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Linksradikalismus in der Bundesrepublik im Jahre 1967 | APuZ 30/1968 | bpb.de

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APuZ 30/1968 Linksradikalismus in der Bundesrepublik im Jahre 1967

Linksradikalismus in der Bundesrepublik im Jahre 1967

I. Die Ziele der deutschen Kommunisten

III. IV. V.

VI. VII. VIII.

IX. INHALT I. Die Ziele der deutschen Kommunisten 1. Die Anerkennung der SBZ als selbständiger Staat 2. Die „DDR“ als Sprecher der „friedliebenden und demokratischen Kräfte ganz Deutschlands"

3. „Demokratisierungsprozeß" und „Bündnispolitik" als Taktik 4. Kampf gegen das KPD-Verbot II. Die Methoden 1. Die Taktik der Aktionseinheit 2. Volksfrontpolitik a) Deutsche Friedens-Union b) Kampagne für Abrüstung — Ostermarsch der Atomwaffengegner c) Internationale der Kriegsdie쌘ْ?

Die Kommunisten verfolgten auch im Jahre 1967 zwei Hauptziele:

die Anerkennung des sowjetzonalen Regimes durch die Freie Welt sowie einen „Klassen-und Volkskampf" im freien Teil Deutschlands, durch den Staat und Gesellschaft schließlich in den „Sozialismus"

überführt werden sollen.

Diesen Zielen diente die gesamte gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichtete kommunistische Tätigkeit, die nach wie vor vom SED-Zentralkomitee geleitet wird. Unter seiner Führung sind der SED-Parteiapparat und die zahlreichen kommunistischen Organisationen in der Sowjetzone wie auch die illegale KPD gegen die Bundesrepublik tätig.

Insgesamt waren 1967 im Bundesgebiet 142 linksextreme Organisationen, darunter 7 Parteien und Wählergemeinschaften, 29 Jugendorganisationen und 106 sonstige Gruppen tätig. Die meisten von ihnen stehen unter kommunistischem Einfluß oder arbeiten mit kommunistischen Gruppen bei der Verfolgung ihrer politischen Nahziele zusammen. 1. Die Anerkennung der SBZ als „selbständiger Staat"

Die deutschen Kommunisten bemühten sich weiter, zunächst ihre Ausgangsbasis in der SBZ zu festigen. Die Führer der SED und die kommunistischen Agitationszentralen betonten im Jahre 1967 stärker als bisher die staatliche-Eigenständigkeit der DDR und bekämpften den „Alleinvertretungsanspruch' der Bundesregierung. Sie sagten eindeutiger als früher, eine Wiedervereinigung sei in absehbarer Zeit nicht möglich.

Die SED wies auf ihrem VII. Parteitag (17. — 22. 4. 1967) die Vorschläge der neuen Bundesregierung, Erleichterungen im menschlichen Bereich und auf wirtschaftlichem Gebiet zu schaffen, entschieden zurück. Sie benutzte den Parteitag vor allem dazu, ihre Macht in der SBZ zu stärken und der Bevölkerung ein eigenes Staatsbewußtsein aufzuzwingen. Dafür gab sie die Parole: „Nichts verbindet uns mit dem imperialistischen Westdeutschland, alles verbindet uns mit unserem sozialistischen Vaterland der DDR!"

Zum Jahresende faßte die SED-Führung das Verhältnis der beiden Teile Deutschlands in die Formel, die Bundesrepublik und die „DDR" seien zwei Staaten einer Nation. Sie stünden zueinander in einem völkerrechtlichen, nicht in einem staatsrechtlichen Verhältnis. Sie seien füreinander zwar keine ausländischen, d. h.fremdländischen Staaten, jedoch müßten auch für sie die im normalen zwischenstaatlichen Verkehr üblichen Regeln gelten: Die Bundesrepublik müsse die „DDR" völkerrechtlich anerkennen.

2. Die „DDR“ als Sprecher der „friedliebenden und demokratischen Kräfte ganz Deutschlands" Obwohl die SED einerseits ständig behauptet, die beiden Teile Deutschlands ständen sich als selbständige Staaten gegenüber, mischt sie sich weiter in die Angelegenheiten der Bundesrepublik ein.

Im Jahre 1967 beschränkte sich die SED nicht mehr darauf, zu verlangen, die „DDR" müsse „anerkannt" werden; sie erhob darüber hinaus den Anspruch, nur die „DDR“ sei die Bewahrerin des fortschrittlichen Erbes der deutschen Geschichte und die einzig rechtmäßige Vertreterin des ganzen deutschen Volkes. Bereits auf dem Neujahrsempfang 1967 des diplomatischen Korps hatte Ulbricht behauptet, die Politik der SED entspreche gleichermaßen den Interessen der Bürger der „DDR" wie auch der friedliebenden Bürger der Bundesrepublik. Insofern sei es als völlig berechtigt zu sagen, daß er nicht nur für die 17 Millionen Bürger der „DDR", sondern auch für die große Mehrheit der „Bürger der westdeutschen Bundesrepublik" eintrete. Vor dem VII. Parteitag der SED erklärte er, es sei die geschichtliche Aufgabe der „DDR", dazu beizutragen, daß auch Westdeutschland den Weg zur Überwindung von Militarismus und Imperialismus finde. Der KPD komme in diesem Kampf eine große Bedeutung zu. Schließlich ging Ulbricht in seiner Neujahrs-ansprache 1968 noch einen Schritt weiter, indem er sagte, die „Deutsche Demokratische Republik" und ihre Bürger würden ihre völkerrechtliche Verpflichtung anerkennen, den friedliebenden und demokratischen Kräften der westdeutschen Bundesrepublik bei der Erfüllung der vom Postdamer Abkommen gestellten Aufgaben politisch und moralisch zu helfen.

3. „Demokratisierungsprozeß" und „Bündnispolitik" als Taktik Die Kommunisten wollen dieses Ziel im außer-parlamentarischen revolutionären Kampf erreichen. In dem Bericht des Zentralkomitees der SED an den VII. Parteitag hieß es dazu, eine große, um die Arbeiterklasse gruppierte Bewegung für Frieden, Demokratie und Fortschritt solle die erforderlichen demokratischen Veränderungen in der Bundesrepublik herbeiführen. Das Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED hat diese Taktik in dem 1967 neu-aufgelegtenBuch „Imperialismus heute" dargestellt. In der Bundesrepublik könne der Sozialismus nicht direkt, sondern nur in Form einer stufenweisen Revolution erreicht werden. Zunächst sei es erforderlich, die Machtverhältnisse zu ändern, um im Kampf gegen den staatsmonopolistischen Kapitalismus eine neue Demokratie einzuleiten, die allmählich in die „sozialistische Etappe der Revolution" hinüberwachsen solle („Demokratisierung"). Das Ziel dieses Kampfes sei die Diktatur des Proletariats. Auf der Grundlage dieser Richtlinien sind SED und KPD seit einigen Jahren tätig.

Das sowjetzonale Staatssekretariat für westdeutsche Fragen veröffentlichte im Dezember 1967 einen Aufruf zur „Einigung der demokratischen fortschrittlichen Kräfte Westdeutschlands und für ihre Zusammenarbeit mit der DDR". Darin wird gefordert, neue Grundrechte seien zu schaffen, vor allem das Recht auf ein Leben frei von Militarismus und das Recht auf demokratischen Einfluß in allen Bereichen des politischen, sozialen und wirtschaftlichen Lebens. In Übereinstimmung mit diesem Aufruf des sowjetzonalen Staatssekretariats gab das KPD-Zentralkomitee im Dezember 1967 neue Weisungen für die politische Arbeit in Westdeutschland heraus. Darin wird erklärt, die Große Koalition habe kein Problem gelöst und die Klassengegensätze hätten sich verschärft. Das Steuer müsse deshalb „links herum" gerissen werden. Die Stunde der außer-parlamentarischen Opposition ist gekommen. In seinem Aufruf erklärte das Staatssekretariat für westdeutsche Fragen ferner, der Kampf um „demokratische Veränderungen" in der Bundesrepublik, vor allem auch der außerparlamentarische Kampf, sei notwendig und legitim. Alle „demokratischen fortschrittlichen Kräfte" müßten sich unter Führung der Arbeiterklasse zu gemeinsamen Aktionen und auf gemeinsame Ziele einigen.

Im Sinne dieser Bündnispolitik suchen die Kommunisten alle Arbeiter zur „Aktionseinheit der Arbeiterklasse" zusammenzuführen oder durch die Einbeziehung bürgerlicher Kreise Volksfrontpolitik zu betreiben, um sie ihren taktischen Zielen dienstbar zu machen. Die Kommunisten unterstützten alle außerparlamentarischen Aktionen, die politische Ziele verfolgen, die auch Kommunisten als ihre taktischen Nahziele betrachten. Günstige Ansatzpunkte dafür boten die Bewegung gegen die Notstandsgesetze, die Demonstrationen gegen den Krieg der USA in Vietnam und die Kampagne für Abrüstung (Ostermarschbewegung). 4. Kampf gegen das KPD-Verbot Die Kommunisten wissen, daß eine der Voraussetzungen, dieses Ziel zu erreichen, ihre

Fussnoten

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