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Zwischen Weltgeltung und Weltzivilisation. Die auswärtige Kulturpolitik Deutschlands in diesem Jahrhundert | APuZ 24/1977 | bpb.de

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APuZ 24/1977 Zwischen Weltgeltung und Weltzivilisation. Die auswärtige Kulturpolitik Deutschlands in diesem Jahrhundert Die sanfte Gewalt. Sprache - Denken - Politik

Zwischen Weltgeltung und Weltzivilisation. Die auswärtige Kulturpolitik Deutschlands in diesem Jahrhundert

Oskar Splett

/ 85 Minuten zu lesen

Vorbemerkung

wirklichen Leiden, zur Hölle wird das Leben da, wo zwei Zeiten, zwei Kulturen und Religionen einander überschneiden. Ein Mensch der Antike, der im Mittelalter hätte leben müssen, wäre daran jämmerlich erstickt, ebenso wie ein Wilder inmitten unserer Zivilisation ersticken müßte... Eine Natur wie Nietzsche hat das heutige Elend um mehr als eine Generation voraus erleiden müssen, — was er einsam und unverstanden auszukosten hatte, das erleiden heute Tausende. Hermann Hesse, Der Steppenwolf, zitiert na

So sehr von der Veränderung des Bewußtseins und — wenigstens in der Theorie — dann auch folgerichtig von der Rationalisierung im politischen Denken der Deutschen gesprochen wird, technische Neuerungen in die Arbeit der Bürokratien eingeführt und die Quantitäten der bereitgehaltenen Haushaltsmittel erhöht worden sind, so wenig sind die tatsächlichen Verwandlungen der Menschheit, ihre Antriebe, Lebensgefühle und politischen Leistungen in das Bewußtsein und in die Bewertung der Tagesereignisse aufgenommen worden. Was bedeutet beispielsweise der zwar noch nicht in allen Erscheinungen durchgebrochene, aber im Grunde vollzogene Umbruch von der europäischen zur globalen Weltgeschichte für die Formulierung der außenpolitischen und bildungspolitischen Ziele? Welche Folgerungen sind daraus zu ziehen, daß die geistigen und seelischen Kräfte, die Weisheiten und die Technologien eines zusammengeschrumpften deutschen Staates auf einmal für die Kontakte mit dem Globus und nicht nur mit der Staatengesellschaft der europäischen Zivilisation (wie jeweils bis zu den Weltkriegen) ausreichen müssen? Hat irgend jemand diese Veränderungen kalkuliert und kulturpolitische Planungen dem Ergebnis angepaßt?

internationale Kulturaustausch vollzieht sich auch ohne staatliche Hiliestellung aul breiter Front; er ist eines der wichtigsten Bindeglieder zwischen den Völkern geworden. Im Rahmen der auswärtigen Kulturpolitik wird dieser Austausch gefördert. Staatliche Initiative oder finanzielle Unterstützung mit öffentlichen Mitteln sind insbesondere notwendig, wenn private Träger des Austausches nicht vorhanden sind oder wenn ihre Möglichkeiten im Einzelfall nicht ausreichen. Bericht der Kommission für die Reform des Auswärtigen Dienstes, März 1971, Ziffer 4: Die Förderung des Kulturaustausches; zitiert nach Hans Arnold, Kulturexport als Politik?, a. a. O., S. 266.

Es gibt noch andere Gesichtspunkte: Werden in absehbarer Zeit noch unbestritten die euro-zentrischen Begriffe vom Nahen und Fernen Osten verwendet, die Vorstellungen von einem klaren Gegenüber nördlicher Industriestaaten und südlicher Entwicklungsländer und schließlich die daraus abgeleiteten Vorurteile von dem Zivilisationsgefälle zwischen Europa und den anderen lebenden Kulturen aufrechterhalten werden können? Welche Wirkungen werden schließlich davon ausgehen, daß die Europäer die Spuren ihrer geschichtlichen Vergangenheit im Vergessen und im buchstäblichen Abbruch verschütten, während gleichzeitig ihre staatspolitischen, weltwirtschaftlichen und kulturellen Partner die Wurzelschichten ihres Daseins freigraben, um aus den historischen Erinnerungen Maßstäbe für die moderne Entwicklung zu gewinnen?

Nun ist aber wissenschaJtlich erwiesen, daß das Individuum um so sprachloser wird, daß es sich um so leerer und ohnmächtiger fühlt, je größer die Institutionen sind, in denen und mit denen es zu tun hat. Gigantomanie führt zur Anonymität und Zentralismus ... Die Kontakte nehmen zu bei überschaubaren Umwelt-beziehungen. Bereits der griechische Polis-Gedanke wuchs aus der Forderung nach Überschaubarkeit und Transparenz. Der springende Punkt ist also, wie groß ein Gebilde werden solle, um differenziert, und

Und dann bleibt noch die letzte Frage, wo denn eigentlich die Hauptstraße in die Zukunft verläuft: in der Entwicklungslinie der naturwissenschaftlichen Fortschritte und der weltwirtschaftlichen Wachstümer oder entlang der Untergrundbahn der geistig-seelischen Lebenserfahrungen und der zuehmenden Weisheiten über die Hintergründe von Mensch, Kosmos und ferneren, noch kaum geahnten Welten (deren Wesen hinter den vordergründig erkennbaren Nutzwerten verborgen sein könnten) oder auf den unwillkürlich für spätere Auswanderer vorbereiteten Weltraumstraßen von der Erdkugel zu anderen Gestirnen?

Prinzip des Kulturaustausches gilt auch für die Kulturpolitik gegenüber den Entwicklungsländern, wo die partnerschaftliche Hilfe bei der Anpassung alter Traditionen und Strukturen an die Erfordernisse des modernen Lebens im Vordergrund steht. Auch gilt, daß man nicht nur einseitig geben und ausstrahlen wollen darf. Die wissenschaftlich und technisch hochentwickelten Länder erhalten durch die Beschäftigung mit den sozialen Strukturen, der Geschichte etc.der Dritten Welt eine Bereicherung ihrer eigenen

Heute bestreitet kaum ein politischer Denker noch, daß die Gegenwart eine Zwischenzeit zwischen zwei Zeitaltern unterschiedlicher Größe und Gestalt, gleichsam ein zwischen zwei Gebirgen eingeklemmtes globales Tal darstellt, in dem der Taifun einer erdumspannenden Weltkrise stürmt und in dessen Regionen die Geschichtsböen vielfältiger Sonder-Zum krisen eingefallen sind. Nicht einmal die einfache Frage, ob es Krisen der kulturellen Todeskämpfe oder geschichtsnotwendige Wachstumskrisen seien, hat die Mehrheit der verantwortlichen Geschichtsphilosophen und Politiker zum Grübeln gebracht. Dabei muten die zeitgenössischen Vorgänge, die wirtschaftlichen Konkurrenzen, die Wettkämpfe der ideologie-politischen Systeme, die in und ne-ben den Religionen unterschwellig tobenden Glaubenskämpfe, die viele Opfer fordernden Seelenkrisen und die Unruhen der Jugendlichen in fast allen Ländern der Erde zusammengenommen wie das verzweifelte Herum-irren aufgestörter Menschengruppen zwischen Vergangenheit und Gegenwart an, die in einem Irrgarten nach dem Ausweg in eine ersehnte oder gefürchtete Zukunft suchen und nach Halteseilen haschen, die aus den abstrakten Materialien der Ideologien, aus den kräftigen Stoffen der Offenbarungen oder aus den Verstrickungen der Menschlichkeiten gefertigt sind.

Aus dem Gefälle zwischen Staaten des hochindustrialisierten Standards und denen, die ein vergleichbares Niveau wirtschaftlicher Ausstattung und gesellschaftlicher Organisation erst anstreben, resultiert eine Kulturpolitik, die im Interesse ihrer Partner auf Planung, staatlich organisierte Leistung und Gleichberechtigung statt der noch unzureichenden Gegenseitigkeit gestützt werden muß. Bericht der Enquete-Kommission Auswärtige Kulturpolitik gemäß Beschluß des Deutschen Bundestages vom 23. Februar؞

In dieser aussichtslosen Lage sollte es eigentlich Aufgabe der Politiker sein, ihre Mittel auf Brauchbarkeit für den Ausbruch zu prüfen, sich für einen bestimmten Zukunftsplan und -weg zu entscheiden und ihren Bevölkerungen — trotz der unvermeidbaren Ungewißheit über Gelingen, Irrtum oder Versagen — Richtlinien für eine längere Zeit des historischen Ringens anzubieten.

Schließlich wird der Austausch zu einer gemeinsamen Weltkuliur lühren. In hundert oder wenigstens tausend Jahren wird man kaum mehr von Ost und West sprechen. Deshalb sollten wir gegenseitig darauf bedacht sein, daß alle Werte, die von uns aus gesehen im Osten vorhanden sind, nicht durch den Einfluß der materiellen Kultur verloren-gehen ... Wie mir scheint, gehen wir auf eine gemeinsame Denkform zu ... Wir bewegen uns in der Richtung auf eine umfassende Synthese, obwohl wir im Augenblick noch lange nicht

Ob die Völkerschaften in „sozialistischer" oder „kapitalistischer" Manier, in Monokratien, Oligarchien oder parlamentarischen Parteiendemokratien zusammengefaßt werden, bedeutet in dieser Weltlage nicht viel mehr als eine Nebenfrage der Organisation der materiellen Kräfte. In dem darüber geführten Streit werden Methoden mit Zielen verwechselt, eine Entscheidung über die Art der Mobilisierung als politisches Lebensziel verkannt. Andere werden die Erweckung, Entfaltung und Anhäufung schöpferischer Kräfte wichtiger nehmen als die Auseinandersetzung um Eigentumsformen.

Entscheidend ist, daß die kreativen Kräfte in jeder Kultur aus der Beschränktheit ihrer eigenen Tradition herauswachsen und alle jene Aspekte in sich entwickeln, die in ihnen lebendig werden, wenn sie in den Spiegel anderer Kulturen schauen. Wenn ein Europäer von einer bestimmten indischen Musik ergriffen wird, so entdeckt er in sich selbst den Inder. Wenn ein Japaner von einer bestimmten europäischen Musik ergriffen wird, so entdeckt er in sich den Europäer, und zwar den Europäer jener Zeit, in der dies

Kulturpolitik wird je nachdem dadurch definiert, ob der materielle Lebensstandard oder die ganzheitliche Lebensqualität bzw. die überpersonale mehr oder weniger ferngerichtete Lebenserwartung in einem mehr stillschweigenden als ausdrücklich vereinbarten Common sense der maßgebenden Leitgruppen zur Richtschnur des politischen Handelns gemacht, jeweils nur die Probleme einer Lebensfarbe herausgehoben werden und die anschließenden Versuche ihrer Bewältigung die Denk-und Tatkraft der Verantwortlichen fast vollständig beanspruchen. Welche Wahl die Politiker der Bundesrepublik Deutschland zuerst notgedrungen, dann aber freiwillig getroffen haben, ist an Regierungserklärungen, Wahlkampfthemen, persönlichen Verhaltensweisen deutlich geworden. Auswärtige Kulturpolitik wird auch dann, wenn sie über mehr als die Ausfuhr der eigenen und die Entgegennahme der fremden Selbstdarstellung rätselt (also über den Gegenzugverkehr, der heute noch mit einem dem Sinne nach mißverstandenen Wort „Kulturaustausch“ bedacht wird), menschlicher-weise eine eigene Lebenslinie in die internationalen oder interkulturellen Beziehungen einzufädeln suchen. Ob sie und wo sie auf diese Weise an die Fremde anknüpfen kann, entscheidet mit über das Gelingen oder Scheitern einer entsprechenden Außenpolitik. Für den Verlauf dieses Vorganges ist es auch wichtig, ob die Zwischenträger gegenüber andersartigen, ihnen entgegenlaufenden Lebens-bewegungen aufgeschlossen und bereit sind, sich ihrerseits verwandeln und ihre Aneignungen in den Innenraum des eigenen Staates eindringen zu lassen. Die Probleme sind vielschichtig und tiefgreifend; bisher beschäftigen sich aber fast nur Außenseiter und unfreiwillig „Abkommandierte" mit diesem Bereich der Weltpolitik.

Es ist eine der seltsamen Folgen der Vorherrschaft Europas in den letzten Jahrhunderten, daß der Asiate heute mehr über die europäische Kultur weiß als der Europäer über die Kulturen Asiens. Der Europäer mag zwar den meisten asiatischen Völkern in den technischen und naturwissenschaftlichen Leistungen verhältnismäßig weit voraus sein, aber er leidet unter einem kulturellen Handicap bei seinen Bestrebungen, ein Mann universaler Bildung zu werden ... Während der Asiate unter der europäischen Herrsch

Immerhin müssen auf dieser geschichtlichen Bruchstufe zwischen zwei Zeitaltern wohl alle überlieferten und verfügbaren Mittel und Methoden des kollektiven Miteinanderlebens auf ihre Verwendbarkeit geprüft, unter Umständen neue erfunden und erprobt werden. Firmen, die heute noch ihre Produktionen nach den Markterfahrungen der zwanziger Jahre ausrichten, betreiben planmäßig ihren Konkurs. Staatsregierungen, welche die neuen Lagen mit dem politischen Flandwerkszeug der Weimarer Republik bewältigen wollen, handeln in vergleichbarer Weise. Das aber bedeutet für unseren Zusammenhang: Die Wege der auswärtigen Kulturpolitik jener Republik dürfen heute ebensowenig wie die nationalsozialistische Volkstumspolitik im Ausland noch fortgeschrieben werden. Schon im außenpolitischen Instrumentarium werden die einzelnen Mittel neu zu bewerten und gegeneinander zu verschieben sein. Für die zeitgemäße „Politik des Kulturaustausches", die nach angeblich übereinstimmendem Wunsch die jahrzehntelangen Gewohnheiten der Selbstdarstellungen in deren unterschiedlicher Ausmalung ablöst, werden neue Weltvorstellungen, politische Denkwege und daraus abgeleitete neue Prioritäten der Lebensnotwendigkeiten, geänderte Organisationsformen, Menschentypen und Sachinstrumente zu suchen und einzusetzen sein.

von leichter Auffassungsgabe, aktiv, heiter, gütig und hilfsbereit unter sich und gegenüber anderen, wie die Neger nun einmal sind, steht es heute schon fest, daß die dunkle Rasse am ferneren Verlauf der Menschheitsgeschichte aktiv teilhaben wird, sobald sie einmal über die magische und die animistische Stufe in eine mehr vernunft-bestimmte (nicht notwendigerweise rationalistische) Lebensform getreten ist. Dieser Prozeß hat begonnen. Aber wird es den Schwarzen vergönnt sein, diesen Schritt in der Freihe

Angesichts dieser Herausforderungen fehlt es nicht an Hemmungen, die zunächst aus dem Beharren auf den in der Überlieferung gesicherten Methoden und aus provinziellem Kleinmut und dem Drang nach Selbstbestätigung hervorgehen. Es werden aber auch erreichbare Mithilfen abgeschottet. Die Kultur-verwaltung konnte sich noch nicht an die Begleitmusik kritischer Betrachter gewöhnen. Viele Beamte fühlen sich in ihrer Absicht gestört und meist auch bei Vorlage von konstruktiven Gegenvorschlägen empfindsam angegriffen. Die Reaktionen haben die Entwicklung spürbar aufgehalten, weil die Allgemeinheit nicht animiert werden konnte, an diesen Auseinandersetzungen teilzunehmen. Daraus ist dann der Nachteil entstanden, daß die Kulturbeziehungen nur dann in das öffentliche Scheinwerferlicht geraten, wenn die Träger der veröffentlichten Meinung eine aktuelle Sensation wittern (Steack-Ausstellung in London, Kabarett „Rote Rübe" in Nancy).

Der folgende, bewußt bis in die Andeutungen der Zukunft durchgeführte zeitgeschichtliche Abriß will die Stufen des Zeitbruches im Kulturaustausch also auf einem der politischen Pfade skizzieren.

Zwischen Propaganda und Kulturdienst

Problem, der auswärtigen Kulturpolitik trägt in die weitesten Gebiete der menschheitlichen Entwicklung, nicht bloß der Gegenwart, sondern auch der Vergangenheit. Denn da die Völker fast durchweg eine mehr oder minder lange Dauer ihrer Entwicklung hinter sich haben, so ist an eine verständnisvolle Einwirkung auf sie ohne historisches Einfühlen gar nicht zu denken. So wird denn die theoretische äußere Kulturpolitik ohne weiteres zur universalen Kulturgeschichte, und erst ein klares Verständnis der einen läßt die völlig erfolgreiche Durchbildung der andern erhoffen. . . Die Nation aber, die diesen Weg zuerst mit Entschiedenheit betritt, wird sich einen wichtigen Vorsprung für die große Aufgabe der Regelung internationaler Freundschaften und Zusammenhänge verschafft haben. Karl Lamprecht, Rede auf der Tagung des Verbandes für internationale Verständigung, gehalten am 7. Oktober 1912 in Heidelberg. Zitiert nach Kurt Düwell, Deutschlands Auswärtige Kulturpolitik 1918— 1932, Köln/Wien 1976, Seite 256 ff.

In der auswärtigen Kulturpolitik, deren institutionelle Geburtsstunde in Deutschland mit der endgültigen Einrichtung einer Kulturabteilung im Auswärtigen Amt 1919/20 datiert werden kann, sind mehrere Entwicklungsund Gedankenlinien verknotet worden. Die ersten deutschen Schulen wurden von deutschen Auswanderern schon im sechzehnten Jahrhundert gegründet. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges bestanden rund 700 Schulen, wobei der stärkste Zuwachs im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhundertes erfolgte. Gerade in diesem Zusammenhang nahm aber die kulturelle Außenpolitik auch die christliche Missionsidee in sich auf. Sie ist dann zwar ebenso wie andere religiöse Grundbilder in zunehmendem Maße säkularisiert worden, hat jedoch bis in die geistige Begründung für die europäischen Entwicklungshilfen und bis. zu der eurozentrischen Feststellung eines Kulturgefälles technischer Zivilisation zwischen den abendländischen Industriestaaten und den , fremdgläubigen'Entwicklungsländern nachgewirkt. Auch in dem ideologischen Missionsdrang unserer Tage lebt das religiöse Vorbild weiter. Außerdem betonten die Missionsschulen zu Beginn dieses Jahrhunderts ausdrücklich ihre nationale Herkunft.

Vor dem Ersten Weltkrieg gab es in China 107 000 Schüler englischer und nur 7 000 Schüler deutscher Missionsschulen, während die US-Amerikaner damals 3 000 Missionare in das Reich der Mitte entsandt hatten und dort 130 Missionskrankenhäuser unterhielten. Mit solchen Zahlenvergleichen wurde der Anschein eines internationalen Wettbewerbs bereits hervorgerufen und durch die Ansätze der europäischen Groß-und Mittelmächte zum Aufbau kulturpolitischer Organisationen weiter verstärkt. Bereits 1883 wurde die Alliance Franaise zur Verbreitung der französischen Sprache und Kultur im Ausland gegründet. Das dementsprechende deutsche Goethe-Institut entstand erst 1932. Seit 1910 gab es in Paris das Office National des Universites et Ecoles Superieures Franaises als wichtigste Einrichtung für die französische Kulturarbeit im Ausland; der Deutsche Akademische Austauschdienst entstand erst 1930 aus der Zusammenfassung des Akademischen Austauschdienstes (seit 1924), der Alexandervon-HumboIdt-Stiftung (seit 1925) und der Deutschen Akademischen Auslandsstelle des Verbandes der deutschen Hochschulen (seit 1927). Die Phasenverschiebung zwischen den auswärtigen Kulturpolitiken dieser beiden Staaten ist also eindeutiger als im Vergleich mit Großbritannien. Allerdings betrieb das 1913 gegründete Royal Colonial Institute in Verbindung mit der Förderung der Außenwirtschaft bereits eine ausgesprochene auswärtige Kulturpolitik, während das 1887 in Berlin eingerichtete Seminar für Orientalische Sprachen nur eine Ausbildungsstätte war. Das gerade von deutschen Kulturpolitikern man-Das gels eigener Gestaltmodelle immer noch mit Sehnsucht betrachtete Vorbild für systematische Kulturarbeit im Ausland, der British Council, wurde jedoch erst 1934 ins Leben gerufen. Die Sowjetunion gründete erst 1925, aber eben immerhin schon acht Jahre nach der Oktoberrevolution, die All-Unions-Gesellschaft für kulturelle Beziehungen mit dem Ausland. Angesichts dieser Wettbewerbslage hatte der Historiker Karl Lamprecht bereits in einer 1912 gehaltenen Rede gesagt: „Da dürfen wir Deutschen nicht Zurückbleiben, soll anders die Welt nicht einmal wieder vergeben sein, ehe der germanische Dichter und Denker auf dem Plane erscheint."

Niemand sollte vergessen, daß damals in Gesamteuropa das Nationalbewußtsein maßgebend und der Nationalstaat als das politische Gefäß der Kulturnation (ein Begriff, der noch 1975 im Enquetebericht des Deutschen Bundestages verwendet wird) allgemeingültig waren. In der Atmosphäre jener Jahrzehnte und in Vorausahnung des Ersten Weltkrieges lag den Politikern der Gedanke der nationalen Kulturpropaganda, dann im Verlaufe des Krieges die Einordnung in die kriegsbegleitende Öffentlichkeitsarbeit im Ausland nahe. Neben den Auslandsschulen zur Erhaltung des Deutschtums wurden Propagandaschulen geschaffen, die in das fremde Schulsystem eingefügt wurden. Vergessen wir in diesem Zusammenhang nicht, daß die Charakterisierung der auswärtigen Kulturpolitik als Kulturwerbung noch in den sechziger Jahren, also in der Bundesrepublik Deutschland, unbestritten gewesen ist.

Es ist bemerkenswert, daß der im Rückblick auf den Ausbruch des Ersten Weltkrieges zu oft und undifferenziert dargestellte Reichs-kanzler von Bethmann Hollweg schon im Jahre 1913 die Bedeutung kultureller Außenpolitik erkannt hatte: „Ich bin von der Wichtigkeit, ja der Notwendigkeit einer auswärtigen Kulturpolitik überzeugt.“ Jedoch glaubte er, daß das Kaiserreich dem Wettbewerb mit Frankreich und Großbritannien noch nicht gewachsen sei: „Wir sind noch nicht so weit. Wir sind unserer Kultur, unseres inneren Wesens, unseres nationalen Ideals nicht sicher und bewußt genug. Es liegt wohl in der Eigenart unserer doch wohl individualistischen und noch nicht ausgeglichenen Kultur, daß sie nicht die gleiche suggestive Kraft hat wie die britische und französische, daß nicht jeder

Deutsche im Ausland seine Heimat in sich abbildet, wie der Franzose Paris und der Engländer die britische Insel. Wir ... haben vielleicht allzuviel noch den naiven Glauben an die Gewalt, unterschätzen die feineren Mittel und wissen noch nicht, daß, was die Gewalt erwirbt, die Gewalt allein niemals erhalten kann. Hierzu aber kann die Regierung nichts tun ohne die stete Unterstützung und Mitarbeit der gebildeten Schichten."

In diesen Sätzen ist das Grundproblem der eigenen Identität als Voraussetzung jeder fruchtbaren Teilnahme am Kulturaustausch bereits angesprochen. Wer dann noch das damals zutreffende Wort „Gewalt" heute durch Wirtschaftskraft ersetzt, wird erkennen, daß im kulturpolitischen Denken der Deutschen trotz aller Umbrüche kaum ein Fortschritt zu bemerken ist. In jenen Jahren wurde vom „Imperialismus der Idee" gesprochen; ein halbes Jahrhundert später spielte der Transport politischer Ideologien ins Ausland die vorherrschende Rolle und wurde wirksamer als die Selbstdarstellung der musischen Kultur. Nebenbei bemerkt, hat sich erst nach 52 Jahren wieder ein deutscher Regierungschef öffentlich zu Fragen der auswärtigen Kulturpolitik geäußert Die Abgrenzung der geschichtlichen Phasen oder Perioden, der Epochen oder Zeitalter entspringt in der Regel einer Willkür nachgeborener Historiker, weil auslaufende und auf-brechende Bewegungen stets unaufspaltbar ineinander verwoben bleiben. So wird auch der Gelehrtenstreit über den Einschnitt, den wir das Ende der Neuzeit nennen, verständlich. Durch den Zusammenfall sehr unterschiedlicher, sowohl realpolitischer als auch geistiger Ereignisse entsteht allerdings der Eindruck, daß 1917 das entscheidende Jahr der Wende gewesen sein könnte: die Russische Oktoberrevolution, die Tankschlacht von Cambrai, das Erscheinen des Buches „Der Untergang des Abendlandes", Stefan Georges Gedicht „Das Neue Reich" und die Darstellung des kollektiven Unbewußten. In unserem Zusammenhang wurden 1917 das Deutsche Institut für Auslandskunde in Stuttgart gegründet und von der Obersten Heeresleitung künstlerische Ensembles zur Sympathiewerbung in das neutrale Ausland geschickt. Das Institut beschäftigte sich traditionsgetreu vor allem mit der Erforschung des Deutschtums im Ausland, während der Kulturphilosoph Max Scheler gleichzeitig eine Schrift über „Die Ursachen des Deutschenhasses" publizierte. Diese Signale deuteten in gewisser Weise den Übergang von der brachialen Machtpolitik zum Bemühen um geistige Weltgeltung des Nationalstaates an. Der Übergang von der Durchführung der Außenpolitik mit kriegerischen Mitteln zu deren Pazifizierung wurde damit eingeleitet.

Im Rahmen dieser Darstellung sind die institutionellen Entwicklungen und Kreuzungen, das Gerangel der Ressorts und Organisationen um die Zuständigkeit für bestimmte Arbeitsfelder unerheblich. Interessanter ist der von verschiedenen Persönlichkeiten aufgenommene und weitergetragene Gedankengang. Hier sind Paul Rohrbach, Carl Hermann Becker und Arnold Bergsträßer zu erwähnen. Immerhin hat die kulturpolitische Situation des Kaiserreiches den Schriftsteller Rohrbach schon unmittelbar nach der Jahrhundertwende beschäftigt: „Deutschland unter den Welt-völkern" (1903/1908) und „Der deutsche Gedanke in der Welt" (1912) waren seine beiden Buchtitel, unter denen moralische Eroberungen im Ausland und die Verwendung der Auslandsschulen und deutscher Krankenhäuser als Instrumente der Kulturpropaganda empfohlen wurden, um den , nationalen Gedanken‘ jenseits der Grenzen zur Geltung zu bringen. (Weltgeltung'war damals ein ebenso abgegriffenes Schlagwort wie heute , Friedenspolitik'). Es müsse neben der militärischen Rüstung und der Wirtschaftskraft „eine kulturelle Durchdringung der erstrebten Einflußgebiete im Sinne idealen Fortschritts erfolgen".

Dieser Autor hat übrigens seine kulturpolitischen Überlegungen unter dem Einfluß der Stimmungen des Nachkriegsjahrzehntes verfeinert. 1930 meinte er: „Man spricht von Kulturpropaganda, von Kulturwerbung und dergleichen. Das sollte man nicht tun, oder wenigstens sollte man es mit Vorsicht tun. Viel besser und sachlich richtiger ist es, von Kulturdienst zu sprechen. Wir können der Welt, vor allem den Völkern, die bemüht sind, den gegenwärtigen Stand ihres nationalen Daseins zu heben, wirkliche .. . Dienste leisten, wenn wir ihnen zeigen, was schöpferische deutsche Arbeitskultur ist."

Nahezu dreißig Jahre nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland ist es gut, sich zu vergegenwärtigen, daß die Umbrüche der deutschen Geschichte in diesem Jahrhundert so kurzfristig aufeinanderfolgten, daß eine einzelne Stimme meist nur ein Jahrzehnt wirken konnte. Das gilt besonders für C. H. Bekker, der als preußischer Kultusminister noch in Erinnerung geblieben ist. In einer Denkschrift für den Verfassungsausschuß der Nationalversammlung in Weimar, die 1919 unter dem Titel „Kulturpolitische Aufgaben des Reiches" verfaßt wurde, standen die folgenden Sätze: „Wir werden mit unserer Außenpolitik Schiffbruch leiden, solange wir sie nach der kaufmännischen und industriellen Privatwirtschaft orientieren, statt nach kulturpolitischen Idealen. Bisher war Kulturpolitik in der Außenpolitik ein Vehikel wirtschaftlichen Einflusses oder ein graziöser Schnörkel auf dem kaufmännischen Wechsel. In Zukunft müssen feste kulturpolitische Ziele Richtschnur und Schranke auch für unsere Wirtschaftspolitik sein." Solche Gedanken über eine außenpolitische Maßstäbe setzende auswärtige Kulturpolitik sind nicht einmal heute in der Bundesrepublik Deutschland nachgeholt worden. „Kulturpolitik heißt bewußte Einsetzung geistiger Werte im Dienste des Volkes und des Staates zur Festigung im Innern und zur Auseinandersetzung mit anderen Völkern nach außen." Vor dem Weltkrieg galt 'die entgegengesetzte Meinung: Kulturbeziehungen wurden zur Ausschmükkung der Wirtschaftsbeziehungen gepflegt. Schon mit der bewußten Berufung auf Weimar hatte die junge Republik ihre geistig-politische Wendung andeuten wollen.

Gegen Ende der Weimarer Republik hat Arnold Bergsträßer in seiner Schrift über „Sinn und Grenzen der Verständigung zwischen Nationen" die Ansicht vertreten, daß „die kulturelle Begegnung die notwendige Voraussetzung der Verständigung zwischen Nationen überhaupt" sei. Sein Ausgangspunkt war noch die heute angezweifelte Nationalkultur, die von den nationalen geistigen Eliten verkörpert wurde. Deshalb war auch die Begegnung von Persönlichkeiten gleichsam das Hauptinstrument, während heute an deren Stelle abstrakte Institutionen in den Vordergrund gerückt werden. Wesentlich war, daß nach seiner Meinung zwar die äußeren Umstände, nicht aber die geistigen Vorgänge zu organisieren sind. Immerhin dachte Bergsträßer schon trotz der Bevorzugung der Selbstdarstellung im Ausland an die Übernahme von „Bildungsideen" vom fremden Partner

Die Gesellschaft der Nationalstaaten, das Netz der Metropolen der damaligen Groß-mächte und die als periphere Zonen der abendländischen Kultur betrachteten trans-kontinentalen Einflußsphären der europä-ischen Führungsmächte bildeten den sehr klaren Raster für alle kulturpolitischen Überlegungen sowohl im Kaiserreich als auch in der Weimarer Republik.

Im „Dritten Reich" hat sich das Nationalbewußtsein im Rassismus übersteigert. Gleichzeitig ist in allen Lebensbereichen der Akzent auf die Aktion verschoben worden. Der Gesamtvorgang kann deshalb als eine „totale Mobilmachung" aller physischen, seelischen und geistigen Energien der Bevölkerung charakterisiert werden, die im ganzen, das heißt in einer vollständigen Übereinstimmung von Gesinnung, Organisation, von Personen und Strukturen versucht worden ist. Auf dem Gebiet der auswärtigen Kulturpolitik bedeutete diese Akzentverschiebung den Wechsel von der autonomen Kulturwerbung zur Kulturpropaganda, eine Abgabe von Zuständigkeiten des Auswärtigen Amtes an das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, eine Umbenennung der bisher federführenden Abteilung in Kulturpolitische Abteilung und eine deutliche Erweiterung des Kulturbegriffs.

Aus der totalen Mobilmachung ergaben sich gleichermaßen die Gründungen der Auslands-organisation der NSDAP — die sich vor allem den Reichsdeutschen und Deutschstämmigen in allen Ländern der Erde zuwandte —, des Außenpolitischen Amtes des Chefideologen Alfred Rosenberg als auch die Errichtung deutscher Kulturinstitute im verbündeten und neutralen Ausland. Sogar die Verwirklichung des Kulturaustausches wurde durch große Ausstellungen aus fremden Klüturbereichen und durch die Zulassung ausländischer Kulturhäuser eingeleitet. Die schlaue Intellektualität des Propagandaministers erfaßte die weite Palette der Möglichkeiten einer kulturell unterfütterten Propagandapolitik im Ausland. Weil dann aber die Auswirkungen der für Denken und Handeln absolut gesetzten eigenen Ideologie die . restlose'Ausgestaltung störte (Emigrationswellen, innere Emigrationen, Brandmarkung der „entarteten Kunst") und der Zweite Weltkrieg begann, wurde die internationale Ausstrahlung getrübt und zu viele Kräfte zur propagandistischen Abwehr abgezogen. In Einzelheiten gab es — wie auch auf anderen Lebensgebieten — verschiedene Anstöße, deren Nützlichkeit nicht zu verkennen ist.

Aus heutiger Sicht ist bestürzend, daß seitdem zwar die ideologischen Grundlagen des Kulturaustausches radikal verändert worden sind, jedoch die Strukturmodelle oder die Behördenorganisation nach wie vor überraschende Ähnlichkeiten aufweisen und nicht auf die inzwischen gährende neue Welt umgestellt worden sind. Joseph Goebbels wollte zum Beispiel eine Dachgesellschaft aller kulturpolitischen Organisationen unter dem Namen „Deutscher Kulturaustausch" schaffen. Die Verwirklichung scheiterte am Widerstand anderer Reichsministerien. In neuester Zeit wurde wiederum der Gedanke einer Zentral-organisation entwickelt, dessen Realisierung jetzt an dem Eigenwillen einzelner Mittlerorganisationen gescheitert ist. Immerhin ist im Bereich der Entwicklungs(Bildungs) hilfe dieses Modell in Gestalt der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) durchgesetzt worden.

In beiden Ansätzen lebten die Tendenzen fort, die sich aus dem Modell des Einheitsstaates ableiten lassen und zu einem kulturpolitischen Zentralismus hinführen, den schon C. H. Becker unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg zu fördern versuchte. Sogar die Haushaltsgliederung in Kultur-und Schulfonds hat den katastrophenartigen Umbruch von 1945 bis heute überdauert. Dasselbe gilt für die kraftverzehrenden bürokratischen Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Regierungsstellen. Im nationalsozialistischen Zwischenreich hatte das Propagandaministerium die Bereiche Kunst, Film, Sport und Buchwesen, zumindest bis 1943, an sich gezogen und dadurch die Spannungen mit dem Auswärtigen Amt verschärft. In unserer Gegenwart sind die Zuständigkeiten auf zehn Bundesministerien zerstreut; die traditionellen Spannungen sind heutzutage wieder im Wettbewerb des Auswärtigen Amtes mit dem Bundespresseamt und dem Entwicklungsministerium aufgetaucht und werden nur durch die Einsetzung interministerieller Ausschüsse oberflächlich überdeckt. So ist der Schluß erlaubt, daß dem Umbruch in der politischen Ideologie offensichtlich nicht eine Veränderung der bürokratischen Strukturierung und Gesinnung entspricht.

Selbst in der Phase des nationalsozialistischen Führerstaates konnte nur ein Beitrag zu einer Grunderfahrung kulturpolitischer Aktivitäten geleistet werden: Die Leistungskraft und Ausstrahlung einer auswärtigen Kulturpolitik beruht auf dem harmonischen Zusammenwirken des bürokratischen Sockels, der politischen Führungskräfte und der unabhängigen gestaltenden Kräfte. Sowohl in der Weimarer Republik als auch in der Bundesrepublik war und ist die Gruppe der interessierten und indeenrei-chen Berufspolitiker geradezu winzig. Im „Dritten Reich" verweigerten sich die bedeutenden geistigen Kräfte und standen die diplomatische Bürokratie wie die Führungs-schiebt zumindest auf dem Felde der Kulturpolitik in wechselseitiger Spannung. In der Bundesrepublik Deutschland haben die Schöpferischen wiederum kaum einen Anteil am Gestaltungsvorgang einer Politik des Kulturaustausches. Deshalb ist in Deutschland niemals ein harmonisches und gleichwertiges Zusammenwirken aller drei Gruppen möglich gewesen; der Bürokratie aber, die sich weder von jenem noch von diesem Staatssystem eine wesentliche Veränderung ihrer Arbeitslinien aufzwingen ließ, ist immer wieder das Hauptgewicht zugefallen. Kaum beeinflußt von den geistigen Wechselströmen des Jahrhunderts und von der Veränderung der weltgeschichtlichen Konstellationen hat sie ihre eigene Tradition durchgehalten, wie die Ähnlichkeit der Strukturen und Personenarten unter so unterschiedlichen Systemen erkennen läßt. So konnte nur in einzelnen Momenten die Identität zwischen Idee, Planung und Tun im Sinne einer durchgreifenden Gestaltung hergestellt werden.

Zu den Wirkungen der nationalsozialistischen Kulturpolitik sind auch die nachträglichen Re-Aktionen zu zählen. So wird die Kulturpolitik der Bundesrepublik Deutschland von einer Art Berührungsangst gegenüber den mannigfaltigen Generationen deutschsprachiger und deutschstämmiger Auswanderer belastet, die als VDA (Verein für das Deutschtum im Ausland) -Trauma charakterisiert werden könnte. Diese tiefenpsychologische Störung, die sich gelegentlich auch in feindseligen Gemütsbewegungen gegenüber der Existenz der deutschen Auslandsschulen äußert, ist bisher nicht mit ähnlicher innerer Freiheit bewältigt worden wie das nicht minder belastete Verhältnis zu den Wagnerfestspielen auf dem Grünen Hügel in Bayreuth. Eine vollständig neue Gestaltung des Kulturaustausches ist jedoch erst nach einer entsprechenden Selbst-befreiung möglich.

Unsicherheit und Selbstdarstellung

Wenn sich die Geschichte der Gegenwart in den meisten ihrer Grundvoraussetzungen von der sogenannten Geschichte der Neuzeit unterscheidet und wenn die Periode unserer Zeit den Beginn einer neuen Epoche in der Geschichte der Menschheit bedeutet, liegt die Vermutung nahe, daß dieser Wandel sich nicht nur in den sozialen Gegebenheiten und in der politischen Struktur widerspiegelt, sondern ebenso in der Haltung und Anschauung der Menschheit ... Es ist oft behauptet worden, daß Europa zwar seine politische Vormachtstellung verloren, aber seine kulturelle Führung behalten habe und weiter behalten werde-, aber diese Vorstellung, wenngleich weit verbreitet und propagiert, wird von den Tatsachen nicht gestützt... Das europäische Zeitalter — das Zeitalter, das sich von 1498 bis 1947 erstreckte — ist vorüber und mit ihm die Herrschaft der alten euronäischen Wertmaßstäbe. Die Literatur hat wie die Politik die europäischen Fesseln gesprengt, und die Zivilisation der Zukunft nimmt Gestalt an als eine Weltzivilisation, an deren Aufbau alle Kontinente mitarbeiten werden. Geoffrey Barraclough, Tendenzen der Geschichte im 20. Jahrhundert, München 1971, S. 247, 275, 285.

Nach dem Zweiten Weltkrieg hat die Wiederaufnahme der internationalen Kulturbeziehungen mit der Berufung des Außenseiters Rudolf Salat in die „Dienststelle für Auswärtige Angelegenheiten im Bundeskanzleramt" im Januar 1950 begonnen. Sein Einpersonenreferat war der politischen Abteilung angeschlossen. In der später ausgegliederten Kulturabteilung des im April 1951 neugegründeten Auswärtigen Amtes waren die Referenten nur immer vorübergehend, die Leiter jedoch im Regelfall (bis heute) vier Jahre tätig, in Einzelfällen sogar nur sechs Monate oder zwei Jahre. Nur der Außenseiter Dieter Sattler hat sieben Jahre lang von 1959 bis 1966 diese Aufgabe wahrgenommen.

Zu Beginn der fünfziger Jahre wurden auch die heute als Mittlerorganisationen der auswärtigen Kulturpolitik definierten Institutionen wieder-oder neugegründet: die Alexander-von-Humboldt-Stiftung, der Deutsche Akademische Austauschdienst, die Deutsche Forschungsgemeinschaft (früher Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft), die Friedrich-Ebert-Stiftung, das 1932 errichtete Goethe-Institut und das Institut für Auslandsbeziehungen. Diese Organisationen hatten fast alle unter demselben oder einem ähnlichen Namen zuZeiten der Weimarer Republik und auch während der nationalsozialistischen Periode, damals allerdings unter veränderten Zielsetzungen, gearbeitet. Neu entstanden sind die Carl-Duisberg-Gesellschaft, der Deutsche

Kunstrat, der Deutsche Musikrat, Inter Nationes und gleichsam in einer nachfolgenden Gründungswelle die Konrad-Adenauer-Stiftung, die Friedrich-Naumann-Stiftung und die Hanns-Seidel-Stiftung, die in Anlehnung an politische Parteien neben ihrem innerstaatlichen Bildungsangebot in zunehmenden Maße die Durchführung von Projekten der Entwicklungshilfe und der auswärtigen Kulturpolitik übernommen haben. Das Stiftungskapital war entweder in der Vergangenheit verloren gegangen oder trotz des irreführenden Namens nie aufgelegt worden, jedoch konnten die politischen Stiftungen im Unterschied zu den so-genannten Mittlerorganisationen eine haushaltsrechtliche Unabhängigkeit wahren. 1952 standen der Kulturabteilung des Auswärtigen Amtes 2, 8 Mio. DM (2, 2 Mio. DM als Kulturfonds; 0, 6 Mio. DM als Schulfonds) zur Verfügung. 1969 hatte sich der Etatansatz auf 255, 9 Mio. DM (157, 7 Mio. DM als Kultur-fonds; 98, 2 Mio. DM als Schulfonds) erhöht. Für das Jahr 1976 lautet die Vergleichszahl: 448, 999 Mio. DM, die sich in 274, 057 Mio. DM für den Kulturfonds, 153, 702 Mio. DM für den Schulfonds und 21, 240 Mio. DM für Bauausgaben zugunsten von Kulturinstituten und Auslandsschulen aufgliedern. Das bedeutet gegenüber 1969 eine erneute Steigerung um 77 Prozent. Dieter Sattler, der den ersten Durchbruch bei der Sicherung der materiellen Grundlagen amtlicher Kulturpolitik im Ausland erzielte, hatte im Laufe seiner Amtszeit schon eine Steigerungsrate von 252 Prozent erreicht. Da außerdem im Herbst 1961 aus innenpolitischen Gründen des Koalitionsproporzes das neue Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit eingerichtet und damit die Bildungshilfe für Entwicklungsländer der Dritten und Vierten Welt aus dem Auswärtigen Amt abgezogen und mit den Zuständigkeiten anderer Ressorts zusammengezogen wurde, sind zum Beispiel für das Jahr 1976 270, 8 Mio. DM zuzurechnen. Die Enquete-Kommission Auswärtige Kulturpolitik hat die Gesamtausgaben aller Dienststellen der Bundesregierung im Jahre 1974 mit einer Milliarde und 8 Millionen DM errechnet.

Der materielle Rahmen der auswärtigen Kulturpolitik ist also in großen Sprüngen ausgeweitet worden. Nur in der Mitte der sechziger Jahre ist in der unablässigen Erhöhung einmal innegehalten worden. Es schien jedoch immer wieder, als ob die Kulturverwaltung eher als Buchhalterei denn als geistige Leitstelle aufgefaßt worden wäre. Mit einer keinesfalls mitwachsenden Personalstärke wurden höhere Geldsummen in vermehrten Aktenvorgängen und schließlich in Maßnahmen umgesetzt, so daß die Arbeitszeit für das Nachdenken über die sich verändernden Lagen und für die begleitende Selbstbildung der Beamten und Funktionäre fehlte. Dadurch ist die Klärung von Konzeptionen und die Differenzierung der Planungen gerade in den beiden ersten Jahrzehnten des Neubeginns in Rückstand geraten. Allerdings entsprach dieser äußeren Zwangslage auch eine innere Einstellung des verantwortlichen Personals.

In einem Rückblick auf die Arbeit seiner Vorgänger hat der letzte Leiter der Kulturabteilung des Auswärtigen Amtes zwei Phasen in der hier behandelten Periode unterschieden:

„In den Jahren nach 1949 war es das erste Ziel, durch eine seriöse Kulturwerbung das Vertrauen der Welt zu Deutschland wiederzugewinnen. Später wurde auch die Pflege der Außenkulturbeziehungen weitgehend Teil einer Nichtanerkennungspolitik gegenüber der DDR." In einem seinerzeit etwas weiter ausgelegten Horizont wurde von einer Drei-gliederung in den Zielen auswärtiger Kultur-politik gesprochen: „Kulturwerbung — Austausch — Bildungshilfe". „Es könnte sein", so meinte ein Vertreter des Goethe-Institutes, „daß sich schon bald die Bildungshilfe an die Spitze setzt, weil ihre Probleme die drängendsten sind." Tatsächlich wurde von allen Verantwortlichen zuerst und vorwiegend an den Austausch des vergangenen gegen ein aktuelles Deutschlandbild gedacht. Dann aber wurde auch die auswärtige Kulturpolitik in derselben Weise wie die Entwicklungspolitik für das Ziel der deutschen Wiedervereinigung auf dem Wege des kulturellen Alleinvertretungsanspruches eingesetzt. Der gemeinsame Nenner für diese Zweige der Außenpolitik bestand in dem Gedanken der Sympathiewerbung durch kulturelle Selbstdarstellung. Seit diesen Jahren wurden die Grenzen zwischen außenpolitischer Öffentlichkeitsarbeit, die das Bundespresse-und Informationsamt (BPA) zu vertreten hat, der auswärtigen Kulturpolitik und der Bildungshilfe so sehr verwischt, daß zum Beispiel die Mittlerorganisation Inter Nationes zwei Ressorts, dem BPA und dem AA, unterstellt wurde. „Ohne eine Korrektur des Deutschlandbildes in den osteuropäischen Ländern und der Sowjetunion, die nur mit Kulturmitteln möglich ist, fehlen die psychologischen Voraussetzungen in diesen Ländern und damit die Chance für die Wiedervereinigung. Ohne eine Verstärkung der Kulturarbeit in den Entwicklungsländern und vorzüglich im Neutralen Block, der weltpolitisch immer größere Bedeutung bekommt, läßt sich die Alleinvertretung der Bundesrepublik nicht durchsetzen. Und schließlich soll man nicht vergessen, daß auch bei Freunden und Verbündeten eine intensive Darstellung unserer Verhältnisse unumgängliche Voraussetzung dafür ist, das Interesse für unsere Zukunft als Kultumation und für die Überwindung der für Europa gefährlichen Spaltung wachzuhalten."

Gerade aber in diesem Rahmen der Sympathiewerbung durch Selbstdarstellung scheint ein anderer Einschnitt noch bedeutungsvoller zu sein. Durch die Neugründung des Entwicklungsministeriums, die zugleich eine personale Typenveränderung zeigte, wurde ein Schritt von der gleichsam introvertierten Selbstdarstellung zur Sympathiewerbung durch tatkräftige Hilfen vollzogen, der dann auf den Gesamtbereich der kulturellen Außenpolitik zurückgewirkt hat. Die hierfür entwickelte Grundauffassung hat folgenden Klang: „Auswärtige Kulturpolitik ist wie Entwicklungspolitik Einwirkung auf innere Entwicklungen anderer Völker, formal oft geradezu eine Art von Einmischung in innere Angelegenheiten anderer Länder, und dies mit sachlichem Recht, da die inneren Angelegenheiten eines Volkes heute keinem Volk mehr ausschließlich selbst gehören, weil ihre Gestaltung unmittelbare Auswirkung auf die ganze menschliche Gesellschaft haben kann. Der Grundsatz der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Völker ist weithin als Ordnungsprinzip der Staaten unabdingbar; für gesellschaftliche politische Kräfte aber irrelevant."

Mit der letzten Bemerkung bezieht sich dieser Mitdenker auf eine in diesen Jahren immer mehr in den Vordergrund der politischen Theoriediskussion drängende Grundsatzerklärung, daß Entwicklungs-und Kulturpolitik mit Gesellschaftspolitik gleichzusetzen seien. Eine langfristig geplante Korrektur des Deutschlandbildes und eine kurzfristig wirksame aktive Selbstdarstellung wurden miteinander verbunden, ohne daß die Vorausset-zung eindeutig geklärt wurde, was Deutschland in Zeit und Raum sei, oder daß ferner eine alle Tendenzen — etwa den tagesgebundenen und den geschichtlichen, den kulturpolitischen und den entwicklungspolitischen Ansatz — integrierende, Gesamtkonzeption ausgearbeitet worden wäre. Die allgemeine Unsicherheit über deutsche Rollen und Möglichkeiten innerhalb der globalen Staatengesellschaft, die auf einem zaghaften, oft sogar gestörten Selbstbewußtsein beruhte, spiegelte sich unwillkürlich in der Bearbeitung der internationalen Kulturbeziehungen wider. Dadurch ist auch in jenen Jahren die geschäftige, von Tagung zu Tagung weitergeschleppte Theoriediskussion über Entwicklungs-und Kulturpolitik zu erklären

Die Hoffnung dieser Jahre war, aus abstrakten Konstruktionszeichnungen Anhaltspunkte für den eigenen politischen Weg zu gewinnen. Nachträglich stellte sich aber als Ergebnis heraus, daß nur über Methoden — etwa über den Vorrang von Kapital-oder sogenannter Technischer Hilfe, über den Stellenwert der deutschen Sprachlehre im Ausland, über die Priorität der traditionellen musischen Kultur oder der zeitgenössischen technischen Zivilisation — in der Selbstdarstellung diskutiert worden war. Im Widerstreit solcher Methodenlehren erhielt das Wagnis keine Chance, die eigene innere und äußere Situation unverschleiert zu erkennen oder gar zu erleben. In Einzelheiten sind damals immerhin einige Fragen formuliert worden, deren Beantwortung noch heute aussteht.

Als der Außenseiter Dieter Sattler in die Leitung der Kulturabteilung des Auswärtigen Amtes berufen wurde, hatten sich die Verwaltungen damit abgefunden, daß die Geldmittel kaum zu erhöhen, geeignete Menschen für die Auslandstätigkeiten fast nicht zu finden und eine Anteilnahme der Öffentlichkeit kaum zu erwarten sein werde. Die Kulturbeziehungen standen im Ansehen einer Verzierung der zwischenstaatlichen Kontakte und die Versetzung in diesen diplomatischen Arbeitsbereich wurde in der Regel als eine negative Beförderung empfunden. Viele dieser Perspektiven und Annahmen, die aus einem angeblichen Zwang der Verhältnisse abgeleitet waren, veränderten sich sehr rasch mit dem Auftritt dieses Außenseiters; einige der von ihm angeregten Entwicklungen fielen allerdings nach seinem Ausscheiden aus dem Amt wieder in sich zusammen. Gerade aber im Rückblick ist unübersehbar, daß für eine begrenzte Zeit ein Gegenbild zur bürokratischen Routine wirksam wurde und eine engagierte Gestaltung an die Stelle der fortschreibenden Verwaltung trat. Der Haushaltsansatz stieg in diesen sieben Jahren von 61, 6 Mio. DM auf 215, 2 Mio. DM, die Zahl der Mitarbeiter der Goethe-Institute für die Verbreitung der deutschen Sprache und Kultur im Ausland von 125 auf 1627 Personen; die Anzahl der deutschen Lektoren von 72 auf 211, während sich die ausländischen Stipendiaten des Deutschen Akademischen Austauschdienstes nahezu auf etwa 2000 verdoppelten. Statt 800 waren nun rund 1200 entsandte Lehrer im Ausland tätig.

Zwei Legenden waren damit widerlegt: das Interesse der Legislative war ebenso für die Auslandskulturarbeit zu gewinnen wie die Bereitschaft fähiger Menschen für die kulturelle Vermittlertätigkeit in der Fremde erschlossen werden konnte. Das Geheimnis war ein sehr persönliches: Sattler verstand politische Tätigkeit nicht nur als haushaltsgebundene Aktion, sondern vornehmlich als Impulsivität, die zugleich fremde Initiativen auszulösen verstand. Jene wiederum beruhte auf persönlichen Fähigkeiten, die besonders durch Überzeugungskraft und gemeinschaftsbildenden Geist, aber auch durch ein Gleichgewicht von Einfallsreichtum und staatspolitischem Realismus verstärkt wurden. Er erkannte als erster die Bedeutung einer systematischen Öffentlichkeitsarbeit. Seit 1964 erscheinen deshalb Jahresberichte der Kultur-abteilung des Auswärtigen Amtes. Diese wurden sofort flankiert von „Jahrbüchern der auswärtigen Kulturbeziehungen", die der Vorsitzende des zuständigen Unterausschusses im Deutschen Bundestag herausgab. Die Auslieferung von Sonderpublikationen über die „Deutsche Kulturpolitik im Ausland“, etwa durch das Goethe-Institut, reihte sich an. Die Mittlerorganisationen wurden angeregt, ihrerseits Jahresberichte über ihre eigenen Tätigkeiten zu veröffentlichen. Vor allem aber erreichte Dieter Sattler, daß im Sommer 1960 zum ersten Male eine größere Bundestagsdebatte über „Deutsche Kulturarbeit im Ausland“ stattfand und in der Regierungserklärung von 1965 erstmalig ein Bundeskanzler über die Bedeutung der auswärtigen Kultur-politik sprach. Sattler erfand auch das einprägsame Stichwort von der Kulturpolitik als der dritten Bühne der Außenpolitik (als Architekt hätte er niemals das später formulierte, statisch falsche Bild von einer dritten Säule benutzt, das schleunigst ausgemerzt werden sollte). Die Hauptarbeit wurde jedoch von ihm unmittelbar in zahllosen Gesprächen mit Kulturschaffenden und Politikern, bezeichnenderweise also nicht in Denkschriften oder Vorträgen geleistet.

Eine zweite Qualität bestand darin, daß der weltsichere und lebensfreundliche Leiter der Kulturabteilung Grenzen zwischen behördlichen Aufgaben und privaten Unternehmungen nicht anerkannte. Nach dem resignativen Ende seiner Tätigkeit dankte er einer Reihe von Persönlichkeiten, „ohne deren besondere Begeisterung und Hingabe es niemals gelungen wäre, die Tätigkeit der Kulturabteilung so sehr zu verstärken". Von Carlo Schmid bis

zu Emil Praetorius, von Reinhard Raffalt bis zu Arnold Bergsträßer und Theodor Heuss reichten die Namen. Auf parteipolitische Unterscheidungen nahm er keine Rücksicht. Es zeigte sich, daß eine erfolgreiche Kulturverwaltung auf das Geheimnis der Freundschaften anstelle von Parteisolidaritäten oder vertraglich festgelegten Kooperationen angewiesen ist. Zum ersten Male brach offenbar die Menschlichkeit als kulturpolitisches Gestaltungsprinzip in die Routine der Kulturverwaltung ein: um die tüchtige Erledigung systematischer Verrichtungen bildete sich eine fruchtbare Atmosphäre, in der sich andere impulsive Menschen wohlfühlen konnten. Es wäre aufschlußreich, einmal die damals hinzugewonnenen Mitarbeiter des Goethe-Institutes, deren Mehrzahl sich hervorragend bewährt hat, sowohl auf ihre soziologische Herkunft als auch auf ihre psychologischen Eigenarten hin in einer Untersuchung zu erfas-sen.

Sicher war Dieter Sattler nicht nur nach der Meinung der Verwaltungsbeamten und Funktionäre, sondern auch aus eigener Statur eine Ausnahmeerscheinung — wie zu Zeiten der Weimarer Republik der preußische Kultusminister Carl Hermann Becker oder der Mitbegründer des Deutschen Akademischen Austauschdienstes Adolf Morsbach. Wirksam waren einerseits das Vorbild einer zwischen Verdi und Brecht gelebten (nicht nur rational bedachten) persönlichen Bildung und die Wahrnehmung der Kulturarbeit als ein Lebenselixier, als Lebensberuf anstelle einer vorübergehenden Karrierestation. Die persönliche Identität von Fähigkeiten, Neigungen und Tätigkeiten erklärt ebenso Sattlers Erfolg wie der Verzicht auf eine Unterscheidung von historisch zurückliegenden und aktuellen Kulturschöpfungen. Selbstverständlich wirkte er auf viele als Fremdling. Er selbst erkannte, daß hinter der ohnedies spannungsgeladenen Wortverbindung von Kultur und Politik die Kontroverse unterschiedlicher Denkweisen und Lebensauffassungen stand. „Beim Ausbau der Tätigkeit der Kulturabteilung wurden mir oft die Gegensätze im Denken der Juristen und Architekten (was ich ursprünglich von Beruf bin) deutlich. Der Jurist fragt zunächst: wie war das bisher; können wir es nicht wieder so ähnlich machen? — Der Architekt fragt umgekehrt: bisher war hier eine unbebaute Wiese, in zwei Jahren soll dort ein Haus stehen. Wie wird sich das auswirken? Nur in der Zusammenarbeit beider Denkarten ist es möglich, die Pflege der kulturellen Beziehungen zwischen den Staaten auszubauen."

Es war nicht überraschend, daß nach Sattlers Weggang die Vorgänge wieder in die gewohnte Routine zurückfielen, der Typ der verantwortlichen Kräfte verändert wurde — weil die Maßstäbe, die Sattler aus sich heraus und bei der Bildung seiner Gesprächskreise gesetzt, aber nicht als Konzeption dokumentiert hatte, nicht nur nicht angenommen, sondern weithin abgelehnt wurden. Die „Juristen" dachten wieder in statischen Strukturen und Organisationen statt in dynamischen geistigen Bewegungen und Gestalten. Einstweilen haben sie damit den Sieg über den „Architekten" um den Preis eines höheren Organisationsgrades, aber auch eines geringeren interkulturellen Standards errungen. Es scheint folgerichtig zu sein, daß sie später dann auch auf Konstruktionspläne zurückgegriffen haben, die bereits in der hier geschilderten Phase wohlüberlegt abgetan wurden. Der letzte Leiter der Kulturabteilung hat 1975 einen Aufsatz „Brauchen wir einen German Council?" mit einer positiven Einstellung geschrieben. Sattler hatte in seiner erwähnten Schlußbilanz bereits gesagt:

„Der Aufbau einer Organisation, wie es der British Council in England ist, war in Deutschland aus folgenden Gründen nicht möglich:

— Anstelle einer großen Organisation wie in Großbritannien gab es in Deutschland mehrere vom Staat finanzierte Institutionen wie etwa den Deutschen Akademischen Austauschdienst seit 1924, das Goethe-Institut seit 1932, Inter Nationes seit 1954. Was sollte aus diesen werden?

— Das Verhältnis von Regierung und Intellektuellen ist in Deutschland anders als in Großbritannien. Daher ist eine gewisse innere Disziplin bei uns kaum vorauszusetzen. Es würde wahrscheinlich bald zu Spannungen zwischen Regierung und auch dem Parlament und diesen Intellektuellen kommen. Die Regierung in Deutschland wollte daher eine stärkere Kontrolle auf diesem Gebiet behalten. Statt einer einzigen Institution, die dem British Council entsprochen hätte, wurde deswegen eine größere Zahl von teils schon lange bestehenden, teils neu gegründeten privaten oder halbprivaten Organisationen gefördert."

Sattler konnte nicht vorhersehen, daß außerdem eine so in sich lockere, aus dem pragma-tischen Verhalten der Briten geschaffene Institution unter Deutschen sehr schnell in die Nähe einer Bundesanstalt mit strikter Kontrolle rückt.

Allgemeine Übereinstimmung herrschte in jenen Jahren, daß Partner der deutschen Kulturpolitiker die Intellektuellen aller Kulturen und Regionen sein sollten. Insofern waren damals die Traditionen stärker als gleichzeitige neue Einsichten in die Lebensnotwendigkeiten der Epoche der Massenzivilisation. In die-Die sem Zusammenhang wurde von den Mitarbeitern der auswärtigen Kulturpolitik immer wieder von den Beziehungen zu Eliten gesprochen! während doch im Binnenland schon längst das Wort „Elite" tabuisiert war. Inzwischen eingetretene Veränderungen sind also unverkennbar.

Andererseits wurden in dem gleichgestimmten Kreis der Freunde und Helfer bereits einzelne Perspektiven entworfen, die seitdem wie abgerissene Fäden noch immer herumflattern. übrigens war auch dies beispielhaft: Der Leiter der Kulturabteilung verteilte nicht von sich aus Richtlinien, sondern gab lediglich das Vorbild für geistige Regsamkeit und Einfühlungsfähigkeit. So wurde nicht die Demokratisierung der Kulturpolitik diskutiert, sondern stillschweigend vollzogen. Auch der nicht nur formale, sondern lebenswirksame Kulturaustausch war damals zwar noch kein Leitwort, trotzdem wurde er bereits vorgebildet, weil Sattler das offene Gespräch als Miniatur des Gebens und Nehmens dauernd übte und aus ihm alle Planungen und Maßnahmen hervorgehen ließ. Er gab den Mitträgern nicht in der traditionellen Manier der Obrigkeiten Audienzen, sondern suchte diese Partner ohne jede protokollarische Selbstbezogenheit meist an deren Arbeitsorten von sich aus auf. Nur so ist die Vielzahl lebendiger Anregungen zu erklären, die damals ausgesprochen wurden, seitdem aber fehlen.

Einige Zitate können als Belege dienen: Werner Ross, der damals als Geschäftsführer des Goethe-Institutes berufen wurde, vertrat die These, „daß es eine Trennung zwischen einer auswärtigen und einer inländischen Kulturpolitik nicht gibt (dieser Gedanke ist bis heute nicht aufgenommen worden). Sobald man näher zusieht, wird die gegenseitige Abhängigkeit der Sphären, das Wechselspiel der Kräfte offenbar... Wo die Öffnung nicht hergestellt ist, die Osmose nicht ihr Werk tut, verwandelt sich das Land in Provinz, die Nation versinkt in Inzucht, der lebendige Trieb stirbt ab." Der Bundestagsabgeordnete Bertold Martin, der den Vorsitz im Unterausschuß des Deutschen Bundestages für Auswärtige Kulturpolitik hatte, sagte bereits damals: „über die nationalen Kulturen hinweg bewegen wir uns auf eine Weltzivilisation zu."

Die Enquete-Kommission der siebziger Jahre hat diesen Satz lediglich repetiert, jedoch nicht weitergedacht. Schon zehn Jahre vor deren Schlußbericht hatte Martin viel entschiedener und konsequenter die Anforderungen an den diplomatischen Kulturreferenten formuliert: „Der Kulturattache muß ein Spezialist sein, für den die Kulturarbeit zur Lebensaufgabe geworden ist. Er erfährt hierfür eine besondere Ausbildung und hat seine besondere Laufbahn. .. Der Kulturattache muß Beziehungen zum intellektuellen Leben haben, sei es aus dem Bereich der Wissenschaft, der Literatur oder der Kunst. Er muß über genaue Kenntnis der Kulturorganisationen, der eigenen Kulturgeschichte und der Geschichte der Länder, in denen er arbeitet, verfügen. Herkunft und zusätzliche Ausbildung müssen ihm ein Niveau geben, das ihn befähigt, Gesprächspartner im Gastland zu sein und für seine Themen Interesse zu wecken." In der bevorstehenden Plenardebatte des Deutschen Bundestages wird es empfehlenswert sein, über den Text des Enquete-Berichtes hinaus auf klarere Formulierungen aus den sechziger Jahren zurückzugreifen. Bemerkenswert war damals auch, daß die Mitträger der auswärtigen Kulturpolitik sich nicht in der Wahrnehmung der Interessen der eigenen Mittlerorganisationen einigelten, sondern von einem Gesamtbild ausgingen. Für Dieter Braun, einen maßgebenden Mitarbeiter des Goethe-Institutes, waren die Probleme der Auslandslehrer ebenso wichtig: „Wie viele deutsche Lehrer, die lange Jahre draußen waren, sitzen z. B. wieder an heimatlichen Kathedern, ohne die Möglichkeit zu haben, ihre Kenntnisse zu nutzen und weiterzugeben, ja ohne von seifen ihrer vorgesetzten Dienststelle eine Anerkennung zu spüren dafür, daß sie ihren Beruf eine Zeitlang unter ganz ungewohnten, meist schwierigen Bedingungen in Peru, Äthiopien oder Persien ausgeübt haben."

An diesem fehlerhaften Zustand ist bis heute nichts geändert worden. Auch die klaren Vorstellungen der bereits erwähnten Bundestagsdebatte vom 23. Dezember 1960 sind bis heute kaum oder gar nicht verwirklicht worden. Der Abgeordnete Martin sagte damals: „Wenn wir von der Konzeption einer Kulturpolitik reden, dann meinen wir selbstverständlich, daß es darauf ankommt, für jeden Kontinent, für jedes Land ein eigenes Modell, eine eigene Konzeption der Kulturpolitik darzubieten." Der damalige Außenminister erklärte dazu in seiner grundsätzlichen Antwort: Bundesregierung ist davon überzeugt, daß die geistigen Kräfte eines Volkes und seine Kultur nur in ständiger Berührung und Beschäftigung mit anderen Völkern und Kulturen, in unausgesetztem Austausch von Gedanken und Erfahrungen und in der Auseinandersetzung mit fremden Ideen und Lebensformen lebendig bleiben und sich weiterentwickeln können. Sie wird daher das unendlich mannigfaltige und vielschichtige Netz kultureller Verflechtung, das sich — mit und ohne staatliches Zutun — seit dem Zweiten Weltkrieg mit dem Ausland wieder angesponnen hat, behutsam pflegen und, soweit erforderlich, mit Bundes-mitteln fördern." Selten ist von amtlicher Seite die Unabhängigkeit der kulturellen Außenpolitik von der Außenwirtschaftspolitik oder der reinen Staatspolitik klarer formuliert worden. Neuere Äußerungen bleiben hinter diesen Erklärungen erheblich zurück.

Wir werden nach den Gründen suchen müssen, weshalb die deutsche Kulturpolitik in dem darauffolgenden Jahrzehnt zwar einzelne Methoden verbessert, das Organogramm berichtigt hat und einen „neuen” Kulturbegriff in dürren Leitsätzen hervorbrachte, aber die aus dem Erlebnis der kulturellen Weltlage hervorgegangenen Anregungen nicht weiterzuspinnen vermochte. Ich sehe drei Gründe: Wenn der Raster einer vollständigen Konzeption fehlt, finden Einzelgedanken keinen Anhalt und verfliegen wieder. Der damalige Aufschwung zur Gestaltung der Kulturbeziehungen, mit dem der Ausbau der systematischen Verwaltungsarbeit nicht immer Schritt halten konnte, hatte seinen Rückhalt in einer ungewöhnlichen Person und beruhte weithin auf deren Ausstrahlung und Kultursicherheit, also auf einer personalen Identität. Mit deren Abtreten verschwand das Zentrum; zurück blieb lediglich das Skelett der bürokratischen Administration. Damit trat bis in die Geschäftsführungen der Mittlerorganisationen hinein an die Stelle der Reflexion zentraler geistiger Anregungen — die dann in großer Unabhängigkeit in Aktivitäten umgesetzt werden konnten — die Reaktion auf Verwaltungsvorschriften und Haushaltskürzungen. Schließlich hatte Sattler auf viele als befremdender Gegentyp zu den eigenen Lebensgewohnheiten gewirkt; nicht wenige zeigten sich glücklich, ihn losgeworden zu sein und ihn nicht mehr auch dem Schein nach ernst nehmen zu müssen. Mit dieser Distanzierung von dem Außenseiter, der mit dem elementaren Kulturleben wohlvertraut war, wurden auch fast alle Anregungen und Vorschläge, die auf ihn und den von ihm gebildeten gleichgestimmten Kreis zurückgingen, in das Aktenarchiv überwiesen. Allerdings wurde in dem anschließenden Jahrzehnt in der Verwaltungspraxis manches aufgeholt; ein bewegender geistiger Fortschritt ist jedoch auf diesem bürokratischen Wege nicht mehr gelungen.

Die Forderung nach einer Konzeption wurde schließlich von der Exekutive der parlamentarischen Enquete-Kommission zugeschoben. Jene dispensierte sich selbst damit von entsprechenden geistigen Anstrengungen. Andererseits erklärte der letzte Vorsitzende der Kommission, daß auch ein solches Gremium den erwarteten „großen Wurf" nicht leisten könne. Dieter Sattler hat in der zitierten Bemerkung über die unterschiedlichen Denkansätze der „Juristen" und des „Architekten" bereits angedeutet, daß ein Fortschritt nur im Zusammenwirken einer Administration und einer besonderen Persönlichkeit, die die We-senszüge des sogenannten Außenseiters verkörpert, zu erzielen ist. Bei der Neuberufung eines Leiters der Kulturabteilung des Auswär-

Die theoretische Wende um 1970

überall spürt man heute, daß wir am Rande der Geschichte, „an der Zeitmauer''stehen, und daß wir in eine neue Phase der Entialtung des menschlichen Bewußtseins eintreten, in ein postmodernes, posttraditionelles Zeitalter, in dem alle Räume, Zeiten und Traditionen für jede andere gleichzeitig erschlossen sind ... Jedoch auch inmitten der Welt-zivilisation, der Planetarisierung und des Lebensgefühls vom Ende der Geschichte bestehen die altbekannten religiösen Traditionen weiter und beeinflussen sich in einer veränderten Welt gegenseitig oder treten andere Traditionen zum ersten Male auf. Unsere Gegenwart ist sicherlich für alle diese eine Zeit neuer Krisen, aber keiner Tradition wird indessen eine Zukunft verweigert ... Jede von ihnen hat unverbrauchte Möglichkeiten in sich und jede ist jetzt imstande, sich selbst zu stärken, indem sie an den Kräften der anderen teilnimmt... So kann der Hindu heute sein religiöses Denkvermögen durch das Erbe der Griechen, durch die christliche Vision und durch die Botschaft des Islams vergrößern; er hat die Freiheit, durch das schöpferische Neu-interpretieren sich die Tradition neu an-zueignen, deren Geschöpf und zugleich Verwalter er ist. Jarava Lai Mehta, Jenseits von Glauben und Wissen. Referat auf dem Symposium „Internationale Zusammenarbeit im Grenzbereich von Theologie und Philosophie" der Alexander von Humboldt-Stiftung (12. bis 17. Oktober 1976). Professor Mehta arbeitet am Center for the Study of World Religions der Harvard University, Cambridge/Massachusetts/USA. Die Möglichkeiten des Hindu gelten gewiß seitenverkehrt auch für den durch christliche Traditionen geprägten Europäer.

Am 18. März 1970 hat der Deutsche Bundestag die Errichtung einer „Enquete-Kommission Auswärtige Kulturpolitik" beschlossen. Im Dezember 1970 wurden dann noch vom Auswärtigen Amt achtzehn Leitsätze für die Auswärtige Kulturpolitik veröffentlicht. We März 1970 hat der Deutsche Bundestag die Errichtung einer „Enquete-Kommission Auswärtige Kulturpolitik" beschlossen. Im Dezember 1970 wurden dann noch vom Auswärtigen Amt achtzehn Leitsätze für die Auswärtige Kulturpolitik veröffentlicht. Wenig später, im März 1971, ist der „Bericht der Kommission für die Reform des Auswärtigen Amtes" vorgelegt worden, der einen Abschnitt über die „Förderung des Kulturaustausches" enthält. Obwohl die Vorbereitungen der damals abgeschlossenen Texte in den Jahren 1968 und 1969 begonnen hatten und der Schlußbericht der parlamentarischen Kommission erst im Oktober 1975 abgeliefert worden ist, zeigen die Daten doch an, daß binnen eines Jahres eine Bewußtseinsschwelle zaghaft betreten und von einigen sogar überschritten worden ist. Dies geschah jedoch mit sehr unterschiedlicher Entschlossenheit.

Der Auftrag des Bundestages forderte „Empfehlungen für eine bessere kulturelle Repräsentation der Bundesrepublik Deutschland im Ausland" und entsprechende Reformvorschläge 17). Die Abgeordneten waren also noch völlig in den Gedanken einer egozentrischen Selbstdarstellung befangen. Die schließlich aus einem umfangreicheren Entwurf destillierten Leitsätze des Auswärtigen Amtes 18) sprechen dagegen bereits von-einer „internationalen Zusammenarbeit im kulturellen Bereich".

„Auswärtige Kulturpolitik ist nicht nur Information über unsere Kultur, sondern auch Austausch und Zusammenarbeit." Es ist zu spüren, wie sehr auch diese als Aufbruch verstandene Proklamation noch an der bisherigen Tradition des einseitigen Gebens haftet: An die Stelle der Information müsse „das Angebot treten, die eigene Wirklichkeit, also die Leistungen und Möglichkeiten des eigenen Landes, einzubringen in einen lebendigen Austausch zwischen den Völkern." Für die Zugänge zum Ausland werden bestimmte Methoden vorgeschlagen. Demgegenüber bleiben aber die Aussagen über die Verwirklichung tigen Amtes oder sogar eines Staatssekretärs für den Kulturaustausch sollte diese Lehre nicht unbeachtet bleiben. eines gleichgewichtigen, also fremde Einflüsse in die Bundesrepublik einschließenden Austausches, sehr ungenau. Es scheint in dieser Beziehung, da andere konkrete Hinweise fehlen, für den Wechsel von Geben und Nehmen vor allem an den Kulturhandel im Rahmen zwischenstaatlicher Abkommen gedacht worden zu sein. Diese Vermutung wurde dann auch nachträglich durch die überwiegende Mehrzahl der durchgeführten Projekte und schließlich noch 1976 durch den Titel ei-Leitsätze ner Aufsatzsammlung des Leiters der Kultur-abteilung, Hans Arnold, bestätigt: „Kulturexport als Politik?" Der Austauschgedanke überstieg damals kaum die Gewohnheiten der Außenwirtschaftspolitik, in deren Abwicklung fremde Einfuhren eingeräumt werden müssen, wenn sich der Partner mit den eigenen Exporten einigermaßen abfinden soll. Noch der Schlußbericht der Enquete-Kommission nimmt übrigens diesen Vergleich zwischen geregelten’ Wirtschafts-und Kulturbeziehungen mehrmals wieder auf.

Lediglich die aus zwölf Persönlichkeiten der Tätigkeitsbereiche Politik, Wirtschaft, Kultur und Verwaltung zusammengesetzte Reform-kommission des Auswärtigen Amtes hat die geistige Schwelle entschieden überschritten. Auch in der sprachlichen Qualität und in der sehr genauen Wortwahl war ihr Bericht den anderen Verlautbarungen überlegen. Jeder Partner müsse — so heißt es jetzt — „das kulturelle Schaffen und das kulturelle Erbe des anderen in sich aufnehmen". Hier wird zum ersten Male der Gedanke der wechselseitigen Aneignung vorgetragen. Die Enquete-Kommission, die in denselben Tagen (am 11. März 1971), in denen der Reformbericht veröffentlicht wurde, zum ersten Male zusammengetreten war, hat deren weltpolitischen und weltkulturellen Bewußtseinsstand nicht mehr erreicht.

Zeitgeschichtlich gesehen können wir deshalb nur feststellen, daß 1970/71 die bisherigen Konzeptionen von Seiten der Exekutive und der Legislative des Staates in Frage gestellt worden sind und dann mit sehr unterschiedlicher Entschlossenheit aufgelockert wurden. Nur so wird verständlich, daß der Übergang von der einseitigen „Selbstdarstellung" zum vielseitigen „Kulturaustausch“, von den Vorstellungen der zivilisatorischen Überlegenheit zur Verwirklichung der gleichwertigen Partnerschaft noch nicht einmal theoretisch in der Breite von der operativen Konzeption bis zu den instrumentalen Details bis heute durchgearbeitet werden konnte. Vielmehr sind die vorhandenen operativen und taktischen Ansätze oder die Organisationsformen unverändert geblieben. Die grundsätzlich neue Auffassung ist sogar über die Ressortgrenzen des Auswärtigen Amtes und die Arbeitsbereiche der von ihm subventionierten Institutionen nicht hinaus gedrungen und in eine bundesdeutsche Gesamtkonzeption eingegangen. Infolgedessen wurde auch immer wieder das Nebeneinander eines entwicklungspolitischen und eines kulturpolitischen Arbeitsansatzes von den Ministerialbeamten betont.

Ein solcher umfassender Durchbruch konnte auch gar nicht der Ministerialbürokratie aufgetragen sein, die mit der Formulierung der Leitsätze ohnedies bis an die Grenze ihrer Möglichkeiten gegangen war. Die Schuld der bis heute andauernden Verzögerung und Unklarheit trifft die Instanzen der politischen Richtlinien-Kompetenz. Noch niemals sind Fragen der auswärtigen Kulturpolitik oder etwa der Politik des Kulturaustausches in einer Kabinettssitzung der Bundesregierung erörtert worden. Auch in den Grundsatzprogrammen der Parteien blieben diese Perspektiven ausgespart, so daß von außen herantretende Anstöße fehlen. Vor allem aber waren die bewegenden Persönlichkeiten, wie früher Carl Heinrich Becker oder Dieter Sattler, im Parlament und in den Ministerien nicht vorhanden, Persönlichkeiten, die aus weltpolitischer und weltkultureller Einsicht in die Lebensnotwendigkeit wechselseitiger interkultureller Annäherungen und aus eigenem unmittelbarem Engagement durchgesetzt hätten, daß im In-und Ausland die materiellen, personellen, organisatorischen, konzeptionellen und aktiven Folgerungen gezogen wurden. Immerhin ist seitdem ein gewisser befruchtender Wettbewerb zwischen Legislative und Exekutive im überdenken der Ausgangspositionen eingeleitet worden.

Einen wichtigen Anstoß hat diese sich anbahnende Umstellung der Grundsätze wahrscheinlich durch die gleichzeitige Verände-rung in der Gesamtkonstellation der bundesdeutschen Außenpolitik erhalten. In der Regierungserklärung vom November 1969 wurde die DDR als souveräner Staat anerkannt. Die immer eng den staatspolitischen Außenbeziehungen verbundene Kulturpolitik war damit stillschweigend von der Pflicht entlastet, im Dienste der durch die sogenannte Hallstein-Doktrin geprägten erdweiten Deutschlandpolitik eine Selbstdarstellung zu leisten. Wenigstens in der außenpolitischen Theorie konnten die diplomatischen Kulturpolitiker anstelle der Konfrontation gegenüber den Aktionen des sowjetisch besetzten Landesteils zu einem Wettbewerb mit der auswärtigen Kulturpolitik der Deutschen Demokratischen Republik übergehen: „Solange die Kooperation wegen der unterschiedlichen inneren Ordnungen in vielen Bereichen erschwert, wenn nicht ausgeschlossen ist, bildet daher der Wettbewerb das angemessene Prinzip. Dabei müssen zugleich die Gemeinsamkeiten in Geschichte und Kultur lebendig bleiben. Die Betonung dieser Gemeinsamkeiten ist ein Ziel unserer Politik." Leitende Diplomaten wie Arnold glaubten schließlich sogar, „daß die DDR dem Problem des Nebeneinander am dritten Ort seit dem Zustandekommen des Grundlagenvertrages etwas entspannter gegenübersteht als früher"

Während also einerseits schon unabhängigere Überlegungen angestellt werden konnten, wurden andererseits die Kulturpolitiker mit neuen Problemen durch den allmählich praktizierten Verzicht auf das Alleinvertretungsrecht belastet. Bereits seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland waren aufgrund der nationalsozialistischen Vorgeschichte immer klare Aussagen vermieden worden, ob von Bonn aus die Errungenschaften der zu Westeuropa gehörenden Länder oder die gesamte deutschsprachige Kultur oder überhaupt nur eine auf das Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland eingegrenzte Zivilisation im Ausland vorgestellt werden sollte. Die Kulturpolitiker gerieten angesichts der auf fünf mitteleuropäische Staaten verteilten Nation und der in den Perspektiven der Fremde ungeteilten deutschen Kultur in einen Zwiespalt. Die Bevölkerungen empfanden als eine nahtlose Einheit — die im literarischen, musikalischen und wissenschaftlichen Bereich zwischen Graz und Darmstadt, zwischen Wien und Zürich oder Hamburg dementsprechend praktiziert wurde —, was die Außenpolitiker auseinandertrennen mußten. Zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR wurde ein solcher Schnitt am deutlichsten.

Das Problem ist im Grundsatz nach wie vor ungelöst. Es wird einerseits sogar bei Ausstellungen in osteuropäischen Staatskulturländern zugunsten der Dreistaaten-Praxis vertieft, andererseits zwischen den verschiedenen Botschaftern deutschsprachiger Staaten — etwa aus Anlaß von Mozart-oder Beethoven-Gedenktagen — in freundschaftlicher Abklärung der Aktivitäten bereinigt. Durch die auch bis zu den Regierungshandlungen durchdringende Geschichtslosigkeit und die damit zusammenhängende Akzentverschiebung auf die kulturellen und zivilisatorischen Gegenwartsprobleme (Leitsatz 2) wird die Aufteilung der deutschsprachigen Kultur in staatspolitische Fragmente sogar wieder angeregt, da die gemeinsamen Wurzeln ausschließlich in der Vergangenheit liegen.

Der historische Rückblick auf die dreizehnjährige auswärtige Kulturpolitik der Weimarer Republik vermittelt die Einsicht, daß im Rahmen der bürokratischen Verwaltung das Entwerfen und Durchführen von Fortschritten anscheinend immer in einem sehr langsamen Prozeß geschieht. Die sieben Jahre zwischen der Berufung der parlamentarischen Enquete-Kommission und der für Herbst 1977 angesetzten Plenardebatte des Deutschen Bundestages über deren Schlußbericht könnte als ein Zeitraum der instrumentalen Konsolidierung positiv gesehen werden. Zugleich entsteht aber auch der Eindruck einer Periode der personellen Ermüdung. Besondere methodische Errungenschaften waren nicht zu erkennen, die eine Anpassung an die fortschreitenden globalen und regionalen Krisen und ein Eingehen auf die tief wirkenden Kulturrevolutionen in fremden Regionen bedeutet hätten. Das Verhalten entsprach viel mehr einem Fortbestand völlig stabiler, höchstens einmal von lokalen Schwierigkeiten befallener Zustände. Die Spontaneität hat anscheinend gleichermaßen im privaten wie auch im amtlichen Bereich der Behörden wie in den subventionierten Mittlerorganisationen im Vergleich zu den vorangegangenen Jahrzehnten nachgelassen.

Hierauf mögen mehrere Vorgänge eingewirkt haben: die personelle Stabilität besonders in den leitenden Stellen der Mittlerorganisationen (mit Ausnahme des Goethe-Institutes); die Beunruhigung, die durch das Auftauchen zentralistischer Strukturmodelle (u. a. unter dem Stichwort „German Council") unter die Mitarbeiter der Dienstleistungsinstitutionen getragen wurde; der Ausfall wirkungsvoller, den politischen und den kulturellen Horizont erweiternder Fortbildungsmaßnahmen; das anhaltende, freilich von den Verantwortlichen auf mehreren Arbeitsstufen mitverschuldete Desinteresse der breiteren Schichten, der Träger der veröffentlichten Meinungen und der Berufspolitiker; schließlich die Enttäuschungen durch erste psychologische Rückschläge bei der Verbreitung eines makellosen Deutschlandbildes und durch die ausbleibende Anerkennung der bisherigen Leistungen durch eine Beteiligung an dem in anderen Politik-Bereichen zugelassenen und begünstigten Wachstum.

Der Tüchtigkeit in der Bewältigung der Tagesaufgaben, der Geschäftigkeit im Management, aber auch den Ansprüchen auf einen Freiraum der Initiativen hat kaum eine geistige Erneuerung entsprochen. Das kulturpolitische Denken hat sich in zunehmender Ausschließlichkeit auf die Staatsinteressen eingeengt und in noch geringerem Maße als früher auf die Bedürfnisse der Bevölkerung bezogen, so daß eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen den privaten Energien und den staats-gebundenen Kräften nicht verwirklicht worDer den ist. Die Vertreter der zahlreichen privaten Auslandsgesellschaften wurden zum Beispiel nur einmal zu einem Gedankenaustausch zusammengerufen, der zu keiner ständigen Aktionsgemeinschaft führte. Damit erhielt auch die in dem Bindewort Kultur-Politik angelegte bipolare Gleichsetzung der beiden Lebensbereiche eine recht einseitige Auslegung. Der in den zwanziger Jahren von Carl Heinrich Becker, dem preußischen Kultusminister, und Gertrud Bäumer in der Kulturabteilung des damaligen Reichsinnenministeriums aufgestellte Grundsatz einer Autonomie der Kultur gegenüber allen anderen Zwecken, besonders äußerer Macht-oder Wirtschaftspolitik, ist nicht anerkannt worden. Diese Tatsache belegen bereits die in diesen Jahren, besonders in dem Gesamtplan zur auswärtigen Kulturpolitik 1973— 1976 festgelegten regionalen Prioritäten der anzusprechenden Partner und die ausdrücklich erklärte Absicht einer „verbesserten Einordnung der auswärtigen Kulturpolitik in die Außenpolitik der Bundesregierung". Als kulturpolitische Ziele werden demgemäß angegeben: die Fortsetzung des westeuropäischen Einigungswerkes — die Beteiligung am atlantischen Bündnis —, die auf Entspannung und Zusammenarbeit gerichtete Ostpolitik im gesamteuropäischen Rahmen — die besondere Berücksichtigung des Mittelmeerraumes und des Nahen Ostens — und schließlich die partnerschaftliche Hilfe für Entwicklungsländer.

Diese Prioritätenliste zeichnet eindeutig die außenpolitische Interessenlage der Bundesregierung nach, berücksichtigt jedoch nicht die Bedarfslage von Bevölkerungsgruppen nach fremdkulturellen Einflüssen; sie entspricht den weltkulturellen Veränderungen nur insofern, als der Grundraster einer regional gegliederten Erdordnung benutzt wird. Der Übergang von der europäischen zur globalen Weltgeschichte — einer der tiefgreifendsten historischen Umstürze dieses Jahrhunderts: die Hinfälligkeit der Eurozentrik zugunsten des Polyzentrismus — wird nicht berücksichtigt. Dieser aber hat sich in der Machtpolitik bereits durchgesetzt, versucht in den erdweiten Auseinandersetzungen über eine neue Weltwirtschaftsordnung durchzubrechen und befindet sich auf kulturellem Gebiet immerhin schon im Keimzustand. Einige Spuren weisen darauf hin, daß eine weltpolitische, weltwirtschaftliche und weltkulturelle Erdkarte durchaus nicht übereinstimmend Knotensysteme aufweisen wird.

In der zitierten Prioritätenliste kommen lediglich wirtschaftliche und machtpolitische Kriterien zur Anwendung, jedoch nicht kulturelle. Diese mit dem allgemein verengten politischen Denken übereinstimmende Methode findet sich bereits in der Auswahl der Begriffe: Mittelmeerländer und Naher Osten, wobei zwischen arabischen und nicht-arabischen islamischen Länderblöcken nicht unterschieden wird, ferner im Pauschalwort „Entwicklungsländer". Auch zwischen den Zeilen wird der Kulturaustausch nur innerhalb der europäischen Zivilisation und im Rahmen des deutsch-arabischen Dialoges ins Auge gefaßt. Konkrete Beobachtungen lassen außerdem erkennen, daß in der „Fortsetzung des europä-ischen Einigungswerkes'der interkulturelle Unterschied zwischen der islamischen Türkei und die innerkulturelle Differenzierung zwischen westeuropäischen Staaten und dem orthodox-kyrillischen Griechenland gar nicht berücksichtigt wurden. Beide Staaten sind kurzfristige Anwärter auf eine Vollmitgliedschaft in der Gemeinschaft, haben jedoch in der pragmatischen Projektliste durchaus keine hervorragende Priorität.

Gegenüber der Summe der Fremdkulturen werden nur die eingeübten Einbahnstraßen als »Hilfen für Entwicklungsländer" vorgesehen, so daß der Kulturaustausch mit der hispanischen oder brasilianischen Zivilisation Lateinamerikas, der malayischen, der koreanischen, der japanischen oder westafrikanischen Kultur beiseitegeschoben wird. Infolgedessen handelt es sich um eine altmodische Konzeption, in der zivilisatorische Errungenschaften als Exportgüter lediglich der Verstärkung realpolitischer Maßnahmen dienen. Die Theorie des Kulturaustausches und die kulturpolitische Praxis der Machthilfe geraten um so mehr in Widerspruch zueinander, als die „mittel-bzw. langfristigen Interessen auswärtiger Kulturpolitik" und deren „spezifische Aufgaben" wahrgenommen werden sollen

Immerhin mag sein, daß diese Überlegungen und Planungen nur für den Ressortbereich des Außenministeriums unter dem Grundgedanken einer Gleichschaltung und Konzentration aller außenpolitischen Mittel angestellt wurden. Dann hätte die Kulturpolitik allerdings eine geringere Eigenständigkeit gewonnen als die Handelspolitik, die etwa in der Südafrikapolitik durchaus entgegengesetzte Wege zur Staatspolitik gehen darf. Der Hinweis auf die Fortsetzung der Kulturbeziehungen trotz des zeitweiligen Abbruches der diplomatischen Beziehungen zu den arabischen Staaten liefert auch keinen Gegenbeweis, weil die damalige Differenzierung vom Partner getroffen wurde. Die Konzeptionen für die von Bundesbehörden gesteuerten kulturellen Weltbeziehungen werden offensichtlich anderen Ressorts überlassen und für Abweichungen freigegeben. Da aber dann einzelne Mittlerorganisationen mit selbständig entwickelten Leitlinien der Bundesministerien für wirtschaftliche Zusammenarbeit, für Bildung und Wissenschaft, für Forschung und Technologie, des Bundesministeriums des Inneren und auch des Auswärtigen Amtes, die nebeneinander ihre Einzelprojekte subventionieren, arbeiten müßten, kann Pluralismus in der politischen Konzeption nur schädliche Folgen haben. Andererseits kommen Möglichkeiten zur kulturellen Ausstrahlung überhaupt nicht zur Wirkung, weil diese nicht in realpolitische Absichten einzubinden sind oder einfach gedankenlos in den Ritzen zwischen den Ressortkompetenzen durchfallen. Jede etwas nachschürfende Analyse endet mit der Feststellung, daß die Veränderungen der weltkulturellen Lagen, die aus der europäischen Kulturkrise abzuleitenden Lebensbedürfnisse nach interkulturellen Kontakten, auch die Vermutungen über die Kristallisation neuer regionaler Kulturzentren und die langfristigen Hypothesen über die auf eine Welt-zivilisation zulaufenden Tendenzen in den kulturpolitischen Zielplan nicht eingearbeitet worden sind. Die notwendige Eigenständigkeit der Politik des Kulturaustausches ist gegenüber den politischen Abteilungen des Auswärtigen Amtes nicht gegeben. Die Möglichkeit, in das weltpolitische Geschehen mit einem Spiel mehrerer eigenartiger Kugeln einzugreifen, wird entweder nicht gewollt oder nicht erkannt.

Aus diesem ein-fältigen, nicht viel-fältigen Verfahren erklärt sich dann von selbst der geringschätzige Stellenwert der „auswärtigen Kulturpolitik" in der diplomatischen Personalpolitik. Dieser äußert sich schon bei der Zusammenstellung von Reisegruppen im Gefolge des Außenministers, in denen ein Mitarbeiter der Kulturabteilung auch dann fehlt, wenn unterwegs Goethe-Institute oder deutsche Oberschulen im Ausland besucht werden. Der Unterschied im Innenraum der Außenpolitik reduziert sich darauf, daß die Kulturabteilung vorwiegend in Medienreferate, die politischen Abteilungen jedoch in Regionalreferate gegliedert sind.

Ohne Zweifel hat die bundesdeutsche Außenpolitik bei der Durchführung des Kulturaustausches nicht das der Zeit angemessene Weltformat gewonnen. Sie bleibt einerseits in die ausschließlich egozentrische Interessen-pflege und andererseits in überkommene politische und Kategorien verstrickt. Denkweisen Ein Umbruch ist zweifellos notwendig, der zukunftsträchtige Entscheidungen ermöglicht und bereits Voraussetzungen schafft, um an weltkulturellen Entwicklungen mit produktiven Beiträgen teilzunehmen. In dieser Umstellung müßte der Politik des Kulturaustausches eine Eigenständigkeit zugeteilt und die kulturelle Weltpolitik der Bundesrepublik Deutschland von der fesselnden Bindung an eine kurzfristige auswärtige Realpolitik befreit werden. Diese Bindung hat im bisherigen Verfahren u. a. dazu geführt, daß das Opernensemble der Volksrepublik China aus real-politischen Rücksichten zu vielen Aufführun-gen auftreten durfte, während dem Ensemble der qualitativ bedeutenderen Taiwan-Oper die Einreise verweigert worden ist. Abgesehen von der verfassungswidrigen Bevormundung der deutschen Bevölkerung im Hinblick auf freie Informationsmöglichkeiten ergab sich die Tatsache, daß innerhalb der deutschsprachigen Subregion Europas Österreich außen-politisch aufgeschlossener gehandelt hat. Eine solche Umstellung sollte durch eine über alle Teilzuständigkeiten hinweggreifende strategische (weltgeschichtliche), operative (interregionale) und taktische (instrumentale) Konzeption in dem vorläufig gegebenen Finanzrahmen von einer Milliarde DM vorbereitet werden.

Neben der Regionalplanung ist eine Akzentverschiebung innerhalb der bundesdeutschen Selbstdarstellung in dem Sinne hervorgetreten, daß die dem Ausland als Profil zugewandte Gesichtshälfte der deutschen Kultur/Zivilisation gewechselt werden sollte. Im Gesamtplan wurde eine „relative Verringerung des Mitteleinsatzes im Schulbereich, in der . klassischen'Kulturpflege (darstellende und bildende Kunst; Musik etc.) und bei den Grundkosten der KulturInstitute" sowie eine gleichzeitige „relative Steigerung der Aufwendungen für Hochschulen und Wissenschaft, Erwachsenenbildung, Medien und Zusammenarbeit gesellschaftlicher Gruppen (besonders Jugend, Sport, Arbeit der politischen Stiftungen)" vorgesehen Diese Gewichtsverlagerung beweist zunächst abermals, daß vornehmlich an eine Unterfütterung der zwischenstaatlichen Beziehungen mit Hilfe der Gliederungen des Parteienstaates und der die einzelnen Gruppen der Oligarchie stützenden Organisationen gedacht wurde. Es werden neben den Repräsentanten der ausdrücklich zitierten Institutionen vom Jugendaustausch (das deutsch-französische Jugendwerk ausgenommen) über die Städtepartnerschaften bis zu den Gewerkschaften vorwiegend hauptamtliche Funktionäre als Mitwirkende eingesetzt. „Der wissenschaftlichen und gesellschaftspolitischen Information ... wird erheblich mehr Bedeutung beizumessen sein" (Leitsatz 11, 3). Die schöpferischen Leistungen, die Geisteswissenschaften und Geistesgruppen, erhalten eine geringere Bewertung. Nach dem unterscheidenden deutschen Sprachgebrauch wird der Zivilisation der Vorrang vor der Kultur, der Übertragung des Modells eines verwissenschaftlichten Daseins der Vorzug vor der Ausstrahlung von Weisheit und sinnlicher Lebenserfahrung eingeräumt.

Auf diese Weise wird jedoch nur die frühere Schlagseite gegen eine andere ausgetauscht. Seit den Anfangszeiten des deutschen Humanismus ist die auch in die deutsche Sprache eingegangene Spaltung vorhanden. Die traditionellen deutschen Hochschulen vermochten deshalb im 19. Jahrhundert auch nicht die neuen Zivilisationswissenschaften in ihre Universalität einzuordnen: es mußten selbständige Technische Hochschulen errichtet werden. Noch heute macht sich in den Druck-beilagen und Sendesparten der Massenmedien ein Nebeneinander von Feuilleton und Sonderseiten für „Wissenschaft und Technik" und in den Vororten der auswärtigen Kultur-politik dieser Zwiespalt als Nebeneinander von Goethe-Institut und Gewerbeschule bemerkbar. Erst neuerdings werden Versuche unternommen, diesen Riß durch Annäherung zu schließen, indem etwa im Inland Technische Universitäten entwickelt und als Modelle dem Ausland angeboten (Universität Rasht im Iran) oder von Zweigstellen des Goethe-Instituts besondere Sprachkurse für ausländische Techniker (Rio de Janeiro) eingerichtet werden.

Es war selbstverständlich unmöglich, eine vollständige Schwenkung durchzuführen; ein ausgewogenes Sowohl-Als-auch wurde jedoch auch nicht ins Programm gestellt. Bemerkenswert bleibt schließlich, daß eine Differenzierung nach den Eigenarten der Partnerkulturen und vielleicht sogar nach deren kulturellen Ergänzungsbedürfnissen nicht erwähnt wird. Die kulturgeographisch pauschale Fassung der Entscheidung ist durchaus ein Wesensmerkmal der auswärtigen Kulturpolitik dieses Jahrzehnts. In diesem Zusammenhang hat eine Neubewertung der deutschen Schulen im Ausland die bundesdeutschen Kulturpolitiker besonders beschäftigt. „Die Geister schieden und scheiden sich vor allem an der Frage, wem und welchem Zweck diese Schulen in erster Linie dienen sollen: als deutsche Dienstleistungsbetriebe dem Unterricht der Kinder von im Ausland ansässigen deutschen Staatsangehörigen oder aber, als Stätten internationaler kultureller Begegnung, der Vermittlung von deutschen Sprachkenntnissen und einem umfassenden Deutschlandbild an Kinder des Gast-landes im, soweit wie möglich, gemeinsamen . Unterricht mit deutschen Kindern? Sollen sie also, im Fachjargon, . Expertenschulen'oder . Begegnungsschulen'sein? . .. Grundsätzliche Überlegungen über das deutsche Auslands-schulwesen müssen von der Situation der rund 100 größten Schulen ausgehen, die mit öffentlichen Mitteln der Bundesrepublik zu durchschnittlich 75 °/o subventioniert werden. ... Eine konsequent auf den Typ , Begegnungsschule'zielende Konzeption für die Umgestaltung der deutschen Auslandsschulen entspricht der Konzeption für die deutsche auswärtige Kulturpolitik, mit der insgesamt eine Förderung der internationalen Kulturbeziehungen mit dem Ziel eines im beiderseitigen Interesse liegenden internationalen Kulturaustauschs angestrebt wird."

Die endgültigen Entscheidungen sind indessen dem Deutschen Bundestag aus Anlaß der bevorstehenden Plenardebatte über den Schlußbericht der eigenen Enquete-Kommission zugeschoben worden. Die Exekutive begünstigt jedoch ganz deutlich die bi-kulturelle Schule. Etwa in Lateinamerika könnte „die überkommene Form der deutschen Schule als vorwiegend gruppengebundene Privatschule mit einem hohen Grad sozialer und pädagogischer Isolierung keine politische Zukunft mehr haben" Auffallend ist auch in diesem Falle die Einstellung auf ein Pauschalprinzip, statt wenigstens zwischen Schulen in Ländern, die der europäischen Zivilisation oder fremden kulturellen Regionen zugehören, zu unterscheiden. Voraussichtlich ist ein und dasselbe Strukturmodell nicht erdweit anwendbar. Neben dem Grundriß sollten vielmehr eine Reihe von idealtypischen Variationen für multi-und bi-kulturelle, für bi-linguale oder monokulturelle Schulen, für eine Schülermehrheit aus lebenslang im Ausland ansässigen Familien deutsch-ausländischer Herkunft oder aus nur zeitweilig ansässigen Familien deutscher Staatsbürgerschaft ausgearbeitet werden. In den bisherigen Gedankengängen werden fast nur diese letzten Gruppen durch die bundesdeutsche Expertenschule oder deutsch-europäische Inselschule oder die bi-kulturelle Lehranstalt berücksichtigt. Die anderen Gruppen deutscher Mutter-oder Familiensprache werden unter den Vorwänden der Geldknappheit, eines Zurückbleibens hinter Grundsätzen wie Gleichheit der Bildungschancen, Durchlässigkeit des Bildungssystems und Annäherung von allgemeiner und beruflicher Bildung zumindest auf lange Sicht (20 Jahre) ihrem Schicksal überlassen — sofern nicht ein drohender Prestigeverlust zur Fortsetzung der Förderung von Anstalten mit langer Schulgeschichte zwingt. Die kulturpolitische Grundüberzeugung ist, daß sich Auswanderer aus den europäischen Kernländern der deutschen Sprache möglichst schnell in die Fremde integrieren und in der anderen Sprachkultur schon in der zweiten Generation voll aufgehen sollten. Diese Meinung steht allerdings in einem bemerkenswerten Widerspruch zu dem globalen Stufen-bild der Enquete-Kommission, die ein Kultur-gefälle zwischen sogenannten Industriestaaten und sogenannten Entwicklungsländern feststellt. Würde dieses kulturelle Kontrast-bild zutreffen (was vom Verfasser bestritten wird), so würde die bundesdeutsche Auslandsschulpolitik eine Aufforderung zum Abstieg enthalten. Die Ursachen dieser Konzeption sind also vielleicht in anderen Richtungen zu suchen.

Unübersehbar ist der Drang, Leitgedanken und Modelle der innerstaatlichen Bildungsreformen bereits in die Entwicklungsplanung für die Auslandsschulen einzuführen — obwohl die Einzel-und Serienversuche angesichts der zu kurzen Probezeit noch nicht mit überzeugenden Ergebnissen abgeschlossen werden konnten. Vor allem aber ist die nationalsozialistische Volkstumspolitik im Ausland zu einem Trauma der kulturellen Außenpolitik seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges geworden. Seitdem werden die deutschen Gruppen im Ausland bei der Gestaltung der internationalen Beziehungen möglichst umgangen. Nicht wenige Diplomaten vertraten in der letzten Nachkriegszeit deshalb den Standpunkt, daß sie auf ihren Auslandsposten nur mit Fremden und nicht mit Deutschen (mit und ohne bundesdeutsche Staatsangehörigkeit) Kontakte zu pflegen hätten. Die Wahrscheinlichkeit, daß besonders die im fremden Kulturbereich langfristig Ansässigen deutscher Herkunft für die interkulturelle Vermittlung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Bevölkerungsschichten in fremden Ländern am geeignetsten sind, weil sie bereits zwei Seelen in ihrer Brust tragen, ist kaum ins kulturpolitische Kalkül gezogen worden. Diese Scheu, Landsleute als Vermittler zu gewinnen oder wenigstens zuerst deren Erfahrungen abzuhören, ist keineswegs auf Amtsstellen beschränkt, sondern" auch in privaten Institutionen vorherrschend. Dieser negative Vorbehalt ist sowohl in Österreich als auch in der schweizerischen Eidgenossenschaft im Rahmen der auswärtigen Kulturpolitik nicht vorhanden; im Gegenteil: gerade die kulturellen Außenbeziehungen dieser beiden Staaten werden nach Möglichkeit mit Hilfe ihrer ehemaligen Landsleute geknüpft und gepflegt. Dieser Verhaltensvergleich vertieft unter Bundesdeutschen nicht nur die geographische Auswanderung zu einer inneren Emigration, sondern beeinträchtigt auch das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland unter Angehörigen fremder Na-tionen, die andere Auffassungen über die Pflege der Zusammengehörigkeit mit Landsleuten haben. Eine Untersuchung über die Auswirkungen auf das ausländische Deutschlandbild könnte nützlich werden. Andererseits hat die bundesdeutsche Einstellung, die über Jahrzehnte hinweg konsequent durchgehalten wurde, auch den im Ausland tätigen Kulturpolitikern der DDR unter Ausnutzung der angesammelten Enttäuschungen besondere Kontaktchancen eröffnet.

Sicher entsprechen viele deutsche Vereine im Ausland weder dem zeitgenössischen Kultur-noch einem modernen Sozialbild. Auch das Gemenge von widerspruchsvollen Auswanderergenerationen, für das etwa die Situation in Argentinien charakteristisch ist, erschwert bundesdeutschen Außenpolitikern die Kontaktpflege. Infolgedessen werden nun mit der endgültigen Ausreise zu den vorwiegend hochqualifizierten neuen Auswanderern (jährlich etwa 60 000) die Verbindungen unterbrochen, die irgendwann vor dem Zweiten Weltkrieg in privater Initiative gegründeten Auslandsschulen häufig als sozial-reaktionär eingestuft und die deutschsprachigen Gruppen-medien im Ausland kaum gefördert Nur so sind die folgenden beispielhaften Vorgänge zu erklären.

In Erkenntnis einer von den Kulturpolitikern des Staates offengelassenen Versorgungslükke ist 1973 in Köln eine Internationale Assoziation deutschsprachiger Medien gegründet worden, die den Gedankenaustausch der einzelnen und der korporativen Mitglieder sowie die Erhaltung ihres Sprachbestandes fördert und sie mit kulturellen Arbeitsmaterialien versorgt. — In Athen haben die etwa 3 000 dort lebenden deutschen Ehefrauen ansässiger Griechen einen eigenen Schulverein mit dem Ziel gegründet, für ihre Kinder angesichts der völlig unzureichenden Kapazität der offiziell anerkannten Deutschen Schule eine Anstalt zu errichten, die eine deutsch-kulturelle Bildung vermittelt. Gerade in diesem Lande ist schon an den Auswirkungen der beiden bisherigen Auslandsschulen nachzuweisen, daß deren Schulabgänger entscheidende Fermente für die Einfügung Griechenlands in die Europäische Gemeinschaft sein werden. — In San Sebastian ist im März 1977 durch eine zu diesem Zweck mit einer spanischen Elternmehrheit gebildete Kooperative ein deutsches Schulhaus mit 500 Plätzen auf eigene Kosten errichtet worden. Dieses „Colegio Aleman hat aus Mangel an entsandten Lehrkräften den Unterricht in deutscher Sprache einschränken müssen". So wiederholt sich an vielen Zentren des Auslandes die Erfahrung, daß ein unbewältigtes Trauma durch tiefwirkende Verkrampfungen die Zusammenhänge stört und die kulturpolitischen Gewinne aus internationalen Verbindungen durch internationale Hemmungen weitgehend wieder aufhebt.

Der letzte Leiter der Kulturabteilung des AA hat ausdrücklich bedauert, daß der Stellenwert der auswärtigen Kulturpolitik noch immer nicht „eine politisch verbindliche Antwort mit entsprechend konkreten Konsequenzen" gefunden habe. Er bezweifelt, ob es zu einer echten Reform kommen oder mit „etwas politischer Fassadenputzerei sein Bewenden haben wird" 26). Aus diesen Bemerkungen muß der Außenstehende schließen, daß die innerbehördlichen Widerstände und das Desinteresse des Bundeskabinetts wie auch der gesetzgebenden Körperschaften überragend gewesen sind. Immerhin hätten Wege für die Vorlage einer umfassenden Konzeption offen-gestanden. Seit dem 1. Januar 1975 waren auf Initiative des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit alle Dienstleistungen der Entwicklungshilfe zentral der neugegründeten „Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit GmbH (GTZ)" übertragen wor-den. Es war vielleicht kein Zufall, daß schon im Sommer desselben Jahres der Leiter der Kulturabteilung des Auswärtigen Amtes einen Aufsatz mit dem Titel „Brauchen wir einen German Council?" veröffentlichte. Es wurde zwar dabei auf das Vorbild des British Council und auf Überlegungen eines Vorgängers (Dieter Sattler) hingewiesen, der alllerdings gerade durch die Förderung der pragmatischen Dezentralisation hervorgetreten war. In Wirklichkeit gab es Vorgedanken für die Errichtung einer Bundesanstalt für Kulturaustausch und konkrete Pläne für den Ausbau des Goe-26) Hans Arnold, Kulturexport als Politik?, S. 254. the-Institutes zu einer Zentralstelle der kulturpolitischen Dienstleistungen. Als „kulturelle Schwerpunkt-Organisation" sollte diese Mittlerorganisation der ins Ausland wirkende Partner der „Deutschen Nationalstiftung''werden und zu diesem Zweck in einer ersten Entwicklungsstufe Medienabteilungen anderer Mittlerorganisationen übernehmen. Der zu jener Zeit amtierende Generalsekretär, selbst ein Angehöriger des Auswärtigen Amtes, beurteilte den Gedankengang des erwähnten Aufsatzes als die beste kulturpolitische Idee dieser Jahre. Es wurde auch offen ausgesprochen, daß sich das Ministerium nach der entsprechenden Veränderung aus den Entscheidungen zurückziehen könne, welche Errungenschaften der zeitgenössischen Kultur bei der Vorstellung im Ausland subventioniert werden sollten. (Die Streitfälle Staeck-Plakate in London, Auftritt des Kabaretts „Rote Rübe" in Nancy hatten gerade zu innenpolitischen Auseinandersetzungen geführt.)

Diese Ausarbeitungen und Gedankenspiele sind noch eingehender zu untersuchen. In der deutschen Zeitgeschichte dieses Jahrhunderts sind seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges in allen politischen Bereichen immer wieder eine zentralistische und eine föderale Tendenz gegeneinandergelaufen. Die einander ablösenden Leiter der Kulturabteilung des Auswärtigen Amtes haben auch insofern unterschiedliche Standpunkte vertreten. Schließlich wurde der zentralistische Wille noch durch die Entwicklung des allgemeinen politischen Denkens verstärkt: Es wurde und wird versucht, den Mangel an universalen geistig-politischen Vorstellungen durch angebliche Strukturverbesserungen auszugleichen, also die Methodenlehre an die Stelle der fehlenden Konzeptionen zu rücken. Zugleich waren die Denkansätze wirtschaftlich und nicht kulturell orientiert: Industrielle Rationalisierungsfachleute wurden zur Prüfung kultureller Wirkungen herangezogen und an erster Stelle die Wirtschaftlichkeit der Dienstleistungs-Institutionen nachgeprüft. Zuweilen beherrschten „Kosten-Nutzen-Rechnungen" auch die Entscheidungen über interkulturelle Begegnungen. Es ist deshalb nicht überraschend, daß die Frage niemals gründlich geprüft worden ist, bei welcher Größe des bürokratischen Apparates die Phantasie und die vielberedete Kreativität zu ersticken beginnt. Unvernünftig erschien auch, daß im Bereich der Mittlerorganisationen zwar eine Integration zur Vermeidung von Doppelarbeit aus dem Zwang zu Rationalisierung und Einsparung vorgesehen, aber auf der höheren Ebene der Behörden nicht vorgeplant wurde.

Einstweilen sind alle Entscheidungen bis zur Plenardebatte des Deutschen Bundestages über den Schlußbericht der eigenen Enquete-Kommission wieder hinausgeschoben. Bereits eingetretene Veränderungen bei Inter Nationes mußten auf Veranlassung des Bundestagsausschusses für Bildung und Wissenschaft wieder’ zurückgenommen werden. Das Parlament sollte seine nunmehr ausschlaggebende Rolle dazu nutzen, auf eine Herstellung der geistig-politischen Ordnung zu dringen: Festlegung der weltkulturellen Ziele einer bundesdeutschen Politik des Kulturaustausches — Planung eines Erkundungsprogrammes über die Bedürfnisse der Partnerregionen — Ausarbeitung organisatorischer Veränderungen, die dem Übergang vom einseitigen Kulturexport zum zweiseitigen Kulturaustausch entsprechen; in erster Linie Planung der Integration der kulturpolitischen Leitstellen, in zweiter Linie Aufstellung eines neuen institutioneilen Rasters der Dienstleistungen — Festlegung der Aktions-und Medienprioritäten — Arbeitsaufträge für die Innovation und Gestaltung neuer kulturpolitischer Instrumente — Zusammenfassung der operativen Absichten und taktischen Möglichkeiten in einer von der weltkulturellen Entwicklung, von den Bedürfnissen der Partner, der eigenen Bevölkerungsgruppen und von den Staatsinteressen ausgehenden universalen und globalen Konzeption.

In der dreistufigen Entwicklungsmöglichkeit von der programmatischen Erklärung über den punktuellen Theorieversuch in Verbindung mit einem pragmatischen Experiment zur systematischen Verwirklichung sind auch die über ein Menschenalter völlig vernachlässigten Personalfragen notdürftig angerührt worden. Nachdem sich eine Empfehlung der Enquete-Kommission herumgesprochen hatte, kulturschaffende „Außenseiter" auf die Posten der diplomatischen Kulturreferenten zu berufen, befanden zunächst diese, daß sie selber für die Erfüllung der Aufgaben viel geeigneter seien als die sogenannten „Spezialisten". Dieser Standpunkt ist solange verständlich, als die Tätigkeit eines Kulturreferenten an der Botschaft als Auslandsarbeit eines Kulturverwalters und nicht als Aufgabe eines kreativen Kulturmittlers verstanden wird, wie dieser Posten von Theodor Heuss und anderen aufgefaßt worden war. Gleichzeitig ließ sich das Auswärtige Amt von einem Industriefachmann für Manager-training das Programm eines zweiwöchigen Vorbereitungskurses auf die Auslandstätigkeit seiner Kulturreferenten, der ausreisenden Lehrer, Goethedozenten und Hochschullektoren ausarbeiten und in zwei praktischen Ver-suchen vorführen. Zuvor hatte in der Zersplitterung der Auslandskulturarbeit jede Leitund Mittlerstelle eigene Ausbildungspläne entwickelt. Dieser Vielfalt, die von einer zweitägigen Einweisung des Jugendaustauschdienstes der Bundesregierung bis zu einer fünfmonatigen Zweiphasen-Vorbereitung des Deutschen Entwicklungsdienstes reicht, wurde jetzt lediglich ein neues Modell hinzugefügt. Auch in diesem Falle wurde der bevorzugte Weg sichtbar, sich im Zuge der Eigenbrötelei von Ministerien und Mittlerorganisationen von irgendeiner flüchtig ausgearbeiteten Theorie aus an die Praxis heranzutasten, anstatt das wirklichkeitsnahe Verfahren als Quintessenz aus der Fülle von Ausländserfahrungen abzuleiten.

Angesichts eines solchen krankhaften Pluralismus wird von vorneherein deutlich, daß interministerielle Ausschüsse für eine Zusammenfassung der kulturpolitischen Perspektiven und Energien keineswegs ausreichen, sondern der von der Enquete-Kommission geforderte Staatssekretär (Staatsminister) für auswärtige Kulturpolitik allen Leit-und Mittlerstellen des Staates als entscheidungsbefugter Koordinator übergeordnet werden müßte. Einstweilen scheinen die Vorbereitungskurse des Entwicklungsdienstes und der Zentralstelle für Auslandskunde in der Deutschen Stiftung für Internationale Entwicklung, nicht jedoch das Modell des Auswärtigen Amtes den Notwendigkeiten am ehesten gerecht zu werden. Eine zusammengefaßte Planung für Auswahl, Aus-und Fortbildung und nachträgliche Erfahrungsabschöpfung der Kulturarbeiter im Ausland wurde bisher nicht ausgearbeitet. Die gleichzeitige Zustimmung zu dem Typ des global verwendbaren Diplomaten, des zeitweilig einsetzbaren Sprachpädagogen oder Entwicklungsexperten und des lebenslang tätigen Kulturmittlers zeigt, daß noch nicht einmal das erwünschte persönliche Eigenschaftsprofil übereinstimmend geklärt worden ist. Die konzeptionelle Leere wird einstweilen durch unabgestimmte Aktivitäten überbrückt. Sobald sich aber Außenpolitik mit Kultur verbindet — also mit einer Lebenserscheinung, die sich vorwiegend im Unsichtbaren entwikkelt, erst in einem späteren Stadium an die Oberfläche hervortritt und kaum logischen Gesetzen folgt —, muß sie sich aus einer vom Oberflächengeschehen beeindruckten rationalen Realpolitik in eine einfühlsame Tiefenpolitik verwandeln, die selbst die unbewußten Schichten des Lebens erfaßt. Die Kulturpolitik hat sich außerdem auf geschichtliche Zeiträume vom Jahrzehnt der Operationen bis zum Jahrhundert der Strategie, unter Umständen im Widerspruch zu einer geschichtslosen Haupttendenz der Außenpolitik, einzustellen. Die Staatspolitiker reagieren indessen heute in Kürze und denken oder handeln in den Zeitspannen von Legislaturperioden oder der Zwischenräume zwischen internationalen Konferenzen. So gesehen, muß schon die Anbindung der kulturellen Abteilung an die politische zu einer Verzerrung und die kurzfristige Beschäftigung der leitenden Beamten mit ihrer historisch-kulturellen Aufgabe zu einem unablässigen Anstückeln führen.

Vielleicht schon deshalb sind anstelle der strategischen und der operativen Konzeptionen nur theoretische Grundlagen für einzelne instrumentale oder personale Taktiken erarbeitet worden. Ein Gesamtbild des Kulturaustausches ist in diesen Jahren nicht gelungen, weil der „Weitblick" nur durch das Guckloch eines Ressorts versucht werden konnte. So gibt es immer noch mehrere auswärtige Kulturpolitiken der Bundesrepublik Deutschland. Darüber hinaus wurde gar nicht der Sinn einer Politik des Kulturaustausches erfaßt, von der die Außenbeziehungen — die eigene Selbstdarstellung und die Kulturhilfe für andere Länder — nur die eine Hälfte, die innerdeutsche Bildungspolitik unter fremden Einflüssen mit dem Ziel der Aneignung andersartiger Lebens-und Denkweisen die andere ist. Schon der Versuch des Auswärtigen Amtes, als Teil des Ganzen für alle staatlichen Instanzen zu denken und zu planen, ist in der organisatorischen Zersplitterung, den parteipolitischen Unterschieden und den bürokratischen Egoismen nicht durchgedrungen.

Hinter den Anforderungen der unsichtbar in die Zukunft vordrängenden geschichtsträchtigen Zeitströmungen ist die auswärtige Kulturpolitik in Theorie, Organisation und Bereitstellung der Mittel ebenso zurückgeblieben wie sie mit den momentanen Äußerungen des Zeitgeistes übereinstimmt. Das wird bewiesen durch das ausschließlich etatistische Denken, durch die Verwertung quantitativer Maßstäbe, durch die geistige Bindung an die Rationalkultur, durch das Vertrauen auf die politische Wirkung von Organisation und Institution. Gerade in die Erörterung solcher Probleme hat sich die letzte Administration nahezu verbissen und dadurch für die geistige Bewältigung ihrer Aufgaben kaum Kräfte übrigbehalten. Die Ergebnisse der Bemühungen waren so fragmentarisch und kurzfristig wie die Denkansätze. Die folgende Darstellung des Enquete-Berichtes wird zeigen, daß es sich bei diesen Vorgängen nicht um den besonderen Fall einer federführenden Behörde, sondern nur um einen Ausschnitt aus dem Gesamtbild der Politik eines Staates handelt, in dem die Zusammenhänge undeutlich geworden sind und kaum unter einem Weithorizont dargestellt werden. Weder von den mit der Richtlinien-kompetenz ausgestatteten übergeordneten Stellen noch von den nachgeordneten Mittler-organisationen wurden anscheinend den Ministerialbürokratien konstruktive konzeptionelle Entwürfe und phantasievolle Einwände zugetragen. Die einen waren anderweitig abgelenkt, die anderen vorwiegend um die Wahrung eines Status der Unabhängigkeit besorgt. Allen zusammen fehlten weithin die auffrischenden Kontakte zu den schöpferischen Kräften und zu den von Intuitionen gesteuerten interkulturellen Bewegungen der Bevölkerungen. Die auf sich selbst gestellte Bürokratie wurde infolgedessen schon verhältnismäßig weit über ihren eigentlichen Auftrag — einen vorgegebenen kulturellen und politischen Bezugsrahmen durch operative Planungen auszufüllen und dann die Mittlerorganisationen zu deren taktischer Durchführung anzuleiten — in Anspruch genommen. Sie sah sich, teilweise auch, durch eigenes Verschulden, in einen manchmal verzehrenden Streit verwickelt, wie weit sich die Taktiker von den Planern unabhängig erklären dürften, und in eine Not verstrickt, ohne die Vorgabe einer weltkulturpolitischen Strategie und ohne Kontakt mit den „Innenbewegungen" der eigenen und der Partner-regionen arbeiten zu müssen. So wurde sie durch die mangelhaften Umstände zwangsläufig auf ein Pars-pro-toto-Verfahren abgerichtet. Das Ergebnis mußte fragmentarisch und oft nur ein theoretisches oder pragmatisches Antippen der Notwendigkeiten bleiben, zumal völlig sachwidrig von Jahr zu Jahr erneut die Haushaltsmittel eingekämpft und eine sinngemäße Kontinuität des Handelns durchgesetzt werden müssen. Die siebenjährige Periode der theoretischen Wende hat den Umbruch nicht vollenden können, weil sie in den Mängeln des allgemeinen politischen Denkens in der besonderen Anwendung auf die auswärtige Kultur politisch befangen geblieben ist.

Der Enquete-Bericht

Kulturpolitik ist nur wirksam im Austausch. Der Kulturaustausch ist nur wirksam, wenn er gewünscht ist. Man kann ihn keinem anderen Land auizwingen. Der weitaus größte Teil des kulturellen Austausches geschieht aus privater Initiative. Alles, was die öffentliche Hand macht und tun kann, ist immer nur fördern. Sie kann nie schöpferisch sein. Der heutige Massenstaat mit seiner leider nötig gewordenen Bürokratie ist an sich viel schlechter zu einer solchen Förderung geeignet als der einzelne lebendige Mäzen. Sie soll sich stets ihrer dienenden Rolle bewußt bleiben und die Freiheit nicht gefährden. Die totalitären Staaten haben zwar das Gebiet der Kultur im weitesten Sinne politisiert. Da können und sollen wir nicht mitgehen. Bei der Verbindung von Kultur und Politik muß es wirklich sein wie in einer guten Ehe, daß jeder seinen eigenen Teil behält und nicht von dem anderen tyrannisiert wird. Dieter Sattler, Thesen aus einem Vortrag vor der Gesellschaft für Handel, Industrie und Wissenschaft, zitiert nach dem Abdruck in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 25. Mai 1960.

Zwischen Beantragung und Zusammentritt der vom Deutschen Bundestag ins Leben gerufenen Enquete-Kommission Auswärtige Kultur-politik — dem 11. November 1969 und dem 11. März 1971 — lagen sechzehn Monate; zwischen dem damaligen Arbeitsbeginn und der Vorlage des Schlußberichtes am 7. Oktober 1975 weitere 55 Monate. Bis zur ersten Plenardebatte mit der Anforderung einer großen Stellungsnahme des Auswärtigen Amtes vergingen erneut sieben Monate. Eine gründliche Aussprache wird erst im Herbst 1977 nach weiteren dreizehn Monaten stattfinden. Die Abgeordneten haben sich somit fast genau acht Jahre Zeit gelassen, bis sie die Grundfragen klären. Angebunden an das übliche Haushaltsverfahren können eventuelle Entscheidungen erst im zehnten Jahr ab Januar 1979 in Handlungen umgesetzt werden. An diesem Zeitverbrauch ist das geringe persönliche Engagement für diesen Zweig der Außenpolitik und dessen außerordentlich schlechter „Stellenwert" zu erkennen. Es wird aber auch verständlich, daß die Formulierung des Arbeitsauftrages zur Zeit seiner Erledigung bereits durch die Veränderung der weltkulturellen Lage im Laufe verstärkter Kulturkrisen und einzelner Kulturrevolutionen grundlegend überholt wurde und durch die Mitteilung der „Leitsätze" in Teilen auch schon korrigiert worden ist. Für die Ausarbeitung einer zeitgeschichtlich zutreffenden Konzeption ist schließlich durch übertriebene Erwartungen gegenüber der parlamentarischen Untersuchung ein Jahrzehnt versäumt worden.

Der Schlußbericht, den viele zu Unrecht gleichsam als die Formulierung der Grundordnung oder der Strategie einer Politik des Kulturaustausches ansehen wollten, ist in drei Abschnitte über die „Ziele und Aufgaben der kulturellen Außenpolitik", die „Bestandsaufnahme und Vorschläge" und „Haushalt und Finanzen" gegliedert.

Im letzten Abschnitt sind für das Etatjahr 1974 insgesamt 1 058 711 000 DM ermittelt und für das jetzt laufende Jahr 1977 1 422 301 000 DM nur für die kulturellen Auslandsbeziehungen gefordert worden. Dabei hat die Kommission in der Hauptsache lediglich vorhandene Tatbestände kritisch betrachtet und ist nicht von einer grundlegend neuen Konzeption in Organisation, Aufgabenstellung, Instrumentierung und Zielansprache ausgehend zu einer Neuberechnung der Notwendigkeiten vorgestoßen.

Ihre Aufträge waren die Überprüfung der kulturpolitischen Wirksamkeit deutscher Auslandsschulen und Kulturinstitute, die Erarbeitung von Vorschlägen zur Bildungshilfe in Entwicklungsländern und zur Steigerung des internationalen Wissenschaftsaustausches, schließlich von Empfehlungen für die Herstel-lung einer Zusammenarbeit von Behörden und Organisationen. Es ging also von vorne-herein nur um die Bearbeitung von Ausschnitten aus der großen Gesamtaufgabe, die nach entsprechender Durchleuchtung durch Verbesserungen der Einzelmaßnahmen zu einer ertragreicheren Anwendung von Haushaltsmitteln führen sollten.

Der parlamentarische Auftrag lag dem Wesen nach näher bei einer Teilprüfung des Managements der Kulturverwaltung als an einem Operationsplan. Da die vorgegebenen Ansatzpunkte dann sehr rasch durch erdweite Veränderungen überholt waren, können die auf dem zurückliegenden Auftrag beruhenden Empfehlungen inzwischen nur noch in Teilen nützlich erscheinen. Vielleicht spiegelt sich aber in dem Gesamtbild dieses Berichtes der heutige Zustand des politischen Denkens in der Bundesrepublik Deutschland, dem die punktuelle Betrachtung und die Zersplitterung der Gesichtspunkte durchaus anhaftet und das sich auf kurzfristige Erfolgskontrollen außenpolitischer Bemühungen einstellt. Im ganzen stand schon die Auftragsformulierung nicht auf der Höhe der Zeit; die Enquete-Kommission hat sich aber auch kaum bemüht, ihre gebundene Ausgangsposition zu übersteigen. Sie hat vielmehr einen Altbau ohne Verrückung der Fundamente und ohne Beschädigung der Fassade ein wenig zu modernisieren versucht. Dabei sind durchaus einige Neuerungen skizziert worden, die zu Verbesserungen in Einzelheiten anleiten können. Sobald diese aber zu grundlegenden Umbauten führen mußten, hat sich die Kommission sofort aus „Angst vor der eigenen Courage" zurückgezogen. Sie legte zum Beispiel „besonderes Gewicht auf organisatorische Vorschläge", verzichtete aber „auf die Formulierung von Vorschlägen für wesentliche Veränderungen der Kompetenzverteilung in der Bundesrepublik". Damit hat sie ihre eigene Kritik formuliert: Wesentliche Fragen berührt diese mehrjährige Arbeit nicht. In den empfohlenen Korrekturen der Geschäftigkeit wird zum Beispiel einiges über die Organisation der Institutionen, jedoch nichts über die Methoden der Kulturarbeit im Ausland gesagt. Auch die Personalfragen werden eher angetippt als grundsätzlich durchgearbeitet.

Zugleich ist der Hintergrund nicht ausgemalt worden: Die weltkulturelle Lage, die sich inzwischen veränderte — die Eigenarten und Eigenwillen der potentiellen Partner —, die Ankupplungsmöglichkeiten an die Kulturpolitiken deutschsprachiger Nachbarländer (immerhin war gleichzeitig in der Schweiz eine entsprechende Kommission tätig). Die Erfahrungen und Richtlinien anderer europäischer Staaten wurden nicht kritisch auf eine Verwendbarkeit untersucht und das Thema möglicher zwischenstaatlicher Arbeitsgemeinschaften im Austausch mit fremden Regionen ist gar nicht angeschlagen worden, wenn wir von der simplifizierenden Gegenüberstellung von Industriestaaten und Entwicklungsländern ohne eine kulturelle Differenzierung auf beiden Seiten absehen. Der grundsätzliche Umschwung von der nur auswärtigen, vorwiegend auf Selbstdarstellung konzentrierten Kulturpolitik zum neuartigen Kulturaustausch ist nicht nachgezeichnet worden. Die eifrigen nachträglichen Erklärungsversuche der Beteiligten lassen vermuten, daß sie selbst erkannten, einer zeitgeschichtlichen Herausforderung nicht entsprochen zu haben, obwohl Einzelheiten mit Tüchtigkeit behandelt worden sind. Solche nützlichen und aussichtsreichen Empfehlungen dürfen deshalb nicht unerwähnt bleiben, soweit sie in einer Politik des Kulturaustausches anwendbar erscheinen.

Im ersten Abschnitt des Berichtes werden die kulturpolitischen Aufgaben des deutschen Sprachunterrichtes, der Mittlerorganisationen, der Auslandsschulen, der Hochschulen und Wissenschaften, der Massenmedien, der Betreuung ausländischer Arbeitnehmer neben der Zusammenarbeit mit Staaten und internationalen Organisationen, die Kooperationsmöglichkeiten und die Wettbewerbssituation zur DDR vorgetragen. Im zweiten Abschnitt werden dieselben Themen noch einmal eingehender behandelt.

Sehr positiv aufzunehmen ist, daß „die europäischen Staaten öfter gemeinsam in außer-europäischen Staaten auftreten" sollen oder eine Erhöhung der bundesdeutschen „Beteiligung im Personal der internationalen Organisationen" empfohlen wird. Die Beschaffung zuverlässiger Unterlagen über das Mißverhältnis von Sprachinteressen und Lernmöglichkeiten im Ausland kann durch die geforderte „Beobachtung der Entwicklung der deutschen Sprache in Europa und der übrigen Welt" angeregt werden. Eine kritische Untersuchung über Bestand und Lücken an notwendigen Arbeits-und Planungsunterlagen ist dagegen nicht zu finden. Wenn mit Nachdruck gefordert wird, daß „im Bundeskabinett der Arbeitsbereich des Kabinettsausschusses für Bildung, Wissenschaft und Technologie um di internationalen kulturellen Beziehungen" erweitert werden solle, so wird hiermit der Öffnung zum Kulturaustausch eine Möglichkeit gegeben. Die entsprechende Empfehlung für die Bundestagsausschüsse, die spätestens zu Beginn der laufenden Legislaturperiode zu verwirklichen war, ist allerdings vergessen worden. Auch die Einberufung eines Beratenden Ausschusses für kulturpolitische Fragen beim Außenminister kann als eine Einleitung zu entschiedeneren Maßnahmen gewertet werden.

Die Anregungen von Einzelprojekten — wie die jährliche Veranstaltung eines Auslandskulturtages oder die Errichtung einer Informationssammelstelle — wirken geradezu bahnbrechend. Zwar hat die Enquete-Kommission aufgrund ihres etatistischen und institutioneilen Denkens auch die Personalfragen immer nur in einzelnen Zuständigkeitsbereichen angeschnitten und über die Inhalte von Ausbildung und Fortbildung kein Wort verloren. Die an das Auswärtige Amt gerichteten Empfehlungen verdienen jedoch ein vollständiges Zitat: „In der Abteilung Auswärtige Kulturpolitik ist für mehr personelle Kontinuität Sorge zu tragen. Der Einsatz im Kulturbereich des Auswärtigen Amtes sollte mehr als bisher fachlich qualifizierten Persönlichkeiten aus anderen Bereichen der Kulturpolitik offenstehen. Die in das Ausland zu entsendenden Mitarbeiter müssen auf ihre Arbeit systematisch vorbereitet werden. Die Arbeit im Kulturbereich darf die weitere berufliche Entwicklung nicht auf ein Nebengleis führen." Wenn allerdings gleichzeitig von einer Zersplitterung der auswärtigen Kulturpolitik auf zwölf Bundesressorts gesprochen wird und andererseits Modellversuche des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit für eine systematische Vorbereitung bestehen, durfte eine solche Empfehlung nicht auf ein Ministerium eingegrenzt werden. In diesem Zusammenhang hat die Kommission sogar ausnahmsweise Mut zu einer eindeutigen Kritik gefaßt: „Stärker als bisher sollten auch soge-nannte Außenseiter als Mitarbeiter gewonnen werden. .. Sensibilität, Neigung und eine spezielle Kompetenz für Kunst und Kultur werden keineswegs automatisch im auswärtigen Dienst erworben." Die Mitarbeiter der Mittlerorganisationen des Kulturaustausches sollen ebenfalls aufgrund einer systematischen Ausbildung besser vorbereitet und weitergebildet werden. Neu ist der kluge Vorschlag, ein personelles Rotationssystem zwischen allen Arbeitsstellen des Kulturaustausches einzuführen. Umfassend erscheinen sogar die Empfehlungen zur Mitwirkung deutscher Wissenschaftler in diesem Bereich zu sein.

Erwähnenswert ist die allerdings nur gelegentlich, fast zufällig anklingende Anpassung der kulturpolitischen Maßnahmen an die Lebensweisen und -gewohnheiten der Partner. So wird für die Auslandsschulen in fremden Kulturregionen (die wieder in unzutreffender Art als Entwicklungsländer summiert werden)

eine Verbindung von Schulbildung und berufsbezogener Ausbildung angeraten. Der angemessene Schritt zur Verknüpfung von theoretischen und praktischen Lehrgängen wird jedoch noch nicht vorgeschlagen.

Schon diese Aufzählung von Empfehlungen, die in jedem Falle zu verwirklichen sind, zeigt ein gewisses Durcheinander von kleinen Gegenständen und Vorschlägen größeren Umfanges — wie es einem Fleckerlteppich entspricht, aus dem von uns wiederum einige Fäden herausgezogen wurden. Eine klare Unterscheidung von operativen und taktischen Maßnahmen ist in diesem Bericht nicht erkennbar. An vielen Stellen erscheinen beachtliche Lücken, etwa im Bereich der Vorbereitung auf Auslandsaufenthalte, der Nachkontakte oder der Verweise auf ressortgebundene Vorsprünge gegenüber der Wirksamkeit des Auswärtigen Amtes. Einige Empfehlungen sind inzwischen verwirklicht worden. So wurde an der Universität München ein Lehrstuhl für Deutsch als Fremdsprache errichtet, oder im Auswärtigen Amt ein Staatsminister mit der Zuständigkeit für auswärtige Kulturpolitik ausgestattet.

Zu kritisieren ist jedoch, daß sich „die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Ent-Das wicklungsländern auf die Bildungs-, Wissenschafts-und Kulturhilfe" konzentriert statt auf die Möglichkeiten des Nehmens und Gebens eingestellt zu werden. Dieselbe Betonung der Einbahnstraße ist für die Mitwirkung der Massenmedien in der auswärtigen Kulturpolitik oder für die Förderung von Buchübersetzungen festzustellen. Abzulehnen sind die kleinmütige Flurbereinigung zwischen den Bundesressorts und die begrenzten Überlegungen über die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern, vor allem aber die wenig sachkundigen Vorschläge für regionale und Fach-Planungsausschüsse. Unverständlich bleibt auch, daß das Goethe-Institut zur Einrichtung eines „Sekretariates für die Koordination zwischen den Mittlerorganisationen" ermuntert wird, obwohl sich diese Institutionen bereits in eigener Initiative zu einer „Vereinigung für Internationale Zusammenarbeit" zusammengeschlossen hatten und inzwischen auch einen Sekretär berufen haben. Voreilig erscheint, daß das kulturpolitische Ziel „die partnerschaftlich im Ausland in das einheimische Bildungssystem eingegliederte Schule sein soll: das als Idealtyp entwickelte Modell der bikulturellen Schule". Entsprechend zu innerdeutschen Schulreformen wird auch hier der zweite Schritt vor dem ersten, nämlich vor der internationalen Anerkennung der Abschlußzeugnisse, empfohlen. Diese ermöglicht nämlich erst Schülern deutscher Muttersprache, die akademische Fortbildung in den Bundesrepubliken Deutschland oder Österreich durchzuführen.

Fragwürdig wirkt schließlich die „Bonnsüchtigkeit" der Enquete-Kommission, die das Ausbildungszentrum der Mittler, die Informationssammelstelle, ein kulturelles Zentrum der internationalen Begegnung, den Auslandskulturtag und die Zentrale für ausländisches Bildungswesen in der Regierungsstadt ansiedeln möchte. Es ist nicht sehr feinsinnig, den Kulturaustausch durch die Konzentration von Veranstaltungen und Institutionen in einer Verwaltungshauptstadt beleben zu wollen. Eher wird dadurch das überspringen der bürokratischen Atmosphäre und Arbeitsweise auf jene mehr erleichtert als andernorts. Auch entspricht diese Denkrichtung nicht den föderalen Grundlagen der Kultur in der Bundesrepublik. Der Schlußbericht der Enquete-Kommission Auswärtige Kulturpolitik bedeutet eine Weg-marke, nicht einen Meilenstein in der über ein halbes Jahrhundert andauernden Entwicklung von der Kriegspropaganda über die Aufnahme amtlicher kultureller Auslandsbeziehungen über den Rückfall in die Kulturpropaganda zur kulturellen Außenpolitik der Selbstdarstellung und schließlich der Politik des Kulturaustausches. In vielen Zügen bleibt er einem vergangenen System politischen Denkens verhaftet: Die Unterscheidung zwi-sehen den internationalen Kulturbeziehungen in den Großräumen der europäischen Zivilisation — die zu Zeiten der europäischen Weltgeschichte ausschließlich interessant waren — und den interkulturellen Kontakten, die für eine globale Weltgeschichte in den Vordergrund rücken, ist nicht zu finden.

Auch die Vielfalt der Regionalstrukturen und das Profil der Mitarbeiter im Kulturaustausch treten nicht deutlich hervor. Gerade für die Mitwirkung des Menschlichen wäre aber die systematische Durcharbeitung einer solchen Gesamtvorstellung im Vergleich zu den sachlichen Angeboten zu erwarten gewesen. Der eurozentrischen Weltbetrachtung wird gelegentlich eine Absage erteilt; zugleich aber dringt die Einbildung, auf der höchsten kulturellen Stufe der Menschheitsgeschichte zu stehen, immer wieder in der Bestandsaufnahme durch. Die grundsätzliche Verschiedenheit einer lediglich auswärtigen Kulturpolitik von einer Politik des Kulturaustausches ist im Denkansatz und bei der Empfehlung von Maßnahmen noch nicht nachgezeichnet worden. Der Zeitalter-Bruch muß offenbar erst in das politische Bewußtsein eindringen. Gemessen an dem 1969 vom Deutschen Bundestag beschlossenen Auftrag, hat die Enquete-Kommission jedoch mit Hilfe bisheriger Denkund Sehgewohnheiten eine gründlich ausfüllende Arbeit geleistet.

Modell einer Verwirklichung des Kulturaustausches

für die Auswärtige Kulturpolitik: Unsere auswärtige Kulturpolitik ist internationale Zusammenarbeit im kulturellen Bereich. Sie ist Teil einer Außenpolitik, die der Sicherung des Friedens in der Welt dienen will. Die auswärtige Kulturpolitik wird sich künftig intensiver als bisher mit den kulturellen und zivilisatorischen Gegenwartsproblemen befassen ... Kultur ist heute nicht mehr ein Privileg elitärer Gruppen, sondern ein Angebot an alle. Mehr denn je sind heute alle Nationen in ihrer Existenz aufeinander angewiesen. In diesen Zitaten sind die Hauptsätze im I. Abschnitt: „Grundsätze der Leitsätze für die Auswärtige Kulturpolitik" zusammengestellt. Zitiert wurde nach: Kulturabteilung des Auswärtigen Amtes (Hrsg.), Jahresbericht 1970, S. 9 ff., und nach Anhang 1 in: Hans Arnold, Kulturexport als Politik?, a. a. O., S. 257 ff.

Das Format einer Politik ergibt sich aus deren Übereinstimmung mit dem Welthorizont der jeweiligen Gegenwart und aus der Vorwegnahme der bereits in Gang gesetzten Zukunft. Das aber bedeutet für eine heutige Kulturpolitik, daß sie in ihren Erkundigungen, Überlegungen, Entscheidungen und Handlungen von der geistig-historischen Entfaltung der gesamten Menschheit ausgeht. Darin liegt ein erstes Merkmal der Wende, deren Umbruch das aktuelle Politisieren, aber auch das zeitgenössische schöpferische Schaffen ausgesetzt sind. In der Vergangenheit der europäischen Weltgeschichte bildeten die europäischen Metropolen die Kristallisationskerne des Geschehens; die andersartigen Kulturen lagen meist schlummernd an der Peripherie: Sie lebten abgeschlossen, wurden von Europäern , entdeckt', in deren Herrschaftsbereich einbezogen, ihre eigenen Errungenschaften zertrümmert — aber, wie wir jetzt wissen,, nur selten in ihren Substanzen zerstört —, später assimiliert, zumindest in ihrer Weiterentwicklung aufgehalten.

Das galt und gilt im Nachklang zur europäischen Neuzeit und zu deren letzter Periode des machtpolitischen Imperialismus teilweise immer noch weiter und hat die Gegenbewegung der Emanzipation von der politischen Überseeherrschaft, von der europäisch gestalteten Weltwirtschaftsordnung, von der Formenlehre der abendländischen Seelenkultur und auch schon von den Modellen der neuesten europäischen Zivilisation hervorgerufen. Gleichzeitig tritt bereits in Andeutungen der Grundriß einer globalen Weltgeschichte hervor, in der die kulturellen Beziehungen allmählich durch die Aufhebung der bisherigen Ordnung auf andere Bezüge hin „orientiert" werden. Die Vermutungen über die Einzelheiten gehen auseinander: Das Werden einer Weltzivilisation wird kaum bestritten, aber über deren Zukunftsbild gibt es Meinungsverschiedenheiten. Drei Vorhersagen werden in den Vordergrund gerückt: — Eine dem europäischen Modell der Rationalkultur nachgebildete Weltzivilisation, die gleichsam den geschichtlichen . Endsieg'des Abendlandes für kommende Jahrhunderte bedeuten würde. — Eine aus der Verschmelzung der Lebens-vorstellungen und Lebensbräuche aller lebendigen oder gerade wiedererweckten Kulturen der Erde integrierte geistig-konkrete Weltkultur. Sie könnte als eine „mestizische" charakterisiert werden. — Und schließlich eine kulturelle Weltordnung, die sich aus dem wechselseitig berührenden Nebeneinander authentischer — also selbstbewußter —Zivilisationen zu einem vielfarbigen und profilreichen Erdmuster zusammenfügt. In dieser Vorstellung wird das alte Bild der Kulturkreise wieder aufgenommen und mit der Wirklichkeit der globalen Interdependenz verbunden.

Die europäisierte, die „mestizische" und die pluralistische Weltzivilisation stehen den heutigen Kulturpolitikern aller Kontinente als Leitbilder für die Anlage und die Durchführung ihrer Beziehungen zur Verfügung. Da Politik nicht Passivität, sondern Gestaltung bedeutet, müssen sie unter den bereits artikulierten Vermutungen ihre Entscheidung auswählen. Das hat die deutsche internationale und interkulturelle Kulturpolitik bisher versäumt. Wagt sie diese Entscheidung aus vitaler Schwäche oder in dem Wunsch nach globaler Freundlichkeit nicht, so ergibt sich eine immer neu aufbrechende Verwirrung bis in die Einzelheiten. Im Blick auf eine pluralistische Weltzivilisation ist die Forderung fremder Staaten nach Rückführung von Werken ihres kulturellen Erbes aus europäischen oder amerikanischen Museen berechtigt; in der Erwartung einer „mestizischen" Weltkultur erscheint dieselbe Rückgabe geradezu widersinnig. In der Wachstumszeit einer so gearteten Weltzivilisation müßten sogar etwa Museen europäischer Kunst in fremden Regionen eingerichtet werden wie die fremden Zeugnisse bei uns in den Vordergrund gestellt werden sollten. In der Zeit der Unentschiedenheit bieten die vielen kulturpolitischen Projekte das Bild hingeschütteter Feilspäne, ohne die Ordnung durch einen Magneten. Deshalb stellt sich auch nicht ein Zusammenhang zwischen den außenpolitischen Handlungen getrennter Behörden, Institutionen und Gruppen her, weil der übereinstimmende Brennpunkt der Perspektiven fehlt.

Die nächste offengebliebene Frage ist, wo der Horizont der auswärtigen Kulturpolitik gezogen wird: der geographische, der zeitliche, der geistige Horizont. Reichen die schöpferischen, aber auch die finanziellen und administrativen Kräfte der bundesdeutschen Teil-nation aus, mit allen National-oder Regional-kulturen der Erde in Kontakt zu treten? Welcher Ausweg kann gewählt werden: der teilweise Verzicht auf eine globale Interdependenz oder auf eine einzelstaatliche kulturelle Außenpolitik durch die Integration entweder in eine deutschsprachige Subregion oder in eine multinationale Westeuropa-region, von der aus dann in Arbeitsteilung der Austausch von Region zu Region gepflegt wird? Alles auf einmal mit beschränkten Potenzen anzustreben, ist ein Wunschtraum politischer Kinder. Eine dauergültige Entscheidung setzt selbstverständlich gründliche Untersuchungen voraus, die bisher fast vollständig unterlassen worden sind.

Wir müssen weiter fragen, ob der kulturpolitische Zeithorizont auf den aktuellen Ausschnitt der Zeitgeschichte beschränkt wird, der sich etwa mit dem Dasein der 1920 eingerichteten Kulturabteilung des Auswärtigen Amtes decken würde, oder gewinnt dieser wieder eine historische, über das europäische 18. Jahrhundert zurückreichende Tiefe? In der zeitlichen Enge vermindern sich jedenfalls die Anlegeflächen an fremde Kulturen. Da sich aber nicht abstrakte, sondern nur gelebte Kulturen gegenseitig berühren und miteinander verstricken können, ist der Zusammenhang von innerstaatlicher (innerregionaler) Bildungspolitik und auswärtiger Kulturpolitik zu Zeiten einer globalen Interdependenz eindeutig. Diese Möglichkeit und Notwendigkeit ist aber bisher in der Bundesrepublik gar nicht bedacht worden. Kulturaustausch bedeutet gleichermaßen das Zulassen von Einflüssen in den eigenen Raum und Ausstrahlung in fremde Regionen, wobei außerdem die eigenen Bewegungen nicht immer in denselben Vergangenheiten wurzeln wie die ihnen entgegenkommenden. Eine nur scheinbar geschichtsbewußte kulturelle Außenpolitik täuscht lediglich vor, daß sie anderen Zivilisationen, die noch mit einem historischen Bewußtsein und einem geschichtlich geprägten Unbewußtsein leben, antworten könne.

Der geistige Horizont hat noch eine andere Dimension: Die bundesdeutsche kulturelle Außenpolitik ist aus der staatlichen Realpolitik entwickelt worden, wie in einem früheren Abschnitt skizziert wurde. Sie war und ist dementsprechend auf die äußeren Vorgänge und Hervorbringungen der zeitgenössischen Zivilisation und auf die ergänzende Wahrnehmung der momentanen Staatsinteressen konzentriert. Infolgedessen hat sie kaum die „Innenbewegungen''der eigenen und der fremden Bevölkerungen erfaßt, soweit diese noch nicht als Realien in Erscheinung getreten sind, und noch nicht in Kontakt miteinander gebracht. Die Horizontgrenze verläuft an den Rändern der Intellektualität, die durch die Produktion von Theorien und Ideologien markiert wird. Angesichts mancher Partner-Kulturen ist dies wahrscheinlich ein zu enger Horizont, weshalb eine Akzentverschiebung in der Alternative Realpolitik — Tiefenpolitik notwendig wird, um gleichsam auch in dem Weltgespräch zwischen den Archetypen, den Seelen-lagen, den Menschheitserwartungen mitwirken zu können. Dadurch gewinnt der Begriff des Staatsinteresses dann auch die einer Kulturpolitik angemessene Dimension. Er vertieft sich zu einer Politik, die im Austausch seelische und geistige, sogar medizinisch-körperliche Bedürfnisse der Bevölkerung und nicht nur machtpolitische und wirtschaftspolitische Lebensnotwendigkeiten berücksichtigt.

Zu diesen Fragen über den Kulturhorizont gehört noch die andere, ob die heute offensichtlich maßgebende politische Ansicht zutrifft, daß kulturell-zivilisatorische Ausstrahlung und Austauschmöglichkeit an eine ökonomische oder staatliche Machtstufe gebunden ist, die ihrerseits auf dem Bestand oder der Einkaufsmöglichkeit von natürlichen Ressourcen beruht. In dieser Gleichung sind kulturgeschichtliches Gewicht und Verfügung über materielle Quantitäten (von den aufgerüsteten Waffensystemen bis zu den industriellen Produktionsleistungen, von der Bevölkerungszahl bis zu der Währungskraft) gleichgesetzt. Kann eine bundesdeutsche Kulturpolitik auf dieser Grundlage langfristig bauen und damit ihre Möglichkeiten auf Dauer von der Höhe zugewiesener Etatmittel abhängig machen, wie es zur Zeit geschieht? Wodurch gewinnt sie demnach — in alternativer Überspitzung gefragt — Gewicht auf der Erde: durch die Rückendeckung der Macht oder durch die Dichte der Weisheiten, die sie anzubieten hat? Auch insofern sollte keineswegs eine weltfremd einseitige, aber doch eine funda-mentale Entscheidung getroffen werden, ehe das Agieren fortgesetzt wird.

Unmerklich hat sich die politisch-wirtschaftliche Erdordnung in einen Raster der „Vereinten Regionen" verändert. Nur ein halbes Dutzend Staaten führt noch das wahrhaft unabhängige Dasein eines „Nationalstaates". Daraus folgt für die kulturelle Außenpolitik, daß eine strategische Konzeption nur von einer Region im Hinblick auf die anderen Regionen entworfen werden kann, da ihr Raum der Globus und ihr Zeitrahmen ein Jahrhundert sind. Die operative Planung und Durchführung und deren taktische Verwirklichung mag Sache der einzelstaatlichen Regionalglieder, also auch der Bundesrepublik Deutschland bleiben. Schon die Sprachgewohnheiten der Politiker verraten jedoch, daß ihnen diese Dreigliederung der Architektur des Kulturaustausches in Strategie, Operation und Taktik mit den beiden Seiten der innerstaatlichen Bildungs-und der auswärtigen Kulturpolitik nicht klar vor Augen steht. Sie und andere politisierende Gruppen belegen alles Mögliche mit dem Wort „Strategie". Die Operation bezieht sich dagegen nur auf bestimmte interregionale

Kontakte in der Voraussicht eines Jahrzehntes, so daß ein Gesamtplan zur auswärtigen Kulturpolitik für vier Jahre ungenügend ist. Taktiken aber beziehen sich auf den Einsatz von Instrumenten für ein befristetes Projekt. Die Architektur einer Politik bedarf — wie jedes Bauwerk — einer in sich übereinstimmenden Struktur. Eine kulturelle Weltpolitik kann heute angesichts der Tatbestände und Vorgänge auch nur nach einem bestimmten Strukturprinzip, und zwar dem föderalen — im Unterschied zum unitarischen — durchgeführt werden. Deshalb ist es nicht möglich, in der Europazone politisch von der Vielfalt der Nationen (nicht der Nationalstaaten), also auch von der Eigenart der deutschsprachigen Kultur auszugehen, in die Organisation der Mittler der bundesdeutschen Kulturpolitik jedoch ein zentralistisches Bausystem einzuführen, als ob Vierecke und rundförmige Puppen abwechselnd in die größere Puppe eingefügt werden könnten. Um der globalen Identität der Kulturpolitiken im Rahmen der neuen Weltgeschichte willen kann von der Gliederung der Weltmacht eben bis zum Struktur-plan der bundesdeutschen Mittlerorganisatio-nen nur ein Ordnungsprinzip angewendet werden. Hier werden die Leitstellen also ihre Planungsbilder noch auf die föderale Ordnung der Gegenwart abstimmen müssen.

Aus der inzwischen zutage getretenen Interdependenz der Menschheit, die sich nicht nur in der grenzenlosen Übertragung von Seuchen, von Methoden der politischen Auseinandersetzung, von Ideologien, von Kunstmodellen und zivilisatorischen Konstruktionen, aber auch von religiösen Schwingungen kundtut, ergibt sich die Selbstverständlichkeit des abwechselnden Ein-und Ausatmens im Kulturaustausch. Es ist bereits angedeutet worden, daß — historisch betrachtet — die einseitige Selbstdarstellung eine Nachschwingung des Zeitalters der europäischen Weltgeschichte und der getrennten Kulturkreise ist. Jetzt werden für den zwar in den „Leitsätzen" proklamierten, aber in und mit der Bundesrepublik Deutschland außerhalb der parallelen Einbahnstraßen der Kulturabkommen kaum ausgeführten und als vielseitiges Geschehen keineswegs durchdachten Kulturaustausch die auswärtige Kulturpolitik und innerstaatliche Bildungspolitik integriert werden müssen.

Wäre dies früher geschehen, so hätten sich die Schwierigkeiten mit ausländischen Arbeitnehmern und anderen Gästen erheblich vermindert. Die feststellbare Veränderung reicht übrigens über die zwischenstaatliche Kulturpolitik weit hinaus: Innerhalb der christlichen Ökumene ist die von Europa zur Dritten Welt führende Einbahnstraße ebenfalls verlassen, werden etwa Ansichten und Anregungen indischer Theologen bereits in das Westchristentum integriert.

Kultur ist ein Lebewesen und nicht ein Ding, dessen Einzelteile nach Belieben zurechtgemacht und transportiert werden können. Diese Wahrheit gilt auch für die Maßnahmen der Kulturpolitik und deren mögliche Wirkungen.

Kulturen können deshalb nicht willkürlich aneinandergeleimt werden, sondern sich nur zuwachsen. Aus diesem Grunde ist auch der Gärtner von Organismen und nicht der Konstrukteur von Materialien — somit der Gestalter, nicht der Macher — das Vorbild eines erfolgreichen, nämlich wirksamen Kulturpolitikers. Daraus ergibt sich wieder eine Chance zum begründeten teilweisen Verzicht auf Kulturbeziehungen. Nach der Erfahrung gewinnen diese nur Dauer, wenn zwischen den Regionen unterschwellige Affinitäten (unbewußte Anklänge und Zuneigungen) gegeben sind, dank deren sich die inter-nationalen und inter-kulturellen Fermente (Bindekräfte)

entfalten können. In dieser Beziehung sind die meisten Kulturpolitiker mangels entsprechender Untersuchungen noch sehr unwissend und mit ihren Entscheidungen über Aktivitäten entsprechend unsicher oder im Irrtum. Es ist noch nicht einmal die zuverlässige Methode festgestellt, wie diese Voraussetzungen erfahren werden können. Gewohnheitsmäßig wird eine Aufklärung von wissenschaftlich-logischen Untersuchungen erwartet. Andere aber meinen, daß als Späher ausgesandte feinsinnige Menschen dank intuitiver Einfühlung genauere Ergebnisse zurückbringen würden. Auf jeden Fall müssen einer Kulturpolitik entsprechende Feststellungen vorausgehen, wenn Geldverschwendung vermieden und ein Kulturaustausch nicht gegen tiefliegende Abneigungen erzwungen werden soll. (Kulturabkommen können selbstverständlich jederzeit aus realpolitischen Gründen vereinbart und durch Ausstellungen, Theater-und Konzertaufführungen oder Know-how-Mitteilungen ausgefüllt werden. Sie bedeuten aber keinesfalls bereits eine Annäherung der Bevölkerungen.) Zwischen dem deutschsprachigen Europa und den Kulturen des Schwarzen Erdteils fehlen durchaus die Affinitäten. Deshalb entbehren nur wenige etwas, wenn die Übersetzungen afrikanischer zeitgenössischer Literatur plötzlich seit Jahren völlig ausfallen, während sich die spontanen Kontakte zu Asien intensivieren. Die Schwierigkeiten zwischen Südafrikanern europäischer und kontinentaler Herkunft haben hier eine tiefe, nicht einfach durch tagespolitische Beschlüsse abschaltbare Ursache (neben anderen). — Wie auch immer die Vermutungen und Gewißheiten im einzelnen ausfalIntelligent, len mögen, die Kulturpolitiker sollten solche tiefliegenden individuellen oder kollektiven Zu-und Abneigungen, Fermente und Spalt-kräfte, und nicht nur realpolitische Interessen berücksichtigen.

Der historische Ort heutiger Kulturpolitik liegt im Tal der Zwischenzeit zwischen den beiden Zeitaltern der eurozentrischen Weltkulturgeschichte und dem globalen polyzentrischen Weltgeschehen. Wetterstürze aus Zusammenbrüchen der Vergangenheit und aus Auffaltungen der Zukunft prallen aufeinanler. So entstehen Hochspannungen zwischen der europäischen Kulturkrise und der Weltkrise, die sich wie zwei Gewitter ineinanderschieben und denen die Politik des Kulturaustausches zwischen der Aufgabe einer welthaltigen deutscher Bildung und der Genugtuung gegenüber einer erdweiten Inanspruchnahme der europäischen Zivilisation deutscher Zunge ausgesetzt wird. Aus diesen Voraussetzungen ergibt sich die Notwendigkeit einer Politik, die in erster Linie als Impulsivität zu charakterisieren ist und erst in zweiter Linie mit amtlichen Aktivitäten identisch sein sollte. Die politische Aufgabe ist das gleichberechtigte Miteinanderdenken und Zusammenarbeiten aller Gruppenkräfte und Generationen im In-und Ausland ohne Vorrang der Staatsbehörden und der ihnen nachgeordneten Organisationen, weil sie über mehr Geld verfügen. Nur in der bevölkerungsbreiten Abstimmung können annähernd ausreichende personelle Kräfte und materielle Mittel für die neuartigen Aufgaben gewonnen werden. Insofern sollte eine gleichsam demokratische Umstellung von repräsentativ-bürokratischen Pflichtleistungen zu einem plebiszitär-freiwilligem Prinzip eingeleitet werden.

Wenn von den zuvor aufgereihten Grundriß-Elementen ausgehend konstruktiv weitergedacht würde, so ergäben sich nicht wenige Veränderungen der operativen Strukturen und der operativen Handlungen. Jedes Wirtschaftsunternehmen, das seine Produktionen umstellt, jede Staatsregierung, die ihre Verteidigungskonzeption oder gar ihre Staatsidee verändert, wie es außerhalb der europäischen Zivilisation häufig vorkommt, weiß, daß sie nach neuen Strukturen, neuen Instrumenten und Methoden suchen, aber auch ihr Personal gründlich umschulen oder auswechseln muß. In der Umstellung von der auswärtigen Selbstdarstellung zum membranehaft hin-und herschwingenden Kulturaustausch sind die Anforderungen nicht geringer, wobei sich der Wandel durchaus in Entwicklungsstufen vollziehen kann. Wenn die Aufnahme von Einflüssen und der „Export" der eigenen Zivilisation gleichermaßen wichtig werden, muß im amtlichen Bereich die Behördenorganisation dieser janusartigen Aufgabe entsprechend umgebaut werden.

Das bedeutet in der Bundesrepublik Deutschland in der ersten Stufe die Zurücknahme aller verteilten auswärtigen Zuständigkeiten auf das Auswärtige Amt, das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und das Bundespresse-und Informationsamt — mehr ist zunächst aus innenpolitischen Rücksichten nicht zu erwarten —, so daß die mit Innenaufgaben befaßten Behörden klare Partner erhalten. Dann kann die Zersplitterung in mehrere Außenpolitiken, etwa durch die geistig-politische Integration von Kultur-und Entwicklungspolitik, aufgehoben, die Bünde-lung der einzelnen Auslandsvorhaben, also der taktischen Maßnahmen, im Rahmen einer geschlossenen operativen Planung gesichert werden. Auf der zweiten Stufe ist die — übrigens von der Enquete-Kommission schon angesprochene, aber in deren überholte Konzeption eingeordnete — Einrichtung einer übergeordneten Instanz in der Art eines Staatsbeauftragten für den Kulturaustausch notwendig, der von Ressortbegrenzungen und der einseitigen Verfolgung staatspolitischer Interessen freigestellt ist. Durch seine Richtlinien-kompetenz und Stabstätigkeit wird die Verstrickung von auswärtiger Kulturpolitik und innerstaatlicher Bildungspolitik in Anpassung an die Interdependenz der Erdkulturen eingeleitet. Ohne Zweifel werden sich erst einige Generationen an die neuen geschichtlichen Ordnungen und Vorgänge gewöhnen müssen, ehe sich alle Strukturen umbiegen lassen. Von dieser Institution ausgehend sollten dann auch die Kupplungsstutzen zur subregionalen Kooperation der deutschsprachigen Staaten Europas einerseits und zur Region der westlichen Gemeinschaft andererseits entwickelt werden, um über einzelstaatliche Operationen und Taktiken hinweg zu einer strategischen Konzeption zu gelangen. Die westeuropäische Zusammenarbeit wird jedoch schon im vorhinein mit Problemen belastet, seitdem die neun Regierungen der bestehenden Gemeinschaft in einem einseitigen staatlich-wirtschaftlichen Denken den bisherigen Gedanken einer Kulturgemeinschaft dadurch zerfallen lassen, daß sie der islamischen Türkei und dem orthodox-kyrillischen Griechenland die Aufnahme als Vollmitglieder zugesagt haben.

Im einzelnen könnte mit der Integration der deutschsprachigen Kulturinstitute und wissenschaftlichen Zweigstellen im Ausland pragmatisch begonnen werden, so daß auch insofern die kulturelle Repräsentation den Vorstellungen der Partner zu entsprechen beginnt: Die Fremden reden nämlich von Deutschen und Europäern und nicht von fragmentarischen staatspolitischen Denominationen. Auch innerhalb Europas gibt es viele Ansatz-möglichkeiten zu integrierenden Maßnahmen, etwa wenn von den deutschsprachigen Nachbarn das türkisch-österreichische Schulmodell übernommen würde.

Dem Neubau der Behördenorganisation muß selbstverständlich eine Veränderung im Organogramm der medial gegliederten Mittlerorganisationen entsprechen, die bisher nur kleinste Anbauten für das Innenfeld des Kulturaustausches kennen (das Berliner Künstler-programm des DAAD, das Ausstellungsforum des IfA in Stuttgart, auslandskundliche Planungen des Goethe-Institutes für seine Inlands-Ausbildungsstätten). In diesem Zusammenhang ist es notwendig, breit klaffende Lücken für die deutsche Auslandsbildung und für den Austausch der audovisuellen Kultur (Architektur, bildende und darstellende Künste, Filmwesen, Musik) durch neue Mittlerorganisationen, durch die Verkupplung von Auslandsgesellschaften und Erwachsenenbildung, durch die akademische Gestaltung eines Institutes für Auslands-kunde zu schließen, das die historischen Vorbilder des „Seminars für Orientalische Sprachen" und der „Hochschule für Politik" integriert. Wahrscheinlich erfordert die neuartige Aufgabe auch die Erfindung und Ausfeilung neuer Instrumente. Bestimmt aber wird endlich eine Klärung des Personalbildes und — wie die Lebensansprüche nun einmal entwickelt sind — die schöpferische Ausgestaltung einer beruflichen Laufbahn unvermeidbar werden. Diese sollte allerdings vom bürokratischen Berufsbild der Kulturverwalter weit entfernt sein und die außerordentlichen weltoffenen und wagemutigen Naturen anziehen, die sich sonst unter die Auswanderer der Bundesrepublik einreihen würden. Wenn Kulturaustausch überhaupt die Überwindung des Provinzialismus bedeutet, so sollte diese Zielvorstellung in den Vermittlern bereits vorgebildet und durch sie verkörpert sein. Da aber nicht anzunehmen ist, daß Bürokratien ganz andersartige Vorstellungen aus sich heraus entwickeln, ist hier bereits der erste Hinweis auf die notwendige Zusammenarbeit von freien, unabhängigen Kräften, vor allem Einzelnen, mit den institutionalisierten Leitstellen gegeben, die bisher völlig unterentwickelt geblieben ist.

Die ohne weiteres ineinander geschachtelten Stufen des Kulturaustausches (Strategie, Operation, Taktik) sollten jede für sich noch der anderen Baufolge von Erkundung, Beurteilung der Lage, Entscheidung und Tun im Arbeitsprozeß folgen. Von den Anfängen der auswärtigen Kulturpolitik bis zum Enquete-Bericht sind in dieser Beziehung erstaunliche Lücken und Verdrehungen zugelassen worden: Oft folgte die Erkundung erst der Projektentscheidung oder blieb deren Ausführung aus. Eine Bestandsaufnahme ergibt ein bestürzendes Unwissen der Kulturpolitiker einerseits über die aus der eigenen Kulturkrise abgeleiteten Auslandsbedürfnisse der deutschen Bevölkerung, andererseits über die sehr unterschiedlichen Potenzen und Aufnahmekapazitäten der Partner. Die Fragen, welche fremden Einflüsse uns und welche Errungenschaften Europas den fremden Zivilisationen guttun oder Schäden zufügen, sind bisher nicht gründlich untersucht worden. Aus Mangel an Kenntnissen wurden pauschale Empfehlungen für „Entwicklungsländer" oder Ansichten über ein Kulturgefälle zwischen Industriestaaten und jenen überhaupt erst möglich. (Worin besteht das Gefälle zwischen Japan, Korea oder Indien, zwischen Skandinavien, Peru oder Iran?)

Die bundesdeutsche Kulturpolitik hat bisher als Anhängsel der traditionellen Staatspolitik ohne die notwendige genaue Erforschung der „Auslands-und Binnenmärkte" gehandelt, die für andere Sektionen der Außenpolitik im 20. Jahrhundert der Konsumgesellschaften, hier also der Massenkulturen, zur selbstverständlichen Voraussetzung geworden ist. Sicher genügen auch die jährlich fälligen kulturpolitischen Pflichtberichte der Botschaften keineswegs zur Beurteilung der Außenlage. Hier gäbe die zitierte Empfehlung der Enquete-Kommission für die Einrichtung einer Informationssammelstelle einen brauchbaren Fortschritt, wenn die Erhebungsmethoden nicht nur dem Stand der Technologie entsprechen, sondern an den Kulturen orientiert werden.

Ohne Zweifel sollte auch der Entscheidungsprozeß über die Auswahl der Operationen der Verwaltung entzogen und einem übergeordneten Gremium übertragen werden, das sich aus auslands-bzw. inlandskundigen Kultur-schaffenden und Kulturpolitikern der Legislative und Exekutive zusammensetzt und die taktischen Empfehlungen der Mittlerorganisationen, Auslandsgesellschaften, Kulturinstitutionen und nicht zuletzt der Kulturarbeiter vor Ort in seinen Entschlüssen berücksichtigt. Welche Gruppen und Personen insofern Zusammenwirken müssen, hat das Anhörungsverfahren der schweizerischen Kommission für Fragen der Kulturpolitik vorgezeichnet.

Im Hinblick auf die operativen Entscheidungen, die schon zu Beginn der siebziger Jahre durch eine Prioritätenliste vorgeprägt worden sind, ist noch einmal eine Rückkoppelung notwendig: Wenn für den Kulturaustausch die Lebensnotwendigkeiten der Bevölkerung, auch mit fremdkulturellen Hilfen die eigene Kulturkrise und die dadurch entstandenen Zivilisationskrankheiten zu bewältigen, ebenso maßgebend sind wie der „Kulturexport" als Staatspolitik, darf die Prioritätenordnung für die Partnerschaft mit ausgewählten Regionen nicht mehr lediglich von staatspolitischen Interessen bestimmt werden. Beide Maßstäbe müssen sich notgedrungen ineinanderschieben und die endgültige Reihenfolge der bevorzugten Partner bestimmen. Während also in der bisherigen Einteilung des Auswärtigen Amtes alle Fremdkulturen (mit Ausnahme der arabisch-islamischen Subregionen an der Süd-und hinter der Ostküste des Mittelmeeres) an die letzte Stelle der globalen Aufgaben gerückt wird, bevorzugen nicht nur deutsche Ferntouristen die außereuropäischen Länder im Vergleich zu NATO-Mitgliedstaaten oder dem nordamerikanischen Teilkontinent. Wachsende Gruppen geben sich asiatischen Einflüssen hin. Gleichsam durch eine unsichtbare Volksabstimmung müßten also der indische Subkontinent oder auch die ostasiatischen Kulturen in der Priorität höher eingestuft werden. Das aber bedeutet zugleich, daß die undifferenzierte Abstufung der Dritten Welt unhaltbar wird. Insofern wird eine neue Durcharbeitung der gesetzten Ordnung notwendig werden.

Für das Tun aber gelten die Maßstäbe der Kontinuität, der sozio-kulturellen Schwerpunktbildung, der instrumentalen Konzentration, die das Zerflattern in unzusammenhängende und oft unterbrochene Maßnahmen verhindert, und der möglichst abgerundeten Vollständigkeit. Die Taten müssen deshalb in den Zusammenhang von Vorbereitung, Durchführung mit begleitender Multiplikation und Nachbereitung gestellt werden. Da letztere besonders oft vernachlässigt wird, sollten in Zukunft zum Beispiel nur soviele ausländische Stipendiaten in der Bundesrepublik oder in Drittländern (sur-place-Stipendien) gefördert werden, als zumindest alle zwei Jahre mit Nachkontakten versorgt werden können.

Vielleicht wird auf diesem Wege der gesicherten und feinsinnigen Kenntnisse, der sorgfältigen — am eigenen Vermögen und Bedarf ebenso wie an den weltkulturellen Notwendigkeiten orientierten — Lagebeurteilung durch Kompetente und nicht nur Zuständige, des sich selbst kontrollierenden Entscheidungsprozesses und der Verwirklichung durch auf diese Aufgaben gründlich vorbereitete und begabte Personen der notwendige Umbruch möglich. In ihm werden auch viele. Einzelheiten — wie etwa die Städtepartnerschaften — einen neuen Sinn finden und andere — wie die Aufgeschlossenheit der bundesdeutschen Hochschulen für Berufungen von Professoren aus den außerdeutschen Sprachräumen — entwickelt werden.

Die Instrumente sind bisher in eurozentrischem Denken nach den eigenen Gewohnheiten zugerichtet worden. Die Partnerschaft einer Schriftkultur mit Oralkulturen, einer vorwiegend geschichtslosen Bevölkerung mit geschichtsbewußten Völkern, einer pluralistischen Gesellschaft mit auf Konzentration eingestellten und nach nationaler oder regionaler Identität strebenden Staatsangehörigen hat die Wahl der Instrumentensysteme kaum beeinflußt. Die entschiedene Akzentverschiebung zu audovisuellen, auch Analphabethen verständlichen und den fremden Massen der Jugendlichen sympathischen Instrumenten scheint notwendig zu werden.

Das Modell der Neuordnung von Strukturen, Methoden und Personalien kann im Zusammenhang dieses Textes nur eine Skizze sein. Diese setzt aber bereits ein kulturpolitisches Erdbild in dessen vielfältigen Zuständen und Tendenzen, Röntgenaufnahmen der eigenen Kulturkrise, fremder Regionalkrisen und der umfassenden Weltkrise, ein Bewußtsein der interkulturellen Anlegemöglichkeiten (und -Unmöglichkeiten) und der eigenen passiven wie aktiven Potenzen voraus. Insofern haben zur Zeit unsere Unkenntnisse noch ozeanische Ausmaße. Es gilt also, diese unter Rückgriff auf internationale Vorleistungen und Kooperationsmöglichkeiten einzudämmen, damit der mindestens seit einem Jahrzehnt versäumte Umbruch im politischen Denken und im kulturellen Handeln auf festen Unterlagen geschehen kann. Die bundesdeutschen Au-Benpolitikerhaben zwar das Volumen der Etatansätze früherer Jahrzehnte für die auswärtige Kulturpolitik deutlich überschritten, verharren aber im politischen Denken, in der Ausbildung von Begriffen und Kategorien auf dem Stand der zwanziger Jahre. Sie glauben immer noch, trotz des unruhigen, oft ungebärdigen Dranges nach Reformen, an die hervorragende Wirksamkeit der reinen Staats-und der Außenwirtschaftspolitik. Sie haben die stärkere Tiefen-und damit Dauerwirkung der kulturellen Außenpolitik noch keineswegs erkannt — vielleicht, weil die Kriterien der diplomatischen und parlamentarischen Personalauswahl traditionell gerichtete Begabungen bevorzugen und die Bedeutung der eigenen Kultur für außenpolitische Operationen, der fremden Kulturen für die eigene existentielle Volksgesundheit nie bewußt geworden ist. Hier könnte der Hebel einer diplomatischen Fortbildungsakademie auf einem zur Bundeswehrakademie vergleichbaren Niveau angesetzt werden. Inmitten des globalen Zeitbruches sind die Bezüge zur Weimarer Republik kaum noch tragfähig.

Schlußbemerkung

Die auswärtige Kulturpolitik soll die Grundlagen für ein besseres gegenseitiges Verständnis der Völker und für eine gemeinsame Lösung der geistigen Aufgaben, die heute der Welt gestellt sind, legen. Der Kulturbegriff einer so verstandenen auswärtigen Kulturpolitik deckt die ganze Breite der Lebenswirklichkeit; er reicht von der Literatur bis zur Technologie, von gesellschaftspolitischen Fragen bis hin zu Problemen des Umweltschutzes; er schließt Vergangenheit und Gegenwart mit dem Blick auf Zukunftsaufgaben in sich ein ... Der langfristige Charakter auswärtiger Kulturpolitik erfordert es, gleichermaßen den heutigen Bildungsstand und den Entwicklungsprozeß zu berücksichtigen, um die kulturpolitisch wirkenden Kräfte von morgen in das Bild einzubeziehen. . . Für die Planung der Kulturarbeit, ihre organisatorische Gestaltung und Ausführung ergeben sich daraus die sachlichen, methodischen und regionalen Schwerpunkte ... Sie (die Kommission) ist zu der Ansicht gelangt, daß das Prinzip des Kulturaustausches nicht das des einseitigen Kulturangebotes, fast alle Bereiche der auswärtigen Kulturpolitik prägen muß. Gegenseitiges Verständnis der Völker kann nur dann erreicht werden, wenn jeder Partner bereit ist, das kulturelle Schaffen und das kulturelle Erbe des anderen in sich aufzunehmen. Die Sprache ist dabei ein wichtiges Element des kulturellen Ausdrucks einer Nation. Bericht der Kommission für die Reform des Auswärtigen Dienstes, März 1971, Ziffer 4, 1: Die Ziele der auswärtigen Kulturpolitik; zitiert nach Hans Arnold, Kulturexport als Politik? Anhang 2, Tübingen 1976, S. 266 f.

Wenn wir die deutschen Kulturpolitiken in der Reihenfolge des Kaiserreiches, der Weimarer Republik, des nationalsozialistischen Führerstaates und der Bundesrepublik Deutschland (auch der Bundesrepublik Österreich und der Deutschen Demokratischen Republik) überblicken, scheinen sich die beiden Möglichkeiten internationaler Beziehungen — die Hinwendung zur Propaganda oder zur Partnerschaft — abwechselnd zu überspringen. Diese unstete Entwicklung hat die geistige Horizonterweiterung aufgehalten. Demgegenüber hat aber die deutsche Selbstbezogenheit alle Umbrüche der Staatssysteme überdauert. Auch die bürokratischen Verwaltungsmethoden sind konstant geblieben. Zwar ist die anfängliche Unterordnung der kulturellen Auslandsarbeit unter die Nachrichten-und Pressepolitik in den Zentralen auf eine Gleichberechtigung der Öffentlichkeitsarbeit im Ausland, der Kulturpolitik und der ausgegliederten Bildungshilfe umgestellt worden, jedoch im Rahmen der meisten diplomatischen Auslandsmissionen nach wie vor erhalten geblieben. Dies ist schon ein Zeichen dafür, daß die weltpolitischen Akzentverschiebungen noch nicht in entsprechende außenpolitische Praktiken umgesetzt werden konnten. Auch der Fortschritt von den kaiserlichen Propagandaschulen zum heutigen Mo-dell der bi-kulturellen Schulen in einem Zeitraum von siebzig Arbeitsjahren erlaubt nicht gerade den Rückschluß auf eine dynamische, mit den großen geistigen Bewegungen der Menschheit in diesem Jahrhundert Schritt haltenden Kulturpolitik.

Die Wachstumsraten deutscher Kulturpolitik bestehen in der quantitativen Erhöhung der Aufwendungen und in der Technisierung des Instrumentariums, die nicht selten mit einem Zurückdrängen der unmittelbaren menschlichen Begegnungen bezahlt werden. Es ist auch bemerkenswert, daß alle Bewegungsimpulse von außen an die Kulturverwaltungen herangetragen worden sind. Die Namen von Lamprecht, Rohrbach, Becker, Bergsträßer und Sattler stehen stellvertretend für andere anregende Persönlichkeiten. Doch deren Wirkung ist dann über die Felder der operativen und taktischen Maßnahmen nicht vorgedrungen. Niemals ist eine Strategie der deutschen Kulturpolitik entwickelt worden. Angesichts vieler tüchtiger, für die einzelnen oft aufreibender Leistungen stehen wir vor dem Gesamtergebnis, daß der Umbruch von der europäischen zur globalen Weltgeschichte und die damit verbundene neue Einschätzung aller politischen Werte, daß ferner die erdumspannenden geistigen Bewegungen, die trotz ihrer verschiedenartigen Ansätze übereinstimmend um erste Entwürfe eines neuen Bewußtseins mit der Aussicht auf einen ganz neuen Menschen ringen, in die deutsche Kulturpolitik noch nicht aufgenommen worden sind.

Aus den gleichzeitig wirksamen, ineinander geschachtelten Kulturkrisen und aus den vereinzelten Ausbrüchen in Kulturrevolutionen sind bisher keine angemessenen Folgerungen gezogen worden. Die deutsche Kulturpolitik wird trotz der täglichen Registrierung ferner politischer und schöpferischer Ereignisse hoch von demselben Weltgefühl wie zu Zeiten der Weimarer Republik getragen. Deshalb ist es auch nicht überraschend, daß die Wende von der andauernden Selbstbestätigung zu einem unserem geokulturellen Gewicht angemessenen neuen Selbstbewußtsein, von einer selbstbezogenen, auf Propaganda oder Kultur-werbung, auf beschauliche oder aggressive Selbstdarstellung eingerichteten kulturellen Außenpolitik zur Politik des Kulturaustausches noch nicht gelungen ist. In der außen-politischen Praxis tritt dieser eben vermerkte Rückstand sehr deutlich zutage: Noch niemals ist ein deutscher Außenminister auf die Idee gekommen, nur um der unmittelbaren Kulturbeziehungen willen eine dienstliche Auslandsreise anzutreten. Voraussichtlich würde der betroffene Berufspolitiker ein solches Ansinnen unter Hinweis auf seinen durch weltwirtschaftliche und staatspolitische Beratungen besetzten Terminkalender als unzumutbar beurteilen. Solange jedoch diese Meinung gilt, wird der trotz des Überangebotes von Weltnachrichten zunehmende Provinzialismus unvermeidbar werden.

In der Geistesgeschichte der politischen Ideen und in der Themengeschichte des kulturellen Schaffens hat der Austausch der Kulturen für Deutschland nur eine nebensächliche Rolle gespielt. Zugleich haben die deutschen Kulturpolitiker aus eigener geistiger Kraft weder eine der veränderten kulturellen Weltlage entsprechende intellektuelle Konzeption noch ein den deutschen Mentalitäten und Potenzen angemessenes Aktionsmodell entworfen. Die Anpassung konzentriert sich auf die jeweilige Haushaltslage. Die Pro-und Kontra-Diskussion um die Übernahme des fremden Modells des British Council wird dagegen seit einem Menschenalter fortgesetzt. Die unter anderen Lagen und Perspektiven etwa während der Weimarer Republik geschaffenen und entwickelten Instrumente sind kaum grundlegend umgeformt worden. Schon in diesen Beispielen äußert sich ein Mangel an Eigenleistung, der — weil er den Eindruck schöpferischer Schwäche vermittelt — der Glaubwürdigkeit der europäischen Kultur deutscher Zunge abträglich ist. Diese kann eben nur durch eine lebendige, der werdenden Weltgeschichte zugerichtete Gestaltung der eigenen Außenpolitik und durch eine intensive schöpferische Ausstrahlung gewonnen werden, die alle überkommenen und zeitgenössischen Reserven auswertet. Eine ehrliche’Bestandaufnahme wird vielleicht ergeben, daß die Basis, von der aus die Deutschen von nun an ihren Beitrag zur Weltkultur des neuen Zeitalters leisten, ziemlich schmal geworden ist. Deshalb würde auch jede in innerstaatlichen ideologischen Gruppenkämpfen durchgesetzte Ausklammerung schöpferischer Leistungen (von Marx über Brecht zu Bloch bei den einen, von Nietzsche über George zu Heidegger oder Jünger bei den anderen) einer Selbstverstümmelung ähneln. Solche Amputationen an der ganzen Identität können niemals prothesenartig durch die Niederschläge des reproduktiven Tuns und Handelns ersetzt werden.

Alles in allem fehlt der Politik des Kulturaustausches in Deutschland noch der große Entwurf, der überhaupt erst die Anteilnahme der deutschen Bevölkerung wachrufen kann. Die Aufgabe Bundestages es des Deutschen sollte aber im Verlaufe seiner bevorstehenden Plenardebatte sein, sich weniger mit dem Für und Wider über die vorwiegend taktischen Empfehlungen der Enquete-Kommission zu befassen, sondern einen Weg zum Auftrag an die „geistigen Führer des modernen Deutschland" (Bethmann Hollweg) zur raschen Ausarbeitung einer kulturpolitischen Strategie im Zusammenhang einer welthaltigen und weltgeschichtlichen Außenpolitik und innerstaatlichen Bildungspolitik sowie einer im buchstäblichen Sinne des Wortes weltkulturellen Vorstellung zu finden. Vielleicht leuchten in den parlamentarischen Debatten selbst schon die Orientierungszeichen eines aus dem globalen Geschehen abgeleiteten Denkens und Verhaltens auf.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Rede Karl Lamprechts vom 7. Oktober 1912 vor dem Verband für internationale Verständigung in Heidelberg; zitiert nach dem Textabdruck in Kurt Düwell, Deutschlands Auswärtige Kulturpolitik 1918— 1932, Köln 1976, S. 256.

  2. Zitiert nach Düwell, a. a. O., S. 19 f.

  3. Zitate nach Düwell, a. a. O., S. 22 und S. 203 f.

  4. Zitate nach Düwell, a. a. O., S. 29 f.

  5. Nach Volkhard Laitenberger, Akademischer Austausch und auswärtige Kulturpolitik 1923 bis 1945, Frankfurt 1976, S. 73 ff. In dieser Schrift sind von einigen auch Ansätze zu einer Theorie der auswärtigen Kulturpolitik in der Bundesrepublik Deutschland gesehen worden.

  6. Hans Arnold, Kulturexport als Politik? Aspekte auswärtiger Kulturpolitik, Tübingen 1976, S. 18.

  7. Deutsche Kulturpolitik im Ausland. Dokumente — Kommentare -— Tendenzen, hrsg. und kommentiert von Dieter Braun, München 1966, S. 288.

  8. Bertold Martin, über Stand und Aufgaben der Kulturarbeit im Ausland, in: Jahrbuch der auswärtigen Kulturbeziehungen 1965, Bonn 1965, S. 26.

  9. Winfried Böll (Ministerialdirektor im BMZ), Überlegungen zu einer Konzeption auswärtiger Kulturpolitik, in: Deutsche Kulturpolitik im Ausland, a. a. O., S. 256; ferner ders., Entwicklungspolitik und administrative Praxis, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 6/73.

  10. „Die auswärtige Kulturpolitik hat in der wissenschaftlichen und politischen Theorie der auswärtigen Beziehungen noch keinen ernsthaften Platz gefunden". W. Böll, Überlegungen ..., a. a. O., S. 248.

  11. Dieter Sattler, Sieben Jahre Kulturabteilung des Auswärtigen Amtes. Bilanz 1959— 1966, in: Auswärtige Kulturbeziehungen 3, Neuwied 1966, S. 16. Dieter Sattler, Thesen aus einem Vortrag vor der Gesellschaft für Handel, Industrie und Wissenschaft, zitiert nach dem Abdruck in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 25. Mai 1960.

  12. In: Deutsche Kulturpolitik im Ausland, a. a. O., S. 269.

  13. Auswärtige Kulturbeziehungen, a. a. O., S. 22.

  14. A. a. O. Jahrbuch der auswärtigen Kulturbeziehungen 1965, S. 23.

  15. Deutsche Kulturpolitik im Ausland, a. a. O., S. 289.

  16. Zitiert nach: Deutsche Kulturpolitik im Ausland, a. a. O., S. 122 und S. 131.

  17. „Leitsätze für die auswärtige Kulturpolitik" in Kulturabteilung des Auswärtigen Amts, Jahresbericht 1970, S. 9 ff.

  18. Leitsatz I 6; s. a. Arnold, a. a. O., S. 39 ff.: Das kulturelle Nebeneinander der Bundesrepublik Deutschland und der DDR.

  19. Arnold, a. a. O. Vgl. auch Hans Lindemann/Kurt . Müller, Auswärtige Kulturpolitik der DDR, Bonn 1974.

  20. S. Auswärtiges Amt, Abteilung für Auswärtige Kulturpolitik, Bericht 1973, S. 9 ff.

  21. Ebenda.

  22. Pressetext der Kulturabteilung des AA 600600. 00/8 betr. Gesamtplan zur auswärtigen Kultur-politik.

  23. Hans Arnold, Deutsche Auslandschulen für wen, wozu, a. a. O., S. 160 ff.

  24. Hans Arnold, Finanzielle Aspekte der Kultur-beziehungen zu Lateinamerika, a. a. O., S. 218.

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