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Wirtschaftsdemokratie Theoretische und praktische Ansätze, entwickelt auf der Basis des DGB-Grundsatzprogramms | APuZ 16/1975 | bpb.de

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APuZ 16/1975 Wirtschaftsdemokratie Theoretische und praktische Ansätze, entwickelt auf der Basis des DGB-Grundsatzprogramms Das Scheitern der einheitsgewerkschaftlichen Bewegung nach 1945 in Westeuropa

Wirtschaftsdemokratie Theoretische und praktische Ansätze, entwickelt auf der Basis des DGB-Grundsatzprogramms

Fritz Vilmar

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Zusammenfassung

In dem Aufsatz wird der Versuch unternommen, die wirtschaftspolitischen Grundsätze des DGB in einer systematischen Form als Prinzipien einer Wirtschaftsdemokratie zu interpretieren und ihre wichtigsten Gestaltungselemente zu erläutern: Volkswirtschaftliche Rahmenplanung und Konjunktursteuerung, indirekte und direkte Kontrolle wirtschaftlicher Macht sowie Mitbestimmung der Arbeitnehmer auf allen Ebenen. Dabei wird von gravierenden Strukturfehlern des fälschlich als „soziale Marktwirtschaft" idealisierten Konzernwirtschaftlichen („plankapitalistischen") Systems ausgegangen. Angesichts dieser Strukturfehler erscheinen die wirtschaftsdemokratischen Forderungen des DGB nicht als Ausfluß einer abstrakten Ideologie der „Systemüberwindung", sondern als minimale Funktionserfordernisse zur Herstellung eines stabilen, demokratischen und humanen Wirtschaftssystems. Anschließend werden die zentralen wirtschaftsdemokratischen Gestaltungskonzepte des DGB-Programms erläutert: Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung, Nationalbudget, Investitionslenkung, indirekte Kontrollinstrumente der Unternehmenspolitik, Vergesellschaftung marktbeherrschender Industrien sowie Ebenen und Organe der wirtschaftlichen Mitbestimmung. Dabei wird der gesamtwirtschaftliche Charakter des Gesamtkonzepts deutlich gemacht, das damit markt-und planwirtschaftliche Elemente sinnvoll integriert. Allerdings erschöpft sich die Darstellung nicht in purer Deskription des DGB-Konzepts. Bislang im DGB nicht (aus-) diskutierte, in der wissenschaftlichen und politischen Beschäftigung mit der Wirtschaftsdemokratie aber im Laufe der letzten Jahre herausgearbeitete Ziel-und Gestaltungsprobleme werden zur Sprache gebracht: die Notwendigkeit einer (durch Sozialindikatoren und „social costs" -Berechnungen) stärker zur relativierenden, z. T. qualitativ auszubauenden volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung; die unbewältigte Aufgabe veränderter Wachstumspolitik; die Hypothese unerläßlicher direkter Investitionslenkung; die unabdingbare Begrenzung gewerkschaftlicher Tarifautonomie im Falle gewerkschaftlich mitbestimmter Wohlfahrtsplanung; die Klärung der Frage, in welchen Formen sich die Vergesellschaftung marktbeherrschender Unternehmen (DGB-Pro-gramm: „Überführung in Gemeineigentum") vollziehen sollte; die Notwendigkeit, innerhalb der Gesamtkonzeption der Mitbestimmung in der Wirtschaft die direkte Mitwirkung am Arbeitsplatz („Arbeitsgruppenbesprechungen") miteinzubeziehen sowie die Frage nach der besseren Angemessenheit einer Drittelparität Kapital-Arbeit-Öffentliche Interessen in der Unternehmensmitbestimmung anstelle der dualen Parität von Kapital und Arbeit.

I. Wirtschaftsdemokratie ist mehr als Industrielle Demokratie

Bei dem folgenden Aufsatz handelt es sich um die Darstellung einer alternativen volkswirtschaftlichen Ordnungskonzeption, entwickelt aus den wirtschaftspolitischen Leitsätzen des DGB-Grundsatzprogramms. Die hier wiedergegebene Grundkonzeption einer „Wirtschaftsdemokratie" steht nicht im Gegensatz zu leistungsfähigen Funktionselementen der Marktwirtschaft im Sinne des längst überholten (aber in der politischen Polemik immer wieder beschworenen) Gegensatzes von Markt-und Planwirtschaft. Die Notwendigkeit für ein Umdenken im ökonomischen Bereich wurde einer größeren Öffentlichkeit spätestens mit dem abrupten Ende der Wachstumseuphorie deutlich, aber auch anläßlich des Versagens der . Selbstheilungskräfte'der Wirtschaft in der jüngsten Rezession. Für die Konzeption einer neuen, stärker gemeinwohlverpflichteten Wirtschaftsverfassung — einer Volkswirtschaft im Wortsinn, die für jeden mehr bedeutet als die leidliche Erfüllung seiner Konsumbedürfnisse und die sich auch im globalen Maßstab mehr auf die gegebenen Interdependenzen und Verantwortlichkeiten besinnt —, gibt es sicherlich verschiedene Ansätze. Die vorliegende Abhandlung, auf dem DGB-Konzept basierend, dieses aber zum Teil auch weiterentwickelnd, soll zur Verdeutlichung und sachgemäßen Diskussion einer in der Öffentlichkeit bislang viel zu wenig beachteten ökonomischen Ordnungsvorstellung beitragen *).

In der bundesrepublikanischen und speziell in der gewerkschaftlichen Diskussion ist das Konzept einer Industriellen Demokratie, in Gestalt des Mitbestimmungskonzepts, viel zu isoliert diskutiert worden; vor allem die Gewerkschaften sind dabei weithin sozusagen unterhalb ihres eigenen programmatischen Niveaus ge-blieben, das von jeher die drei existenznotwendigen Prinzipien einer Demokratisierung der Wirtschaft enthielt:

Demokratische Rahmenplanung, Kontrolle wirtschaftlicher Macht, Mitbestimmung auf allen Ebenen.

Da auch und gerade bei uns die Mitbestimmung in den letzten Jahren viel zu einseitig als wirtschaftsdemokratische Zielvorstellung in den Vordergrund gerückt worden ist, wurde sie vielfach überschätzt, es wurden ihr wirtschaftsdemokratische Regelungsleistungen unterstellt, die sie niemals erbringen konnte — und um so hämischer konnten dann Mitbestimmungskritiker von rechts und links darauf verweisen, daß die Mitbestimmung weder das Zechensterben noch den Konzentrationsprozeß in der Montanindustrie noch die Branchenkrisen in anderen Bereichen oder die Rezessionen habe verhindern können. Nun sind solche Wundertaten der Mitbestimmung von ihren Verfechtern freilich niemals zugeschrieben worden — man hat aber die Mitbestimmung jahrelang isoliert, ohne die volkswirtschaftliche Rahmenplanung und die Kontrolle wirtschaftlicher Macht als unabdingbar notwendige, ergänzende wirtschaftsdemokratische Strategien mit in die gesellschaftspolitische Diskussion zu bringen. Es ist hohe Zeit, daß dies nachgeholt wird. Daß Wirtschaftsplanung und Kontrolle der großen Unternehmen allein noch keine Wirtschaftsdemokratie verwirklichen, solange die Mitbestimmung der Produzierenden auf allen Ebenen des wirtschaftlichen Prozesses nicht hinzukommt, das wissen wir aus den Erfahrungen in Osteuropa. Umgekehrt aber kann auch Mitbestimmung, „Industrielle Demokratie“, allein keine demokratische Wirtschaftsverfassung herstellen, solange sie nicht durch volkswirtschaftliche planvolle Stabilitätspolitik und eine wirkungsvolle Kontrolle wirtschaftlicher Großmacht ergänzt und abgesichert wird.

Der vorliegende Text wird in erweiterter Form (zusammen mit Beiträgen mehrerer Autoren über Mitbestimmungs-und Demokratisierungskonzepte in anderen europäischen Staaten) auch publiziert in dem im Mai 1975 erscheinenden Band „Industrielle Demokratie in Westeuropa“ (Reihe rororo aktuell, Nr. 1711).

II. Am Ende der Wachstums-und Vergeudungseuphorie

Einiges spricht dafür, daß diese Erkenntnis der Notwendigkeit gesamtwirtschaftlicher demokratischer Planung, Steuerung und Kontrolle in allernächster Zeit endlich von einer großen Mehrheit (oder zumindest von wichtigen, relevanten Minderheiten) in den westlichen Industriestaaten erkannt wird, — daß diese Zielvorstellungen endlich nicht mehr diffamiert werden können als Ausgeburten willkürlich-ideologischer sozialistischer Planungsund Sozialisierungswut, sondern daß sie einsichtig werden als das, was wissenschaftlich-sozialistische ökonomische Theorie freilich seit einem halben Jahrhundert erkannt hat:

Überlebensbedingungen der industriellen Gesellschaft. Seit die Inflationsraten in unseren Industriegesellschaften sprunghaft von 2 bis 3 0/o auf 7 %, ja über 20 °/o hochgeschnellt sind, seit Massenarbeitslosigkeit sich wieder zu einer bösartig-chronischen Schwäche der kapitalistischen Gesellschaft zu entwickeln scheint und auch in der Bundesrepublik Vollbeschäftigung nicht mehr als Selbstverständlichkeit betrachtet werden kann, seit die teilweise sprunghaft steigenden Rohstoffpreise, insbesondere die Olpreise, die fatalen Abhängigkeiten der Industriesysteme von ehemals verachteten Kolonialländern deutlich machen, die Ölkrise zum erstenmal das Menetekel des ökonomischen Zusammenbruchs an die Wand gemalt hat und Ölscheichs sich „erdreisten", kurzerhand Mitbesitz an „Kronjuwelen" der westdeutschen Industrie sich zu verschaffen (Krupp, Daimler-Benz .. .), und seitdem multinationale Konzerne immer offensichtlicher ihre polypenhafte Macht demonstrieren — seit dem all dies in den letzten zwei Jahren, lawinenartig anwachsend, die Wohlstandseuphorie der westlichen Wirtschaftsbürger unter sich zu begraben beginnt, werden die Schwächen unseres Wirtschaftssystems, zugleich aber auch die Schwäche der bis jetzt akzeptierten politischen Eingriffsmöglichkeiten immer mehr erschreckend deutlich.

Freilich muß man sich fragen, welche Schocks noch notwendig sind, damit die Ideologie von der funktionierenden, Wohlstand garantierenden sozialen Marktwirtschaft aus den Köpfen der Mehrheit verschwindet. Es ist erschreckend zu beobachten, wie langsam die einprogrammierten Verhaltensweisen des verschwenderischen Produzierens und Konsumierens, des gedankenlosen liberalen Wirtschaftswunder-Glaubens überwunden werden. Die Ölkrisen vom Herbst/Winter 1973/74, die ein heilsamer Schock hätte sein, eine Wende der Wirtschaftspolitik hätte bewirken können, hatte den Grad der Verblendung, die Tendenz zur Vogel-Strauß-Politik allgemein deutlich gemacht: Offensichtlich nur für einen kurzen, gleichsam stockenden Atemzug vermochte dieser spektakuläre Höhepunkt einer seit Jahren erkennbaren Krise unserer wirtschaftlichen und ökologischen Entwicklung uns vor Augen zu führen, daß naiver Wachstumsglaube und unsystematische Intervention als Wesensmerkmale unserer ökonomischen Entwicklung politisch nicht mehr zu akzeptieren sind.

Das Wachstumsprinzip des Vergeudungskapitalismus, das eine erholsame, wenn auch erzwungene, Atempause lang außer Kraft gesetzt war, wurde wiederhergestellt, als wäre nichts geschehen. Glaubt man den verantwortlichen Konzernherren, Parteipolitikern und Meinungsmachern, so ist ein alternatives wirt-schafts-und ordnungspolitisches Konzept, das zeigt, wie anders wirtschaftliche Stabilität, Arbeitsplätze und der sogenannte Wohlstand gesichert werden können, nicht vorhanden oder als unrealistische Gedankenspielerei in den Köpfen einiger intellektueller Utopisten abzutun.

Daß dem Wirtschaftswachstum im wirtschaftspolitischen Zielkatalog noch immer fast oberste Priorität eingeräumt wird, hängt wesentlich damit zusammen, daß das ökonomische Wachstum als genereller Konfliktlösungsmechanismus in der kapitalistischen Klassen-gesellschaft angesehen wird: Je höher die Wachstumsrate und damit das verteilbare gesamtwirtschaftliche Produkt, desto leichter können die konkurrierenden Ansprüche der gesellschaftlichen Gruppen befriedigt, die eklatanten Ungerechtigkeiten der Vermögens-verteilung überspielt werden. Im Verteilungskampf kann nur bei expandierender Wirtschaft das Einkommen aller Gruppen absolut steigen, ohne daß dafür die bestehenden Besitz-und Einkommensverhältnisse geändert werden müßten. Das Wirtschaftswachstum ist so „unverzichtbar", weil es jedermann besser stellt und auch noch die „Gemeinschaftsaufgaben" finanziert, ohne jemandem weh tun zu müssen und weil es zugleich die durch Rationalisierung (Automation) „Freigesetzten" nicht arbeitslos werden ließ, sondern ihnen neue Arbeitsplätze verschaffte. Privater Reichtum bei öffentlicher Armut, eine total undemokratische Einkommens-und Vermögensverteilung, zunehmende Konzernmacht in der Wirtschaft und Gesellschaft und vor allem die Umweltzerstörung (Raubbau an der Natur, die Zerstörung eines humanen, sozialen Umfeldes) sind die unausweichlichen Folgen dieses „Wachstums", genauer gesagt: einer zur Über-produktion tendierenden und auf massenhafter Verschwendung basierenden kapitalistischen Wirtschaftsweise.

Inwiefern von Überproduktion und einer organisierten massenhaften Vergeudung von Rohstoffen, Gütern und menschlicher Arbeitskraft gesprochen werden kann, möge die folgende Bestandsaufnahme verdeutlichen:

Fälschlich wird von „Überflußgesellschaft" geredet. Denn selbst in den reichen Industrie-gesellschaften gibt es eine große Mehrheit von Menschen, die gern ein Auto, eine moderne Kücheneinrichtung, eine bessere Wohnung besitzen möchten, aber nicht die Kaufkraft besitzen, um sich diese angeblich im Überfluß vorhandenen Apparate und Einrichtungen des gehobenen Konsums zu leisten. Da allzu vielen (die sehr wohl einen Bedarf haben) die Kaufkraft mangelt, entwickelte die Industrie äußerst fragwürdige Strategien, um die besser Verdienenden, die Zahlungskräftigen dazu zu veranlassen, immer Neues zu kaufen — selbst dann, wenn das Alte noch gar nicht verbraucht ist. Und da die meisten diese ständige Tendenz zur Überproduktion wie ein unabwendbares Schicksal der industriellen Gesellschaft und nicht etwa als Strukturfehler des privatwirtschaftlichen Systems ansehen — da sie wissen, daß Absatzstockung vielleicht auch für sie selbst Arbeitslosigkeit bedeuten kann —, wird der Konsumzwang mehr und mehr in eine Art Tugend, fast sogar in eine gesellschaftliche Pflicht umgedeutet.

Die Gesamtstrategie, die von Industrie und Werbeagenturen im Laufe der letzten Jahrzehnte mit einer beispiellosen Perfektion zur verschwenderischen Steigerung des Verbrauchs entwickelt worden ist, sei hier an fünf Methoden kenntlich gemacht: 1. Die Werbung für den Mehrfachbesitz. Wo immer möglich, werden Waren zum Wegwerfen konstruiert. 3. Mit Hilfe einer neuen makabren Ingenieurskunst wird in die technischen Geräte schon der Verschleiß eingeplant. 4. Neben der geplanten technischen ist der modische Verschleiß zu nennen: „Eine blühende Bekleidungsindustrie ist auf der Grundlage einfachen Nutzwertes einfach nicht möglich. Wir müssen den Verschleiß beschleunigen ... Unsere Aufgabe besteht darin, den Frauen die Freude an dem, was sie haben, zu nehmen. Wir müssen sie so unzufrieden machen, daß ihre Männer, wenn die übermäßig sparsam sind, weder Ruhe noch Frieden finden." 1a) 5. Schließlich soll noch jene zumindest in den Vereinigten Staaten zu einer volkswirtschaftlichen Gefahr gewordene Methode des Ratenkaufs erwähnt werden. Der Kaufpreis wird in endlose Raten zerstückelt, auch dem „kleinen Mann" wird vieles, was er sich im Grunde nicht leisten kann, als erschwinglich dargestellt. Die finanzielle Abhängigkeit, in die sich Millionen durch die Ratenverschuldung begeben, kümmert die Wirtschaft wenig. Im Gegenteil: denn sie trägt in fataler Weise zur Bindung an den Betrieb bei.

Nur hingewiesen werden kann hier auf die „staatsinterventionistischen" Formen der organisierten Vergeudung. Es sind vor allem die staatlichen, weit über verteidigungspolitische Notwendigkeiten hinausgehenden Rüstungsausgaben als Mittel zusätzlicher Kaufkraft-schöpfung und staatlicher Absatzförderung. Die gegenseitige Bedrohung von Kommunismus und Kapitalismus hat natürlich eine wesentliche Rolle im Rüstungswettlauf der letzten Jahrzehnte gespielt. Man kann aber nachweisen — und ich habe das in meiner Untersuchung über „Rüstung und Abrüstung im Spätkapitalismus" getan —, daß insbesondere die amerikanische Rüstungspolitik nicht nur außenpolitisch, sondern vor allem kapitalistisch-innenpolitisch begründet ist 2).

III. Die Hauptursache der Instabilität des kapitalistischen Wirtschaftssystems

Angesichts der Tatsache, daß unser gegenwärtiges Wirtschaftsund Gesellschaftssystem sinnlose Produktionen und Tätigkeiten in einem hohen Ausmaß hervorbringt, muß die Frage gestellt werden: Welches sind letztendlich die ökonomischen Ursachen, die in unserer Gesellschaft die Menschen in der Arbeitswelt in die Rolle des irrational mehr und mehr Produzierenden drängen, und in der „Freizeit" in die Rolle des vorprogrammierten Konsumapparates? Muß an unserem System nicht etwas grundlegend disfunktional, den Interessen und Bedürfnissen der Betroffenen zuwiderlaufend sein?

Die ständige privatwirtschaftliche Tendenz zur Überproduktion ist nur erklärbar mit dem grundlegenden Systemfehler, auf dem letztlich alle einzelnen Erscheinungen der makroökonomischen Ungleichgewichte (Stagnation, Krisen) beruhen. Der fundamentale Mangel unseres ökonomischen Systems ist dessen Abhängigkeit von den Kapitalverwertungsinteressen Weniger, d. h. von deren kaum eingeschränkter Entscheidungsfreiheit im Sinne der Profitmaximierung. Die Fehlentwicklung entspringt dabei, rein ökonomisch betrachtet, nicht aus dem Profitinteresse als solchem — was immer man gesellschaftspolitisch und moralisch dagegen einwenden mag. Sie entspringt der notwendigerweise irrationalen einseitigen Profitorientierung, d. h.dem Unvermögen der Kapitaleigner und ihrer Manager, ihre unternehmenspolitischen Entscheidungen: also ihre Investitions-, Lohn-und Gewinnpolitik den Zielsetzungen und Stabilitätsnormen einer volkswirtschaftlichen Planung freiwillig unterzuordnen. Das isolierte Interesse an der Vermehrung ihres Kapitals und die daraus sich ergebende grundsätzliche Ablehnung einer nicht diesen Interessen untergeordneten, also volkswirtschaftlichen Planung, wird ergänzt durch das beständige Interesse der Produzenten, sich von den Anforderungen der Nachfrage und den konkreten Wünschen der Verbraucher durch Ausschaltung der Konkurrenz sowie durch Marktmanipulation („marketing") zu entlasten. Damit aber entfremdet sich die Produktion von ihrem gesellschaftlichen Zweck, der Versorgung der einzelnen Bürger.

Die Beschränktheit jeder marktwirtschaftlichen Planung auf das bloße betriebswirtschaftliche Interesse der Industriellen und ihre primäre Orientierung am kurzfristigen, bestenfalls mittelfristigen Profit hat gesamtwirtschaftlich zur Folge, daß tendenziell die Produktionsmittel und Produktionskapazitäten weit schneller entwickelt werden als die kaufkräftige Nachfrage. Die Entwicklung der Produktionsmittel ist eine unabdingbare Voraussetzung für Wahrung und Ausbau der Marktposition und damit für die weiteren Profit-chancen. Die Nachfrage dagegen erscheint im profitwirtschaftlichen System gleichsam nur als notwendiges Übel, sie erscheint für den einzelnen Kapitaleigner/Manager zunächst nur als Lohn-und Gehaltskosten, die bekanntlich so niedrig wie möglich zu halten sind. Die Vernachlässigung der Nachfrageentwicklung schlägt aber letztlich gegen die Unternehmer zurück: unzureichende gewinnbringende Absatzmöglichkeiten verhindern periodisch Investitionschancen, bahnen Wirtschaftsstockungen an. Gewinner dieser periodischen Stagnationen und Krisen sind die großen (multinationalen) Konzerne, deren Kapitalreserven und Rücklagen groß genug sind, um jede Krise zu überstehen und dabei noch um so billiger kleinere Unternehmen aufzukaufen, die in geschäftliche Schwierigkeiten geraten.

Der beschriebene privatwirtschaftliche Mechanismus — notwendige einseitige Profit-orientierung mangels gesamtwirtschaftlicher Planung und Tendenz zur Überproduktion (bzw. Unterentwicklung der kaufkräftigen Nachfrage!) erzeugt konjunkturelle Auf-und Abschwünge, sogenannte Zyklen. Dabei führt jeder konjunkturelle Aufschwung zunächst zu einer stark wachsenden Neigung, neue Produktionsanlagen zu errichten, also neu zu investieren, um der anschwelienden Nachfrage gerecht zu werden. Ist aber der Höhepunkt der Konjunktur erreicht — die Konsumgüter-nachfrage kann noch auf vollen Touren laufen —, kommt es in der Investitionsgüterindustrie schon zu Absatzstockungen. Es entstehen unausgelastete Kapazitäten. Der Trend zum wirtschaftlichen Ungleichgewicht im Sinne tendenzieller „Überproduktion" (Unterkonsumtion), sinkender Investitionsneigung, Anhäufung unverwertbaren Kapitals setzt sich fort. Als zentrales Problem, so können wir zusammenfassend sagen, stellt sich also in einem kapitalistischen Wirtschaftssystem das der Unverwertbarkeit angehäuften Kapitals. Nach Marx führen die daraus folgenden Krisen, Wirtschaftsstockungen, Massenarbeitslosigkeiten, Bankrotte zu immer schwereren, sich verschärfenden Krisen bis zur Selbstzerstörung des Kapitalismus (vgl. „Das Kapital", Bd. I, 24. Kap., 7. Abs.).

IV. Vom Imperialismus und Staatsinterventionismus zum „Plankapitalismus"

Entgegen der Marxschen Prognose hat das kapitalistische System durch konzernpolitische Konzentration und Planung sowie durch staatliche (nach außen imperialistische und nach innen interventionistische) Eingriffe zahlreiche — oft äußerst inhumane — „antizykli-sehe" Methoden der Sicherung und Förderung zusätzlicher profitabler Kapitalverwertung entwickelt, so daß die Verschärfung der Krisen nicht mehr als unumstößliches Gesetz der Volkswirtschaft in Rechnung gestellt werden (übrigens war und kann, ist auch das Wachstum des antikapitalistischen, planwirtschaftlichen Systems der Ostblockstaaten für den Weltkapitalismus und insbesondere für die Bundesrepublik in der Systemkonkurrenz mit der DDR eine ständige Herausforderung zur Verhinderung einer schweren Krisenentwicklung). Der im Laufe des 20. Jahrhunderts entwickelte Staatsinterventionismus ist inzwischen zu einem System des sogenannten „Plankapitalismus“ weiterentwickelt worden. Ihm ist es insbesondere seit 1945 mit den folgenden Methoden gelungen, eine große kapitalistische Krise hintanzuhalten: 1. Entwicklungsund Bestimmungselemente des Plankapitalismus Kolonialpolitik — „Entwicklungspolitik“

Kapitalexport, z. T. kaschiert durch Entwicklungskredite; Waren-und Waffenexport;

Einfuhr billiger und Rohstoffe Halbfabrikate in Verbindung mit Schutzzollpolitik; Auswanderung überflüssiger Arbeitskräfte — später: Auffüllung des Arbeitskräftepotentials aus unterentwickelten Staaten.

Konzern-und Kartellplanung A) Organisationsiormen Oligopolisierung, Tendenzen zu multinationalen Konzernen; Mischkonzernbildung; Kartellbildungen verschiedener Art, z. B.: Preis-kartell, Konditionenkartell, Qualitätskartell, Regional-, Gebietskartell.

B) Planungsformen Marketing-, Vergeudungs-, Verschleißplanung; Preisplanung;

Personal-, Rationalisierungsplanung; kurz-und mittelfristige, verschwenderische Investitionsund Produktplanung (kosmetische Produktdifferenzierung).

Staatlicher Vergeudungskonsum Nationale Rüstung des Staates;

Aufkauf landwirtschaftlicher Produkte; unproduktive Beschäftigung (Aufblähung der Bürokratie u. ä.)

Staatliche Globalsteuerung Deficit spending (künstliche Nachfrageschaffung mit Hilfe von Staatsverschuldung);

Volkswirtschaft!. Gesamtrechnung und Nationalbudgetierung (Haushaltsplan), allgem. Zunahme der Staatsausgaben und -investitionen; antizyklische Geld-, Kredit-und Steuerpolitik; mittelfristige Finanzplanung (Konjunkturausgleichsrücklage) ;

Politik mit Unternehmen der öffentlichen Hand.

Politik der Masseneinkommenssteigerung Sicherung der Tarifautonomie; staatliche Rentenpolitik;

Sozialpolitik (z. B. Umschulungsbeihilfen, Gesundheitsvorsorge, Arbeitszeitverkürzung ...). Insbesondere nach 1945 haben sich, weit über bloßen „Keynesianismus" hinaus, insbesondere in Westeuropa zunehmend Systeme der systematischen „ökonometrischen" Erfassung der ökonomischen Entwicklung und, darauf aufbauend, bedeutende Ansätze zur planvollen Reglementierung und Stabilisierung innerhalb des Spätkapitalismus selbst herausgebildet, und es sind die Instrumente und Strategien bloßen Plan-kapitalismus die an Stelle eines eine demokratische Wohlfahrtsplanung und Industrieverfassung herstellen können. In Skandinavien, England, Frankreich und Holland sind nach 1945 Systeme der „indidaktiven" (das heißt orientierenden), nicht „imperativen" (befehlenden) Wirtschaftsplanung entwickelt worden; der niederländische Planungstheoretiker Jan Tinbergen wurde wegen seiner Pionierleistungen auf dem Gebiete der Ökonometrie mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Auch in Italien wurden nationale Entwicklungsplanungen in Gang gesetzt. Seit Anfang der 60er Jahre hat auch die EWG-Kommission begonnen, mittelfristige Prognosen und Planungsentwürfe zu entwickeln. Sie stieß dabei zunächst auf die Planungsfeindlichkeit der Erhardschen Wirtschaftspolitik, so daß einer der Brüsseler Planungsexperten, Pierre Uri klagte: „Mit der Integration in einen gemeinsamen Markt stellt sich unausweichlich das Problem einer europäischen Planung . . . Dazu ist es aber notwendig, daß dieses einverständliche Planen nicht bei bestimmten Teilnehmern auf grundsätzliche Ablehnung stößt . . . Frankreich hat . . . ein Gene-ralkommissiariat errichtet, das für jeweils vier oder fünf Jahre Pläne . . . aufstellt. In Belgien ist vor kurzem ein Programmierungsamt eingerichtet worden. Italien hat die Errichtung eines staatlichen Planrates beschlossen. Die Niederlande kennen schon seit langem langfristige Entwicklungsmodelle. Der deutsche Bundeswirtschaftsminister (Erhard) dagegen hat einen solchen Abscheu vor allem, was überhaupt entfernt nach Planung aussieht, daß er schwere Bedenken sogar gegen die Vorausschätzungsmethoden hegt, die lediglich den Blick in die Zukunft aufhellen wollen."

Die planungsfeindliche „Soziale Marktwirtschaft" der Bundesrepublik mußte erst in die wirtschaftliche Rezession 1966/68 hineinschlittern, um eine plankapitalistische Reform zu ermöglichen. Nach dem politisch folgerichtigen Sturz Erhards wurden durch das Schillersche „Stabilitätsgesetz" im Sommer 1967 erstmalig dem Staat wirtschaftliche Planungsvollmachten erteilt. In diesem Gesetz wird nämlich die Bundesregierung verpflichtet, zur Aufrechterhaltung von Vollbeschäftigung und Wirtschaftswachstum einen „Jahreswirtschaftsbericht" vorzulegen, der „eine Darlegung der ..., angestrebten wirtschaftsund finanzpolitischen Ziele", eine sogenannte „Jahresprojektion“, enthält. Diese Jahresprojektion liefert zwar der sogenannten freien Wirtschaft nur Orientierungsdaten, sie verpflichtet aber zumindest die staatliche Wirtschaftspolitik. Diese orientiert und bindet sich sogar mittelfristig. Es heißt in dem Gesetz: „Der Haushaltswirtschaft des Bundes ist eine fünfjährige Finanzplanung zugrunde zu legen. In ihr sind Umfang und Zusammensetzung der voraussichtlichen Ausgaben und die Deckungsmöglichkeiten ... darzustellen." 2. Plankapitalismus — nur im Interesse der Konzerne?

Dieses System aus „indikativen", orientierenden (nicht „imperativen", befehlenden) Methoden des planenden Einwirkens des Staates und eigenen Planungs-und Vergeudungsstrategien der Konzerne kann Wirtschaftskrisen jedoch nur vorübergehend und partiell, mit inflationärer Ausgabenpolitik und mit teilweise inhumanen Methoden, verhindern. Vor allem aber: solange diese wenigen volkswirtschaftlichen Planungsinstrumente von Regierungen realisiert werden, die die wirtschaftlichen Repressalien der Kapitalvertreter fürchten müssen, solange ist nicht mit Gewißheit auszumachen, ob und wie lange dieser „Planungskapitalismus" den Ausbruch neuer großer Krisen tatsächlich verhindern kann. Bei dem gegenwärtig denkbaren Zusammentreffen von ökonomischen Schwierigkeiten in den Industriestaaten mit zunehmender Verknappung und Verteuerung der Ressourcen sowie politisch-militärischen Gegenmachtbildungen in der Dritten Welt ist zu bezweifeln, ob ein zunehmender Prozeß von „Stagflation" und Arbeitslosigkeit bis hin zum ökonomisch-politischen Kollaps langfristig aufzuhalten ist.

Gleichwohl ist es für die Entwicklung einer Wirtschaftsdemokratie von größter Bedeutung, daß in fortgeschrittenen Politiken des Plankapitalismus schrittweise bereits Instrumente der Erfassung, Prognose und Beeinflussung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ausgebildet werden. Unfähig, innerkapitalistische (Macht-) Veränderungsprozesse und Reformperspektiven adäquat zu begreifen, versucht eine undialektische dogmatisch-marxistische Kapitalismusanalyse, in den neuerdings sich entwickelnden Planungsmethoden „nichts als" Stabilisatoren der Kapitalverwertung zu sehen. Darauf läuft u. a. auch Huffschmids die Liquidation des Wirtschaftsliberalismus ansonsten ausgezeichnet darstellende, detaillierte Analyse des westdeutschen Konzern-und Plankapitalismus hinaus: „Die Globalsteuerung, so läßt sich zusammenfassend sagen, ist ein theoretisches Konzept, das nur ... zugunsten der Monopole, Oligopole und organisierten Gruppen realisiert werden kann." Zuvor aber hatte Huffschmid (S. 117 f.) festgestellt, daß die Investitionslenkung, Herzstück der Globalsteuerung, durchaus je nach gesellschaftspolitischen Machtverhältnissen variierbar ist: „Es ist nicht zu bestreiten, daß die Investitionen Motor und tragendes Element der wirtschaftlichen Entwicklung sind. Aber das Problem besteht darin, festzusetzen, welche Investitionen vorgenommen werden sollen, und wer sie vornehmen soll. Dies ist eine Frage der . . . Wirtschafts-und Gesellschaftsordnung." Mit anderen Worten: bei veränderten politischen Machtverhältnissen brauchten Globalsteuerung und die anderen konjunktur-politischen Instrumente durchaus nicht allein den Profitinteressen zu dienen.

Die Schaffung und Erprobung volkswirtschaftlicher Planungsinstrumente dienen bereits heute keineswegs allein und einseitig nur dem organisierten Kapital. Vielmehr wird damit in doppelter Hinsicht eine wichtige Vorausset-zung für reale Wirtschaftsdemokratie geschaffen: einmal, weil nur das Vorhandensein hoch-entwickelter computerisierter Planungsmechanismen im Falle eines sozialistischen politischen Machtwechsels den Linken ermöglicht, das Programm einer volkswirtschaftlichen Steuerung der Wirtschaft im Interesse des Gemeinwohls zu verwirklichen. Zum anderen aber, weil durch eine stabilere Wirtschaft und Beschäftigung die Existenzsicherung und Selbstsicherheit der Massen, deren Bildung, gesellschaftliche Ansprüche, Reformforderungen, Tendenz zur Wahl progressiver Parteien steigen, und zwar besonders deshalb, weil zugleich immer empörender die Inhumanität kapitalistischer Produktionsverhältnisse hervortritt. Das bestehende System erweist sich nicht nur zu einer Korrektur der (wenig augenscheinlichen) skandalösen Vermögensverteilung unfähig; es erweist sich — sehr augenscheinlich — auch unfähig, die infrastruktureilen Aufgaben zu meistern: Wohnungsund Städtebau, Verkehrsordnung, Bildung und die Wiederherstellung einer lebenswerten Umwelt. Ferner erweist sich ganz konkret im Betrieb und in der Politik der multinationalen Konzerne mehr und mehr die Unerträglichkeit privatwirtschaftlich-autoritärer Willkürakte (zuletzt deutlich sichtbar in der betrieblichen . Personalpolitik'vieler Unternehmen anläßlich der jüngsten Rezession).

Mit anderen Worten: Wenn wir das geschichtlich überholte marxistische Transformationskonzept: Zunahme der Krisen, Zu-nähme der Verelendung und Empörung, Zunahme der Massenorganisationen, Machtergreifung der Massen für irreal halten, so wollen wir damit keineswegs einem naiven Reformkonzept des konfliktlosen, evolutionären „Hinüberwachsens" des Spätkapitalismus in den Sozialismus das Wort reden. Angesichts der erfolgreichen Abmilderung bzw. Verschiebung der Krise, angesichts des blendenden Scheins von Nichtverelendung und Integration, in dem die Abhängigen leben, kann jedoch eine erfolgversprechende sozialistische Strategie nur darin bestehen, Herrschaftspositionen des Kapitals durch eine konsequent-evolutionäre, konfliktorientierte Gegenmacht-, Planungsund Mitbestimmungspolitik abzu-bauen. Eine solche Strategie ist nur dann zu verwirklichen, wenn sie durch radikale (auch außerökonomische) Kapitalismuskritik, Forderungen nach gemeinwirtschaftlicher Umgestaltung der Ökonomie, Entwicklung und Durchsetzung neuer Wohlfahrtsmaßstäbe sowie durch die Aktivierung der Massenbasis begleitet und vorbereitet wird.

Gerade angesichts der neuen realen Gefahr einer schweren weltweiten Krise des Kapitalismus muß es das Ziel sein, die im Plan-kapitalismus ausgebildeten Lenkungsinstrumente nicht länger mehr nur als Stabilisatoren von Profitraten der Besitzenden geringzuschätzen, sondern sie in mühevoller Funktionsveränderung schrittweise im Sinne einer demokratischen Wirtschaftsplanung umzubilden.

V. Vom „Plankapitalismus zur „demokratischen Wirtschaftsplanung

Im Rahmen einer wirtschaftsdemokratischen Neuordnung werden die im Plankapitalismus ausgebildeten Lenkungsinstrumente genutzt, aber sie werden qualitativ anders eingesetzt: nämlich im Sinne einer demokratischen Wohlfahrtsplanung. Deren Ziel ist: auf Kosten irrationaler, maximaler Profitsteigerung wie Umwelt zerstörender Massenproduktion die öffentliche, infrastruktureile Entwicklung voranzutreiben; die Realeinkommen der Massen auf einem hohen Niveau •— ohne funktional überflüssige Differenzierungen — zu stabilisieren; das ökonomische Wachstum bei entsprechender Verminderung der allgemeinen Arbeitszeit insgesamt so zu verlangsamen bzw. zu vermindern (oder seine Komponenten so zu verändern), daß eine menschenwürdige Umwelt wiederhergestellt werden kann. 1. Oberster Grundsatz:

Qualitatives statt quantitatives Wachstum Die instrumentalen und strukturalen Prinzipien der Wirtschaftsdemokratie — hier: einer Wohlfahrtsplanung — bleiben im Banne eines inhumanen und damit auch undemokratischen wirtschaftlichen Grundsatzes: der maximalen Steigerung quantitativ-materiellen Reichtums — falls eine Theorie der Wirtschaftsdemokratie nicht mit aller Radikalität die Erfahrung einer zunehmenden globalen Umweltzerstörung durch eben dies blind-wuchernde Wachstum der Menschheit und ihrer Wirtschaft ernst nimmt und vorstößt zu dem obersten Prinzip jeder menschenwürdigen zukünftigen Gesellschafts-und Wirtschaftsordnung: der Reduzierung der Bevölkerungs-und der wirtschaftlichen Wachstumsraten.

Sozialistische Theorie hat seit je mit Recht darauf bestanden, daß bei Überwindung der kapitalistischen Aneignung des industriellen Reichtums dieser allen ein gutes, angstfreies, gebildetes und daher selbstbestimmtes Leben ermöglicht. Diese grundlegende Annahme für die Möglichkeit einer klassenlosen Gesellschaft gilt noch immer — allerdings nur, wenn zusätzliche Bedingungssätze aufgestellt werden: Die Menschheit als „Masse" hat bei weitem ihr quantitatives Optimum überschritten. Die Quantität der Menschen hat begonnen, die Qualität des Menschen zu zerstören und ein Unfriedensfaktor ersten Ranges zu werden.

Sozialistische Gesellschaftspolitik muß die organische Verminderung der Wachstumsraten der Bevölkerung zu einem Ziel höchster Priorität erheben und ein konkretes gesellschaftliches Programm zur Verwirklichung dieses Zieles entwickeln.

Eine volkswirtschaftliche Wohlfahrtsplanung, von der im folgenden zu reden ist, wird also in Zukunft nicht mehr als „Wachstumsplanung" sich auszuzeichnen haben, sondern als Planung einer vollbeschäftigten Wirtschaft ohne Expansion, bei ständig sich vermindernder Arbeitszeit, Angleichung der unterdurchschnittlichen Einkommen, Verlagerung der Wachstumsprozesse vom industriellen zum infrastrukturellen und öffentlichen Dienstleistungssektor und entschiedener Verlagerung der Kapitalakkumulation im Interesse dieser Zielsetzungen.

Eine solche Umschaltung der ökonomischen Dynamik von Quantität auf Qualität wird bei Berücksichtigung des weltweiten, internationalen Konkurrenzkampfes natürlich nicht mehr innerhalb nationalstaatlicher Grenzen konsequent und erfolgreich zu realisieren sein. Dazu bedarf es großer Wirtschaftsunionen wie der Westeuropas. 2. Instrumente der Wirtschaftsdemokratie und ihre Ziele In den Programmen der westeuropäischen Linken sind zu einem beträchtlichen Teil jene instrumentalen und strukturalen Prinzipien skizziert, die die Ziele einer Wirtschaftsdemokratie anstreben

1. Aufstellung nationaler und eines europäischen Nationalbudgets, das heißt von wohlfahrtswirtschaftlichen Zielprojektionen, die als Gegenentwurf zu denen bloßer Profitstabilisierung im Plankapitalismus die oben genannten Ziele in einer vollbeschäftigten europäischen Wirtschaft anstreben, zugleich Entwicklung und Einsatz eines konjunkturpolitischen Instrumentariums, das — ohne bürokratische Kommandowirtschaft herzustellen — ausreicht, um die Sektoren der Wirtschaft zu einem planungsgemäßen Verhalten zu veranlassen; 2. Kontrolle wirtschaftlicher Macht, insbesondere Sozialisierung der Großkonzerne, die, solange sie in privater Hand sind, jede volkswirtschaftliche Planung durch ihre eigene Finanzkraft verhindern können; 3. Organisation und Mitbestimmung der Arbeitnehmer und ihrer Vertreter auf allen Ebenen des wirtschaftlichen Prozesses, um die Interessen der Abhängigen gegenüber denen des Kapitals bei der Durchsetzung der wirtschafts-demokratischen Ziele überall zur Geltung bringen zu können, und Organisation einer gewerkschaftlichen Gegenmacht, die in der Lage ist, die antidemokratische Politik der Konzerne — insbesondere der großen multinationalen Gesellschaften — zu durchkreuzen und demokratische Betriebs-und Industrie-politik durchzusetzen.

Dieses Modell wirtschaftsdemokratischer Instrumente — Verwirklichung einer Gesamt-steuerung der Wirtschaft im Interesse des Gemeinwohls — muß die Veränderung der Staatsfunktionen zur logischen Folge haben. Deshalb muß man sich darüber im klaren sein, daß damit eine hohe Anforderung an die Konfliktbereitschaft von Politikern, Gewerkschaftern und an die Mehrheit der Bevölkerung gestellt wird. Insofern ist die gesamte Frage nach der Überwindung des Vergeudungskapitalismus eine Frage nach dem Gelingen oder Mißlingen eines wirtschaftskritischen Politisierungs-und Bewußtseinsbildungsprozesses in unserer Bevölkerung.

Die wirtschaftspolitischen Grundsätze des DGB können für sich in Anspruch nehmen, innerhalb der Bundesrepublik am präzisesten diese drei Grundprinzipien einer Demokratisierung der Wirtschaft artikuliert zu haben. Es ist daher — auch im Sinne einer klaren gesellschaftspolitischen Verankerung der hier referierten Ansätze — sinnvoll, anhand des Grundsatzprogrammes des DGB das Modell der Wirtschaftsdemokratie detailliert vorzustellen. Die gewerkschaftliche Konzeption kann durchaus eine gewisse Allgemeingültigkeit für sich beanspruchen. Denn sie ist im Grunde nichts anderes als eine Zusammenfassung der wirtschaftspolitischen Mittel, die in der Wirtschaftstheorie und Wirtschaftspolitik der fortschrittlichen westlichen Länder seit Jahren zum Zwecke planmäßiger Wirtschaftsgestaltung ausgebildet worden sind.

Die Ziele, die durch die von den Gewerkschaften konzipierte Neuordnung der Volkswirtschaft erreicht werden sollen, sind festgehalten in der Präambel und in den Wirtschaftspolitischen Grundsätzen des DGB-Programms: — eine Wirtschaftsordnung, die ein krisen-freies Wirtschaftswachstum und die Sicherung der Vollbeschäftigung garantiert;

— eine Verfassung der Wirtschaft, die allen Bürgern ermöglicht, an der wirtschaftlichen Willensbildung gleichberechtigt teilnehmen zu können, und die den Mißbrauch wirtschaftlicher Macht verhindert;

— eine gerechtere Verteilung des Sozialprodukts, insbesondere — ein höherer Anteil der Arbeitnehmer am Volkseinkommen.

Diese Zielsetzungen werden in einer durchaus realistischen Weise mit dem letztlich undemokratischen Charakter und der Instabilität der bestehenden Wirtschaftsordnung begründet Was gefordert wird, um die definierten Ziele einer Demokratisierung und stabilen Entfaltung der Wirtschaft zu erreichen, läßt sich unter die drei genannten Grundprinzipien subsumieren:

volkswirtschaftliche Rahmenplanung (Nationalbudget) ; indirekte und direkte Kontrolle wirtschaftlicher Macht; betriebliche, unternehmerische und gesamtwirtschaftliche Mitbestimmung der Arbeitnehmer.

Durch Einsatz dieser wirtschaftspolitischen Mittel soll die Demokratisierung der Wirtschaft im DGB-Grundsatzprogramm mit Hilfe eines sogenannten gemischtwirtschaftlichen Systems — einer „mixed economy" — verwirklicht werden. Es geht also nicht darum, im Sinne eines weltanschaulichen Entweder-Oder eine „marktwirtschaftliche“ durch eine „planwirtschaftliche“ Ordnung zu ersetzen, sondern es wird eine Mischung privat-und gemein-bzw. planwirtschaitlicher Elemente angestrebt. Die bestehende (jedoch kaum noch als solche funktionierende) Marktwirtschaft soll durch Planung, Kontrolle wirtschaftlicher Macht und Mitbestimmung teils ergänzt, teils aber auch wieder funktionsfähig gemacht werden. Ausgehend von dieser Grundidee wird der Gedanke einer wirtschaftlichen Totalplanung, bei der die Selbständigkeit des privaten oder öffentlichen Unternehmers durch zentrale Befehle ersetzt wird, verworfen. Statt dessen wurde die in einigen Ländern bereits ansatzweise praktizierte Theorie einer Rahmenplanung entwickelt.

VI. Volkswirtschaftliche Rahmenplanung und Investitionslenkung

1. Rahmenplanung: Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung und Nationalbudget Im DGB-Programm werden Aufstellung und Verwirklichung der volkswirtschaftlichen Planung in Punkt 1 — 3 der „Mittel der Wirtschaftspolitik" konzipiert. Danach wird der Rahmenplan erarbeitet mit Hilfe einer 'Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (Feststellung des tatsächlichen, auch künftigen Wirtschaftsverlaufs), die die Basis liefert für ein Nationalbudget (Setzung des wünschenswerten künftigen Wirtschaftsverlaufs). Beide Instrumente sind etwas näher zu erläutern.

Die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR) soll, nach der knappen Definition des Programms, den Wirtschaftsprozeß überschaubar machen, „so daß die Geld-und Güter-ströme innerhalb der Wirtschaft und zwischen dem In-und Ausland sichtbar werden und die voraussichtlichen Auswirkungen bestimmter Einkommens-und Ausgabenänderungen beurteilt werden können". Jan Tinbergen, einer der führenden westlichen Planungstheoretiker, beschreibt, worum es bei einer solchen gesamtwirtschaftlichen Bilanz geht. Sie ist „eine Tabelle oder ein Tabellensystem, worin die Einkommensbildung und -Verausgabung für eine ganze Volkswirtschaft zusammengefaßt wird. In ihrer einfachsten Form kann sie aus einer Tabelle bestehen, die einerseits angibt, wie sich der Wert des Bruttosozialproduktes aus Einfuhr, Arbeitseinkommen und übrigem Einkommen einschließlich der indirekten Steuern zusammensetzt, und andererseits, wie er sich über Verbrauch, Investitionen und Ausfuhr verteilt, wobei Verbrauch und Investitionen noch in . privat'und . öffentlich'unterteilt sein können. Es gibt auch viel ausgedehntere Formen der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung." Man kann aus ihr also, mehr oder weniger genau, ablesen, wie die gesamte Wirtschaft sich in einer vergangenen Periode entwickelt hat, und auf Grund dieser Daten und Relationen abschätzen, wie sie sich in einer künftigen Periode entwickeln wird. Damit werden . — das ist das Entscheidende — Fehlentwicklungen wie gesellschaftlich wünschenswerte Entwicklungsänderungen vorausbestimmbar. „Die volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen ermöglichen es den Politikern und ihren Beratern, herauszufinden, um wieviel die Gesamtnachfrage nach Gütern und Diensten zu hoch oder zu niedrig ist." Nämlich: gemessen an den oben genannten wirtschaftspolitischen Zielsetzungen, die sicherlich nicht nur gewerkschaftlichen, sondern allgemein sozialstaatlichen Vorstellungen entsprechen. Das heißt, die Gesamtnachfrage und damit die Gesamtproduktion müssen sich so entfalten, daß Wirtschaftswachstum, stabiler Geldwert, vor allem aber Vollbeschäftigung erzielt werden.

Reduzierung bzw. Veränderung des wirtschaftlichen Wachstums, also die Ablösung des industriellen Axioms der maximalen Steigerung quantitativ-materiellen Reichtums, hatten wir als oberstes Prinzip jeder menschenwürdigen Wirtschaftsordnung eines entwickelten Industriesystems postuliert. Dies erfordert, daß wir die Aufstellung einer volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung etwas genauer, kritischer betrachten.

Die VGR erfolgt in den westlichen Industrienationen nach einheitlichen Grundsätzen (Standardsystem der OECD). Unter Anwendung der Regeln der doppelten Buchhaltung erfaßt sie die ökonomischen Transaktionen in einer Volkswirtschaft nicht an der Zunahme/bzw. Abnahme der naturalen Gütermengen, sondern an der Zunahme ihrer Wertsumme. Das so entstehende quantitative Gesamtbild des wirtschaftlichen Geschehens umfaßt dann die Summe aller Produktionswerte, das „Sozialprodukt", auf der einen Seite und auf der anderen Seite die identische Summe der bei ihrer Erzeugung entstandenen Einkommen. Da mit Ausnahme des öffentlichen Bereichs nur über den Markt vermittelte Waren und Dienste erfaßt werden, kann das ausgewiesene Sozialprodukt in der VGR nur einen Teil der jährlich in einer Volkswirtschaft erstellten Güter oder Gebrauchswerte umfassen.

Eine nur quantitative volkswirtschaftliche Gesamtrechnung ist irreführend Wird nun eine Gleichsetzung von höherem Sozialprodukt und höherem Wohlstandsniveau vorgenommen, wie wir es allenthalben erleben, dann erheben sich gegen eine unveränderte Übernahme des gegenwärtigen Berechnungssystems der VGR für eine demokratische, humane Wirtschaftsplanung prinzipielle Bedenken.

Es ist festzustellen, daß andere Aspekte von Wohlstand (besser: Wohlfahrt) als solche, die sich auf Güterquantitäten beziehen — also weite Bereiche der „Qualität des Lebens" —, von vornherein ausgeschaltet sind, nicht zuletzt solche, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Produktionsprozeß stehen, wie die Arbeitsbedingungen, die Dauer des Arbeitstages, ganz abgesehen von der Erfüllung nichtökonomischer, etwa kultureller Bedürfnisse.

Durch die eindeutige Ausrichtung der VGR auf Marktpreise wird insgesamt bewirkt, daß jede Produktion, die privatkapitalistisch rentabel ist, positiv in das Sozialprodukt eingeht, unbeschadet ihrer oft negativen gesellschaftlichen Auswirkungen („social costs" Bei dieser herrschenden Betrachtungsweise ist ein Verkehrsunfall beispielsweise ein günstiges Ereignis: Abschleppen und Reparatur des Unfallwagens oder Kauf eines neuen Wagens, Behandlungskosten für die Unfallopfer, alles sind Sozialprodukt-erhöhende Posten. Für den ganzen Bereich der Umweltschäden gilt: mehr Lärm, mehr Luftverunreinigung, mehr Müll führen zu einer Erhöhung des Sozialprodukts, weil sie Gegeninvestitionen erforderlich machen, die positiv in die Rechnung eingehen. Was als soziale Kosten in Wahrheit den gesellschaftlichen Reichtum vermindert, erscheint in der VGR als Reichtumszuwachs. Diese Art der Rechnung führt auch dazu, daß, unabhängig davon, ob eine gesellschaftliche sinnvolle Verwendung von Ressourcen vorliegt (man denke an die skizzierte Verschwendungsproduktion, an die immensen Werbe-aufwendungen oder die Rüstungsausgaben) das Sozialprodukt als anwachsend erscheint. Ohne Veränderung der bisher akzeptierten Bewertungsund Meßverfahren der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung kann diese noch nicht als geeignetes wirtschaftspolitisches Mittel zur Erreichung von Lebensqualität angesehen werden. Die Ergänzung oder Ersetzung der traditionellen VGR durch ein System von Sozialindikatoren — wie es z. B. in der erwähnten Studie des Club of Rome verwendet wurde — wäre insofern im Sinne unserer Forderung nach wirtschaftsdemokratischer Transformation der plankapitalistischen Lenkungsinstrumente, als dieses System wegführt vom ausschließlichen Argumentieren in quantitativen Wachstumsraten des Sozialprodukts. Die Sozialindikatoren, defininert als Maßstäbe, die deutlich und präzise die zentralen gesellschaftlichen Lebensbedingungen der Gesellschaft anzeigen, ermöglichen die Gewinnung neuer sozialökonomischer Ziele. Es geht also um mehr als bloße Verbesserung der wirtschaftlichen Analyse. Damit soll gesagt werden, „. .. daß im Hinblick auf den umfassenden Fragenkomplex . Lebensqualität'nicht nur das wirtschaftliche Wachstumsziel auf seine Rationalität hin zu prüfen, sondern auch die gesellschaftlichen Machtverhältnisse, die rechtlichen Möglichkeiten des einzelnen, und die Verteilung usw. neu zu analysieren und zu bewerten sind — unter Einschluß der fundamentalen Lebensinteressen in den Entwicklungsländern."

Indem durch eine derart modifizierte Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung die tatsächliche sozialökonomische Entwicklung der Gesellschaft ermittelt werden kann, sind die Voraussetzungen für eine Rahmenplanung, das Nationalbudget, die sich an den Bedürfnissen, Lebensinteressen der Bevölkerung orientiert, geschaffen.

Bedeutung des Nationalbudgets Das gewerkschaftliche Grundsatzprogramm unterscheidet das Nationalbudget als System wirtschafts-und damit gesellschaftspolitischer Zielsetzungen klar von der VGR als bloßer Entwicklungsanalyse. Dadurch wird deutlich gemacht, daß die künftige Entwicklung der Wirtschaft politisch beeinflußt und gelenkt werden muß, will man die obersten wirtschaftspolitischen Ziele erreichen, die da heißen: eine gesellschaftlich sinnvoll wachsende, stabile Wirtschaft bei Vollbeschäftigung und stabilem Geldwert.

In der modernen wirtschaftspolitischen Theorie findet sich bis jetzt keine allgemeinverbindliche definitorische Abgrenzung des Nationalbudgets von der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. Diese „bezog sich ursprünglich nur auf schon abgeschlossene Zeiträume; jedoch hat die außerordentliche wirtschaftspolitische Bedeutung, die den volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen zugefallen ist, die Entwicklung von Vorausschätzungen für zukünftige Perioden erforderlich gemacht. Als solche kann sie entweder Vorhersage (Prognosebudget), Projektion oder Programm-modell ... oder eine Kombination dieser drei sein Eine solche Kombination von Voraussagen, Hypothesen und Zielsetzungen ist aber nach Colm das Nationalbudget, das danach also nichts anderes als eine bestimmte Ausformung der Gesamtrechnung ist

Eine zentrale gesellschaftspolitische Frage ist nun natürlich, mit welchen Mitteln der volkswirtschaftliche Rahmenplan in einem privatwirtschaftlichen System verwirklicht werden soll. Grundsätzlich soll das Prinzip einer „Planung der leichten Hand" gelten. Der in der modernen Wirtschaftstheorie entwik-kelte Begriff der Rahmenplanung impliziert den Verzicht auf detaillierte Produktplanung und eine Beschränkung auf relativ wenige Daten, die für große zusammengefaßte Wirtschaftssektoren wünschenswerte Investitions-, Einkommens-und voraussichtliche Nachfrage-rahmen abstecken. Damit bleibt nicht nur von vornherein ein hinreichend weiter Spielraum für die einzelwirtschaftlichen Initiativen; die Beschränkung auf „makroökonomische" Daten hält die Planung elastisch und macht sie unempfindlich gegen nicht-planmäßige Entwicklungen kleineren Umfangs. Dabei geht man meist davon aus, daß der Rahmenplan für die Organe der staatlichen Wirtschaftspolitik verbindlich sein soll („plan imperativ"). In der Bundesrepublik fließen gegenwärtig durch die Kassen der öffentlichen Hand, also des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Sozialversicherungen, immerhin 40 % des Sozialproduktes, von denen ein nicht unbeträchtlicher Teil investiven Zwecken dient. Die Ausgabe dieser Gelder kann in Zeiten der Hochkonjunktur verzögert werden (wie es 1969/70 in der Bundesrepublik durch die so-genannte Konjunkturrücklage des Bundes geschehen ist), um in Zeiten drohender Depression forciert werden zu können. Anfang 1972 standen derart Konjunkturrücklagen in Höhe von etwa 12 Mrd. DM für eine antizyklische Wirtschaftspolitik zur Verfügung. Für die Privatwirtschaft dagegen soll der Rahmenplan nur die notwendigen Orientierungsdaten liefern, in die unternehmerischen Entscheidungen wird also nicht direkt eingegriffen („Plan indicatif“). Mit dieser — gewiß nicht unproblematischen — dualistischen Handhabung des National-budgets übernimmt das Programm des DGB offensichtlich dessen in der angelsächsischen und skandinavischen „Wohlfahrtsökonomie" vorherrschende Definition und Anwendung, aus der sich ergibt: „Die Nationalbudgets im kapitalistischen Mischsystem (können) höchstens für den öffentlichen Sektor als verbindliche Weisung gelten, während sie der Privat-wirtschaft nur als Anhaltspunkte für ihre selbstverantwortlichen Entscheidungen dienen 15).“ Dieser Grundsatz ist m. E. mit Recht —• durch die Forderung nach zusätzlicher staatlicher Investitionslenkung in Frage gestellt worden (s. u.).

Sicher, die moderne Volkswirtschaftspolitik verfügt über erhebliche Möglichkeiten indirekter Steuerung; sie müssen aber, wie die zunehmende Entwicklung zur multinationalen Konzernpolitik und die jüngsten Spekulationen mit den Olmilliarden zeigen, unbedingt ergänzt werden durch das Prinzip direkter Kontrollen gegenüber marktbeherrschenden Unternehmen und großen privaten Kapitaltransaktionen. Außerdem wird die zunehmende Erkenntnis der umweltzerstörenden Wirkungen unserer gegenwärtigen Technologie und Industrieproduktion eine außerordentliche Zunahme notwendiger direkter Eingriffe (etwa Verbote bestimmter Produktionen, Technologien, Gebote bestimmter Schutzmaßnahmen, Haltbarkeitserfordernisse) erzwingen. 2. Unzulänglichkeit der Globalsteuerung: ein Vergleich von Stabilitätsgesetz und DGB-Programm

An dieser Stelle ist es angebracht, das programmatische Konzept des „plan indicatif"

etwas genauer zu beleuchten — die Frage, wie man bei noch bestehender, wenn auch gesetzlich eingeschränkter, privater Verfügung über die Produktionsmittel die volkswirtschaftlichen Planungsziele durchsetzen will. In der plankapitalistischen Ubergangsphase erlangt hierbei, wie bekannt, die Ausgaben-und Investionspolitik der öffentlichen Hand eine entscheidende Bedeutung — ebenso freilich die gemeinwirtschaftlichen Bereiche der Wirtschaft, die Staatsunternehmen und die staatliche Steuer-und Kreditpolitik. Insgesamt ist heute eine öffentliche Beeinflussung der Wirtschaft möglich — durch die in öffentlicher Hand befindlichen Unternehmen: zum Beispiel (wie während der Rezession 1967) durch große Investitionen der Bundespost und Bundesbahn zur „Ankurbelung der Wirtschaft"; durch wettbewerbsfördemde Preisgestaltung (zum Beispiel des Volkswagenwerks);

— durch Veränderung der laufenden Ausgaben der öffentlichen Haushalte und der Sozialversicherung, zum Beispiel Erhöhung der Beamtengehälter, Renten, Pensionen, Krankengelder (dadurch Steigerung der Massenkaufkraft); — durch die konjunkturpolitisch sinnvolle Planung und Koordinierung der Investitionen von Bund, Ländern und Gemeinden, zum Beispiel in Mehrjahresplänen des Straßenbaus oder der Bildungsinvestitionen (immerhin beträgt der Anteil der öffentlchen Investitionen am Gesamtinvestitionsvolumen bereits etwa 20 %);

— durch die (im Stabilitätsgesetz vorgesehene) Schaffung einer Konjunkturrücklage, das heißt eines Fonds aus öffentlichen Mitteln, die in Zeiten der Honchkonjunktur gespart werden, um in Zeiten konjunktureller Abschwächung ausgegeben werden zu können.

Bekanntlich wird gegen die Konjunktursteuerung durch Zurückhaltung bzw. massierten Einsatz öffentlicher Investitionen eingewandt, hier würden die staatlichen Infrastrukturausgaben zu abhängigen Variablen der privatwirtschaftlichen Konjunktur. Das ist zwar rich-tig, und es ist daher ein Grundsatz demokratischer Wirtschaftspolitik, den ökonomischen Gesamtablauf dauerhaft zu stabilisieren. Andererseits aber müssen sich die Kritiker der Planung in der spätkapitalistischen Übergangsphase ihnen ein Staat, der fragen ob privatwirtschaftlichen Krisen ohnmächtig oder mit Rüstungsbestellungen begegnet, lieber ist als einer, der in Depressionsphasen verstärkt Schulen, Krankenhäuser oder neue Stadtviertel baut.

In dem Bemühen um die schrittweise Transformation der gegenwärtigen staatlichen Lenkungsinstrumente ist eine Charakterisierung des „Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums" (Stabilitätsgesetz) notwendig. Eine Gegenüberstellung der Planungsforderungen des DGB mit dem Stabilitätsgesetz, das die unter dem Bundeswirtschaftsminister und späteren Bundeskanzler Ludwig Erhard geltende neoliberale Position des Sich-selbst-überlassens der Wirtschaft, des Vertrauens in die Selbstregulierungskräfte des Marktes, zugunsten volkswirtschaftlicher . Planungsinstrumente'des Staates ablöste, zeigt, daß trotz einer ähnlichen Grundkonzeption die Praktizierung der Wirtschaftsplanung infolge unterschiedlicher Auffassungen über die Technik der Planentwicklung zu Ergebnissen führen kann, die den gewerkschaftlichen Forderungen nicht gerecht werden. „Die Sicherung von Vollbeschäftigung und stetigem Wirtschaftswachstum sowie die Stabilisierung des Geldwertes setzen . .. eine Koordinierung aller wirtschaftspolitischen Maßnahmen voraus ...," so lautet die wirtschaftspolitische Zielsetzung des DGB-Programms. § 1 des Stabilitätsgesetzes fordert: „Bund und Länder haben bei ihren wirtschaftsund finanzpolitischen Maßnahmen ... (diese) so zu treffen, daß sie ... gleichzeitig zur Stabilität des Preisniveaus, zu einem hohen Beschäftigungsstand und außenwirtschaftlichem Gleichgewicht bei stetigem und angemessenem Wirtschaftswachstum beitragen." Bei grundsätzlicher Übereinstimmung der wirtschaftspolitischen Ziele ist zugleich die wichtige Differenz zu beachten: Das DGB-Programm fordert ein-16) deutig und verbindlich Vollbeschäftigung, im Stabilitätsgesetz wird unverbindlich nur ein hoher Beschäftigungsgrad angestrebt.

Der Forderung nach einer differenzierten Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung und einem daraus zu entwickelnden Rahmenplan in Form eines Nationalbudgets steht im Stabilitätsgesetz die Verpflichtung zu einem Jahreswirtschaftsbericht, eine Darlegung der angestrebten wirtschaftsund finanzpolitischen Ziele (Jahresproduktion) und eine fünfjährige Finanzplanung (MifriFi) gegenüber. Der Begriff des Nationalbudgets kommt zwar im Stabilitätsgesetz nicht vor, dennoch müssen die der Finanzplanung und Jahresprojektion zugrundeliegenden Wirtschafts-und Entwicklungsperspektiven logischerweise in der Form mehrjähriger Nationalbudgets erstellt werden. Die Besonderheit liegt nur darin, daß diese Budgetrechnungen nur in bezug auf die staatliche Finanzplanung vorgelegt werden müssen. Diese mehrjährigen Planrechnungen bleiben somit in ihren für die Verteilungs-und Sozialpolitik entscheidenden Fragen nur ein interministerielles Arbeitspapier, das auch noch der parlamentarischen Kontrolle entzogen ist

Was die Verbindlichkeit der Planung angeht und die Beteiligung der Gewerkschaften an der Planfeststellung, so ergeben sich hier zwischen Gewerkschaftsprogramm und Stabilitätsgesetz entscheidende Unterschiede. Die Vorbereitung und Entwicklung des Nationalbudgets soll nach dem Grundsatzprogramm des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Ausschüssen vorbereitet werden, in denen, neben anderen wirtschaftlichen Organisationen auch die Gewerkschaften zu beteiligen sind, über den entwickelten Rahmenplan in Form eines National-budgets hat dann das Parlament zu entscheiden. Dadurch werden die Richtlinien des Nationalbudgets für die Organe der staatlichen Wirtschaftspolitik verbindlich und geben »die notwendigen Orientierungsdaten für die eigenen freien Entscheidungen in den Wirtschaftsbereichen und den Einzelwirtschaften. Dagegen heißt es im Stabilitätsgesetz: „Der Finanzplan ist vom Bundesminister der Finanzen aufzustellen und zu begründen. Er wird von der Bundesregierung beschlossen und vorgelegt." Eine Beteiligung der Gewerkschaften ist im Stabilitätsgesetz nicht vorgesehen.

Im Falle einer Gefährdung eines der im Stabilitätsgesetz genannten Ziele stellt die Bundesregierung Orientierungsdaten für ein gleichzeitiges aufeinander abgestimmtes Verhalten (Konzertierte Aktion) der Gebietskörperschaften (Länder und Gemeinden), Gewerkschaften und Unternehmensverbände zur Erreichung der Ziele zur Verfügung. Eine ausgesprochene Verbindlichkeit des Rahmenplans für die Organe des Staates gilt nur für die einjährige Budgetrechnung.

Die gleichlautende Formulierung für das, was als Orientierungsdaten im Grundsatzprogramm und im Stabilitätsgesetz bezeichnet worden ist, darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß hier ein weiterer entscheidender Unterschied besteht, der eine genauere Betrachtung verdient und uns die entscheidende Antwort auf die Ausgangsfrage gibt.

Zunächst ist festzustellen, daß zwischen der „Konzertierten Aktion" und den anderen im Stabilitätsgesetz erwähnten Instrumenten/Gre-

mien, wie mehrjähriger Finanzplanung, Subventionsbericht, Finanzplanungs-und Konjunkturrat, keine institutioneilen Verbindungen, Einwirkungs-und Abstimmungsmöglichkeiten bestehen. Die Konzertierte Aktion hat durch diese nicht vorgenommene Verzahnung lediglich den Charakter eines Anhörungsgremiums. Die Festlegung der volkswirtschaftlichen Zielgrößen erfolgt außerhalb der Einflußmöglichkeiten der Beteiligten der Konzertierten Aktion. Somit bleiben Fragen der öffentlichen Haushaltsgestaltung, der Finanz-, Steuer-und Subventionspolitik ebenso wie Fragen der Einkommens-und Vermögensverteilung oder der Investitionsplanung und -finanzierung ausgeklammert.

Verfolgt man nun die in der Konzertierten Aktion geführten Gespräche, dann fällt auf, daß diese bisher ausschließlich auf die Diskussion der jeweils aktuellen wirtschaftspolitischen Situation und der zu ihrer Bewältigung notwendig erscheinenden Maßnahmen beschränkt waren. Mittel-und längerfristige Wirtschaftsprobleme waren nach den Bestimmungen des § 3 im Stabilitätsgesetz bereits vom Gesetzgeber ausgeklammert worden. Auf dem Hintergrund der jahrzehntelang gepflegten Ideologie von der Lohn-Preis-Spirale, der Ansicht, daß Preisstabilität an die vorgefundene Verteilungsstruktur gebunden ist, darf es dann natürlich nicht verwundern, daß die vom Gesetzgeber geforderte Orientierungsdiskussion sich fast ausschließlich auf die Lohnentwicklung bezog. Der Zusammenhang der gesamtwirtschaftlichen Einkommensverwendung und der längerfristigen Einkommens-verteilung mit der Lohnentwicklung wurde unter Hinweis auf angebliche Sachzwänge gar nicht mehr diskutiert. Zentraler Punkt der jeweiligen Orientierungsdiskussion in der Konzertierten Aktion war daher vor allem die Tarifpolitik, die bei abgelehnter Preis-und Gewinnregulierung unter dem Druck der Forderungen nach „kostenniveau-neutraler" bzw.

„produktivitätsorientierter" Lohnentwicklung steht.

Eine solche Ausgestaltung der Stabilitätsplanung enthält die Gefahr, mehr und mehr zu einer einseitigen Lohndisziplinierung und einer ebenso einseitigen Gewinnbegünstigung zu entarten. Diese Gefahr läßt sich nur vermeiden, wenn in Zukunft eine wirkliche Beteiligung der Gewerkschaften an der Entwicklung der Planziele auf der Grundlage gesellschaftspolitischer Konzeptionen — also Einbeziehung der Entwicklung und Gestaltung der Preise, der Steuern, der Steuererleichterungen und Subventionen in Verbindung mit den kollektiven Leistungen des Staates und den direkten Sozialleistungen — sichergestellt wird. Dies erfordert zwingend eine Revidierung bzw. Transformation der Form der „gegenseitigen" Abstimmung in der Konzertierten Aktion in Richtung auf demokratische Beteiligung an der Wirtschaftsplanung und nach Aufhebung der ungleichen Behandlung der lohnpolitischen und preispolitischen Orientierung. 3. Investitionslenkung — aber wie?

Die beschriebene Konzeption einer gesamtwirtschaftlichen Planung, zu der sich die Gewerkschaften bekannt haben, geht nicht davon aus, daß eine staatliche Bürokratie das wirtschaftliche Leben bevormundet. Dies mag der Grund dafür sein, daß bei der Forderung nach einem volkswirtschaftlichen Rahmenplan die Frage der imperativen gesamtwirtschaftlichen Lenkung der privaten Investitionen nicht angegangen wurde. In den wirtschaftspolitischen Forderungen des gewerkschaftlichen Grundsatzprogramms wird die Bedeutung der Investitionsfähigkeit für die gesellschaftliche Entwicklung aber klar erkannt und eine Beeinflussung der privatwirtschaftlichen Investitionen im Rahmen der volkswirtschaftlichen Planung zwar auf indirektem Wege, aber doch mit wesentlich über Globalsteuerung hinausgehenden Eingriffen gefordert:

„Umfang und Art der Investitionstätigkeit bestimmen maßgeblich die Konjunkturlage und die zukünftige Entwicklung einer Volkswirtschaft. Fehlleitungen von Kapital und Arbeitskraft sind ebenso wie Arbeitslosigkeit und Nichtausschöpfung der wirtschaftlichen Wachstumsmöglichkeiten eine Belastung des Lebensstandards. Deshalb müssen im privatwirtschaftlichen wie im öffentlichen Bereich die Investitionen auf die konjunkturellen und strukturellen Erfordernisse der Gesamtwirtschaft abgestimmt sein. Die in konjunkturelB ler und struktureller Hinsicht notwendige Steuerung der privaten Investitionstätigkeit erfordert zusätzlich zu der global wirkenden Kreditpolitik einzelwirtschaltliche, auf bestimmte Wirtschaftszweige oder auf regionale Bereiche gerichtete Maßnahmen (!). Diese differenzierte Investitionssteuerung kann zum Beispiel durch gezielte steuerliche und kredit-politische Mittel oder durch Änderung der Abschreibungsbedingungen erfolgen. Als Grundlage für die Investitionslenkung sind laufend Bedarfs-und Nachfragevorausschätzungen für die einzelnen Wirtschafts-und Industriezweige vorzunehmen und zu veröffentlichen. Auf diese Weise ist auch eine Beeinflussung der privatwirtschaftlichen Investitionstätigkeit in der volkswirtschaftlichen Rahmenplanung zu erreichen, ohne die letzte Entscheidung über Art und Umfang der Investitionen aus dem Bereich des einzelnen Unternehmens herauszunehmen Auf dem Hintergrund unserer Forderung nach mehr Lebensqualität, nach Reduzierung bzw. Veränderung von Wachstum ist allerdings die Frage zu stellen, ob die Beschränkung imperativer Instrumente auf den staatlichen und gemeinwirtschaftlichen Sektor, der Einsatz bloß indirekter Investitionslenkungsmittel eine realistische Perspektive ist, ob hier nicht direktere Lenkungsinstrumente unerläßlich sind. Meißner, Wieczorek und Zinn haben in einem Beitrag zum ökonomisch-politischen Orientierungsrahmen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands Vorstellungen entwickelt, wie das Ziel — eine an den Bedürfnissen der Bevölkerung ausgerichtete Nutzung der wirtschaftlichen Ressourcen — durch imperative, gesamtgesellschaftliche Investitionslenkung auch im privaten Sektor zu verwirklichen wäre. Die drei genannten Autoren, vor allem Zinn schlagen folgenden Weg vor: „ 1. Formulierung einer langfristigen Projektion, in die Prognosen über technisch-wissenschaftliche Entwicklungen und ihre möglichen Auswirkungen auf gesellschaftliche Prozesse eingehen. 2. Aufstellung eines Bedarfsgruppenschemas in Form einer Disaggregation der Keynesschen makroökonomischen Nachfragekomponenten. Dabei muß die Bedarfsentwicklung nach Komplementärgüterkomplexen geordnet werden, d. h. es müssen sowohl die privaten Konsum-und Investitionsströme als auch die dazugehörigen öffentlichen Investitionen als ein Güterkomplex angesehen werden (Beispiel: privater PKW-Verkehr mit dem Individualgüterkomplex Reparatur, Versicherung, Benzin und dem Kollektivgüterkomplex Straßen, Verkehrsregelung usw.)

3. Auf der Grundlage des Bedarfsgruppenschemas und unter Berücksichtigung von Alternativrechnungen, die u. a. die Sozialkosten (wie Umweltverschmutzung) der Komplementärgüterkomplexe vergleichen, muß eine Bedarfsrangskala ermittelt werden: Damit sollen auf demokratischem Wege die Prioritäten festgelegt werden.

4. Die Investitionsvorhaben sollen sich nach dieser Prioritätenskala ausrichten. Um das sicherzustellen, soll ein Bundesamt für Investitionskontrolle alle wichtigen Investitionsvorhaben prüfen, genehmigen oder verbieten . . . ... Außer der Bedarfsrangskala sollen als Entscheidungskriterien für die Investitionskontrolle u. a. noch folgende Punkte berücksichtigt werden: Produktivitätsund Rentabilitätsgrößen, Ergebnisse von Betroffenenanhörungen (bei Auftreten externer Effekte z. B.), durchschnittliche Kapazitätsauslastung der Branche in der Vergangenheit als Indikator von Engpässen und Uberkapazitäten."

Zur Begründung dieses Modells unmittelbarer Investitionskontrolle und -planung führt vor allem Zinn folgendes an: „Die bisherigen Lenkungsinstrumente wie steuer-und subventionspolitische Anreizsysteme, Bebauungsplanungen, Einflußnahme auf private Investitionsund Standortentscheidungen über komplementäre Infrastrukturmaßnahmen und partiell umweltschutzbezogene Vorschriften sind jeweils für ad-hoc-Maßnahmen geschaffen worden und fügen sich nicht in ein an gesamtwirtschaftlichen Planungen orientiertes System der Planimplementierung. Jene Instrumente sind weder zwingend genug, um eine an gesamtwirtschaftlichen Zielsetzungen orientierte Entwicklung durchzusetzen, noch werden sie — wegen der Kompetenzaufsplitterung — gesamtwirtschaftlich koordiniert eingesetzt. Der zuletzt genannte Mangel ließe sich durch eine striktere Koordination der wirtschaftspolitisch relevanten Entscheidungen der Gebietskörperschaften eventuell beheben. Die Eingriffs-schwäche der dominierend auf indirekte Anreizwirkung abgestellten Planrealisierungsinstrumente bleibt jedoch auch dann erhalten. Deshalb wird die Umsetzung gesamtwirtschaftlicher Entwicklungspläne in die Realität letztlich auf unmittelbare Investitionskontrollen zurückgreifen müssen."

Bei der Entscheidung für eine Beschränkung der Anwendung imperativer Lenkungsmöglichkeiten auf den Bereich des staatlichen Sektors kann nur dann das Ziel der Rahmenplanung bei vermindertem Wachstum verwirklicht werden, wenn der öffentliche Wirtschaftssektor zu Lasten des privaten Sektors noch erheblich ausgedehnt wird. Die bisherige Praxis, daß der Staatsanteil lediglich bei wachsender privater Produktion erhöht werden kann, muß aufgegeben werden, wenn man nicht Gefahr laufen will, der maximalen Steigerung quantitativ-materiellen Reichtums weiterhin freien Lauf lassen zu müssen und die Staatsinterventionen dann primär wieder auf die Gewährleistung und Verbesserung der privatwirtschaftlich genutzten Produktivkräfte ausgerichtet werden Will man dies nicht, so muß notwendigerweise eine verstärkte Beeinflussung der Verwendung des Mehrprodukts das Ziel sein: „Die Investitionsrichtung der privat angeeigneten Gewinne aus gesellschaftlicher Produktion muß durch teilweise Umleitung durch den Staatshaushalt so bestimmt werden, daß die Produktionsstruktur in immer höherem Maße den gesellschaftlichen Bedürfnissen entspricht." Dies heißt: Die Staatsausgaben müssen primär an gesellschaftspolitischen Zielsetzungen orientiert werden und damit auf eine Veränderung der Realeinkommenstruktur der Bevölkerung derart hinwirken, daß bestimmte, als nicht notwendig oder gar schädlich erachtete private Ausgaben zugunsten des Kollektivbedarfs ge-kürzt werden. Ohne eine Prioritätenliste, die die verschiedenen Verbrauchsbereiche in eine Rangskala bringt, kann nicht auf die optimale Entwicklung der Geldströme und des wirtschaftlichen Wachstums Einfluß genommen werden.

Zwei Aspekte der Investitionslenkung sollten allerdings hier noch hervorgehoben werden:

1. „Wird nun durch einen gesamtwirtschaftlichen Investitionsplan die Höhe der Investitionsquote — und damit auch der heute verfügbare Konsum — durch dazu legitimierte Organe festgelegt, so entfällt die bisherige . Korrekturfunktion'gewerkschaftlicher Tarif-politik weitgehend. Sie wird vielmehr von den an der Planung beteiligten Gewerkschaften bereits frühzeitig in den Planungsprozeß eingebracht."

2. Eine Investitionskontrolle bzw. -lenkung, wie hier vorgeschlagen, läßt sich, idealtypisch gesehen, in zwei gegensätzlichen Formen verwirklichen: entweder durch eine elitäre Expertokratie oder durch eine egalitäre Demokratie. Wenn erstere unter Ausschluß der letzteren obsiegt, dann rettet uns vor einem bürokratischen und ständestaatlichen Etatismus nichts mehr. Dann werden die Prioritäten gemäß den Interessen der ranghohen Büro-und Techno-bzw. Meritokraten festgelegt und Entfremdung und Unterdrückung pflanzen sich weiter fort. Um dies zu verhindern, will Zinn die Integration von öffentlichen und privaten Investitionen durch eine nicht näher beschriebene institutionalisierte Koordination von Staat, Großunternehmen und anderen volkswirtschaftlichen Organisationen herbeiführen. Hier ergibt sich die Aufgabe, dem parlamentarischen Regierungssystem untergeordnete zentrale Gremien zu etablieren, die mehr leisten als eine Clearing-Stelle der mächtigsten Gruppeninteressen. Eine beständige und wirksame zentrale Investitionslenkung setzt einen zentralen Entscheidungsträger voraus. Dies aber würde um so stärker die Forderung nach demokratischer Kontrolle der Planung unterstreichen Das Modell der gesamtwirt-schaftlichen Investitionslenkung — wie skizzenhaft vorgestellt — könnte sich demnach als notwendige Ergänzung und Fundamentierung der im DGB-Grundsatzprogramm erläuterten Rahmenplanung neben einem zu etablierenden System der Kontrolle wirtschaftlicher Macht und der Mitbestimmung herausstellen. 4. Reaktivierung des Wettbewerbs Das DGB-Grundsatzprogramm strebt auch eine wettbewerbswirtschaitliche Neugestaltung unserer Wirtschaft an. Der DGB bekennt sich damit zu einer Wirtschaftspolitik, in der nicht nur der Rahmenplanung, sondern auch dem Wettbewerb eine ordnungspolitische — insbesondere preis-und konsumpolitische — Funktion zukommt.

Die Maßnahmen, die zu einer solchen Ausgestaltung der Wettbewerbsordnung führen, lauten

a) Direkte Maßnahmen zur Wettbewerbs-förderung: 1. Verbesserung der Wettbewerbsgesetzgebung, 2. Ausbau der staatlichen Verbraucherpolitik. b) Maßnahmen zur öffentlichen Kontrolle gestörter Marktverhältnisse: 3. Ausbau einer preisstabilisierenden Vergabepolitik, 4. Aufbau neuer Marktordnungssysteme.

Maßnahmen zu 1. betreffen vor allem gesetzes-technische Vorhaben:

— vorbeugende Fusionskontrolle, — Verbot aller Marktabstimmungen, — Verbot aller Preisbindungen der zweiten Hand, — Verbot aller Ausschließungsverträge.

Maßnahmen zu 2. betreffen vor allem organisatorische Aufgaben:

— Erweiterung des Warentestprogramms, — regelmäßige regionale Preisvergleiche, — Verbraucherinformation über Massenmedien, — Aufbau eines öffentlichen Verbraucher-schutzes. Maßnahmen zu 3. sollen private Verbraucher-politik im öffentlichen Sektor ergänzen:

— Aufbau eines Preisorientierungsrahmens für jedes Haushaltsjahr;

— private Preisforderungen über den Orientierungsgrenzen führen dabei zur Stornierung öffentlicher Aufträge; — bei öffentlichen Investitionshilfen sind laufende Kosten-und Ertragskontrollen vorzunehmen; — für eine produktspezifische Preisorientierung muß der Staat gegebenenfalls durch Gründung eigener Unternehmungen oder durch Erwerb von Aktienmehrheiten sich Kontrollbefugnisse verschaffen.

Maßnahmen zu 4. sollen in Bereichen mit gestörten Marktverhältnissen die Preisbildung so regeln, daß sie weder zu Lasten der Produzenten noch der Konsumenten erfolgt. Hier geht es um Installierung von Marktordnungsregeln für — Wirtschaftsbereiche mit strukturell, schrumpfendem Umsatz oder schrumpfender Beschäftigung;

— Wirtschaftsbereiche mit einseitiger Marktmacht. Das bisher vorgestellte Konzept einer aktiven Wettbewerbspolitik wird freilich nicht naiv überschätzt: In der Tat müssen die Chancen einer jeden Wettbewerbspolitik trotz der gerade vom Deutschen Bundestag verabschiedeten Kartellnovelle relativ skeptisch beurteilt werden. Man braucht sich nur an die Schwierigkeit zu erinnern, das nach § 25 GWB verbotene aufeinander abgestimmte Verhalten vom Parallelverhalten zu unterscheiden; oder an die Möglichkeit des Bundesministers für Wirtschaft gern. § 24, 3 GWB einen Zusammenschluß trotz Entstehens einer marktbeherrschenden Stellung zu erlauben, wenn gesamtwirtschaftliche Vorteile oder ein überragendes Interesse der Allgemeinheit vorliegen. Mit dem Hinweis auf die scharfe internationale Konkurrenz bzw. die Dominanz ausländischer Konzerne auf dem Weltmarkt wird sicher noch so manche „Elefantenhochzeit" erlaubt werden. Außerdem ist der Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung nur schwer nachzuweisen, z. B. wegen der Feststellung des relevanten Marktes

Sieht man sich das Konzept des DGB zur Beeinflussung der Wettbewerbsstruktur durch den Staat etwas genauer an, so fällt auf, daß dieses Konzept nicht Ausdruck eines naiven Vertrauens in das traditionelle wirtschaftspolitische Instrumentarium ist. Mit den geforderten Maßnahmen zur Einschränkung der Produzenten-zugunsten der Konsumenten-souveränität, mit der Forderung nach Ausbau des öffentlichen (gemeinwirtschaftlichen) Sektors, um Kontrollmöglichkeiten sicherzustellen, nähert sich dieses Konzept tendenziell impera28) tiven Planungsvorstellungen für den privaten Sektor. So heißt es konsequenterweise in These 11 der Jungsozialisten von Hessen-Süd zur Investitionslenkung: „Da Investitionslenkung auch zur Verhinderung von Überkapazitäten beiträgt, bedarf es der Preiskontrollen, um überhöhte Gewinne oder gar Monopol-gewinne zu verhindern. Da u. a. die manipulative Werbung die Konsumentenentscheidung massiv im Interesse des Kapitals beeinflußt, müssen z. B. Werbekontrollen und partielle Werbeverbote eingeführt werden, um eine freie Interessenfindung der Konsumenten zu ermöglichen. (Dokumentation der außerordentl. Bezirkskonferenz der Jungsozialisten Hessen-Süd vom 15. 12. 1974) 5. Chancen der Realisierung Insgesamt läßt sich feststellen: mit Hilfe der kybernetischen Hilfsmittel und der neueren wirtschaftsmathematischen und ordnungspolitischen Methoden ist es gegenwärtig theoretisch durchaus möglich, die wirtschaftlichen Produktionsund Einkommensprozesse mit ausreichender Deutlichkeit so vorweg zu bestimmen, daß krisenhafte Prozesse vermieden werden. Allerdings muß man sich darüber im klaren sein, daß es eine gesellschaftspolitische Machtfrage ist, d. h. von der Einstellung der Mehrheit der Wähler abhängt, ob Eingriffe der Planung in die Verteilung des Volkseinkommens — also etwa die Beschneidung einer überhöhten Kapitalakkumulation zugunsten höherer Masseneinkommen und höherer Staatseinnahmen für infrastruktureile und entwicklungspolitischen Zwecke — von unseren Regierungen durchgesetzt werden oder an der politischen Macht der ökonomischen Macht-eliten scheitern.

Gegenüber qualitativ anderer, nicht primär profitorientierter Verteilung und Entwicklung der volkswirtschaftlichen Ressourcen durch eine demokratische Wohlfahrtsplanung wird immer wieder zweierlei eingewendet: einmal, daß alle Umverteilungen begrenzt sind durch den Zwang, die Investitionsneigung der Privatunternehmer aufrechtzuerhalten — was nur bei Garantie einer bestimmten Profitrate mög-lieh sei; zum anderen, daß die internationale Wirtschaftskonkurrenz einen ständigen Prozeß des Wachstums, der technologischen und Produktivitätsverbesserung unumgänglich mache.

— Beiden Argumenten gegenüber ist zu antworten, daß der ihnen innewohnende „Sachzwang" zwar für Nationalwirtschaften weithin gilt, nicht mehr aber für große kontinentale Wirtschaftsräume — zumal dann nicht, wenn außerhalb ihrer dem privaten Kapital kaum Ausweichmöglichkeiten mehr offenstehen.

Eine große westeuropäische Wirtschaftsgemeinschaft bietet in diesem Sinne nicht zuletzt darum eine vorzügliche Grundlage für wirtschaftsdemokratische Transformation, weil die kapitalistische Drohung mit dem Nachlassen der Investitionsbereitschaft oder gar eine Kapitalflucht in andere Länder kaum mehr realisiert werden kann. Wohin sollte, mit ähnlich entwickelten, gesicherten und stabilen Produktions-und Absatzmöglichkeiten, privates Kapital auswandern? Und was könnte ihm ein „Investitionsstreik" nützen, wenn im Rahmen langfristiger Planungs-und Steuerpolitik die Profitraten keine Aussicht haben, in einer künftigen Periode wieder auf ein früheres Niveau anzuwachsen?

Was abef die oft beschworene internationale Konkurrenz betrifft, so weist ein so gewaltiger'Wirtschaftsraum wie die EWG in sich selbst einen solchen Grad von Autarkie, von Produktivitäts-und Innovationsfortschritten auch ohne irrationale Wachstumspolitik auf, daß die auf Kosten der Humanität entwickelten eventuellen Rationalisierungsfortschritte auf anderen Weltmärkten hier — bei entsprechender Außenhandelspolitik — überhaupt nicht gefährlich werden können. Allerdings wird eine wirtschaftsdemokratische, wohlfahrtsstaatliche Ordnung Westeuropas die Liberalisierung des Welthandels nicht länger als eine an sich selbst positive wirtschaftspolitische Ordnungsvorstellung gelten lassen. Vielmehr gilt: so viel Liberalisierung wie möglich, aber so viel Devisen-, Währungs-und Handelskontrolle wie eben für die Aufrechterhaltung einer stabilen Wohlfahrtsökonomie notwendig.

VII. Kontrolle wirtschaftlicher Macht

Der Begriff der Wirtschaftskontrolle ist an sich genauso vieldeutig wie der der Wirtschaftsplanung; die Anwendungsbereiche beider überschneiden sich häufig. Hier ist damit gemeint eine bestimmte Überwachung oder Einschränkung der privaten Verfügungsgewalt über Produktionsmittel (indirekte Kontrolle), bis hin zu deren Aufhebung (direkte Kontrolle:

Gemeinwirtschaft). Man kann es nicht als „marktwirtschaftliche Verwässerung", sondern nur als durchaus vernünftige Erweiterung der DGB-Programmkonzeption von 1949 ansehen, daß die Vergesellschaftung wirtschaftlicher Schlüsselpositionen im neuen Programm in diesen Gesamtkomplex der Kontrollinstrumente wirtschaftlicher Macht eingeordnet worB den ist Damit wurde allerdings auch ganz klargemacht, daß die Aufhebung des Privateigentums an Produktionsmitteln hier nicht gesellschaftspolitisches Ziel an sich ist, sondern — in begrenztem Ausmaß notwendiges — Mittel demokratischer und planmäßiger Wirtschaftsgestaltung. Nicht zuletzt übrigens auch — scheinbar paradoxerweise — ein Mittel marktwirtschaftlicher (wettbewerbswirtschaftlicher) Neugestaltung. Denn durch öffentliche und freigemeinwirtschaftliche Unternehmen kann, da sie nicht auf Gewinnmaximierung aus sind, „das Lenkungsinstrument Preiswettbewerb zum Wohle der Gesamtwirtschaft wieder intakt gemacht werden"

Insgesamt unterstützen und ergänzen die verschiedenen Formen der Wirtschaftskontrolle also die Volkswirtschaftliche Rahmenplanung, 1. indem sie durch die Vergesellschaftung marktbeherrschender Unternehmen wesentliche Instrumente zur Verwirklichung der Nationalbudgets gewinnen;

2. indem sie der Wettbewerbs-, konsumenten-und umweltfeindlichen Politik der Kartelle und Konzerne entgegenwirken;

3. indem sie die auch gesellschaftspolitisch in einer Demokratie unerträgliche Macht der privatwirtschaftlichen Großorganisationen abbauen. 1. Formen indirekter Kontrolle Sowohl aus praktisch-politischen als auch aus wirtschaftsund organisationstheoretischen Gründen ist es sinnvoll, vor und neben der Empfehlung direkter Kapitalkontrolle (Vergesellschaftung) konsequent die indirekten Formen der demokratischen Kontrolle wirtschaftlicher Macht anzuwenden. So verfährt auch das DGB-Grundsatzprogramm; es nennt unter anderem: — fortlaufende Erhebungen über den Umfang der Konzentrationsbewegung und ihre Veröffentlichung; — die Beseitigung konzentrationsfördernder Rechtsvorschriften (zum Beispiel auch der entsprechenden Steuervorschriften); — die Mitbestimmung der Arbeitnehmer und ihrer Gewerkschaften;

— die Demokratisierung und Neuordnung der Unternehmensverfassung;

— die Erweiterung der Publizität;

— die wirkungsvolle Ausgestaltung der Monopol-und Kartellkontrolle;

— die Mobilisierung des Wettbewerbs unter anderem durch öffentliche und gemeinwirtschaftliche Unternehmen;

— den Ausbau des Systems öffentlich gebundener Unternehmen.

Ohne Zweifel kann dieses Instrumentarium, von einer weniger industriefrommen Regierungsmehrheit konsequent entwickelt und eingesetzt, die wettbewerbsfeindlichen Tendenzen in unserer Wirtschaft bremsen und zum Teil aufheben. Sehr bedeutsam ist in diesem Zusammenhang die Forderung nach einer objektiven Verbraucherinformation: „Der Verbraucher muß in die Lage versetzt werden, Qualität und Preiswürdigkeit der einzelnen Erzeugnisse nach objektiven Kriterien zu beurteilen.“ 2. Formen direkter Kontrolle Um die kapitalistischen Machtgruppen unserer Kartell-und Konzernwirtschaft volkswirtschaftlichen Zielen und demokratischen Lebensformen unterzuordnen, bedarf es natürlich, wie auch der DGB völlig zu Recht fordert, über diese indirekten Kontrollmöglichkeiten hinaus der unmittelbaren Kontrolle wesentlicher „Kommandohöhen" (O. Brenner) der Wirtschaft. Es geht um den Ausbau eines gemeinwirtschaftlichen Sektors, d. h. um die Ausdehnung des Anwendungsbereichs imperativer Lenkungsinstrumente bei gleichzeitigem Abbau der Macht privatwirtschaftlicher Großorganisationen: „Das Gemeineigentum in seinen verschiedenen Formen hat in der modernen Industriegesellschaft entscheidende Bedeutung, besonders auch als Lenkungs-und Steuerungsmittel der Wirtschaft. Die Gewerkschaften fordern die Erhaltung und Ausweitung des öffentlichen Besitzes an wirtschaftlichen Unternehmen und seine Weiterentwicklung zu einem sinnvollen System öffentlicher und öffentlich gebundener Unternehmen." Daher ist die Überführung von „Schlüsselindustrien" und von „markt-und wirtschaftsbeherrschenden Unternehmen"

anderer Industrien in Gemeineigentum notwendig. Im Gegensatz zur Sozialisierungskonzeption des DGB von 1949 liegt im Programm von 1963 der Hauptakzent offensichtlich nicht mehr auf der Vergesellschaftung ganzer Industrien (konkret genannt wird gegenwärtig meines Wissens nur der Kohlenbergbau Vielmehr geht es um eine durchaus überschaubare Zahl von marktbeherrschenden Unternehmen auch als „Mammutunternehmen" definiert. Damit wird also eine sehr realistische, übrigens auch ohne formelle Enteignung realisierbare Konzeption eines ausgebauten gemeinwirtschaftlichen Sektors vorgelegt, durch die eine demokratische Volkswirtschaft entscheidende Einflußmöglichkeiten in den wesentlichen Wirtschaftsbereichen gewänne: um diese planungsgemäß zu gestalten; um unnötige Preissteigerungen hintanzuhalten; um Vorbilder humaner und demokratischer Betriebsordnung zu schaffen;

um profitwirtschaftlich „unrentable", volkswirtschaftlich aber notwendige und nützliche Investitionen zu realisieren; um unterentwickelte Regionen zu industrialisieren; um überdurchschnittliche Gewinne von Großunternehmen für Gemeinschaftsaufgaben abzuschöpfen — um also auf vielerlei Weise dem Gemeinwohl vor den partikularen Interessen den Vorrang zu sichern.

Günter Köpke hat bereits vor Jahren in einem sehr instruktiven Bericht gezeigt, wie groß der vergesellschaftete Sektor in anderen Volkswirtschaften Westeuropas ist und wie man durch eine Vielfalt möglicher Vergesellschaftungsformen sowie durch eine sehr weitgehende institutioneile Unabhängigkeit der Unternehmensleistungen die Gefahr bürokratischer, zentralistischer Verstaatlichung zu bannen versteht. Angesichts dieses Standes der internationalen Gemeinwirtschaftstheorie und -praxis wirken die in der Bundesrepublik immer wieder gehörten Einwände antiquiert.

Da heißt es, Vergesellschaftung sei mit unserer rechtsstaatlichen, marktwirtschaftlichen, christlich-demokratischen Ordnung nicht vereinbar.

Demgegenüber mag daran erinnert werden, daß im Grundgesetz in den päpstlichen Sozialenzykliken im ehemaligen Ahlener Programm der CDU und im Godesberger Programm der SPD die Sozialisierung im Interesse des Gemeinwohls grundsätzlich anerkannt oder gar empfohlen wird.

Ebenso unhaltbar ist das Argument, die Sozialisierungsforderung sei „überholt", weil heute ohnehin — gerade in der Großindustrie — nicht mehr die Eigentümer, sondern die angestellten „Manager" die Verfügungsgewalt hätten; das Problem der Macht dieser führenden Wirtschaftsbürokratien bleibe aber in „Staatsbetrieben" unverändert bestehen. Auf diese Weise versuchten hierzulande nicht zuletzt sogenannte moderne Sozialdemokraten wie der Wirtschaftsexperte Heinrich Deist oder der ehemalige Baugewerkschaftsvorsitzende und jetzige Minister Georg Leber eine alte Forderung der Wirtschaftsdemokratie sich vom Halse zu schaffen. Sie verkennen, daß es wirtschaftsund gesellschaftspolitisch einen gewaltigen Unterschied macht, ob das Management im Dienste enger betriebs-und profitwirtschaftlicher Interessen oder im Auftrag gesamtwirtschaftlicher Instanzen und Zielsetzungen Macht ausübt. Eines allerdings ist dabei unabdingbare Voraussetzung: daß Kontrollen und Rechenschaftspflichtigkeit dieser „neuen" Manager wesentlich ausgebaut und ihre hierarchischen Rechte des „Durchregierens" durch ausgebaute Mitbestimmungsebenen an der in Mitte der Basis der Großorganisationen eingeengt werden.

In den Jahren einer scheinbar problemlosen, krisenfreien Restauration des Kapitalismus in der Bundesrepublik haben die Gewerkschaften ihre Programmforderung der Vergesellschaftung nahezu „vergessen". Aber auf Grund des sich in den letzten Jahren spürbar verschärfenden Konzentrationsprozesses, der eine dauernde antidemokratische Umwälzung der Besitzverhältnisse hervorruft und hochkonzentrierte private Formen der Wirtschaftslenkung mit entsprechenden Machtzusammenballungen geschaffen hat, wurde auf dem 9. Ordentlichen DGB-Kongreß 1972 ein Antrag verabschiedet, der den Bundesvorstand auffordert, „ ... in der Wirtschaft verstärkte Bemühungen einzuleiten, um die Forderung des DGB-Grundsatzprogrammes nach Überführung von Schlüsselindustrien und anderen markt-und wirtschaftsbeherrschenden Unternehmen in Gemeineigentum zu verwirklichen" In den letzten Jahren ist es vor allem das Verdienst der Jungsozialisten in der SPD gewesen, die Diskussion über die wirtschaftspolitische Rolle des vergesellschafteten bzw. gemeinwirtschaftlichen Sektors in aller Öffentlichkeit wiederaufgenommen zu haben. Dabei ist der undogmatische und pluralistische Ansatz bemerkenswert, wie er etwa in folgenden Leitlinien des jungsozialistischen Grundsatztextes „Was ist Demokratischer Sozialismus" (Juso-Info 65/74) zum Ausdruck kommt: „Vergesellschaftung muß sich leiten lassen von dem Grundsatz der Beteiligung aller Betroffenen an Kontrolle und Leitung der Unternehmen. Dies bedeutet, daß die Beteiligung verschiedener gesellschaftlicher Gruppen und staatlicher Instanzen an Kontrolle und Leitung der Unternehmen erforderlich ist. Die verschiedenen Gruppen bringen verschiedene Aspekte, Motive und Interessenlagen in die Verwaltung der Betriebe ein:

— die Belegschaften und ihre gewerkschaftlichen Vertreter u. a.den Aspekt der humanen Gestaltung der Arbeitsbedingungen, der gerechten Entlohnung und der Arbeitsplatzsicherheit, — staatliche Instanzen den Aspekt der Berücksichtigung externer Effekte von Produktion und nachfolgendem Konsum sowie der notwendigen Abstimmung mit anderen Wirtschaftstätigkeiten im Rahmen einer gesamtwirtschaftlichen Planung, — möglicherweise auch Verbrauchervertreter das Interesse an guten und billigen Gütern und Dienstleistungen.

Die Beteiligung so unterschiedlich motivierter Gruppen an Kontrolle und Leitung der Unternehmen macht es auch notwendig, einen neuen betriebswirtschaftlichen Erfolgsmaßstab zu entwickeln, der den Gesichtspunkt der betrieblichen Rentabilität mit dem des sozialen Nutzens verbindet.

Für viele Klein-und Mittelunternehmen kann eine Verschärfung der Gewerbeaufsicht und Ausweitung der Mitbestimmung sinnvoller sein als Formen der Vergesellschaftung. Ergänzt werden müssen diese Maßnahmen durch einen großzügigen Ausbau der gesetzlichen Auflagen zur sozialen Sicherung der Arbeiter und Angestellten in den Betrieben, eine arbeiterfreundliche Novellierung des Arbeitsrechts, wirksame Vorkehrungen gegen Arbeitsunfälle, bessere betriebsärztliche Versorgung usw. Für weite Bereiche bieten sich auch genossenschaftliche Organisationsformen an. Eine dogmatische Festlegung auf ein Organisationsmodell für alle Zweige der Wirtschaft wird abgelehnt.

Mehr Demokratie in der Wirtschaft bedeutet aber auch unmittelbare Selbstbestimmung der arbeitenden Menschen dort, wo sie die Wahrnehmung übergeordneter Interessen der Gesamtgesellschaft nicht gefährdet. Dies gilt vor allem für die Selbstorganisation der Arbeitsprozesse im Rahmen vereinbarter Produktionsziele. Die unmittelbare Selbstorganisation in der Arbeitsgruppe ist ein bedeutsamer Schritt zur Emanzipation des arbeitenden Menschen und ein hervorragendes Feld der Einübung demokratischer und solidarischer Verhaltensweisen." Das entscheidende Problem einer vernünftigen und demokratischen Gestaltung der Wirtschaft liegt darin, wie sichergestellt werden kann, daß das Vorgehen der einzelnen Unternehmen die gesamtgesellschaftlich notwendige Rahmenplanung nicht durchkreuzt, sondern ausfüllt, ohne daß ein Übermaß an staatlicher Reglementierung die wünschenswerte relative Autonomie der Einzelunternehmen in Frage stellt. Zur Lösung dieser Frage sind — wie bereits dargestellt — eine Reihe verschiedener Instrumente imperativer und indikativer Planung bereits vorhanden. Deshalb ist die Vergesellschaftung, insbesondere in Form der Enteignung, nur ein letztes und stärkstes Mittel zur Durchsetzung gesellschaftlicher Gesamtinteressen. Nur wo mit anderen Mitteln eine Demokratisierung der wirtschaftlichen Machtverhältnisse nicht gewährleistet werden kann, ist die Sozialisierung marktbeherrschender Unternehmen zweckmäßig und notwendig Gerade aus den Erfahrungen mit den osteuropäischen Planwirtschaften — die zeigen, daß eine Zentralverwaltungswirtschaft weder demokratisch im Sinne größtmöglicher Beteiligung der Betroffenen, noch effektiv ist — haben die Jungsozialisten nie die Forderung vertreten, alle Produktionsmittel müßten verstaatlicht und die Gesamtwirtschaft durch ein System umfassender zentraler Planung geregelt werden. In Anlehnung an das Grundsatzprogramm des DGB stellten sie vielmehr die Forderung auf, daß die Vergesellschaftung der „Schlüsselbereiche" der Wirtschaft ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der „Demokratisierung der Verfügungsgewalt über Produktionsmittel" zu erfolgen hat, was beinhaltet, daß das Gemeineigentum nach den Grundsätzen der Selbstverwaltung und der Dezentralisierung zu ordnen ist.

Damit wird unser Blick auf ein im Selbstverständnis der Jungsozialisten integrales, oben bereits kurz erwähntes Instrument des Vergesellschaftungskonzeptes gelenkt: die Arbeiterselbstverwaltung. Mit diesem Konzept gewinnen die westdeutschen Jungsozialisten Anschluß an die immer stärker werdende Forderung nach „autogestion" (Selbstbestimmung der Arbeiter) in unseren Nachbarländern: der betrieblichen Selbstverwaltung. „Hierunter fällt die vollständige rechtliche Verfügungsmacht der Betriebsangehörigen über den Betrieb: die Bestimmung und Kontrolle der Unternehmensleitung, die Festlegung der Unternehmenspolitik. An den Entscheidungsverfahren nehmen von der Gesamtbelegschaft delegierte Vertreterorgane teil. Die bei dieser Sozialisierungsform auftauchenden Probleme vor allem in großen Betrieben liegen in folgenden Spannungsfeldern (was sich in der jugoslawischen Arbeiterselbstverwaltung gezeigt hat):

— zwischen direkter Betriebsdemokratie und zentralen Koordinations-und Leistungserfordernissen; — zwischen in erster Linie vorhandener individueller Interessenlage und der Notwendigkeit einer Berücksichtigung kollektiver Interessen.

Deshalb können Selbstverwaltungsvorstellungen nicht beliebig in irgendeinem Stadium kapitalistischer Entwicklung realisiert werden. Die Realisierung hängt entscheidend von der fortgeschrittenen Entwicklung der Produktiv-kräfte und der damit zusammenhängenden Bewußtseinsentwicklung der Arbeitnehmer ab. Eine der wichtigsten Voraussetzungen liegt in der Sicherung der materiellen Grundlagen der Arbeitnehmer, die die Interessen für nicht materielle und kollektive Probleme vergrößert. Vor allem aber ist eine institutionalisierte Verknüpfung der Interessen der Betriebskollektive mit den Interessen der Gesamtgesellschaft offenbar unerläßlich. Denn die Interessen der verschiedenen Betriebskollektive fügen sich nicht einfach widerspruchslos zum Allgemeinwohl zusammen.

Auch hier kann die inhaltliche Differenzierung nicht unterschlagen werden. Es handelt sich nicht etwa um die Ablehnung zentraler Steuerungseingriffe — soweit dies nötig ist —, um die Teilelemente des Wirtschaftskörpers auf ein — aus der Gesamtschau — optimales Ergebnis hinzulenken. Bei Einhaltung dieser Grundbedingung nationaler Wirtschaftspolitik soll lediglich unnötiger Bürokratismus in Form überzentralisierter Steuerungsapparate und -mechanismen vermieden werden. Eine ausgewogene und durchdachte demokratische Konzeption muß die wirtschaftlichen Entscheidungskompetenzen soweit wie möglich auf überschaubarer Ebene ansiedeln, ohne daß die Gesamtrationalität durch Maximierung des Eigennutzes von Teilkörpern — wie etwa Branchen — aufgehoben wird. Diese Form von dezentraler Demokratisierung der Wirtschaft empfiehlt sich nicht nur aus emanzipativen Ge-sichtspunkten heraus, sondern auch aus der Sicht effizienten Wirtschaftens."

Mit der Forderung nach „betrieblicher Selbstverwaltung" bringen die Jungsozialisten ein neues Element in die westdeutsche Diskussion um die Frage der Demokratisierung von Wirtschaft und Gesellschaft; dieses Element hat bis heute noch keinen Eingang in die offiziellen Programme der linken Großorganisationen gefunden, die sich ebenfalls um die Demokratisierung unserer Gesellschaftsordnung bemühen. Außer diesem Selbstverwaltungskonzept, das die Ablösung privater ökonomischer Macht durch die Installierung einer Unternehmensdemokratie verwirklichen will, nehmen die Jungsozialisten auch die verschiedenen Mitbestimmungskonzepte auf, wie sie innerhalb der Gewerkschaften entwickelt worden sind und zum Teil Aufnahme in deren Grundsatzprogramm gefunden haben.

Diese Mitbestimmungskonzepte, auf die wir noch näher eingehen werden, haben die Jungsozialisten in ihr Konzept der Vergesellschaftung integriert, wie das nachstehende Zitat verdeutlicht: „Vergesellschaftung bedeutet demnach, daß die systematische Einschränkung bis hin zur Entziehung privater Verfügungsgewalt über Produktionsmittel unter prinzipiell demokratischen Verfahrensweisen entweder auf überbetrieblicher (Verstaatlichung, Beteiligung verschiedener gesellschaftlicher Gruppen an Leitung und Kontrolle von Betrieben und Unternehmen, überbetriebliche Mitbestimmung) oder auf betrieblicher Ebene (Mitbestimmung, Selbstverwaltungsformen) vorangetrieben und hergestellt wird. Dabei kommt es entscheidend nicht auf die äußere Form, sondern auf den jeweils sinnvollen und erreichbaren Zweck der jeweiligen Vergesellschaftung an: die Verbesserung der Bedürfnisbefriedigung der Allgemeinheit und die Ablösung von privater Macht in Wirtschaft und Politik durch demokratisch kontrollierte und eingesetzte Entscheidungsträger. Leitlinie dabei muß es sein, in Kontrolle und Leitung der Betriebe und Unternehmen zusätzliche Motive (Belegschaftsinteressen, Interessen staatlicher Stellen an Berücksichtigung . externer Effekte’, evtl. Verbraucherinteressen etc.) einzubringen, die in der kapitalistischen Wirtschaftsorganisation vernachlässigt werden."

Im folgenden sollen nun die angesprochenen Mitbestimmungskonzepte im Rahmen des Gesamtkonzepts einer Wirtschaftsdemokratie dargestellt werden.

VIII. Mitbestimmung

Mitbestimmung bedeutet gleichberechtigte Beteiligung der Arbeitnehmer und ihrer gewählten Vertreter an den betrieblichen und unternehmerischen Entscheidungsprozessen. Träger der Mitbestimmung sind die Arbeitnehmer, die Betriebs-und Personalräte, die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, die Arbeitsdirektoren und nicht zuletzt die gewerkschaftlichen Vertrauensleute. Mitbestimmung als Herstellung von Machtgleichgewicht der Arbeitgeber-und Arbeitnehmerseite ist somit als Ergänzung und Einschränkung der Verfügungsgewalt der juristischen Eigentümer bzw.deren Vertreter zu verstehen, Ist kein Macht-gleichgewicht gegeben, so kann im eigentlichen Sinn nicht von Mitbestimmungsrechten, sondern nur von Informations-, Anhörungsund Mitwirkungsrechten gesprochen werden.

Mitbestimmung wird nicht statisch als Endziel, verstanden. Im Kampf um die Wirtschaftsdemokratie ist die Mitbestimmung auf betrieblicher und unternehmerischer Ebene eine machtpolitische und organisatorische Zwischenstufe auf dem Wege zur Selbstbestimmung und Selbstverwaltung der Abhängigen. Erst wenn die Mitbestimmung auf allen Ebenen des wirtschaftlichen Prozesses: Arbeitsplatz, Betrieb, Unternehmensleitung, Wirtschaftsorgane (Kammern), Wirtschaftspolitik sowie im Rahmen einer demokratischen Planung und der Vergesellschaftung der marktbeherrschenden Unternehmen, verwirklicht wird, wird sich jene neue Qualität der ökonomischen Machtverhältnisse herstellen lassen, die als die „Selbstorganisation der Produzenten" bezeichnet werden könnte. Konsequenz dieser Ausführung muß daher sein, die bisherigen Mitbestimmungskonzepte, wie sie in der Bundesrepublik diskutiert werden und als Gesetzesvorlage mittlerweile das Parlament erreicht haben, durch folgende weitergehende Mitbestimmungsstrategien zu ergänzen:

— Mitbestimmung am Arbeitsplatz, — Mitbestimmung in den Organen der Wirtschaft und in der Volkswirtschaft. 1. Mitbestimmung in Großunternehmen auf Unternehmensebene Der entscheidende nächste Schritt auf dem Wege zu einer Industriellen Demokratie im Rahmen der aktuellen westdeutschen Politik ist zweifellos die Mitbestimmung in Großunternehmen auf Unternehmensebene. Der schwere Konflikt zwischen Sozialdemokraten (bzw. Gewerkschaften) und Liberalen in der Mitbestimmungsfrage, an der dieses zentrale Reformkonzept der sozial-liberalen Koalition zu scheitern droht, ist durch die Weigerung der SPD-Entwurf von 1968 § 1 Geltungsbereich (1) Dieses Gesetz gilt für Großunternehmen und Konzerne, die in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft, einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, einer Genossenschaft . . . betrieben werden. (2) Dieses Gesetz findet auch auf Unternehmen Anwendung, die unter das Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie . . . fallen. § 2 Begriff des Großunternehmens (1) Großunternehmen im Sinne von § 1 Abs. 1 sind Unternehmen und Konzernunternehmen mit a) mindestens zweitausend Arbeitnehmern und einer Bilanzsumme von mindestens fünfundsiebzig Millionen Deutsche Mark;

Liberalen hervorgerufen worden, eine echte Machtparität im Gesetz zu verankern; sie wurde durch den „Einbau" eines Vertreters der „Leitenden Angestellten", auf dem die FDP bestand, vereitelt. Die folgende Synopse einiger zentralen Regelungen der beiden maßgeblichen Konzepte verdeutlicht den Sachverhalt:

Sozialliberaler Kompromiß § 1 Geltungsbereich (1) In Unternehmen, die 1. in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft, einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, einer bergrechtlichen Gewerkschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit oder einer Erwerbs-und Wirtschaftsgenossenschaft betrieben werden u. 2. in der Regel mehr als 2 000 Arbeitnehmer beschäftigen, haben die Arbeitnehmer ein Mitbestimmungsrecht nach Maßgabe dieses Gesetzes. (2) Dieses Gesetz gilt nicht für die Mitbestimmung in Organen von Unternehmen, in denen die Arbeitnehmer nach dem ... Montan-Mitbestimmungsgesetz . .. ein Mitbestimmungsrecht haben (. . .) (4) Dieses Gesetz gilt nicht für Unternehmen, die unmittelbar und überwiegend 1. politischen, ... konfessionellen, karitativen, erzieherischen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Bestimmungen oder 2. Zwecken der Berichterstattung oder Meinungsäußerung auf die Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG Anwendung findet, dienen. (. . .) (Begriff des Großunternehmens:

Nach § 1, 1 Unternehmen, die „in der Regel mehr als 2 000 Arbeitnehmer beschäftigen.") b) mindestens zweitausend Ar-

beitnehmern und mit einem Jahresumsatz von mindestens einhundertfünfzig Millionen Deutsche Mark oder c) einer Bilanzsumme von mindestens fünfundsiebzig Millionen Deutsche Mark und einem Jahresumsatz von mindestens einhundertfünfzig Millionen Deutsche Mark.

(...) § 16 Zusammensetzung des Aufsichtsrates (1) Besteht der Aufsichtsrat aus elf Mitgliedern, dann setzt er sich zusammen aus:

a) vier Vertretern der Anteilseigner und einem weiteren Mitglied; b) vier Vertretern der Arbeitnehmer und einem weiteren Mitglied; c) einem weiteren Mitglied.

(...) (4) Die weiteren Mitglieder dürfen nicht a) Repräsentanten einer Vereinigung der Arbeitnehmer oder Arbeitgeber oder einer Spitzen-organisation dieser Vereinigungen sein oder zu diesen in einem ständigen Dienst-oder Geschäftsbesorgungsverhältnis stehen;

b) im Laufe des letzten Jahres vor der Wahl eine unter Buchstabe a bezeichnete Stellung innegehabt haben;

c) in dem Unternehmen oder in einem mit diesem verbundenen Unternehmen auf Grund Ar-beitsoder Dienstvertrags oder als Inhaber, geschäftsführender Gesellschafter oder Mitglied des zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organs tätig sein;

d) an dem Unternehmen oder an einem mit diesem verbundenen Unternehmen wirtschaftlich wesentlich interessiert sein. § 7 Zusammensetzung des Aufsichtsrates (1) Der Aufsichtsrat setzt sich zusammen aus 1. zehn Aufsichtsratmitgliedern der Anteilseigner und 2. zehn Aufsichtsratmitgliedern der Arbeitnehmer (2 ) Unter den in Absatz 1 Nr. 2 bezeichneten Mitgliedern des Aufsichtsrats müssen sich befinden 1. sieben Arbeitnehmer des Unternehmens, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, ein Jahr dem Unternehmen angehören und die weiteren Wählbarkeitsvoraussetzungen des § 8 des Betriebsverfassungsgesetzes erfüllen, sowie 2. drei Vertreter von Gewerkschaften, die in dem Unternehmen selbst oder in einem anderen Unternehmen vertreten sind, dessen Arbeitnehmer nach diesem Gesetz an der Wahl von Aufsichtsratmitgliedern des Unternehmens teilnehmen. § 24 Organe zur gesetzlichen Vertretung (1) Das zur gesetzlichen Vertretung des Unternehmens berufene Organ muß aus mindestens drei Mitgliedern bestehen. Die Mitglieder werden mit Zweidrittelmehrheit vom Aufsichtsrat bestellt. (2) Ein Mitglied des zur gesetzlichen Vertretung des Unternehmens bestellten Organs muß, unbeschadet seiner sonstigen Aufgaben, vorwiegend für Personal-und Sozialangelegenheiten zuständig sein.

Mit der Konzeption einer Mitbestimmung in der Leitung der Großunternehmen stehen wir inzwischen in der Bundesrepublik nicht mehr allein. Es gibt zur Zeit Gesetze, Gesetzesvorlagen oder zumindest linke Programmkonzepte — in Norwegen und Schweden, aber zugleich auch in Österreich, Holland und in der Schweiz (außerdem im europäischen Gewerkschaftsbund in Brüssel) —, in den größeren Unternehmen ein Mitbestimmungsmodell zu etablieren. Diese Entwicklung hat sogar dazu geführt, daß der „Europäische Bund Freier Gewerkschaften" (EBFG) mehrheitlich die Verankerung der Mitbestimmung auf den Ebenen der Betriebe, des Aufsichtsrats und des Vorstands (Top Managements) in dem in Vorbereitung befindlichen Gesetz über die „Europäische Aktiengesellschaft" (Societe Europen = SE) fordert. Die Forderungen, gegen die die Kapitalvertreter bereits heftig protestieren, lauten: „Bildung eines Europäischen Betriebsrates bei der SE mit Informations-und Konsultationsrechten;

Besetzung des Aufsichtsrates der SE zu je drei Teilen aus Vertretern der Aktionäre, der Arbeitnehmer und des allgemeinen Interesses; Bestellung eines Vorstandsmitgliedes der SE, das sich mit Fragen der Personal-und Sozialpolitik zu beschäftigen hat."

In dieser Entschließung erscheint übrigens ein Modell der Kontrolle bzw. Einschränkung kapitalistischer Macht, das in verschiedenen westeuropäischen Ländern zunehmend angestrebt wird: eine „Drittel-Parität" von Kapital-, Arbeiter-und Staats-(Kommunal) Vertretern. § 15, 2, Satz 2: Dem Aufsichtsrat müssen mindestens ein Arbeiter, ein Angestellter und ein leitender Angestellter angehören. § 28 Bestellung des Organs zur gesetzlichen Vertretung des Unternehmens (1) ... (2) Der Aufsichtsrat bestellt die Mitglieder des zur gesetzlichen Vertretung des Unternehmens befugten Organs mit einer Mehrheit, die mindestens zwei Drittel der Stimmen seiner Mitglieder umfaßt. 2. Mitbestimmung im Betriebsverfassungsgesetz Während auf Unternehmensebene in der Bundesrepublik ein zwischen der Montanindustrie einerseits und den Bereichen der Weiterverarbeitung andererseits aufgespaltenes Recht besteht, gilt für alle Branchen in gleicher Weise unterhalb dieser Ebene der eigentlichen Unternehmertätigkeit seit 1952 das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Dieses Gesetz regelt die Rechtsstellung der von den Arbeitnehmern zu wählenden Betriebsräte, denen abgestufte Mitbestimmungssowie Beratungsund Informationsrechte über betriebliche Alltagsprobleme zuerkannt sind.

Das BetrVG von 1952 wurde von der Regierung der sozial-liberalen Koalition umfassend novelliert; das neue, in Kurzform als BetrVG 1972 bezeichnete Gesetz enthält eine erhebliche Ausweitung der sehr unzureichenden Befugnisse der Betriebsratsgremien. Aber auch das BetrVG 1972 enthält nach wie vor wesentliche „Defizite"; u. a. ist bei Betriebseinschränkungen oder Stillegungen die Allein-bestimmung des Unternehmers unangetastet (lediglich rechtzeitige Information des Betriebsrats sowie Abfindungen für Gekündigte sind erzwingbar), ferner ist das Vetorecht bei Kündigungen ungenügend durchgreifend, denn nur unter sehr komplizierten Bedingungen kann der Betriebsrat mit seinem Veto gegen geplante Kündigungen gegebenenfalls eine aufschiebende Wirkung erreichen. Die wesentlichen Rechte, die dem Betriebsrat zustehen, sind folgende:

— Nach § 87 sind insgesamt zwölf abschließend aufgeführte Angelegenheitsbereiche der vollen Mitbestimmung des Betriebsrats unterstellt, u. a. Fragen der „Betriebsordnung", Tor-kontrollen, technische Kontrollgeräte am Arbeitsplatz, Sozialeinrichtungen, Mietverträge von Werkswohnungen, ferner Einführung und/oder Beibehaltung von Kurzarbeit, Überstunden, gleitender Arbeitszeit, Schichtarbeit, Ent-lohnungsmethoden, Akkordentlohnung und -festsetzung usw.

Bei Nichteinigung von Arbeitgeber und . Betriebsrat kann jede Seite eine vom Gesetz als Bedarfseinrichtung vorgesehene paritätische Einigungsstelle mit Beisitzern beider Seiten und einem (gerichtlich zu bestellenden) neutralen Vorsitzenden anrufen. Diese Einigungsstelle kann in der streitigen Sache einen verbindlichen „Spruch" fällen. — Nach § 94 hat der Betriebsrat das gleiche (notfalls über die Einigungsstelle erzwingbare) Mitbestimmungsrecht bezüglich des Inhalts von Personalfragebogen für Arbeitnehmer und Bewerber, ebenso über im Betrieb anzuwendende Kriterien von Beurteilungssystemen. — Nach § 80 hat der Betriebsrat ein überwachungsrecht bezüglich der betrieblichen Anwendung aller zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Rechtsnormen aus Gesetzen, Verordnungen, Tarifverträgen und anderen Rechtsquellen. — Bei Neueinstellungen und Versetzungen hat der Betriebsrat ein weitgehendes Vetorecht, bei dessen Wahrnehmung der Arbeitgeber die geplante Maßnahme nur dann dennoch ausführen kann, wenn auf seinen Antrag hin die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung gerichtlich ersetzt wird (§ 99). — Abgestuft nach Betriebsgrößen und anfallender Arbeit hat der Betriebsrat das Recht zur Arbeitsbefreiung von Betriebsratsmitgliedern (§ 37, II und § 38) sowie zum Erhalt von Räumen, sachlichen Mitteln und Büropersonal (§ 40). — Der Betriebsrat darf jährlich sechs lohnzahlungspflichtige Betriebsversammlungen während der Arbeitszeit durchführen (§ 43 Abs. 1) sowie jederzeit bei Bedarf Betriebsratssitzungen durchführen (§ 30). — Vertreter von Gewerkschaften, die im Betrieb durch Mitglieder repräsentiert sind, haben jederzeitigen Zugang zum Betrieb, um dort betriebsverfassungsrechtliche sowie aus Art. 9 III GG ableitbare koalitionsrechtliche Befugnisse wahrzunehmen; solche außerbetrieblichen Gewerkschaftsvertreter haben ferner Zutritt und Beratungsrecht bei Betriebsratssitzungen, wenn ein Viertel der Betriebsratsmitglieder dies beantragt; schließlich hat der Gewerkschaftsvertreter Zutritts-und Beratungsrecht auf Betriebsversammlungen auch und unangemeldet (vgl. § 2 uneingeladen II, § 31 und § 46). 3. Ausbau der Gewerkschaftsorganisation und Mitbestimmung am Arbeitsplatz Ohne Mitbestimmung am Arbeitsplatz, d. h. Mitentscheidung arbeitsnaher Probleme und Konflikte durch die zusammenarbeitenden Gruppen selbst bleibt die Mitbestimmungskonzeption ein Koloß auf tönernen Füßen. Am Arbeitsplatz können durch Veto-und Mitgestaltungsrecht die Arbeitsgruppen und ihre Vertrauensleute unmittelbar Konflikte artikulieren, gegen inhumane und/oder disfunktionale Zustände bzw. Entscheidungen (sofern sie diese Arbeitsgruppe betrifft!) direkt Stellung nehmen, alternative Lösungen entweder sofort bei und mit den Vorgesetzten durchsetzen oder an den Betriebsrat zur Mitbestimmung weiterleiten. Kritische Gewerkschafter haben in den sechziger Jahren daher die Konzeption der „Mitbestimmung am Arbeitsplatz" entwickelt (vgl. die detaillierte Darstellung in „Menschenwürde im Betrieb" Dieses Konzept haben sich die Jungsozialisten Hessen-Süd in ihren Beschlüssen zur „Intensivierung der Betriebspolitik" vom 15. Dezember 1974 zu eigen gemacht: „Die gewerkschaftlichen Organisationen und ihre Mitbestimmungskonzeption sind in der betrieblichen Basis stärker zu verankern. Dies steht in Übereinstimmung mit der Erkenntnis, daß ohne Aktivierung und Politisierung der abhängig Beschäftigten in ihren unmittelbaren Arbeits-und Lebensbereichen die Basis für eine progressive antikapitalistische Politik niemals dauerhaft hergestellt werden kann.

In diesem Sinne unterstützen die Jungsozialisten die gewerkschafts-und mitbestimmungspolitischen Konzepte, die darauf abzielen, die Stellung und Kompetenzen der Vertrauensleute (des Vertrauenskörpers) im Betrieb wesentlich zu stärken. Ohne die Einbeziehung der elementaren Kollektive und ihrer Vertrauensleute in den betrieblichen Entscheidungsprozeß besteht keine Chance für eine konkrete Subjektwerdung der Arbeiter und Angestellten in die Arbeitswelt, keine Ingangsetzung realer, aus Basiskonflikten sich entwickelnder Mitbestimmungsprozesse auch auf höherer Ebene (Betrieb und Unternehmen), kein Lernprozeß für politische Selbstbewußtwerdung und für künftige Selbstorganisation der Arbeiter im Betrieb.

Die Durchsetzung der betrieblichen und über-betrieblichen Mitbestimmung, der Ausbau der betrieblichen Gewerkschaftsorganisation (Vertrauensleuteorganisation) und der Mitbestimmung der Arbeitsgruppen am Arbeitsplatz bilden ein untrennbares Ganzes. Daraus folgt, daß eine Mitbestimmung am Arbeitsplatz, die sich neben der oder gegen die gewerkschaftliche Interessenorganisation und die Arbeit des Betriebsrates entwickeln könnte, die vorhandenen Ansätze einer innerbetrieblichen Solidarität der Arbeitenden zerstört und daher abzulehnen ist.

Eine basisdemokratisch orientierte, betriebs-

politische Strategie der Jungsozialisten hat daher vorrangig drei Zielrichtungen:

1. Stärkung der Position der Vertrauensleute (VL) und des Vertrauenskörpers (VKL) in den Betrieben.

2. Durchsetzung der Mitbestimmung der Arbeitsgruppen am Arbeitsplatz und des Betriebsrates in der Arbeitsorganisation.

3. Unterstützung von Strategien zur Vergrößerung des Handlungsspielraumes der Arbeitenden im Betrieb — insbesondere zur Schaffung von sogenannten . teilautonomen Gruppen'."

Zu Punkt 1. führen die Jungsozialisten dann weiter aus:

„Dem Vertrauenskörper kommt eine Vermittlerrolle zwischen der betrieblichen Basis und der gewerkschaftlichen Gesamtorganisation zu. Folgende Punkte sind besonders wichtig für seine Arbeit:

— die VL müssen grundsätzlich von den organisierten Kollegen und Kolleginnen ihres Arbeitsbereichs gewählt werden, nicht, wie teilweise noch üblich, durch hauptamtliche Funktionäre, — die VL müssen in der Satzung der Gewerkschaft verankert werden, sie müssen Antrags-recht in gewerkschaftlichen Organen erhalten (vgl. z. B. Satzung der IG Chemie), — die VL müssen tarifvertraglich abgesichert werden (Kündigungsschutz, Bildungsmaßnahmen, zeitweilige Freistellung für gewerkschaftliche Arbeit). Diese Absicherungen dürfen keinerlei Bindungen im Sinne der betriebsverfassungsrechtlichen Treuepflicht beinhalten. — Auftretende Konflikte im Betrieb dürfen nicht allein dem BR zur Lösung überlassen werden. Der BR muß vielmehr mit dem VKL zusammenarbeiten ...

Die Vertrauenskörper müssen das Recht haben, mit Mehrheit und nach Abstimmung mit der örtlichen Gewerkschaftsleitung kollektiven Widerstand im Betrieb zu organisieren, wenn a) die Bemühungen des Betriebsrates sowie der zuständigen Gewerkschaftsvertreter um eine befriedigende Regelung des Konflikts mit dem Arbeitgeber gescheitert sind, b) Arbeitskonflikte anstehen, in denen nicht auf Grund tarifvertraglicher Regelungen gewerkschaftliche Friedenspflicht besteht.

Eine besondere Aufgabe fällt deshalb den gewerkschaftlichen Vertrauensleuten im Rahmen der Mitbestimmung und Mitwirkung am Arbeitsplatz (Arbeitsgruppenbesprechung) zu.

Demgemäß sollte in künftige Tarifverträge folgende Regelung ausgenommen werden:

— Die Vertrauensleute haben das Recht, während der Arbeitszeit nach Bedarf Vertrauensleutevollversammlungen abzuhalten, um aktuelle Konflikte zu diskutieren und Arbeitsgruppenbesprechungen vorzubereiten.

Der Betriebsrat ist zu diesen Vollversammlungen einzuladen.

— Die Vertrauensleute sollen in Abstimmung mit der örtlichen Gewerkschaftsleitung und den gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmervertreter im Betriebsrat, in den Aufsichtsräten und Vorständen (Arbeitsdirektoren) Einfluß nehmen auf — Gestaltung und Einhaltung der Tarifverträge und der Betriebsvereinbarungen, — Gestaltung und Besetzung des Arbeitsplatzes, nebst Investition und Einsatz von Produktionsmitteln in den jeweiligen Arbeitsbereichen, — Arbeitstempo, Arbeitsrhythmus, Maschinenbedienung, Springerregelung, Pausen u. ä., — Auswahl der Vorgesetzten.

— Die Vertrauensleute und die Sprecher der Arbeitsgruppen — soweit sie nicht Vertrauensleute sind — können jederzeit ungehindert ihre sich aus diesen Vorschriften herleitenden Funktionen wahrnehmen. Insbesondere können sie ungehindert vorbereitende Gespräche mit Betriebsrat und Vorgesetzten bzw. Vertretern des Arbeitgebers führen."

Zu Punkt (2) „Durchsetzung der Mitbestimmung der Arbeitsgruppen am Arbeitsplatz und des in Betriebsrates der Arbeitsorganisation" verweisen die Jungsozialisten in ihren Beschlüssen auf das neue Betriebsverfassungsgesetz von 1972. Als wichtigsten Ansatz dieses Gesetzes zu einer basisnäheren Mitwirkung erscheint der § 3, der bestimmt, daß durch Tarifverträge „zusätzliche betriebsverfassungsrechtliche Vertretungen der Arbeitnehmer (Arbeitsgruppen)" geschaffen werden können.

Folgerichtig kommen deshalb die Jungsozialisten zu folgenden Forderungen: „Für die Gewerkschaftspolitik wesentlich ist es, die Offnungsklausel des § 3 des neuen BetrVG zu nutzen und demgemäß in künftigen Tarifverträgen folgende Vorschriften aufzunehmen: (1) Zur zweckmäßigen Gestaltung der Zusammenarbeit des Betriebsrates mit den Arbeitnehmern (vgl. § 3, 1 BetrVG) erhalten die im Betrieb zusammenarbeitenden Arbeitnehmer das Recht, in den nach bestimmten Beschäftigungsarten oder Arbeitsbereichen sich ergebenden Gruppen Besprechungen während der Arbeitszeit durchzuführen (Arbeitsgruppenbesprechung).

Der Betriebsrat ist hierzu einzuladen.

Auf Wunsch der Arbeitsgruppen haben zuständige Vertreter des Arbeitgebers an den Arbeitsgruppenbesprechungen teilzunehmen. (2) Arbeitsgruppenbesprechungen dienen der Mitwirkung der Arbeitnehmer an allen sie am Arbeitsplatz interessierenden Fragen. (3) Arbeitsgruppen können Arbeitsgruppen-sprecher bestimmen. Hierbei ist es eine vordringliche Aufgabe der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften und ihrer Vertrauensleute, Arbeitsgruppenbesprechungen zu initiieren und die Sprecherfunktion wahrzunehmen. (4) Der Betriebsrat hat das Recht, von sich aus Arbeitsgruppenbesprechungen einzuberufen. (5) Kommt bei Arbeitsgruppenbesprechungen eine Einigung mit den zugeladenen Arbeitgebervertretern nicht zustande, so wird die Angelegenheit von Betriebsrat und Arbeitgeber weiter verhandelt. Vor einer Entscheidung ist die Arbeitsgruppe bzw. ihr Sprecher anzuhören.

Kommt eine Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat nicht zustande, so entscheidet eine Einigungsstelle verbindlich (für die Einigungsstelle gilt § 76 BetrVG analog). (6) An materiellen Ergebnissen wie kostensparenden Vorschlägen, Verbesserungen der Produktivität u. ä., die dem Unternehmen durch Initiative einer Arbeitsgruppe zugute kommen, ist die Gruppe gleichberechtigt zu beteiligen. Gegebenenfalls gelten die Bestimmungen des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen sinngemäß."

Zu Punkt (3): Unter Hinweis auf die zahlreichen gelungenen Versuche mit „teilautonomen Gruppen" in Unternehmen Italiens, Hollands, Skandinaviens und der Bundesrepublik erheben die Jungsozialisten zur Unterstützung von Strategien zur Erweiterung des Handlungsspielraums der Arbeitenden im Betrieb folgende Forderung:

In Tarifverträgen Ist „folgende Regelung durchzusetzen (in Ergänzung des § 90 des BetrVG, wo die Berücksichtigung der . gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit’ bei Neu-, Um-und Erweiterungsbauten von Fabrikations-, Verwaltungs-und sonstigen betrieblichen Räumen, von technischen Anlagen, von Arbeitsverfahren, Arbeitsabläufen oder der Arbeitsplätze gefordert wird!): , Insbesondere haben Arbeitgeber und Betriebsrat systematisch darauf hinzuwirken, anstelle von monotoner Arbeitszerlegung und fremdbestimmter Arbeitsorganisation den Handlungs-und Entscheidungsspielraum der Arbeitnehmer durch optimale Ausweitung der Arbeitsaufgaben und Verselbständigung der zusammenarbeitenden Gruppen (Schaffung . teilautonomer Arbeitsgruppen') anzustreben. Der Betriebsrat und die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften haben das Recht, auch von sich aus, unter Hinzuziehung von Arbeitswissenschaftlern und Praxisexperten aus bereits funktionierenden Modellen der Arbeitserweiterung, modellhafte Versuche dieser Art bei der Neuplanung von Arbeitsplätzen und Arbeitsorganisationen auszuarbeiten und dem Arbeitgeber vorzuschlagen. ’" 4. überbetriebliche und gesamtwirtschaftliche Mitbestimmung In Anlehnung an den Art. 165 der Weimarer Reichsverfassung, der nach Wirtschaftsgebieten gegliederte Bezirksarbeiterräte und einen Reichsarbeiterrat vorsah, wird vom DGB die Einrichtung von Wirtschafts-und Sozialräten, in denen Arbeitnehmer-und Unternehmervertreter paritätisch vertreten sind, gefordert. Dabei sollen die Räte ein Initiativrecht für wirtschaftspolitische Gesetze haben. Ihre Funktion müßte darin bestehen, betriebliche Entscheidungen und Kapitalinteressen so einzubinden, daß die von den Folgeproblemen betrieblicher Produktion Betroffenen ebenfalls Mitbestimmungsrechte über wirtschaftsund sozialpolitische Problem-und Ausgleichslösungen erhalten. Zur Frage der überbetrieblichen, gesamtwirtschaftlichen Mitbestimmung hat daher der DGB 1971 folgende Vorstellung entwickelt: „Die Interessen der Arbeitnehmer (insgesamt werden) durch wirtschafts-und sozialpolitische Maßnahmen auf drei verschiedenen Ebenen betroffen, nämlich auf der des Bundes, der der einzelnen Bundesländer und auf der regionalen Ebene. Deshalb müssen auch auf allen drei Ebenen entsprechende Institutionen geschaffen werden. Auf der Bundesebene bietet sich als Gesprächspartner für Regierung und Parlament ein Bundeswirtschafts-und Sozial-rat an. Entsprechendes gilt für die einzelnen Bundesländer.

Auf der regionalen Ebene empfiehlt es sich nicht, die Wahrnehmung der Arbeitnehmer-interessen auf besondere Arbeitnehmerkammern zu übertragen. Denn es gehört zum Prinzip der Mitbestimmung, auch der gesamtwirtschaftlichen Mitbestimmung, dort institutionell anzusetzen, wo Macht ausgeübt wird. Diesem Grundsatz werden die ständisch orientierten Arbeitskammern nicht gerecht. Sie sind an den machtausübenden Institutionen vorbei konstruiert. Deshalb sollen regionale Wirtschaftsräte geschaffen werden, die die wichtigsten Aufgaben der bestehenden Unternehmenskammern, namentlich auf dem Gebiet der regionalen Strukturplanung und der Berufsausbildung, zu übernehmen haben.

Der Bundeswirtschafts-und Sozialrat (BWSR) ist im Rahmen seiner Aufgaben und der formalen Zuständigkeitsabgrenzungen zuständig für die gesamte Wirtschaftsund Sozialpolitik, einschließlich der Finanz-, Steuer-und Verkehrspolitik, soweit davon die Belange der Arbeitnehmer berücksichtigt werden.

Für die Landeswirtschafts-und Sozialräte (LWSR) gelten grundsätzlich alle Bestimmungen über den BWSR. Anstelle der Institutionen des Bundes treten hierbei die entsprechenden Landesinstitutionen.

Zu den Aufgabenbereichen des LWSR gehören insbesondere die Struktur-, Verkehrs-, Arbeitsmarkt-, Energie-und Wohnungsmarktpolitik sowie die berufliche Bildung.

Die Zuständigkeit der Regionalen Wirtschaftsund Sozialräte (RWSR) erstreckt sich auf folgende Bereiche:

a) Berufliche Bildung: Der RWSR übernimmt von den bisherigen Kammern die Durchführung der beruflichen Bildung, d. h., er wird . zuständige Stelle'im Sinne des Berufsbildungsgesetzes. Diese Zuordnung kann allerdings insofern nur eine vorläufige Lösung darstellen, als die Realisierung umfassender Bildungskonzeptionen auch für den Bereich der beruflichen Bildung andere Zuordnungen möglich und notwendig macht.

b) Regionale Strukturplanung und Struktur-politik, insbesondere: Raumordnung, Verkehrsplanung, Siedlungs-und Wohnungsbaupolitik, Industrieansiedlungen, Energie-wirtschaft, Wasserversorgung, Müll-und Abwasserfragen.

Dem RWSR können durch bundes-oder landesgesetzliche Vorschriften weitere Aufgaben, die bisher in den Zuständigkeitsbereich der bestehenden Unternehmens-kammern fielen, übertragen werden.

Die bisherigen Unternehmenskammern verlieren ihren öffentlich-rechtlichen Status, einschließlich der Zwangsmitgliedschaft. Sie können jedoch als private Vereinigungen der Unternehmer fortbestehen. Diejenigen Aufgaben der Kammern, die im öffentlichen Interesse liegen und nicht den RWSR übertragen werden, sind der öffentlichen Kommunalverwaltung zuzuweisen; damit wird zugleich eine Stärkung des Gedankens der kommunalen Selbstverwaltung erreicht.

Die Kammeraufgaben, die ausschließlich dem privaten Interesse der Wirtschaft dienen, werden künftig von den Wirtschaftsverbänden wahrgenommen. Auf diese Weise wird endlich die bei den Kammern bisher vorhandene Verquickung von privaten Kapitalinteressen und öffentlichen Aufgaben beseitigt.

Die in Anlehnung an das DGB-Grundsatzprogramm hier dargestellte Konzeption: volkswirtschaftliche Wohlfahrtsplanung (Rahmenplanung und Investitionslenkung), Kontrolle wirtschaftlicher Macht (insbesondere Vergesellschaftung der Schlüsselpositionen) und Mitbestimmung der Arbeitnehmer auf allen Ebenen des Produktionsprozesses, sind die sich ergänzenden Prinzipien einer Wirtschaftsdemokratie.

IX. Wirtschaftsdemokratie — Wesenselement einer menschenwürdigen Gesellschaft

Die Behauptung, daß ohne die skizzierte demokratische Gestaltung und Kontrolle der Wirtschaft Demokratie auf die Dauer nicht zu verwirklichen ist, soll in einigen abschließenden Thesen plausibel gemacht werden. Denn die bisherigen, mehr strukturellen Erörterungen, aber selbst die zitierten, im Programm des DGB angesprochenen Zielsetzungen könnten zu der verengten Ansicht verführen, es gehe lediglich um ein besseres Funktionieren der Wirtschaft, bestenfalls um eine gerechtere Ordnung der Arbeitswelt. Demgegenüber ist zu zeigen, daß eine demokratisch gestaltete Wirtschaftsordnung der bestehenden „plankapitalistischen" entscheidend überlegen ist, nicht nur, weil sie in der Tat volkwirtschaftlich weitaus rationaler funktioniert, sondern auch und vor allem, weil sie allein auf die Dauer eine friedliche, menschenwürdige, freiheitliche Ordnung des persönlichen und gesamtgesellschaftlichen Lebens ermöglicht.

Erstens: Die volkswirtschaftliche Rahmenplanung und die öffentliche Verfügungsgewalt über bedeutende Teile der großindustriellen Erträge setzen die Demokratie in den Stand, die für die Zukunft unserer Industriegesellschaft entscheidenden, heute gefährlich vernachlässigten gesamtgesellschaftlichen (infrastruktureilen) Aufgaben (Bildungseinrichtungen, Verkehrs-und Städteplanung, Landschaftspflege, Gesundheitspolitik usw.) wirksamer in Angriff zu nehmen.

Zweitens: Eine wirtschaftsdemokratische Ordnung befreit die große Mehrheit des Volkes von den Überanstrengungen und der Angst um den Arbeitsplatz, die die kapitalistischen Konjunkturschwankungen mit sich bringen. Indem sie ein harmonisches Wirtschaftswachstum durch Planung volkswirtschaftlich richtiger Proportionen des Nachfrage-, Produktionsbzw. Investitionswachstums garantiert, schafft sie zugleich eine Voraussetzung für die Befreiung der Menschen aus der Hörigkeit eines durch Reklameterror bewirkten sinnlosen Geltungs-und Verschwendungskonsums; eine objektive öffentliche Verbraucherinformation trägt wesentlich dazu bei.

Drittens: Die Verminderung des unternehmerischen Risikos durch Rahmenplanung und Investitionslenkung, sozialpolitische Pionierleistungen vergesellschafteter Unternehmen und vor allem der Ausbau der Mitbestimmung können wesentlich zur Entspannung der zwischenmenschlichen Beziehungen in der industriellen Arbeitswelt beitragen; der tatsächliche oder angebliche Druck eines pervertierten, die menschlichen „Kosten" ignorierenden Rentabilitätsprinzips kann gelockert werden:

An die Stelle würdeloser Unmündigkeit der meisten Arbeitenden infolge unnötig übersteigerter Befehls-und Kontrollsysteme kann weitestmögliche Mitberatung, Mitbestimmung, Selbstverantwortlichkeit und Beteiligung der Arbeitnehmer treten;

an die Stelle des demoralisierenden Klein-krieges zwischen Betriebsleitung und Arbeitnehmern um die Leistungssteigerung kann eine Versachlichung und Humanisierung der Normfestsetzung treten, erniedrigende „Aufpasser" -Funktionen können dann abgebaut werden; an die Stelle einer Geist und Gesundheit zermürbenden Erniedrigung von Arbeitenden zu bloßen Anhängseln, Lückenbüßern des noch nicht automatisierten technischen Produktionsprozesses kann bei der Organisation dieses technischen Prozesses die Sorge um das Menschsein der darin Tätigen weitaus bestimmender zur Geltung kommen — beispielsweise durch Abschaffung unnötiger Nachtschichten und einer verblödenden, übertriebenen Arbeitszerlegung

Viertens: Seit der Weltwirtschaftskrise sind die Rüstungsausgaben ein wesentliches Element wirtschaftlicher „Erholung" und Stabilität in den westlichen Industriestaaten geblieben. Eine volkswirtschaftlich planende und die Macht insbesondere der großen Konzerne kontrollierende Demokratie ist dagegen in der Lage, die Konjunktur dauerhaft ohne übersteigerte (nur durch gefährliche Todfeind-Ideologien zu rechtfertigende) Rüstungsproduktion aufrechtzuerhalten; sie beseitigt damit eines der größten Hindernisse einer glaubwürdigen Friedenspolitik in unserer Zeit.

Damit sind nur einige der gesellschaftlichen Gesundungsprozesse sichtbar gemacht, die ermöglicht werden können durch die Unterordnung der ungezügelten egoistischen Wirtschaftskräfte unter die Erfordernisse des Gemeinwohls. Neuordnung, Demokratisierung der Wirtschaft — das ist gewiß kein Allheilmittel. Aber es ist eine conditio sine qua non jeder personalen und sozialen Erneuerung, jedes Strebens nach einer menschenwürdigen Gesellschaft.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Als rühmliche Ausnahme sei die Bildungsabteilung der IG Metall genannt, in der eine ältere, vereinfachte Fassung des vorliegenden Textes bereits 1968 als Arbeitsheft erschien. Jedoch hat diese Gesamtkonzeption des DGB-Grundsatzprogramms in der praktischen Gewerkschaftspolitik — auch bei den sonst gern sich einmal radikal gebenden Gewerkschaftslinken! — bisher kaum eine Rolle gespielt.

  2. Die USA repräsentieren heute ein Wirtschaftssystem, dessen relativ gute, aber immer wieder bedrohte ökonomische Stabilität durch seine Rüstungsausgaben wesentlich mitbegründet ist und ohne sie krisenhafte Züge annehmen würde. Nicht zuletzt haben die meist den Konzernen zugute kommenden riesigen staatlichen Rüstungsaufträge der letzten Jahrzehnte wirtschaftliche Konzentrationsprozesse regionaler, branchenmäßiger und besitz-mäßiger Art hervorgerufen, die ihrerseits nunmehr einem Abbau des Rüstungssektors, einer realen Abrüstungspolitik machtvoll entgegenwirken. Auch im europäischen Kapitalismus der Nachkriegszeit ist die Rüstung beschäftigungspolitisch als wesentlicher Auftragsfaktor in bestimmten Industriezweigen ein so wichtiges Element geblieben, daß Abrüstung diese Staaten vor schwierige Umstellungsprobleme stellen würde.

  3. Pierre Uri, Die Organisation (Planung) der Länder untereinander zur Errichtung Europas, in: Annalen der Gemeinwirtschaft, H. 1/63.

  4. Jörg Huffschmid, Die Politik des Kapitals, Frank-furt/M. 1969, bes. 121 ff.

  5. Allerdings sind diese bis zum heutigen Tage nicht in einem konkreten, integrierten europäischen Programm der Linken zur Wirtschaftsdemokratie zusammengefaßt worden.

  6. Es wird gezeigt, daß die kapitalistische Wirtschaftsordnung nicht überwunden ist: die Arbeitnehmer sind nach wie vor von der Verfügungsgewalt über die Produktionsmittel ausgeschlossen; sie sind von den unkontrollierbaren Wechselfällen des Marktgeschehens (der Konjunktur) abhängig; die Konzentration des Kapitals schreitet ständig fort; die gegenwärtige Einkommens-und Vermögens-verteilung ist ungerecht. Die wirtschaftlichen und sozialen Gefahren des technischen Fortschritts (Automation!) sind nicht bewältigt.

  7. Jan Tinbergen, Rolle und Bedeutung des Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung im Rahmen der europäischen Integrationspolitik, in: Gewerkschaft, Wirtschaft, Gesellschaft (Aufsatzsammlung zum 60. Geburtstag Ludwig Rosenbergs), Köln 1963, S. 227 f.

  8. Vgl. dazu W. Kapp/F. Vilmar (Hrsg.), Sozialisierung der Verluste? Die sozialen Kosten eines privatwirtschaftlichen Systems, bes. S. 101 f. Nach amerikanischen Berechnungen soll die jährliche Summe der social costs des Automobilismus bereits ebenso hoch sein wie die Summe der Wertschöpfung der Autoindustrie. D. h., deren reale volkswirtschaftliche Wertschöpfung ist gleich Null.

  9. Ein solches System von Sozialindikatoren umfaßt u. a. folgende Komponenten: Kalorien pro Person pro Tag, Protein und Fettversorgung; Kindersterblichkeit, durchschnittlichen Lebenserwartung der männlichen Bevölkerung; Schülerzahlen oberer Klassen der höheren Schulen und Hochschulen; Freizeitstunden pro Tag, Zahl der Autos zur Bevölkerung, Zahl der Überseetouristen zur Bevölkerung;

  10. U. E. Simonis, a. a. O., S. 108.

  11. D. h. hypothetische Vorhersagen, denen unterschiedliche Annahmen (z. B. verschieden hohe öffentliche Investitionen) zugrunde gelegt werden können.

  12. D. h. ein System wirtschaftlicher Zahlenwerte, die sich ergeben würden, wenn die angestrebten Ziele der staatlichen Politik tatsächlich erreicht werden (also z. B. ein spezieller oder allgemeiner Vierjahresplan).

  13. Gerhard Colm, Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung, Theorie, in: Handwörterbuch der Sozialwissenschaft, Bd. 11, Stuttgart, Tübingen, Göttingen 1961, S. 399 ff.

  14. A. a. O., S. 402. Vgl. dagegen z. B. G. Stavenhagen: „Von der VGR ist das sogenannte National-budget zu unterscheiden. Es wird vor allem zur Abschätzung zukünftiger Entwicklungen als Planungsbudget verwendet, da die VGR als expost-Feststel-lung für eine derartige Aufgabe nicht ausreicht" (Geschichte der Wirtschaftstheorie, Göttingen 1957, S. 505).

  15. Gerhard Colm, Nationalbudget, in: Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, a. a. O., Bd. 7, S. 536. Wie unabgeschlossen die aggregatökonomische und planungstheoretische Begriffsbildung, wie notwendig daher die Bemühung um konkrete Definition des im Programm Gemeinten ist, zeigt Helmut Wickels Bericht, Nationalbudget und Lohnpolitik in Schweden (Gewerkschaftliche Monatshefte 9/63, bes. S. 531), aus dem hervorgeht, daß der Begriff des N. B. sich dort im Laufe der Jahre zu dem einer ganz unverbindlichen Prognose verflüchtigt hat, außerdem aber noch . Fünfjahresprojektionen“ ausgewertet werden.

  16. Sie sind u. a. die Grundlage der Zielprojektionen des DGB die dieser auf Beschluß des 8. Bundeskongresses vom Mai 1969 alljährlich wiederholt. Es handelt sich dabei vor allem um eine Darstellung der wirtschaftsund finanzpolitischen Maßnahmen und Gesetzesänderungen, die nach Auffassung vom DGB von der Bundesregierung bzw.dem Bundestag ergriffen oder durchgesetzt werden müssen, damit die volkswirtschaftliche Planung in Verbindung mit den genannten Zielen die bestmögliche Verbesserung der Lebenshaltung der Arbeitnehmer einschließt und daß die Entscheidungsfreiheit der Arbeitnehmer nicht eingeschränkt wird.

  17. Als Herzstück der westdeutschen Wirtschaftsplanung braucht dieses Konzept nach dem Gesetz weder in der Konzentrierten Aktion noch in anderen öffentlichen Gremien diskutiert zu werden.

  18. Auszug aus dem DGB-Grundsatzprogramm von 1963, hier „Mittel der Wirtschaftspolitik", Punkt 3 (Investitionslenkung).

  19. Meißner, Wieczorek, Zinn, Veränderung der Machtverhältnisse und Verbesserung der Lebensqualität, in: Neue Gesellschaft, Januar 1973, S. 56— 60.

  20. K. G. Zinn, Investitionskontrollen und -planung, in: Wirtschaftsdienst, Hamburg, Juni 1973, S. 301— 307.

  21. Zitiert nach Manfred Krüper, Investitionslenkung — ein neues Mittel der Wirtschaftspolitik, in: Investitionskontrolle gegen die Konzerne, Hamburg 1974 (rororo-aktuell 1767), S. 10.

  22. K. G. Zinn, a. a. O., S. 304.

  23. Eine ähnliche Einschätzung der indirekten Investitionslenkung findet sich in den Thesen der Jungsozialisten Hessen-Süd, die sie auf der außerordentlichen Bezirkskonferenz vom 15. 12. 1974 beschlossen haben. In These 6 heißt es: „ ... Die indirekte Investitionslenkung schränkt die Bedeutung des Profitmotivs für die gesellschaftliche Entwicklung also nicht ein, sondern orientiert vielmehr den staatlichen Interventionismus an der Entwicklung der Profite, verstärkt also die Abhängigkeit staatlicher Politik von der Entwicklung der Reproduktionsbedingungen und vom Ablauf des Reproduktionsprozesses des Kapitals. Die Erfahrungen mit der indirekten Investitionslenkung haben gezeigt, daß trotz des erheblichen finanziellen Aufwandes nur kurzfristige Erfolge erzielt werden konnten, die in Phasen verschärfter Kapitalverwertungsschwierigkeiten wieder aufgegeben werden mußten. Durch die Anbindung der indirekten Investitionslenkung an die Entwicklung der Profite eröffnet sie auch keinen Spielraum für gewerkschaftliche Umverteilungsstrategien, sondern führt tendenziell zu einer Verschärfung des Problems der ungerechten Einkommens-und Vermögensverteilung.“

  24. Meißner, Wieczorek, Zinn, a. a. O,, S, 57.

  25. U. Steger, Konsequenzen einer Investitionslenkung für die Gewerkschaften, in: Gewerkschaftliche Monatshefte, Heft 12/1973, S. 13, zitiert nach Manfred Krüper, a. a. O., S. 15.

  26. In der These 9 zur direkten Investitionslenkung nehmen die Jungsozialisten Hessen-Süd diese Forderung auf: „Dem zentralen Plan soll — nach dem gegenwärtig noch nicht voll abgeklärten Diskussionsstand — eine Bedarfsrangskala zugrunde liegen. Diese kann von einem oder unter Beteiligung eines Wirtschaftsund Sozialrates erstellt werden. Die Einflußchancen der Gewerkschaften sollten institutionell gesichert werden." (Auszug aus der Dokumentation der außerordentlichen Bezirkskonferenz vom 15. 12. 1974.

  27. Rudolf Henschel, Preiskontrollen als Mittel der Inflationsbekämpfung, in: Investitionskontrolle gegen die Konzerne, a. a. O., S. 93.

  28. Manfred Krüper, Investitionslenkung — ein neues Mittel der Wirtschaftspolitik, in: Investitionskontrolle gegen die Konzerne, a. a. O., S. 13.

  29. Daß die Interpretation, die Sozialisierungsforderung sei — wie im Godesberger Programm der SPD — als „letztes Mittel, wenn alle anderen versagen", in den Hintergrund getreten, falsch ist, erweist sich schon daran, daß diese Forderung bei der endgültigen Fassung des Programms zum Teil aus dem Abschnitt über die Wirtschaftskontrolle ausgegliedert und in einem eigenen vorgeordneten Abschnitt „Öffentliche und freie Gemeinwirtschaft" wesentlich konkreter formuliert worden ist.

  30. Walter Hesselbach, Das gemeinwirtschaftliche Unternehmen im Wettbewerb, in: Gewerkschaft, Wirtschaft, Gesellschaft, a. a. O., S. 115.

  31. Die Chance, ihrer Gesamtkonzeption den treffenden Namen „Gemeinwirtschaft" zu geben, damit an eine glückliche Begriffsbildung anzuknüpfen, die in den 20er Jahren geprägt wurde und über das dogmatische Entweder-Oder von Markt-und Planwirtschaft hinausweist, haben die Gewerkschaften nicht wahrgenommen; statt dessen haben sie den Begriff in der begrenzten Bedeutung des nicht auf Gewinnmaximierung gerichteten Wirtschaftssektors inner-

  32. Vgl. Gewerkschaftliche Monatshefte 1/63, S. 6.

  33. Günter Siebert hat 1960 eine Untersuchung durchgeführt, deren Ergebnis war, „daß im Jahre 1957 in der Industrie (ohne Bau-und Energiewirtschaft) der Bundesrepublik (ohne Saarland und Westberlin) mindestens 96 Unternehmen bestanden, die aufgrund ihrer relativen Größe in 11 von insgesamt 29 Industriegruppen eine marktbeherrschende Stellung einnahmen". Je 4— 10 dieser Unternehmen (die nicht selten noch in Konzernen zusammengeschlossen sind) beherrschten 1957 30— 85 Prozent des Marktes ihrer Branche: Marktbeherrschende Unternehmen in der westdeutschen Industrie, in: WWI-Mitteilungen des Wirtschaftswissenschaftlichen Instituts der Gewerkschaften, Köln, H. 7/8 1960, S. 149 ff. Und Dieter Schwarz, Wettbewerbsexperte der Kommission der EG (Brüssel) referiert aus einer neuen EWG-Untersuchung über die zunehmende Marktmacht der 100 (50) größten Unternehmen (Großbritannien und Bundesrepublik Deutschland): „Der Anteil der 100 größten Industrieunternehmen am industriellen Gesamtumsatz belief sich im Vereinigten Königreich 1953 auf 26 °/o. Bis zum Jahre 1970 hat sich dieser Anteil mit nunmehr 500/0 nahezu verdoppelt. In Deutschland vereinigten die 100 größten Industrieunternehmen 1954 etwa 34 % des industriellen Gesamtumsatzes auf sich, im Jahre 1969 bereits 50 %. Dabei erscheint es bemerkenswert, daß 1969 allein die 50 größten Industriefirmen, also 0, 001 % aller Industrieunternehmen, rund 40 % des gesamten Industrieumsatzes erwirtschafteten." Aus: Dieter Schwarz, Zum Stand der Wirtschaftskonzentration im Gemeinsamen Markt, in: Der Bürger im Staat (hrsg. v. d. Landesz. f. pol. Bildg. Baden-Württemberg) Heft 4, Dezember 1973).

  34. Nach Otto Kunze, Unternehmen mit mindestens 20 000 Arbeitnehmern, 1 Milliarde DM Umsatz und einer Bilanzsumme von 500 Millionen DM — etwa 50 in der Bundesrepublik: Von der wirtschaftlichen Mitbestimmung zur Unternehmensverfassung, in Gewerkschaft, Wirtschaft, Gesellschaft, a. a. O., S. 142.

  35. Z. B. durch eine „vollausgebaute Unternehmens-verfassung": vgl. Otto Kunze, a. a. O., S. 142 ff.

  36. Günter Köpke, Gemeinwirtschaft im Spiegel neuerer Literatur, in: Gewerkschaftliche Monats-hefte 10/62, bes. S. 591— 97.

  37. Artikel 14 und 15. Vgl. auch die entsprechenden Artikel in Länderverfassungen: Art. 160 d. Bayr. Vers., Art. 39 der Hess. Vers., Art. 61 der Rhein. -Pfälz. Vers., besonders aber die direkte „Soll" -Vor-Schrift der Verfassung von NRW: „Großbetriebe der Grundstoffindustrie und Unternehmen, die wegen ihrer monopolartigen Stellung besondere Bedeutung haben, sollen in Gemeineigentum überführt werden ..."!

  38. Quadragesimo anno 114; Mater et Magistra 116.

  39. Vgl. Programmatik der deutschen Parteien (hrsg. von Ossip K. Flecbtheim), Bd. II, S. 55 f.

  40. A. a. O. (Anm. 37), Bd. III, S. 215 f.

  41. Vgl. u. a. Sozialdemokratische Antworten auf Gewerkschaftsfragen (hrsg. von SPD-Parteivorstand), Bonn 1963, S. 31 ff.

  42. Vgl. Unser Weg, Referat vor dem 6. Gewerkschaftstag der IG Bau-Steine-Erden, Berlin 1963 (Hrsg. IG Bau, Vorstand), Frankfurt/M. 1963, S. 29 ff.

  43. Zitat nach Willy Wyniger, Politische und ökonomische Probleme durch Verstaatlichung von Schlüsselindustrie und Banken, in: Investitionskontrolle gegen die Konzerne?, hrsg. von M. Krüger, Reinbek 1974, S. 182.

  44. Der qualitative Unterschied zwischen DGB-und SPD-Programm liegt hier in der Auffassung des DGB-Programms, die Vergesellschaftung zumindest der marktbeherrschenden Unternehmen sei bereits als notwendig erwiesen. Dagegen heißt es im „Godesberger Programm" der SPD von 1959: „Gemeineigentum ist eine legitime Form der öffentlichen Kontrolle, auf die kein moderner Staat verzichtet. Sie dient der Bewahrung der Freiheit von der Übermacht großer Wirtschaftsgebilde ... Das zentrale Problem heißt heute: Wirtschaftliche Macht. Wo mit anderen Mitteln eine gesunde Ordnung der wirtschaftlichen Machtverhältnisse nicht gewährleistet werden kann, ist Gemeineigentum zweckmäßig und notwendig."

  45. Zitat aus: „Juso-Argumente" 1974, Problem 11, Vergesellschaftung, S. 2 u. 8.

  46. Juso-Argumente 11/1974, S. 3.

  47. Nach W. Braun, Europäische Aktiengesellschaft" und Internationale Fusion, in: Gewerkschaftliche Monatshefte, 8/71, S. 481.

  48. Vgl. darüber hinaus meine monographische Darstellung — auch der Vorbehalte in der GewerkschaftsverwaltungI —: in; Vilmar, Mitbestimmung und Selbstbestimmung am Arbeitsplatz, 2. -neube arbeitete Ausl.; Sammlung Luchterhand, Darmstadt, erscheint 1975.

  49. Vgl. die Dokumentation in: Fritz Vilmar, Strategien der Demokratisierung, Band II, Modelle und Kämpfe der Praxis, Darmstadt und Neuwied 1973, S. 388— 401.

  50. In Frankreich z. B. wurden die vergesellschafteten Renault-Werke durch eine außerordentlich großzügige Urlaubsregelung zum Schrittmacher für die gesamte französische Industrie. Im staatlichen Salzgitter-Konzern wurde durch ein ergonomisches Zentrum vorbildhaft die Verpflichtung großer Unternehmen, systematisch an der menschenwürdigen Gestaltung von Arbeitsplätzen zu arbeiten, in Angriff genommen (vgl. „Menschenwürde im Betrieb", S. 78 ff).

  51. Vgl. die detaillierten Ausführungen zur systematischen Aufgabenerweiterung in „Menschenwürde im Betrieb", S. 103— 158.

Weitere Inhalte

Fritz Vilmar, Dr. phil., geb. 1929, Soziologiestudium, praktische Arbeit seit 1954 in der Erwachsenenbildung, seit 1960 besonders in der Bildungsabteilung der IG Metall. Seit 1970 Forschungsaufträge zu Problemen der Industriellen Demokratie; 1971 bis 1974 Lehrauftrag an der Gesamthochschule Kassel. Seit 1974 Dozent am Otto-Suhr-Institut der FU Berlin. Veröffentlichungen u. a.: Die Welt des Arbeiters, Frankfurt 1963 (mit H. Symanowski); Rüstung und Abrüstung im Spätkapitalismus, Frankfurt 1965, 6. neu bearbeitete Auflage Reinbek 1973; Mitbestimmung am Arbeitsplatz, Neuwied 1971; Sozialistische Friedenspolitik für Europa, Reinbek 1972 (mit W. Möller); als Herausgeber und Mitautor: Menschenwürde im Betrieb, Reinbek 1973, sowie: Industrielle Demokratie in Westeuropa, Reinbek 1975; Strategien der Demokratisierung (2 Bde.), Darmstadt 1973; Industrielle Arbeitswelt — Grundriß einer kritischen Betriebssoziologie, Nürnberg 1974.