta; s. dazu ausführlicher den Artikel des Vers.: Gespräch mit Sukarno, FAZ vom 21. Januar 1967.

Weitere Inhalte

Bernhard Dahm, Dr. phil., geboren am 30. August 1932 in Brühlhof Krs. Altenkirchen, z. Z. Assistent am Historischen Seminar der Universität Kiel, vom Juni bis November 1966 Forschungsreise nach Indonesien, Teilnahme am Prozeß gegen Subandrio, Gespräche mit Politikern (auch mit Sukamo) und Militärs. Veröffentlichungen: Die Bedeutung der Bandung-Konferenz für die Entstehung des modernen Staatensystems in der Welt, Kiel 1960 (maschinenschriftlich); Sukarnos Kampf um Indonesiens Unabhängigkeit. Werdegang und Ideen eines asiatischen Nationalisten, Frankfurt und Berlin 1966 (holländische Ausgabe Meppel 1966, amerikanische Ausgabe Ithaca N. Y. 1967); in Vorbereitung: Das Ende der Ära Sukarno in Indonesien, erscheint 1967 in Tübingen.