Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Die Funktion der Vereinten Nationen im Nord-Süd-Konflikt | APuZ 38/1973 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 38/1973 Möglichkeiten einer UN-Politik für die Bundesrepublik Deutschland Die Funktion der Vereinten Nationen im Nord-Süd-Konflikt

Die Funktion der Vereinten Nationen im Nord-Süd-Konflikt

Peter Pawelka

/ 53 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Es wird versucht, für die Vereinten Nationen sowohl im Bereich des Erkenntnisinteresses als auch auf der Ebene wissenschaftlicher Ansätze neue Forschungs-und Lehrperspektiven im Sinne einer kritischen Theorie internationaler Politik zu erarbeiten. Die Vereinten Nationen werden als Problemlösungssystem definiert, dessen Funktion es ist, die strukturelle Gewalt in der Globalgesellschaft zu verringern. Unter dieser Zielsetzung untersucht der Verfasser die bisherigen Aktivitäten der UN und die ihnen zugrundeliegenden Strukturen des internationalen Systems sowie Voraussetzungen und Barrieren einer erfolgreichen Wahrnehmung der Problemlösungsfunktion. Gezeigt wird, welche Hilfestellungen die Weltorganisation trotz systemstabilisierender Widersprüche bei der Reduktion internationaler Schichtungs-und Feudalstrukturen leistet und wie sie allmählich ihre Eigenständigkeit zu erweitern trachtet. Diese Entwicklungstendenzen müssen im Zusammenhang mit der wachsenden Komplexität ihrer inter-und transnationalen Umwelt gesehen werden. Schließlich wird versucht, Empfehlungen für den Aufbau breit gefächerter Innovationsstrategien im handlungs-und organisationstheoretischen Rahmen zu geben.

I. Die Problemlösungsfunktion der Vereinten Nationen

Weltweite internationale Organisationen als besonderer Problemkreis der Internationalen Politik leiden in der Politikwissenschaft bis heute unter einem ungeklärten Stellenwert. Dies ist einerseits auf eine zunehmende Unübersichtlichkeit ihrer Aufgaben und Aktivitäten zurückzuführen, eine Tendenz, die in der Bundesrepublik nach Jahren außenpolitischer Selbstbeschränkung durch eine provinzielle Optik noch verstärkt wird, andererseits jedoch auch auf eine äußerst heterogene, zum Teil sogar irrelevant erscheinende wissenschaftliche Befassung. Während sich die „realistische Schule" der Politikwissenschaft bis zur Mitte der 50er Jahre und große Teile der marxistisch orientierten Forschung der Gegenwart darin einig sind, daß internationale Organisationen bestehende Machtverhältnisse im Internationalen System durchgehend reflektieren und als Mechanismen der herrschenden Kräfte anzusehen sind, untersucht der Funktionalismus vorwiegend Beiträge internationaler Organisationen zum Weltfrieden und zur Integration der Staaten in einem globalen Kontext.

Die beiden ersten Ansätze konnten dem Untersuchungsgegenstand aufgrund ihrer Basisannahmen nur eine untergeordnete Bedeutung zubilligen. Allenfalls die maximale Realisierung „nationaler Interessen" oder die Lenkungsfertigkeit herrschender Klassen in komplexen internationalen Strukturen und Institutionen blieben untersuchenswert. Die Konfrontation der zweiten alternativen Fragestellung mit den Realitäten war wiederum auf die Dauer wenig geeignet, engagierte Forschungsmotivationen zu wecken, zumal dieser Ansatz offensichtlich nicht in der Lage war, Phänomene der Schichtung, Abhängigkeit und Ausbeutung adäquat zu erfassen. Vorwiegend dem Selbstverständnis „wertfreier" Wissenschaft verhaftet, blieben Fragestellungen, Konzepte und Resultate trotz bemerkenswerter Veränderungen des Gegenstandes und seiner Umwelt seltsam statisch, praxisfern und steril. Lediglich der Methodenstandard und das technische Instrumentarium entwickelten sich progressiv und bestimmten nicht selten das Erkenntnisinteressse der Forschung Auf der anderen Seite hat der Funktionalismus genügend Resultate vorzuweisen, um die Behauptung politischer Irrelevanz internationaler Organisationen zu erschüttern, eine Tatsache, die zunehmend auch von Vertretern der kritischen Theorie anerkannt wird, ohne daß dies aber bisher zwingende forschungsstrategische Konsequenzen gehabt hätte

Der Formulierung eines revidierten Forschungskonzeptes im Bereich der Internationalen Organisationen sowie deren Fixierung in einem sozialwissenschaftlichen Curriculum liegt die Absicht zugrunde, im Rahmen einer kritischen Theorie der Sozialwissenschaften die Funktionen internationaler Organisationen in weltweiten Problemlösungsprozessen zu analysieren. Darauf aufbauend strebt sie die Ermittlung von Bedingungen und Verfahren zur Steigerung „emanzipatorischer" Problemlösungskapazitäten an und versucht selbst, engagiert politische Prozesse zu beeinflussen. Hierbei spielt die Sozialisationsdimension neben dem direkten Kontakt zu den Entscheidungsträgem nationaler und internationaler Strukturen eine entscheidende Rolle. Der Prozeß des Lehrens und Lernens im schulischen wie im universitären Bereich kann als ein wichtiger strategischer Schwerpunkt innovativer Veränderung globalgesellschaftlicher Strukturen begriffen werden, da er über die Vermittlung überprüfter Wahrnehmungs-und Einstellungsfilter eine problemadäquate Sensibilisierung breiter Schichten zu fördern vermag und dadurch konkrete Voraussetzungen innovativer politischer Prozesse schafft. Die Einbeziehung der hier angeregten Fragestellungen in den curricularen Bestand der Sozialwissenschaften ist demnach bereits ein nicht unwesentlicher Teil der emanzipatorischen Strategie selbst.

Bei der Analyse internationaler Organisationen sollten folgende Grundsätze beachtet werden: 1. Internationale Organisationen sind in einem Gesamtzusammenhang gesellschaftlicher Dynamik zu untersuchen. Die Trennung „innenpolitischer" Prozesse von „internationaler Politik" verkürzt und verfälscht die Ergebnisse solcher Studien. Wird dies nicht beachtet, so kann möglicherweise ein politisches Konzept einer internationalen Organisation als fortschrittlich angesehen werden, das innerhalb bestimmter Gesellschaften verheerend repressive Folgen hat. Umgekehrt müssen z. B. Untersuchungen gesellschaftlicher Entwicklung, Demokratisierung oder innovativer Strategien im Bereich der Produktionsverhältnisse den internationalen Kontext mitberücksichtigen. Ein stringentes Bezugssystem solcher Globalanalysen steht bisher allerdings nur in sehr groben Umrissen zur Verfügung

2. Internationale Organisationen sind nach ihren strukturellen und funktionalen Bedingungen zu untersuchen. Einerseits muß man ihre internen Beziehungsmuster kennen, andererseits auch ihre Umwelt und die dazu gehörenden Verflechtungen und Abhängigkeiten. Eine solche Analyse weist u. a. darauf hin, daß internationale Organisationen zwar Staaten als Mitglieder besitzen, ihre Funktionen jedoch nachhaltig auch von zwischengesellschaftlichen, transnationalen Strukturen bestimmt und beeinflußt werden. Internationale Organisationen allein in einem Staatensystem zu untersuchen muß als wissenschaftlich überholt gelten. Ihre grundlegende Bezugseinheit ist die Welt-oder Globalgesellschaft. 3. Internationale Organisationen dürfen nicht ohne Berücksichtigung der historischen Dimension untersucht werden, da sonst Transformations-und Entwicklungsprozesse residual bleiben. Hierbei können sowohl historisch-dialektische als auch kybernetische Ansätze verwendet werden. Erst die historische Perspektive macht z. B. auf die Herrschafts-Funktion internationaler Organisationen aufmerksam. Oder die Entwicklung der Regelungskapazität politischer Systeme weist auf die Wahrscheinlichkeit hin, daß sich internationale Organisationen durch die Integration nichtstaatlicher Akteure transformieren werden. Im Gegensatz zu strukturellen und funktionalen Analysen haben diese Untersuchungsmethoden eine progressistische Tendenz, jene dagegen fördern eine realistischere Einschätzung der vorhandenen Verhältnisse, bleiben dagegen allzuleicht dem Status quo verhaftet.

4. Obwohl die Erarbeitung langfristiger Ziel-perspektiven und „realer Utopias" innovativer Problemlösungen als Grundlagenforschung relevant bleibt, fordert die Dringlichkeit zahlreicher globaler Probleme mittelfristige Strategien zu ihrer Lösung. Solche Bestrebungen müssen in einer großen Breite ansetzen, um an möglichst vielen Punkten gleichzeitig in einer langen Folge kleine, strukturdurchbrechende Reformen durchzusetzen. Problemlösungspotentiale sollten daher weder allein in den Steuerungszentralen noch ausschließlich in gewaltsamen revolutionären Aktivitäten „von unten" gesucht werden. Beide Impulse werden hier zwar als mögliche, doch relativ marginale Extremfälle einkalkuliert. Ausgegangen wird von der Prämisse, daß 1. sporadische revolutionäre Ereignisse der vorgeschlagenen Strategie nützen, großkalibrige Folgen gewaltsamer Aktionen von den dominanten Kräften des Globalsystems jedoch wirksam eingedämmt werden und 2. moderne politische Systeme lernfähig sind, interessendivergente Konzessionen jedoch nur unter Druck vollziehen.

In dieser notwendigerweise komprimierten Darstellung unseres Ansatzes soll 1. die Funktion der Vereinten Nationen definiert und 2. ihre normativ-inhaltliche Ausgestaltung erklärt werden.

Parallel zur historischen Entwicklung zwischengesellschaftlicher Interdependenzen und Abhängigkeiten im globalen Ausmaß entstand ein vielfältiges Muster politischer Organisation, dessen ausgebildetster Typ heute das System der Nationalstaaten ist. Als Reaktion auf eine ständig vielfältigere und verwickeltere Umwelt sahen sich die politischen Systeme der Nationalstaaten gezwungen, auch ih-6 rerseits mannigfaltigere und spezialisiertere Problemlösungsrollen zu entwickeln, wollten sie ihre Fähigkeit, gesamtgesellschaftliche Probleme zu lösen, nicht verlieren. Im Inneren moderner Gesellschaften entstanden Staatsapparate mit permanent anwachsenden Interventionskapazitäten. Doch auch das zwischengesellschaftliche Interaktionsvolumen nahm seit der industriellen Revolution derart zu, daß das außenpolitische Instrumentarium von Ad-hoc-Kontakten über diplomatische Dienste, Außenministerien, administrative Reformen bis zu speziellen brain trusts und Planungsstäben ausgebaut werden mußte.

Dennoch konnte die Regelungsstärke nationaler politischer Systeme auf die Dauer dem Niveau der Umweltkomplexität nicht angeglichen werden. Die Kommunikationsrevolution führte zu Reibungen und Konflikten; pathologische Reaktionen nationaler Akteure gipfelten schließlich in zwei Weltkriegen und einer als „Drohsystem" bekannten Dauerkrise des internationalen Systems. Unter diesen Eindrücken förderte das System der Nationalstaaten den langwierigen und rückschlagreichen Prozeß der Gründung und Entwicklung multinationaler Regelungsinstanzen. Multinationale Regelungsinstanzen oder internationale Organisationen sind institutionalisierte Arrangements unter den Mitgliedern des internationalen globalen Systems, die die Aufgabe haben, Probleme zu lösen, die nationale Problemlösungskapazitäten überfordern. Die Vereinten Nationen, bestehend aus der Zentralorganisation und deren Sonderorganisationen, können heute als die dominante multinationale Regelungsinstanz der Globalgesellschaft bezeichnet werden.

Diese instrumentale Funktion muß nunmehr inhaltlich, d. h. normativ gefüllt werden, denn Probleme können für verschiedene Teile der Globalgesellschaft verschieden relevant sein und sie können ebenfalls sowohl zugunsten weniger als auch zum Vorteil vieler gelöst werden.

Das Grundproblem des internationalen globalen Systems ist der Frieden, wobei dieser in Anlehnung an Johan Galtung als Abwesenheit von Gewalt verstanden werden soll. Man kann zwischen personaler Gewalt, die auf wirkliche oder angedrohte physische Verletzungen durch konkrete Akteure zurückzuführen ist, und struktureller Gewalt unterscheiden. Letztere besteht dann, wenn aufgrund besonderer Beziehungsgeflechte zwischen verschiedenen sozialen Einheiten die Lebensqualität einzelner dieser Einheiten durch Furcht, Leiden, fehlende Möglichkeiten der Selbstverwirklichung etc. auf einem Niveau gehalten wird, das niedriger ist als es aufgrund technischer und sozialer Bedingungen im Gesamtsystem sein müßte.

Neben den Problemtypen personaler und struktureller Gewalt bestimmen sozio-ökonomische Problemdimensionen den Inhalt der UN-Aufgaben: zum einen handelt es sich um die extreme Aktualisierung der Ungleichheit innerhalb der Industriegesellschaften, zum anderen innerhalb der Globalgesellschaft. Berücksichtigt man beide Variabienpaare, so ergeben sich folgende vier Probleme: Drohsystem (personale Gewalt/Industriegesellschaften), Kolonisation (personale Gewalt/Globalgesellschaft), Umweltproblematik (strukturelle Gewalt/Industriegesellschaften) und Imperialismus (strukturelle Gewalt/Globalgesellschaft). Sowohl das Drohsystem des Ost-West-Konflikts als auch das Kolonialproblem basieren auf der Anwendung oder der Androhung von Zwangsmitteln. Demgegenüber sind Imperialismus und Umweltproblematik Phänomene struktureller Gewalt. Das asymmetrische Beziehungsgeflecht im internationalen und zwischengesellschaftlichen Bereich schränkt die Entfaltungs-und Entwicklungsmöglichkeiten der meisten agrarisch strukturierten Gesellschaften der Dritten Welt ein.

Daneben gerät die Umweltkrise, ein Komplex aus Bevökerungsdynamik, Ressourcendruck und die Lebensqualität bedrohender Defekte der technischen Entwicklung ins Blickfeld internationaler Politik.

Alle vier Problemkreise wurden von den Vereinten Nationen im Verlauf ihrer Geschichte gleichzeitig behandelt. Dennoch ist es möglich, Schwerpunkte zu ermitteln. Während der 40er und 50er Jahre beherrschte das Drohsystem in seiner Ausprägung als Kalter Krieg die Aktivitäten der Weltorganisation.

Diese Phase wurde seit der Mitte der 50er Jahre bis zur Hälfte der 60er Jahre durch das Problembündel der Dekolonialisierung überlappt. Die gesamten 60er Jahre beschäftigte das UN-System vorrangig der „Redistributionskomplex", d. h.der Versuch, mit Hilfe der Entwicklungsförderung internationale Asymmetrien des gesellschaftlichen Wachstums zumindest abzuschwächen. Seit Beginn der 70er Jahre macht sich mit zunehmender Dynamik das Umweltproblem bemerkbar Zwar werden vorangegangene Schwerpunkte nicht einfach liquidiert, doch besteht die Tendenz, sie unter dem Zwang zur Komplexitätsreduktion allmählich in das zweite Glied der Dringlichkeitsstufen abzuschieben. Diese Entwicklung beinhaltet folgende vier Tendenzen, die auf die Problemlösungskapazität der Vereinten Nationen einwirken: 1. Es besteht die Neigung, sich stärker als in den 50er Jahren Problemen der strukturellen Gewalt zuzuwenden. Die im Vergleich zum Völkerbund beobachtete Abnahme der Organisationsaktivität darf daher nicht falsch interpretiert werden. Eine Verlagerung der Zielsetzungen in den Bereich der grundlegenden Strukturprobleme steigert die Bedeutung des UN-Systems, absorbiert jedoch andererseits Kapazitäten für spektakuläre Erfolge und fördert die Tendenz, nur noch für „Eingeweihte" durchsichtig zu sein. 2. Da die Konzentration auf vorrangig die Dritte Welt interessierende Fragen Energien der Industriestaaten im UN-Kontext reduzierte, könnte eine zunehmende Orientierung auf die Umweltproblematik hin der gesamten Organisation dynamische Impulse erteilen. 3. Die Problemkomplexe Drohsystem und Kolonisation haben heute angesichts sich wandelnder Strukturen im internationalen System nicht mehr den Stellenwert, den sie noch vor einem Jahrzehnt besaßen. Weitaus entwickeltere Methoden der Beeinflussung, die auf der Basis struktureller Gewalt Abhängigkeiten ohne offen sichtbare personale Zwangsmechanismen schaffen, haben die militärische Intervention zur Ausnahme werden lassen. Demgegenüber belasten Imperialismus und Umwelt-problematik als strukturelle Gewaltmuster zunehmend die Lebensqualität der Globalgesellschaft. Sie bilden heute die beiden zentralen Problemkreise, mit denen es die Vereinten Nationen zu tun haben. 4. Weitaus kritischer als die Abkehr von Problemen personaler Gewalt erscheint die Tendenz, das Aufgabenfeld der Redistribution zugunsten einer lediglich als „Verschmutzung" definierten Umweltkrise in den Hintergrund treten zu lassen, wie es seitens der Industriestaaten angestrebt wird. Bodenerosionen, Versteppungen, Ausbeutung natürlicher Ressourcen, Urbanisierungsschäden sowie die Verschmutzung der Meere und der Atmosphäre beziehen die Entwicklungsgesellschaften in die Reihen der Leidtragenden exzessiven Fortschritts mit ein. Zum anderen wird die Asymmetrie der internationalen Beziehungen durch eine einseitige Lösung der Umwelt-problematik weiter verschärft. Eine ungeheure Kostenlawine, deren Dimensionen heute nur schwer überschaubar ist, bedroht sämtliche Redistributionsmaßnahmen.

Angesichts solcher Gefahren sollte es die Aufgabe einer kritischen Reflexion globalgesellschaftlicher Probleme sein, beide Problem-komplexe in einen integrierten Zusammenhang zu bringen. Es handelt sich um Phänomene sozialer Transformation auf verschiedenen Stufen sozio-ökonomischer Entwicklung. Die Lösung des einen Problems auf Kosten des anderen ist aufgrund ihrer Verflochtenheit keine reale Alternative. Zudem bietet die Interdependenz beider Probleme politisch eine, wenn auch zugegebenermaßen heute noch vage und längerfristige Chance, Motivationen einer kooperativen globalgesellschaftlichen Lösungsstrategie zu wecken und zu entwickeln. Unter diesem Aspekt werden die Vereinten Nationen danach zu untersuchen sein, wieweit es ihnen gelingt, im Kontext multifunktionaler Existenzbedingungen das Ziel eines Problemlösungsbeitrags zu optimieren.

Soll die Weltorganisation eine effektive Problemlösung im Bereich globalgesellschaftlicher Konflikte leisten, so muß einerseits die Struktur des internationalen und zwischengesellschaftlichen Systems berücksichtigt werden, andererseits aber auch der Spielraum und die Kapazität der Problemlösungseinheit. Das wesentlichste Konstitutionsmerkmal internationaler und zwischengesellschaftlicher Bedingungen ist ihre Schichtung. Daher wird die interne und externe Umwelt der UN unter dem Gesichtspunkt der sozialen Stratifikation diskutiert. Das wichtigste Kriterium der Welt-organisation wiederum ist die Fähigkeit, innerhalb dieser Strukturen selbständige Aktivitäten der Problemlösung zu entwickeln. Diese Dimension wird unter dem Stichwort der Autonomie des UN-Systems behandelt. Strategien einer Problemlösung beinhalten die Reduktion der Schichtung in der Umwelt der Vereinten Nationen sowie die Förderung der Autonomie des UN-Systems selbst. Wie aktiv ist nun die Rolle der UN in diesen beiden Dimensionen?

II. Soziale Stratifikation im internationalen System

Das internationale globale System setzt sich aus den Nationalstaaten und den von ihnen gebildeten internationalen Organisationen zusammen. Eines der auffallendsten Merkmale dieses Systems ist seine hochgradige Schichtung Ordnet man die Staaten in verschiedenen Statusdimensionen wie Wirtschaftskapazität, politische und militärische Macht, technologische Entwicklung, Bevölkerungszahl, geographische Größe, internationales Prestige etc. nach ihrem diesbezüglichen Rang ein, so kann ein Staat theoretisch in jedem Bezugsrahmen einen differenzierten Status besitzen. Empirische Untersuchungen zeigen jedoch, daß Staaten, die in einer dieser Dimensionen relativ hoch rangieren, es mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in den anderen tun. Man kann daher von einer Konkordanz der Ränge sprechen. Ein zweites Merkmal ist das Verteilungsmuster der Kommunikations-und Interaktionsstruktur zwischen den nationalen Systemen. Es gibt viele Interaktionen zwischen den mächtigen Staaten, weniger zwischen diesen und den schwachen und noch viel weniger unter den schwachen allein. Eine solche Struktur ist typisch für ein feudales System

Geraten Staaten unterschiedlicher Macht und Kapazität in Kontakt, so besteht die Tendenz, daß die stärkeren Staaten die Interaktionen so beeinflussen, daß sie aus ihnen weitaus größeren Nutzen ziehen als die schwächeren.

Neuere Versuche der Erklärung internationaler Abhängigkeitsstrukturen sprechen entweder von „asymmetrischen Beziehungen" oder von „Imperialismus" Abgesehen von beabsichtigten strategischen Entscheidungen im Interesse der dominierenden Staaten bzw.deren herrschenden Klassen sind es ebenso die Auswirkungen unterschiedlicher Entwicklungsimpulse (spill-over-Effekte), die das höher entwickelte System jeweils bevorzugen und das Ungleichgewicht ständig erweitern. Für die Globalgesellschaft resultiert daraus eine Vielzahl von Abhängigkeiten, auch unter den Industriegesellschaften selbst, am ausgeprägtesten erweist sich jedoch die Polarisierung des Nord-Süd-Konflikts

Ging die Dynamik wachsender Verflechtungen in früheren Jahrzehnten und Jahrhunderten von den Staaten aus, so verschob sich ihr Schwerpunkt heute in die transnationalen Interaktionen zwischen gesellschaftlichen Einheiten unterhalb der Regierungsebene: Wirtschafts-, Finanz-, Handels-und Industrieorganisationen der westlichen Welt expandieren immer stärker in ausländische Territorien hinein und steigern die Asymmetrien des globalgesellschaftlichen Wachstums. Geraten sie im Ausland in Schwierikgeiten, so übernehmen die Staatsapparate ihrer Heimatländer Schutzfunktionen. Man kann daher weitgehend von einer Interdependenz inter-und transnationaler Imperialismusstrukturen sprechen

Neuere Untersuchungen haben gezeigt, daß die Schichtungs-und Feudalstrukturen des internationalen Systems in den internationalen Organisationen weitgehend reproduziert werden Speziell für die Vereinten Nationen gilt, daß die Repräsentation in den wichtigsten Organen außerhalb der Generalversammlung (GV) an den nationalen Rang, wie er sich durch den Beitrag am Budget der UN, die Größe der Delegation und der ständigen Vertretungen messen läßt, gebunden zu sein scheint. Dabei ist die Asymmetrie im transnationalen System größer; doch auch in den internationalen Organisationen wächst die Dominanz der das Globalsystem beherrschenden Staaten, je mehr man sich von der einfachen Mitgliedschaft den Entscheidungsorganen oder Sekretariaten nähert. Für die GV wurde nachgewiesen, daß die mächtigsten Staaten auch eine höhere Zentralität in der Kommunikationsstruktur der Entscheidungsprozesse besitzen als die schwachen Mitglieder und ihre Interessen auch stärker durchsetzen

Obwohl alle diese Daten die Vermutung nahelegen, inter-und transnationale Organisationen seien vor allem Kontrollorgane der herrschenden Kräfte im internationalen System, wäre ein solcher Schluß voreilig. Für das System der Vereinten Nationen gilt er nur bedingt: hier kann man sowohl stark geschichtete als auch egalitäre Organe gleichermaßen finden. Bei den stark geschichteten Organisationen handelt es sich besonders um die Institutionen, die auf dem währungs-, entwicklungs-und handelspolitischen Sektor Regelungs-und Distributionsaufgaben wahrnehmen, also den Weltwährungsfonds, die Weltbankgruppe und das Allgemeine Zoll-und Handelsabkommen.

Da das Stimmvolumen jedes Staates z. B. in der Weltbank von der Höhe des eingebrachten Kapitals bestimmt wird, ist die Verteilung sehr unterschiedlich. Heute besitzen allein sechs Staaten über die Hälfte aller Stimmen; die entwickelten Staaten verfügen über 65, 55 °/o, die gesamten Entwicklungsländer über 34, 45 °/o der Stimmen. Hinzu kommen informelle Entscheidungsgremien der dominanten kapitalistischen Mächte sowie ein Beamtenstab mit „nordwestlichem" Übergewicht.

Die Weltbankgruppe regelt den weitaus größten Teil der multinationalen Entwicklungshilfe und fördert durch gezielte Programme, Vergaberichtlinien, Experten und positive wie negative Sanktionen eine Entwicklungspolitik, die der Durchdringung der Peripheriegesellschaften (Entwicklungsländer) durch transnationale kapitalistische Strukturen nützt und die globalgesellschaftliche Asymmetrie steigert. Auf der anderen Seite scheinen neuere Tendenzen der Weltbankpolitik auch Strukturinnovationen in den Peripherie-staaten mit einzubeziehen, so daß der erhöhte Komplexitätsgrad imperialistischer Regelung durch internationale Organisationen auch* entwicklungsrelevante Widersprüche erzeugt: einerseits eine ausgefeiltere Steuerung der Peripherie mit verstärkter Integration „nützlicher" Sektoren dieser Gesellschaften in das kapitalistische Weltsystem, andererseits die Förderung von Einstellungen, Motivationen und sozialer Organisationsbedingungen politischen Widerstands zur Bekämpfung der Asymmetrie.

Sieht man jedoch von den stark geschichteten internationalen Organisationen ab, so besitzen die weniger geschichteten und egalitären eine wichtige emanzipatorische Funktion: sie bilden organisatorische Kerne der Abwehr des Imperialismus und Potentiale von Gegen-strategien. Die Vereinten Nationen erhalten unter diesem Gesichtspunkt als globales Problemlösungssystem einen herausragenden Stellenwert. In ihren nichtgeschichteten Subsystemen kristallisieren sich erste Bestandteile einer Organisations-und Konfliktfähigkeit der Abhängigen und Ausgebeuteten.

1. Aktivierung und Organisierung von Widerstand

Erste Voraussetzung für einen erfolgreichen Widerstand gegen die bestehende Abhängigkeit ist die Fähigkeit, sich international zu organisieren. Diesem Ziel steht jedoch das interund transnationale Beziehungsgeflecht des Feudalsystems entgegen, das verhindert, daß Solidaritäten, Organisationen, Bündnisse und Kampfinstrumente unter den Staaten der Dritten Welt entstehen. Kolonialismus und Imperialismus haben die meisten Entwicklungsländer jeweils nach einem Industriestaat ausgerichtet. Auch nach der Gewinnung formaler politischer Unabhängigkeit hat sich an dieser einseitigen Zuordnung nicht viel geändert. Durch positive und negative wirtschaftliche Sanktionen sowie verstärkte Sozialisation der Peripherie-Eliten (Studium, technische Hilfe durch Experten) in die Kultur des ehemaligen „Mutterlandes" verteidigten die führenden Industriestaaten weitgehend ihre zentralen Positionen im internationalen Kommunikationsgeflecht. Soll man dies anschaulich machen, so bietet sich als Beispiel besonders das Verkehrsnetz an, obwohl das Muster für die meisten anderen Beziehungstypen ähnlich ist: so führt der Weg von Daressalam nach Santiago de Chile über London, Paris und New York und sogar Nachbarstaaten sind oft über den Umweg nach Europa besser verbunden als durch direkte Transportwege. Unter diesen Bedingungen leisten die UN einen wesentlichen Beitrag zur Reorganisation der globalen Kommunikationsstruktur.

a) Informationsbezug

Informationen aus einer Vielzahl von Interaktionen mit verschiedenen Staaten erweitern die Wahrnehmungen eines peripheren Staatsapparates. Er wird umweltoffener, schafft sich allmählich ein komplexeres Bild über eigene und fremde Probleme und erhält eine höhere Toleranzbreite in bezug auf Werte, Verhaltensweisen und Lösungsalternativen. Durch eine „Komprimierung" internationaler Kommunikationsstrukturen bietet das UN-System seinen Mitgliedern einen einzigartigen Informationspool.

Empirischen Untersuchungen zufolge sind die diplomatischen Informationsbedingungen in den Vereinten Nationen aufgrund höherer Kontaktquoten, geringerer Beachtung von Rangunterschieden und dem überwiegend informellen und mündlichen Charakter der Kommunikation sowie ihrer Qualität besser als in traditionellen diplomatischen Strukturen. Die Einbeziehung fast aller Staaten in dieses Kommunikationsgeflecht bietet vielen Politikern der Entwicklungsländer erstmals auch die Chance, unmittelbare Informationen aus mehreren Industriestaaten parallel zu beziehen und sie untereinander zu vergleichen. Dementsprechend wurden bei UN-Diplomaten überdurchschnittliche Lerngewinne festgestellt. Einschränkend muß man jedoch hinzufügen, daß nur eine bemerkenswerte Datenverarbeitungs-Kapazität alle Vorteile des Informationsbezugs auszunutzen vermag. Und hierin liegt bei den Peripherienationen das größte Problem. Nur durch intensive organisatorische Bemühungen wäre es zu lösen.

b) Interessenaggregation

Schon wenige Monate nach der Gründung der Vereinten Nationen kristallisierten sich regionale Primärstrukturen der Interessenaggregation zum Zwecke der Durchsetzung politischer Ziele (caucusing groups). Trotz großer Unterschiede zwischen ihren Organisationen und Politiken ist ihnen die Absicht gemeinsam, durch Konsensusbildung Absprachen darüber zu erzielen, auf welche Art und Weise welche spezifischen Interessen in den UN-Organen durchgesetzt werden könnten. Caucusing groups sind formale Entscheidungszentren des UN-Systems.

Erst die Fähigkeit, sich zusammenzuschließen und solidarisch zu handeln fördert den Einfluß einer Gruppe sonst schwacher Staaten. Gemessen an den Aktivitäten der Staaten-gruppen westlicher Industrienationen besitzen die meisten caucusing groups der Dritten Welt einen hohen Kohäsionsgrad. Da eine Steigerung zwischenstaatlicher Beziehungen aber nicht nur positive Einstellungen hervorruft, sondern auch neue Konfliktlinien erzeugt, stimmte das Abstimmungsverhalten der Dritten Welt in der Generalversammlung mit dem caucus-Muster nur sehr selten überein Die meisten Regelmäßigkeiten des Wahlverhaltens beruhen mehr auf inner-und zwischenregionalen Koalitionen als auf Gruppierungen, die durch caucus-Politiken determiniert wären. Trifft dies für die Gesamtheit der Abstimmungen und caucusing groups in den Vereinten Nationen zu, so finden sich bezüglich der Nord-Süd-Problematik differenzierte Ergebnisse. In der Welthandelskonferenz (UNCTAD) z. B. wird die politische Position der Peripheriestaaten zu einzelnen Problemen zunächst in den regionalen Gruppen und dann im „Plenum der 77" erarbeitet, wobei die interne Konsensusbildung den Entscheidungsprozeß oftmals stärker determiniert als der Prozeß der globalen Konfliktaustragung Dieser Lerneffekt der Solidarisierung ist jedoch Voraussetzung für weitergehende Erfolge. überhaupt besitzt die caucus-Politik der Peripherienationen in den Vereinten Nationen einen gänzlich anderen Stellenwert für die Außenpolitik dieser Länder als dies bei den Industriestaaten der Fall ist: die UN-Politik beeinflußt nationale Regierungsentscheidungen in der Peripherie weitaus stärker und auch der Rat der UN-Delegation wird hierbei mehr berücksichtigt. Generell konnten Faktoren-analysen nachweisen, daß zahlreiche Variablen der Unterentwicklung mit einer positiven Einstellung zu den Vereinten Nationen und aktivem Verhalten in der caucus-Politik übereinstimmen. Materiell wird dieses Resultat durch die Beitragsquoten zum UN-Budget sehr eindeutig bestätigt. Gemessen am Natio-nalprodukt und am Militärhaushalt ist die finanzielle Belastung der kleinen Peripherie-staaten am höchsten, die der mächtigsten Industriestaaten, allen voran der USA, am niedrigsten Der Vergleich absoluter Beitrags-ziffern, wie er in den meisten Publikationen nachlesbar ist, verfälscht dieses Bild völlig und ist von nur geringem Erkenntniswert.

c) Selbstorganisation

Wissenschaftliche Prognosen über inter-und transnationale Organisationen geben an, daß die organisatorische Vielfalt im globalen System weiter ansteigen wird. Gleichzeitig würden jedoch die meisten Organisationen nur Industriestaaten als Mitglieder haben und langfristig integrative Prozesse in der Region der bereits heute überlegenen Staaten unterstützen Einer solchen Entwicklung, die die Feudalstruktur weiter stärkt, sollte gezielt entgegengewirkt werden. Betrachtet man z. B.den historischen Prozeß der Desintegration des merkantilen imperialen Systems nach dem Westfälischen Frieden, so kann man die Loslösung der amerikanischen Kolonien von Großbritannien unter dem Gesichtspunkt einer Reorganisation der feudalen Kommunikationsstruktur interpretieren Die Verselbständigung der USA vollzog sich mit Hilfe des Ausbaus intensiver Regelkreise zwischen den einzelnen Kolonien sowie der Aufnahme von Beziehungen zu anderen europäischen Großmächten. Analog dazu sollten die Staaten der Dritten Welt starke Beziehungen untereinander entwickeln und institutionalisieren. Dazu bieten sich internationale Organisationen mit der ausschließlichen Mitgliedschaft von Peripheriegesellschaften an. Auf der Grundlage einer solchen Organisationsstruktur könnten Integrationsprozesse unter den jungen Staaten gefördert werden. Erstmals entstünden internationale Assoziationen von Staaten um Ideen, Ziele, Werte und Verhaltensweisen, die nicht für die Industriestaaten repräsentativ sind.

Internationale Organisationen der Peripherie wären geeignet, zahlreiche Aktivitäten zu entfalten, die den autonomen Handlungsspielraum der abhängigen und ausgebeuteten Staaten erweitern würden. So wurde bereits auf die Notwendigkeit, Informationen problemlösungsadäquat zu sammeln und zu verarbeiten, hingewiesen. Ein wesentliches Merkmal der internationalen Arbeitsteilung ist die Konzentration von Forschung, Koordination und Information in den Metropolen der industrialisierten Welt. Den Entwicklungsländern fehlen oft die primitivsten Statistiken über ihre eigenen Gesellschaften, von ihrer Umwelt gar nicht erst zu reden. Internationale Organisationen, wie die Weltbank, oder ausländische Wirtschaftsunternehmen besitzen zum Teil Informationen, wie sie den nationalen Staatsapparaten völlig fehlen. Informationsmangel beinträchtigt die nationale Planung, das Besteuerungswesen und das Wirtschaftsverhalten, kurz die gesamte Entwicklungsfähigkeit eines Peripheriestaates.

Da sich die meisten dieser Länder in einer ähnlichen Situation befinden, wäre an eine gemeinsame Sammlung, Auswertung, Strukturierung und Speicherung der Daten zu denken. Die extreme Langfristigkeit und Kostspieligkeit solcher Aktivitäten weisen darauf hin, daß internationale Organisationen der Peripherie geeignete Problemlösungseinheiten für Aufgaben dieser Art sein könnten. Mögliche Hilfestellungen der UN bei solchen Zielsetzungen lassen sich bereits von einigen konkreten Fällen ableiten. So spielten das Department of Economic and Social Affairs und die Regionalorganisation für Lateinamerika (ECLA) Hauptrollen bei der Sammlung statistischer Daten und analytischer Studien für die Politik der Welthandelskonferenz. Erst auf der Grundlage dieser Arbeit konnte ein Gegenkonzept zur klassischen Freihandelstheorie der Industriestaaten entworfen werden. Ebenso hilfreich erwiesen sich andere Regionalorganisationen bei der Koordination und Kohäsionsbildung der „peripheren" Strategie in der Welthandelskonferenz

Ein weiterer bemerkenswerter Vorteil eigener internationaler Organisationen liegt auch darin, daß Sekretariate mit politischen und bürokratischen Diensten entstehen würden, die parteiisch für die Staaten der Dritten Welt eintreten könnten. Das UN-Sekretariat handelt unter den Bedingungen oftmals extremer politischer Asymmetrie und dem Zwang zur formalen Neutralität de facto doch zugunsten der Industriestaaten. Der Vorteil eigener Sekretariate der Peripherienationen zeigt sich hingegen besonders im Falle der UNCTAD. Als Interessenartikulator und treibende Kraft der Entwicklung einer politischen Strategie gegen die Industriestaaten, konnte das UNC-TAD-Sekretariat, vor allem unter der Leitung von R. Prebisch, Einstellungs-und Aktivitätsinnovationen unter den Staaten der Dritten Welt einleiten, die heute als Grundlage einer progressiven Dynamik im Nord-Süd-Konflikt kaum noch zu ignorieren sind.

Wenn von regionalen Integrationsabläufen in der Peripherie gesprochen wird, so ist, wie bei jeder Integration, auch ihr Sinn und Zweck zu reflektieren. Unter den gegenwärtigen Bedingungen im internationalen globalen System ist die Wahrscheinlichkeit groß, daß Zusammenschlüsse in der Dritten Welt sowohl zu einer Reorganisation der inter-und trans-nationalen Kommunikationsstruktur beitragen als auch Steuerungsprozesse der Metropolen effektiver gestalten können. Das Mischungsverhältnis beider Komponenten und das Volumen dieser Widersprüche sind wohl aber nur empirisch von Fall zu Fall festzustellen. Eine stärkere wirtschaftliche und handelspolitische Zusammenarbeit unter den Peripheriegesellschaften sollte jedoch geeignet sein, zum einen die Abhängigkeit von Konjunkturschwankungen in einem einzigen Industriestaat, wie sie sich aus der Feudalsstruktur ergibt, abzubauen und zum anderen das Druck-potential des dominanten Industriestaates zu verringern.

Wichtige Barrieren für den stärkeren Ausbau dieser Austauschbeziehungen, die in der gesamten Peripherie nur 7 °/o der Importe von Fertigprodukten betragen, sind 1. schwache interkontinentale Informationen über den Wirtschafts-und Handelssektor, 2. geringe Transportkapazitäten, besonders im Schiffsbereich und 3. direkter oder indirekter wirtschaftspolitischer Druck zugunsten einer Zementierung der gegenwärtigen „partikularistischen" Struktur. Internationale Organisationen der Peripheriegesellschaften könnten in einer solchen Situation sowohl eine größere Kapazität der Informationsverarbeitung entwickeln als auch mit stärkerem Gewicht und Prestige als einzelne betroffene Staaten Ressourcen mobilisieren, um eine koordinierte Entwicklungsförderung für die sich integrierende Gruppe zu ermöglichen. Angestrebte Ziele hierbei wären z. B. eine regionale Integrationsbank oder die Unterstützung von Projekt-Kooperationen als erste Stufe der intensiven Zusammenarbeit. Da internationale Distributionsorgane, wie die Weltbank, solche Prozesse bisher kaum untertützt, manchmal sogar bekämpft haben, müßten internationale Organisationen der Peripherie Strategien entwickeln, um die weitsichtigeren Technokraten der universalen Organisationen über die Argumentation einer antizipatorischen Regelung internationaler Strukturen zu gewinnen. Eine Anhebung der globalen Problemlösungskapazität auf die komplexere Ebene internationaler Organisationen beinhaltet geradezu die Förderung funktionaler und geographisch bestimmter Zusammenschlüsse.

Eine Hauptfunktion internationaler Organisationen der Peripherie wäre es, Impulse für integrative Prozesse zu erteilen, da die meisten Nationalstaaten dieses Entwicklungsstandes Chancen und Notwendigkeiten jenseits ihres eigenen Territoriums noch kaum wahrnehmen und damit den Status quo der Abhängigkeit und Ausbeutung fördern. In der Tat scheint hier ein Hauptproblem innovativer Umstrukturierung der internationalen Globalstruktur zu liegen. Die Partizipationsbereitschaft an internationalen Organisationen wird durch einen hohen Grad technologischer und wirtschaftlicher Entwicklung angeregt. Auf dem transnationalen Sektor kommt noch die Existenz einer pluralistischen Ideologie hinzu Beide Faktoren sind jedoch in den Peripheriegesellschaften nur spärlich vorhanden. Die Schaffung inter-und transnationaler Organisationen der Peripherie muß demnach auf die beiden wichtigsten funktionalen Stimuli verzichten und der politischen Motivation eines Kampfes um die gerechtere Verteilung von Lebenschancen entspringen. Aus dieser Sicht heraus sollte es das Bestreben der Weltorganisation sein, Voraussetzungen für die Entwicklung regionaler Autonomien und Selbstorganisationen in der Peripherie zu schaffen. Dies hieße konkret z. B. die Funktion der regionalen UN-Organe zu erweitern und Gesichtspunkte der Dezentralisation und eventuell sogar geringerer Effizienz auf der Grundlage einer solchen Zielorientierung neu zu bewerten.

d) Politische Aktivität

Da die Struktur der Vereinten Nationen parlamentarische Formen des Verhaltens und der Auseinandersetzung fördert, erlernen die Vertreter der Peripherienationen in diesem Milieu Handlungsweisen, die zum Bestehen in modernen politischen Systemen hoher Komplexität unerläßlich sind. Gemeint ist hiermit die Sammlung und Integration von Interessen, Fraktionsbildung, das Entwerfen und Durchführen politischer Strategien, Vermittlungs-und bargaining-Fähigkeiten und die bewußte Aktualisierung politischen Kampfes. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint der momentane Erfolg oder Mißerfolg bei der Durchsetzung bestimmter Resolutionen und Deklamationen von geringerer Bedeutung.

Ein wesentliches Merkmal des modernen Imperialismus ist die Integration großer Teile der Peripherie-Eliten in eine Art internationale Gesellschaft mit einer spezifischen, von den Industrienationen geprägten Kultur und mit gemeinsamen politischen, kulturellen, ökonomischen und wissenschaftlichen Werten. Neuere empirische Untersuchungen haben gezeigt, daß periphere politische Systeme mit einer ausgeprägten Neigung zur Integration in das kapitalistische transnationale Beziehungsgeflecht nur selten demokratischen Werten folgen Aus solchen Faktoren wurde auf eine fortschreitende Zweiteilung der Peripheriegesellschaften in einen kleinen international orientierten und mitprofitierenden Sektor und einen großen marginalisierten Teil, der ausgebeutet wird, geschlossen Unter diesem Vorzeichen erhält die Entwicklungspolitik vieler Peripherie-Eliten einen dysfunktionalen Charakter, da sie weitgehend dazu dient, die gesellschaftliche Schichtung in den einzelnen Entwicklungsländern zu verschärfen. Träfe eine solche Interpretation für die Gesamtheit der Peripherie-Eliten zu, so wäre auch die UN-Entwicklungspolitik gleichzusetzen mit einem Reproduktionsinstrument des globalen imperialistischen Systems.

Die breite Variabilität verschiedener Einstellungen, Perzeptionen und Verhaltensweisen unter den Vertretern der Peripheriestaaten und der Zwang zur Aggregation gemeinsamer Interessen auf einer übernationalen Ebene fördern hingegen das Emanzipationspotential der Entwicklungs-und Redistributionspolitik im UN-System. Die Aktivierung einer trans-kontinentalen Entwicklungspolitik der Peripherienationen setzt einen Austausch und einen oft konkurrierenden Vergleich der Entwicklungsstrategien einzelner peripherer Systeme voraus. Dadurch wird auch die bisherige Abschottung der Peripheriegesellschaften untereinander vermindert. Neben vertikalen Einflüssen, z. B. revolutionärer oder reformerischer Gruppen der eigenen Gesellschaft, treten immer stärker auch Forderungen aus innovativeren Nachbarstaaten oder internationalen Organisationen der Peripherie auf.

Bereits in der Phase des Kalten Krieges gelang es den Staaten der Dritten Welt, auf der Grundlage des Nonalignment eine Interessen-sammlung zustandezubringen, die in der besonderen strukturellen Situation der beiden Supermächte eine strategische Position in zahlreichen politischen Konflikten konstituierte. In dieser Lage lernten sie auch neben den Methoden „parlamentarischer" Konfliktaustragung eigene Ziele, Interessen und Forderungen zu formulieren und zu vertreten. Als die Bedeutung des Ost-West-Konflikts als eines politischen Hebels für die Nord-Süd-Auseinandersetzung sank, wandte sich die Aufmerksamkeit der jungen Staaten der Entwicklung neuer Instrumente zu, wobei von einer Konfrontation mit dem relativ einheitlichen „Norden" ausgegangen werden mußte.

Im Rahmen der Welthandelskonferenz gelang es der „Gruppe der 77", unter knapp hundert Staaten eine gewisse Kohäsion zu schaffen. Trotz zahlreicher Spaltungslinien politischer, ideologischer und sozio-ökonomischer sowie kultureller Art erarbeiteten diese Staaten eine gemeinsame Position gegenüber den Industriestaaten Die Aushandlung eines Kompromisses zwischen den stärker entwikkelten und den ärmsten der Entwicklungsländer sowie ihr gemeinsames Auftreten auf der Welthandelskonferenz gegenüber den Industriestaaten muß angesichts der bestehenden Heterogenität und zahlreicher Versuche einzelner imperialistischer Mächte, diese Phalanx zu torpedieren, als bemerkenswerter Erfolg einer transkontinentalen Interessenaggregation bezeichnet werden. Auf dieser Grundlage nahm auch die allgemeine Aktivität der Peripherie in den Vereinten Nationen zu. So neigt das UN-System in seiner Antragsaktivität heute immer mehr zu einer „süd-östlichen" Richtung Festzuhalten bleibt, daß in den Vertretungsgruppen der Dritten Welt eine neue Funktionselite entstand, die, im UN-System gut sozialisiert, zu Anwälten der Unterentwickelten wurde und aktiv eine Konfrontation mit den Industriestaaten betreibt.

2. Elemente des Schichtungswandels

Nachdem zunächst die Schichtungsstruktur inner-und außerhalb internationaler Organisationen erläutert wurde, waren wir bemüht, einige Komponenten jener Funktion darzustellen, die die Vereinten Nationen zur Veränderung dieser Beziehungsmuster wahrnehmen. Es stellt sich nunmehr die Frage nach den bisherigen Resultaten der Organisationskapazität der Dritten Welt im UN-System. Das zweifellos vertrauteste, wenn auch keineswegs wichtigste Kriterium dürfte die Entwicklungsförderung sein. Doch abgesehen von der Fragwürdigkeit ihres Reorganisationsbeitrags — schließlich scheint die Vergabe-praxis bestehende Ungleichheiten und Abhängigkeiten nur zu zementieren — kann sogar für die systemstabilisierende Entwicklungshilfe kein signifikantes Wachstum festgestellt werden. Zwar ist die Unterstützung weniger entwickelter Gesellschaften durch relativ weit entwickelte zu einem Wert der politischen Kultur der Globalgesellschaft geworden, doch bereits die normative Fixierung dieses Wertes führte zu einem langen Konflikt in den Vereinten Nationen. Die Festlegung von 1 % des Bruttosozialprodukts aller entwickelter Staaten blieb bis heute eine unerfüllte Norm. Das Abklingen des Kalten Krieges, Krisen im Weltwährungssystem, Offenlegung von Dysfunktionen in der Entwicklungspolitik zahlreicher Peripheriegesellschaften u. a. m. reduzierten die Motivationen zahlreicher Industriestaaten zur aktiven Hilfeleistung. Berücksichtigt man einige wichtige Zukunftsprognosen, so verdüstert sich das Bild der Entwicklungsförderung noch mehr. Aufgrund der drastisch zunehmenden Bevölkerung in den Entwicklungsländern wird ihre Abhängigkeit von Nahrungsmittel-und Düngemittel-Importen steigen. Würden sich die Peripheriegesellschaften nach dem Vorbild der Industriestaaten entwickeln, so stiege der Energie-und damit Ressourcenbedarf in phantastische Dimensionen. Auch wenn es nicht zu Knappheitsproblemen käme, so würden finanzielle und Umweltkosten das globale Konfliktpotential weiter erhöhen und die Abhängigkeit verschärfen

Erste Anzeichen möglicher Entwicklungen in der Politik des Umweltschutzes belasten das Nord-Süd-Problem noch mehr. Da eine umweltfreundliche Produktion nicht ohne hohe finanzielle Auflagen durchzusetzen sein wird, besteht die Gefahr, daß in den Industriestaaten neoprotektionistische Maßnahmen zum Schutz der Konkurrenzfähigkeit und kostspielige Maßstäbe für umweltfreundliche Produkte erlassen werden. Eine „Entwicklugsförderung" des Transfers „scmutziger Industriezweige" in die Entwicklungsländer, wie sie bereits von einigen Konzernen und Branchen betrieben wird, stellt eine weitere Steigerung der Ausbeutung dar. Andererseits führt eine umweltkonforme Entwicklungspolitik der Industriestaaten, von der Weltbank bereits angedeutet, zu solchen Kosteneskalationen, daß unter den Entwicklungsspezialisten der Dritten Welt bereits von einer neuen Mythologie Rousseau’scher Prägung gesprochen wird, die die Peripherie in einen riesigen „Krüger-Nationalpark" umwandeln wolle

Bereits dieser kurz umrissene Tatbestand zeigt, daß der redistributive Sektor der UN-Politik kaum Ansatzpunkte zur Reorganisation der internationalen Strukturen enthält. Selbst wenn wir die Entwicklungsförderung in der bisher vorherrschenden Form nicht pauschal ablehnen, so muß doch zugegeben werden, daß auch eine relativ positiv eingeschätzte Hilfe nur Symptome bekämpft, ohne die Pathologie selbst ernsthaft zu tangieren. Dies führt uns nunmehr zu zwei wichtigeren Strukturveränderungen, der Ausdifferenzierung komplexer redistributiver Organe im UN-System und zur Partizipation an den Entscheidungsprozessen der Vereinten Nationen. 1. Ausdifierenzierung Die satzungsmäßig für die sozio-ökonomischen Probleme zuständigen Organe des UN-Systems bildeten seit der Mitte der 50er Jahre das Forum für die Auseinandersetzungen um die Redistributionsproblematik. Hierbei handelte es sich vorwiegend um den Wirtschaftsund Sozialrat (ECOSOC) und seine Unterorgane. Kennzeichnend für die Typologie der Konfrontation blieb bis heute (Umweltproblem) das Bestreben der Industriestaaten, durch politisch rigide, doch technologisch ausgeklügelte Strategien redistributive Funktionen im Sinne einer Aufrechterhaltung des Status quo wahrzunehmen. Demgegenüber entwickelten die Peripherienationen schließlich eine Politik des Ausweichens auf neue, egalitär strukturierte Organe und der Demonstration moltidimensionaler Kausalzusammen-hänge. Die Programme der UN-Entwicklungsdekaden fächerten das Entwicklungsproblem auf und zeigten, daß die Beschäftigung mit einzelnen wirtschaftlichen und sozialen Fragen unzureichend ist, das Gesamtphänomen aber aus einem Aggregat machtpolitischer, wirtschaftlicher, fiskalischer, demographischer und kultureller Variablen besteht, über diese Erweiterung der Wahrnehmungsfähigkeit erhöhte sich für das UN-System der Umweltstreß.

Daraus resultierte zum einen ein Prozeß der Ausdifferenzierung neuer Organe wie UNC-TAD, UNIDO und UNCDF einschließlich ihrer geographischen Verlegung aus dem unmittelbaren Bereich der geschichteteren Gremien und zum anderen eine Machtverschiebung innerhalb einiger Redistributions-Institutionen zugunsten der Dritten Welt. Das Bedauern von Überschneidungen und Ineffektivität in der Entwicklungspolitik der Vereinten Nationen, die deshalb den jungen Staaten angelastet wurden versäumt in der Regel die Hinterfragung der Dependenzproblematik und erkennt somit auch nicht den Stellenwert der Ausdifferenzierung für eine weitergehende politische Strategie. So sollte die Ausdifferenzierung neuer Organe vielmehr als Funktion der Organisierung und Aggregierung von Widerstand gegen die geschichteten Institutionen beurteilt werden, in denen für die Dritte Welt nur geringe Artikulations-und Handlungsmöglichkeiten bestehen. Erst der repräsentative Auftritt in einer relativ geschlossenen Phalanx, das motivierende Klima der Solidarisierung und die anderen stimulierenden Handlungsimpulse, die bereits angeschnitten wurden, besitzen eine katalysierende Wirkung auf die Herausbildung politischen Widerstands.

Auch wenn einzelne Züge dieser Strategie (bisher) erfolglos blieben (z. B. die Gründung eines Kapitalentwicklungsfonds, UNCDF), so kann doch eine Reihe von Erfolgen erwähnt werden: stärkere Differenzierung in der Personalauswahl bei den Industriestaaten-Verhandlungsdelegationen, liberalerer Zugang zu den Ressourcen des Internationalen Währungsfonds, Präferenzabkommen mit der OECD und nicht zuletzt die Berücksichtigung zahlreicher Vorstellungen der Entwicklungsländer im Pearson-Bericht. Zweifellos ist eine gestiegene Elastizität und Offenheit der Industriestaaten gegenüber den Organen der Peripherienationen zu beobachten.

2. Partizipation.

Organisationssoziologische Untersuchungen haben ergeben, daß politische Systeme mit einer hohen Konzentration systemischer Entscheidungsprozesse auf ihre Führungsgruppe dazu neigen, eine relativ rigide und wenig entwickelte Problemlösungskapazität zu haben. Insofern erscheint die Frage nach dem Grad der Partizipation an Entscheidungen der Vereinten Nationen unmittelbar relevant für die Fähigkeit des Systems, globalgesellschaftliche Probleme zu lösen.

Auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges besaßen die UN nur ein Entscheidungszentrum und dieses wurde von der Hegemonie der USA geprägt. Erst seit der Mitte der 50er Jahre, als sich militärstrategische und sozioökonomische Veränderungen in der internationalen Umwelt politisch auszuwirken begannen, erhöhte sich auch der Komplexitätsgrad der Entscheidungsstruktur Der Einzug der Peripherienationen in die Vereinten Nationen und ihre politische Mobilisierung komplizierten das Bild noch mehr. Im Ost-West-Konflikt bildeten die neuen Mitglieder variable Zentren, die zwar an den Entscheidungen über Ost-West-Probleme teilnahmen, ihre Rolle aber tendenziell vermittelnd definierten. Im unmittelbaren Bereich der Nord-Süd-Spaltung führten sie dagegen eine Umpolung der Entscheidungsstruktur durch.

Neuere Untersuchungen zeigen, daß die Unterstützung, die die USA in der General-versammlung seit den 40er Jahren in fast allen Fragen erhielten, seit 1957 geringer wurde. Negative Auswirkungen auf amerikanische Abstimmungserfolge zeigten sich jedoch erst seit 1960. Der UdSSR und ihren Verbündeten, in allen Sitzungsperioden unter den extrem Erfolglosesten, gelang Ende der 50er Jahre der Ausbruch aus der totalen Isolation. Seither konnten auch sie in einigen Problembereichen zunehmend Positionsverbesserungen erreichen, sodaß ihr Interesse an den Vereinten Nationen wächst, was sich auch in ihrem ständig steigenden prozentualen Beitrag zum UN-Budget niederschlägt. In der Nord-Süd-Dimension liegt die Entscheidungsmacht des UN-Systems mit Ausnahme der geschichteten Sonderorganisationen und des Si-cherheitsrates eindeutig bei der Mehrheit der Staaten der Dritten Welt.

Quantitative Untersuchungen von Abstimmungsresultaten zeigten, daß sich die meisten Industriestaaten, sowohl des kapitalistischen als auch des sozialistischen Bereiches, unter den 25 °/o der UN-Mitglieder befinden, die am wenigsten oft zur Abstimmungsmehrheit gehören. Was die Erfolgschancen von Anträgen in der Nord-Süd-Dimension betrifft, so werden Anträge des Nordens öfter zurückgewiesen als solche des Südens. Generell kann man festhalten, daß die Entscheidungsmacht der Generalversammlung in diesen Problembereichen umgekehrt reziprok zur Herrschaftsstruktur des internationalen Systems verteilt ist. Drei Viertel des regulären Un-Budgets werden von 25 °/o der UN-Mitglieder bezahlt, die in Abstimmungen auf der Nord-Süd-Achse den geringsten Erfolg haben. Für die USA hat dies die Konsequenz, daß sich ihr Erfolg tendenziell von der Schaffung einer 2/3-Mehrheit zur Erhaltung einer stabilen Sperrminorität verlagert. Eine Reaktion darauf ist der „Rückzug" in die geschichteten Organe 3. Einfluß-und Beteiligungsperspektiven Angesichts steigender Partizipationschancen könnten die Peripherienationen daran denken, von einer organisatorischen Basis aus, auch in den geschichteten Organen mehr „Mitbestimmung" zu erkämpfen. Forderungen dieser Art sind sowohl gegenüber der Weltbank als auch gegenüber dem Sicherheitsrat (SR) und dem Internationalen Währungsfonds erhoben worden. Doch ist bei einer Beurteilung dieser Strategie zu berücksichtigen, daß eine gewaltsame Durchdringung der geschichteten UN-Organe, soweit sie überhaupt erzwungen werden könnte, höchstwahrscheinlich mit der Verlagerung der Entscheidungsprozesse in noch weniger kontrollierbare multilaterale Strukturen außerhalb der Vereinten Nationen beantwortet werden würde. Eine solche Reaktion sollte jedoch deshalb vermieden werden, weil universale internationale Orga-* nisationen den Peripherienationen günstigere politische Bedingungen bieten: die Entscheidungsträger der internationalen Organisationen sind sowohl kognitiv als auch affektiv von nationalen Wirtschaftseinheiten weniger abhängig, die höhere Ebene der Steuerungsinstanz fördert eine größere Bandbreite zu berücksichtigender Werte und Interessen und die Einbeziehung bisher fremder Kriterien kann langfristig Veränderungen im Bestand ihrer Handlungsdeterminanten verursachen. Daraus resultieren zunehmende Dissonanzen zwischen den nationalen Staatsapparaten der Industriestaaten und der Problemlösungseinheit auf höherer Aggregatebene. Das UN-System könnte dadurch zu einem Zentrum innovativer Dynamik der Globalgesellschaft werden.

Eine Umgestaltung der geschichteten Organe des UN-Systems wird dann weniger interessant, wenn diese ihre Steuerungs-und Kontroll-Aktivitäten durch Regelung und Konsensusbildung ersetzen. Daher müßten Bedingungen angestrebt werden, unter denen eine Vielzahl von Subsystemen der Vereinten Nationen an den Entscheidungsprozessen der Weltorganisation beteiligt wären. So könnten die egalitär strukturierten Organe als assoziierte Vermittlungsinstanzen zwischen Entscheidungszentren und Mitgliedschaft wirken und bei Steuerungsprozessen sowohl zur Entscheidungsfindung als auch zu subsidiären Funktionen herangezogen werden. Ein solches Ziel erscheint um so angemessener, als regelungstheoretische Erkenntnisse darauf hinweisen, daß die Problemlösungskapazität sozialer Systeme unter dem Druck zunehmender Umweltkomplexität nur auf dem Wege einer stärkeren Subsystem-Autonomie erhöht werden kann.

Unsere bisherige Diskussion beschäftigte sich vorwiegend mit Aspekten der Organisierung der Peripherienationen. Hierbei spielten die Vereinten Nationen zwar keine unbedeutende, doch tendenziell eine passive Rolle, obwohl auch schon diese Katalysatorfunktion, gemessen am Entwicklungsstand des internationalen Globalsystems, von großer Bedeutung ist. Hinzu tritt jedoch auch eine aktive Rolle, der wir den dritten Teil widmen wollen.

III. Autonomie

Je größer der Aktivitätsspielraum eines sozialen Systems innerhalb der Beschränkungen ist, die ihm seine Sozialstrukturen auferlegen, desto stärker nimmt es aktiv Einfluß auf die Konstellationen seiner Umwelt. Die Fähigkeit, diesen Spielraum aufrechtzuerhalten und zu erweitern, nennt man Autonomie. Die moderne Systemtheorie hat gezeigt, daß die „Selbstbestimmung" eines sozialen Systems nicht allein davon abhängt, inwieweit es fähig ist, über seine interne und externe Umwelt Kontrolle auszuüben, sondern ebenso davon, Strategien der Konsensusausbildung zu entwickeln und durchzuführen. Sich vorwiegend auf Kontrollkapazitäten stützende Systeme schüren die Entfremdung zu ihrer Umwelt, verschärfen die Widerstände gegenüber ihren Absichten und sind, selbst wenn sie über große Machtressourcen verfügen, nur sehr eingeschränkt fähig, Probleme (kostspielig) zu lösen.

Wie stark politische Problemlösungsversuche durch Kontrollaktivitäten bestimmt sind, zeigt, daß die Gründer der Vereinten Nationen zunächst versuchten, ein Instrument formalisierter Zwangsausübung durchzusetzen: das System der kollektiven Sicherheit (Kapitel VII UNCh). Dieser Mechanismus gründete sich fast ausschließlich auf Kontrollkapazitäten: das Konfliktregelungsmodell einer traditionellen „Staatsdominanz" auf dem innenpolitischen Sektor wurde in den Bereich internationaler Strukturen übergeführt, ohne die Problemlösungsinstanz jedoch materiell und personell entsprechend auszustatten. Diese Situation hatte zweierlei Folgen: zum einen konnte eine Institutionalisierung der Zwangsschlichtung im Rahmen zahlreicher nationaler Systeme mit weitaus stärkerer Kontrollkapazität keine wirksame Lösung internationaler Probleme herbeiführen, zum anderen implizierte dieser Vorgang eine minimale Autonomie der Vereinten Nationen vom internationalen Globalsystem.

1. Konsensusbildung

Die Aktivitäten des UN-Systems im Rahmen der Kollektiven Sicherheit gipfelten in einer Service-Funktion für das nationale Krisen

Management der systemdominanten USA. Damit hatte die Autonomie der Vereinten Nationen in der ersten Hälfte der 50er Jahre einen Tiefpunkt erreicht; als Steuerungsinstrument der herrschenden Kräfte des internationalen Systems war ihre Problemlösungs-Funktion für die Globalgesellschaft bis zur Unkenntlichkeit reduziert. Das Scheitern des Problemlösungskonzeptes der Kollektiven Sicherheit an der Barriere des Kalten Krieges förderte die Suche nach alternativen Problemlösungsmustern. Da sich Kontrollfunktionen als unrealistisch erwiesen hatten, konzentrierten sich die Vereinten Nationen auf Prozesse der Konsensusbildung. Diese Verlagerung hatte zwei Voraussetzungen: zum einen verschob sich das Schwergewicht politischer Aktivitäten aus dem geschichteten SR in die egalitäre GV und zum anderen veränderte sich durch die Entkolonialisierung die Mitgliederstruktur der Vereinten Nationen. Seit der Mitte der 50er Jahre gewannen para-parlamentarische Konfliktlösungsmuster an Bedeutung.

Die neuen militär-strategischen, sozio-ökonomischen und politischen Beziehungen der Supermächte untereinander und zu ihrer Umwelt förderten ihre Übereinstimmung in drei wesentlichen Fragen: 1.der Austragung der Systemkonkurrenz im nichtmilitärischen Bereich, 2.dem Zugeständnis, daß die Existenz konkurrierender Parteien und Werte legitim ist und 3.der Konsolidierung einer anerkannten gemeinsamen Dominanz im internationalen Globalsystem. Als Folge dieser Einstellungen erhielten die Vereinten Nationen einen neuen Stellenwert. Auf der Suche nach geeigneten Modellen für den neuen Sachverhalt stießen verschiedene Autoren auf die Ähnlichkeit von Verhaltensstrukturen in nationalen Parlamenten und in der GV des UN-Systems Eines dieser Modelle geht von einem Zwei-Parteien-System aus sowie einem relativ unstrukturierten Aggregat neutraler Systemmitglieder. Da beide Parteien Abstimmungssiege erzielen wollen, besteht eine rationale Strategie darin, die jeweilige Extrem-position zu einem umstrittenen Problem in Richtung auf die Einstellung der neutralen Mehrheit zu modifizieren, um dadurch möglichst viele Neutrale zu gewinnen Die Struktur des Systems fördert demnach die Reduktion antagonistischer Positionen und damit ein problemlösungskonformes Verhalten der Gegner.

Für den Ost-West-Konflikt in den Vereinten Nationen besitzt dieses Modell einen gewissen heuristischen Wert, obwohl es durch die Voraussetzung eines sehr engen Begriffs rationaler Entscheidung und die Ausblendung einer Vielzahl zusätzlicher relevanter Veriabien, die das Abstimmungsverhalten einzelner Staaten bestimmen, begrenzt ist. Dennoch sind drei wichtige Prozesse mit seiner Hilfe erklärbar.

1. Steht die GV unter dem Druck, in einer Konfliktsituation zwischen den beiden Supermächten zu einer Einigung gelangen zu müssen, so setzt zumeist ein bargaining-Prozeß (Aushandeln des Gebens und Erhaltens in einer Verhandlungsstruktur) ein, in dessen Verlauf nach und nach abgeänderte Resolutionsentwürfe zur Debatte gestellt und extreme Haltungen in Richtung auf Kompromisse hin modifiziert werden. Daraus resultiert oft ein konfliktdämpfendes Klima (z. B. Nahostkonflikt 1967). Ebenfalls zu beobachten ist eine zunehmende Verhandlungsflexibilität der Beteiligten, deren Übung partielle und punktuelle Koalitionsbildung auch in anderen Problembereichen fördert.

2. Verfolgt man Stellungnahmen der GV zu bestimmten politischen Fragen über einige Jahre hinweg, so sind hin und wieder eindeutige Trends feststellbar, die aus einem langfristigen Prozeß der Einstellungsmodifikation hervorgehen. Hierbei scheint die andauernde Kommunikation im UN-System politische Meinungsbilder des Globalsystems zu kristallisieren, die von den betroffenen nationalen Regierungen nicht ignoriert werden können (z. B. die Einstellung zum Deutschland-Problem

3. Einen generellen Einfluß hatte das Strukturmuster des UN-Systems auf jenen Problemkomplex, der im Mittelpunkt des Kalten Krieges stand. Das Desinteresse und die Abneigung der Peripheriestaaten, Probleme des Kalten Krieges überhaupt zu debattieren, reduzierten das Ausmaß der Abstimmungen in diesem Bereich sowie die Intensität ihrer Artikulation

Konsensusbildungs-Aktivitäten der angegebenen Art hängen davon ab, ob ein genügend großes Vermittlungsaggregat vorhanden ist oder ob vielfältige Solidaritäten, die das Abstimmungsverhalten in der GV in jedem Problembereich von anderen Faktorenbündeln bestimmen, kreuz und quer durch regionale und funktionale Subgruppen verlaufen (cross pressures). Empirische Untersuchungen haben für den Ost-West-Konflikt eine Abnahme solcher Faktoren festgestellt. Lediglich die Afrikaner üben nach wie vor einen moderierenden Einfluß aus. In der Nord-Süd-Dimension gar sind solche Konsensusbildungs-Potentiale kaum vorhanden.

Generali muß die Entwicklung der Konsensusbildungs-Funktion im UN-System als innovative Reaktion auf das Versagen des satzungsmäßigen Kontroll-Reglements positiv bewertet werden. Andererseits ist festzuhalten, daß bisher entwickelte Muster der Konsensusbildung Problemlösungsprozesse unter den herrschenden Subsystemen der Vereinten Nationen bevorzugen. Die Staaten der Dritten Welt können nur zwischen Lösungsvorschlägen der Führungsmächte wählen oder eine Annäherung dieser Standpunkte initiieren. Der Einfluß der Mitgliedermehrheit auf die Problemlösung qua Konsensusbildung ist damit auf ein Alternativspektrum eingeschränkt, dessen Variabilität von den beiden Supermächten bestimmt wird.

2. Kontrollfähigkeit

Die Herausbildung eines autonomen Spielraums der Vereinten Nationen innerhalb des internationalen Globalsystems ist ein ambivalenter Vorgang. Einerseits sind die Staaten an einem funktionierenden Problemlösungs-System interessiert, andererseits jedoch versuchen sie, den Problemlösungsprozeß des aus-differenzierten Systems ihren Vorstellungen gemäß zu beeinflussen, um unerwünschte Alternativen und Resultate zu vermeiden. Wie sehr sie auf die Vereinten Nationen einzuwirken suchen, geht schon aus den finanziellen Beitragsleistungen hervor, die zwischen 1946 und 1969 zwar beträchtlich stiegen, ihren prozentualen Anteil am Bruttonationalprodukt jedoch kaum veränderten. Verglichen mit den nationalen Kontrollressourcen (z. B. 0, 4 % der Militärbudgets) blieben sie sehr gering Von ihrer Funktion her gesehen muß das UN-System hingegen bestrebt sein, sich der belastenden Struktur des internationalen Systems zu entziehen, denn gerade die Grenzen und die Unfähigkeit des internationalen Systems, mit bestimmten Problemen fertig zu werden, bildeten die Voraussetzungen für die Gründung eines übernationalen Problemlösungssystems. Nachdem die Vereinten Nationen durch Erfolge bei der Konsensusbildung ihre Position verbessert hatten, wurden auch nach und nach Kontrollfunktionen angestrebt. Diese kann man jedoch nicht an den formalen Ansprüchen der Charter messen. Neuere empirische Untersuchungen haben gezeigt, daß die UN nur etwa die Hälfte aller internationalen Konflikte aufgegriffen haben und in diesen wiederum kaum ein Drittel durch UN-Aktivitäten gelöst wurde Diese Ergebnisse zeichnen jedoch ein sehr grobes Bild. So absorbiert die Konzentration auf große Konflikte und auf strukturelle Asymmetrien Kapazitäten, die im Bereich kleinerer und mittlerer (militärischer) Auseinandersetzungen fehlen. Außerdem ist das „Einfrieren"

oder die Dämpfung von Konflikten angesichts der Gefahr nuklearer Kriege nicht völlig negativ zu bewerten, wie dies in manchen Beiträgen der radikal-kritischen Friedensforschung geschieht Weiterhin berücksichtigen Untersuchungen der Friedenssicherung kaum den informellen UN-Beitrag zur Lösung oder Dämpfung von Konflikten, wie er durch die politischen Kommunikationsstrukturen der Weltorganisation geleistet wird. Und nicht zuletzt sei darauf hingewiesen, daß die Vereinten Nationen bei innerstaatlichen Entscheidungsprozessen immer stärker antizipiert werden

Doch auch im unmittelbaren Bereich der Friedenssicherung gelang es den UN auf der Basis einer flexiblen „preventive diplomacy"

und unter autonomen Bedingungen Fuß zu fassen. Dynamische Entwicklungen sind auf diesem Sektor jedoch seit nunmehr über 15 Jahren ausgeblieben. Auf dieser Grundlage haben sich drei Voraussetzungen für eine Intervention herausgebildet: 1. ein Grundkonsensus der Supermächte, von nationalen Interventionen abzusehen und den UN zumindest eine unspezifizierte Rolle zuzubilligen, 2.

eine positive Einstellung der offiziellen Regierung des Staates, innerhalb dessen Grenzen die betreffende Krisensituation ausgebrochen ist, und 3. Initiative und Kapazität des Generalsekretärs, genügend nationale Ressourcen zu mobilisieren, um aktiv eingreifen zu können Aktionen solcher Art haben eher die Funktion, Konfliktmuster „einzufrieren" als sie zu lösen. Daher werden sich Konfliktparteien, die radikale Resultate anstreben oder Bedingungen eines Status quo ante wiederherstellen möchten, gegenüber einem UN-Engagement reserviert zeigen (Nigeria, Pakistan, Vietnam).

Erweist sich die Kontrollkapazität der Vereinten Nationen in der direkten (militärischen) Konfrontation mit Teilen des internationalen Systems als sehr bescheiden, so hängt dies u. a. auch mit der traditionalen Überbewertung der Gewaltkomponente in der Politik zusammen. Viel weniger erforscht sind die Kontroll-und Regelungsmuster der internen Interaktionsstrukturen des UN-Systems. Immerhin kann eine wachsende Autonomie der Vereinten Nationen anhand von Rollendifferenzierungen und der Entwicklung eigener Rekrutierungs-sowie neuer Karrieremuster nachgewiesen werden Dasselbe wird durch den Ausbau einer „Speicheranlage" reflektiert. Die Beamtenschaft besitzt einen Informationspool über vergangene Politiken und akzeptierte Normen der Organisation und nimmt somit in zahllosen Verhandlungen eine strategische Position ein Neuere Tendenzen weisen darauf hin, daß die Weltorganisation sowohl Rekrutierung als auch Sozialisation ihrer Beamtenschaft stärker bestimmen möchte als bisher. Sehr beachtet werden muß schließlich die Entwicklung des Rückkoppelungs-und Speichersystems der Weltbank-gruppe. Es ist abzusehen, daß sie allmählich die umfassendste Datenbank für die sozioökonomische Entwicklung der Peripherie besitzen wird. Dieser regelungstheoretischen Dimension sollte in Zukunft mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden, zumal sie für Fragen der Herrschaftsstruktur und der Gegenstrategien gleichermaßen relevant erscheint.

3. Transnationale Strukturen und System-transformation

Soll die Problemlösungsfähigkeit der Vereinten Nationen gesteigert werden, so müssen rechtzeitig absehbare Entwicklungen in ihrer Umwelt wahrgenommen und berücksichtigt werden. Der Schwerpunkt dynamischer Veränderungen der Globalgesellschaft liegt heute in den transnationalen Beziehungen, also Kontakten, Interaktionen und Koalitionen sowie Konflikten quer über Staatsgrenzen, die nicht von den außenpolitischen Organen der Regierung kontrolliert werden Besonders auffallend ist die Expansion moderner kapitalistischer Wirtschaftskorporationen. 1969 betrug ihr Anteil am gesamten Bruttosozialprodukt außerhalb des sozialistischen Lagers mit 420 Mrd. US-Dollar etwa 23 °/o. Extrapolationen für die 80er Jahre sagen zunehmende Steigerungsraten voraus. Bereits heute haben nur noch 17 Staaten der Welt ein größeres Bruttosozialprodukt als das jährliche Output von General Motors Corporation.

Die „internationale" Politik der transnationalen Akteure vermindert die Wirtschaftskontrolle vieler nationaler Regierungen ganz beträchtlich. So wird die Preisstruktur nationaler Gesellschaften, ihre Zahlungsbilanz, ihr Exportmarkt, Konjunkturzyklus und selbst die Steuerungskapazität von Staatsapparaten eingeschränkt. Noch stärker wirkt sich der Einfluß multinationaler Wirtschaftskorporationen auf die gesamten Binnenstrukturen der Peripheriegesellschaften aus. Auf der anderen Seite jedoch erteilen sie dadurch starke direkte und indirekte Impulse für eine wachsende Kooperation unter den politischen Systemen, da sie diese zwingen, sich gegen ihre Einflüsse zu wehren. So entsteht ein kompliziertes Interaktionsgeflecht zwischen Wirtschafts-, Finanz-und Außenministerien sowie Zentralbanken, durch welches versucht wird, Investitionsbewegungen, Geldfluß, Waren-ströme und geographische Mobilitäten zu steuern. Aus der internationalen Feudal-und Schichtungsstruktur geht jedoch hervor, daß diese staatlichen Abwehrmaßnahmen zwar den Industrie-, nicht jedoch den Peripherienationen nützen, diese vielmehr der transnationalen Durchdringung weitgehend hilflos ausgesetzt sind.

In einer solchen Situation stellt sich die Frage, wie das UN-System auf die wachsende Komplexität seiner Umwelt reagiert. Wie für alle sozialen Systeme gilt auch für die Vereinten Nationen, daß sie Umwelt-durch Eigenkomplexität beantworten müssen, um die Regelungskapazität des Systems mindestens konstant zu halten. Zweifellos versuchen die UN bereits heute durch Revision und Modifikation interner Strukturen und Ziele neue Probleme aufzugreifen und die Beschäftigung mit überholten zu verringern Doch abgesehen von solchen Anpassungsbemühungen scheint die zunehmende Bedeutung transnationaler Strukturen auf die Notwendigkeit einer systemischen Transformation des UN-Systems hinzuweisen. Beobachtungen der neuesten Entwicklung im Bereich internationaler und transnationaler Strukturen weisen auf einen Trend hin, der sowohl vermehrte Kontakte inter-und transnationaler Organisationen als auch organisatorische Ausdifferenzierungen höherer Komplexität umfaßt: empirische Untersuchungen ergaben fast 100 Superorganisationen, die teilweise oder ausschließlich aus transnationalen Einheiten bestehen

Die wachsende Komplexität der globalgesellschaftlichen Umwelt neigt dazu, eine Organisation, die ausschließlich auf der Basis nationaler politischer Systeme beruht, zu überfordern. Eine Problemlösungs-Organisation der Globalgesellschaft sollte ein System sein, das aus inter-und transnationalen Regelkreisen besteht. Die Einheiten eines solchen Systems wären internationale Organisationen der Staaten und transnationale Akteure. Die global-gesellschaftliche Problemlösungseinheit der Zukunft müßte aus so einer Superorganisation bestehen. Für die Zentralorganisation der UN ist diese Entwicklung neu. Erst im Zusammenhang mit der intensiven Vorbereitung der Umweltkonferenz von Stockholm 1971 wurden transnationale Organisationen an der Diskussion eines UN-Problems beteiligt. Nationale und transnationale Interessengruppen verschiedenster Ausrichtung schalteten sich in die „rolling debate" der internationalen Konferenzdiplomatie ein. Diese Tatsache wurde als Durchdringung traditionaler Problemlösungsmuster der UN begrüßt Man kann annehmen, daß internationale Institutionen in Zukunft nichtgouvemementale Ak-teure an Entscheidungsprozessen stärker beteiligen werden, was zweifellos realistisch und problemlösungskonform ist, andererseits jedoch auch neue Konflikte erzeugt: Koalitionen zwischen internationalen und transnationalen Strukturen, bei denen letztere als pressure groups gegen nationale Staatsapparate verwendet werden könnten, erhöhen das globalgesellschaftliche Konfliktvolumen.

Geht man nun aber von dem Ziel einer Verminderung struktureller Gewalt in der Globalgesellschaft aus, so genügt es nicht, die leistungsfähigen transnationalen Akteure von Wirtschaft und Handel in die Weltorganisation einzubeziehen, da so nur das schon bestehende Ungleichgewicht gestärkt würde. Es ist vielmehr notwendig, direkte transnationale Kontrahenten der Wirtschaftskorporationen ebenfalls zu integrieren, um gegebenenfalls einen problemlösungsadäquaten Kommunikationsprozeß zwischen beiden zu erzwingen.

Vielfach werden die revolutionären Befreiungsbewegungen als einzige Gegenpartei zu den Wirtschaftsorganisationen gesehen. Aufgrund ihrer relativ kohärenten Strategie, ihres Solidaritätsgefühls und ihrer gemeinsamen ideologischen, politischen und militärischen Lehrmeister können sie auch als trans-nationale Struktur bezeichnet werden Dagegen ist die organisatorische Kristallisation dieser vorwiegend informellen Bindungen mehr als bescheiden. Da die meisten Revolutionäre nach der Etablierung als politische Elite aus der „weltrevolutionären Gesellschaft" ausscheiden und alle Verbindungen abbrechen, finden die revolutionären Befreiungsbewegungen in der Peripherie keinen politischen Rückhalt, der sie mit Ressourcen versehen könnte. Die „Zentren der Weltrevolution" hingegen, Moskau und Peking, zeigen sich an einer aktiven Unterstützung (zumindest derzeit) desinteressiert; so ist auch die Tricontinentale (OSPAAAL) nur wenig mehr als ein Clearinghouse der Propaganda und ein Symbol der revolutionären Befreiung vom Imperialismus.

Von der organisatorischen Kapazität sowie den zur Verfügung stehenden politischen, personellen und materiellen Ressourcen her gesehen bilden heute transnationale Gewerkschaftsstrukturen eine zwar ambivalente, doch bedeutend realistischere Alternative zum System der Wirtschaftskorporationen Vor allem seit dem Ende der 60er Jahre, als der wachsende Einfluß der multinationalen Konzerne wahrgenommen wurde, verlagerten sich die transnationalen Labour-Aktivitäten auf den Ausbau von Gegengewichten. Andererseits darf man nicht verkennen, daß Gewerkschaften der Industrie-und Peripherienationen aufgrund ihrer Positionen auf verschiedenen Entwicklungsebenen sehr unterschiedliche Ziele und Funktionen haben und imperialistische Beziehungen auch in transnationalen Gewerkschaftsstrukturen reproduziert werden. Homogene Big Labour-Organisationen im transnationalen Bereich, die den Abbau globalgesellschaftlicher Asymmetrien betreiben würden, sind derzeit nur schwer vorstellbar. Man kann höchstens langfristig die Formierung und Solidarisierung transnationaler Mobilisierungsgewerkschaften der Peripherie anstreben und anschließend auf eine Integration dieser Kräfte mit den Gewerkschaftsstrukturen der Industriegesellschaften hinarbeiten. Was demnach zuvor über die Notwendigkeit der Eigenorganisation der Staaten der Dritten Welt gesagt wurde, gilt auch analog für ihre Gewerkschaften. Bereits heute sollten jedoch Kommunikationen zwischen den Gewerkschaften der Industrie und der Peripheriestaaten so weit entwickelt werden, daß sich der Einsatz von Gewerkschaften der Industriestaaten gegen penetrationsfeindliche Gewerkschaften der Entwicklungsländer, wie dies z. B. durch die amerikanische Stahlarbeitergewerkschaft auf Jamaica geschah, nicht mehr wiederholt.

Die „Transnationalisierung" der modernen Gewerkschaftsbewegung erfordert Reflexionen über neue Funktions-und Verhaltensdefinitionen und macht auf die Dauer eine klare Stellungnahme zu globalgesellschaftlichen Problemen unumgänglich. In diesem bisher noch nicht verfestigten Entwicklungsprozeß könnten sich noch Werte-und Normenströmungen durchsetzen, die auf eine stärkere Solidarität der Abhängigen in Industrie-und Entwicklungsländern hinwirken würden. Zu erinnern wäre hierbei an den Einfluß einer transnationalen politischen Kultur der Linken in den 60er Jahren, ihr Engagement gegen den Vietnamkrieg und ihre zahlreichen indirekten Impulse für innergesellschaftliche Reformen.

4. Innovationsstrategien

Soziale Barrieren in resistenten Strukturen lassen sich durch Zwangs-, Verhandlungsund normativ-reedukative Strategien bekämpfen Während Zwangsstrategien Machtmittel, Druck und Drohung anwenden, versuchen Verhandlungsstrategien durch Nützlichkeitserwägungen zu rationalen Kompromissen zu gelangen. Normativ-reedukative Strategien wiederum streben über Lern-und Überzeugungsprozesse Einstellungs-und Wahmehmungsveränderungen an.

So gering das Machtpotential abhängiger und benachteiligter Staaten auch ist, setzt man ein gewisses Maß an Organisationsfähigkeit voraus, so kann selbst eine Strategie der demonstrativen Gewaltlosigkeit, die Ungerechtigkeit und Grausamkeit offenlegt, politisch wirksamen Druck ausüben und Zugeständnisse der Industriestaaten erzwingen, wie dies im Rahmen der Beziehungen zwischen den afrikanischen Staaten und der EG gezeigt wurde Demgegenüber, könnte man annehmen, erscheinen gewerkschaftlich ausgerichtete Kampfmaßnahmen der Peripherinationen angesichts der Abhängigkeit einiger der wichtigsten Industriestaaten von Rohstoffen in der Dritten Welt bedeutend wirksamer. Besonders die Entwicklung wichtiger Zweige der amerikanischen Wirtschaft beruht weitgehend auf funktionierenden Austauschbeziehungen mit Lateinamerika (Brasilien, Jamaica), Südostasien (Malaysia, Philippinen) und Afrika (Gabun, Republik Südafrika

So schwer man sich einen rationalen Ausweg der Industriestaaten aus diesem Dilemma vorstellen kann, so gering erscheint hingegen das Druckpotential der Peripheriestaaten, da wiederum Import-und Handelsabhängigkeiten der Dritten Welt bestehen und Gegenaktionen der Industriestaaten weitaus wirksamer wären. Organisierte Kampfmaßnahmen der Peripherienationen nach dem Vorbild des gewerkschaftlichen Arbeitskampfes in den Industriegesellschaften des Westens erscheinen unter den gegenwärtigen Bedingungen des internationalen Systems undurchführbar. Dazu ist nicht nur der technische und militärische Vorsprung, sondern vor allem die Regelungskapazität der Industriestaaten zu groß. So können Solidarisierungstendenzen in der Dritten Welt durch Differenzierung und wahlweise Privilegierung bestimmter Entwicklungsländer unterlaufen werden. Schon heute bilden Entwicklungsgrad, politische „Zuverlässigkeit" und strategische Ressourcen-Relevanz Hauptkriterien für die Konzentration immer knapper werdender Mittel der Entwicklungsförderung auf ausgewählte Staaten. Durch eine Belohnung mit regionalen Stellvertreterfunktionen und schnellerer Integration in das globale kapitalistische System könnte eine Art peripherer Aristokratie gebildet werden, die an der Aufrechterhaltung der Systemstrukturen interessiert wäre.

Je stärker es den Peripherienationen dagegen gelänge, verstreut auftretende und ungeplante Konfliktenergien zu kanalisieren und zu koordinieren, desto effektiver wäre ihre Position in Verhandlungsprozessen. Untersuchungen ergaben, daß Entwicklungsländer beim Aushandeln höherer Gewinnsätze um so erfolgreicher waren, je mehr sie „aggressive Nationalistengruppen" innerhalb ihres Landes berücksichtigen mußten Der Hinweis auf bedeutend radikalere Gruppen und Methoden sowie das mögliche Wachstum von anomischen Gewaltreaktionen, wie sie bereits in der Form von Flugzeugentführungen und ähnlichen Terrorakten bekannt sind, erscheint ebenfalls in der Lage, die Aufgeschlossenheit der Industriestaaten zu fördern.

Für den Ausbau formaler bargaining-Strukturen ist das Raster relativ differenzierter und heterogener Verhandlungsgruppen positiv zu verzeichnen. Simulationsexperimente ergaben, daß Verhandlungsprozesse zwischen Parteien, die intern Konflikte aufweisen, erfolgreicher verlaufen als solche, deren beide Gruppierungen homogen und geschlossen sind. Neuere Untersuchungen des UNCTAD-Subsystems zeigen jedoch, daß die Industriestaaten trotz starker interner Differenzierung und beachtlicher Kontroversen (z. B. USA-EG) in der Vereinheitlichung ihrer Positionen gegenüber den Peripherienationen extrem erfolgreich sind. So gelang es z. B.den USA mit der Unterstützung der skandinavischen Schiffahrtsinteressen immer wieder, Koalitionen dieser traditionellen Vermittler-gruppe mit der Dritten Welt in anderen wirtschaftspolitischen Abstimmungen zu verhin-dem. Und selbst die sozialistischen Staaten Osteuropas, die in den 60er Jahren stets an der Seite der Peripherienationen zu finden waren, tendieren heute immer mehr zu einer diskreten Unterstützung der kapitalistischen Industriestaaten. Diese Entwicklung hat dazu beigetragen, daß die Dynamik der Entwicklungsdekaden-Politik versandete. Die Industriestaaten reduzieren die Forderungen der Peripherie zugunsten der billigsten Alternativen, verschleppen die Entscheidungsprozesse und verlängern die Perspektiven. Angesichts fehlender revolutionärer Impulse, ungenügender Organisationsfähigkeit und (noch) zu geringem Krisendruck besitzen die Peripherienationen für bargaining-Prozesse kein geeignetes „Tauschmittel". Es ist schwierig, „etwas für nichts" zu erhalten. Daher kommen Innovationsprozesse dieser Art nicht ohne die normative Dimension der Verhaltensprägung aus.

Empirische Untersuchungen von Innovationen auf allen Ebenen sozialer Interaktion und Organisation haben gezeigt, daß weder kognitive, d. h. mit rationalen Argumenten arbeitende, noch reine Zwangsstrategien allein geeignet sind, intendierten Wandel in sozialen Systemen durchzusetzen. Die affektive Innovationsbarriere wird von keiner der beiden Methoden berührt. Einstellungen, Werte und Normen, die neue Informationen im „Speicher" von Individuen, Gruppen und Institutionen auslesen, ordnen, manipulieren und Rängen zuordnen, besitzen in bezug auf Prozesse des Wandels strategische Positionen. Ein effektives Problemlosen ist ohne Berücksichtigung dieser Kategorie von Hindernissen kaum vorstellbar. Daher wird eine Problemlösungseinheit versuchen müssen, Fähigkeiten zu entwickeln, affektive Barrieren zu entfernen. Andererseits können solche Prozesse nicht als Ersatz oder als Alternative für Zwangs-und Verhaltensstrategien verstanden werden. Es ist vielmehr nötig, diese drei Strategietypen als integrale Bestandteile einer optimalen Problemlösungskapazität aufzufassen. Die Entwicklung geeigneter Methoden zur Überwindung affektiver Innovationshindernisse geht auf den Bereich der Kleingruppenforschung zurück, erwies sich jedoch bereits in Großorganisationen (z. B. Konzernen) und politischen Konflikten, wie Arbeitskämpfen, als erfolgreich Für die internationalen Beziehungen steckt dieses Modell der Problemlö-sung erst in den Anfängen es handelt sich um ein Klientensystem, in dem eine therapeutische Partei versucht, über Einstellungsänderungen die Beziehungen konfligierender Gruppen in Richtung auf eine positivere Qualität zu verändern. Die Dritte Partei soll für die betreffenden Prozesse der Verhaltensrevision diagnostische Fähigkeiten besitzen sowie das Vermögen, durch spezifische Interventionen Sackgassen der Kommunikation zu durchbrechen. Sie muß Interaktionen, die ins Leere laufen, erkennen und auflösen können, ohne das Klima der Situation zu beeinträchtigen, und sie hat emotionale Unterstützung und Rückversicherung zu geben, sobald die Konfliktparteien Revisionen ihrer affektiven Systeme vornehmen.

Dabei geht es nicht um eine Diskussion von Sachfragen, die Therapie beschäftigt sich vielmehr mit der affektiven Beziehung der Kontrahenten und den sich daraus entwikkelnden Interaktionsfolgen. Berichte über Problemlösungsversuche im Arbeitskampf, die mit Hilfe dieser Methoden vorgenommen wurden, zeigten, wie Vertreter des Managements und der Gewerkschaft ihre gegenseitigen Vorstellungen voneinander in einem wissenschaftlich gelenkten Diskussionsprozeß mit vielfältigen Phasen modifizierten und affektive Spannungsbeziehungen abbauten. Dadurch mündeten ihre Aktivitäten in ein Klima, das die gemeinsame Suche nach Strategien der Überwindung so entdeckter Barrieren förderte. Personen, die Affekte manipulieren sollen, müssen professionelle Kenntnisse auf den Gebieten der Konfliktforschung, Gruppendynamik, Kommunikationstheorie, des Sensitivity trainings und der Sozialpsychologie besitzen. Da internationale Organisationen jedoch vorwiegend über diplomatische, parlamentarische, juristische, journalistische und ökonomische Kapazitäten verfügen, sind ihre Organe gegenwärtig nicht in der Lage, diese Aufgaben wahrzunehmen. Die Vereinten Nationen müssen daher geeignete Verfahren hierzu erst erlernen und institutionalisieren. Dies setzt die Ausbildung und den Einsatz geeigneter Spezialisten der Sozialtherapie voraus. Solange das UN-System über solche Kapazitäten nicht autonom verfügt, wäre an eine Beteiligung wissenschaftlicher transnationaler Institutionen zu denken, die den Auftrag erhalten könnten, sich an Problemlösungsprozessen der UN zu beteiligen und langfristig sozialtherapeutische Innovationsträger für die Weltorganisation zu schulen. Organisatorisch käme die geplante Universität der Vereinten Nationen in Frage. In einem solchen Rahmen müßte die normativreedukative Problemlösung als Forschungsund Praxis-Bereich zu den wichtigsten Programmen zählen.

5. Organisationsstruktur und Innovation

Der steigende Umweltdruck der Vereinten Nationen hat sowohl Wissenschaftler als auch Politiker und Bürokraten darüber nachdenken lassen, welche organisatorischen Reaktionen der Weltorganisation entwickelt werden könnten, um ihre Problemlösungskapazität weiter zu verbessern Je nach politischem oder ideologischen Standort wurde aus dem gegenwärtigen Patt des Nord-Süd-Konflikts entweder der Schluß gezogen, alle Entscheidungen müßten in egalitären Organen fallen oder die Entscheidung dürfte nur auf Konsensus und Ausgleich basieren, das überstimmen der mächtigsten Industriestaaten sei verwerflich und unsinnig.

Der hier vorgeschlagene Entwurf versteht beide Forderungen nicht als Alternativen, versucht vielmehr, beide in ein innovatives Problemlösungskonzept zielkonform zu integrieren. Aus anderen sozialen Bereichen ist bekannt, daß Problemlösungsprozesse periodisch unterschiedliche Grade der Offenheit von Entscheidungsstrukturen erfordern. So benötigt die Entstehungsphase einer Innovation sowie ihre Auswertung eine optimale Offenheit des Systems, die Durchführung hingegen eine geschlossene Struktur. In dieser Perspektive gewinnen die egalitären UN-Organe, vor allem UNCTAD, für die Artikulation, Sammlung und Diskussion der Interessen eine entscheidende Bedeutung. Auch der politische Kampf mit Majorisierungen, Fraktionsbildungen und der Entwicklung von solidarischen, auch institutionalisierten Formationen ist für diesen Prozeß problemlösungsadäquat, da letztlich nur organisierte und konfliktfähige Interessen virulent werden und ein politisches Druckpotential bilden.

Für den inhaltlichen Problemlösungsprozeß kommt jedoch nur ein Organ in Frage, das zwischen den geschichteten und den egalitä-ren Organisationen liegt, eine möglichst große Zahl inter-und transnationaler Interessen repräsentiert und genügend klein ist, um intensive Verhandlungen zu ermöglichen. Ein solcher „UN Bargaining Council" hätte auf Majorisierungen grundsätzlich zu verzichten, da Problemlösungen zugunsten der Globalgesellschaft gegen die Einsicht und den Willen der etwa 25 dominanten Staaten undurchführbar sind. Zwar behält die Sammlung von Abstimmungsmehrheiten und die Bildung von Konfrontationsbasen vor allem für die Peripherienationen auch weiterhin einen hohen Stellenwert, doch ist hierbei eine gewisse Arbeitsteilung zwischen den Organen zu berücksichtigen. Je komplexer ein System ist, desto eher besitzt es funktional spezialisierte Problemlösungsstrukturen; dies können z. B. braintrusts, Planungsstäbe, work shops oder besondere Problemlösungsgremien sein. Gemeinsam ist ihnen, daß sie von Routineaufgaben befreit sind und sich der Bewältigung eines einzelnen Problems oder eines relativ fest umgrenzten Problembündels widmen können. Der „UN Bargaining Council" entspräche einem solchen spezialisierten Problemlösungssystem. Noch innovativere Bedingungen werden erreicht, wenn diese Problemlösungseinheit aus dem System ausdifferenziert wird, um sie den Sozialisations-und Stratifikationsbelastungen zu entziehen. Theoretischen und empirischen Arbeiten zufolge entfaltet sich in diesem auf Zeit ausgegliederten „temporären System" ein außergewöhnlich kreatives Klima Seine eng begrenzte Zielorientierung, der relativ kurze Zeitraum seiner Existenz, die Tendenz zur Auswahl besonders geeigneter Personen und der Auftrag, für den Programmbestand des permanenten Systems geeignete, bisher jedoch unbekannte Lösungsalternativen zu entwickeln, fördern Normen und Verhaltensmuster, die Konfliktlösungen sowohl auf kognitiver als auch auf affektiver Basis suchen. Temporäre Systeme der Vereinten Nationen könnten für fest umgrenzte Aufgaben ausdifferenziert werden. So ist einerseits an vorwiegend kognitive Problemlösungen beson-ders schwieriger Materien zu denken, die der permanente „UN Bargaining Council" nicht oder nur ungenügend bewältigt. Andererseits könnten normativ-reedukative Strategien gerade in kleinen temporären Systemen nachhaltige Beiträge zur Lösung festgefahrener Positionen leisten. Der Organisationstyp des temporären Systems in den Vereinten Nationen sollte die Funktion haben, in dauernd wechselnden Kombinationen und auf verschiedensten Ebenen der Repräsentation neuartige Annäherungsprozesse zu fördern. Dabei könnte das Hauptziel darin liegen, Konfliktparteien davon zu überzeugen, daß nicht das Verhalten der Gegenpartei als Basisproblem anzusetzen ist, sondern daß beide einem Problem gegenüberstehen, jedoch verschiedene Lösungen und konkurrierende Interessen vertreten Auf diese Art und Weise müßte z. B. ein neuer Rahmen für eine gemeinsame Wertbasis gefunden werden, die den Imperialismus-und den Umweltkomplex miteinander verknüpft.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. R. E. Riggs et. al, Behavioralism in the Study of the United Nations, in: World Politics 1970, S. 197 ff. C. F. Alger, Research on Research: A Decade of Quantitative and Field Research on International Organizations, in: International Organization (IO) 1970, S. 414 ff.

  2. Erste Versuche der Reflexion einer neuen Forschungsstrategie bei E. Senghaas-Knobloch, Internationale Organisationen, in: Krippendorff (Hrsg.), Probleme der internationalen Beziehungen, Frankfurt 1972, S. 103 ff. und V. Rittberger, International Organization and Violence. With Special Reference to the Performance of the U. N. System, in: Journal of Peace Research (JPR) 1973 (im Erscheinen).

  3. Vgl. P. Pawelka, Strategische Probleme einer innovativen UN-Politik, in: U. Scheuner und B. Lindemann (Hrsg.), Die Vereinten Nationen und die Mitarbeit der Bundesrepublik Deutschland, München—Wien 1973, S. 153 ff.

  4. W. Hein und G. Simonis, Theoretische und methodische Probleme einer kritischen Theorie internationaler Politik, in: Politische Vierteljahresschrift, 1973, S. 85 ff.

  5. Beim vorliegenden Beitrag handelt es sich um eine Zusammenfassung von P. Pawelka, Vereinte Nationen und strukturelle Gewalt, München 1974.

  6. J. Galtung, Gewalt, Frieden und Friedensfor schung, in: D. Senghaas (Hrsg.), Kritische Friedens'forschung, Frankfurt 1971, S. 55 ff.

  7. Vgl. B. Johnson, The United Nations'Institutional Response to Stockholm: A Case Study in the International Politics of International Change, in: International Organization (IO) 1972, S. 255 ff.

  8. R. Jenkins, Exploitation, London 1970, S. 82 ff. C. Lagos, International Stratification and Underdeveloped Countries, University of North Carolina Press 1963, S. 6 ff.; J. D. Singer und M. Small, The Composition and Status ordering of the International System: 1815— 1946, in: World Politics 1965/66, S. 236 ff.

  9. J. Galtung, Gewalt, Frieden und Friedensforschung, a. a. O.

  10. J. Galtung, Eine strukturelle Theorie des Imperialismus, in: D. Senghaas (Hrsg.), Imperialismus und strukturelle Gewalt. Analysen über abhängige Reproduktion, Frankfurt 1972, S. 29 ff. In diesem Sammelwerk noch weitere wichtige Aufsätze zum Imperialismus-Komplex. Ebenfalls J. S. Nye, jr. und R. O. Keohane (Hrsg.), Transnational Relations and World Politics, Cambridge, Mass., 1972.

  11. Vgl. M. Bohnet (Hrsg.), Das Nord-Süd-Problem. Konflikte zwischen Industrie-und Entwicklungsländern, München 1971.

  12. K. P. Sauvant, Multinationale Unternehmen und die Transformation des gegenwärtigen Staatensystems, in: Politische Vierteljahresschrift 1972, Sonderheft 4 (Gesellschaftlicher Wandel und politische Innovation), S. 196 ff.

  13. R. Väyrynen, Stratification in the System of International Organizations, in: Journal of Peace Research (JPR) 1970, S. 291 ff; K. Jacobsen, Some Behavioral Characteristics in the United Nations as a Function of Rank, in: Proceedings of the International Peace Research Association. Third General Conference, Vol. II, Assen 970, S. 22 ff.; K. Skjelsbaek, Peace and the Structure of the International Organization Network, in: JPR 1972, S. 315 ff.

  14. C. F. Alger, Interaction and Negotiation in a Committee of the United Nations General Assembly, in: J. N. Rosenan (Hrsg.), International Politics and Foreign Policy, New York—London 19692, S. 483 ff.

  15. R. Blough, The World Bank Group, in: R. N. Gardner und M. F. Millikan (Hrsg.), The Global Partnership, New York-Washington-London 1968, S. 152 ff.; T. Hayter, Aid as Imperialism, Baltimore 1972.

  16. C. F. Alger, Decisions-making Theory and Human Conflict, in: E. B. McNeil (Hrsg.), The Nature of Human Conflict, Englewood Cliffs 1965, S. 274 ff. C. F. Alger, Personal Contact in Intergovernmental Organizations, in: C. Kelman (ed.), International Behavior New York-Chicago ... 1965, S. 521 ff.; Alger, Interaction, a. a. O.

  17. A. Lijphart, The Analysis of Bloc Voting in the General Assembly: a critique and a proposal, in: American Political Science Review (APSR) 1963, S. 902 ff.; B. M. Russett, Discovering Voting Groups in the United Nations, in: APSR 1966, S. 327 ff.

  18. B. Gosovic, UNCTAD: Conflict and Compromise Leiden 1972, S. 287 ff.

  19. Vgl. J. E. Vincent, An Application of Attribute Theory to General Assembly Voting Patterns, and some Implications, in: IO 1972, S. 551 ff.; J. E. Vincent, An Analysis of Caucusing Group Activity at the United Nations, in: JPR 1970, S. 133 ff.

  20. E. T. Rowe, Financial Support for the United Nations: The Evolution of Member Contributions, 1946— 1969, in: IO 1972, S. 619 ff.

  21. K. Skjelsbaek, Development of the Systems of International Organizations, in: Proceedings of the International Peace Research Association, Third General Conference, Vol. II, Assen 1970, S. 90 ff.

  22. R. L. Merritt, Systems and the Disintegration of Empires, in: General Systems 1963, S. 91 ff.

  23. Vgl. Gosovic, UNCTAD, a. a. O.

  24. K. Skjelsbaek, The Growth of International Nongovernmental Organization in the Twentieth Century, in: R. O. Keohane und J. S. Nye, jr. (eds.), Transnational Relations and World Politics, Cambridge, Mass. 1972, S. 70 ff.

  25. P. B. Evans, National Autonomy and Economic Development: Critical Perspectives on Multinational Corporations in Poor Countries, in: R. O. Keohane und J. S. Nye, jr. (eds.), Transnational Relations and World Politics, Cambridge, Mass. 1972, S. 325 ff.

  26. O. Sunkel, Transnationale kapitalistische Integration und nationale Desintegration: Der Fall Lateinamerika, in: D. Senghaas (Hrsg.), Imperialismus und strukturelle Gewalt, Frankfurt 1972, S. 258 ff.

  27. ) R. S. Walters, International Organization Political Communication: The Use of UNCTAD by Less Developed Countries, in: IO 1971, S. 818 ff.

  28. ) J. Jacobsen, Some Behavioral Characteristics, a. a. O.; K. Jacobsen, Sponsorships in the United Nations. A System Analysis, in: JPR 1969, S. 235 ff. and

  29. N. Choucri, J. P. Bennet, Population, Resources, and Technology: Political Implications of the Environmental Crisis, in: IO 1972, S. 175 ff; J. A. Lee, Enviromental Considerations in Development Finance, in: IO 1972, S. 337 ff.

  30. J. A aujo Castro, Environment and Development: nie Case of Less Developed Countries, in: IO 1972, S. 401 ff., S. 404.

  31. Vgl. W. R. Sharp, The United Nations Econo-mic and Social Council, New York-London 1969, S. 75 ff.

  32. Vgl. P. Pawelka, Die UNO und das Deutschlandproblem, Tübingen 1971.

  33. E. T. Rowe, Changing Patterns in the Voting Success of Member States in the United Nations General Assembly: 1945— 1966, in: IO 1969, S. 231 ff.; C. S. Manno, Majority Decisions and Mino-rity Responses in the UN General Assembly, in: The Journal of Conflict Resolution (JCR) 1966, S. 1 ff.

  34. Vgl. J. E. Todd, An Analysis of Security Council Voting Behavior, in: Western Political Quarterly 1969, S. 61 ff.

  35. Vgl. als Überblick über die verschiedenen Konzepte P. Pawelka, Systemtheoretische Beiträge zu einer Taxonomie intra-und intersystemischen Verhaltens in den internationalen Beziehungen, in: Internationale Beziehungen als System, Sonderheft 5 der Politischen Vierteljahresschrift 1973, S. 17 ff.

  36. Vgl. H. R. Alker, jr. und B. M. Russett, World Politics in the General Assembly, New Haven-London 1965; O. R. Young, The Intermediaries. Third Parties in International Crisis, Princeton University 1967.

  37. Dieses Modell geht zurück Economic Theory of Democracy, New York 1957. auf A. Downs, An

  38. P. Pawelka, UNO, a. a. O., S. 194 ff.

  39. E. T. Rowe, The United States, the United Nations, and the Cold War, in: IO 1971, S. 59 ff.

  40. B. M. Russett, Trends in World Politics, New York—London 1965, S, 78 ff., 87 ff,; H. Newcombe, M. Ross und A. G. Newcombe, United Nations Voting Patterns, in: Proceedings of the International Peace Research Association. Third General Conference, Vol. II, Assen 1970, S. 51 ff.

  41. Rowe, Financial Support, a. a. O.

  42. Vgl. Rittberger, International Organization, a. a. O.

  43. Vgl. z. B. die Polemik bei L. Dencik, Plädoyer für eine revolutionäre Konfliktforschung, in: D. Senghaas (Hrsg.), Kritische Friedensforschung. Frankfurt 1971, S. 247 ff.

  44. W. D. Coplin, International Organizations in the Future International Bargaining Process: A Theoretical Projection, in: D. S. Sullivan und M. J. Sattler (eds.), Change and the Future International System, New York-London 1971, S. 81 ff.

  45. Y. Tandon, Consensus and Authority Behind United Nations Peacekeeping Operations, in: IO (1967), S. 254 ff.; J. A. Stegenga, UN-Peace-Keeping: The Cyprus Venture, in: JPR 1970, S. 1 ff.

  46. R. O. Keohane, Institutionalization in the United Nations General Assembly, in: IO 1969, S. 859 ff.

  47. Vgl. L. Gordenker, Policy Making and Secretariat Influence in the UN General Assembly: The Case of Public Information, in: American Political Science Review (APSR), 1960, S. 359 ff.

  48. Vgl. K. Kaiser, Transnationale Politik, in: Die anachronistische Souveränität, PVS 1969, Sonderheft 1 S. 80 ff.: K. P. Sauvant, Multinationale Unternehmen und die Transformation des gegenwärtigen Staatensystems in: Gesellschaftlicher Wandel und politische Innovation, PVS 1972, Sonderheft 4, S. 196 ff.

  49. Vgl. N. F. Duffy, Organizational Growth and Goal Structure: The Case of the ILO, in: IO 1972, S. 479 ff.

  50. Skjelsbaek, Growth, a. a. O.

  51. D. A. Kay und E. B. Skolnikoff, International Institutions and the Environmental Crisis: A Look Ahead, in: IO 1972, S. 469 ff.

  52. J. B. Bell, Contemporary Revolutionary Organizations, in: R. O. Keohane und J. S. Nye jr., (eds.) Transnational Relations and World Politics, Cambridge, Mass. 1972, S. 153 ff.

  53. R. W. Cox, Labor and Transnational Relations, in: R. O. Keohane und J. S. Nye jr. (eds.), a. a. O., S. 204 ff.

  54. Vgl. R. Chin und K. D. Benne, Strategien zur Veränderung sozialer Systeme, in: Gruppendynamik, 1971, S. 343 ff.

  55. I. W. Zartman, The Politics of Trade Negotiations between Africa and the European Economic Community. The Weak Confront the Strong, Princeton University Press 1971.

  56. Choucri und Bennett, Population, a. a. O.

  57. E. T. Penrose, The Large International Firm in Developing Countries: The International Petroleum Industry, London 1968.

  58. W. M. Evan und J. A. Mac Dougall, Interorganizational Conflict: a labor-management bargaining experiment, in: JCR 1967, S. 398 ff.

  59. Gosovic, UNCTAD, a. a. O., S. 296 ff., 332.

  60. Vgl. R. R. Blake, J. S. Mouton und R. L. Sloma, The Union-Management Intergroup Laboratory: Strategy for Resolving Intergroup Conflict, in: W. G. Bennis, et. al. (eds.), The Planning of Change, New York—Chicago ... 19692, S. 176 ff.

  61. Vgl. J. W. Burton, Conflict and Coummunication: The Use of Controlled Communication in International Relations, London 1969. R. J. Fisher, Third Party Consultation: A Method for the Study and Resolution of Conflict, in: JCR 1972, S. 67 ff.

  62. Vgl. z. B. E. B. Haas, Trade, Aid, and Money: Guidelines for American Policy in the United Nations, in: The United Nations: the Next Twentyfive Years. Twentieth Report of the Commission to Study the Organization of Peace, New York 1970, S. 185 ff.

  63. Zum Modell des temporären Systems vgl. M. B. Miles, On Temporary Systems, in: M. B. Miles (ed.), Innovation in Education, New York 19672, S. 437 ff. Im politischen Bereich P. Pawelka, Konfiguration und Prozeß des Bundestagswahlkampfes 1969 im Wahlkreis Reutlingen-Tübingen, in: K. v. Beyme, P. Pawelka, P. Seibt und P. Staisch, Wahlkampf und Parteiorganisation, Tübingen 1973 (im Erscheinen). P. Pawelka, Was leisten Wahlkampf-Organisationen?, in: Der Bürger im Staat 1973, S. 40 ff.

  64. Coplin, International Organizations, a. a. O.

Weitere Inhalte

Peter Pawelka, Dr. phil., geb. 1941 in Elbing, Westpr. Privatdozent und wiss. Assistent am Institut für Politikwissenschaft der Universität Tübingen. Studium der Politikwissenschaft, Soziologie, Geschichte und Germanistik; 1969 Promotion, 1972 Habilitation. Veröffentlichungen: Die UNO und das Deutschlandproblem, Tübingen 1971; (zusammen mit K. v. Beyme, P. Seibt und P. Staisch) Wahlkampf und Parteiorganisation, Tübingen 1973 (im Erscheinen); Vereinte Nationen und strukturelle Gewalt, München 1974; Aufsätze in Zeitschriften, Sammelbänden und Lexika.