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Manipulation -Kommunikation — Demokratie. Prolegomena zu einer Analyse von „Kapitalismus und Kommunikation' | APuZ 25/1969 | bpb.de

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APuZ 25/1969 Artikel 1 Manipulation -Kommunikation — Demokratie. Prolegomena zu einer Analyse von „Kapitalismus und Kommunikation' Neue Wege des politischen Engagements? Kritik als utopische Aktion

Manipulation -Kommunikation — Demokratie. Prolegomena zu einer Analyse von „Kapitalismus und Kommunikation'

Peter Glotz/Wolfgang R. Langenbucher

Der Manipulationsbegriff

Horst Heimann: Neue Wege des politischen Engagements?

Bruno Friedrich: Kritik als utopische Aktion

Die Fotos von der Jugendrevolte werden immer schöner; sie erscheinen im Kupfer-tiefdruck in den Illustrierten. Flatternde rote Fahnen über verzerrten jugendlichen Gesichtern, der Strahl des Wasserwerfers gegen die Abendsonne — die Revolution als Kunstgewerbe, vereinnahmt und verkauft, das Bild endet über einem Jungmädchenbett und die Revolte endet im Feuilleton. Anders ausgedrückt: „Totalitär ist nicht nur eine terroristische politische Gleichschaltung der Gesellschaft, sondern auch eine nichtterroristische ökonomisch-technische Gleichschaltung, die sich in der Manipulation von Bedürfnissen durch althergebrachte Interessen geltend macht." Soweit Herbert Marcuse.

Der Manipulationsbegriff beherrscht die Szene, teils in sehr allgemeiner Bedeutung — bezogen auf alle möglichen „manipulativen" Mechanismen der entwickelten Industriegesellschaft —, teils expressis verbis gezielt auf Massenkommunikation. Er wird zum wichtigsten Instrument der Demokratiekritik: er erklärt die sonst unerklärliche Zustimmung einer Mehrheit von Menschen in den westlichen Repräsentativdemokratien zu Herrschaftsverhältnissen, die eine Minderheit nicht ohne Berechtigung für ungerecht hält. Mit seiner Hilfe werden Wahlmechanismen, öffentliche Meinungsfreiheit und Pressefreiheit als formale Freiheiten charakterisiert; mit seiner Hilfe erweisen sich parlamentarisch-demokratische Verfassungsgarantien als Paravents vor der Wirk-lichkeit autoritär-kapitalistischer Herrschaft. Diese, auf dem Manipulationsbegriff aufbauende . kritische Theorie'ist heute keineswegs mehr eine gleichgültige, gesellschaftlich nicht relevante Marotte esoterischer Zirkel; sie bestimmt in der Bundesrepublik vielmehr — wenn auch nicht in Gestalt einer konsequent durchkonzipierten Theorie, wenn auch nicht erkenntnistheoretisch reflektiert — den intel-lektuellen Habitus einer wichtigen Gruppe. Man könnte diese Gruppe — dabei etwas generalisierend — mit Theodor Geiger die der „kulturvermittelnden Intelligenz" nennen: Journalisten, Buchhändler, Lehrer, Schauspieler. . . . Ihnen allen ist in Deutschland — oder sagen wir: vielen von ihnen — eines gemeinsam: sie schauen auf das Publikum, die Menge, den großen Haufen ein wenig herab. Die , Masse', so scheint ihnen, ist . manipuliert'— wobei das Wort in diesem Zusammenhang neu ist, die Theorie aber schon ziemlich alt.

Die Manipulationstheorie, heruntergekommen auf den bildungsbürgerlichen Hochmut, trivialisiert zur schnellfertigen Anklage gegen die Massenpresse — aber es ist unverkennbar die Manipulationstheorie: der Glaube an die Allmacht der Massenmedien, die fortschreitende Verblödung breiter Schichten und der Glaube an die kleine Elite, die sich der Manipulation entzieht — und zu der man selbst gehört.

Als Beispiel ein Journalist. Eines Morgens erscheint in der Redaktion der vom Verlag für teures Geld angeheuerte , Mediaspezialist‘ und berichtet über den von ihm durchgeführten ,Copytest‘: Er hat durch Befragungen festgestellt, welche Beiträge einer bestimmten Ausgabe von wieviel Lesern gelesen worden sind. Und er stellt fest — was Mediaspezialisten oft feststellen —, daß der lange Riemen Theater-kritik auf der Feuilletonseite von gar niemandem oder fast niemandem gelesen worden ist. Wie wird der zuständige Redakteur reagieren? Wie soll er reagieren?

Lassen wir alle Selbstverständlichkeiten beiseite, daß es in Zeitungen Teile, Bereiche, Ressorts gibt, die nur für Minderheiten gemacht werden, daß man für kulturelle Berichterstattung nicht die Leserquoten des Sportteils erreichen kann usw. Von all dem abgesehen, gibt es in der beschriebenen Entscheidungssituation zwei grundsätzlich verschiedene Haltungen; nennen wir sie der Einfachheit halber die . publizistische'und die Journalistische Der Redakteur kann nämlich sagen: Typisch, dieses manipulierte, vermasste, verpöbelte Publikum; jeden Artikel über Jacqueline Onassis fressen sie, aber die heilige Johanna der Schlachthöfe ist ihnen gleichgültig. Er kann auch sagen: Hier haben wir Fehler gemacht, eine Plankorrektur ist fällig. Offensichtlich reden wir mit unseren Themen und unserer Aufmachung an den Lesern vorbei — wir müssen die Leserbedürfnisse genauer erforschen und unser Feuilleton umstellen. Welches ist die „richtige" Haltung?

Hier — beim Problem der . Bedürfnisse', der empirisch feststellbaren Kommunikationsbedürfnisse nämlich — ist der entscheidende Punkt. Eine Kritik der Massenmedien in der Bundesrepublik Deutschland könnte an der gegebenen Verfassung — also vor allem dem Artikel 5 des Grundgesetzes — anknüpfen und die , Aufgaben'des Journalisten aus diesen Verfassungsgrundlagen ableiten. Die herrschenden Instanzen der Demokratie sind idealiter an den Willen der Mitglieder ihrer Gesellschaft gebunden; die empirischen Bedürfnisse und Interessen dieser Bürger, offenbart in Kauf-und Wahlakten, wären also die letzten sakrosankten Instanzen für die Rechtfertigung der so konstruierten sozialen Ordnung. Hier setzt aber der Zweifel ein — und die Kritik, unter anderem auch die Kritik mit Hilfe des Manipulationsbegriffes. Die Frage kommt unausweichlich: War das Deutschland der Konzentrationslager und der unbegrenzten Aggression, das Deutschland von 1937/38 nicht im Einklang mit jenen Bedürfnissen und Interessen einer überwältigenden Mehrheit? Wofür können diese Bedürfnisse’ Richtschnur sein? Anders gefragt: Sind die , Kommunikationsbedürfnisse'der Deutschen von 1969 nicht nur das Produkt ihrer Umwelt, das Ergebnis jahrhundertealter Herrschaft, jahrzehntealter Manipulation durch den Herrschaftsapparat der Massenkommunikationsmittel? Was ist also der Publizist, der sich weigert, jene Bedürfnisse zu befriedigen — arroganter Verächter der Gesellschaft oder nicht doch der einsame Partisan der Menschlichkeit, der sich den inhumanen, gezüchteten Bedürfnissen einer Mehrheit versagt: die große Weigerung?

Eins ist klar: Der „Abbruch des Rechtfertigungsregresses" bei den empirischen Bedürfnissen ist ebenso irrational wie die Berufung auf die gottgewollte Ordnung oder das Gesetz der Geschichte. Die Berufung auf die Bedürfnisse bedarf der rationalen Erörterung — hier muß die Analyse einsetzen.

Ein Teil dieser Erörterung wird mit den Mitteln der empirischen Wissenschaft erfolgen können. Eine Kritik des Manipulationsbegriffes verlangt die Erkenntnisse der Kommunikationsforschung — der „sogenannten Kommunikationsforschung" wie Theodor Adorno, offenbar im Anklang an die Rede von der „sogenannten DDR", formuliert. Sogenannt oder nicht, wer sich ernsthaft mit dem Problem auseinandersetzen will, wird nun einmal mehr zur Kenntnis nehmen müssen als nur die Bücher des amerikanischen Kulturkritikers Vance Packard die Herbert Marcuse in seinem Buch vom „eindimensionalen Menschen" allein als Belege für die Manipulationshypothese zitiert, obwohl diese Hypothese für seine ganze Argumentation doch konstitutiv ist. Und er wird auch daran zweifeln, ob die folgende Maxime — auch von Marcuse — vernünftig ist. Nach dem Hinweis auf die „hohe Bedeutung" der Packardschen Bücher sagt er nämlich: „Vielleicht verschafft man sich das durchschlagendste Beweismaterial dadurch, daß man einfach ein paar Tage lang jeweils eine Stunde das Fernsehprogramm verfolgt oder sich das Programm von AM-Radio anhört, dabei die Reklamesendungen nicht abstellt und hin und wieder den Sender wechselt."

Das klingt so gelassen, hat so gar nichts vom fremdworthaltigen Übereifer der „Fliegenbeinchen-Zähler" (also der Empiriker). Es klingt besonnen, ruhig, sympathisch. Leider ist es aber trotzdem eher eine Aufforderung zur Reproduktion der jeweiligen Vorurteile als eine Anweisung, wie man am sinnvollsten Erkenntnisse über Massenkommunikation sammeln kann. Es erinnert ein wenig an die netten, älteren Herren, die man auch heute noch manchmal trifft und die einem mit einer gewissen Emphase versichern, daß sie sich nie einen Fernsehapparat anschaffen würden — das störe ihr Privatleben und verwirre den Kanarienvogel. Nichts gegen diese älteren Herren; auch sei sofort konzediert, daß man die Argumente von Männern vom Range Adornos oder Marcuses nicht mit kleinen methodischen Bosheiten vom Tisch räumen kann. Aber eines ist doch festzuhalten: Wer Manipulation'am Werke sieht, muß diese mit anderen Mitteln nachweisen; „ein paar Tage lang jeweils eine Stunde das Fernsehprogramm" zu verfolgen, wird dazu nicht ausreichen.

Natürlich: Die Kommunikationsforschung allein kann das zentrale Problem von Manipulation'und Kommunikationsbedürfnissen, jene Grundfrage für jede journalistische Ehtik, nicht lösen. Was sie vermag: zu zeigen, wo der Begriff zur Rechtfertigungsideologie einer in sich selbst verliebten Publizistik wird; wo die Rede von der Manipulation'die Erkenntnis des Ablaufs von Informations-und Meinungsbildungsprozessen mehr verhüllt als fördert. Sie kann das pseudosoziologische Geschwätz (das zuweilen auch Soziologen produzieren) wegräumen — mehr nicht. Der eigentliche, keineswegs entschiedene Konflikt — der Konflikt zwischen dem Konzept der erzieherischen Diktatur und dem der offenen, experimentellen Politik — ist „empirisch", das heißt, mit dem Wissen, das uns heute zur Verfügung steht, nicht aus der Welt zu schaffen. Aber man kann ihn sichtbar machen; heute wird er — z. B. wenn es um die Presse geht — noch allzuoft verdeckt von dem vordergründigen Streit zwischen smarten Verbandsjuristen und allzu schlampig denkenden Hegelianern.

Vor der kritischen Analyse ist eine Bemerkung zum unproblematischen Gebrauch des Wortes Manipulation'notwendig. Manipulieren'heißt — wörtlich übersetzt — . handhaben', . etwas bearbeiten'. In diesem Sinne läßt sich von . Nachrichtenmanipulation'sprechen. Sie findet täglich in allen Redaktionen statt, um aus der Fülle der angebotenen Informationen les-oder hörbare Nachrichten zu machen. Dabei hat das Wort zunächst keinen negativen Akzent. Er kommt erst hinzu, wenn aus der Redaktion der Nachrichten ihre Verfälschung wird, wenn Nachrichten verzerrt und unterdrückt werden, wenn statt Information bewußt systematische Verschleierung getrieben wird, wenn wissentlich und vorsätzlich falsch ausgewählt und unzulässig vereinfacht wird. Eine Intensivierung solcher Nachrichtenmanipulation liegt häufig in wohlgeplanten Kampagnen vor, wenn ein Minister auf-oder abgebaut'werden soll, wenn für irgendeine Person oder Sache Stimmung gemacht wird. Wer unsere Presse einigermaßen kritisch liest, wer politische Fernsehsendungen aufmerksam verfolgt, der könnte eine Dokumentation von beträchtlichem Umfang vorlegen, Beispiele solcher — bewußt und unbewußt — vollzogener Manipulationen. Für die Blätter des Springer-Verlages hat Hans Dieter Müller reiches Anschauungsmaterial in seiner kritischen Studie über diesen Konzern zusammengetragen und nachgewiesen, wie etwa aus der „Bild-Zeitung" in vielen Fällen eine „Spielart massiver Massenpropaganda" gemacht wurde. Aber derartige Studien, systematisch betrieben mit den wissenschaftlichen Methoden der Inhaltsanalyse, könnten kaum den totalen Manipulationensverdacht stützen; sie müßten modifizieren und differenzieren, müßten Pauschalurteile zerstören, müßten nicht selten auch Links wohl angesehene Blätter und Sendungen auf die Anklagebank setzen.

Rational und kritisch auf die Wirklichkeit angewandt, könnte so allerdings der Begriff Manipulation'erhellend sein. Aber derartiges leistet die gängige Kritik gerade nicht. Indem sie . grundsätzlicher'ist, verstellt sie mehr als klärt. Thesen der Manipulationstheoretiker Innerhalb der Manipulationstheorie lassen sich drei Hypothesen voneinander unterscheiden, die empirisch überprüfbar sind. Für jede dieser Thesen wäre eine Flut von Belegen zu zitieren: , Manipulation'ist zur Zeit ja so modern wie Maxi-Look, soul und underground-cinema. Wir beschränken uns auf wenige typische Zitate von prominenten Kritikern der Sozialordnung in der Bundesrepublik.

Erste These: Die kapitalistische Struktur unseser Presse macht die Nachrichten zur „Ware" und demoliert sie so; das Modell „wirtschaftlicher Wettbewerb" ist a priori nicht in der Lage, die „geforderten Leistungen" zu erbringen. Die Massenkommunikationsmittel präformieren das Bewußtsein ihrer Rezipienten und schaffen eine geistige Vereinheitlichung im Sinne der Herrschenden, sie vernebeln das Denken. Vor allem durch die Werbung schaffen die Medien Bedürfnisse, die den Menschen wiederum in Abhängigkeit zum kapitalitischen System bringen.

So Werner Hofmann: „Der gesellschaftliche Sinn der Presse, die Vermittlung von Material der Meinungsbildung, ist eingeordnet einem der Sache ganz fremden, ja der Sache widersprechenden privatwirtschaftlichen Zweck: der Erwirtschaftung von Gewinn. Die Verbreitbarkeit der Ware bestimmt daher Auswahl, Inhalt und Darstellungsform des Angebots. Und das Angebot selbst schafft sich seine Nachfrage: Das Gesetz der Massenproduktion wird zum Gesetz des Massengeschmacks; und in der Erniedrigung des Lesers kehrt das Bedürfnis der Produktion als ein Bedürfnis der Nachfrage selbst wieder, das nach Befriedigung schreit."

Oder Herbert Marcuse: „Geistige Freiheit (würde) die Wiederherstellung des individuellen Denkens bedeuten, das jetzt durch Massenkommunikation und -Schulung aufgesogen wird, die Abschaffung der . öffentlichen Meinung'mitsamt ihren Darstellern."

Zweite These: Das System der Massenkultur im Kapitalismus bewirkt eine „Regression" des Bewußtseins: die Menschen denken, überlegen, reflektieren immer weniger. Sie lesen weniger (und starren nur noch ins Fernsehgerät), sie lesen immer Schlechteres (verführt durch den „Massengeschmack", die Buchgemeinschaften, Heftchenreihen usw.), sie werden geistig uniformiert.

So wieder Werner Hofmann: „Die Presse erzeugt die fortgesezte Verpöbelung des Geschmacks, des Intellekts, des Urteils . .. Mit der geistigen Verarmung und moralischen Verrohung ihres Publikums allerdings gefährdet die Presse eben jene Grundlage, auf der sie im ganzen ruht. Ein geistig verkümmertes Publikum bringt schließlich auch die relativ . intellektuelle'Leistung des Lesens nicht mehr auf. Es wendet sich Medien der Meinungsindustrie zu, welche die Sinne nachdrücklicher reizen und die Kunst des Lesens nicht mehr erfordern: In das Erbe einer Presse der Analphabeten tritt das Fernsehen ein."

Oder Jürgen Habermas: „Umgang mit Kultur übt, während der Verbrauch der Massenkultur keine Spuren hinterläßt; er vermittelt eine Art von Erfahrung, die nicht kumuliert, sondern regrediert."

Und Rudi Dutschke: „Die wesentlichen Träger der Manipulation und Anpassung sind die Massenmedien. Massenzeitungen sind noch immer die bedeutendste Indoktrinierungsebene. So ist es gelungen, durch langjährige funktionale Manipulation die Menschen auf die Reaktionsweise von Lurchen zu regredieren." Dritte These: Der Manipulation, Verpöbelung und Vermassung ist nur entgegenzuwirken, indem man die (vorher erzeugten) falschen Bedürfnisse eben nicht befriedigt, sondern sich an den wahren Bedürfnissen orientiert.

So Richard Burkhard: „Im geistigen Bereich ist das Niveau nur zu heben, wenn der auch hier nach Bequemlichkeit und Leichtverdaulichkeit trachtende Publikumsgeschmack positiv korrigiert wird. Das ist aber nur möglich, wenn ein negativer Wettbewerb der Anbieter unterbleibt . . . Springer hat mit seiner BILD-Zeitung das Volk im Zustand der Unreife gelassen und diese Unreife noch gefördert. Er gibt jeden Tag Millionen Staatsbürgern das Gefühl, eine Zeitung zu lesen, die in Wirklichkeit gar keine ist. Er hat sie damit davon abgehalten, wirkliche Zeitungen zu lesen."

Oder Theodor W. Adorno „Die Millionen Menschen, welche die auf sie zugeschnittene Massenkultur konsumieren, die sie eigentlich erst zu Massen macht, haben kein in sich einheitliches Bewußtsein. Sie ahnen, vorbewußt, unterhalb einer dünnen ideologischen Schicht, daß sie vom Titelblatt jeder illustrierten Zeitung, von jedem zellophanverpackten Schlager betrogen werden. Wahrscheinlich bejahen sie, womit man sie füttert, so krampfhaft, weil sie das Bewußtsein davon abwehren müssen, solange sie nichts anderes haben.“

An dieser Kritik fällt zuerst auf, daß sie quer durch die politischen Lager geht, quer auch durch fünfzig und mehr Jahre deutscher Sozialgeschichte. Was sich bei Habermas an Kritik der Buchgemeinschaften und des Massengeschmacks steht bei dem findet, genauso Konservativen Georg Ramseger. Was Werner Hofmann über das System der privatwirtschaftlichen Presse sagt, steht — in anderem Jargon, aber sachlich gleich — bei Herbert Krüger dessen Staatslehre nun gewiß nicht links ist. Rudi Dutschke trennen Welten von Joachim Bodamer oder Thomas Regau — beim Thema Manipulation aber sind sie sich einig.

Deshalb eine notwendige kleine Erinnerung: „Die nach Volksgunst lüsterne Presse predigt den Glauben an die Sinne; die tiefste Welt-weisheit ist die an den Geist. Die nach Volksgunst lüsterne Presse predigt den Atheismus; die tiefsten Denker aller Zeiten waren Gottes-gläubige. Nicht die Lebensphilosophie Erlöster und Erlauchter wird verkündet, sondern die der Bequemsten, Anspruchlosesten. So jagt heute die Kapitalistenpresse mit der Gebärde des Messias als Eroberer durch die Lande der Seele — aber indem sie Lüge, Egoismus, Materialismus propagiert, begründet sie im Bereich der Menschenseele Todesfelder, gegen die Marengo und Austerlitz, Jena und Auerstädt Kinderspiele sind.“ So eine katholische Kulturkritik aus dem Jahre 1906 von Joseph Eberle.

Eine katholische Kulturkritik nach dem Zweiten Weltkrieg von Paul Sackarndt: „Kaum eine Großstadt verfügt heute nicht über e i n moralisch bindungsloses und an-reißerisches Blatt, und diese nach Kriegsende neu aufwuchernden Infektionsherde erreichten schon in wenigen Jahren einen Sättigungsgrad der Suggestionswirkung, der nicht mehr zu steigern ist. Ihre Fotos zielen auf Neugier, nervliche Emotion, Triebhaftigkeit — reine Oberflächenreize mithin, unter denen Vernunft, Eigenmeinung, überhaupt Gedankliches nicht mehr herauldringen."

Kein Mißverständnis: selbstverständlich trennen Welten die Neue Linke von der konservativen Kulturkritik der Jahrhundertwende, dem katholischen Ressentiment gegen die Industriezivilisation. Antikapitalismus . verbindet'noch nicht.

Das Gemeinsame ist eher der Versuch, sich gegen bestimmte Erkenntnisse zu immunisieren: die unbeirrbare Anhänglichkeit an die wissenschaftliche Tradition der Massenpsychologie, der Tarde, Sighele, Le Bon. Le Bon hatte die Massen beschworen und gepredigt, „wie unfähig diese sind, Meinungen zu haben, außer jenen, die ihnen eingeflößt wurden" Die „Masse“ sei „Spielball aller äußeren Reize, deren unaufhörlichen Wechsel sie widerspiegelt. Sie ist also die Sklavin der empfangenen An-regungen." Das ist die Grundstruktur der Argumentation; sie wird seit 1895 — dem Erscheinungsjahr der „Psychologie des Foules" — variiert. Aber sie wird auch durch beharrliches Nachbeten nicht richtig. Was die Wissenschaft zum Ablauf von Kommunikationsprozessen zusammengetragen hat, legt es zwingend nahe, die . Manipulations'-Theorie zurückzuweisen. Diese wissenschaftlichen Überlegungen . beweisen’ weder die Richtigkeit des institutionellen Systems von Repräsentativdemokratie und Verkehrswirtschaft, noch widerlegen sie die radikale Alternative — wie sollten sie. Sie machen es aber unmöglich, von . Manipulation'in dem Sinne zu reden, der heute üblich zu werden beginnt.

Manipulation und Erziehung . Manipulation'— der Begriff hat einen Vorgänger, einen Bruder im Geiste. Das war der Begriff der „Propaganda". Wie trennt man , Erziehung'von . Propaganda'? Bewirkten die deutschen Lesebücher — bis vor kurzem noch vollgestopft mit verlogenen, hinterhältig idyllischen Geschichten — . Erziehung'oder . Propaganda'? Peter R. Hofstätter meditierte darüber schon 1949:

„Um so merkwürdiger scheint es mir, daß Erziehung überall in allerhöchstem Ansehen steht, während der Propaganda niemand auch nur ein einziges gutes Wort widmen will. Sollte es nicht so sein, daß der Betrachter sein eigenes Wertsystem darüber zum Richter setzt, welche Ziele der Verhaltensbeeinflussung als wertvoll (erzieherisch) und welche als irreführend (propagandistisch) gelten sollen?"

So ist es: Was man selbst treibt, nennt man Erziehung, was die anderen tun, ist Manipulation'. Von der ersten bis zur letzten Minute seiner Existenz wird auf das Verhalten des Menschen von seifen der Umwelt eingewirkt; der Mensch als „ens sociale" — da steckt die . Manipulation'schon in der Definition. Kaspar Hausers Freiheit ist die einzige Alternative: es ist die Freiheit lebenslanger Isolierung, die Alternative des Ziegenstalls.

Möglich wird dieses Spiel mit Worten natürlich, wenn man die richtige Erkenntnistheorie hat. Verhaltensbeeinflussung in der Repräsentativdemokratie ist imperialistische Manipulation, Verhaltensbeeinflussung durch die Zensurinstanzen des kommunistischen Staates ist Erziehung — so definiert ein DDR-Autorenkollektiv „Man muß zwischen Manipulierung und sozialistischer Bewußtseinsbildung und Bewußtseinslenkung streng unterscheiden. Das wesentliche der sozialistischen Bewußtseinsbildung besteht darin, den Volksmassen ein solches Bewußtsein zu vermitteln, das sich in Übereinstimmung mit ihren objektiven Interessenbefindet und sie zur Erfüllung ihrer historischen Mission in unserer Epoche befähigt. Erziehung zum sozialistischen Bewußtsein ist bewußte Lenkung zur Übereinstimmung von objektiven Interessen und subjektivem Meinen und Wollen des Volkes." Die Unterscheidung (objektive Interessen — subjektives Wollen und Meinen) stammt nahezu wörtlich aus Hegels Rechtsphilosophie Die Erkenntnistheorie, die es ermöglicht, die „objektiven Interessen" zu kennen, ermöglicht klare Definitionen. Doch davon später.

Manipulationstheorie und Wirkungsforschung

Die frühen Manipulationen Eine der wichtigsten Erkenntnisse von Medizin und Psychologie der letzten fünfzig Jahre bezieht sich auf die frühkindliche Entwicklung des Menschen. Heute wissen wir, daß die Weichen weit früher gestellt werden, als man vordem glaubte. Adolf Portmann sagt: „Manipulation ist ein Grundphänomen unseres Mensch-seins. Das Geschick des Neugeborenen führt uns das drastisch vor Augen. Dieses Neugeborene, das in die Welt seiner Gruppe hineinwachsen muß, ist ja völlig von der Hilfe seiner Gruppe abhängig: Manipulation ist der einzige Weg, auf dem das Kind zum vollwertigen Menschen werden kann."

Die Dressur zur Hygiene, die Aneignung der Sprache: hier fallen die Entscheidungen. Port-mann macht deutlich, wieviel durch den Zwang zum . richtigen'Sprachgebrauch erreicht, wie-viel aber auch (an Varianten der Lautgebung, über die das Kind frei verfügt) verschüttet wird. Die Gruppe vermittelt eine Fülle von Stereotypen an das Kind, das ohne sie nicht auskommen könnte. Es lebte ohne diese Stereotypen im ständigen Spannungszustand des „Ich weiß nicht" den es nicht ertragen könnte.

Der Mensch, der der Massenkommunikation ausgesetzt wird, ist so schon tausendfach vor-geprägt, immunisiert gegenüber den einen Impulsen, empfänglich gegenüber anderen.

Die Modellvorstellung der Manipulationstheoretiker stand interessanterweise vor Jahrzehnten auch am Anfang der Kommunikationsforschung. Man ging vom Bild eines allmächtigen Mediums aus, das seine Botschaft an eine , atomare Masse'richtet. Diese „grobe, stereotype Vorstellung von der Allmacht der . Massenmedien'und ihrer , Hammelherde Massengesellschaft'" mußte Stück für Stück aufgegeben werden Von Forschung zu Forschung drängte sich klarer die Erkenntnis auf, daß es das vermutete direkte Ursache-Wirkungsverhältnis zwischen Medium und Publikum nicht gibt. Immer mehr Faktoren wurden entdeckt, die zwischen der Wirkung der Massenmedien und der Reaktion des einzelnen stehen, Faktoren, die die tatsächliche Wirkung beim Empfänger stärker bestimmen als . Aussage'und Absicht des Senders. So mußte die ursprüngliche Vorstellung, die heute im Manipulationsbegriff Wiederaufstellung , feiert', völlig aufgegeben werden. Man könnte diese Einsichten auch so ausdrücken: Die Benützer von Massenkommunikationsmedien schützen sich deren Einflüssen gegenüber-durch selektives Verhalten. Bei der Zuwendung zum Medium, beim Erkennen und Verstehen, beim Behalten — überall finden ständig Auswahlvorgänge statt.

Als man nach den Ursachen dieses individuellen Auswahlverhaltens fragte, stieß man auf Tatsachen, die seitdem unter dem Titel „die Wiederentdeckung der Primärgruppe" gesicherter Bestandteil jeder Kommunikationstheorie sind. Natürlich hatte niemand das Vorhandensein von Primärgruppen (Familie, Clique, Stammtisch, Freundschaft am Arbeitsplatz etc. etc.) vergessen, aber man hatte ihre Bedeutung für das Verständnis des Kommunikationsprozesses übersehen; man hatte nicht an die Möglichkeit gedacht, daß die Gruppenstruktur der Gesellschaft das Verhalten gegenüber den Massenmedien bestimmen könnte.

Eine theoretisch fundierte, aber auch kritische Zusammenfassung dieser Erkenntnisse über die „gesellschaftlichen Wirkungen der Massenmedien" hat der Soziologe Friedhelm Neidthardt gegeben. Diese Einsichten lassen sich in der These zusammenfassen, daß „die grundlegenden Meinungen der Individuen auf Informationen, welcher Quellen sie auch beruhen, überwiegend in seinen Primärgruppen (d. h., z. B. in den Familien, in Freundschafts-, Nachbarschafts-und Kollegengruppen) entstehen und ausgeprägt, gefördert, kontrolliert und verändert werden, und zwar im Sinne der jeweiligen Interessen, Werte und Normen dieser Gruppe und ihrer Mitglieder. Solche Gruppen sind in fundamentalem Maße die Primärinstanzen des einzelnen, und in dieser Rolle üben sie Funktionen auch im Prozeß der Massenkommunikation aus."

Friedhelm Neidthardt zieht aus diesen „sicheren empirischen Belegen" eine Reihe von Konsequenzen, die die Naivität aller Manipulationsthesen genau treffen: „Ein sozialer Pluralismus der Gesellschaft produziert derart einen Pluralismus der subjektiven . Erfahrung zweiter Hand', selbst wenn diese durch ein relativ monistisches System der organisierten Massenkommuniation vermittelt werden . . . Damit wird also angenommen, daß diese Primärgruppen eine normative Kraft besitzen, welche jene der Massenmedien übertrifft ... So ergibt sich, daß eine Pluralität von Primärgruppen eine Pluralität von subjektiven Meinungen und Verhaltensweisen selbst gegenüber dem relativ homogenen Informations-und Meinungsstrom der Massenmedien durchsetzen kann. Durch Primärgruppenintervention in den Prozeß der Massenkommunikation wird der Uniformitätsdruck der Massenmedien zurückgedrängt und aufgefangen. Hier wirken die Gegenkräfte . . . Solange Menschen in unserer Gesellschaft an die Dimension des Raumes gebunden sind, solange sie Mitglieder von Gruppen sind, in denen ihre Werte, Neigungen, Interessen, Meinungen und Gefühle ausgeprägt und sie selbst . sozialisiert'werden: solange findet der Einfluß der öffentlichen Meinungszentralen einen Widerstand." Diese Grundeinsichten werden durch viele Details belegt. Ein paar müssen noch erwähnt werden, weil sie die elementaren Fehler der Manipulationsideologen bloßlegen. Der noch immer vollständigste Überblick findet sich in einem Buch von J. T. Klapper.

Seine wichtigsten Thesen: 1. „Menschen neigen durchweg dazu, nur solche Dinge zu lesen, anzuhören oder anzusehen, die Auffassungen vertreten, mit denen sie selbst sympathisieren, und gehen Kommunikationen aus dem Wege, die eine andere Färbung haben." 2. „Menschen, die einer Kommunikation ausgesetzt werden, mit der sie nicht einverstanden sind, verzerren die Aussagen nicht selten, so daß sie am Ende die Darstellung so aufnehmen, als stimme sie mit dem eigenen Standpunkt überein." 3. „Massenkommunikation kann die Standpunkte von Menschen kaum verändern. Im Gegenteil, sie wird die bestehenden Auffassungen bestätigen und bestärken. Die typischen Wirkungen der Massenkommunikation sind bestätigender Natur." 4. „Massenkommunikation kann Ideen, Geschmacksrichtungen, Wertungen oder Verhaltensformen ihres Publikums verändern, wenn die Leser oder Hörer auf eine Änderung vorbereitet, für einen Wandel prädisponiert sind." 5. „Die gesellschaftlichen Auswirkungen der Massenkommunikation werden daher in erster Linie davon abhängen, wie die gesamte Gesellschaft — insbesondere Einrichtungen wie Familie, Schulen und Kirchen — die einzelnen Glieder des Publikums prägt."

Auf dem Prüfstand der Wissenschaft bleibt so von den Manipulationsthesen nicht viel übrig. Wer das Manipulationsmodell beibehalten* will, müßte diese Einsichten berücksichtigen, falls er in einer kommunikationswissenschaftlichen Diskussion ernst genommen werden will. Die Fehler resultieren freilich nicht nur aus kommunikationswissenschaftlicher Unkenntnis, sondern viel allgemeiner und weiter aus unkritischer Tradierung der Massenpsychologie ä la Le Bon, Ortega und einem Dutzend Jünger dieser Schule. Ihre Kritik hat die moderne Sozialpsychologie geleistet. Peter R. Hofstätters Zusammenfassung in seinem Bändchen „Gruppendynamik" ist zwar schon mehr als zehn Jahre alt, heute aber von dringlicherer Aktualität als damals. Im Zeichen des Begriffes . Manipulation'taucht heute das „Teig-Modell" der Gesellschaft wieder auf: jene auf Le Bons Sprachexegese zurückgehende Vorstellung, die , Masse'lasse sich willkürlich kneten und finde erst in der . Vergewaltigung'durch einen Führer ihre eigentliche Befriedigung: „Die Rede von Massen und Vermassung entstammt, wie ich glaube, einer Unfähigkeit, das Wesentliche sozialer Gebilde gedanklich zu erfassen. Es bedarf dazu des Begriffs der Gegenseitigkeits-Relation zwischen Rollen. Seit Pareto darauf hinwies, daß es sich im sozialen Geschehen öfter um Interdependenz-Verhältnisse handelt als um einseitige Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge, liegt diese so dringend erforderliche Denkkategorie bereit. Gehlen hat diesen Sachverhalt sehr scharf herausgearbeitet: . Anthropologisch ist Reziprozität als Steuerung des Verhaltens vom Verhalten der anderen her eine ganz fundamentale Kategorie.' Niemand, mag er nun da oder dort im Leben stehen, kann agieren, ohne sein eigenes Handeln beständig an dessen Resultaten zu verfolgen und sich damit vom Gegenstand seines Handelns her kontrollieren zu lassen. Das gilt von den scheinbar einfachsten Vollzügen, dem Gehen und Kneten, nicht weniger als vom Zusammenspiel mit Menschen. Dabei wird auch klar, daß jeder Handlungsentwurf bereits seinen Erfolg und seine Gegenwirkung als Erwartung vorwegnimmt, um sich an der Diskrepanz zwischen dem beobachteten Erfolg und der gehegten Erwartung zu formen.

Wo Menschen auf Menschen Einfluß nehmen, ist die Gegenseitigkeitsrelation im Spiel; das gilt schon vom Verkehr mit Ausdrucksgesten und Worten und erst recht, wenn Anregungen ausgetauscht werden. Gruppenen haben nie anders funktioniert, auch wenn die Beschrei-B bung ihres Funktionierens zu Zeiten diesem Sachverhalt keine Gerechtigkeit widerfahren ließ."

Es muß schon an dieser Stelle ausdrücklich vermerkt werden, daß diese Wirkungseinsichten auch presserechtliche, ja verfassungsrechtliche Konsequenzen haben. Darauf weist Peter Schneider in einem Gutachten über „Pressefreiheit und Staatssicherheit" eindrucksvoll hin: „Es ist ausgeschlossen, den intraindividuellen , privaten'Meinungsbildungsprozeß vom trans-individuellen . öffentlichen'Meinungsbildungsprozeß begrifflich zu isolieren und einen Wesensunterschied zwischen der allgemeinen Meinungsäußerungsfreiheit und der Pressefreiheit zu konstruieren. Die . Interdependenz'zwischen beiden Prozessen ist normativ gefordert und faktisch gegeben. Eine Behinderung des ersten erwirkt eine solche des zweiten und umgekehrt. Vor allem auch die demokratischen Funktionen, die mit der Pressefreiheit verbunden sind, können ohne die Existenz intraindividueller Meinungsbildungs-und Kommunikationsprozesse nicht gedacht werden. Wer die Träger des intraindividuellen Meinungsbildungsprozesses lediglich als passive Reproduzenten dessen auffaßt, was z. B. in den Tageszeitungen an Meinung produziert wird, leugnet im Grunde die Möglichkeit der freiheitlichen Demokratie."

Vermassung und Verpöbelung?

Nach diesem Exkurs in die empirische Kommunikationsforschung ist eine Erinnerung nützlich — eine Erinnerung, die nochmals das Porträt des Menschen vorstellt, wie ihn die linke und rechte Manipulationsideologie zeichnet.

Nehmen wir als Beispiel die Kritik der Massenpresse, der Zeitungen vom Typ „Daily Mail", „Bild" oder der Illustrierten.

Der Leser dieser Presse muß der leibhaftige Anti-Mensch sein. Dieser Typ ist — wie es heißt — eine „millionenfache Züchtung", Produkt eines „Kolportagejournalismus", der Talmiglanz verbreitet, der eine Ersatzmoral predigt, der die „Orgien der Unmoral" entfesselt, der die „Unterwelt der Triebe und Instinkte" freisetzt, den eine „unaufhaltsame Entseelung" vorantreibt, der vom Denken entlastet, der das „Menschsein auf Bauch und mechanisches Funktionieren reduziert". Die Folge solch „brutaler Adaption an den Massengeschmack" und solch „frivoler Verhätschelung der bösen Massentriebe" ist natürlich „Vermassung", ist ein unselbständiger Massenmensch, ist das „unaufhaltsame Fortschreiten der Entpersönlichung", ist ein „verblödeter, autoritätshöriger" Konsumbürger. Eine „Tyrannei der Manipulation" hat die Hirne von Millionen Lesern „gleichgeschaltet", hat sie „geistig entmündigt" und hat Menschen zu , Lurchen'entarten lassen Wem sein Leben lieb ist, der wird peinlichst vermeiden, diesem Ungeheuer zu begegnen.

Die Massenpresse steht nicht allein im Kreuz-feuer dieser Kulturkritik. Gleiches ließe sich zitieren über die seit dem 18. Jahrhundert erfolgreiche Unterhaltungsliteratur, über die populäre Musik, über das Fernsehen, über den Schlager — kurz: über all die vielen Erscheinungen einer Populär-oder Massenkultur, wie sie in allen Industriezivilisationen in den letzten zweihundert Jahren entstanden ist. Und an dieser Massenkultur ist jeder beteiligt. Ob man nun die Illustrierten nimmt, die , Bild'-Zeitung oder das Fernsehen: Studien über die Publikumsstruktur ergeben in allen Fällen, daß sich ihre Publika fast überhaupt nicht von der Struktur der Gesamtbevölkerung unterscheiden. Das gilt es mit allen Konsequenzen — auch allen politischen und moralischen Konsequenzen — zu sehen. Wer diese Massenkultur denunziert, denunziert ihre Konsumenten. Der so Abgekanzelte ist — übrigens — mit jenem , common man'identisch, auf den sich die Demokratie als , mündigen'Staatsbürger beruft.

Vor dem Flintergrund dieser Erkenntnisse und Überlegungen kann nun ein zentraler Bestandteil der Manipulationstheorie kritisch unter die Lupe genommen werden: die . Regressionshypothese'. Ihre knappste Fassung haben wir oben aus einem Buch von Jürgen Habermas zitiert (vgl. Zweite Manipulationsthese). Drei Irrtümer bestimmen die . Regressionshypothese' vor allem:

Der erste Irrtum: Diese Kritik ist historisch kurzsichtig. Ihre Argumente beruhen auf einer . Augentäuschung', wie der Massenpsychologe Kurt Baschwitz schon vor Jahrzehnten erkannte: „Der Tiefstand der geistigen Ansprüche so vieler Menschen unserer Zeit ... ist dem modernen Beobachter sichtbar geworden in den Millionenauflagen von Sensationszeitungen, in den Besucherzahlen von Schauerfilmen, und ist ihm hörbar geworden im seichten Amüsementsprogramm von Rundfunksendern. Hieraus schließt er auf eine Senkung des Geschmacks des Publikums in unserer Zeit. Sehr zu unrecht. Denn ihm fehlt die Vergleichsmöglichkeit mit dem . Massengeschmack'in der Vergangenheit. Sein Vorgänger in der vorigen Generation . . . hat weder vom Geschmack noch der Intelligenz der gewöhnlichen Leute aus dem Volk Kenntnis genommen .. . Gebildete und weniger Gebildete sind erst durch die moderne, billige Zeitung, dann auch durch Film und Radio, als Leser, Zuschauer und Zuhörer im gleichen Publikum vereint worden, so daß erst der Intellektuelle unserer Zeit wahrnehmen konnte, was den Ärmeren im Geiste Freude macht und was nicht."

Der zweite Irrtum: Die . Regressionshypothese'behauptet, daß der Verbrauch von Massenkultur (Film, Fernsehen, Publikumszeitschriften, Unterhaltungsromane etc.) zum geistigen Rückschritt, zur Entfremdung von der . höheren'Kultur führt.

Diese . Regressionshypothese'mag heute populär sein, von der Forschung bestätigen aber läßt sie sich nicht. Viel wahrscheinlicher ist die genau entgegengesetzte Annahme. Sie wurde schon vor Jahrzehnten durch die Erfahrungen der , Volksbibliothekare'bestätigt und fand von daher 1950 in einem Buchtitel von Erwin Ackerknecht ihre prägnante Formulierung: „Der Kitsch als kultureller Übergangswert" Inzwischen widerlegen die ja noch kurzen Erfahrungen mit dem modernen „Geflecht der Massenkommunikation" eindeutig die kultur-pessimistische Position von Habermas und anderen Verpöbelungsideologen Die jüngste Erörterung dieser Zusammenhänge von „Masse — Bildung — Kommunikation" bietet Hertha Sturm.

Einige Ergebnisse ihrer differenzierten Darstellung:

1. „Die von den Massenmedien ängebotenen Quantitäten, vermögen sich im aktuellen Bereich zu verfestigen zu einem allgemeinen . Tageswissen'. Dieses Tageswissen kann durch Strukturierung und Kategorisierung zu . Tages-bildung'werden. Die . Tagesbildung'ist eine von den Massenkommunikationsmitteln hervorgerufene neue und eigene Qualität der menschlichen Kommunikation."

2. „Wir stehen vor dem merkwürdigen Sachverhalt, daß die optisch-akustischen Massenmedien, die zunächst zweifellos eine gewisse Lösung vom gedruckten Wort erstrebten, nunmehr, gleichsam durch die Hintertür, dem gedruckten Wort zu neuer Aufwertung verhelfen."

3. „In den unteren Intelligenzbereichen sind geistige Neugierde und intellektuelle Anstrengungsbereitschaft nur sehr selten zu finden. Von sich aus würden diese Zuschauer sich kaum darum bemühen, aus dem engen Raum ihrer persönlichen Festlegungen herauszutreten. Hier nun wirkt das Fernsehen stimulierend: auch durch einfache Unterhaltungssendungen, durch . Bunte Abende’, ebenso durch Sportübertragungen usw. werden diese Zuschauer auf Umwelten aufmerksam gemacht, zu denen sie sonst kaum Zugang hätten; sie werden zu Gesprächen und Urteilen angeregt, die ohne das Fernsehen nicht versucht würden. Nehmen wir die geistig-seelische . Plastizität'als ein weiteres Kriterium der Persönlichkeitsentwicklung, so wird vollends einsichtig, daß die Angebote des Fernsehens für die unteren Intelligenzbereiche Anstöße zu geben vermögen, die Vorformen des Lernens darstellen."

Der dritte Irrtum: Die Massenkommunikation hat bewirkt, daß — so im Jahre 1968 der Marburger Soziologe Werner Hofmann — „die Mehrheit unseres Volkes auf die Stufe der schauerlichsten Unwissenheit herabgekommen ist und auf dem Niveau einer , Bild'-Presse, das heißt des geistigen Analphabetentums, verharrt" Auch hier wird wieder die genau gegenteilige Behauptung von der Wirklichkeit bestätigt. Niemals in diesem Lande haben mehr Menschen gelesen, haben mehr Menschen an der öffentlichen Kommunikation teilgenommen, haben mehr Menschen politische Informationen rezipiert. * Wie in anderen modernen Industriegesellschaften hat sich auch in der Bundesrepublik Deutschland in den letzten Jahrzehnten das Kommunikationssystem strukturell so gewandelt, daß wir bei allen Analysen von einem kommunikativ handelnden Menschen auszugehen haben, der als Medienbenutzer . multidimensional und variabel'angelegt ist. Außer — wie Berend H. Feddersen einmal sagte — den Insassen von Irrenhäusern nimmt die Mehrzahl der Bevölkerung an einem komplexen, dynamischen System kommunikativer Wechselbeziehungen teil.

Das hat mehrere Gründe. Als entscheidend muß vor allem angesehen werden, daß mit dem Aufkommen von Hörfunk und später Fernsehen das Informationsangebotsmonopol des Kommunikationsmittels . Presse'(= Zeitung und Zeitschrift) gebrochen wurde

Die vorhandenen Untersuchungen über die Kommunikationsnutzungsgewohnheiten der Bevölkerung belegen eindeutig, daß die verschiedenen Medien als komplementäre Einrichtungen begriffen werden. Hörfunk und Fernsehen haben damit ein Monopol abgelöst, das jahrhundertelang die gedruckten Kommunikationsmedien besaßen.

Die klassische Aufgabe der Presse, für die außenpolitische und überlokale Information der Gesellschaft zu sorgen, wurde ihr so — zumindest hinsichtlich bestimmter Funktionen — abgenommen. Welche Programmteile werden bei Hörfunk und Fernsehen genutzt? Nur Musiksendungen beim einen Medium und primär Unterhaltungssendungen beim anderen?

Auf diese Fragen gibt am ausführlichsten eine Studie Antwort, die von der ARD veröffentlicht wurde.

Die Ergebnisse: 1. „An einem durchschnittlichen Werktag wurden durch das Fernsehen 42 % der erwachsenen Bevölkerung ab 15 Jahren mit politischer Information erreicht. Der höchste Nutzungsgrad des Angebots an politischer Information ist beim F % der erwachsenen Bevölkerung ab 15 Jahren mit politischer Information erreicht. Der höchste Nutzungsgrad des Angebots an politischer Information ist beim Fernsehen zu verzeichnen: Von allen, die am Stichtag ferngesehen hatten, hatten 89 % auch politisch informative Sendungen gesehen." 2. „Das Fernsehen erreicht mit politischen Informationssendungen ... auch diejenigen, die nur wenig oder überhaupt nicht am politischen Geschehen interessiert sind." 3. „An einem durchschnittlichen Werktag wurden durch den Hörfunk 47 % der erwachsenen Bevölkerung ab 15 Jahren mit politischer Information erreicht. Von allen, die am Stichtag Radio gehört hatten, hatten 69 °/o auch politisch-informative Sendungen gehört. Nachrichtensendungen sind nach wie vor die am häufigsten eingeschalteten Sendungen des Hörfunks." 41)

Dabei ist die Verbreitung der Tagespresse keineswegs zurückgegangen. Insgesamt werden von ihr täglich über 80% der Bevölkerung erreicht, im Laufe einer Woche sogar etwa 95 %, das heißt die gesamte erwachsene Bevölkerung der Bundesrepublik. Durch die rasche Auflagensteigerung der Straßenverkaufspresse — nicht nur der „Bild-Zeitung", sondern auch anderer Blätter, ja sogar von Neugründungen wie TZ (München) — wächst dabei noch immer die Tendenz zur Doppel-und Mehrfachlektüre. Hinzu kommen die Wochenzeitungen, die in den letzten Jahren mehr und mehr . politisierten'Illustrierten, der „Spiegel", der allein eine Leserschaft von mehr als 6 Millionen Personen pro Woche erreicht.

Wie aber steht es mit dem Ausbund vorgeblicher . Verpöbelung', dem „Bild" -Leser?

Im Mittelpunkt zahlreicher Manipulations-Aussagen steht die „Bild-Zeitung". Gelten die bisherigen Überlegungen für das Publikum dieser Zeitung also nicht? Das wird offensichtlich angenommen, wenn behauptet wird, „Bild" betreibe eine „Art permanenter Gehirnwäsche, aus der es ... nur für Minderheiten die Möglichkeit des Entrinnens gibt" 42).

Die Leserschaftsforschung korrigiert: Diese Minderheit besteht aus Millionen. Die „BildZeitung" erreicht durchschnittlich pro Tag 25, 8% der Bevölkerung (= 10, 950 Millionen), davon sind etwa ein Drittel (= 3, 370 Millionen) Exklusivleser, das heißt 7, 9 % der Bevölkerung lesen an einem Tag nur die „Bild-Zeitung", 63% (3, 692 Millionen) eine regionale Abonnementszeitung und 4 % (= 0, 390 Millionen) eine überregionale Tageszeitung (= FAZ, Die Welt, Süddeutsche Zeitung). Daneben überschneidet sich die „Bild" -Leserschaft mit den aktuellen Illustrierten; 40% (= 5, 310 Millionen) lesen eine oder mehrere Illustrierte. So lesen beispielsweise über 3 Millionen neben dem Straßenverkaufsblatt regelmäßig den „Stern", 1, 110 Millionen greifen auch zum „Spiegel". Ähnlich präzise Daten für die Überschneidung mit den beiden elektronischen Medien fehlen. Sie können nur indirekt erschlossen werden aus den Angaben über den Besitz oder Nicht-besitz von Radioapparaten und Fernsehgeräten in den Haushalten der „Bild" -Leser. Zum Zeitpunkt der zitierten Untersuchung (März bis Juni 1966) besaßen 71 % der Haushalte in der Bundesrepublik einen Fernsehapparat. Die Daten für die „Bild" -Leser liegen etwas höher: bei 76% (= 8, 360 Millionen); von den Exklusivlesern besitzen 75% (= 2, 540 Millionen) ebenfalls ein Fernsehgerät. Ähnliches weisen die Daten für Kofferradio und Transistorgeräte (meist Zweitapparate neben dem . normalen'Radiogerät) aus; von der Gesamtbevölkerung besitzen 31 % eine solche Empfangsmöglichkeit, von den „Bild" -Lesern 35 %; Autoradios sind bei 14% der Gesamtbevölkerung und 16 % der „Bild" -Leser vorhanden.

Dieses Zahlenmaterial belegt, daß die allgemein aufgewiesene Tendenz auch für die Leser der „Bild-Zeitung" zutrifft. Diese Zeitung wird von der überwiegenden Zahl ihrer Leser nicht exklusiv konsumiert, sondern komplementär zu anderen Tageszeitungen und zu den elektronischen Medien genutzt.

Den „Bild" -Leser unterscheidet von der Gesamtbevölkerung nur, daß er „Bild" ließt. Er findet sich keineswegs nur in den unteren sozialen Schichten, sondern rekrutiert sich fast gleichmäßig aus allen Teilen der Bevölkerung. „Bild" braucht sogar den Vergleich mit der überregionalen Presse (wie FAZ oder „Welt") nicht zu scheuen: Teilt man die Leserschaften nach dem gleichen Punktgruppenschema ein, so zeigt sich, daß täglich über eine Million aus der „Gruppe I sozial oben" nach „Bild" greift und nur 900 000 der gleichen Schicht zu den renommierten „prestige papers"! Und immerhin noch 150 000 Freiberufler entscheiden sich für das Groschenblatt gegen 190 000 bei FAZ und „Welt"

Selbstverständlich sind all diese Zahlen und Fakten kein Grund für freundlichen Stolz, kein Grund, sich zu brüsten, wie herrlich weit wir es gebracht hätten. Wir haben es nicht weit gebracht; das Gemisch von Vorurteil und Intoleranz in den Köpfen vieler Mitbürger ist explosiv; es fehlt nur der Funken, um es zum Unglück kommen zu lassen. Dies zu vergessen, wäre in Deutschland lebensgefährlich. Nur berechtigt das nicht zu einer Neuauflage der Geschichte vom Untergang des Abendlandes; derartige Abwärtsprophetien sind schädlich, auch wenn sie zur Abwechslung mal von links kommen. Das Märchen von der guten alten Zeit ist in jeder Version falsch; auch in der von Jürgen Habermas, der uns glauben machen will, in den Salons der Rahel und der Madame de Stael habe man „räsoniert", während die Massen-menschen nur noch „konsumierten"; nichts, aber auch gar nichts stützt derartige Annahmen. Es gibt keinen Grund anzunehmen, daß die „schauerliche Unwissenheit", die Werner Hofmann zu Recht beklagt, zu Zeiten, als man Arbeiter 12 oder 14 Stunden täglich in Betrieben hielt — in den Fabrikhöfen standen Bot-tische mit Fusel zur Betäubung —, geringer war als heute; auf diese Unwissenheit sind wir nicht „herabgekommen"; wir sind nur nicht weit genug davon weggekommen. Für den Geschichtsphilosophen, der in Jahrtausenden denkt, mag diese Nuance läppisch sein; für die, die den Karren ziehen, ist sie wichtig. Sie bringen ihn sonst, entmutigt durch schlampige Propheten, gar nicht mehr voran.

Der Irrtum der Publizisten So wie die , Regressionshypothese'wäre es möglich, Bestandteil für Bestandteil der Manipulationstheorie zu analysieren, zu überprüfen. Nur noch ein Argument sei herausgegriffen: Man könnte es die , Bedürfnishypothese nennen. Oben wurde sie in der dritten Manipulationsthese dokumentiert. Diese These mit ihrem naiven Glauben an die Veränderbarkeit der Menschen durch eine an den . wahren'Bedürfnissen orientierte Beeinflussung mittels Massenkommunikation ist nur die in modischem Jargon formulierte Variante einer bei Publizisten schon immer auffindbaren Berufs-ideologie. Sie hat sich in der Wissenschaft . Publizistik'— vertreten etwa von Emil Dovifat — auch ihre . Theorie'geschneidert: „Publizistik ist jede öffentlich bedingte und öffentlich geübte geistige Einwirkung auf die Öffentlichkeit, um diese ganz oder in ihren Teilen durch freie Überzeugung oder kollekB tiven Zwang mit Gesinnungskräften über Wissen und Wollen im Tun und Handeln zu bestimmen."

Und noch deutlicher: „Da es das Ziel jeder Publizistik ist, die Angesprochenen zu Tun und Handeln zu führen, sind auch die Wege dazu niemals nur Selbstzweck. Ihnen allein die Aufgabe zu setzen, Nachrichten zu verbreiten, Meinungen, . öffentliche Meinungen'wachzurufen, hieße, sie auf einer Vorstufe stehenlassen. Wenn auch noch so interessante Diskussionen angestiftet werden, das Ziel ist damit nicht erreicht. Was sind denn schon , Meinungen'? Bestenfalls Vorziele: sie können zu entschlossenen Handlungen der Angesprochenen führen, können aber ebenso in breitem Klatsch und snobistischer Selbstbespiegelung verrinnen. Damit wäre das Ziel verpaßt, durch Meinen und Wollen schließlich zur Tat zu bewegen — und sei es nur zur Abgabe eines Stimmzettels. Die Tat aber ist die Krone jeder publizistischen Aktion. Ansporn, Begeisterung, Leidenschaft zur Tat zu geben ist das Endziel der Publizistik."

Diese Sätze — wir wissen es aus der Wirkungsforschung — beschreiben nicht die Wirklichkeit, sie sind eher der Ausdruck von Wunschträumen. Für Journalisten mögen das Träume sein, die für ihr Selbstwertgefühl, für ihre psychische Stabilität unentbehrlich sind. Unübersehbar aber ist, daß die „überreizten Hoffnungen" auf der Publizistenseite ihre genaue Entsprechung in den „überspannten Befürchtungen" der Manipulationsideologen aller Spielarten haben, die heute ein so verzerrtes Bild der Kommunikationswirklichkeit produzieren. Manfred Delling hat am Beispiel der Situation der politischen TV-Publizistik das fatale Zusammenspiel dieser „Illusionen auf beiden Seiten" (in diesem Falle bei den Publizisten der TV-Magazine und bei den Politikern) erhellend analysiert und an den Ergebnissen der Wirkungsforschung überprüft: „Daß die Fernsehpublizistik also, wie so oder so ähnlich immer wieder behauptet wird, durch , das bekannte Fischen vorwiegend im Negativen'die Demokratie untergrabe und Schlimmes mehr, wäre selbst dann, wenn sie es wollte, vollkommen unmöglich.

Nichtsdestoweniger spukt gerade in den Köpfen jener, die sich vorzugsweise negativ-kritisch mit den Fernsehmagazinen auseinander-setzen,immer noch die Meinung herum, die Öffentlichkeit könne gegen ihre Überzeugungen manipuliert werden."

Inzwischen liegt eine empirische Studie des „Instituts für angewandte Sozialforschung" (Bad Godesberg) über die umstrittenste dieser politischen Fernsehsendungen der Bundesrepublik — „Panorama" — vor, die diese Thesen bestätigt „Die Zeit" berichtete darüber unter der treffenden Überschrift: „Die Legende von der Zersetzung".

Im Gegensatz zur Meinung der Politiker ist die Meinung des Publikums über „Panorama" eindeutig positiv:

„Drei Viertel der befragten Panorama-Zuschauer beurteilen die Sendung als .sehr gut'oder gut’; nur ein Fünftel antwortete . nicht so gut'oder , gar nicht gut'. Hervorgehoben wurden vor allem die Eigenschaften . informativ* (59 Prozent), . glaubwürdig'(55 Prozent) und . mutig'(50 Prozent). 25 Prozent der fernsehenden Bevölkerung hielt Panorama gar für . unentbehrlich'..."

Und trotzdem haben die Politiker mit ihren Befürchtungen über die Wirkungen der angeblich „linksradikalen Propaganda" unrecht, wie das Ergebnis der „infas" -Studie weiter zeigt: „Obwohl das Panorama-Publikum sich zu einem größeren Teil als die Gesamtbevölkerung aus mehr als einer Quelle informiert und auch häufiger von den zahlreichen Informationsmöglichkeiten Gebrauch macht, unterscheidet sich sein Meinungsbild nicht von dem der Gesamtbevölkerung. Feststellbar war lediglich eine größere Meinungsfreudigkeit ... Eher gilt, daß Panorama bereits vorhandene Meinungen — welcher Art diese auch seien — bestärkt und polarisiert. Dieser Verstärker-effekt muß nicht immer zugunsten demokratischer Tendenzen wirken, er kann vielmehr . .. ebenso vorhandene reaktionäre Meinungen stärken."

Dieter E. Zimmer kommentiert dieses Ergebnis: „Es lehrt uns, daß die in der Bevölkerung vorhandenen Meinungen den von den Kommunikationsmedien verbreiteten Meinungen kei-neswegs direkt proportional sind; daß die Gleichung irgendwo nicht aufgeht; daß tatsächlich nicht auszuschließen ist, was mancher Journalist immer wieder argwöhnt: daß er die Gegenseite um so mehr bestärken könnte, je dezidierter er für etwas Stellung nimmt. Wer gegen die Todesstrafe argumentiert, muß damit rechnen, gerade jene zu unterstützen, die für sie sind: also die, an die er sich eigentlich wendet." „Was mancher Journalist immer wieder argwöhnt" — in diesem Nebensatz steckt der entscheidende Irrtum der Publizisten (und der Manipulationsthese Nr. 3). Nicht nur . mancher'Journalist sollte es sein und nicht beim bloßen . Argwohn'dürfte es bleiben: Dieser von Zimmer richtig erklärte Zusammenhang zwischen . Publizistik'und ihrer Wirkung auf das Publikum gäbe allen Anlaß zu einer selbstkritischen Revision des gängigen beruflichen Selbstverständnisses. Aus der amerikanischen Kommunikationswirkungsforschung ist dieser Sachverhalt seit langem bekannt. Eine erste Zusammenfassung gab der bekannte Soziologe Robert K. Merton (zusammen mit Patricia L. Kendall) schon 1944 unter dem Titel: „The boomerang response", der „Bumerang-Effekt". Damit werden all jene . Wirkungserfolge'beschrieben, deren Richtung den Intentionen des Publizisten zuwiderlaufen Dafür gibt es viele, teils schon untersuchte, teils nur vermutete Ursachen. Der Effekt aber ist immer der gleiche: Noch so gut gemeinte, nur den allerbesten . Gesinnungen'verpflichtete, an welchen positiven Idealen auch immer orientierte, die , wahren'Bedürfnisse hochhaltende, einseitige, auf . Bekehrung', auf . Nachfolge’, auf , Überzeugung'zielende Versuche der Meinungsbeeinflussung verfehlen meistens ihr Ziel, ja — schlimmer — provozieren das Gegenteil.

Eine andere Variante dieser publizistischen Ideologie ist der Glaube an die Macht des , Verschweigens‘, den elitebewußte Journalisten pflegen, weil sie den Anspruch erheben, der Gesellschaft verbindlich zu sagen, wie sie zu tun und handeln habe, notfalls, indem die Alternativen . verschwiegen'werden, die andere Seite einer Sache kontinuierlich unterdrückt wird. Für den Kommunikationsforscher aber ist dieses vielbeklagte Auseinanderklaffen von . öffentlicher Meinung'und „veröffentlichter Meinung'alles andere als ein Rätsel Was für zentral geleitete Gesellschaftssysteme gilt, das gilt erst recht für das offene Kommunikationssystem einer demokratischen Gesellschaft: „Für Menschen, deren Meinung von der festgesetzten Meinungslinie abweicht, erhält . . . die persongebundene Kommunikation besonderes Gewicht. Der enge Zusammenhalt von . Anders-denkenden'ist dafür ein Beispiel: Die person-gebundene Kommunikation muß nun jene Bestätigungen vermitteln, die die Massenkommunikation nicht oder nicht mehr zu geben vermag."

Dies gilt nicht nur für die politische Kommunikation, sondern ganz allgemein: Es ist ein frommer Kinderglaube, durch Verbot (oder Auflagenbegrenzung) die Befriedigung bestimmter Bedürfnisse gewaltsam . versagen'zu können. Wenn die „Bild-Zeitung" heute von den Kiosken verschwindet, so erhöht sich dadurch die Auflage . anspruchsvollerer'Blätter um kein einziges Exemplar. Die Bedürfnisbefriedigung wird sich lediglich verlagern: in die Leihbibliothek, auf das Fernsehen oder ins Gespräch. Wer hier etwas ändern will, muß weit davor ansetzen, muß die Voraussetzungen ändern: das Bildungssystem, die Arbeitswelt oder die gesellschaftlichen Normen, die das Leseverhalten der Menschen bestimmen. Das allein ist eine realistische Hoffnung. Die „BildZeitung" — oder welches andere Massenkommunikationsmittel immer — wird die Gesellschaft nicht verändern, aber „vielleicht verändert die Gesellschaft die , Bild-Zeitung'"

Exkurs über Werbung Was für die politische Publizistik und die Wählerbeeinflussung gilt, gilt übrigens — so sehr dies das Selbstgefühl vieler Publizisten kränkt — ebenso für die Werbung. Auch Werbung ist Kommunikation: Die formale Struktur des sozialen Vorgangs ändert sich nicht deshalb, weil als Inhalt statt hehrer Ideale Seife oder Zahnpasta angeboten wird. Anzeigen sind Nachrichten; und man sollte sich keine Illusionen darüber machen, daß viele Menschen sich für diese Nachrichten, die innerhalb eines be-stimmten Warenangebotes Transparenz schaffen, weit mehr interessieren als für die idealistischen Botschaften so manchen Leitartiklers. Anzeigen sind oft inhaltsleere Nachrichten — das ist richtig. Auch wird in der Werbung übertrieben, daß sich die Balken biegen, auch wird in der Werbung gelogen. Daß dies aber einen „Wesensgegensatz''von „Publizistik" und „Werbung" konstituiere, kann nur behaupten, für Selbsttäuschungen sehr anfällig ist.

Die pauschalen Anklagen gegen die Werbung sind also nichts anderes als Varianten der klassischen Kulturkritik der Massenkommunikation. Auch Werbung trifft — wie jede Verhaltensbeeinflussung — beim Menschen auf jeweils von der Gruppe und der sozio-kulturellen Umwelt geprägte Bindungen und Abneigungen, auf je und je verschiedene — übrigens bei jedem einzelnen sehr verschiedene — Konstellationen von . Strebungen'und Bedürfnissen. Diese „Konstellationen“ kann man selbstverständlich innerhalb gewisser Grenzen beeinflussen; es wird aber nichts Neues geschaffen, sondern es werden höchstens Wege gezeigt, an Bedürfnisse anzuknüpfen, sie zu intensivieren, lockern, befestigen, variieren oder irgendwelche Querverbindungen zu anderen Symbolen zu schlagen. „Der angeprangerte Werbe-terror', der die Schuldgefühle und die geheimen Hoffnungen so schamlos auszubeuten scheint, kann das — wenn überhaupt — immer nur dort tun, wo bestimmte Gefühle schon eine sehr erhebliche Rolle spielen. Die psychologische Forschung setzt also nicht so sehr etwas wahrhaft Neues, sie lehrt vielmehr den Werbungstreibenden, an bereits bestehende seelische Beziehungen sinnvoll anzuknüpfen."

Die Richtigkeit dieser Feststellung Rolf Berths erweist sich vor allem, wenn man die normalen Bedingungen des Kommunikationsprozesses analysiert, den „Werbung" darstellt. Der Werbende steht als Kommunikator, als „Sender" ja einer ganz und gar nicht homogenen, einer verstreuten und ihm im einzelnen auch wenig bekannten Zielgruppe gegenüber, deren „Unbewußtes" — von dem neuerdings so viel die Rede ist — ihm keineswegs, von ein paar All-gemeinheiten abgesehen, bekannt ist. Eine erste, noch gar nicht notwendig sehr weitgehende Erforschung der dynamischen Prozesse zwischen Es, Ich und Uber-Ich eines Individuums erfordert normalerweise 50 bis 60 psychoanalytische Sitzungen; der Werbende hat nur einen winzigen Bruchteil dieser Informationen und kann so über das Verhalten der Zielpartner nur ganz und gar vorläufige Schlüsse ziehen. „Terror", aufgebaut auf der Ausnutzung von menschlichen Schwächen und Komplexen, kann möglicherweise bei der direkten Begegnung von Psychotherapeut und Krankem geübt werden; „Manipulation" in diesem Sinn ist sicher möglich, wo — wie in den Gehirnwäscheexperimenten in Gefangenenlagern des Koreakrieges — planmäßig die Bedingungen dazu hergestellt werden Der Vorgang der Massenkommunikation, das Senden von Botschaften von Kommunikatoren zu einem dispersen Publikum, bietet diese Bedingungen aber keineswegs.

Selbstverständlich kann man in der Werbung — wie in jeder anderen Form der Kommunikation — an bestimmte allgemeine, dem einzelnen nicht bewußte, von ihm verleugnete „Motive" anknüpfen. Packard und Dichter haben dafür eine Fülle von Beispielen aus der Werbepraxis zusammengetragen; und natürlich hat es eine verblüffende Wirkung auf Laien — zu denen übrigens auch die Auftraggeber unserer Werbespezialisten und Motiv-analytiker meistens gehören —, wenn man ihnen klarmacht, daß man von einer Zigarette spielend 30 % mehr umsetzen kann, wenn man ihr unter bestimmten Bedingungen das — objektiv sinnlose — Attribut „Araberformat" zulegt. Sie haben bei den meisten dieser Beispiele nur versäumt hinzuzufügen, daß menschliche Handlungen nicht „monistisch" motiviert sind, mit anderen Worten: daß auf jeden Wahl-oder Kaufakt ein ganzes Bündel von Komponenten einwirkt, deren Gewicht nur in den seltesten Fällen genau herauszufinden ist. Berth sagt mit Recht: „Wenn man schon warnt, dann sollte man einmal warnen vor dieser unglaublichen Vereinfachung, Bagatellisierung der ganzen Fülle, Kompliziertheit, Weitläufigkeit dessen, was wir die menschliche Psyche nennen. Im Augenblick scheinen bisweilen die Versimplifizierungen des Wesens der Psyche des Wählers und Verbrauchers bedrohlicher als der angeprangerte Werbeterror, dessen Konzeption dann zu jenen Vorstellungen vom Verbraucher führt, die in ihm eine Marionette erblicken, die sich an den Drähten werblicher Impulse bewegt." Eine Nachbemerkung Um Mißverständnissen vorzubeugen: Diese Kritik der Manipulationsthesen behauptet nicht, von den Massenkommunikationsmitteln ginge überhaupt keine Wirkung aus. Das wäre eine Gegenideologie — nicht weniger töricht als die angegriffene. Wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind, treten auch Wirkungen ein. So gilt es u. a. zu bedenken: 1. Die Erforschung der Wirkung der Kommunikationsmedien hat noch viele Fragen offengelassen. Vor allem bezieht sie sich meist auf die Frage kurz-oder mittelfristiger Wirkungen. Wie Massenkommunikation dagegen langfristig wirkt, ist bislang zu wenig erforscht 2. Die Wahrscheinlichkeit, durch publizistische Aktionen Erfolge zu erzielen, ist dann gegeben, wenn diese mit schon vorhandenen Trends übereinstimmen und sie durch , Anpassung'fördern, verstärken und latent vorhandene Prozesse öffentlich artikulieren 3. Wenn über ein Problem in der Gesellschaft noch keine Einstellung vorhanden ist, ist die mögliche . Macht'der Massenkommunikationsmittel entsprechend größer 4. Die Bereitschaft, sich überzeugen zu lassen, ist bei ausgewogener Argumentation (die auch Gegenstimmen zu Wort kommen läßt) größer als bei einseitig-propagandistischen Beeinflussungsversuchen — zumindest bei , höherem'Bildungsstand

5. Wenn in einer Gesellschaft die widersprechenden Standpunkte nicht mehr öffentlich ausgedrückt werden können, verringert sich die Chance des einzelnen, sich den stetigen, einseitigen Beeinflussungsversuchen zu widersetzen. Kommunikativ . abgeschlossene'Systeme haben größere Möglichkeiten zur Verhaltens-beeinflussung — aber keineswegs unbeschränkte

Es gibt also viele Gründe für eine gezielte, auf konkrete Defekte des Kommunikationssystems abgestellte Kommunikationspolitik, die einseitige Machtstrukturen abbaut. Es gibt aber keinen Grund für den Wunderglauben an die schnelle, grundstürzende Veränderbarkeit des Menschen durch Veränderungen am System der Massenkommunikation.

Zu den Grundlagen der Systemkritik

Die radikale Kritik des utopischen Denkens Der Einwand gegen all diese Argumente ist natürlich längst formuliert. Ob die Massenmedien am Manipulationsprozeß nun mehr oder weniger beteiligt seien, so wird man sagen, spiele ja überhaupt keine Rolle. Gut, vielleicht sind am schandbaren Bewußtseinszustand der Massen in diesem Land nicht so sehr die Zeitungen schuld wie die Schulen und Hochschulen; gut, vielleicht werden die Vorurteile mehr in den Familien und am Arbeitsplatz und weniger bei der Lektüre von . Bild'und durch die stetige Berieselung durch Werbe-fernsehspiele erzeugt. Aber was sagt das? Marcuse: „Der Einwand (die prägende Kraft der Massenmedien werde überschätzt) greift fehl. Die Präformierung beginnt nicht mit der Massenproduktion von Rundfunk und Fernsehen und mit der Zentralisierung ihrer Kontrolle. Die Menschen treten in dieses Stadium als langjährig präparierte Empfänger ein; der entscheidende Unterschied besteht in der Einebnung des Gegensatzes (oder Konflikts) zwischen dem Gegebenen und dem Möglichen, zwischen den befriedigten und den nicht befriedigten Bedürfnissen. Hier zeigt die sogenannte Ausgleichung der Klassenunterschiede ihre ideologische Funktion. Wenn der Arbeiter und sein Chef sich am selben Fernsehprogramm vergnügen und dieselben Erholungsorte besuchen, wenn die Stenotypistin genauso attraktiv hergerichtet ist wie die Tochter ihres Arbeitgebers, wenn der Neger einen Cadillac besitzt, wenn sie alle dieselbe Zeitung lesen, dann deutet diese Angleichung nicht auf das Verschwinden der Klassen hin, sondern auf das Ausmaß, in dem die unterworfene Bevöl-kerung an den Bedürfnissen und Befriedigungen teilhat, die der Erhaltung des Bestehenden dienen."

Es gibt überhaupt keinen Grund, diese Kritik zu bagatellisieren. Zwar wird man einwenden müssen, daß Marcuse die Bedeutung materieller Sicherheit für das menschliche Leben — ein Charakteristikum für die Kulturkritik intellektueller Eliten — allzu gering einschätzt und so die unbestreitbare Leistung moderner Industriegesellschaften, die Überwindung des unmenschlichen Elends von Hunger und Existenzangst, unterbewertet. Trotzdem beschreibt er einen Krankheitszustand unserer Gesellschaft richtig. Die Gratifikationen des Wohlstands sind zweifellos unter anderem Instrumente einer oft ungerechten Herrschaft; das politische Bewußtsein vieler Menschen in diesem Land, das sich zwölf Jahre Hitlerismus leistete, ist beklagenswert. Ob es in allzuvielen Ländern sehr viel besser ist, ist eine andere Frage; aber es gibt solche Länder. Wir haben keinerlei Grund, uns an Zuständen zu orientieren, die noch miserabler sind als unsere eigenen; wir haben allen Grund, die Frage zu stellen, wie diese Zustände zu bessern wären.

An diesem Punkt aber, bei der Frage nach der Therapie, beginnt der Konflikt — ein Konflikt, der heute zerredet wird. Die rationale Analyse zeigt, daß schnellfertige Rezepte nicht weiter helfen; Verleger enteignen, Zeitungen verbieten, Fernsehprogramme nach den Konzepten intellektueller Eliten zu modeln — hieße an Symptomen herumzukurieren. Wer nicht, verniedlichen will, weiß, daß Faschismus nicht von den Zeitungen produziert wird, sondern von sozialen Verhältnissen, deren Ausdruck bestimmte Zeitungen sind.

Der Konflikt ist erkenntnistheoretischer Natur: Es kommt darauf an, wie sicher man ist, daß man die „wahren" von den „falschen" Bedürfnissen unterscheiden kann Wer das Gesetz der Geschichte kennt, wer die „objektiven Interessen" der Massen identifizieren kann, wird logischerweise jedes Mittel recht finden, diese objektiven gegenüber den falschen Bedürfnissen durchzusetzen. Die radikale Kritik endet so konsequent bei der Forderung nach erzieherischer Diktatur. Es endet allemal bei Hegel:

Die Unabhängigkeit von der öffentlichen Meinung war ihm „die erste formelle Bedingung zu etwas Großem und Vernünftigem"

Stehen wir also vor der unlösbaren Alternative zwischen politischer Theologie und „hämischem Relativismus" Müssen wir entweder wie in der klassischen Erkenntnislehre auf letzte, nicht mehr kritisierbare transzendentale Faktoren rekurrieren oder uns schlicht auf empirische feststellbare „Bedürfnisse" berufen, von denen wir wissen, daß sie — durch jahrhundertelange Erziehung geprägt •— eine Gesellschaft genauso in Katastrophen der Unfreiheit führen können? Nach Marcuse besteht die einzig mögliche Entschuldigung („sie ist schwach genug") der „Erziehungsdiktatur" darin, „daß das schreckliche Risiko, das sie einschließt, nicht schrecklicher als dasjenige sein kann, das die großen liberalen wie autoritären Gesellschaften jetzt eingehen, und daß die Kosten nicht viel höher sein können." Müssen wir also sagen: Die Erziehungsdiktatur ist in der steten Gefahr, in Herrschaftsformen ä la Stalinismus umzukippen; die Repräsentativ-demokratie in steter Gefahr, im Faschismus zu enden; also heben wir die Schultern und verharren vor dem Unlösbaren? Müssen wir uns hier jetzt . dämonisch'entscheiden, dafür oder dagegen, ohne Anhaltspunkte, ohne Indizien?

Eine Alternativanalyse Es folgen Überlegungen, die für die . soziale Kostenrechnung’ wichtig sein könnten. Diese Überlegungen enthalten keine wissenschaftlichen Beweise, sondern lediglich Indizien; sie gehen davon aus, daß wir sowohl über die dogmatisch-apologetische Lösung der politischen Problematik hinauskommen sollten wie auch über die hermeneutisch-analytische Resignationslösung; daß es — um mit Hans Albert zu sprechen — „neben dem unbedingten und unkorrigierbaren Engagement und der skeptischen Neutralität eine weitere Möglichkeit gibt, die Rationalität und Engagement miteinander verbindet: eine positive Lösung der Probleme unter kritizistischen Gesichtspunkten"

Hans Albert will damit als Sozialphilosoph das System der Repräsentativdemokratie und damit das pluralistische Kommunikationswesen nicht eigentlich rechtfertigen: Ohne weiteres gesteht er zu, daß es zahllose Mängel hat und Ungerechtigkeiten zuläßt, die zum Himmel schreien. Es hat für ihn aber auch einen großen Vorteil: Es dogmatisiert — im Unterschied zum zentralgelenkten Kommunikationsapparat geschlossener Gesellschaften — bestimmte Problemlösungen nicht, sondern ermöglicht — durch die Diskussion — die kritische Prüfung der jeweiligen Vorschläge. Deshalb auch ist — als Sozialphilosoph — er kritizistischer keineswegs politisch neutral: er verteidigt das pluralistische System. Er verteidigt es allerdings nicht, weil er es für die ideale Sozialordnung hält, in der Unrecht nicht vorkommt, sondern weil nur dieses System Reform und Entwicklung durch rationale Diskussion ermöglicht.

Erste Überlegung: Zur politischen Anthropologie Die Kritik am Kommunikationssystem der Repräsentativdemokratie — anders gesagt: die Kritik an den empirisch feststellbaren Kommunikationsbedürfnissen, die als „manipuliert" gekennzeichnet werden — ist häufig nichts anderes als eine Kritik an dem, was man normalerweise „Unterhaltung" und „Zerstreuung" nennt. Die kapitalistischen Massenmedien brächten — statt „seriöser" Information — schwachsinnige Fernsehspiele und das Gejaule unmusikalischer Schlagersänger, überall ist das Unbehagen am „ . mixtum compositum'eines angenehmen und zugleich annehmlichen Unterhaltungsstoffes" spürbar, der „tendenziell Realitätsgerechtigkeit durch Konsumreife ersetzt"

Die Frage wäre zu stellen: Steckt in dieser Kritik nicht ein Teil säkularisierter christlicher Verklemmung? Hat Ludwig Marcuse nicht recht, wenn er sagt: „Man kann die Kultur nur manipulieren, weil die manipulierte auch echte Bedürfnisse befriedigt. Die sogenannte Unkultur leistet denen, die an ihr teilnehmen, mehr als die sogenannte Kultur. Es ist Zeit, diese positive Leistung der Circenses im Zeitalter der Millionen zu verstehen." Oder: „In der Gegenwart ist die Kluft zwischen Elite-und Massen-Kultur enorm; und kann nicht dadurch geschlossen werden, daß irgendein kleiner Diktator ungeniert behauptet, die Massen würden Hölderlin dem Novellenband Küßchen

Küßchen'vorziehen, wenn sie nicht manipuliert würden." „Alle starken Zerstreuungen sind eine Gefahr für ein christliches Leben..." schrieb Pascal.

Wenn heute einer sagt: Die Unterhaltungsindustrie hindert die Menschen, an die Verbrechen in Vietnam zu denken — ist dies vielleicht eine moderne Version von Pascal? Es ist zu überlegen, ob hinter der pauschalen Unterhaltungskritik nicht eine sehr dogmatische Vorstellung vom Menschen steckt — ein metaphysisch motivierter Puritanismus. Wäre Freuds Maxime nicht menschlicher? Er schrieb:

„Das Leben, wie es uns auferlegt ist, ist zu für schwer uns, es bringt uns zuviel Schmerzen, Enttäuschungen, unlösbare Aufgaben. Um es ertragen zu können, können wir Linderungsmittel nicht entbehren . . ."

Kurz und gut: Die Annahme liegt nahe, daß die Kulturkritik der Massenkommunikation — da sie allzusehr von einem vernunftgesteuerten, nur zivilisatorisch „verdorbenen" Menschen ausgeht — die Unterdrückung von vitalen Sozialbedürfnissen des Menschen aufgrund dogmatisierter Wertungen verlangt. Das aber würde bedeuten, daß das Ziel der repressionsfreien Gesellschaft in der „Erziehungsdiktatur" eben gerade nicht erreicht würde; die „Erziehung" würde zur fortgesetzten Unterdrückung. Außerdem: Die Überschätzung der Macht der Massenmedien ist nur die Konseguenz einer anderen Fehleinschätzung: eines allzu optimistischen Glaubens an die schnelle Veränderbarkeit des Menschen. Selbstverständlich hat die Kulturanthropologie erwiesen, daß die beim Menschen zu isolierenden Antriebe und „Strebungen" — vom Sozialbedürfnis auf erfolgreiche Leistungskonkurrenz bis zum Aggressionsbedürfnis — kulturabhängig sind. Andererseits unterschätzt man leicht die Zeiträume, die notwendig waren, diese Bedürfnisse zu entwickeln, und entsprechend auch notwendig wären, sie wieder zu hemmen. Der Sozialpsychologe Tobias Brocher sagt:

„An der Triebstruktur des Menschen und deren Bedürfnissen hat sich seit Jahrtausenden außer ihrer graduellen Verfeinerung kaum etwas geändert." 71a) Zweite Überlegung: Zur kritischen Prüfung politischer Problemlösungen Die Manipulationstheorie mit ihrem totalen Manipulationsverdacht hat eine fatale Implikation, die auch alle damit zusammenhängenden Problemlösungen fragwürdig macht: sie ist eine Elitetheorie .der Wahrheit: Einer Gruppe gelingt es, sich aus den Verstrickungen der totalen Manipulation zu lösen. Diese Elitemenschen besitzen ein Wahrheitsmonopol. Sie allein wissen um die . wahren'Bedürfnisse des Menschen.

Der Mannheimer Wissenschaftslogiker Hans Albert hat in seinem „Traktat über kritische Vernunft", einem kürzlich erschienen Buch, das dem Begründer des kritischen Rationalismus, Karl R. Popper gewidmet ist, die — wenn man so will — . optimistische'Erkenntnistheorie so charakterisiert: „Der Kern dieser Erkenntnistheorie besteht in der Lehre, daß die Wahrheit offenbar ist, daß sie sozusagen offen zutage liegt und daß man nur die Augen aufzumachen braucht, um sie zu schauen. Sie könne zwar oft verschleiert und es könne unter Umständen nicht leicht sein, den Schleier zu beseitigen, aber sobald die nackte Wahrheit entschleiert vor unseren Augen steht, haben wir die Macht sie zu sehen, sie von der Falschheit zu unterscheiden und zu wissen, daß es die Wahrheit ist." 71b)

Wer von diesem — wie Hans Albert es nennt — „Offenbarungsmodell in der Erkenntnislehre" ausgeht, muß dann — im politischen Alltag — auch die institutioneile Frage beantworten, welche Personen oder Gruppen legitimiert sind, verbindliche Deutungen zu liefern. Die gängige Lösung ist dann allemal, daß einer Führungsgruppe — wie immer diese auch zustande kommt — ein Interpretationsmonopol zugesprochen wird. Diese Gruppe — in manchen Organisationen auch ein einzelner — erhebt Anspruch auf Gehorsam und sichert ihn durch Zwangsmittel. In diesem Punkt unterscheiden sich Glaubensgemeinschaften und Kirchen nicht von WeltanschauungsVereinigungen und Parteien.

Natürlich kann man eine Partei oder einen Mann als Agentur des Weltgeistes oder Vollzugsorgan der Geschichte ansehen und die von dieser Partei oder diesem Mann vorgeschlagenen Problemlösungen dogmatisieren. Es fragt sich allerdings, ob sich in der Geschichte sehr viele Indizien dafür finden, daß diese Leitungsorgane die „wahren" Bedürfnisse der Massen wirklich erkennen und danach handeln. Selbst Herbert Marcuse ist da skeptisch: „In letzter Instanz muß die Frage, was wahre und was falsche Bedürfnisse sind, von den Individuen selbst beantwortet werden, das heißt, sofern und wenn sie frei sind, ihre eigene Antwort zu geben. ... Deshalb kann sich auch kein Tribunal legitimerweise das Recht anmaßen, darüber zu befinden, welche Bedürfnisse entwickelt werden sollten. Jedes derartige Tribunal ist zu verwerfen, obgleich dadurch die Frage nicht aus der Welt geschafft wird: wie können die Menschen, die das Objekt wirksamer und produktiver Herrschaft gewesen sind, von sich aus die Bedingungen der Freiheit herbeiführen?"

Ist es also in der Tat nicht richtiger, politische Problemlösungen als Hypothesen aufzufassen, die man der Kritik aussetzt? Nur diese Regelung scheint uns „Verbesserungen im Lichte von Diskussion und Erfahrung" zu ermöglichen. Dazu ist es allerdings notwendig, diese kritische Methode institutionell zu stützen — und das bedeutet, daß man Alternativen zulassen, Gedanken-und Meinungsfreiheit garantieren muß Es kann nicht darum gehen zu verschleiern, daß auch in einer prinzipiell „offenen Gesellschaft" Herrschaftsverhältnisse gegeben sind, die eine völlig freie, bedürfnisgesteuerte Kommunikation verhindern; Unterdrückung und Ungerechtigkeit begegnen einem Tag für Tag. Die Möglichkeit, gegen diese Unterdrückung zu intervenieren, sollte man sich aber nicht dadurch nehmen lassen, daß man eine bestimmte Problemlösung für sakrosankt erklärt.

Im übrigen ist es nicht zu rechtfertigen, wenn die historische Erprobung bestimmter Sozial-theorien als Argument überhaupt nicht zugelassen wird. Zweifellos ist es richtig, daß der „Erfolg" eines Systems, einer Bewegung oder einer Partei über die Berechtigung ihrer Ziele und die Humanität ihrer Mittel nicht das geringste sagt: der Nazismus wäre ein Verbrechen — und hätte er hundertmal . Erfolg'gehabt. Die vielfältigen Erfahrungen der Deutschen mit zentral geleiteten Kommunikationssystemen rechter und linker Provenienz aber ganz und gar für nichtssagend zu erklären, ist bedenklich. Instanzen, die darüber befunden haben, was die Deutschen wissen und was sie reden dürfen, haben wir genügend gehabt; vom Obercensurkollegium Preußens zur Zeit der Karlsbader Beschlüsse oder des Jungen Deutschlands über Goebbels'Propaganda-ministerium bis zu Kurt Blechas Presseamt beim Ministerpräsidenten der DDR haben die Deutschen da allerhand durchprobiert. Keines der Beispiele spricht dafür, daß derartige Instanzen zur Emanzipation der Menschen beitragen.

Wir haben wohl auch heute keinen Grund, die Warnung von Karl R. Popper auszuschlagen, die er in seinem Werk über „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde" aussprach, als der Nazismus noch an der Macht war:

„Von allen politischen Idealen ist der Wunsch, die Menschen glücklich zu machen, vielleicht der gefährlichste. Ein solcher Wunsch führt unvermeidlich zu dem Versuch, anderen Menschen unsere Ordnung . höherer'Werte aufzuzwingen, um ihnen so die Einsicht in Dinge zu verschaffen, die uns für ihr Glück am wichtigsten zu sein scheinen . . . Dieser Wunsch führt zu Utopigmus und Romantizismus. Wir alle haben das sichere Gefühl, daß jedermann in der schönen, der vollkommenen Gemeinschaft unserer Träume glücklich sein würde. Und zweifellos wäre eine Welt, in der wir uns alle lieben, der Himmel auf Erden. Aber . . .der Versuch, den Himmel auf Erden einzurichten, produziert stets die Hölle." 74a)

Dritte Überlegung: Zum Problem der Realisierbarkeit Die totale Kritik der Manipulationstheoretiker am sozialen Apparat der „offenen" Gesellschaft, die von der Notwendigkeit der „reinigenden Katastrophe" ausgeht, schätzt die Machtverhältnisse in diesem Land falsch ein: Wenn schon Katastrophe, wenn schon Erziehungsdiktatur, dann wird es keine linke, sondern eine rechte werden. Diese als Alternative zum Status quo zu werten, vielleicht unter dem Stichwort der „Demaskierung" — ist oftensichtlieh leichtfertig Die besseren dieser Kritiker hüten sich demgemäß vor jeder Empfehlung: Einerseits müssen sie zugeben, daß die so herumschwirrenden Empfehlungen (von der Enteignung bis zur Auflagenbegrenzung) nicht weiter helfen würden, weil sie das Übel nicht bei der Wurzel packen, andererseits sind sie nicht bereit, auf eine in ihren Wirkungen unabsehbare Revolutionstheorie einzuschwenken. Dieses Dilemma bringt es mit sich, daß sich ein unfruchtbarer Alternativ-Radikalismus breitmacht: entweder der heutige Zustand mit allen Konsequenzen — oder der „neue Mensch" samt konfliktfreier Gesellschaft nach stattgehabter Revolution. Hier liegt auch für Hans Albert die Hauptschwäche des utopischen Denkens, zumal im Blick auf die politische Praxis: „Während die totale Kritik eines utopischen Denkens, das aus der negativen Bewertung bestimmter gegebener Verhältnisse die Notwendigkeit einer reinigenden Katastrophe folgert, damit für den zukünftigen Neubau tabula rasa geschaffen werden kann, auf eine realistische Alternativanalyse verzichten zu können meint und den Entwurf dieses sozialen Neubaus der Zukunft überläßt, ergibt sich aus der Methode der kritischen Prüfung die Notwendigkeit, konkrete realisierbare Alternativen zu entwickeln, die sich mit den vorhandenen Problemlösungen vergleichen lassen; denn im sozialen Vakuum des utopischen Denkens mögen zwar alle Wünsche miteinander vereinbar und daher alle Wünsche erfüllbar scheinen, in der sozialen Wirklichkeit aber herrscht der Tatbestand der Knappheit und bestehen damit Beschränkungen für die Bedürfnisbefriedigung, die in einer realistischen Sozialkritik berücksichtigt werden müssen. Wer die Sozialkritik nicht dem Irrationalismus ausliefern will, kann daher utopisches Denken nur in realistischer Vermittlung sozialkritisch wirksam werden lassen." 75a)

Bezogen auf die Manipulationstheorie heißt das: Ihr Alternativ-Radikalismus verhindert eine rationale Kritik des bestehenden Kommunikationssystems und die Entwicklung von realisierbaren Alternativen.

Eine derartige Haltung zementiert die bestehenden Macht-und Herrschaftsverhältnisse; eine realistische Gesellschaftspolitik sollte deshalb damit auträumen. Den deutschen Kommunikationspolitikern ist eher die „produktive und konstruktive Phantasie des Erfinders" zu wünschen als die „von jeder Einschränkung freie Phantasie des Tagträumers und Illusionärs"

Wenn die Manipulationstheorie heute von der Neuen Linken verwendet wird, so ist das sub-jektive Ziel aller Bestrebungen — daran ist nicht zu zweifeln — Emanziptation des Menschen und Aufklärung. Die Manipulationstheorie verführt die Neue Linke aber zu einer gänzlich falschen Strategie; erfüllt vom naiven Glauben an die Wirksamkeit von Propaganda-techniken und zusätzlich bewegt von einem antitechnischen Affekt monologisiert sie an den Zielpartnern ihrer Wünsche, den Aufzuklärenden, vorbei und überläßt so das Feld der Reaktion. Ein geradezu verblüffender Beleg stammt von Herbert Marcuse selbst. Wie stellt er sich die „Neubestimmung der Bedürfnisse" vor? Es ist idyllisch: „Um ein (leider phantastisches) Beispiel zu wählen: die bloße Abwesenheit aller Reklame und aller schulenden Informations-und Unterhaltungsmedien würde das Individuum in eine traumatische Leere stürzen, in der es die Chance hätte, sich zu wundern, nachzudenken, sich (oder vielmehr seine Negativität) und seine Gesellschaft zu erkennen. Seiner falschen Väter, Führer, Freunde und Vertreter beraubt, hätte es wieder sein ABC zu lernen. Aber die Wörter und Sätze, die es bilden würde, könnten völlig anders ausfallen, ebenso seine Wünsche und Ängste. Das Nichtfunktionieren des Fernsehens und verwandter Medien könnte so erreichen, was die immanenten Widersprüche des Kapitalismus nicht erreichten — den Zerfall des Systems." 76a)

Die unerhörten Möglichkeiten an Aufklärung und Information, die die modernen Massen-kommunikationsmittel bieten, werden hier schlicht negiert. Der Rat des Philosophen lautet: Zurück auf die Bäume, zurück zu den Müttern. Aber waren wir Deutsche da nicht erst kürzlich?

Kapitalismus und Kommunikation Unsere Analyse nahm ihren Ausgang bei einer wissenssoziologischen Zuordnung der Manipulationstheorie; an diesen Ausgangspunkt kehren wir jetzt zurück. Die Manipulationstheorie ist eine Art Rechtfertigungsideologie; mit ihrer Hilfe kaschiert ein Teil unserer kulturvermittelnden Intelligenz, daß sie sich immer noch nicht vom Schock der radikalen Industrialisierung und Rationalisierung der Lebensverhältnisse erholt hat. Die Abkapselung und wachsende soziale Isolierung einer musisch-ästhetischen Intelligenz von den wirtschaftlichen und politischen Führungsgruppen, ihre Hilflosigkeit gegenüber der technischen Kultur beantwortete sie mit Kulturpessimismus und einer schroffen Kritik an der „Masse". Mit Le Bon fing es an — und es ist noch nicht zu Ende.

Die geläufige Kritik z. B. am kapitalistischen Pressesystem ist leider keine rationale Analyse der Schwierigkeiten, die sich für eine demokratische Meinungs-und Willensbildung etwa aus der Tatsache ergeben können, daß Zeitungen, die privatwirtschaftlich organisiert sind, zu einem wesentlichen Teil aus Anzeigen finanziert werden und dadurch den schwer kontrollierbaren Einflüssen der Wirtschaft ausgesetzt sind. Mit einer derartigen Kritik könnte man sich ganz konkret auseinandersetzen; aus einer derartigen Kritik wären Reformvorschläge abzuleiten. Es wäre beispielsweise zu untersuchen, inwieweit bestimmte Teile der Großindustrie tatsächlich mit den Anzeigen-aufträgen politische Auflagen koppeln — oder wieweit sie, selbst gebunden und getrieben vom Zwang zu erfolgreicher Werbung, sich derartige Pressionen gegenüber erfolgreichen Werbeträgern gar nicht leisten können. Sollten sie sich solche Einflußnahmen aber doch in erheblichem Umfange leisten — und daß es dafür Beispiele gibt, traurige Beispiele, ist unbestreitbar —, so wären konkrete kommunikationspolitische Maßnahmen zu entwerfen; hier wäre an öffentlich-rechtliche Kontrollinstanzen und manches andere zu denken.

Bedauerlicherweise leistet die gängige Kritik am kapitalistischen Pressesystem derartiges gerade nicht. Sie ist „grundsätzlicher": Mit dem „Warencharakter" der Nachrichten — der angeblich die Wahrnehmung der öffentlichen Aufgabe der Presse verhindert — werden weniger die Zeitungen kritisiert als vielmehr die Kommunikationsbedürfnisse der Leser. Das ist es eigentlich, was so viele Repräsentanten unserer kulturvermittelnden Intelligenz empört: Die schroffe Ablehnung der kulturellen Leitbilder des Bürgertums durch die Massen, die vitalen Entspannungs-und Unterhaltungsbedürfnisse der in den Arbeitsprozeß eingegliederten Menschen, die unvermittelten und ungefilterten politischen Urteile und Vorurteile von Leuten, die man jahrhundertelang in Zwergschulen großzog und die nun durch den Mechanismus der Massenkultur plötzlich auch jener intellektuellen Zwischenschicht sichtbar werden.

Natürlich: Das, was da an Urteilen und Vorurteilen, an Meinungen und Bedürfnissen zutage gefördert wird, ist oft, allzuoft in der Tat erschreckend; die Begriffe „faschistisch" und „präfaschistisch", mit denen viele heute so gerne um sich werfen, mögen öfter am Platz sein, als uns lieb sein kann. Trotzdem ist es irrational und gefährlich, auf das, was da zutage tritt, lediglich mit einer bürgerlichen Niveauideologie und einem elitären Nicht-wahrhaben-Wollen zu reagieren. Genau das aber ist es, was wir ständig erleben: Kultur-politik als happy-pill gegen die Lebensangst bestimmter an den Rand der Gesellschaft gedrängter Gruppierungen. Sozialgeschichtliche Erklärungen dieser Erscheinung gibt es viele: „Bildung" — vor allem jene spezifisch literarisch-musische Spielart, die unsere Gymnasien nach wie vor konservieren — verliert als Vehikel des sozialen Aufstiegs mehr und mehr an Bedeutung, technisch-wirtschaftliche Eliten drängen nach vorn; Hofstätter faßt es in der Formel von der „Einsamkeit des Intellektuellen" in der industriellen Massengesellschaft. Nur: was helfen diese Erklärungen und Formeln — sie sind seit Jahrzehnten bekannt. Theodor Geigers Analyse dieses Problems ist viele Jahre alt und eine neue Generation fängt wieder „von vorn" an, als hätte es das alles noch nie gegeben.

Die moderne Industriekultur hat sich mit den Massenkommunikationsmitteln Instrumente geschaffen, die es ermöglichen würden, die Aufklärung in die Massen zu tragen. Aufklärung schafft man aber nicht, indem man über die Köpfe der Massen hinwegmonologisiert, weil einem die Bedürfnisse dieser Massen viel zu vulgär sind; wer aufklären will, muß diese Bedürfnisse sehr genau kennen und muß sich mit ihnen auseinandersetzen. Heute wird aber schon die systematische Erforschung dieser Bedürfnisse als Korruption verkannt. „Auseinandersetzen" mit den Bedürfnissen: das heißt selbstverständlich nicht, sie fraglos zu befriedigen. Auseinandersetzen heißt: diese Bedürfnisse als Datum zu berücksichtigen. Kommunikation als sozialer Prozeß ist ohne „Berücksichtigung" dieser Bedürfnisse gar nicht denkbar. Das übersehen die ideologisierten Gegner des sogenannten „Anpassungsjournalismus". Anpassung — das ist auch Einstellung auf den Leser, Eingehen auf seine Probleme, Berücksichtigung seiner Bedürfnisse als ein Moment journalistischer Arbeit. Gerade wer die bestehenden Verhältnisse verändern will, muß diese Anpassung leisten, um überhaupt gehört zu werden. Wer sich aber auf die, die er beeinflussen will, überhaupt nicht einstellt, ist der beste Garant des Status quo.

Was diese moderne Industriegesellschaft brauchte, wäre eine vermittelnde Intelligenz, die über die großen Apparaturen der Kommunikation selbstbewußt und realistisch verfügte, statt sie zu dämonisieren; die sich über ihr Publikum möglichst viel Informationen beschaffte, statt diese als „korrumpierendes Element" abzulehnen; die sich keine Illusionen über die Wirkung des eigenen Tuns machte — und trotzdem nicht aufgäbe. Solch eine Haltung kann aber nur aufbringen, wer sich vor den Massen nicht grault, wer die Massen nicht verachtet, wer ihre Sprache spricht und wer bereit ist, mit ihnen zu leben. Daß unser Bildungssystem diesen Typ vermittelnder Intelligenz nur in seltenen Exemplaren hervorbringt, kann nur den verwundern, der dieses Bildungssystem nicht kennt.

Ob der private Unternehmer im Kommunikationswesen eine große Zukunft hat, ob das „Modell wirtschaftlicher Wettbewerb" sich als Organisationsprinzip für moderne Massenkommunikationsmittel eignet — und unter welchen Bedingungen —, ist eine Frage, die mit all dem nicht beantwortet ist. Vielleicht wird man zu Formen öffentlicher Verwaltung finden, vielleicht wird es notwendig sein, die private Verfügungsmacht über Kommunikationsmittel empfindlich einzuschränken. Für welches Organisationsprinzip man sich aber auch immer entscheidet: heute wird der Prozeß der sozialen Kommunikation weniger durch untaugliche Organisationsprinzipien der Medien behindert als durch die nichtkommunikative, gesellschafts-abgewandte Haltung eines Teiles unserer Intelligenz, der einerseits durchdrungen von Sendungsbewußtsein und Erziehungsidealen, andererseits leicht angewidert durch die Unbildung und Ungeschliffenheit des , Pöbels'seine eigentliche Aufgabe in diesem Kommunikationsprozeß verfehlt. Die Manipulationstheorie kann man als den ideologischen überbau über der halben Isolierung dieser Elite betrachten, als den Ausdruck eines unausgetragenen innergesellschaftlichen Kulturkonflikts. Auf seine Gefahren hat der Berliner Politologe Richard Löwenthal in einem Essay mit dem Titel „Zur Lage der deutschen Intellektuellen" eindrucksvoll hingewiesen:

„Das Engagement der deutschen Intellektuellen von heute, ihre radikale Kritik an der Industriegesellschaft, resultiert . .. aus einem nur allzu sichtbaren Kulturpessimismus. Hinter der Erneuerung der radikalen Utopie steht deutlich die Verzweiflung, hinter der Glaubens-sehnsucht nicht selten ein Nihilismus, dem die humanistischen Werte unserer Zivilisation als bloße Heuchelei erscheinen. Dieses Engagement der sogenannten Linksintellektuellen ist nicht nur bewußter Gegenschlag gegen die Ideen der nationalsozialistischen Zeit ... Es ist auch unbewußte Fortsetzung einiger der geistigen Strömungen, die diesen Schrecken mit ermöglicht haben . . . Eine Kontinuität, die in der deutschen Intelligenz seit der Zeit der Romantik bis in unsere Zeit immer wieder erkennbar geworden ist."

Fussnoten

Fußnoten

  1. Herbert Marcuse, Der eindimensionale Mensch, Neuwied und Berlin 1967, S. 23. Nirgends schließt sich die studentische Linke heute Marcuse enger an, als in diesem Bestandteil seiner Theorie. Vgl. dazu Erwin K. Scheuch in dem von ihm herausgegebenen Band „Die Wiedertäufer der Wohlstandsgesellschaft", Köln 1968, S. 120: „Die Konzeption der . totalen Manipulation'ist das wirkliche Kernstück der Lehre der . Neuen Linken'." Die Anti-Springer-Demonstrationen Ostern 1968 lieferten zur Theorie die Praxis; so hat auch Dutschke diese Ereignisse nachträglich gerechtfertigt (vgl. das Vorwort zu „Briefe an Rudi Dutschke", Frankfurt/M 1968).

  2. Der „Publizist" wäre in dieser, auf Wilhelm Spael zurückgehenden Definition mehr an der eigenen „Aussage", der Journalist mehr am Zustandekommen eines kommunikativen Kontakts, eines „Gesprächs", interessiert. Publizist und Journalist sind Rollen, die der Pressepraktiker wechselweise einnimmt.

  3. Hans Albert, Traktat über kritische Vernunft, Tübingen 1968, S. 170.

  4. Aber selbstverständlich nur ein Teil. Die Tatsache, daß Denker wie Marcuse sich in der Lage glauben, „wahre" von „falschen" Bedürfnissen zu unterscheiden, läßt sich nicht mit „empirischen" Belegen „widerlegen".

  5. Theodor W. Adorno, Kann das Publikum wollen?, in: Anne Rose Katz (Hg.), Vierzehn Mutmaßungen über das Fernsehen, München 1963, S. 55.

  6. Vance Packard, Die geheimen Verführer, Düsseldorf 1958; Die Pyramidenkletterer, Düsseldorf 1963; Die große Verschwendung, Düsseldorf 1961.

  7. Vgl. a. a. O., S. 19.

  8. Ebenda, S. 20.

  9. So Herbert Krüger, über die Eignung des Modells „Wettbewerb" zur Sicherung des gebotenen Leistungsstands der Massenkommunikationsmittel, in: Archiv für Urheber, Film-Funk und Theater-recht, Bd. 38/1962/III, S. 129 ff., aber ebenso Werner Hofmann (vgl. Anm. 10).

  10. Werner Hofmann, Springer als Symptom, in: Jansen/Klönne (Hg.), Imperium Springer, Köln 1968.

  11. Marcuse, a. a. O., S. 24.

  12. Hofmann, a. a. O., S. 24.

  13. Jürgen Habermas, Strukturwandel der Öffentlichkeit, Neuwied 1962, S. 184.

  14. Rudi Dutschke, in: Pardon, Nr. 7/1967. Bei diesem Dutschke-Zitat sollte man nicht versäumen, auf die eigentliche Quelle zurückzugehen: Die . Lurche'— sie kriechen aus dem Denkgebäude der „Dialektik der Aufklärung" von Adorno und Horkheimer, erschienen 1947.

  15. Richard Burkhard, Konzentrationsvorgänge in der Presse der BRD und die Position Springers, in: Jansen/Klönne (vgl. Anm. 10), S. 43.

  16. Theodor W. Adorno, a. a. O., S. 60.

  17. Vgl. Anm. 9.

  18. Joseph Eberle, Großmacht — Presse, München 1912.

  19. Paul Sackarndt, Das unersättliche Auge, Essen 1961.

  20. Gustave Le Bon, Die Psychologie der Massen, S. 7.

  21. Ebenda, S. 22.

  22. Peter R. Hofstätter, Die Psychologie der öffentlichen Meinung, Wien 1949, S. 105.

  23. Autorenkollektiv, Manipulation, Berlin (-Ost) 1968, S. 39.

  24. Im berühmten Paragraphen 318.

  25. Adolf Portmann, zit. nach: „Du und die Welt", 19. Jg. /Nr. 8, 1968, S. 6.

  26. Vgl. hierzu Peter R. Hofstätter, Anm. 22.

  27. Franz W. Dröge/Wilfried B. Lerg, Kritik der Kommunikationswissenschaft, in: Publizistik, 10. Jg., 1965, Heft 3 (zugleich Festschrift für Otto Groth, Bremen 1965, S. 89). Grundlegend: Elihu Katz/Paul F. Lazarsfeld, Persönlicher Einfluß und Meinungsbildung, München 1962.

  28. Friedhelm Neidthardt, Gesellschaftliche Wirkungen der Massenmedien. Untersuchung zur These von der Angleichung des Menschen, in: Hamburger Jahrbuch für Wirtschafts-und Gesellschaftspolitik, 9. Jg. 1964, S. 221, 217.

  29. Joseph T. Klapper, The Effects and Function of Mass Communications, Glencoe 1961. Hier wurde nach einer leicht zugänglichen Aufsatzsammlung zitiert: Wilbur Schramm (Hg.), Grundfragen der Kommunikationsforschung, München 1964, S. 88, 89, 90, 91, 97.

  30. Peter R. Hofstätter, Gruppendynamik. Kritik der Massenpsychologie, Reinbek bei Hamburg 1957, S. 25/26.

  31. Peter Schneider, Pressefreiheit und Staatssicherheit, Mainz 1968, S. 30.

  32. Diese Zitatenmontage ist pressekritischer Literatur der letzten hundert Jahre entnommen!

  33. Kurt Baschwitz, Du und die Masse. Studien zu einer exakten Massenpsychologie, Leiden 195t, S. 68/69.

  34. Bonn 1950.

  35. Vgl. dazu Peter Glotz, Buchkritik in deutschen Zeitungen, Hamburg 1968.

  36. Hertha Sturm, Masse — Bildung — Kommunikation, Stuttgart 1968, S. 104.

  37. Hertha Sturm, a. a. O., S. 149.

  38. Hertha Sturm, a. a. O., S. 78.

  39. Vgl. dazu und zum folgenden: Werner Hof-mann, Universität, Idelogie, Gesellschaft. Beiträge zur Wissenschaftssoziologie, Frankfurt/M. 1968,

  40. Peter Glotz/Wolfgang R. Langenbucher, Monopol und Kommunikation, in: Publizistik, 13. Jg. 1968, Heft 2/3/4, S. 137- 180.

  41. Karl D. Bredthauer, Demokratie — Informationen — Herrschaft, in: Bernd Jansen/Arno Klönne (Hg.), Imperium Springer, S. 245.

  42. Vgl. zu diesen aus verschiedenen Quellen entnommenen Zahlen: Glotz/Langenbucher, a. a. O., S. 159 ff.

  43. Emil Dovifat, Handbuch der Publizistik, Band I (Allgemeine Publizistik), Berlin 1968, S. 5, 35.

  44. Manfred Delling, Sind unsere Fernsehmagazine noch zu retten?, in: ER. Das Herrenmagazin. Nr. 9/1968, S. 12, 14.

  45. Institut für angewandte Sozialforschung (Bad Godesberg), Zeitkritik im Fernsehen (Zuschauer, Einstellungen, Wirkungen).

  46. Dieter E. Zimmer, Die Legende von der Zersetzung, in: Die Zeit, 2. 8. 1968.

  47. Gerhard Maletzke, Psychologie der Massen-kommunikation. Theorie und Dystematik, Hamburg 1963, S. 209/10.

  48. Vgl. Hans Wagner, Das Gespräch übers Wetter, in: Publizistik 8. Jg. /1963, Heft 3.

  49. Hertha Sturm, a. a. O., S. 100.

  50. Hans Dieter Müller, Der Springer-Konzern. Eine kritische Studie, München 1968, S. 125.

  51. Vgl. Rolf Berth, Wähler-und Verbraucher-Beeinflussung, Stuttgart 1963, S. 387.

  52. Vgl. Dries van Collie, Der begeisterte Selbstmord, Donauwörth 1961.

  53. Berth, a. a. O., S. 388.

  54. Vgl. z. B. Hertha Sturm, a. a. O., S. 89 ff.

  55. Vgl. H. D. Müller, a. a. O., S. 98; Klapper in: Schramm (Hg.), a. a. O., S. 91; englische Beispiele: Hugh Cudlipp, Sensationen für Millionen. Die erstaunliche Geschichte des Daily Mirror, München 1955.

  56. Vgl. z. B. Klapper in: Schramm (Hg.), a. a. O., S. 98.

  57. Vgl. z. B. Dröge/Lerg, a. a. O., S, 88.

  58. Vgl. z. B. Elisabeth Noelle-Neumann, Die Wirkung der Massenmedien, in: Publizistik 5. Jg. /1960, Heft 4.

  59. Marcuse, a. a. O., S. 28.

  60. Ebenda, S. 25.

  61. Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, hg. von Johannes Hoffmeister, München 1948, S. 274.

  62. „Hämischer Relativismus" ist ein Ausdruck Adornos.

  63. Vgl. Hans Albert, a. a. O., S. 168.

  64. Marcuse, a. a. O., S. 61.

  65. Hans Albert, a. a. O., S. 173.

  66. Habermas, a. a. O., S. 188.

  67. Ludwig Marcuse, Kultur-Pessimismus und Kultur-Masse, in: Aus den Papieren eines bejahrten Philosophie-Studenten, München 1964, S. 331.

  68. Ebenda.

  69. Zitiert nach Leo Löwenthal, Literatur und Gesellschaft, Neuwied 1964. Dort auch eine Analyse der gesamten geistesgeschichtlichen Tradition.

  70. Siegmund Freud, Das Unbehagen in der Kultur, zit. nach: Abriß der Psychoanalyse (Bücher des Wissens, Bd. 47) S. 103.

  71. Marcuse, a. a. O., S. 26.

  72. Karl R. Popper, Die offene Gesellschaft und ihre Feinde, Bern 1958, Bd. II, S. 164.

  73. Hans Albert, a. a. O., S. 174. 74a) Karl R. Popper , a. a. O„ Bd. II, S. 291.

  74. Ebenda, S. 176.

  75. Ebenda, S. 177.

  76. Theodor Geiger, Aufgaben und Stellung der Intelligenz in der Gesellschaft, Stuttgart 1949.

  77. Richard Löwenthal, Zwischen Konformismus und Sezession, in: Der Monat, Nr. 239/1968, S. 32.

Weitere Inhalte

Dr. Peter Glotz, M. A., Lehrbeauftragter schaft der Rundfunkanstalten Deutschlands und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut (ARD) für ihre Sendereihe „Presse und Demokratie". für Zeitungswissenschaft der Universität München, Jahrgang 1939, studierte Soziologie, Germanistik, Gemeinsame Veröffentlichungen u. a.: Versäumte Philosophie und Zeitungswissenschaft; Lektionen (Entwurf eines Lesebuches), Magisterarbeit über außenpolitische Berichterstattung Gütersloh 1965; Der mißachtete Leser (Zur (1963); Promotion mit einer Arbeit Kritik der deutschen Presse), Köln 1969; Monopol über Buchkritik in Deutschland (1968); und Kommunikation; in: Publizistik, Bundeskandidat für die SPD im Wahlkreis 201. 13. Jg„ 1968, Heft 2/3/4. Aufsätze über kommunikationspolitische Fragen u. a. in den Zeitschriften „Publizistik" und „Rundfunk und Fernsehen"; zusammen mit Otto B. Roegele: Pressereform und Fernsehstreit, Gütersloh 1965. Dr. Wolfgang R. Langenbucher, Lehrbeauftragter und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Zeitungswissenschaft an der Universität München, Jahrgang 1938, studierte Soziologie, Philosophie und Zeitungswissenschaft; Promotion mit einer Arbeit über die gesellschaftliche Funktion der Unterhaltungsliteratur (1963). Aufsätze u. a. in „Publizistik", „Rundfunk und Fernsehen", „Börsenblatt für den deutschen Buchhandel", „Bertelsmann-Briefe", „Zeitschrift für Religions-und Geistesgeschichte". 1968 erhielten Glotz und Langenbucher den KURT-MAGNUS-PREIS der Arbeitsgemein~