Die Diskussion über die Möglichkeiten zur Bekämpfung des Preisauftriebs wird von zahlreichen Irrtümern beherrscht. Dazu gehört vor allem die Auffassung, daß es unter den gegenwärtig in der nationalen und internationalen Wirtschaft gegebenen strukturellen Bedingungen durchaus möglich sei, einen Zustand der Preisstabilität herbeizuführen. Zu den Irrtümern in der Stabilitätsdiskussion zählen weiterhin alle einspurigen Erklärungsversuche und Therapievorschläge, wie z. B., daß Lohnerhöhungen die Ursache aller Preis-sorgen seien oder daß durch rigorose Haushaltskürzungen, durch forcierten Abbau der „Überbeschäftigung" oder durch Einschränkung der Gewinne die Preise zu stabilisieren seien. Die Tatsache, daß die traditionellen Instrumente der Stabilitätspolitik nicht mehr greifen, ist auf weitreichende Veränderungen innerhalb der Volkswirtschaft zurückzuführen, die eine Deformierung der Marktwirtschaft verursachten. Kennzeichnend dafür sind Konzentrationsvorgänge bisher unbekannten Ausmaßes. Sie haben den Wettbewerb, eine der tragenden Säulen der Marktwirtschaft, weitgehend außer Kraft gesetzt und zu einem Verfall marktwirtschaftlicher Sitten geführt, was in einer zunehmenden Tendenz zu Preisabsprachen zum Ausdruck kommt. Die Entstehung großer Unternehmenseinheiten hat die Preisbildungsmechanismen auch insofern verändert, als Preisanpassungen an eine veränderte Marktlage tendenziell nur noch als Preiserhöhungen wirksam werden. Im Zentrum unternehmerischer Marketing-strategien steht der sogenannte Cash-flow, das sind die Erlösanteile, in denen sich die Eigenfinanzierungskraft eines Unternehmens ausdrückt und die von wesentlich größerer Bedeutung sind als der Gewinn. Insbesondere diese Ausrichtung auf den Cash-flow erschwert eine staatliche Stabilitätspolitik. Hinzu kommt, daß die Finanzierung ehrgeiziger Unternehmensziele erleichtert wird durch die weltweite monetäre Expansion: Sie ermöglicht es gerade den großen Unternehmern, die Ziele der staatlichen Konjunkturpolitik zu unterlaufen und sich im Ausland Geld zu beschaffen. Eng im Zusammenhang mit der monetären Expansion stehen die Weltwährungskrisen. Sie haben im Laufe der Zeit gerade wegen der strukturellen Veränderungen in den westlichen Volkswirtschaften einen immer explosiveren Charakter angenommen. Solange die Konstruktionsfehler des jetzigen Währungssystems nicht beseitigt werden, muß mit weiteren Währungskrisen gerechnet werden, die wiederum die nationalen Bemühungen um Stabilität gefährden. Eine Inflationsquelle ist auch der ständig wachsende Dienstleistungssektor, da sich in diesem lohnintensivsten Wirtschaftsbereich Erhöhungen der Löhne in besonderem Maße in den Preisen niederschlagen müssen. Unter den gegebenen Bedingungen ist eine Stabilitätspolitik mit den traditionellen marktkonformen Instrumenten also nicht mehr möglich. Wenn es nicht gelingt, den Wettbewerb und damit Preisflexibilität auch nach unten wiederherzustellen, wächst die Wahrscheinlichkeit (und Notwendigkeit) der Anwendung dirigistischer Instrumente: Kreditplafondierung, d. h. die Begrenzung des Kreditvergabespielraums der Banken, sowie Preiskontrollen bei denjenigen Unternehmen, die aus dem marktwirtschaftlichen Wettbewerb ausgeschert sind.
I. Die Irrtümer in der aktuellen Stabilitätsdiskussion
Stability begins at home — dies war ein gern zitierter Anglizismus im zurückliegenden Wahlkampf, dessen Zentralthema, die Möglichkeiten einer Stabilitätspolitik, die Gemüter heftig bewegte. Stability begins at home — dieser Satz täuschte vielfach fundiertes ökonomisches Wissen vor und enthob der Notwendigkeit, die Vorschläge zur Wiederherstellung der Preisstabilität zu konkretiseren. Stabilität: dieses Schlagwort, so hatten die Politiker aller Parteien richtig geortet, entspricht einer breiten Grundströmung der Bevölkerung. So wie in den fünfziger Jahren Sicherheit im Zentrum der Wünsche stand und in den sechziger Jahren Fortschritt, so ist jetzt ein vorrangiges Ziel eben die Stabilität. Ein schönes Ziel — für das viele, wie Meinungsumfragen immer wieder zeigen, sogar bereit wären, Opfer zu bringen. Ein problematisches Ziel aber auch; denn man kommt nicht an der bedauerlichen Tatsache vorbei, daß die Verwirrung über die Möglichkeiten einer Stabilitätspolitik um so größer wurde, je mehr und je lautstärker man darüber diskutierte.
Abbildung 7
Firmen, Größenordnung Investitionen nach der pro Produkt-einheit
(in Millionen (in 1000 DM)
DM) 2 5 10 25 50 100 1 000 *) 0, 112 0, 109 0, 108 0, 110 0, 123 0, 125 0, 159 Lohn-und Gehaltssumme pro Kopf der Beschäftigten (in 1000 DM) 6, 4 6, 7 7, 0 7, 4 7, 6 8, 0 8, 9 Anteil der Löhne und Gehälter an der Nettoproduktionsmenge (in Prozenten) 39, 9 40, 0 40, 3 40, 2 40, 3 40, 6 35, 9 *) Die Beschäftigten dieser Gruppe machen 27 Prozent aller Arbeitnehmer in den Fabrikationssektoren aus. Quelle: Charle圐ٞ
Firmen, Größenordnung Investitionen nach der pro Produkt-einheit
(in Millionen (in 1000 DM)
DM) 2 5 10 25 50 100 1 000 *) 0, 112 0, 109 0, 108 0, 110 0, 123 0, 125 0, 159 Lohn-und Gehaltssumme pro Kopf der Beschäftigten (in 1000 DM) 6, 4 6, 7 7, 0 7, 4 7, 6 8, 0 8, 9 Anteil der Löhne und Gehälter an der Nettoproduktionsmenge (in Prozenten) 39, 9 40, 0 40, 3 40, 2 40, 3 40, 6 35, 9 *) Die Beschäftigten dieser Gruppe machen 27 Prozent aller Arbeitnehmer in den Fabrikationssektoren aus. Quelle: Charle圐ٞ
Hauptursache für die allgemeine Verwirrung und Unsicherheit auf dem Gebiete der Stabilitätspolitik: In den Wirtschaftswissenschaften hat man es, anders als leider in den Naturwissenschaften, nicht mit Gesetzen, sondern allenfalls mit Gesetzmäßigkeiten zu tun, die — wenn überhaupt — nur unter bestimmten Bedingungen gelten. Die Verhältnisse aber, so lehren die Erfahrungen der letzten Jahre, sind nicht mehr so, wie sie in den Büchern der Nationalökonomie beschrieben wurden.
Abbildung 8
Firmen, Größenordnung nach der Umsatzhöhe (in Millionen DM) 2 5 10 25 50 100 1 000 Zahl der Beschäftigten pro Firma 47 95 200 405 893 1 705 7 612 Netto-Arbeitsleistung
pro Person (in 1000 DM) 16, 0 16, 8 17, 4 18, 5 18, 8 19, 7 24, 7 Investitionen pro Kopf der Beschäftigten (in 1000 DM) 1, 8 1, 8 1, 9 2, 1 2, 3 2, 5 3, 9
Firmen, Größenordnung nach der Umsatzhöhe (in Millionen DM) 2 5 10 25 50 100 1 000 Zahl der Beschäftigten pro Firma 47 95 200 405 893 1 705 7 612 Netto-Arbeitsleistung
pro Person (in 1000 DM) 16, 0 16, 8 17, 4 18, 5 18, 8 19, 7 24, 7 Investitionen pro Kopf der Beschäftigten (in 1000 DM) 1, 8 1, 8 1, 9 2, 1 2, 3 2, 5 3, 9
Und weil die Verhältnisse nicht mehr so sind, offenbarte die Stabilitätsdiskussion bislang mehr Irrtümer als neue Erkenntnisse. Aber da man bekanntlich aus Irrtümern lernt, kann es nicht schaden, zunächst einmal auf die wesentlichen Irrtümer einzugehen.
Erster Irrtum ist der weitverbreitete Glaube, man könne zur Stabilität „zurückkehren" wie ein Emigrant in seine Heimat. Zumindest erweckt das Schlagwort von der Rückkehr zui Stabilität den Eindruck, als habe es schon einmal so etwas wie Preisstabilität in unserem Lande gegeben, und zwar zu Bedingun-gen, die von einer breiten Mehrheit akzeptiert werden. Richtig ist: Es gab in der Tat nach dem Kriege Stabilität, und zwar vor 1948, als Preisstop herrschte, und — annäherungsweise — 1967, als die erste Rezession der Nachkriegszeit und Arbeitslosigkeit den Glauben an das deutsche Wirtschaftswunder erschütterten. Diese Art von Stabilität dürfte allerdings für die breite Mehrheit der Bevölkerung nicht sonderlich attraktiv sein. Richtig ist also: Die Verbraucherpreise sind schon immer gestiegen, sogar in der soge-nannten „guten alten Zeit" vor 1914. In der „guten alten Zeit der Marktwirtschaft", also bis zum Machtwechsel im Jahre 1969, stiegen sie seit 1950 um über 50 Prozent, und zwar mit jährlich unterschiedlicher Rate. Ganz konkret: Der Anstieg der Verbraucherpreise schwankte zwischen knapp 8 Prozent im Jahre des Koreakrieges 1951 und 1, 4 Prozent 1967.
Richtig ist schließlich: Seit 1969 hat sich der Preisauftrieb unverkennbar beschleunigt. Lag das nun an der neuen Bundesregierung, lag es daran, daß alle, die Einfluß auf die Preise haben, plötzlich „unvernünftig" gehandelt haben, unvernünftiger jedenfalls als vorher? Oder haben qualitative Veränderungen in den Wirtschaftsprozessen den Inflationsschub bewirkt, Veränderungen, deren Ursachen weiter zurückliegen, die unmerklich zunächst, in den letzten Jahren aber immer deutlicher das marktwirtschaftliche System veränderten und das Klima schafften für ungewohnte und ungewöhnliche Preissteigerungen? Nun, wir werden sehen.
Irrtum Nummer zwei ist der weitverbreitete Glaube, ein Verzicht auf Lohnerhöhungen bringe automatisch die Preisstabilität. Wie weit verbreitet dieser Irrglaube ist, davon kann man sich anhand der Ergebnisse von Meinungsumfragen überzeugen. Auf die Frage: Würden Sie im Interesse stabiler Preise auf Lohnerhöhungen verzichten, antworten in der Regel etwa zwei Drittel der Befragten mit einem freudigen Ja, und zwar deshalb, weil diese — man kann nur sagen dumme — Frage dem Befragten suggeriert, daß alle Preissteigerungen auf Lohnerhöhungen zurückzuführen sind. Nun gibt es tatsächlich —-besonders in den Wirtschaftsverbänden — Wirtschaftsexperten, die nicht müde werden, die These zu verkünden, letztlich seien alle Kosten Lohnkosten oder Arbeitskosten, aber das führt nicht weiter. Wenn diese Experten den von ihnen nicht sehr geschätzten Karl Marx kennen würden, wären sie vorsichtiger;
denn genau das hat Marx beweisen wollen — aber er irrte. Es sind, wie wir noch sehen werden, eben nicht alle Kosten Lohn-kosten. Da ja in weiten Teilen der westlichen Welt Marktwirtschaft herrscht (oder das, was man dafür hält), können sich Güter aus vielerlei Gründen verteuern; die Nachfrage nach bestimmten Rohstoffen kann steigen, der Preis steigt mit. Ein Unternehmen erkämpft sich eine Monopolstellung — der Preis geht in die Höhe. Ein Land erhöht die Zölle — und schon wieder steigen die Preise. Die Kapazität eines kapitalintensiven Unternehmens wird unzureichend ausgelastet — die Stückkosten steigen und die Preise mit (dieses Kapitel wird uns an anderer Stelle noch beschäftigen). Die Ernte fällt schlecht aus — das Urteil über die Stabilität ebenfalls, weil die Preise steigen. Einer der wichtigsten Gründe ist der folgende: Die Möglichkeit, die Preise zu erhöhen, besteht nur dann, wenn die Geldversorgung einer Volkswirtschaft in entsprechendem Ausmaß sich erhöht: Auch dies hat mit Lohnerhöhungen nichts zu tun. Dazu an anderer Stelle noch mehr, doch dieses Fazit sei jetzt schon gezogen: Die weitverbreitete Bereitschaft, im Interesse der Preisstabilisierung auf Lohnerhöhungen zu verzichten, verdient Anerkennung, führt aber nicht ins gelobte Land der Stabilität.
Irrtum Nummer drei: Der Staat, also Bund, Länder und Gemeinden, müsse nur kräftig sparen, und schon ist alles — zumindest was die Stabilität anbelangt — wieder in Ordnung. Leider geht auch diese Stabilitätsrechnung nicht auf. Der Staat kann zwar durch eine ungezügelte Ausgabengebarung das Preis-klima weiter aufheizen, aber der Beweis dafür, daß durch Ausgabenkürzungen eine Senkung der Agrarpreise, der Telefon-und sonstigen Postgebühren, eine Senkung der Mieten oder gar der Grundstückspreise erreicht werden kann, steht noch aus, und die genannten Positionen schlagen im Lebenshaltungskostenindex nicht unerheblich zu Buche. Es gibt praktisch nur einen Sektor, auf dem die öffentliche Hand durch Einsparen direkt auf die Preise einwirken kann: im Hoch-und Tiefbau. Gerade hier aber ist der öffentliche Bedarf enorm. Eine Verzögerung würde die ohnehin vorhandenen Infrastrukturprobleme, vor allem im Bildungs-und Verkehrswesen, verschärfen.
Hinzu kommt, daß die Manövriermasse bei den öffentlichen Hauhalten gering ist, so gering, daß, selbst wenn ein direkter Zusammenhang zwischen Haushaltskürzungen und Preisdämpfung bestünde, die Wirkung auf die Preise gering bliebe. Hinzu kommt ferner, daß Einsparungsmöglichkeiten weniger im konsumtiven Bereich der öffentlichen Ausgaben liegen, die unbestritten die volkswirtschaftliche Gesamtnachfrage erhöhen, sondern im investiven Bereich, was aus struktur-politischen Gründen, wie angedeutet, nicht eben erwünscht ist. Fazit: Stabilitätspolitische Erfolge mit Hilfe der vielzitierten antizyklischen Haushaltspolitik (was bedeutet, daß die öffentlichen Haushalte entgegen dem jeweiligen Preistrend „gefahren" werden sollen) sind, wenn überhaupt, dann nur auf Teilgebieten und um den Preis der Verschiebung wichtiger Infrastrukturvorhaben zu erzielen.
Irrtum Nummer vier ist die Überzeugung, man brauche nur die Vollbeschäftigung oder Überbeschäftigung abzubauen, und ein wichtiger Schritt in Richtung Stabilität sei getan. In dieser These steckt nicht nur wirtschafts-, sondern auch sozialpolitischer Sprengstoff. Wirtschaftspolitisch wäre zunächst die Frage zu klären, wo denn die Vollbeschäftigung aufhört und die Überbeschäftigung beginnt. Der Hinweis auf die über 2 Millionen Gastarbeiter als Symptom einer Überbeschäftigung erscheint recht problematisch. Denn darin steckt die Vermutung, daß es ohne weiteres möglich wäre, diese „Bestände" abzubauen, und gerade das dürfte, abgesehen von den sozialpolitischen, vor allem auch wirtschaftliche Flurschäden verursachen. Ein hoher Prozentsatz der „Gastarbeiter" ist eben nicht Arbeiter auf Zeit, die man jederzeit wieder nach Hause schicken kann, sondern muß praktisch als Einwanderer gelten, die zumindest wirtschaftspolitisch voll integriert sind in die Industrie oder in die Dienstleistungsbereiche.
Doch nehmen wir an, es sei möglich, eine echte oder vermeintliche Überbeschäftigung abzubauen, was wäre gewonnen? Kann man mit einer Reduzierung des Beschäftigungsstandes oder gar mit einer „gewollten Rezession" heute noch den Preisauftrieb wirksam bremsen? Die Erfahrungen in anderen Ländern mahnen zur Vorsicht. Frankreich hatte Mitte 1972 bei Preissteigerungen von 5, 6 Prozent eine Arbeitslosenquote von 2, Prozent, Großbritannien verzeichnete 6, 1 Prozent Preissteigerungen bei 3, 2 Prozent Arbeitslosigkeit, Italien 5, 5 Prozent Preissteigerungen bei gleich hoher Arbeitslosenquote. Eine Ausnahme scheinen die ÜSA zu bilden: hier stiegen die Preise bei 5, 5 Prozent Arbeitslosigkeit nur um 2, 9 Prozent, und das bei einem kräftigen realen Wachstum. Doch dieser „Erfolg" hat einen Schönheitsfehler: In den USA herrschte zu dieser Zeit Lohn-und Preisstop. Zweite Ausnahme scheint die Bundesrepublik: Hier gelang es tatsächlich, im Zusammenhang mit einem Abbau der Beschäftigung die Preise zu stabiliseren, nämlich, wie bekannt, Im Jahre 1967. Auch hier sind aber Einschränkungen zu machen: Einmal schrumpfte das Wachstum bei dieser Stabilisierungsaktion auf Null, zum anderen haben sich seitdem die Verhältnisse geändert: Die internationalen Kreditmärkte haben enorm expandiert mit der Konsequenz, daß die Großunternehmen und allen voran die multinationalen Konzerne sich von der nationalen Konjunkturpolitik weitgehend unabhängig machen konnten (dieses Kapitel wird uns noch ausführlich beschäftigen).
Bliebe also festzuhalten: Niemand kann garantieren, daß durch einen Abbau der Beschäftigung der Preisanstieg wirksam bekämpft werden kann. Vielmehr besteht die Gefahr einer Stagflation, das heißt einer Stagnation des Wirtschaftswachstums bei anhaltendem oder geringfügig gedämpften Preisauftrieb, wie man es vor allem in Großbritannien und Italien beobachten konnte. Berücksichtigt man noch die sozialpolitischen Folgen einer negativen Beschäftigungspolitik (Streiks, Radikalisierung), dann erscheint doppelte Vorsicht bei Gebrauch dieses konjunkturpolitischen . Instruments'geboten.
Irrtum Nummer fünf in der Preisdiskussion führt an die Substanz der Marktwirtschaft: Es ist der Glaube, allein das Gewinnstreben der Unternehmer sei Hauptursache allen inflationistischen Übels.
Diese irrige Auffassung —-es gibt, wie diese Untersuchung zeigen soll, eine ganze Reihe von Ursachen — könnte zum Beispiel durch die Lektüre eines Aufsatzes von Werner Glastetter mit dem Titel „Wirtschaftswachstum und Preisstabilität" 1) bestärkt werden. Glastetter nennt zwar auch andere Ursachen für die Preissteigerungen, widmet aber den größten Teil seiner Ausführungen den Gewinnen und begünstigt damit eine monokausale Interpretation der Preisbildungsprozesse. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, daß einer der entscheidenden Eckwerte der Strategien zumindest großer Unternehmen nicht mehr der Gewinn ist, sondern der „cash flow" (s. dazu S. 12 ff,).
Grundsätzlich soll aber nicht bestritten werden: Das Gewinnstreben der Unternehmen und der für sie handelnden Personen, das Ausnutzen von Marktchancen, das Bemühen, den höchstmöglichen Preis zu erzielen, wirkt alles andere als preisdämpfend. Aber hier wäre sogleich die Frage zu stellen, was geschehen würde, wenn man — auf welche Art auch immer — die Gewinne auf Null herunterschrauben würde. Herrschte dann Preisstabilität? Mit Sicherheit nicht, eben weil es neben dem Gewinnstreben noch eine Reihe anderer Preiseinflußgrößen gibt, wie wir gesehen haben.
Würden also die Kosten, aus welchen Gründen auch immer, steigen, müßten die Preise mitsteigen. Weiter wäre die Frage zu prüfen, wie man denn die Gewinne reduzieren kann. Das scheinbar einfachste Mittel wäre eine entsprechende Besteuerung — freilich mit fragwürdigem Erfolg. Wer kann schon glaubwürdig nachweisen, daß eine Steuer und gar erst eine „Gewinnsteuer" preisstabilisierend gewirkt hätte-.
Selbst wenn es gelänge, die Gewinne irgendwie zu reduzieren, müßte man die An-'schlußfrage stellen, ob man denn überhaupt das Gewinnstreben abschaffen kann. Auch hier lautet die Antwort schlicht nein; die Erfahrungen im Ostblock mit einem nichtkapitalistischen Wirtschaftssystem münden in die Erkenntnis, daß es nicht gelungen ist, Gewinn-undErwerbsstreben zu „sozialisieren," das heißt in einer dem Allgemeinwohl dienenden Weise zu kanalisieren.
Hier freilich ist ein Problem angesprochen, das schon für Generationen von Philosophen ein „gewinnbringendes" Thema war. Bedeutet Gewinnmaxierung „das größte Glück der größten Zahl", wie es der „Urvater" der Martkwirtschaft, Adam Smith, formulierte, oder ist ä la Karl Marx die „Profitgier" die Quelle allen Übels? Um die Antwort wird heute noch gerungen, wobei man Adam Smith zugute halten sollte, daß ihm ein Wirtschaftsmodell vorschwebte, das paradoxerweise den Gewinn als Preisbildungsmechanismus ausschaltete: nämlich die vollkommene Konkurrenz, in der durch Wettbewerb einer „unendlich großen Zahl von Anbietern" die Gewinnmargen auf Null schrumpfen.
Wie gesagt: Hier handelt es sich um ein Modell. Die Schlußfolgerung aber, die man aus diesen theoretischen Überlegungen ziehen muß, ist die: Je weiter sich eine Volkswirtschaft in der Praxis von diesem Modell entfernt, um so größer die Gewinn-und Preisbildungsspielräume, — und damit sind wir beim Generalthema.
II. Deformierte Marktwirtschaft
Abbildung 2
Nahrungs-und Genußmittelgewerbe Eisen-und NE-Metallerzeugung und -bearbeitung Chemische Industrie, Mineralölverarbeitung, Kunststoff-, Gummi-, Asbestverarbeitung Energiewirtschaft, Wasserversorgung Elektrotechnik, Feinmechanik, Optik, EBM-Waren, Musikgeräte usw. Zahl der Unternehmen mit 500 Millionen DM und mehr Umsatz 7 18 19 6 Anteil am Bruttoinlands-produkt der Branche 93, 5 0/0 87, 8 °/o 60, 3 °/o 51, 6 0/0 50, 0 0/0 Industriezweig
Nahrungs-und Genußmittelgewerbe Eisen-und NE-Metallerzeugung und -bearbeitung Chemische Industrie, Mineralölverarbeitung, Kunststoff-, Gummi-, Asbestverarbeitung Energiewirtschaft, Wasserversorgung Elektrotechnik, Feinmechanik, Optik, EBM-Waren, Musikgeräte usw. Zahl der Unternehmen mit 500 Millionen DM und mehr Umsatz 7 18 19 6 Anteil am Bruttoinlands-produkt der Branche 93, 5 0/0 87, 8 °/o 60, 3 °/o 51, 6 0/0 50, 0 0/0 Industriezweig
Ist die Marktwirtschaft, also eine auf Wettbewerb, Privateigentum und freier Unternehmer-entscheidung beruhende Wirtschaftsordnung, eine Realität, wie es alle diejenigen stillschweigend voraussetzen, die als Retter der Marktwirtschaft durch die Lande ziehen, oder ist die Marktwirtschaft eine Utopie?
Diese Frage ist aktuell geworden, seitdem man festgestellt hat, daß die traditionellen Konjunktursteuerungsmittel nicht mehr greifen. Wieso kommt es eigentlich, daß ein Abbau der Beschäftigung keine Garantie mehr für geringere Preissteigerungen bietet? Wie kommt es, daß grundsätzlich über eine allgemeine Dämpfung der Nachfrage (Haushalts-kürzungen, Kreditverteuerung, Verzicht auf Lohnerhöhungen) nicht automatisch eine Stabilisierung des Preisniveaus erreicht werden kann nach Maßgabe der immer noch gültigen klassischen volkswirtschaftlichen Formel, daß die Preise dann stabil sind, wenn sich Angebot und Nachfrage im Gleichgewicht befinden? Zwei Erklärungen bieten sich an für dieses Phänomen. Die erste wäre personalpolitisch, die zweite ordnungspolitisch. Die personalpolitische Deutung würde darauf hinauslaufen, das Scheitern aller Stabilitätsbemühungen mit der Unfähigkeit der verantwortlichen Wirtschaftspolitiker zu begründen, das wirtschaftspolitische Instrumentarium sachgerecht anzuwenden — eine These, die sich im Ernst nicht vertreten läßt.
Man sollte sein Augenmerk deshalb auf ordnungspolitische Veränderungen richten und die Frage stellen, welche der drei Säulen der Marktwirtschaft, nämlich das Privateigentum, die freie Unternehmerentscheidung und der freie Wettbewerb noch voll tragfähig sind. Alle traditionellen Stabilisierungskonzepte Haushaltspolitik, Lohnpolitik, Kreditpolitik — setzen nämlich voraus, daß diese drei Säulen so stabil sind, wie es (immer noch) in vielen Lehrbüchern der Nationalökonomie steht. 1. Konzentration und kein Ende Nun, der Schluß liegt nahe: da die Instrumente nicht mehr voll wirksam sind, müssen zwischenzeitlich Veränderungen in der marktwirtschaftlichen Wirtschaftsordnung eingetreten sein, die den Wirkungsspielraum der traditionellen Wirtschaftspolitik einengten, über zwei dieser Säulen braucht man sich nicht zu unterhalten: Die unternehmerische Entscheidungsfreiheit findet ihre Grenze lediglich dort, wo sie etwa mit sozialpolitischen oder Steuergesetzen kollidiert. Auch das Eigentum ist und bleibt, wie man im Grundgesetz nachlesen kann, garantiert. Verzerrungen sind hingegen in den letzten Jahren beim Wettbewerb eingetreten, deren Ausmaß noch nicht ganz überschaut wird. Die bisher bekannt gewordenen Untersuchungen und Fakten lassen jedoch zumindest diesen Schluß zu: Der Wettbewerb spielt längst nicht mehr die Rolle, die ihm in einer Marktwirtschaft zukommt; die eingetretenen Wettbewerbsverzerrungen infolge der Konzentration haben zu schweren Deformierungen der Marktwirtschaft in der Praxis geführt. Aus der Fülle der Literatur über die Fragen des Wettbewerbs seien zur Untermauerung dieser These drei Publikationen herausgegriffen, die sich im Inhalt im wesentlichen dekken und ergänzen (und im übrigen auch nicht im Widerspruch zu anderen Veröffentlichungen stehen). Es sind dies eine Untersuchung des Wirtschaftswissenschaftlichen (seit 1972 Wirtschafts-und Sozialwissenschaftlichen) Instituts der Gewerkschaften (WWI bzw. WSI) ein Buch von Hermann Marcus mit dem Titel „Die Macht der Mächtigen" sowie das Jahresgutachten 1971 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung
Die Untersuchung des WSI, die sich weitgehend auf Erhebungen des Statistischen Bundesamtes stützt, gibt eine Momentaufnahme der Konzentration im Jahre 1968 — also noch vor Beginn der größten Konzentrationswelle der Nachkriegszeit.
Das WSI hat unter anderem Unternehmen, Beschäftigte und Umsatz in der Industrie ab einer Betriebsgrößenklasse von 10 Beschäftigten analysiert und ist dabei zu folgenden Ergebnissen gekommen:
Von den insgesamt 45 222 Betrieben mit mehr als 10 Beschäftigten haben rund 2 300 Betriebe eine Belegschaft von mehr als 500, das sind 5, 2 Prozent aller Betriebe. Auf diese rund 5 Prozent aller Betriebe entfallen aber fast zwei Drittel (64, 5 Prozent) der Gesamtumsätze. Mit einer Belegschaft von mehr als 1 000 gab es in der Bundesrepublik 1968 nur 1 030 Unternehmen, das sind 2, 3 Prozent aller Betriebe mit mehr als 10 Beschäftigten. Diese 2, 3 Prozent vereinigten auf sich aber mehr als die Hälfte (54, 4 Prozent) aller Umsätze.
Geht man von den Umsatzgrößenklassen aus, dann ergibt sich folgendes Bild:
Es gab 1968 nicht mehr als 516 Unternehmen, die Umsätze von mehr als 100 Millionen D-Mark erzielten, das sind 1, 1 Prozent aller Unternehmen. Auf dieses eine Prozent aller Unternehmen aber konzentrierten sich fast die Hälfte aller Industrieumsätze (nämlich 49, 2 Prozent).
Das WSI untersuchte ferner die Beiträge der größten Unternehmen und Konzerne der Bundesrepublik Deutschland zum Bruttoinlandsprodukt (das ist derjenige Teil der wirtschaftlichen Leistung einer Volkswirtschaft, der innerhalb eines Landes erbracht wird) und ihren Anteil am Branchenumsatz — letzteres vermittelt am deutlichsten Einblicke in die Wettbewerbsstruktur.
Zunächst ein Zitat aus dieser Untersuchung: „Mehr als ein Fünftel des Bruttoinlandsproduktes entstand 1968 in nur 130 Konzernen und Unternehmen. 80 Industriekonzerne und -unternehmen der verarbeitenden Industrie erbrachten mehr als 41 v. H.des hier erzeugten Bruttoinlandsproduktes, was einem Anteil von über 14 v. H. an dem gesamten Bruttoinlandsprodukt entspricht (jeweils ohne Umsatzsteuer). Dabei verteilen sich die bei Er-7 Zeugung des Bruttoinlandsproduktes anfallenden Umsätze auf 1 652 408 natürliche und juristische umsatzsteuerpflichtige Personen"
Mit anderen Worten: Auf 130 von insgesamt knapp 1, 7 Millionen Umsatzsteuerpflichtige entfallen mehr Millionen Umsatzsteuerpflichtige entfallen mehr als ein Fünftel aller im Inland erzeugten Güter und Leistungen. Im Bereich der verarbeitenden Industrie konzentrieren sich rund 40 Prozent der Erzeugung auf 80 Unternehmungen.
Doch nun zum Anteil der Konzerne am Branchenumsatz: In den folgenden Bereichen war die Konzentration der Produktion nach Ermittlungen des WSI besonders hoch 6):
Nur in drei Industriezweigen, nämlich — im Holz-, Papier-und Druckgewerbe, — im Leder-, Textil-und Bekleidungsgewerbe und — im Baugewerbe liegt der Anteil der Großunternehmen unter 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Zum Baugewerbe wäre anzumerken, daß hier die geringe Konzentration, wie die einschlägigen Statistiken ausweisen, nicht das erhoffte Allheilmittel gegen Preissteigerungen war und ist. Dafür sind zwei Gründe maßgebend: einmal die übergroße Nachfrage, zum anderen die in weiten Bereichen konservierten handwerklichen Produktionsmethoden, die die Preisentwicklung in dieser Branche im Gegensatz zu anderen Wirtschaftsbereichen in relativ starkem Maße von der Lohn-entwicklung abhängig machen.
Mit einiger Sorge registriert das WSI auch die Konzentration im Handel. Obwohl dort 1968 über 600 000 Umsatzsteuerpflichtige registriert waren, konnten die 34 Umsatzriesen der Branche mit Jahresumsätzen von je über 500 Millionen DM 12 Prozent des Branchenbeitrags zum Inlandsprodukt auf sich vereinigen. Von dem Beitrag dieser 34 entfielen wiederum zwei Drittel auf Einzelhandels-konzerne.
Hermann Marcus steuert in seinem Buch „Die Macht der Mächtigen" folgende Zahlen zum Thema Konzentration bei, die sich ebenfalls auf das Jahr 1968 beziehen 7):
Es entfallen auf die 115 größten Industrieunternehmen Wie gesagt, alle diese Zahlen datieren aus einer Zeit vor der jüngsten Konzentrationswelle, die der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in seinem Jahresgutachten 1971 wie folgt umschreibt: „In der westdeutschen Wirtschaft hat sich in den letzten Jahren die Unternehmenskonzen-tration verstärkt. Allein seit Beginn 1969 bis zum Jahresende 1970 wurden beim Bundes-kartellamt mehr Zusammenschlüsse gemeldet als in den zehn Jahren zuvor (1958 bis 1968: 404). Sprunghaft zugenommen hat vor allem die Konzentration im Bereich der großen Unternehmen, und zwar fast ausschließlich in dem der Umsatzmilliarden . . .
Am stärksten ausgeprägt vollzog sich der Konzentrationsprozeß zwischen Unternehmen, die vorher mit gleichartigen Waren und Dienstleistungen im Wettbewerb gestanden hatten" (s. hierzu auch die Tabelle). 2. Die ordnungspolitischen Folgen der Konzentrationswelle 4 Das läßt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. " Warum der Sachverständigenrat hier dennoch einen vorläufigen Schlußpunkt setzte und in seinem jüngsten Gutachten, das voll im Zeichen der Wiedererringung der Geldwertstabilität steht, den Auswirkungen der Konzentrationswelle nur vergleichsweise geringe Beachtung schenkte, bleibt das Geheimnis dieses Gremiums.
Statt dessen stellte der Sachverständigenrat die traditionellen Instrumente der Stabilitätspolitik — nämlich die Einkommenspolitik und die Ausgabengebarung der öffentlichen Hände — in den Vordergrund seiner Betrachtungen — und konnte dementsprechend auch keine stabilitätspolitischen Wunder verheißen. Völlig zurecht kamen die „fünf Weisen" zu dem Ergebnis, daß eine Beschränkung der Zuwachsraten bei Löhnen und öffentlichen Ausgaben den Preisanstieg nur minimal eindämmen kann. Probleme der Wettbewerbspolitik und die Auswirkungen der Unternehmenspolitik multinationaler Konzerne fanden, wie erwähnt, nicht die notwendige Aufmerksamkeit der Sachverständigen. So sagte der Vorsitzende des Sachverständigenrates, Professor Norbert Kloten, in einem Interview des Deutschlandfunks auf die Frage, ob sich der Sachverständigenrat schon einmal mit der Problematik beschäftigt habe, daß die multinationalen Konzerne die Möglichkeit hätten, die Ziele der nationalen Konjunktur-politik zu unterlaufen:
Zusammenschlüsse nach § 23 GWB seit 1966 ") *) Ein „großer" Zusammenschluß liegt vor, wenn das erworbene Unternehmen eine Bilanzsumme von 25 Mio. DM oder mehr ausweist. Handelt es sich bei dem erworbenen Unternehmen um ein Kreditinstitut, wird als Kriterium eine Bilanzsumme von 150 Mio. DM oder mehr, bei Versicherungsunternehmen eine jährliche Prämieneinnahme von 50 Mio. DM oder mehr angenommen. Unternehmenszusammenschlüsse sind nach § 23 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) anzeigepflichtig, wenn „ 1. die beteiligten Unternehmen durch den Zusammenschluß . . . einen Marktanteil von 20 vom Hundert oder mehr erreichen oder ein beteiligtes Unternehmen einen Marktanteil dieser Höhe bereits ohne den Zusammenschluß hat oder 2. die beteiligten Unternehmen insgesamt zu einem Zeitpunkt innerhalb der letzten zwölf Monate vor dem Zusammenschluß 10 000 Beschäftigte oder mehr oder in diesem Zeitraum einen Umsatz von 500 Millionen Deutsche Mark oder mehr hatten oder in ihrer Bilanz für das letzte vor dem Zusammenschluß endende Geschäftsjahr eine Bilanzsumme von 1 Milliarde Deutsche Mark oder mehr ausgewiesen hatten." „Noch nicht näher. Allerdings handelt es sich hier um ein Thema, das heute zunehmend diskutiert wird. Aber man weiß bis zur Stunde nicht genau, inwieweit multinationale Unternehmen in der Lage sind, nationale stabilisierungspolitische Anstrengungen zu durchkreuzen. Ich persönlich meine, daß, gemessen an den Verhältnissen der Bundesrepublik, hier eine Art Ausweg gesucht wird, um nicht zu sagen, ein Alibi vorgeführt wird für das Ver9 sagen der nationalen Politik. Ungefähr auf der gleichen Ebene liegt es, wenn nationales Versagen entschuldigt wird mit europäischen oder internationalen Zwängen. Ich bin also nicht der Meinung, daß die Auswirkungen der Unternehmenspolitik dieser multinationalen Organisationen und Konzerne schon eine wesentliche Bedeutung haben können für die Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen Größen innerhalb der einzelnen Volkswirtschaften."
Hier sind wohl einige Fragezeichen gestattet. Wenn bereits vor Beginn der größten Konzentrationswelle der Nachkriegszeit nur 80 Unternehmen der verarbeitenden Industrie etwa 40 Prozent des Produktionsvolumens dieses Industriezweiges auf sich vereinigen, dann ist dies eben doch von wesentlicher Bedeutung für die Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen Größen. Zu prüfen wären hier neben den wettbewerbspolitischen die preispolitischen, außenwirtschaftlichen und allgemein wirtschaftspolitische Einflüsse. In der wettbewerbspolitischen Diskussion über die Auswirkungen der Konzentration wird immer wieder das Argument vorgebracht, die Unternehmen hätten zwar innerhalb der Bundesrepublik erhebliche Marktanteile auf sich vereinigt, stünden aber in weltweitem Maßstab in äußerst scharfem Wettbewerb mit der „Konkurrenz", die eigene Wettbewerbsposition sei sogar geschwächt durch die inzwischen drei D-Mark-Aufwertungen und die „Lohnkostenexplosion" .
Dieses Argument wirkte in den parlamentarischen Gremien in Bonn so durchschlagend, daß bislang eine Novellierung des Wettbewerbsrechts in der Bundesrepublik unterblieben ist — die Konsequenzen daraus sind noch nicht abzuschätzen. Klopft man aber dieses Argument vom weltweiten Wettbewerb einmal auf seinen Gehalt hin ab, dann kommt man sehr schnell zu dem Ergebnis, daß der Begriff Wettbewerb sehr vielschichtig sein muß. In der klassischen Nationalökonomie gilt der Wettbewerb als Garantie für eine optimale Versorgung einer Volkswirtschaft zu Niedrigstpreisen, als eine Garantie für eine optimale Nutzung der volkswirtschaftlichen Ressourcen mit allen positiven Konsequenzen für Produktivitätssteigerung und technischen Fortschritt. Was wir in Wirklichkeit erleben, ist eine Überversorgung der Volkswirtschaft zu Höchstpreisen, häufig sogar eine Verschwendung der volkswirtschaftlichen Ressourcen, nur mäßiger Anstieg oder sogar Stagnation der Produktivität und in Teilbereichen auch Stagnation des technischen Fortschritts.
Der Grund ist darin zu suchen, daß der „globale Wettbewerb", wie er von den Verteidigern der Konzentration gern beschworen wird, einen anderen Inhalt bekommen hat. Dieser Wettbewerb hat nicht die optimale Marktversorgung zum Ziele, sondern die optimale Marketing-Konzeption, es ist dies kein Wettbewerb um die Beteiligung am Markt, sondern um die Marktanteile.
Lorbeerkränze werden nur denjenigen Vorstandsmitgliedern großer Unternehmen von den Aufsichtsräten (und im übrigen auch von Teilen der Presse) geflochten, die den Marktanteil ihres Unternehmens vergrößern konnten, und umgekehrt fangen Vorstandssessel rasch an zu wackeln, wenn die Marktanteile schrumpfen. Man beobachte zum Beispiel nur die Vorgänge in der Automobilindustrie, wo die monatlichen Meldungen, ob VW vor Opel in den Zulassungen liegt oder umgekehrt, für viele interessanter sind als die angebotenen Wohlstandssymbole. Die meisten großen Konzerne haben zwar wenig Mühe, den erreichten Produktionsstand zu halten (und damit den Beschäftigungsstand), dafür häufig aber um so mehr, die zusätzliche Produktion an den Mann zu bringen.
Diese Tatbestände werden von prominenten Managern gar nicht bestritten. So erklärte zum Beispiel der Finanzchef eines der drei IG-Farben-Nachfolger, der in den letzten Jahren durch spektakuläre Fusionen von sich reden machte, daß die Erhaltung der Substanz eines Unternehmens die Erhaltung der Markt-substanz erfordere. Was bedeutet: Verfolgt eines der „Konkurrenz" -Unternehmen eine offensive Marktstrategie, müssen die anderen Unternehmen als Ergebnis dieser modischen Wettbewerbsmentalität ebenfalls am „Markt" offensiv bleiben.
Diese offensiven Marktstrategien können auf zwei Wegen zum Erfolg führen: durch Erweiterung der Produktion oder — was noch bequemer ist und deshalb auch gerne praktiziert wird — durch Aufkauf anderer, am liebsten von Konkurrenzunternehmen. Dazu bedarf es, wie besagtes Vorstandsmitglied in seinen bemerkenswerten Ausführungen zur Erhaltung der Unternehmenssubstanz ferner richtig anmerkte, der Sicherung der Produktionskraft und des finanziellen Besitzstandes. Um Unternehmen kaufen und die Produktion erweitern zu können, braucht man bekanntlich beachtliche finanzielle Mittel, die man sich letztlich nur über den Preis beschaffen kann.
Preisstabilität oder gar Preissenkungen dürften also bei dieser Unternehmensstrategie nicht eben Ziel der unternehmerischen Preispolitik sein. Im Gegenteil: Wo es tatsächlich einmal zu Preiseinbrüchen kommt, wie das etwa bei Kunstfasern oder eine zeitlang bei den Farbfernsehern der Fall war, ist dies nicht eingeplant und wird als Ergebnis unternehmerischer Fehldispositionen angesehen, die wiederum Ergebnis eines überhasteten Expansionsdranges sind.
Die Preispolitik großer Unternehmen wird uns später noch ausführlicher beschäftigen. Zunächst aber zu einigen grundsätzlichen Aspekten der Konzentration und der wachsenden Unternehmensgrößen. In der Bundesrepublik und vielen anderen Ländern huldigte man weithin der Vorstellung, daß nur große Unternehmen technischen Fortschritt plus Massenproduktion zu möglichst erschwinglichen Preisen finanzieren und durchsetzen können. Daran ist nur soviel richtig, daß die Produktion von Automobilen, Stahl, Kunststoffen, kurz von Massengütern, erst von einer bestimmten Kapazität an rentabel sein kann.
Falsch daran ist die oft gezogene Schlußfolgerung, die beste, die optimale Betriebsgröße sei die maximale Betriebsgröße. Auf diesen Tatbestand hat übrigens schon in den fünfziger Jahren Erich Gutenberg, Professor der Betriebswirtschaft in Köln, hingewiesen — und er hat recht behalten. Wie kommt es, daß ausgerechnet Deutschlands größtes Automobilwerk sich so schwer tut, ein neues Automobil auf den Markt zu bringen? Wie kommt es, daß nicht nur in der Chemie, in der Elektrotechnik, in der Stahlbranche neue technologische Entwicklungen nicht allein von den Marktbeherrschern, sondern oft auch, sehr zum Ärger der Branchenleader, von Außenseitern eingeleitet werden? Ja, man kann sich nicht ganz des Eindrucks erwehren, daß hier schon marktwirtschaftliche „Saurier" entstanden sind, die weniger an den Folgen des immer wieder beschworenen Wettbewerbs oder der Lohnentwicklung erkranken, sondern an eigener Kreislaufschwäche — kleinere Unternehmen müssen Lohnerhöhungen genauso verkraften, sind härterem Wettbewerbsdruck ausgesetzt und brauchen sich trotzdem über ihre Erträge weniger Sorgen zu machen.
Die Folgen der Entstehung dieser „Saurier" trägt bekanntlich der Steuerzahler und Verbraucher, und zwar entweder direkt durch überhöhte Preise (weil im Preis der „Marktrenner" die Fehlentwicklungen mitverdient werden müssen), oder indem der Staat bedrängten Unternehmen (Ruhrkohle, Krupp) hilft, oder indirekt, indem Mindereinnahmen beim Körperschafts-und Gewerbesteueraufkommen infolge verschlechterter Ertragslage Staat und Gemeinden zu Abstrichen bei Infrastrukturvorhaben nötigt. Es ist bezeichnend, daß sich die Ertragslage bei VW sofort besserte, als der Vorstand (wohl nur vorübergehend) darauf verzichtete, den Marktanteil um jeden Preis zu halten und die Produktion überholter Modelle nicht mehr um jeden Preis aufrechterhielt, sondern sich zu neuen Konzeptionen bequemte.
Beachtlich sind auch die Nebenwirkungen der Konzentration. Der Kampf um die Erhaltung der errungenen Marktanteile hat zu einer bislang unbekannten Verwilderung marktwirtschaftlicher Sitten geführt; die Spielregeln des Wettbewerbs, wie sie im übrigens recht unzulänglich konzipierten Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen formuliert sind, werden immer häufiger mißachtet.
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 9. 1. 1973, deren Redakteure sich bislang noch nicht dem Vorwurf einer systemkritischen Einstellung ausgesetzt haben, beurteilte kürzlich die wettbewerbspolitischen Nebenwirkungen der Konzentrationsvorgänge so: „Die wettbewerbspolitische Bilanz des letzten Jahres sieht düster aus. Die Konzentration in der Wirtschaft hat eine nie dagewesene, traurige Rekordhöhe erreicht. Auf immer mehr Märkten geben immer weniger Konkurrenten den Ton an. Unter dem Eindruck weltweiter Uberkapazitäten sehen mehr und mehr Unternehmen nur noch den Ausweg, mit kollektiven Preis-und Investitionsabsprachen dem Wettbewerbsprinzip Valet zu sagen."
Die nachstehend aufgeführten Fälle von Verstößen gegen das Gesetz gegen Wettbewerbs-beschränkungen datieren aus jüngster Zeit, und es sind nur diejenigen, die am meisten Aufsehen erregt haben. Sie dürften deshalb nur die vielzitierte Spitze des Eisberges sein. Es sind dies Fälle, die Großunternehmen ebenso wie mittlere und kleinere Unternehmen betrafen. Zum Beispiel: — das Teerfarbenkartell, in das führende Unternehmen der Chemiebranche ebenso verwickelt waren wie in das — Chemiefaserkartell;
—• das Quotenkartell der drei größten Zementhersteller der Bundesrepublik.
Die Aufdeckung erinnert an einen Krimi.
Die Wettbewerbshüter vom Bundeskartellamt in Berlin überraschten die Produzenten in einem verdunkelten Raum, als sie mit einem Dia-Projektor die Marktanteile (Quoten) aufschlüsselten.
— Marktabsprachen über Preise, Rabatte und Lieferquoten sowie vertrauliche Informationen über das Exportgeschäft ließen sich die beiden größten Linoleumhersteller der Bundesrepublik zuschulden kommen. Hier wurde zum erstenmal ein Millionenbußgeld verhängt.
— Ein Zuckerkartell, in das führende deutsche Zuckersieder verwickelt waren, deckten Wettbewerbswächter der Brüsseler EWG-Kommission auf.
— In jüngster Zeit überprüft das Bundeskartellamt die Möbelpreisgestaltung.
Daß die oben genannten Fälle überhaupt aufgedeckt werden konnten, ist um so bemerkenswerter, als der Nachweis von Absprachen in der Regel äußerst schwierig zu erbringen ist, eben weil die Absprachen der Einfachheit halber selten schriftlich fixiert werden. In zahlreichen Fällen besteht begründeter Verdacht über Absprachen, aber der letzte Beweis fehlt.
Was diese Fälle so pikant macht, ist die Tatsache, daß hier führende Vertreter einer liberalen Wirtschaftsordnung sich nicht scheuen, die geschriebenen und ungeschriebenen Regeln dieser Wirtschaftsordnung zu mißachten — ohne Rücksicht darauf, daß ein Weiterbestehen dieser Wirtschaftsordnung nur dann sinnvoll ist, wenn sich die Beteiligten an seine elementaren Spielregeln halten. Es kommt also nicht ganz von ungefähr, wenn sich in der Öffentlichkeit eine kritische Einstellung gegenüber „der" Marktwirtschaft breit-macht. 3. Die Preisbildung im Zeichen der Konzentration
Doch zurück zu den ökonomischen Nebenwirkungen der Konzentration. Das ökonomische Gewicht eines großen Unternehmens ist in vieler Hinsicht beträchtlich. Es kann seine Marktmacht gegenüber den Abnehmern, den Zulieferanten und nicht zuletzt auch gegenüber den kleineren Konkurrenten geltend machen mit dem Ergebnis, daß die Branchenleader im wahrsten Sinne des Wortes ihren Markt beherrschen: die Märkte verkrusten, die heilsame Unruhe, die man sich von Außenseitern erhofft, ist nicht die Regel, sondern die Ausnahme. Auf diese Tatbestände haben bereits zahlreiche Autoren hingewiesen, so daß sich hier eine ausführlichere Darstellung erübrigt.
Festzuhalten bleibt: Die zunehmende Konzentration hat auf die Preisbildungsmechanismen erheblichen Einfluß. Zunächst kann man häufig die Beobachtung machen, daß nach Konzentrationsvorgängen in den betreffenden Branchen die Preise anziehen. Jüngstes Beispiel lieferte eine Branche, die sich in der deutschen Öffentlichkeit einer besonderen Aufmerksamkeit erfreut: das Brauereigewerbe. Merkwürdigerweise waren hier Preiserhöhungen plötzlich unausweichlich, nachdem sich am Ende einer fulminanten Fusionswelle stattliche Brauerei-Imperien formiert hatten. Wie immer, mußte auch in diesem Falle das Argument von den gestiegenen Kosten herhalten, wobei man in der breiten Öffentlichkeit nach alter Tradition zunächst an die Lohnkosten denkt.
Daß dieses Argument zumindest für die kapitalintensiven Unternehmen mehr Schein als Wirklichkeit ist, hat unter anderem Charles Levinson in seinem Buch „Inflation. Das weltweite Phänomen" deutlich gemacht. Levinson liefert zur Deutung der inflationären Prozesse in aller Welt das Stichwort „Cash-flow-Flation". Cash-flow ist der magische Punkt des modernen unternehmerischen Denkens, das, wie oben kurz gestreift, Substanzerhaltung als Erhaltung (und Vergrößerung) der Marktanteile interpretiert. Nicht hohe Nettogewinne zieren heute mehr in den großen kapitalintensiven Unternehmen den unter Erfolgsdruck stehenden Manager, sondern ein hoher Cash-flow. Er ist nach Levinson „die Meßzahl für den Teil der Bruttoerlöse, der nach Abzug aller abzuführenden Beträge (Löhne und Gehälter, Steuern, Dividenden etc.) im Unternehmen reinvestiert werden kann. Sie bemißt also die Fähigkeit einer Gesellschaft zur Eigenfinanzierung. Der Cash flow gibt Aufschluß über zwei wichtige Faktoren: erstens über die wirkliche Ertragskraft und die tatsächliche finanzielle Situation einer Gesellschaft (die Nettogewinnzahlen sind dafür nur begrenzt zu verwenden); zweitens über die Fähigkeit der Gesellschaft zur Selbstfinanzierung und die Relation zwischen Kapital und Lohnkosten"
Nach dieser Definition bedeutet der Cashflow also (im Preis) verdiente Abschreibungen plus Rücklagen. (Andere Definitionen rechnen die Dividende mit hinzu, aber im Sinne der oben beschriebenen Unternehmens-ziele erscheint die engere Fassung Levinsons schlüssiger).
Um den Unterschied zwischen Gewinn und Cash-flow ganz deutlich zu machen: Gewinn ist die Differenz zwischen Aufwendungen und Erträgen, unabhängig davon, ob sie bereits zu Zahlungsausgängen oder Zahlungseingängen geführt haben. Der Gewinn stellt damit (nach der im Aktienrecht vorgeschriebenen Gewinn-und Verlustrechnung) nicht mehr dar als eine rein rechnerische Größe, einen Buchwert, der nicht allzuviel über die finanzielle Situation des Unternehmens aussagt. Mehr noch: Im Gewinn sind sogar „Kosten" enthalten, nämlich der Teil des Gewinns, der als Dividende ausgeschüttet werden soll, d. h. zu Zahlungsausgängen führt. Und während Gewinne auch solche Erträge erfassen, die noch nicht Erlöse sind (z. B. Zunahme des Bestandes an Rohstoffen oder Halbfabrikaten), berücksichtigt der Cash-flow nur solche Erträge, die gleichzeitig Erlöse sind, also zu Zahlungseingängen geführt haben. Ausgangspunkt in der Cashflow-Rechnung sind die Gesamterlöse (Zahlungseingänge); von diesen Erlösen werden neben der Dividende alle Aufwendungen, die zu Zahlungsausgängen führen, abgezogen. Im Preis verdiente Abschreibungen erhöhen also — weil sie keine Zahlungsausgänge verursachen — den Cash-flow, den Eigen-Finanzierungsspielraum. Welche Konsequenzen sich aus der Cashflow-Orientierung in Zeiten einer normalen Konjunkturlage, das heißt bei einem normalen Wirtschaftswachstum für die Preisentwicklung ergeben, wurde oben kurz skizziert: Preisstabilisierende Effekte sind nicht zu erwarten, extensive Nutzung der Marktchancen die Regel, Preiseinbrüche oder Preisermäßigungen sind nicht oder nur in Ausnahmefällen Ergebnis planvoller unternehmerischer Entscheidung, sondern zumeist Fehlentscheidungen.
Wie die Preisentwicklung bei nachlassender Konjunktur verläuft, wie die kapitalintensiven Unternehmen auf eine restriktive Kredit-politik reagieren, wird ebenfalls von Levinson geschildert. Zur Verkaufsstrategie großer Konzerne in Zeiten konjunktureller Flauten stellt er fest: „Wenn der Umsatz zurückgeht, so werden nicht etwa die Preise gesenkt, wie es so schön in manchen nationalökonomischen Lehrbüchern nachzulesen ist, sondern bei reduziertem Absatzvolumen werden die Preise und damit die Gewinne erhöht. Das ist möglich, weil die meisten Konsumgüter im allgemeinen nur sehr wenig preiselastisch sind und in der Industrie das System der kontrollierten Preise vorherrscht. In den Vereinigten Staaten, deren Volkswirtschaft vielleicht die am wenigsten kartellierte und noch am meisten auf dem Markt basierende der ganzen Welt ist, sind 80 Prozent der Verbraucherpreise das Ergebnis von Absprachen — offen oder heimlich getroffen"
Wo hoch der Prozentsatz der Preisabsprachen in Europa und in der Bundesrepublik ist, darüber gibt es zwar keine Angaben oder Schätzungen, aber der Kern der Aussage Levinsons wird durch die Entwicklung vollauf bestätigt. Man denke nur an die Entwicklung der Automobilpreise während der Absatzflaute im Winter 1971/72. Da solche Preiserhöhungen in unserer Wettbewerbswirtschaft fast synchron erfolgten, brauchte kein Unternehmen zu befürchten, durch die eigene Preisheraufsetzung seine Marktposition zu gefährden.
Die insbesondere von kapitalintensiven Unternehmen häufig geübte Praxis, bei sinken-der Kapazitätsauslastung die Preise zu erhöhen, hat sogar einen realen ökonomischen Hintergrund. Wenn Nachfrage und Produktion sinken, müssen die festen, die unveränderlichen Kosten, die ja insbesondere eben bei den kapitalintensiven Unternehmen erheblich ins Gewicht fallen, auf eine geringere Produktionsmenge verteilt werden mit dem Ergebnis, daß die Kosten pro Stück steigen. Die Unternehmen reagieren darauf, wie die Praxis bestätigte, nicht nur mit den schon zum Ritual gewordenen Klagen über den Kostendruck, sondern leider auch mit Preiserhöhungen, und nicht mit Preissenkungen, um die Nachfrage zu beleben.
Die Auswirkungen auf die Preisbildung kapitalintensiver Unternehmen in Zeiten einer restriktiven Kreditpolitik, wie sie die Deutsche Bundesbank zum Beispiel seit Herbst 1972 wieder steuert (viermalige Erhöhung des Diskontsatzes, das heißt des Zinssatzes für bei der Bundesbank in Zahlung gegebene Wechsel, dem man eine gewisse Signalwirkung zuschreibt; Erhöhung der Mindestreserven, das heißt der zinslosen Einlagen der Geschäftsbanken bei der Bundesbank, die den Kreditspielraum einengt usw.) beschreibt Levinson dann so: „Die auf größtmöglichen Cash-flow gerichtete Unternehmenspolitik verstärkt noch die Auswirkungen angespannter Liguidität, knapper Kredite und hoher Zinssätze: Der Mangel an Kreditkapital und die erhöhten Kosten schlagen sich eher in steigenden Preisen als in reduzierten Investitionsausgaben nieder. Je mehr das Zinsniveau steigt und je enger die Kreditmöglichkeiten werden, desto mehr sind die Unternehmen gezwungen, ihre interne Liquidität durch eine Anhebung der Preise zu verbessern. Eine deflationäre Finanz-und Geldpolitik führt so letztlich zum Gegenteil der beabsichtigten Resultate. Statt einer Preisdämpfung durch Rückgang der Nachfrage und einer Reduzierung der Investitionsausgaben kommt es zu einer Preissteigerung, damit das Investitionsniveau gehalten werden kann."
Wenn es noch eines Beweises für diese These bedurft hätte, so ist sie durch die Konjunktur-und Preisentwicklung der letzten Monate eindrucksvoll bestätigt worden. Der von der Bundesbank seit Herbst 1972 gesteuerte restriktive Kreditkurs hat den Preisauftrieb in keiner Weise, wie gehofft, gedämpft — im Gegenteil, die hier für diese Betrachtung in Frage kommenden industriellen Erzeugerpreise, die bis dahin im Vergleich zu den Lebenshaltungskosten noch mäßig gestiegen waren, erhöhten sich nun ziemlich rasch, wie die folgende Statistik des Bundesministeriums für Wirtschaft zeigt
Man kann hier also eine geradezu synchrone Verteuerung der Kredite, der Liquidität, das heißt der verfügbaren Finanzierungsmittel, und der industriellen Erzeugnisse, beobachten. Dies ist um so bemerkenswerter, als in dieser Zeit keine Erhöhung der Tariflöhne, die sonst immer als Begründung für Preiserhöhung herhalten muß, stattfand.
Als Begründung für Preiserhöhungen wird dafür in letzter Zeit immer häufiger auf die Entwicklung der Lohnkosten je Produktionseinheit verwiesen, die — so die einschlägigen Verlautbarungen — in „erschreckendem Umfange" gestiegen seien. Ein Vergleich der Lohnstückkosten mit den industriellen Erzeugerpreisen ergibt jedoch allenfalls mittelbare Zusammenhänge, und ein Vergleich der Lohnstückkosten mit den Lebenshaltungskosten läßt überhaupt keine Zusammenhänge erkennen. Was noch zu bedenken wäre, ist der Tatbestand, daß die „Lohnkosten je Produktionseinheit" eine Durchschnittsgröße darstellen, welche die Lohnstückkosten von lohnintensiven Betrieben ebenso widerspiegeln wie die von kapitalintensiven. Das bedeutet also: Je größer die Kapitalausstattung eines Betriebes, um so geringer der Einfluß der Personalkosten auf die Rechnungsgröße „Lohnkosten je Produktionseinheit", um so geringer, der Einfluß von Löhnen und Gehältern auf die Erzeugerpreise industrieller Produkte. Und umgekehrt: Je größer die Lohnintensität eines Unternehmens, um so größer der Einfluß der Personalkosten auf die Erzeugerpreise. Der Zusammenhang zwischen wachsender Kapitalintensität eines Unternehmens und sinkendem Einfluß der Lohnkosten geht auch aus der nachstehenden Tabelle hervor.
Erzeugung, Anlageinvestitionen und Beschäftigtenzahl, geordnet nach Umsatzgrößen der untersuchten Firmen im Jahr 1963
Diese hier aufgezeigten Tatbestände sind so simpel, daß man sich fragt, wieso sie in der aktuellen lohn-und einkommenspolitischen Diskussion so wenig zur Kenntnis genommen worden sind.
Bleiben wir noch bei den Auswirkungen eines kreditpolitischen Restriktionskurses, wie die Bundesbank ihn seit Herbst 1972 steuert. Während es also die kapitalkräftigen Großbetriebe relativ leicht haben, die nachteiligen Folgen dieses Restriktionskurses zu unterlaufen, indem sie die Zielrichtung der Liquiditätsverknappung — Stabilisierung der Preise — in ihr Gegenteil verkehren, nämlich in eine Erhöhung der Preise, sind die Folgen für die kapitalschwachen Unternehmen, d. h. die kleinen und mittelständischen Unternehmen, um so ernster: Ihre relativ schwache Markt-stellung erlaubt es ihnen nicht, steigende Finanzierungskosten auf die Preise zu überwälzen. Sie, die ohnehin mit mehr Recht als die Branchenleader über eine zu schwache Kapitaldecke klagen, trifft ein Restriktionskurs der Bundesbank mit voller Wucht.
Um die Zusammenhänge noch einmal ganz deutlich zu machen: Die Bundesbank wird zu einer Politik der Kreditverteuerung gezwungen, weil die Preise steigen. Die Preise aber steigen nicht zuletzt deshalb, weil die führenden Unternehmen des Landes, über deren quantitative Bedeutung für die Volkswirtschaft — siehe oben — kein Zweifel besteht, eine Unternehmensstrategie verfolgen, die den Zielen der Preisstabilität zuwiderläuft. Die Politik der Kreditverteuerung trifft aber nicht diejenigen, die als Preissünder angesprochen sind, sondern den Bereich der Volkswirtschaft, in dem Wettbewerb und Preismechanismus noch einigermaßen intakt sind — den Bereich der mittelständischen Industrie. Ergebnis: Die Wettbewerbsposition der mittelständischen Industrie verschlechtert sich, der Konzentrationsprozeß wird durch eine Politik der Kreditverteuerung beschleunigt, das Ziel des Restriktionskurses — die Bekämpfung des Preisauftriebs — damit letztlich auch hier in sein Gegenteil verkehrt. 4. Die Finanzierung multinationaler Konzerne Was die Finanzierung der oben beschriebenen Unternehmensziele anbelangt — sei es direkt über den Preis (in Gestalt der Selbstfinanzierung), sei es indirekt über den Preis (Kredite) oder sei es über eine Kapitalbeteiligung (diesen im Grund selbstverständlichen Weg hat man in der Bundesrepublik weitgehend ignoriert) —, so erfreuen sich die Großunternehmen wiederum einer Sonderstellung, die ihresgleichen sucht. Ihre Interessen sind, zumindest was die größten der Großen anbelangt, global abgesteckt.
Und das hat zweierlei Konsequenzen: Zunächst können sie eine für sie ungünstige Konjunkturlage und -politik unterlaufen, indem sie ihre Aktivitäten im Ausland verstärken. Der Anstieg der Exporte seit Herbst 72 ist ein deutliches Symptom dafür. Zum anderen können sie eingeengte Finanzierungsmöglichkeiten im Inland durch verstärkte Finanzierung im Ausland kompensieren. In beiden Zielen finden sie Unterstützung bei den Großbanken, wobei nicht allein Kapital-, sondern auch Personalverflechtungen eine gute Kooperation gewährleisten. über die Finanzierungsmöglichkeiten deutscher Unternehmen im Ausland gibt es eine bemerkenswerte Angabe von Hermann Josef Abs, den Aufsichtsratsvorsitzenden der Deutschen Bank. Seine Zahlenbeispiele über den Kapitalverkehr der Bundesrepublik Deutschland mit dem Ausland dürften über jeden Zweifel erhaben sein.
So sind nach seinen Angaben seit 1966 DM-Anleihen vom Ausland im Werte von 26 Milliarden D-Mark gegeben worden, die zu einem nicht unbeträchtlichen 'Teil der deutschen Wirtschaft zugute kamen. Noch beachtlicher war die kurzfristige Verschuldung. Abs auf einer Vortragsveranstaltung wörtlich: „In völlig anderen Dimensionen hatte inan zu denken und zu handeln, als im Jahre 1970 und in den ersten Monaten 1971 die Reserven der Bundesbank vorwiegend aufgrund von Geld-und Kapitalimporten — weniger akademisch ausgedrückt, aus einer extrem wachsenden kurzfristigen deutschen Verschuldung im Ausland — um 42 Milliarden DM anwuchsen."
Vor diesem Hintergrund wird der erbitterte Widerstand der deutschen Wirtschaft gegen die Wechselkursfreigabe deutlich, mit der die Bundesregierung im Mai 1971 den inflationstreibenden Kapitalzufluß aus dem Ausland einzudämmen versuchte. Ein frei schwankender Wechselkurs verhindert nämlich insbesondere spekulative Devisenzuflüsse, weil bei einem vermehrten Angebot — etwa von Dollar — der Dollarkurs sich sofort und automatisch verschlechtert. Die Aussichten, daß man mit dem Ankauf von D-Mark mehr Dollar zurückkaufen kann (wie das bei einer „normalen" Aufwertung der Fall ist), sind also geringer als bei festen Wechselkursen. Ein sinkender Dollar-Kurs bedeutet aber steigenden D-Mark-Kurs, der wiederum die deutschen Erzeugnisse im Ausland verteuert und damit die deutsche Wettbewerbsfähigkeit im Ausland beeinträchtigt. Wenn als Folge eines frei schwankenden Wechselkurses der Devisenzustrom, wie eben beschrieben, geringer wird, dann hat dies auch Auswirkungen auf das Liquiditätspotential der Volkswirtschaft und damit den Finanzierungsspielraum der Unternehmen.
Daß die erwähnten 42 Milliarden D-Mark ein Inflationspotential ohnegleichen darstellen, wenigstens darüber gab es keine Meinungsverschiedenheiten. Wenn man sich in diesem Zusammenhang vergegenwärtigt, daß der Mitte 1970 auf 11 Monate befristete Konjunkturzuschlag nur Kaufkraft in Höhe von rund 6 Milliarden D-Mark abschöpfte, dann erübrigt sich die Antwort auf die Frage nach der preisstabilisierenden Wirkung dieser Maßnahme.
Nun hat sich freilich nach der Freigabe des D-Mark-Wechselkurses und nach der Neu-festsetzung der Wechselkurse in Washington (im sogenannten Smithsonian Agreement von Dezember 1971) der Kapitalzufluß aus dem Ausland keinesweges auf ein Maß reduziert, das man mit dem Prädikat „preisneutral" versehen könnte. Im ersten Halbjahr 1972 erreichten die Netto-Kapitalimporte der Bundesrepublik die beachtliche Höhe von 11 Milliarden D-Mark, und im Juli und August 1972 haben (wiederum nach Angaben von Abs) deutsche Unternehmen Finanzkredite in Höhe von 3 Milliarden D-Mark (netto) aufgenommen. Der Kommentar von Abs, „ . . . daß ein großer Teil des Zuflusses von Auslandsgeldern nicht ausländischer, sondern deutscher Initiative entspringt, und zwar dem Wunsch, die ausländischen Liquiditäts-und Finanzierungsquellen anzuzapfen" bedarf wohl keiner weiteren Erläuterung. Anders als der Vorsitzende des Sachverständigenrates, Professor Norbert Kloten, glaubt (siehe oben), hatten insbesondere die Großunternehmen also sehr wohl die Möglichkeit, die (Stabilitäts-) Ziele der nationalen Konjunkturpolitik zu unterlaufen.
Gewiß hat die Bundesregierung auch diesmal wieder versucht, den inflationsfördernden Kapitalzustrom aus dem Ausland einzudämmen, im Jahre 1972 aber nicht mit einer erneuten Wechselkursfreigabe, sondern zunächst mit Hilfe des sogenannten Bardepotgesetzes. Dieses Gesetz soll die Kreditaufnahmen im Ausland erschweren. „Nicht-Banken", also Firmen, die im Ausland Kredite aufnehmen, müssen davon einen bestimmten Teil zinslos bei der Bundesbank hinterlegen, was den Kredit verteuert. Im Juni 1972 folgte dann eine Maßnahme, die zum Rücktritt Schillers führte, nämlich das Verbot des Erwerbs deutscher festverzinslicher Wertpapiere durch Ausländer (s. dazu auch S. 22 ff.).
Dies und die ständige Verschärfung des Bardepotgesetzes scheint jedenfalls vorübergehend zusammen mit der restriktiven Kreditpolitik der Bundesbank nicht ohne Erfolg geblieben zu sein. In ihrem Dezember-Bericht 1972 meldete die Deutsche Bundesbank: „Der eingeschränkte Liquiditätsspielraum und das steigende Zinsniveau blieben nicht ohne Wirkung auf die monetäre Expansion der Bundesrepublik . . . Die von der Bundesregierung Ende Juni ergriffenen Maßnahmen zur Eindämmung des Devisenzustroms . .. haben zusammen mit dem Zinsanstieg im Ausland und dem nun wieder wirksam gewordenen Bardepot den Devisenzustrom beendet und zu einem Abfluß von Auslandsgeldern beigetragen."
Daß ein stabilitätspolitischer Erfolg dennoch auf sich warten ließ, hat zwei Gründe: Der erste wurde bereits beschrieben: Wo es die Marktstellung erlaubt, wälzen die Unternehmen die gestiegenen Kreditkosten auf die Preise ab. Der zweite Grund ist die betrübliche Tatsache, daß die monetäre Expansion, das heißt die Uberversorgung der Volkswirtschaft mit liquiden Mitteln, insgesamt noch nicht eingedämmt werden konnte. Die Bundesbank in ihrem Dezemberbericht wörtlich: „Die Expansion des Geldvolumens ging nach wie vor weit über das gesamtwirtschaftlich vertretbare Maß hinaus. Unter stabilitätspolitischen Aspekten muß daher eine weitere Einengung des monetären Spielraumes vordringlich Aufgabe der Geldpolitik sein." Damit ist neben den geschilderten preispolitischen Auswirkungen eines verzerrten Wettbewerbs eine zweite wesentliche Inflationsquelle angesprochen: Die nur schwer kontrollierbare monetäre Expansion als Folge einer an sich durchaus erwünschten ständigen Verbesserung der Geld-und Kreditwirtschaft. Ähnlich wie auf der Güterseite verzeichnete man auch auf dem monetären Sektor einen Prozeß, der um so mehr Vorteile zu verheißen schien, je stärker er fortschritt. Aber ähnlich wie auf der Güterseite die Entstehung von immer größeren Unternehmenseinheiten den Preismechanismus immer mehr außer Kraft setzte, so hat die ständige qualitative und quantitative Erweiterung der Kreditwirtschaft schließlich zu Erscheinungen geführt, die alles andere als stabilitätspolitisch wünschenswert bezeichnet werden können. Die Überversorgung der Volkswirtschaft mit zu teuren Gütern findet ihr Äquivalent in einer leider nicht mehr optimalen, sondern schon übersteigerten Versorgung der Volkswirtschaft mit Liquidität — einer in letzter Zeit übrigens recht teuren Liquidität. Die monetäre Expansion war also auch eine wesentliche Vorbedingung für die Beschleunigung der schleichenden Inflation. Die preispolitischen „Nebenwirkungen" der Konzentration und der monetären Expansion bedingen und ergänzen einander wie siamesische Zwillinge. Der Bankenapparat ist heute so gut ausgestattet, daß es praktisch nichts mehr gibt, was er nicht finanzieren könnte.
Auf diese Tatbestände haben zahlreiche Autoren hingewiesen. Einer von ihnen sei hier aufgrund seiner anschaulichen und auch für (fortgeschrittene) Laien verständlichen Darstellung genannt. Es ist der frühere Leiter der Abteilung Geld und Kredit im Bundeswirtschaftsministerium und jetzige Präsident der Hessischen Landesbank, Wilhelm Hankel. In seinem Buch „Währungspolitik" stellt er zum Kreditschöpfungsspielraum der Banken fest: „Man lernte die vorhandenen Kreditschöpfungskapazitäten immer besser zu nutzen, die Grenzen der Kreditproduktion wurden immer mehr ausgedehnt. Die Banken ersannen Techniken, die ihre Refinanzierungsrisiken verkleinerten, durch bessere Formen der Bank-zu-Bank-Abrechnung über zunächst nationale und mit der Zeit auch internationale Geldmärkte. Sie riskierten dadurch gefahrlos immer höhere Kreditschöpfungs-Multiplikatoren. Dadurch wuchs ihre Fähigkeit, die Kreditwünsche ihrer Kunden zu befriedigen — ein Prozeß, der . . . wahrscheinlich seinen Höhepunkt noch vor sich hat."
Mit diesen Kreditschöpfungstechniken haben sich die Banken bislang allen Versuchen der Bundesbank und Bundesregierung erfolgreich widersetzen können, die monetäre Expansion zu bremsen. Man konnte zwar die Kredite verteuern, aber den Kreditvergabespielraum nicht wesentlich einengen. Dazu noch einmal ein Zitat von Hankel: „Noch niemals in der neueren Währungsgeschichte gab es eine derartige — von der Währungsverfassung wenn nicht erlaubte, so doch tolerierte — Elastizität im Kreditangebot. Die im internationalen Geschäft tätigen nationalen Geschäftsbanken müssen zwar ihre Mittel unter heftigem Konkurrenzdruck anbieten; sie haben jedoch — wenn sie die Situation richtig analysieren — weder von der Marktlage noch von einer zu effektiv greifenden Bremspolitik ihrer Zentralbanken allzuviel zu befürchten. Ihre Liquiditäts-und Refinanzierungsrisiken bleiben übersehbar."
Nun können auch die Banken — bei allem Respekt vor ihren Kreditschöpfungsmöglichkeiten und -techniken — Liquidität nicht wie Kaninchen aus dem Zylinder hervorzaubern. Irgendwo muß ein Anfang der Kette der Kreditschöpfungsmöglichkeiten sein, sei es in Gestalt einer Sichteinlage eines braven Sparers oder sei es in Gestalt der Milliardendefizite der wachsenden US-Zahlungsbilanz. Diese Defizite haben dazu geführt, daß Europa und insbesondere die Bundesrepublik mit Dollars überschwemmt wurde, die — in D-Mark umgetauscht — den monetären Kreislauf aufblähten und damit das Inflationspotential unseres Landes „bereicherten" (s. dazu S. 19 ff.). Die freie Umtauschbarkeit (Konvertibilität) der Währungen war eine wesentliche Vorbedingung für die Kreditexpansion der Banken.
Eine Schlüsselrolle bei der Sammlung und Verteilung der vagabundierenden Dollars (und später auch anderer Valuta) spielt der sogenannte Eurodollarmarkt, der seine Entstehung eben jenen US-Zahlungsbilanzdefiziten verdankt. Dieser Eurodollarmarkt ist, wie es Abs ausdrückt, ein „Sammelbecken international verfügbarer, vorwiegend privater Liquidität" Hankel bezeichnet ihn als einen „Markt", „auf dem Dollars und andere konvertible Währungen kurzfristig bei Geschäftsbanken, die außerhalb des Ausgabelandes der jeweiligen Währung domizilieren, angelegt und von diesen Geschäftsbanken ebenso kurzfristig wieder ausgeliehen werden" Unmittelbar beteiligt sind also vor allem die Großbanken, aber auch Notenbanken genieren sich nicht, zum Teil in erheblichem Umfang Mittel auf diesem glänzend funktionierenden „Markte" anzulegen. Zur Kundschaft der Banken zählen Unternehmen, aber auch öffentliche Stellen, grundsätzlich nur allererste Adressen. Zugang haben fast ausschließlich die Großunternehmen; kleinen und mittleren Unternehmen ist diese Finanzierungsquelle verstopft.
Ist gegen die Funktion dieses Eurodollarmarkts — Beschaffung kurzfristiger Mittel — im Prinzip wenig einzuwenden, so repräsentiert er doch ein Inflationspotential, das seinesgleichen sucht: Insider Abs schätzt das Volumen des Eurodollar-----oder besser: Euro-geldmarktes — auf 80 Milliarden Dollar.
Hier wird deutlich, daß die vielzitierte offene außenwirtschaftliche Flanke keine Erfindung weltfremder Theoretiker ist, sondern eine Realität, über deren Tragweite man erst seit kurzer Zeit nachzudenken beginnt. Auch nach den Aufwertungen der D-Mark von 1969 und 1971, nach den Abwehrmaßnahmen von Bundesregierung und Bundesbank im Juni konnte niemand garantieren, daß die Gefahren, die von dieser Seite für die Geldwertstabilität drohen, gebannt waren. Zwar war es gelungen, den Devisenstrom ein halbes Jahr lang zu blockieren. Aber wie labil die internationale Währungssituation in Wirklichkeit blieb, das zeigte die neue Währungskrise im Februar 1973.
Es bedarf jedoch heute noch nicht einmal einer Dollar-, Pfund-oder D-Mark-Krise, um Dollar, D-Mark oder Yen-Valuta in Bewegung zu setzen, es genügen schon hauchdünne Zinsunterschiede zwischen den großen Industrie-ländern.Zu diesem Tatbestand stellte Abs auf einer Vortragsveranstaltung fest: „Die bedrohliche Ausweitung destabilisierender internationaler Geld-und Kapitalbewegungen wurde gefördert durch die zunehmende Sensibilität von Anlegern und Schuldnern gegenübere Zinsdifferenzen, aber auch (durch, d. R.) währungspolitische Risiken und Chancen, vor allem (durch, d. R.) die Gewitztheit der Finanzdirektoren der großen multinationalen Gesellschaften. Die Bereitschaft, ein bestehendes internationales Zinsgefällle auszunutzen, hat jedenfalls beachtlich zugenommen; doch auch im Rahmen der ständig wachsenden Handelstransaktionen hat sich vor dem Hintergrund der währungspolitischen Unsicherheit die Notwendigkeit zur Absicherung gegenüber Währungsrisiken vergrößert. Hinzu kommt die wachsende Mobilität dieser Mittel unter den Bedingungen hochentwickelter Kommunikations-und Transaktionstechniken, wie wir sie heute in der internationalen Finanzwelt haben."
Es wäre also ein fataler Fehler, die Gefahren der (zumindest latent) offenen außenwirtschaftlichen Flanke, oder um es noch deutlicher zu sagen: die Gefahren des Inflationsimportes zu unterschätzen. Dies um so mehr, als die importierte Inflation in der Bundesrepublik nicht allein eine monetäre Quelle hat oder haben kann, sondern traditionell auch eine güterwirtschaftliche. Trotz zweier Aufwertungen liegt seit Herbst 1972 die Zunahme der Exporte wieder deutlich über dem Anstieg der Importe. Der Exportüberschuß der Bundesrepublik erreichte 1972 die phantastische Höhe von über 20 Milliarden D-Mark.
IV. Inflation durch Währungskrisen?
Abbildung 4
Jahr 1966 1967 1968 1969 1970 1971 1972 1966 bis 1972 Zusammenschlüsse
Diese 20 Milliarden D-Mark sollten zu einer „magischen" Ziffer bei der jüngsten Währungskrise (in den ersten Monaten des Jahres 1973) werden. 20 Milliarden D-Mark betrug der Außenhandelsüberschuß der Bundesrepublik; auf umgerechnet 20 Milliarden D-Mark summierte sich das Handelsbilanzdefizit der USA im vergangenen Jahr; Dollars im Werte von rund 20 Milliarden D-Mark mußte die Bundesbank bis zur ersten Schließung der Devisenbörsen dieses Jahres zur Kursstützung des Dollar aufkaufen. Inzwischen, nach der Abwertung des Dollar, sind noch einmal 2, 5 bis 3 Milliarden Dollar eingeflossen. Die Devisenbörsen wurden abermals als Auftakt zu weiteren weltweiten Konsultationen geschlossen.
Bei Wiedereröffnung der Devisenbörsen am 19. März 1973 hatte sich die währungspolitische Landschaft gründlich verändert. Sechs Länder der Europäischen Gemeinschaft (die Bundesrepublik, Frankreich, Dänemark und die Benelux-Länder) sind zum sogenannten „Blockfloaten" übergegangen, sie haben also die Paritäten untereinander „festgezurrt" und lassen die Wechselkurse gegenüber Drittländern (relativ) frei schwanken. Die EWG-Länder Großbritannien, Irland und Italien lassen die Wechselkurse gegenüber allen Währungen frei schwanken, ebenso Japan, Kanada, die Schweiz und andere. Die wichtigsten Industrieländer der westlichen Welt floaten also, das sogenannte System von Bretton Woods hat aufgehört zu existieren.
Die Frage stellt sich, wieso dieses Währungssystem, das jahrelang glänzend funktioniert hatte, zusammengebrochen ist, wieso es in immer kürzeren Abständen zu immer heftigeren spekulativen lawinenartigen Devisenzuflüssen an bestimmten Devisenbörsen (zumeist in Frankfurt) kommen konnte. Um die richtige Antwort zu finden, muß man bis ins Jahr 1944 zurückblenden. Damals unterzeichneten 44 Länder im amerikanischen Badeort Bretton Woods Verträge über die Errichtung eines Internationalen Währungsfonds (IWF). (Seine Tätigkeit nahm der Internationale Währungsfonds Ende 1945 auf, zunächst mit einer Beteiligung von 32 Währungen; die Zahl erhöhte sich dann im Laufe der Jahre auf 120.)
Im Jahre 1944 wurde also der Grundstein zu einem Weltwährungssystem gelegt, das auf drei Fundamenten ruhte: feste Wechselkurse, konvertible, d. h.frei austauschbare Währungen und Konvertibilität des Dollars in Gold. Alle drei Fundamente sind in den letzten fünf Jahren zusammengebrochen, davon zuletzt das System fester Wechselkurse. Der Vorhang zum letzten Akt des Währungsdramas hob sich im Dezember 1971, als man neben einer Neufestsetzung der Wechselkurse (s. dazu S. 52 f.) auch die sogenannten Bandbreiten erweiterte. Das heißt: Man blieb im Prinzip noch bei festen Wechselkursen, erweiterte aber den zulässigen Schwankungsspielraum der Wechselkurse zwischen dem sogenannten oberen Interventionspunkt (dem Kurs, bei dem die Notenbank verpflichtet ist, eigene Währungen gegen Ankauf fremder Währung — in der Regel Dollar — zu verkaufen, um ein weiteres Ansteigen des Kurses der eigenen Währung zu verhindern) und dem unteren Interventionskurs (dem Kurs, bei dem die Notenbank zur Kursstützung der eigenen Währung fremde Devisen gegen Ankauf der eigenen Währung verkaufen muß) wurde von damals insgesamt 2 Prozent (1 Prozent über und unter den Mittelkurs) auf 4, 5 Prozent erhöht. Die EWG-Länder halbierten später die Bandbreiten zwischen ihren Währungen auf 2, 25 Prozent. Diese Bandbreite von 2, 25 Prozent gilt noch für die sechs „blockfloatenden" EG-Länder untereinander.
Was die Konvertibilität der Währungen anbelangt, so sind hier ebenfalls weitreichende Veränderungen eingetreten. Man hat zur Abwehr von spekulativen Devisenzuflüssen Devisenkontrollen eingeführt. Der Dollar selbst ist endgültig seit August 1971 nicht mehr umtauschbar in Gold, und dies war der erste entscheidende Riß im Währungsgebäude von Bretton Woods.
Bei der Errichtung des Internationalen Währungsfonds wurde nämlich vereinbart, daß sich jedes Mitgliedsland mit einem bestimmten Anteil, mit einer bestimmten Quote, am Fonds beteiligt. Diese Quote, d. h. diese Einlage, sollte dazu dienen, Ländern, deren Zahlungsbilanz ein „Loch", ein Defizit aufwies, zu helfen, ihnen also Kredite zu gewähren. Damit sollte verhindert werden, daß ein Land bei einem Ungleichgewicht in der Zahlungsbilanz sofort versucht, mit einer Änderung der Parität, d. h. mit einer Änderung des Wertverhältnisses seiner Landeswährung gegenüber dem Dollar (in diesem Falle mit einer Abwertung), das Zahlungsbilanzgleichgewicht wieder herzustellen.
Diese IWF-Quoten nun mußten mit Gold oder durch Währungen mit Goldeinlösungspflicht gedeckt sein. Einzige Währung mit Goldeinlösungspflicht war — formal — bis zum 14. August 1971 der Dollar. An diesem Tag hob US-Präsident Nixon die Goldeinlösungspflicht des Dollar auf.) Die US-Regierung hatte sich 1944 im Bretton-Woods-Abkommen verpflichtet, auf Verlangen Dollars in Gold zu einem festen Preis von 35 Dollar pro Unze Feingold einzutauschen. Der Dollar war also zunächst „so gut wie Gold", war die westliche Reserve-währung, die Leitwährung.
Zunächst funktionierte das ausgezeichnet. Der Dollarstrom, der schon nach Kriegsende in die europäischen Länder floß, war damals noch hochwillkommen. Damals bestand die sogenannte „Dollarlücke", was bedeutete, daß zur Finanzierung der Investitionen für den Wiederaufbau Kapital fehlte, und dieses Kapital stellten eben die USA (s. Marshallplan) zur Verfügung. Damals begannen freilich auch die Zahlungsbilanzprobleme der USA, die schon in den fünfziger Jahren die ersten Zahlungsbilanzdefizite verzeichneten.
Solange die Liquidität in Europa knapp war, richteten die Zahlungsbilanzdefizite der USA kegnen Schaden an. Im Gegenteil: Mit dieser Kreditschöpfung in globalem Umfange -— darum handelte es sich in Wirklichkeit — wurde der Aufstieg Europas aus den Trümmern erst möglich. In dem Maße aber, in dem die Volkswirtschaften Westeuropas und Japans erstarkten, in dem die großen Industrieländer auf den Dollarzustrom aus den USA verzichten konnten, wurde die „Wohltat zur Plage", die USA exportierten mit ihren Dollars nicht mehr Wohlstand, sondern Inflation. überdies wurden die Zahlungsbilanzdefizite der USA nicht kleiner, wie es wünschenswert gewesen wäre, sondern größer. Die zahlreichen Engagements der USA im Ausland, der Vietnamkrieg, der Expansionsdrang der US-Konzerne, die mit Vorliebe traditionsreiche Firmen in Europa aufkauften, führten zu einer Dollarschwemme ohnegleichen. Dazu einige Zahlen, die der parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister des Auswärtigen, Karl Mörsch, in einem Vortrag vor der „Conference on the Atlantic Community" der Georgetown University in Washington im Februar 1973 nannte: Der Wert der Investitionen der USA in der Gemeinschaft stieg von 1, 9 Milliarden Dollar im Jahre 1958 auf 13, 5 Milliarden Dollar im Jahre 1971. Diesem Kapitaltransfer aus den USA nach Europa stand ein Gewinntransfer aus Europa nach den USA von nur 1, 4 Milliarden Dollar im Jahre 1971 gegenüber. Das heißt also: Rund 12 Milliarden Dollar flossen 1971 aufgrund dieser Transaktionen nach Europa, bereicherten dort das Liquiditätspotential und rissen ein entsprechendes Loch in die US-Zahlungsbilanz.
Je größer nun aber die Löcher in der US-Zahlungsbilanz klafften, um so begrenzter wurden die Möglichkeiten für die USA, ihrer Goldeinlösungspflicht nachzukommen. So schrumpften denn auch die Goldvorräte der USA im Fort Knox von rund 23 Milliarden Dollar auf rund 10 Milliarden Dollar im Jahre 1971. Allein die Bundesbank verfügt über mehr Dollarreserven als die USA Gold in Fort Knox horten.
Erste Folge der sich in den sechziger Jahren verschärfenden Dollarschwäche: Im März 1968 wurde der Goldpreis gespalten in einen freien Goldmarkt, auf dem sich der Goldpreis nach Angebot und Nachfrage bildet, und in einen „Markt" mit gebundenen Preisen für die Notenbanken, das heißt: lediglich die Notenbanken hatten ein — wenn auch nur formelles — Recht zum Umtausch von Dollars in Gold zum „offiziellen" Kurs von 35 Dollar je Unze Feingold. (Die beiden Abwertungen des Dollar um rund 8 Prozent und 10 Prozent haben diesen „offiziellen" Goldpreis entsprechend erhöht.) Selbst diese faktisch nur noch fiktive Goldeinlösungspflicht wurde dann, wie erwähnt, im August 1971 endgültig aufgehoben. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war klar geworden, daß jenes 1944 geschaffene Weltwährungssystem erneuerungsbedürftig war.
Ohne daß man bis jetzt die notwendigen Schritte zur Reform des Weltwährungssystems eingeleitet hat, bestand seit Beginn der Währungskrisen Einigkeit in zwei wesentlichen Punkten:
Einmal kann man im zukünftigen Weltwährungssystem auf das Gold als Währungsreserve verzichten, die sogenannte Demonetisierung des Goldes, d. h. die Loslösung des Wertes einer Währung vom Gold, wird im neuen Währungssystem seinen Abschluß finden. Ursache der Währungkrisen waren nicht so sehr die zu geringen Goldbestände der USA als vielmehr die zu hohen Zahlungsbilanzdefizite der USA.
Zum anderen muß der Dollar als Reservewährung abgelöst und durch ein neutrales supranationales Medium ersetzt werden. Im Gespräch sind in diesem Zusammenhang die so-genannten Sonderziehungsrechte der Notenbanken beim IWF. Es handelt sich hier ausschließlich um Buchgeld, das die Notenbanken in Zukunft als Währungsreserve halten können und das nur den Notenbanken zugänglich sein soll. Diese Sonderziehungsrechte gibt es übrigens bereits seit 1969.
Solange dieses neue Währungssystem noch nicht etabliert ist — die Schwierigkeiten stecken hier wie überall im Detail, wobei sich insbesondere die unterschiedliche Interessenlage von Entwicklungsländern und Industrieländern nicht auf einen Nenner bringen läßt —, muß man mit dem Ausbruch immer neuer Währungskrisen rechnen.
Der Grund dafür, daß die amerikanischen Zahlungsbilanzdefizite, die es schon seit rund 20 Jahren gibt, immer häufiger und immer hef21 tigere Währungskrisen „produzierten", sind die inzwischen eingetretenen, bereits erörterten strukturellen Veränderungen in den Volkswirtschaften der westlichen Industrieländer, sowohl was die Produktions-als auch was die monetäre Seite anbelangt. Das heißt, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten entstandenen großen Unternehmenseinheiten verfügen über ein wachsendes Liquiditätspotential zur Finanzierung ihrer ehrgeizigen Unternehmensziele. Dieses Finanzierungsreservoir wird gespeist aus binnenwirtschaftlichen und externen Liquiditätsquellen, wobei die externen — hier wäre in erster Linie der Eurodollarmarkt zu nennen — eine immer größere Bedeutung erlangen. Nach einer von der US-Tariff-Commission für den Finanzausschuß des US-Senats erstellten Untersuchung verfügen die multinationalen Unternehmen über kurzfristig liquide Mittel von schätzungsweise 268 Milliarden Dollar (Ende 1971). Diese Mittel erreichen mehr als das Doppelte der Gesamtheit aller von den Zentralbanken und den internationalen Währungsorganisationen in der Welt gehaltenen Währungsreserven.
Gewachsen mit der Größe der Volkswirtschaften und ihrer Unternehmenseinheiten sind entsprechend auch die internationalen Kapital-und Warenströme, die wiederum ein strukturelles Ungleichgewicht in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen offenbarten: Die USA exportieren zuviel Kapital und zu wenig Waren, die europäischen Länder — und unter ihnen besonders die Bundesrepublik — sowie Japan exportieren zu wenig Kapital und zu viele Waren.
Wenn man dies alles zusammennimmt: rapides Wachstum der Waren-und Kapitalströme, der Finanzierungsspielräume, die Kreditschöpfungs-und Refinanzierungstechniken der Banken bei anhaltenden und eher noch wachsenden strukturellen Ungleichgewichten im Waren-und Kapitalverkehr — dann ist der Schluß unvermeidlich, daß Währungskrisen bei gegebenem (und überholtem) Welt-währungssystem geradezu programmiert sind, zumal die Wechselkursänderungen der vergangenen Jahre, die Abwertungen des britischen Pfundes und des französischen Franc, die D-Mark-Aufwertungen, die Yen-Aufwertung und die beiden Dollarabwertungen, um nur die wichtigsten zu nennen, die strukturellen Ungleichgewichte nicht haben beseitigen können.
Lediglich Atempausen haben sie verschafft, die freilich immer kürzer währten. Die Aufwertung der D-Mark im Oktober 1969 bescherte eine Atempause von noch 11/2 Jahren. Im Mai 1971 wurde der Wechselkurs der D-Mark freigegeben; es kam zum sogenannten, oben erwähnten, Smithsonian Agreement im Dezember 1971. Damals glaubte man, die Abwertung des Dollar und die übrigen Paritätsänderungen (u. a. die Aufwertung der D-Mark und des Yen) sowie die Erweiterung der Bandbreiten würden die Lage bis zur angestrebten Reform des Weltwährungssystems stabilisieren, doch das mühsam errichtete neue Gerüst von Währungsparitäten hielt kaum ein halbes Jahr. Schon am 1. März wurde die Bardepotpflicht eingeführt (s. dazu auch S. 17): 40 Prozent der Auslandskredite von Nichtbanken mußten zinslos bei der Bundesbank hinterlegt werden. Das inzwischen erweiterte Bardepotgesetz hat die Möglichkeit einer 100prozentigen Abschöpfung geschaffen, was einem Verbot der Kreditaufnahme gleichkäme.
Ende 1972 brach die Pfundkrise aus, die sich rasch zu einer erneuten Dollarkrise erweiterte. Seit der Vereinbarung von Washington sank der Dollarkurs an der Frankfurter Devisenbörse zum erstenmal auf den unteren Interventionspunkt; die Bundesbank mußte zur Stützung des Dollarkurses amerikanische Devisen aufkaufen; die Devisenbörsen wurden geschlossen; die Bundesregierung entschied sich für dirigistische Maßnahmen zur Abwehr der Dollarflut: der Bardepotsatz wurde auf 50 Prozent erhöht und der Erwerb inländischer festverzinslicher Wertpapiere durch Ausländer wurde genehmigungspflichtig und damit praktisch verboten. (Rentenpapiere gelten als ideale Anlageform für eingeflossene, in D-Mark umgetauschte Dollar.)
Wieder glaubte man, die ersehnte Atempause bis zur Weltwährungsreform geschaffen zu haben. Dies um so mehr, als die neuesten Daten über die konjunkturelle Entwicklung und die Preise in den USA zusammen mit den Aussichten auf einen Frieden in Vietnam auf eine Erstarkung der Position des Dollar hoffen ließen. Jedoch verwandelten zwei Zahlen, die bereits oben genannt worden sind, die scheinbare Ruhe an den Devisenbörsen in eine Ruhe vor dem Sturm: Das Handelsbilanzdefizit der USA in Höhe von 6, 4 Milliarden Dollar (das sind umgerechnet rund 20 Milliarden D-Mark) — bemerkenswert daran war insbesondere, daß dieses Defizit trotz der Abwertung des Dollar über dreimal so groß war wie im Vorjahr — und der Exportüberschuß der Bundesrepublik von über 20 Milliarden D-Mark im Jahre 1972 — bemerkenswert war hier insbesondere, daß die Exportindustrien trotz der Aufwertung der D-Mark den höchsten Exportüberschuß in der Geschichte der Bundesrepublik erzielten.
Diese beiden Zahlen, die dazu noch fast gleichzeitig bekannt wurden, machten die Spekulation munter, sie deuteten unmißverständlich darauf hin, daß die D-Mark unterbewertet und der Dollar überbewertet ist. In dieser Atmosphäre bedurfte es nur eines vergleichsweise geringen Anstoßes, um eine Spekulationslawine auszulösen. Diesen Anstoß lieferte Italien.
Italiens Währung, die Lira, galt schon lange als abwertungsverdächtig, und als Italien den Lira-Kurs in einen festen Handelskurs und einen beweglichen Kapitalkurs spaltete, löste diese Maßnahme eine erste Devisenlawine aus, die sich in die Schweiz wälzte. Die Schweizer reagierten unerwartet schnell und unerwartet hart. Ihre Notenbank stellte die Dollarstützungskäufe ein, ließ also den Schweizer Franken praktisch floaten. Diese Maßnahme bedeutete dann den Auftakt zur bislang größten Spekulationswelle, die Milliarden von Dollars nach Frankfurt schwemmte — trotz der Verschärfung der Abwehrmaßnahmen gegen den Devisenzustrom durch die Bundesregierung.
Es ist oft die Frage gestellt worden, wer eigentlich die berühmten Spekulanten sind. Auf sie konzentriert sich in der Regel der Unmut der Politiker, wenn sie durch die dramatischen Ereignisse an den Devisenbörsen zu unliebsamen Entscheidungen gezwungen werden. So wie der frühere britische Premier Wilson sich einst über die „Zürcher Gnome" ereiferte, die gegen das britische Pfund spekuliert haben sollten, so verkündete auch der US-Präsident Nixon am 15. August 1971 (als die Goldeinlösungspflicht des Dollar endgültig aufgehoben wurde) drohend:, „Der amerikanische Dollar darf nie wieder eine Geisel in den Händen internationaler Spekulanten werden." Der liberale neue Wirtschaftsminister Friderichs steuerte zum Thema Spekulation diese Erkenntnis bei (am 10. 1. 73 in der Tagesschau): „Die Verhandlungen ... laufen mit dem Ziel, den Spekulanten zum ersten Male deutlich zu beweisen, daß sie sich verspekuliert haben."
Hier irrte Friderichs: „Die Spekulanten" haben auch diesmal recht behalten; denn die Spekulanten sind, wie man in letzter Zeit oft hören konnte, durchaus ehrenwerte Geschäftsleute, nämlich Banken und Unternehmen, die nichts weiter betreiben als Kurssicherungsgeschäfte, d. h. ihre Dollarguthaben oder -forderungen in D-Mark umtauschen. (Natürlich zählen zu den Spekulanten auch echte Spekulanten, angefangen bei den vielzitierten arabischen Ölscheichs bis hin zu den ebenso gern zitierten „Börsenjobbern".) Und dann sind die Spekulanten auch die sehr umworbene Kunden der deutschen Exportfirmen, die ihre D-Mark-Rechnungen, was ihnen niemand verwehren kann, vorzeitig begleichen, um zu verhindern, daß sie im Falle einer Aufwertung der Mark oder einer Abwertung des Dollar für die D-Mark-Rechnungen mehr Dollars aufbringen müssen. Lauten die Rechnungen auf Dollar, dann werden die deutschen Exporteure ihre zu erwartenden Dollareinnahmen vorzeitig (in Gestalt eines Termingeschäftes) „verkaufen", d. h. in D-Mark umtauschen. Daß es sich auch hier um Milliardenbeträge handelt, zeigt ein Blick auf die Ausfuhrstatistik: Allein im Januar 1973 wurden Waren im Werte von 13, 3 Milliarden. D-Mark ausgeführt.
Nimmt man dies alles zusammen — Umtausch von Dollarguthaben deutscher Unternehmen und Banken sowie Vorauszahlungen bei Exportgeschäften oder vorzeitiger Umtausch von zu erwartenden Dollareingängen — so summiert sich schon allein die deutsche Beteiligung und die Beteiligung der Kunden deutscher Exporteurean der „Spekulation" zu Milliardenbeträgen. Da ausländische Unternehmen und Banken die gleichen Zielsetzungen verfolgen wie die deutschen, dürfte die Frage nach der Herkunft und nach dem Ausmaß der Devisenströme hinlänglich geklärt sein, wenn man darüber hinaus berücksichtigt, daß der überaus leistungsfähige Bankenapparat die jederzeitige Verfügbarkeit über diese gewaltigen Beträge garantiert. Es sei in diesem Zusammenhang auch noch einmal an den Eurodollarmarkt erinnert, dessen Volumen — rund 80 Milliarden Dollar — ja nichts anderes darstellt als disponible Mittel von Unternehmen und Banken.
Bemerkenswert an den Währungskrisen ist nicht nur das wachsende Volumen der Devisenlawinen, sondern auch das Auseinander-klaffen von betriebswirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Motivationen, Transak23 tionen und Argumentationen. Es sind oft die gleichen Unternehmen, die durch ihre Kurssicherungsgeschäfte die Währungskrise auslösen und die Regierungen zu Wechselkursänderungen zwingen, aber gleichzeitig dringend vor einer Änderung der Parität der Währung, d. h. einer Aufwertung oder einem Floaten warnen.
In welchem Maße nun die Devisenzuflüsse das inflationäre Klima weiter erhitzen, ist schwer zu quantifizieren. Ein nicht unerheblicher Teil wird durch Abschöpfungsmaßnahmen der Bundesbank stillgelegt (Kürzung der Rediskontkontingente, d. h.der Refinanzierungsmöglichkeiten der Banken bei der Bundesbank, Erhöhung der Mindestreserven, d. h.der zinslosen Einlagen der Banken bei der Bundesbank; Verschärfung des Bardepots), ein weiterer Teil fließt nach Abflauen einer Währungskrise in der Regel wieder ab — die Hoffnungen darauf haben sich freilich nach der jüngsten Währungskrise bis Redaktionsschluß noch nicht erfüllt.
Unbestreitbar bleibt aber die Tatsache, daß jeder Dollar (ebenso wie jede andere Währung), der in D-Mark umgetauscht wird, das Liquiditätspotential der Volkswirtschaft anreichert — sofern der Gegenwert nicht durch die Bundesbank abgeschöpft wird. Feststeht ebenfalls, daß es bisher noch nie gelungen ist, Devisenzuflüsse vollkommen zu neutralisieren. Die Wahrscheinlichkeit, daß auch die jüngsten Devisenzuflüsse den Geld-und Kreditkreislauf weiter aufblähen und damit die Inflation anheizen, ist also groß. Da die durch den Devisenzustrom geschaffene Kaufkraft nicht sofort nachfragewirksam wird, muß man die preispolitischen Nebenwirkungen der Spekulationswellen mittelfristig sehen.
Die von der Bundesregierung im Februar 1973 beschlossenen Maßnahmen zur Abschöpfung von Kaufkraft und damit zur Dämpfung des Preisauftriebs — diese Maßnahmen laufen nach Angaben von Bundeswirtschaftsminister Friderichs auf eine Stillegung von mindestens 5 bis 6 Milliarden D-Mark hinaus — können also allenfalls dazu beitragen, die preispolitisch nachteiligen Wirkungen der jüngsten Devisenschwemme zu neutralisieren. Eine wesentliche Dämpfung des Preisauftriebs wird man sich von diesen Maßnahmen (Erhöhung der Mineralölsteuer, Stabilitätsabgabe für Großverdiener, die Stabilitätsanleihe sowie die Aussetzung der degressiven Abschreibung auf Gebäude) mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht erhoffen dürfen.
Wenn man sich noch einmal vergegenwärtigt, was oben festgestellt wurde, nämlich daß unter den gegebenen Bedingungen weitere Währungskrisen geradezu vorprogrammiert sind, dann kann man weitere Preisschübe als Ergebnis eines nicht voll funktionsfähigen Weltwährungssystems nicht ausschließen. Dies um so mehr, als eine der Ursachen der Weltwährungskrisen, die trotz der jüngsten Paritätsänderungen tendentiell immer noch unterbewertete D-Mark, schon eine Inflationsquelle in sich darstellt: Inflationsimport durch zu teuer bezahlte Einfuhren (eine D-Mark-Aufwertung würde die Importe tendenziell verbilligen) und durch die hohen Exportüberschüsse. Die Exporterlöse heizen die Nachfrage an, sofern sie nicht durch Zahlungen an das Ausland (z. B. Urlauber, Über-weisungen der Gastarbeiter) kompensiert werden. Die Exportüberschüsse selbst bedeuten eine Unterversorgung des Binnenmarktes, was sich ebenfalls preissteigernd auswirken muß.
IV. Die preispolitische Bedeutung des Dienstleistungssektors
Abbildung 5
Juni Juli August September Oktober November Anstieg der industriellen Erzeugerpreise gegen Vormonat + 0, 1 + 0, 3 + 0, 3 + 0, 7 + 0, 3 + 0, 3 gegen entsprechenden Vorj ahresmonat in Prozent + 2, 7 + 2, 7 + 2, 9 + 3, 5 + 3, 9 + 4, 2 1972
Juni Juli August September Oktober November Anstieg der industriellen Erzeugerpreise gegen Vormonat + 0, 1 + 0, 3 + 0, 3 + 0, 7 + 0, 3 + 0, 3 gegen entsprechenden Vorj ahresmonat in Prozent + 2, 7 + 2, 7 + 2, 9 + 3, 5 + 3, 9 + 4, 2 1972
Die Aufzählung der Inflationsquellen wäre unvollständig ohne den Hinweis auf die wachsende Bedeutung des lohnintensiven Dienstleistungsbereiches, des sogenannten tertiären Sektors. Wenn dem Schlagwort von der Lohn-Preis-Spirale eine Berechtigung nicht abgesprochen werden kann, dann eben im Bereich der Dienstleistungen. In der Bundesrepublik ist nahezu jeder dritte Beschäftigte in diesem Bereich tätig, wieviel es einmal werden können, zeigt das Beispiel der USA, wo — großzügig gerechnet — jeder zweite seinen Lebensunterhalt bei Banken, Handel, Versicherungen und anderen Dienstleistungsunternehmen verdient. Nimmt man noch den Staat, dessen Tätigkeit ja nichts anderes als Dienstleistungen am Menschen darstellt (oder jedenfalls sollte), dann erhöht sich der Prozentsatz der Beschäftigten im Bereich Dienstleistungen in der Bundesrepublik schon auf über 42 Prozent.
V. Möglichkeiten und Grenzen der Stabilitätspolitik
Abbildung 6
1970 1971 1972 Lohnkosten je Produktionseinheit ♦) + 12, 8 + 7, 7 + 4 Erzeugerpreise industrieller Produkte Anstieg in Prozent + 5, 9 + 4, 7 + 3, 1 “) Verbraucher-preise + 3, 8 + 5, 2 + 5, 7 ’) Verarbeitende Industrie ") 3. Quartal 1972 gegenüber 3. Quartal 1971 Quellen: Monatsbericht der Deutschen Bundesbank, Dezember 1972; Jahresgutachten 1972/73 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.
1970 1971 1972 Lohnkosten je Produktionseinheit ♦) + 12, 8 + 7, 7 + 4 Erzeugerpreise industrieller Produkte Anstieg in Prozent + 5, 9 + 4, 7 + 3, 1 “) Verbraucher-preise + 3, 8 + 5, 2 + 5, 7 ’) Verarbeitende Industrie ") 3. Quartal 1972 gegenüber 3. Quartal 1971 Quellen: Monatsbericht der Deutschen Bundesbank, Dezember 1972; Jahresgutachten 1972/73 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.
1. Systemkonforme Instrumente Wenn man sich nun die Frage vorlegt, welche Folgerungen eine realistische „hausgemachte" Stabilitätspolitik aus den hier aufgezeigten Inflationsursachen und -tendenzen zu ziehen hat, so empfiehlt es sich, zwischen marktwirtschaftlichen und nicht ganz marktwirtschaftlichen Instrumenten zu unterscheiden. Prüfen wir zunächst den anerkannt marktwirtschaftlichen Instrumentenkasten. Und hier steht an erster Stelle nach wie vor die Einkommenspolitik. Die marktwirtschatfliche These lautet dabei: je geringer die Lohnerhöhung, um so geringer die Kosten-und die Nachfragesteigerung. Als preisneutrale Lohnerhöhung wird eine Rate genannt, die sich am gesamtwirtschaftlichen Produktivitätsfortschritt orientiert. Dieser Mechanismus ist, wie oben dargestellt wurde, leider nicht mehr intakt, selbst eine Lohnerhöhung von null Prozent kann keine Preisstabilität garantieren.
Aus diesem Grunde kann es unter den gegebenen Bedingungen auch keine stabilitätskonforme Einkommenspolitik geben, sondern nur noch den Versuch, in der Einkommenspolitik eine Linie zu finden, die den Inflationskreislauf nicht oder nur wenig beschleunigt, dabei aber verteilungspolitisch keine neuen nennenswerten Ungerechtigkeiten schafft.
Unter den gegenwärtigen Bedingungen kommt dies freilich dem Versuch einer Quadratur des Kreises gleich. Denn nehmen wir einmal an, die Tarifabschlüsse in der Bundesrepublik zu Beginn des Jahres 1973 in der Eisen-und Stahlindustrie und im öffentlichen Dienst lägen nicht zwischen 8 und 9 Prozent, sondern mit Rücksicht auf die kosten-und preispolitischen Auswirkungen in lohnintensiven Betrieben und den zusätzlichen Nachfrageschub im öffentlichen Dienst zwischen 6 und 7 Prozent — was wäre gewonnen? Nun, es würden mit hoher Wahrscheinlichkeit zunächst höhere Gewinne für die kapitalintensiven Konzerne herauskommen, aber (wie auch der Sachverständigenrat zugeben muß) wenn überhaupt, dann nur ein magerer Stabilitätsgewinn. Der magere Stabilitätsgewinn wäre freilich erkauft mit neuen verteilungspolitischen Flurschäden, denn Gewinnsteigerungen, an denen die Arbeitnehmer nicht partizipieren, fördern eine weitere einseitige Verteilung des Produktivkapitals.
Nun könnte man theoretisch auch den Weg einschlagen, im öffentlichen Dienst und in lohnintensiven Betrieben wesentlich niedrigere Tarifabschlüsse zu vereinbaren als für die kapitalintensiven Wirtschaftsbereiche. Hier wären dann allerdings weniger verteilungspolitische, sondern sozialpolitische Flurschäden die unausweichliche Folge. Warum sollen Straßenbahnfahrer, Schalterbeamte oder Kartellspezialisten im öffentlichen Dienst bei den Einkommensverbesserungen schlechter gestellt sein als der Kollege in der Eisen-und Metallindustrie (zumal sie die Preissteigerungen und die Erhöhung der Sozialbeiträge genauso treffen)? Ein einwöchiger Streik in der Müllabfuhr oder ein Bummelstreik bei den Nahverkehrsbetrieben würden diesen sozialpolitischen Erwägungen sicher die notwendige Überzeugungskraft verleihen.
Nein, wenn man schon diesen marktwirtschaftlichen einkommenspolitischen Test macht und die Tarifabschlüsse, wie oben skizziert, reduziert, dann läßt sich dies vor Gewerkschaften und Arbeitnehmern nur vertreten, wenn es Hand in Hand geht mit einer entsprechenden vermögenspolitischen Absicherung. Würden auch im Falle niedriger Lohnabschlüsse die Preise und mit ihnen die Gewinne steigen, dann könnten die Arbeitnehmer auf dem Wege der Gewinnbeteiligung partizipieren. Entsprechende Regelungen fehlen leider in der Bundesrepublik. Vermögenspolitisch nicht ohne Bedeutung ist zwar das 624-D-Mark-Gesetz. Da jedoch die Leistungen der Wirtschaft aufgrund dieses Gesetzes in die Kostenrechnung und damit in die Preiskalkulation eingehen, ist der verteilungspolitische Effekt äußerst mager, wenn nicht sogar gleich Null. Notwendig wäre also zumindest die Einführung der Gewinnbeteiligung, wie sie seit Jahren zwar mit wachsender Intensität diskutiert, aber leider nicht beschlossen wurde. Immerhin, die Bedenken marktwirtschaftlicher Puristen gegen die Gewinnbeteiligung sind inzwischen widerlegt, seitdem sich die Auffassung durchgesetzt hat, daß die Arbeitnehmer genauso zum betrieblichen Erfolg beitragen wie die Unternehmer selbst, und seitdem einige progressive Unter-25 nehmer den Anfang machten, ohne daß ihre Unternehmen zusammengebrochen sind.
Wirkungsvoller als eine Gewinnbeteiligung (Gewinn nach Steuern) der Arbeitnehmer wäre allerdings eine Cash-flow-Beteiligung, weil sich — wie oben beschrieben — ja gezeigt hat, daß große Unternehmen ihre Preis-und Investitionspolitik am Cash-flow orientieren. Eine Diskussion darüber ist freilich nicht einmal in Ansätzen erkennbar.
Als Zusatzinstrument der Einkommenspolitik wurde in letzter Zeit wieder die Erhebung eines Konjunkturzuschlages nach Maßgabe des Stabilitätsgesetzes diskutiert. Ein solcher Zuschlag zur Lohn-und Einkommensteuer (gesetzliche Obergrenze: 10 Prozent zu den Einkommensteuern) soll Kaufkraft abschöpfen und somit preisdämpfend wirken.
Diese Rechnung erscheint fast naiv, wenn man sie mit den wirtschaftlichen Realitäten konfrontiert. Nehmen wir an, der 10-prozentige Zuschlag würde voll ausgeschöpft (d. h. auch die Bezieher kleinerer Einkommen würden zur Kasse gebeten), dann hätte man nach Berechnungen des Münchner Ifo-Institus eine Summe von rund 9 Milliarden D-Mark stillgelegt. Aber — und darauf weist das Ifo-Institut in seinen „Konjunkturperspektiven 1973" mit Recht hin — „die hierdurch verursachte Nachfrageminderung wäre ... erheblich geringer zu veranschlagen, da ein beträchtlicher Teil dieser Einkommensminderung durch eine geringere Ersparnis oder höhere Verschuldung ausgeglichen würde" Darüber hinaus müßte man damit rechnen, daß die Gewerkschaften den Konjunkturzuschlag über höhere Tarifabschlüsse wieder „hereinholen". Die erhoffte preisstabilisierende Wirkung wäre also — zumindest — neutralisiert.
Grundsätzlich kann die Einkommenspolitik als erfolgversprechendes Instrument der Stabilitätspolitik nur dann greifen, wenn der Preismechanismus, d. h. eine Preisbildung aufgrund von Angebot und Nachfrage, wieder besser wirksam wird. Voraussetzung dafür ist eine gründliche Reform Wettbewerbsrechts, das man gern als „Grundgesetz der sozialen Marktwirtschaft" bezeichnet. Nun wurde während der letzten Legislaturperiode zwar sehr intensiv an einer Kartell-novelle gearbeitet, aber da sich die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag mit der Zeit zuungunsten der Regierungsparteien verändert hatten, blieb der Entwurf wegen der Neuwahlen liegen und steht jetzt erneut zur Beratung an. Die jetzt wieder diskutierte Fassung ist zwar besser als nichts, aber noch längst nicht optimal im Sinne dessen, was geschehen müßte.
Eine vorbeugende Fusionskontrolle (für Zusammenschlüsse von Firmen, die ein Umsatz-volumen von mindestens einer Milliarde D-Mark haben), eine verschärfte Mißbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Unternehmen und Kooperationserleichterungen für kleine und mittelständische Unternehmen können vielleicht weitere wettbewerbspolitische Flurschäden verhindern, aber die bereits eingetretenen Schäden nicht oder allenfalls geringfügig reparieren. Was notwendig wäre, ist eine wettbewerbspolitische Bestandsaufnahme, bei der man ermittelt, auf welchen Märkten der Wettbewerb nicht oder nur verzerrt wirksam ist. Aufgrund der Ergebnisse dieser Bestandsaufnahme sollte man sich nicht scheuen, wo nötig, die Konsequenzen zu ziehen und Entflechtungsmaßnahmen einzuleiten. Das klingt — zugegeben — sehr utopisch, stieß man doch mit der Kartellnovelle, die nur eine vergleichsweise milde Verschärfung des Wettbewerbsrechts bedeuten würde, lange auf den erbitterten Widerstand der Wirtschaftsverbände und der ihnen angeschlossenen Firmen, denen die Aussicht auf einen Wettbewerb, wie ihn die marktwirtschaftlichen Ordnungspolitiker anstreben, offensichtlich einiges Unbehagen verursacht.
Festzuhalten bleibt also: Die Bekämpfung des Preisauftriebs mit binnenwirtschaftlichen marktkonformen Mitteln ist nur möglich und erfolgversprechend, wenn man die Regeln des Wettbewerbs beachtet und der Wettbewerb selbst als Instrument zur „optimalen Kombination der Produktionsfaktoren", wie es in der Fachsprache heißt, intakt ist. Solange man von diesem Idealzustand so weit entfernt ist wie jetzt, sollte man sich hier keine allzu großen Hoffnungen machen.
Dies gilt auch für die Haushaltspolitik der öffentlichen Hände als marktkonformes Instrument der Stabilitätspolitik. Hier kann auf die Erörterungen auf Seite 4 und 5 hingewiesen werden, so daß sich an dieser Stelle weitere Ausführungen erübrigen. 2. Dirigistische Instrumente Damit ist der Katalog der marktkonformen Stabilisierungsrezepte praktisch erschöpft. Die folgenden zu erörternden Möglichkeiten liegen schon am Rande der marktwirtschaftlichen „Legalität" oder überschreiten nach herrschender Lehre bereits die von marktwirtschaftlichen Ordnungspolitikern markierten Grenzen.
Um einen Grenzfall dürfte es sich zunächst bei freiwilligen Preis-und Lohnabsprachen handeln. Diese Absprachen könnten dabei als Fortsetzung der Konzertierten Aktion mit neuen Mitteln interpretiert werden. Bei den bisherigen Runden der Konzertierten Aktion ging es vor allem darum, daß Spitzenvertreter von Bundesregierung, Bundesbank, Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften zu einem Konsensus hinsichtlich der Beurteilung der aktuellen konjunkturellen Lage kamen. Den einzelnen Gruppen blieb es dabei überlassen, ihre Schlußfolgerungen im Hinblick auf das als gemeinsam erachtete Ziel von Stabilität und Wachstum zu ziehen. Die Preisentwicklung zeigt, daß die Schlußfolgerungen recht unterschiedlich ausgefallen sind.
Der Vorschlag, über den von der Konzertierten Aktion bisher gesteckten Rahmen hinaus-zugehen und bei Gesprächen über Löhne und Preise konkreter zu werden, erscheint also auf den ersten Blick ganz passabel. Und doch ist Skepsis angebracht. Daß der Vorschlag eines Stabilitätspaktes Sympathien vor allem in Wirtschaftskreisen genießt — der Deutsche Industrie-und Handelstag hatte sich zum Beispiel sehr prononciert dafür ausgesprochen —, mag zwar die Vermutung erhärten, daß Preisabsprachen in der Wirtschaft nicht nur möglich sind, sondern auch praktiziert werden, er bedeutet aber noch keine Garantie dafür, daß nun auch Preisabreden getroffen werden, um die Preise niedrig zu halten. In Gewerkschaftskreisen unterstellt man deshalb sicher nicht zu Unrecht den Fürsprechern eines Stabilitätspaktes, sie wollten damit — da Preisgarantien nicht gegeben werden könnten — nur die Gewerkschaften disziplinieren. Ein Stabilitätspakt hat also wenig Chancen.
Anders verhält es sich mit einer monetären Maßnahme, der in letzter Zeit näher diskutierten Kreditplafondierung, das heißt einer Begrenzung des Kreditvergabespielraumes der Banken. Hintergrund dieser Maßnahme ist die Überlegung, daß die Inflation nur insoweit möglich ist, wie sie finanziert werden kann. Jeder Zahlungsakt beim Kauf eines um X Prozent'verteuerten Gutes setzt ja voraus, daß der Käufer liquide genug ist oder jemanden gefunden hat, der ihm seinen Kauf finanziert. Die Kreditplafondierung wäre also ein durchaus diskutables Instrument, den Kreditschöpfungsspielraum der Banken und damit die preistreibende Expansion des Geldvolumens (zusammen mit dem oben beschriebenen Bar-depot und den anderen Maßnahmen zur Abwehr unerwünschter Devisenzuflüsse) einzudämmen. Diese Maßnahme würde dann freilich nicht allein Konsumenten und klein-und mittelständische Industrie treffen, sondern auch zum erstenmal wohl wirksam die Großunternehmen.
Bei den Banken scheint man diese Zusammenhänge ähnlich zu sehen, denn der Widerstand gegen die Kreditplafondierung ist heftig. Wie so häufig bei unbequemen Maßnahmen werden ordnungspolitische Bedenken geltend gemacht. Dies sei — so der Einwand — ein schwerwiegender Eingriff in die marktwirtschaftliche Ordnung, überdies erfordere eine Kreditplafondierung umfangreiche Kontrollmaßnahmen, die praktisch gar nicht durchführbar seien. PJun, wenn dem so wäre, dann brauchten die Banken die Kreditplafondierung nicht zu fürchten. s Sie könnten sich sogar als selbstlose Opfergänger für die edle Sache der Stabilität von der Öffentlichkeit feiern lassen und trotzdem ihre Funktionen als Universalbanken in gewohnter Weise wahrnehmen.
Der „ordnungspolitische Eingriff" selbst scheint so schwerwiegend nicht zu sein, da er zwar das Kreditvolumen selbst begrenzt, nicht aber die wirtschaftliche Modalitäten der Kreditvergabe beeinflußt. Darüber hinaus gibt es schwerwiegendere Eingriffe, ohne daß ein ähnlich lauter Protest artikuliert worden wäre. Man denke nur an den gemeinsamen EWG-Markt, der mit einem „Markt" so viel gemeinsam hat wie eine Spielbank mit einer Geschäftsbank.
Die Frage sollte also nicht sein, ob Kreditplafondierung oder nicht, sondern, ob eine Kreditplafondierung zur Bekämpfung des Preis-auftriebs ausreicht. Die Antwort muß negativ sein, da mit einer Maßnahme allein — wie jeder Konjunkturpraktiker bestätigen kann — in einem so komplizierten Gebilde, wie es die Volkswirtschaften moderner Industriestaaten darstellen, Erfolge — wenn überhaupt — allenfalls langfristig erreicht werden können.
Eine Kreditplafondierung braucht also „flankierende Maßnahmen", und die Zeichen mehren sich, daß diese Maßnahmen, da die marktkonformen Möglichkeiten erschöpft sind oder nicht genügend genutzt werden (Wettbewerbspolitik), eher jenseits der marktkonformen Grenzen liegen werden. Das schon seit geraumer Zeit diskutierte Schlagwort heißt Lohn-und Preisdirigismus, und zwar in Form eines Lohn-und Preisstops oder von Lohn-und Preiskontrollen.
Die Argumente gegen diese Maßnahmen sind bekannt. Man muß befürchten, daß die Ankündigung schon ausreicht, um zunächst eine Preiswelle auszulösen. Man weiß, daß diese Maßnahmen nur an den Symptomen kurieren und nicht die Ursachen beseitigen, daß damit die Inflation zurückgestaut wird und nach Beendigung nur um so heftiger aufbricht; daß die Tarifautonomie außer Kraft gesetzt würde; daß der Preisstop kaum zu kontrollieren ist und graue und schwarze Märkte entstehen.
Auch sind die Erfahrungen, die andere Länder, zum Beispiel die Niederlande, Frankreich und Schweden, mit diesem Instrumentarium gesammelt haben, alles andere als ermutigend. Allein die USA scheinen Erfolge anpreisen zu können. Hier sank nach Verkündigung des Lohn-und Preisstops durch Nixon im August 1971 und nach Übergang auf die Phase II mit Lohn-und Preiskontrollen im November 1971 der Preisanstieg auf etwa 3, 5 Prozent, dies aber aufgrund von Sonderbedingungen; Die Arbeitslosenquote liegt in den USA bei 6 Prozent, und die außenwirtschaftliche Abhängigkeit ist nicht so groß wie die der EWG-Länder.
Wenn trotz dieser Einwendungen und schlechten Erfahrungen ein so marktwirtschaftlich orientiertes Gremium wie der Sächverständigenrat sich dennoch nicht zu einem uneingeschränkten Nein zu diesen Maßnahmen entschlossen hat, dann kann man dies nur als außerordentlich bemerkenswert bezeichnen. In seinem Jahresgutachten 1972/73 schreibt der Sachverständigenrat: „Verbindliche lohn-und preispolitische Leitlinien (sind) weder unter rechtsstaatlichen noch unter ordnungspolitischen Gesichtspunkten schlechthin zu verwerfen. In Ausnahmesituationen können sie dem Staat zu jener Atempause verhelfen, die er benötigt, um mit seinen traditionellen Instrumenten die Lage unter Kontrolle zu bekommen."
In dem oben bereits zitierten Rundfunk-Interview ergänzte der Vorsitzende des Sachverständigenrates, Prof. Kloten, daß mit diesem „Ausnahmefall" ein konjunktureller Ab-schwung bei anhaltendem Preisauftrieb gemeint ist.
In dieser konjunkturellen Phase befindet sich die Bundesrepublik zur Zeit nicht. Alle Indikatoren deuteten zu Beginn des Jahres 1973 auf einen neuen Aufschwung hin. Soll man also auf verbindliche Leitlinien verzichten? Die Antwort muß lauten: nein. Sozial-und wirtschaftspolitische Gesichtspunkte lassen es nicht zu, daß sich der Preisauftrieb weiter beschleunigt.
Zu prüfen und zu entscheiden wäre in diesem Stadium die folgende Frage:
Wenn die traditionellen Instrumente der Stabilitätspolitik nicht greifen, nicht greifen können, weil ein marktwirtschaftlicher Wettbewerb in weiten Teilen der Volkswirtschaft nicht mehr stattfindet, wenn eine Novellierung des Wettbewerbsrechts nicht -sO weit geht, um einen funktionsfähigen Wettbewerb wieder herzustellen, weil dies am Widerstand der betroffenen Gruppen scheitert, dann bleibt als Konsequenz nur die Möglichkeit, die Preise dort zu kontrollieren, wo infolge der Konzentration der marktwirtschaftliche Preismechanismus außer Kraft gesetzt ist: bei den Großunternehmen, den marktbeherrschenden Unternehmen. Dieses Modell punktuell angewandter Preiskontrollen — entweder in Gestalt von Kalkulationsrichtlinien oder in Form einer Genehmigungspflicht für Preiserhöhungen — ist leichter und mit größeren Erfolgsaussichten zu handhaben als ein genereller Preisstop. Denn dieser hätte gleichzeitig einen Lohnstop zur Folge, was wiederum wirtschaftspolitisch unlogisch wäre, weil, wie gesagt, nicht alle Preissteigerungen auf Lohnerhöhungen zurückzuführen sind. Ein solches Modell von Preiskontrollen bei marktbeherrschenden Unternehmen scheint sogar ordnungspolitisch noch vertretbar. Es verschont diejenigen Unternehmen, die sich marktkonform verhalten, und nimmt diejenigen Unternehmen unter „Kuratel", die den Markt außer Kraft gesetzt haben.
So gesehen, können Preiskontrollen bei marktbeherrschenden Unternehmen im Verhältnis zu den übrigen Teilen der Volkswirtschaft sogar wieder wettbewerbsähnliche Bedingungen schaffen. Auch wenn man die Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen marktbeherrschenden und nicht marktbeherrschenden Unternehmen berücksichtigt, scheint eine solche Maßnahme überdies kurz-oder mittelfristig leichter durchführbar als eine Entflechtung der Konzerne, die sich über Jahre hinziehen würde.
Stabilitätspolitische Erfolge werden sich freilich nach Einleitung der eben geschilderten Maßnahmen auch nur unter zwei Bedingungen einstellen:
Zunächst müssen wegen -der starken außen-wirtschaftlichen Verflechtung der Bundesrepublik vor allem die EWG-Länder eine in etwa gleichgerichtete stabilitätspolitische Marschroute einschlagen. Zweitens dürfen nicht nur keine neuen Währungskrisen aufbrechen, sondern sollte die angestrebte Weltwährungsreform mit dem Ziel einer optimalen Liquiditätsversorgung der nationalen Volkswirtschaften in die Tat umgesetzt werden.
Die Aussichten hierfür erscheinen heute schon um einiges günstiger als etwa 1971. Damals erreichte die Dollarkrise ihren Höhepunkt, drohte die geplante Wirtschafts-und Währungsunion schon im Anfangsstadium zu zerbrechen. Jetzt wird in zunehmendem Umfange nicht nur ver-, sondern auch gehandelt. Aber wie auch immer das neue Währungssystem aussehen wird: Nationale Stabilitätspolitik im Alleingang ist im Zeichen einer zunehmenden Verflechtung der internationalen Mächte, insbesondere der EG-Länder untereinander, zum Scheitern verurteilt.
Klaus Hofmeier, Dr. rer. pol., geboren 1937, Studium der Wirtschaftswissenschaften und politischen Wissenschaften in Göttingen, Kiel und Köln, seit 1969 Mitglied der Wirtschaftsredaktion des Deutschlandfunks. Veröffentlichungen u. a.: „Ein Hearing ist kein Hering", Kompendium wirtschaftspolitischer Schlagworte, Köln 1972.
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