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„Konvergenz" -nicht nur eine Theorie? | APuZ 19/1973 | bpb.de

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APuZ 19/1973 Artikel 1 Primat der Deutschlandpolitik? Anmerkungen zu einer abstrakten Utopie „Konvergenz" -nicht nur eine Theorie?

„Konvergenz" -nicht nur eine Theorie?

Matthias Walden

/ 20 Minuten zu lesen

Vordergründig wirbt die Sozialdemokratische Partei Deutschlands — welchen Deutschlands in welchen Grenzen und in welchem System? — für ihre neue Ostpolitik mit der Notwendigkeit eines Arrangements gegenüber dem politischen Osten, einer Übergangszeit der „Regelungen" vor allem um menschlicher Erleichterungen willen. Die Vermutung, daß mehr dahinterstecke, als gegenwärtig vorgezeigt werde, erschien zunächst als polemischer Verdacht. Es fiel allerdings auf, daß in der Diskussion des Ost-West-Themas von Sprechern der Koalition nicht nur entschiedene Hinweise auf die Unzumutbarkeit des kommunistischen Systems und seiner Gewaltausübung reduziert, meist ganz vermieden wurden, sondern daß es auch — anfangs auf unteren Parteiebenen — zu unverkennbaren Sympathie-Bekundungen gegenüber dem „zweiten Staat“ kam. Im Wahlkampf bemerkte Willy Brandt, daß in der Vergangenheit „kaum ein gutes Wort über die DDR verloren worden" sei.

Das alles konnte bei wohlmeinender Beurteilung noch als taktische Notwendigkeit verstanden werden. Schließlich durfte von den Verhandlungsführern der Koalition nicht erwartet werden, daß sie der Gegenseite den Vorwurf system-bedingten Unrechts immer neu entgegenschleuderten. Die Politiker der Koalition waren darin natürlich gehandicapt. Die Journalisten waren es indessen nicht. Aber es fiel doch sehr auf, daß jeder, der die Unrechtsqualität des östlichen Gegenübers weiter beschrieb und anfocht, von den Aktivisten der neuen Ostpolitik und ihren Anhängern der Hetze beschuldigt und der böswilligen Fortsetzung des Kalten Krieges bezichtigt wurde. Es war gar nicht mehr zu übersehen, daß eine neue Bewertung geltend gemacht und die Auseinandersetzung mit den Ideologien und Realitäten des Ostens immer mehr auf eine Detailkritik reduziert und diese zunehmend gedämpft wurde. Durch die Aktivitäten der sogenannten Stamokap-Gruppe, deren einer Teil zur DKP überlief und deren Großteil der SPD erhalten blieb, sind die Grenzen zum Kommunismus fließend und konturlos geworden.

Von Willy Brandt ist bekannt, daß er die Konvergenztheorie, also die Überzeugung von der gegenseitigen Beeinflussung der Systeme mit dem Verlauf wechselseitiger Lernprozeße und dem Ergebnis, daß sie einander immer ähnlicher werden, zumindest nicht ablehnt. Die alte These, die auch und ganz besonders die SPD vertrat, besagte, daß in der Rivalität der Systeme die Freiheit im Sinne parlamentarischer Demokratie nach dem Modell unserer Verfassung und ihrer Wirklichkeit auch für die Landsleute im anderen Teil Deutschlands zu erstreben und möglichst zu erwirken sei, ist verstummt und durch etwas neues ersetzt: Das — im Bundeswahlkampf 1972 forcierte — Schlagwort vom „demokratischen Sozialismus" ermöglicht mehr als eine Ahnung davon, wohin die Reise gehen soll.

Es gehört offenbar zur Taktik dieser neuen Strategie, dem Volk die neue Vision nur rationenweise zu verabfolgen und dabei möglichst nicht die prominenten Verfechter der Novität, sondern Männer aus dem zweiten l und dritten Glied vorangehen zu lassen.

So war es in Tutzing vor neun Jahren. Egon Bahr ließ den. Versuchsballon eines „Wandels durch Annäherung" scheinbar als seine private Meinung aufsteigen. Es sollte so scheinen, als habe er vor dem liberalen Gremium dieser Akademie, deren Tradition gemäß, nur eben „laut gedacht". Sein kurzer, aber mit Recht als Sensation empfundener Monolog war aber vorher intern als ein Teil der Tutzinger Rede Willy Brandts avisiert worden, den er aus politischen Rücksichten nicht selber vortragen könne. Diese Methode ergänzt das Bild einer langfristig geplanten, vorsichtig dosierten politischen Schwenkung in Richtung auf die „Konvergenz". So wie man Grubenpferde, die nach vielen Jahren zum erstenmal wieder heraufkamen, zunächst im Dämmerlicht hielt und das Tageslicht allmählich auf sie einwirken ließ, um sie nicht zu blenden, soll offenbar das Licht der neuen Erkenntnis auch nicht mit einemmal auf das in vermeintlicher Dunkelheit mangelnden politischen Bewußtseins befangene Volk strahlen. Es könnte zu grell sein.

Ein Beispiel für solche vorsichtige Dosierung einer Politik, der eine absolute Mehrheit im Willen des Volkes nicht oder noch nicht sicher ist, war die Behandlung der völkerrechtlichen Anerkennung der „DDR": Willy Brandt begann mit der Aussage, „eine Anerkennung der DDR kommt nicht in Frage". Die zweite Stufe war: eine völkerrechtliche Anerkennung als Ausland komme nicht in Frage. Die vierte und letzte Stufe: eine völkerrechtliche Anerkennung der „DDR" als Ausland komme in dem Sinne nicht in Frage, daß die Bundesrepublik in Ost-Berlin eine Botschaft errichte. Es gehört nicht viel Vorstellungskraft dazu, sich eine solche „Verlautbarungs-Eskalation" auf die Konvergenz-Theorie bezogen auszumalen.

Jetzt wird der hintergründige Sinn des Slogans vom „Wandel durch Annäherung" aber schon in seinen Dimensionen und Konturen allmählich sichtbar: die Konvergenztheorie zeichnet sich bereits ab. Wir haben die Demokratie, der Osten hat den Sozialismus. Geht man über eine Symbiose zur Synthese, dann wird daraus — so scheint es gedacht zu sein — jener „demokratische Sozialismus", der die soziale Demokratie ablösen soll. Wer das für Alpträume eines Reaktionärs hält, sollte den Beitrag „Demokratischer Sozialismus in Ost und West" von Horst Heimann lesen, der im September 1972 als Beilage zur Wochenzeitung „Das Parlament" erschien. Es heißt darin: „Da der Grund für die Ablehnung der Konvergenztheorie nicht in einem unabänderlichen theoretischen Prinzip zu sehen ist, sondern in jenem verstärkten politischen und ideologischen Erosionsprozeß innerhalb des sozialistischen Lagers', also in realen politischen Faktoren, die sich ändern können, kann sich auch die Einstellung der osteuropäischen Kommunisten zur Konvergenz ändern. Es besteht also die Chance, daß sie die Grundgedanken der Konvergenz akzeptieren, wenn sie nicht mehr einen inneren Erosionsprozeß zu befürchten haben, der zum Zusammenbruch des sozialistischen Systems führen kann."

Horst Heimann wurde noch deutlicher, als er sich auf den SPD-Politiker Hans Jochen Vogel berief, der erkannt habe, daß „die großen Probleme nicht allein durch Reformen im Rahmen des bestehenden Wirtschaftssystems, sondern nur durch Reform des Systems selbst zu lösen sind".

Heimann folgert daraus:

„Da in einer gesellschaftlich geleiteten und kontrollierten Wirtschaftsordnung neue Kriterien für ökonomische Entscheidungen und Prioritäten erforderlich sind, wenn man die materiellen Mittel im Interesse der Menschen sinnvoller als in der profitorientierten Privat-wirtschaft einsetzen will, ist der Sozialismus nicht nur ein institutionelles und technokratisches, sondern auch ein normatives Problem. Eine systemüberwindende Reformpolitik ist daher nur zu konzipieren auf der Grundlage eines neuen politischen Denkens, das über die heute vorherrschenden Ansätze hinausgeht und auch in der Lage ist, über Wertprobleme und Zielvorstellungen etwas auszusa-Hier ist die Verbindung der neuen Ost-politik mit der neuen Gesellschaftspolitik, dieser spezifische Wandel durch Annäherung, einer Annäherung der Standpunkte und ideologischen Wurzeln beider Seiten, gar nicht mehr zu übersehen. Er soll wohl auch nicht übersehen werden.

Wer dieses Ziel erkannt hat, gewinnt gleichzeitig eine einleuchtende, wenn auch vielleicht nicht erleuchtende Erklärung dafür, daß die Ostpolitik der SPD — an die sich die FDP teils ahnungslos, teils ahnungsvoll angehängt hat — dem kommunistischen (oder auch, im Sinne der neuen Linie: „sozialistischen") Osten übergewichtige Vorteile verschafft hat. Das läßt sich an den Beispielen des Berlin-Vertrages und des Grundvertrages zwischen Bonn und Ost-Berlin darstellen.

Am Beginn der Verhandlungen wurde die erstrebte befriedigende Berlin-Regelung als Gegenleistung der Sowjetunion für die deutschen Zugeständnisse im Moskauer Vertrag genannt. Demnach hätte die Sowjetunion in Berlin keine Forderungen zu stellen, sondern nur Forderungen zu erfüllen gehabt. Sie hat aber Forderungen gestellt und sie wurden erfüllt: Abbau der Berlin-Präsenz des Bundes — vom SED-Zentralorgan bezeichnenderweise als der wesentlichste Bestandteil des Rahmen-entwurfes genannt — und die Beschränkung der Beratungsthemen von Bundestagsfraktionen und -ausschüssen auf Berlin-Thematik. Das ist schon allerhand und bedeutet neuartigen sowjetischen Einfluß in West-Berlin. Das sowjetische Generalkonsulat kommt noch hinzu.

Die am schwersten wiegende Vorleistung der Übereinkunft stand aber schon am Anfang der Botschaftergespräche: Ost-Berlin war tabu. Es wurde mit den Sowjets darüber verhandelt, was in West-Berlin sein darf und nicht sein darf, aber die Realitäten des Sowjetsektors wurden von der Tagesordnung ferngehalten. Wenn das alles kein sowjetischer Erfolg ist, dann weiß ich nicht, was noch hätte geschehen sollen, um den Verlauf und den Abschluß der Verhandlungen in Moskaus Sinne befriedigend zu gestalten. Wäre es eigentlich so abwegig gewesen, den Wert der West-Berlin-Regelung daran zu messen, wie weit die Rechte des Bundes hier den Rechten des SED-Regimes im Ostsektor entsprechen? Nichts anderes bietet sich logischerweise zum Vergleich an, als beide Teile der geteilten Stadt. Auf der anderen Seite der Mauer sitzt, wie man weiß, die „DDR" -Regierung, nennt Ost-Berlin ihre Hauptstadt, läßt die Volkskammer tagen, nicht etwa nur Ausschüsse mit begrenzter Thematik, veranstaltet Militärparaden und stopft ihre Kasernen voll mit Soldaten. Daran gemessen ist das Berlin-Abkommen eine fast komplette Niederlage des Westens.

Aber es kam der Einwand, der Osten sitze nun mal gegenüber Berlin am längeren Hebel, die politische Geographie Berlins verschaffe ihm entsprechende, unvermeidbare Vorteile. Zu verlangen, daß die Westmächte für die Bundesrepublik und West-Berlin Gleiches durchgesetzt haben sollten, wie die Sowjets für ihre „DDR" und Ost-Berlin, ließe jeden Wirklichkeitssinn vermissen. So weit — so richtig. Aber wenn das richtig ist, dann muß auch ausgesprochen werden, daß die erreichte Regelung ein Produkt sowjetischer und sowjetzonaler Erpressung ist, zustande gekommen durch die Betätigung und den Druck jenes vielzitierten längeren Hebels. Früchte der Erpressung sind aber ungeeignet für ein frohgemutes Erntedankfest. Es sei denn, neuartige — entweder bestehende oder erhoffte — Übereinstimmungen zwischen beiden Seiten ließen den gezahlten politischen Preis als Investition einer langfristigen politischen oder ideologischen „Rentabilität" erscheinen.

Auf die Frage eines Journalisten, was wohl beide deutschen Staaten voneinander lernen könnten, antwortete Staatssekretär Kohl: „Die BRD kann von uns lernen, wie man den Sozialismus aufbaut." Und Egon Bahr sagte, die „DDR" könne bei uns die Vor-und Nachteile des Kapitalismus erfahren. Der Gedanke, dem „sozialistischen" Angebot Kohls den ModellCharakter der Parlamentarischen Demokratie und ihrer Freiheiten entgegenzusetzen, kam unserem Verhandlungsführer offenbar nicht. An solchen Symptomen läßt sich die Entwicklung erkennen.

Im Grundvertrag zwischen der Bundesregierung und dem SED-Regime ist — entgegen vorangegangener Ankündigungen — nicht von einem Fortbestand einer deutschen Nation die Rede, sondern von einer „nationalen Frage". Dieses Fragezeichen ist ein „Konsensus", das Ausrufezeichen bleibt — zunächst noch — im Dissens. Auch die Unmöglichkeit, Einigung über die deutsche Staatsbürgerschaft zu erzielen, würde, da es sich doch um eine elementare Voraussetzung des erstrebten Nebeneinanders und Miteinanders handelt, die Einsicht nahelegen, daß trotz der Bezeichnung „Grundvertrag" die Basis fehlt. Es sei denn, eine neuartige Basis wäre „in der Entwicklung".

Anders ist eigentlich nicht zu erklären, daß dieser Vertrag diesseits der in ihm anerkannten innerdeutschen Grenzen als eine große Wende gefeiert wurde. Die menschlichen Erleichterungen, die nur in seinem begleitenden Briefwechsel vorgesehen und außerdem einem „Zuge der Normalisierung" vorbehalten sind, würden — bei allem spezifischen Gewicht, das sie haben — einen solchen Enthusiasmus historischer Dimension nicht rechtfertigen.

Vergleicht man die politischen Ziele, die von beiden Seiten während des vergangenen Vierteljahrhunderts postuliert wurden, dann kommt man zu dem Ergebnis eines nahezu totalen Sieges der anderen Seite und einer nahezu kompletten Kapitulation auf der unseren:

Moskau und Ost-Berlin erklärten zu ihren Zielen: die Zwei-bis Dreistaatlichkeit Deutschlands, die internationale Geltung der „DDR", ihre Anerkennung durch Bonn und andere als gleichberechtigt, souverän und selbständig. Das alles enthält der Grundvertrag. Die Ziele des Gegenübers sind erreicht. Die Bundesrepublik • verlangte die Wiedervereinigung Deutschlands und das Selbstbestimmungsrecht für alle Deutschen. Nichts davon enthält der Grundvertrag — abgesehen von einer Selbstbestimmungs" -Formel, die keine Antwort darauf gibt, wessen Sebstbestimmung gemeint ist.

Da die sozialdemokratischen Architekten dieses Grundvertrages aber ganz sicher bestreiten werden, daß die Ostverträge außer der humanen Qualität einer Linderung der Unmenschlichkeit keine politischen Perspektiven hätten, ist eine Antwort auf die Frage unentbehrlich, welche Perspektiven es eigentlich sind. Das Schlagwort von der „Aussöhnung" ist allzu auslegungsfähig, um klärend zu wirken. Zumal die Konsequenzen der Vertragspolitik einen absoluten Gegensatz zu früheren Haltungen ergeben.

Die Koalition hat den Anschein zu erwecken versucht, als sei diese ihre Ost-und Deutschlandpolitik ein Werk der Kontinuität, dessen praktischer Beginn durch die Intransigenz der früheren Unionsregierungen behindert worden sei.

Die Behauptung, nachholen zu müssen, was zwanzig Jahre lang „versäumt" worden sei, ist nicht aufrichtig. Ein Zitat von Willy Brandt aus der Zeit nach der Gründung der „DDR" und der Bundesrepublik belegt das: „In Westdeutschland geht die nationalbolschewistische Durchsetzung . .. weiter als viele wahrhaben wollen, während grundsatzlose Rapallo-Vorstellungen bis in hohe Kreise der Regierungsparteien vorgedrungen sind. Sie werden durch Geschäftsinteressen gestützt, die man von östlicher Seite durchaus geschickt anzusprechen versteht.

Die eigentliche Gefahr droht aber in dieser Runde von den . Koordinatoren', den Nachfolgern der gescheiterten . Brückenbauer'. Sie erklären, daß man die Ostregierung doch nicht ignorieren dürfe. Sie sei nun mal eine Realität. Irgendwie müsse man miteinander auskommen. Schließlich stünden auf der anderen Seite auch Deutsche. Mit ihnen müsse man praktische Vereinbarungen treffen. Unterstützt wird diese Argumentation durch die Gedankenlosigkeit derer, die ihre ach so trügerische westliche Ruhe haben möchten und die in einem Teil der Presse so tun, als gebe es zwei deutsche Regierungen, die zum gemeinsamen Besten an einem Strang ziehen sollten.

Der wesentliche Trugschluß der Koordinatoren'besteht darin, daß sie mit der Ostzonenregierung als einem Faktor deutscher Politik rechnen, während es sich in Wirklichkeit um ein Vollzugsorgan der sowjetischen Großmacht handelt.“

Noch 1967 erklärte Herbert Wehner:

„Man kommt nicht umhin, ebenso sachlich wie würdig klarzustellen, was unsere Regierung nicht bereit ist zu akzeptieren, was keine Aussicht hätte, Verhandlungsgegenstand für unsere Beauftragten zu sein. Dies dient nicht nur der Verdeutlichung dessen, was möglich und notwendig ist, wenn Spannungen nicht vermehrt, sondern gemindert werden sollen. Solche Punkte sind: a) die Anerkennung Westberlins als .selbständige politische Einheit', b) die Anerkennung des anderen Teils Deutschlands als zweiten souveränen Staat deutscher Nation, und c) die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als endgültige Grenze gegenüber der Regierung in Ostberlin."

Inzwischen ist die „DDR" als „zweiter sou-veränder Staat deutscher Nation" anerkannt. Auch die Oder-Neiße-Grenze hat Anerkennung erfahren, wenngleich nicht gegenüber Ost-Berlin. Und die östliche These von der „selbständigen politischen Einheit Westberlin" ist ersetzt durch den im Berlin-Vertrag fixierten Passus, daß West-Berlin kein Land der Bundesrepublik Deutschland sei. Frühere Bekundungen von führenden SPD-Politikern hatten das Gegenteil beteuert.

Die Wendung um einhundertundachtzig Grad ist also 'ein nüchterner Tatbestand und keine polemische Behauptung. Wurde diese Wendung vollzogen, weil Zermürbung, Entmutigung und Hoffnungslosigkeit im Sinne der zuvor beschworenen Ziele die Führung der deutschen Sozialdemokratie dafür „reif" gemacht hatten? Das würden die Verantwortlichen gewiß energisch bestreiten. Also muß es ein neues Ziel geben. Kein anderes als die Konvergenz zwischen beiden Teilen Deutschlands, ja, wahrscheinlich zwischen Ost-und Westeuropa, bietet sich als einzige einleuchtende Erklärung an.

Die Politiker der bei den letzten Bundestagswahlen so glanzvoll erneuerten Koalition berufen sich bei ihren ostpolitischen Aktivitäten gern und oft auf die „internationale Großwetterlage", die auf Entspannung programmiert sei und die nur ignorieren könne, wer bereit sei, sich isolieren zu lassen. Die Argumentation hat einiges für sich. Sie entkräftet allerdings nicht zwei naheliegende Einwände:

Als von den Spannungsursachen, die nahezu unverändert blieben, am härtesten betroffenes Land ergeben sich (im wahrsten Sinne des Wortes) „Grenzen" des Zumutbaren. Es ist für die USA unvergleichlich viel leichter, sich zu SALT-Verhandlungen mit der UdSSR zu entschließen, als es für die Bundesrepublik war, der Anerkennung der Zweistaatlichkeit Deutschlands zuzustimmen. Und zweitens bedingt die Bereitschaft zur Anpassung an die Politik unserer Verbündeten keineswegs jenen ostpolitischen Avantgardismus, den die Bundesregierung praktiziert hat.

Von einem Berliner SPD-Politiker stammt das Wort: „Wir wollen und wir werden nicht Arzt am Krankenbett des Kommunismus" sein. Das ist als Vorsatz durchaus glaubhaft. Die Unterstellung, daß Führung und Mehrheit der deutschen Sozialdemokratie sich dem Kommunismus ideologisch annäherten, wäre eine unangemessene Unterstellung. Aber es unterbleibt mehr und mehr der Hinweis auf die „Krankheit" des Kommunismus. Das kann eines Tages zu unfreiwilliger — oder auch absichtlicher — Therapie werden. Aus der vor dem Wandel in der SPD allgemein verbindlichen Auseinandersetzung zwischen freiheitlicher Demokratie und kommunistischer Diktatur ist zunächst eine sozialdemokratische „Abgrenzungs-These" geworden, ein Einfrieren der Gegensätze also. Auch für Kritiker der neuen Ostpolitik ist einzusehen, daß die Annäherungsversuche nicht mit unverminderter kämpferischer Offensive gegen das kommunistische System zu vereinbaren sind. Mann kann die „DDR" nicht anerkennen und gleichzeitig bekunden, sie sei eine unzumutbare Gewaltherrschaft auf deutschem Boden, eine, wie Kurt Schumacher sagte, „Diktatur über das Proletariat". Die Gegenseite führt allerdings unvermindert vor, daß man das eine tun kann, ohne das andere zu unterlassen: sie restauriert lebhaft . das „Feindbild" der Bundesrepublik und das Klischee vom „Sozialdemokratismus", der nach wie vor dem „Imperialismus" diene.

Es fällt auf, daß die SPD-Führung überdeutliche „System-Sympathien" gegenüber der DDR", wie sie im linken Flügel der Partei auftreten, mit nachsichtigem Schweigen beanwortet. In Jugoslawien forderte Herbert Wehner dazu auf, „Vorurteile gegenüber dem Kommunismus" abzubauen, ohne zu sagen, um welche Vorurteile es sich dabei handelt.

Der Besuch des Bundeskanzlers beim sowjetischen Parteichef Breschnjew zeigte alle Anzeichen „familiärer Vertrautheit" und ließ den Ausdruck diplomatischer Zurückhaltung und gegensatzbedingter Reserve zumindest im äußeren Erscheinungsbild des Besuches vermissen.

Das sind Randerscheinungen. Aber sie fügen sich allmählich zu einem Bilde, das mehr nach Konvergenz als nach Divergenz aussieht. Egon Bahr soll dem sowjetischen Außenminister Gromyko auf dessen Frage nach einer möglichen parlamentarischen Ablehnung der Ostverträge geantwortet haben: „Das würde die deutsche Arbeiterklasse niemals zulassen". Lange vorher hatte Willy Brandt als Außenminister der Großen Koalition in Rumänien von den beiden „Ordnungen auf deutschem Boden" gesprochen. Das klang zumindest nach einer neuartigen Vergleichbarkeit und ließ die vordem verbindliche Differenzierung vermissen.

Als Klammer der einst als miteinander unvereinbar bezeichneten Systeme dient das Postulat der „Friedenspolitik". Dieser Begriff wurde schon in den fünfziger Jahren innerhalb des politischen Ostens zur Überbrückung divergierender Kräfte gebraucht. Es soll hier nicht eine ungemessene Parallele behauptet werden. Die Gegensätze zwischen kommunistischer Begriffsauslegung und sozialdemokratischem Gebrauch scheinbar gleichartigen Vokabulars sind selbstverständlich nicht ausgelöscht. Aber die Grenzen verschwimmen.

Vor zehn Jahren wäre es als Aptraum eines Phantasten erschienen, Willy Brandt und Willi Stoph auf einer Goldmünze im Doppel-profil abzubilden, wie es in Lübeck geschah. Hier wird vordergründig eine Gemeinsamkeit präsentiert, die unvermeidlich zur Frage nach den Hintergründen führen muß.

Nun würde es, nimmt man die Idee der Konvergenz zwischen West und Ost als gegeben an, einleuchten, wenn die sozialdemokratische Politik auf die Solidarisierung mit den oppositionellen Kräften im Ostblock zielte. Sie kann es aus naheliegenden politischen Gründen nicht offen tun. Der Weg dorthin könnte nur ein Umweg über das Arrangement mit den Herrschenden sein. Nur müßte das eigentlich ausschließen, diese oppositionellen Kräfte zu entmutigen, wenn es seinen Sinn nicht verlieren oder umkehren wollte. Der Wandel durch Annäherung an das kommunistische Establishment steckt aber bereits tief im Risiko einer depressiven Auswirkung auf die freiheitsbegehrenden Kreise des innersowjetischen Widerstandes. Die ZEIT schrieb dazu im November 1972: „Das Gefühl der Verlassenheit und Isolierung hat sich in sowjetischen Oppositionskreisen in jüngster Zeit um so mehr verbreitet, als durch die neue Eskalation von Unterdrük-kungsmaßnahmen letzte noch bestehende Hoffnungen auf demokratische Reformen von oben zerschlagen wurden. Der Versuch der .loyalen Opposition, den auch Sacharow einst unternahm, hat sich als politisch untaugliches Mittel erwiesen. Die Kommunikation von außen mit den protegierenden . liberalen'Kräften innerhalb der Partei scheint abgebrochen. Entweder sind diese Kräfte ausgeschaltet worden, oder sie sind nicht mehr ansprechbar, weil sie Breschnjew als dem kleineren Übel gegenüber den dogmatischen Machtrivalen den Rücken stärken wollen.

Desillusioniert und enttäuscht müssen schließlich die einst loyalen, reformkommunistischen Dissidenten wie Sacharow oder die Herausgeber der Samisdat-Schrift . Politisches Tagebuch’ feststellen, daß die immer konkretere Formen annehmende Koexistenzordnung zwischen sowjetischer und amerikanischer Großmacht im Innern der Sowjetunion keine Gewinne an Demokratie und Freiheit abwirft. Im Gegenteil. Seit Nixons Besuch ist es schlimmer geworden', erklärte Sacharow in seinem Newsweek-Interview: — Die Machthaber geben sich dreister, weil sie fühlen, daß sie im Zuge der Entspannung die öffentliche Meinung im Westen ignorieren können, die sich nicht mehr mit der Unterdrückung der Freiheit in Rußland befassen wird."

Die deutschen Sozialdemokraten sind eine Antwort auf die Frage solcher Auswirkungen bisher schuldig geblieben. Statt dessen machen sie das Ziel einer „europäischen Friedensordnung" geltend, ohne konkret zu sagen, wie diese Friedensordnung aussehen soll. Wessen und welcher Wandel die Voraussetzung für das Gelingen dieser wahrscheinlich langfristig gemeinten Zielsetzung ist, läßt sich wiederum nur unter den Vorzeichen der Konvergenz-Theorie einigermaßen logisch beantworten. Dabei ist vor allem der beabsichtigte Wandel in unserer demokratischen Gesellschaft erkennbar. Immer häufiger ist in der SPD die Rede von unserem „kapitalistischen System", obwöhl doch längst entschieden zu sein schien, daß die soziale Marktwirtschaft die Überwindung des Kapitalismus bedeutet. Diesem veränderten Sprachgebrauch steht gegenüber, daß die kommunistischen Länder immer häufiger als „Sozialistische Ordnungen" bezeichnet werden. Hier ist eine Passage aus dem bereits erwähnten Artikel Horst Heimanns aufschlußreich: „Für die kritische junge Generation grundsätzlich annehmbar ist eine Konzeption des demokratischen Sozialismus und der progressiven Konvergenz beider Systeme deshalb, weil sie ihren antikapitalitischen und antibürokratischen Wert-und Zielvorstellungen entgegenkommt. Das Engagement der jungen Generation könnte aber nicht nur helfen, den demokratischen Sozialismus zu verwirklichen. Diese Konzeption könnte auch dazu beitragen, das durch die Protestbewegung geweckte Engagement in politisch wirksamer Form weiterzuentwickeln und zu verhindern, daß es wirkungslos bleibt, weil es sich in Aktionismus, dogmatischem Sektierertum, realitätsfernem Utopismus oder Neokonformismus verliert.“

Und an anderer Stelle:

„Anders als beim herrschenden Kommunismus, der noch immer der Kommunismus der Herrschenden ist, geht es hier um eine Konzeption des Sozialismus, die im doppelten Sinne demokratisch ist: Nicht nur das Ziel ist demokratisch, nämlich eine in allen Bereichen demokratisch strukturierte Gesellschaft, auch der Weg, die Mittel und Methoden zur Verwirklichung dieses Zieles sind es.“

Horst Heimann nimmt es mit dem Adjektiv „demokratisch" genau. Aber sein Substantiv „Sozialismus" verliert den Charakter einer Alternative und gewinnt die Eigenart einer absoluten Größe, wenn er daran das „überleben der Menscheit" bindet. Hier schließt sich der Kreis der Argumentation zugunsten der Konvergenz-Theorie: Friedenspolitik ist nur durch Sozialismus und Sozialismus ist nur durch Konvergenz möglich. Frieden und Sozialismus werden so zu Synonymen ideologisiert. Für die Glaubwürdigkeit der Friedens-und Entspannungsbereitschaft nichtsozialistischer Überzeugungen bleibt darin kein Raum mehr. Zur Behauptung, die Ablehnung des Sozialismus sei gleichbedeutend mit Friedensfeindlichkeit, ist es dann nur noch ein kleiner Schritt. Leo Bauer vollzog ihn einige Monate vor seinem Tode bereits in der SPD-Zeitschrift „Vorwärts", als er der Opposition unterstellte, sie treibe eine Kriegspolitik.

Die Zielprojektion des „Demokratischen Sozialismus" hat einen entscheidenden Nachteil: sie kann sich nicht auf Vorbilder in der Wirklichkeit berufen, die die Theorie durch Anschaulichkeit ergänzen. Die Auswahl unter sozialistischen Staaten, die nicht durch Revolution oder Okkupation geprägt wurden, ist gering. Jugoslawien hatte zu keiner Zeit einen „demokratischen Sozialismus" und galt trotzdem bei vielen Linksideologen als Musterland. Milovan Djilas war da anderer Ansicht und die Rückkehr Titos zu stalinistischen Methoden belastet das jugoslawische Modell bis zur Untauglichkeit.

Schwedens demokratischer Sozialismus kämpft mit zunehmenden Schwierigkeiten und verliert durch wirtschaftliche Rückschläge an Attraktivität. Chile kommt nicht nur seiner unvergleichlichen geographischen und soziologischen Lage wegen nicht in Betracht. Es ist durch Allendes eklatante Fehlschläge nur als abschreckendes Beispiel wirksam.

Und so bleibt es für die Konvergenz-Theoretiker vorerst bei der Gegenüberstellung der Wirklichkeit unserer sozialen Demokratie und der mehr oder weniger ideologischen Vision vom „demokratischen Sozialismus".

Dieser demokratische Sozialismus hat — wie Dubceks Schicksal bewies — unter den herrschenden Kräften des Kommunismus überhaupt keine Chance. Es ist die Tragik der Ostpolitik der sozialdemokratisch geführten Bundesregierung, daß sie ihre Avancen denen machen muß, die dem Konvergenzziel im Osten entgegenstehen. „Aggression auf Filz-latschen" nannte es die SED-Propaganda, und das war aus ihrer Sicht nicht einmal unzutreffend gesagt. Denn ließe die herrschende Gewalt des politischen Ostens die Ideen des „demokratischen Sozialismus" und der Konvergenz in ihren Bereich eindringen, dann wäre das eine Lebensgefahr für das kommunistische Establishment.

Da aber Konvergenz eine Sache „auf Gegenseitigkeit" ist, steht die Gefahr, die sie für die freiheitliche Demokratie bedeuten müßte, auf einem anderen Blatt. Bisher gab es durchaus schon eine Wechselwirkung zwischen Ost und West: Der „kapitalistische" Westen mußte in der Rivalität sozialer werden als der „sozialistische" Osten — und er wurde es mit weitem Abstand. Allerdings durch Verzicht auf Sozialismus. Der stalinistische Osten wiederum mußte seine Unmenschlichkeit reduzieren, um das Kontrastbild zur Humanität des Westens nicht immer unvorteilhafter zu seinen Lasten werden zu lassen. Alle — gemessen an der Stalin-Ära — geradezu sensationellen Veränderungen im Ostblock geschahen gewiß nicht unbeeinflußt durch den von sozialistischen Vorzeichen noch freien Westen. Diese Art der „Konvergenz" entbehrte ideologischer Merkmale.

Eine spezielle Annäherung in West-Ost-Richtung ist im politischen Sprachgebrauch zu erkennen. Viele der Begriffe, die das ost-und deutschlandpolitische Konzept der Koalition beschreiben, haben eine östliche Urheberschaft: „Koexistenz", „Normalisierung", „Abgenzung", „Anerkennung der Realitäten" und Respektierung der „Ergebnisse des Zweiten Weltkrieges". Das sind nur einige Beispiele. Weitgehend ungeklärt ist, ob die westdeutsche Sozialdemokratie dabei von der Erfahrung ausgeht, daß die Begriffe im offiziellen Sprachgebrauch der anderen Seite überwiegend andere oder sogar gegensätzliche Bedeutung haben als im Sinne der parlamentarischen Demokratie, also auch der deutschen Sozialdemokratie. Die zweite Möglichkeit ist die wahrscheinlichere: daß der Wandel durch Annäherung hinter dem Vorzeichen der Konvergenz dazu führt, beide Seiten das Gleiche meinen zu lassen, wenn sie das Gleiche sagen. Unwahrscheinlich ist dagegen, daß der politische Osten sich im Zuge solcher Kon-B vergenz den Begriffsinhalten seiner westdeutschen Verhandlungs-und Vertragspartner angeglichen habe.

Daß der „demokratische Sozialismus", den die SPD geltend macht, nicht nur in der Vorstellung reaktionärer Polemik wörtlich zu nehmen ist und mehr zu sein scheint als die Korrektur einiger Schwächen in der Sozialen Marktwirtschaft, macht eine Bemerkung des Sozialdemokraten Conrad Ahlers deutlich, der die wesentlichen Vorschläge des SPD-Steuer-Parteitages als Versuch einer „kalten Sozialisierung" und als „seibtmörderischen Akt" bezeichnete.

Eine der entscheidenden Gefahren eines solchen Kurses, für den es zunächst eher Indizien als Beweise gibt, wäre natürlich eine Einschränkung des Freiheitsspielraumes auf unserer Seite. Medienpolitische Papiere der SPD zeigen gewisse Symptome solcher Entwicklungen. Der Umgang der führenden Koalitionspartei mit ihren Kritikern während der drei Jahre der ersten Legislaturperiode war nicht ermutigend im Sinne der Toleranz. Die Idee von „Presseräten" und die Absicht der SPD, jene publizistischen Verlage, die während des Wahlkampfes zugunsten der Opposition argumentierten, durch eine Dokumentation „zu überführen", ist alarmierend. Helmut Schmidts Bemerkung, er werde nach gewonnenem Wahlkampf zu Axel Springer gehen und ihn auffordern, aus Hamburg zu verschwinden, harmoniert mit dem Adjektiv des Begriffes „demokratischer Sozialismus" nicht.

Man wird sich hüten müssen, auf der politischen Weidelandschaft der Bundesrepublik polemisch nur noch „Wölfe" und „Schafe" zu sehen. Die Vision eines sozialistischen „Hirten mit Hund" liegt aber nicht fern. Natürlich ist die Sozialdemokratische Partei Deutschlands nicht homogen dem Konvergenz-Konzept verfallen. Zwischen Willy Brandt und feuerköpfigen Jungsozialisten wird weiterhin zu unterscheiden sein, und es ist möglich, daß nicht nur Vizekanzler Walter Scheel gemischte Gefühle hatte, als er, neben Willy Brandt stehend, in der Wahlnacht die Fackelträger jugendlicher Koalitionswähler die „Internationale" singen hörte. Der Druck zur Konvergenz, in der ihre westlichen Gläubigen und Gläubiger sich mehr anzupassen hätten als die östlichen, kommt von den äußeren Rändern der SPD, nicht von ihrem Kem. Darüber, ob der Führungskern noch ganz gesund im Sinne der Abwehr östlicher Modell-Beeinflussung ist, sollte keine voreilige Diagnose abgegeben werden. Wer die hier skizzierte Entwicklung aber als kritische Sorge geltend machen will, hat sich vor der unangemessenen Äußerung des Verdachtes zu hüten, die SPD sei bereits kommunistischen Umformungen erlegen. Kritische Beanstandung eines fragwürdigen Konvergenz-Kurses hat gleichzeitig die Kritisierten gegen solche Unterstellungen in Schutz zu nehmen.

Was jetzt von den westdeutschen Linken anvisiert wird, ist unverkennbar ideologisch, wenn auch nicht dogmatisch motiviert. Es ist — trotz aller taktischen oder auch faktischen Vorbehalte — ein Rückweg zu Marx, ein Umweg zu den „gemeinsamen Wurzeln" aller Sozialisten dieser Erde. Es sieht heute schon so aus, als habe diese spezifische Solidarität die Solidarität der Demokraten überflügelt oder zum Teil sogar schon abgelöst. Es wäre deshalb zu wünschen, wenn die Führung der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands ihre Haltung zur „Konvergenz" endlich von ihren Fragezeichen und Gedankenstrichen befreite und hinter einer klaren Aussage einen Punkt machte. Für eine Antwort auf die Frage nach den Grenzen des Wandels durch Annäherung ist es hohe Zeit.

Fussnoten

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Matthias Walden (Pseudonym für: Otto Freiherr v. Sass), geb. 16. 5. 1927 in Dresden, von 1946 bis 1950 Zeitungsredakteur in Dresden, von 1950 bis 1956 Kommentator bei RIAS Berlin; seit 1956 stellvertretender Chefredakteur und seit 1964 Chefkommentator beim Sender Freies Berlin. Autor von zahlreichen Fernseh-Dokumentarfilmen, Rundfunk-und Fernsehkommentaren, Kolumnist der Zeitungen „Die Welt" und „Welt am Sonntag". Buchveröffentlichungen: Ostblind—Westblind, Berlin 1962; Politik im Visier, Stuttgart 1965.