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Die Bedeutung des Marshall-Plans für die Nachkriegsentwicklung in Westdeutschland | APuZ 4/1980 | bpb.de

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APuZ 4/1980 Artikel 1 Grundgesetz und Wirtschaftsordnung. Probleme des wirtschaftlichen, technischen und sozialen Wandels im Verhältnis zu Wirtschaftsordnung und Verfassung Die Bedeutung des Marshall-Plans für die Nachkriegsentwicklung in Westdeutschland

Die Bedeutung des Marshall-Plans für die Nachkriegsentwicklung in Westdeutschland

Erich Ott

/ 41 Minuten zu lesen

I. Einleitung

Abbildung 1

Das „European Recovery Program" (ERP) — auch nach seinem Urheber, dem US-Außenminister Georg C. Marshall, als Marshall-Plan bezeichnet — hat die europäische und vor allem die deutsche Nachkriegsentwicklung in einem solch starken Maße beeinflußt, wie kaum ein anderes Ereignis dieser Zeit. Sowohl für die Entstehung und Gründung der Bundesrepublik als auch für ihre politische und wirtschaftliche Einbindung und Stabilisierung im Rahmen des westlichen Bündnissystems war der Marshall-Plan von weitaus größerer Bedeutung, als dieser es für die übrigen beteiligten Länder sein konnte — bedingt durch die spezifische Situation des besetzten Deutschlands. In Ergebnissen neuerer Forschungen zur deutschen Nachkriegsentwicklung wird dieser Stellenwert des ERP zunehmend belegt Hier läßt sich deutlich eine verstärkte Tendenz feststellen, die den Marshall-Plan im Zusammenhang der weltpolitischen und europäischen Systemkostellationen, als Bestandteil der US-Außen-und Bündnispolitik, des inneren Zustandes und der inneren Entwicklungen der vom Krieg betroffenen europäischen Staaten und insbesondere Deutschlands untersucht und diesen Hintergrund einschließt in eine Bewertung der konkreten wirtschaftlichen Funktion und Auswirkungen des euro-päischen Hilfsprogramms — Untersuchungsansätze, denen eine kritische historische Distanz ebenso zugrunde liegt wie der erst in neuerer Zeit möglich gewordene Zugang zu entscheidendem Quellenmaterial (Aktenbestände). Gerade die für die historisch-politische Forschung wichtige Erschließung und Aufarbeitung von Aktenarchiven der Besatzungsmächte, deutscher Nachkriegsinstitutionen, der politischen Parteien etc. sowie Nachlässe und Memoiren beteiligter zeitgeschichtlicher Persönlichkeiten und eine Vielzahl ausländischer wissenschaftlicher Arbeiten haben zu neuen Faktenerkenntnissen und Bewertungen geführt Neben der historisch-politischen Aufhellung der Vorgeschichte und Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ist in den letzten 'Jahren auch ein verstärktes aktuell-politisches Interesse am Marshall-Plan entstanden.

Die wachsenden Probleme wirtschaftlicher Art und die unterschiedlichen Entwicklungen innerhalb der westlichen Industrieländer, aber auch Überlegungen hinsichtlich der ökonomisch-politischen Verhältnisse in Ländern der Dritten Welt haben Diskussionen ausgelöst, in denen der Marshall-Plan als vorbildliches Beispiel strategischer Lösungsversuche eingebracht wurde.

II. Die Nachkriegssituation und die Voraussetzungen des Marshall-Plans

Tabelle 1 Quelle: Jahrbuch der öffentlichen Meinung 1947— 1955. Hrsg, von Elisabeth Noelle und Erich Peter Neu-mann, Allensbach am Bodensee 1956, S. 334.

Der Marshall-Plan markiert einen entscheidenden Wendepunkt in der amerikanischen Politik hinsichtlich der Behandlung Nachkriegsdeutschlands. Die Übereinkünfte der Konferenz der drei Großmächte von Jalta vom 3. bis 11. Februar 1945 waren noch deutlich von den gemeinsamen Interessen der Anti-Hitler-Koalition getragen und signalisierten auf der Ebene von Prinzipien Einigkeit über die Zerstückelung Deutschlands und über die vorrangigen Reparationsinteressen der durch besonders hohe Kriegslasten geschädigten Sowjetunion ohne daß die Groß-mächte sich hier jedoch auf konkrete Maßnahmen einigten Februar 1945 waren noch deutlich von den gemeinsamen Interessen der Anti-Hitler-Koalition getragen und signalisierten auf der Ebene von Prinzipien Einigkeit über die Zerstückelung Deutschlands und über die vorrangigen Reparationsinteressen der durch besonders hohe Kriegslasten geschädigten Sowjetunion 7), ohne daß die Groß-mächte sich hier jedoch auf konkrete Maßnahmen einigten. Diese Übereinstimmung in Jalta wurde sicherlich nicht unwesentlich durch den noch andauernden Krieg und das gemeinsame Ziel der Alliierten, die militärische Niederschlagung des deutschen Faschismus, bestimmt 8).

Aber auch die Prinzipien der amerikanischen Deutschlandpolitik waren zu diesem Zeitpunkt darauf gerichtet, das besiegte Deutschland ökonomisch und politisch zu schwächen, daß es weder jemals zu einem ernsthaften wirtschaftlichen Konkurrenten noch zu einem gewichtigen politischen Gegner werden konnte. Die als „Morgenthau-Plan" 9) bezeichnete Konzeption bestimmte als Leitlinie dieser US-Politik in nicht unerheblichem Maße die politischen Überlegungen der amerikanischen Regierung unter Präsident Roosevelt bis zum Ende des Krieges. Morgenthaus Pläne gingen so weit: „Dieses Programm faßt die Verwandlung Deutschlands in ein Land ins Auge, daß in erster Linie einen landwirtschaftlichen und ländlichen Charakter hat.“ 10)

Wenngleich die Maßnahmen und Absichten der US-Regierung in dieser Form zu keinem Zeitpunkt praktische Konturen annahmen und besonders die US-Militärregierung in Deutschland andere Maßstäbe für ihre Aktivitäten anlegte, so war doch die erste „Direktive an den Oberkommandierenden der Okkupationstruppen der Vereinigten Staaten hinsichtlich der Militärregierung für Deutschland (Direktive JCS 1067) vom April 1945, veröffentlicht am 17. Oktober 1945 11), noch in erheblichem Maße von der Morgenthauschen Konzeption durchdrungen. In bezug auf den wirtschaftlichen Aufbau Deutschlands wird neben einer Reihe einzelner Maßnahmen die Anweisung erteilt: „ .. werden Sie keine Schritte unternehmen, die a) zur wirtschaftlichen Wiederaufrichtung Deutschlands führen könnten oder b) geeignet sind, die deutsche Wirtschaft zu erhalten oder zu stärken" Diese Direktive JCS 1067 war bis zum 15. Juni 1947 die of-fizielle Anweisung der amerikanischen Regierung an ihre Militärbehörde in Deutschland, obwohl sie von Anfang an innerhalb der für die Besatzungspolitik in Deutschland maßgeblich Verantwortlichen stark umstritten war, teilweise von ihnen sogar als unbrauchbar bezeichnet wurde

Vom 17. Juli bis 2. August 1945 fand die Konferenz der Regierungschefs der drei Groß-mächte USA, UdSSR und Großbritannien in Potsdam statt, die einzige Konferenz auf dieser Ebene der Alliierten nach Beendigung des Krieges. Die Verhandlungen spiegelten bereits veränderte Bedingungen wider: Für die USA nahm in der Nachfolge des am 12. April 1945 verstorbenen Präsidenten Roosevelt sein Nachfolger Harry S. Truman teil. Juli bis 2. August 1945 fand die Konferenz der Regierungschefs der drei Groß-mächte USA, UdSSR und Großbritannien 14) in Potsdam statt, die einzige Konferenz auf dieser Ebene der Alliierten nach Beendigung des Krieges. Die Verhandlungen spiegelten bereits veränderte Bedingungen wider: Für die USA nahm in der Nachfolge des am 12. April 1945 verstorbenen Präsidenten Roosevelt sein Nachfolger Harry S. Truman teil. Damit hatte in der US-Politik auch jene Gruppe stärker an Einfluß gewonnen, welche den Morgenthausehen Plänen ablehnend gegenüberstand und einen Wandel in der Konzeption der offiziellen Außenpolitik der Vereinigten Staaten erwarten ließ 15). Auch für die englische Besatzungsmacht gab es eine erhebliche Veränderung der politischen Voraussetzungen. Infolge des Labour-Wahlsieges trat Premierminister Churchill am 26. Juli 1945 zurück, also zu einem Zeitpunkt, als die Potsdamer Verhandlungen noch nicht abgeschlossen waren. Für Großbritannien setzten Premier Attlee und Außenminister Bevin die Potsdamer Konferenz fort 16).

Auch in Anbetracht dieser nicht unerheblichen Veränderungen der politischen Konstellationen innerhalb der Besatzungsmächte kam es im Potsdamer Abkommen zu einer Reihe von Übereinkünften, die als Konkretisierung der Jalta-Beschlüsse zu sehen sind 17). So z. B. hinsichtlich der Entmilitarisierung, der Entnazifizierung und der indurstriellen Abrüstung. Auch in einer Reihe von Fragen, welche die politische und wirtschaftliche Verwaltung der Besatzungszonen betrafen, wie den alliierten Kontrollrat oder die Grenzfestlegung der Zonen, konnten Vereinbarungen erzielt werden

In der Frage der Reparationsleistungen und -ansprüche der UdSSR wurden zwar Formeln in das Potsdamer Abkommen aufgenommen, über eine genaue Festlegung kam es jedoch zu keiner Einigung Dies blieb auch in den weiteren Verhandlungen der Besatzungsmächte nach Potsdam auf der Ebene der Außenminister einer der Hauptstreitpunkte.

Von besonderem Interesse für die Betrachtung der wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands in den folgenden Jahren sind die im Abschnitt „Wirtschaftliche Grundsätze" im Potsdamer Abkommen vereinbarten Ziele: „Vernichtung des deutschen Kriegspotentials": „Bei der Organisation des deutschen Wirtschaftslebens ist das Hauptgewicht auf die Entwicklung der Landwirtschaft und der Friedensindustrie für den inneren Bedarf (Verbrauch) zu legen." „In praktisch kürzester Frist ist das deutsche Wirtschaftsleben zu dezentralisieren mit dem Ziel der Vernichtung der bestehenden übermäßigen Konzentration der Wirtschaftskraft, dargestellt insbesondere durch Kartelle, Syndikate, Trusts und andere Monopolvereinigungen."

Insgesamt muß das Potsdamer Abkommen zumindest aus historischer Distanz mehr als eine Kompromißformel denn als eine dauerhafte Vereinbarung über Deutschland gesehen werden. Sowohl die Interpretationsbreite einzelner Aussagen als auch die Offenheit der Frage des zukünftigen Weges der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland sind zum einen Ausdruck der unterschiedlichen Grundinteressen der Besatzungsmächte, zum anderen auch zwangsläufig daraus resultierende Gegenstände künftiger Konflikte um die Einhaltung der Teile des Abkommens, die eine unmittelbare Umsetzung verlangten.

Dennoch kann man zur Bewertung des Potsdamer Abkommens als Bestandteil der US-Au-ßenbzw. Deutschlandpolitik nicht umhin festzustellen, daß es eher den Tendenzen von Jalta und den Entindustrialisierungsplänen Morgenthaus Rechnung trägt als den Intentionen der „Truman-Doktrin" und des Marshall-Planes. Diese Tendenz spiegelt sich auch in dem vom alliierten Kontrollrat festgelegten Industrieplan vom 28. März 1946 (Level of in-dustry plan) wider, der einen Abbau der industriellen Produktion auf ein Niveau von 50 bis 55% des Standes von 1938 vorsah

Der offizielle Bruch in den Beziehungen der beiden Hauptbesatzungsmächte erfolgte erst im Verlauf der Pariser Außenministerkonferenz (25. April bis 19. Mai 1946 und 15. Juni bis 12. Juli 1946), in deren Verlauf der US-Militär-gouverneur General Clay am 3. Mai die Einstellung aller Reparationslieferungen aus der amerikanischen Zone an die UdSSR anordnete

Die nun folgenden Schritte zur Bildung der Bizone mit all ihren April bis 19. Mai 1946 und 15. Juni bis 12. Juli 1946), in deren Verlauf der US-Militär-gouverneur General Clay am 3. Mai die Einstellung aller Reparationslieferungen aus der amerikanischen Zone an die UdSSR anordnete 23).

Die nun folgenden Schritte zur Bildung der Bizone mit all ihren wirtschaftlichen und politischen können nicht als Konsequenzen jedoch Ergebnis eines aktuellen besatzungspolitischen Konflikts zwischen den USA und der UdSSR gesehen werden. Sie sind vielmehr das Aufbrechen der prinzipiellen antagonistischen Gegensätze der Gesellschaftssysteme und Ausdruck der Veränderungen in der amerikanischen Außenpolitik, die sich bereits 1945 andeuten 24). Der Weg zur Schaffung der Voraussetzungen für einen separaten Staat, der die Westzonen umfaßt, war damit in der US-Politik offensichtlich geworden. Mit der Rede des US-Außenministers Byrnes am 6. September 1946 in Stuttgart war die weitere

Entwicklung in dieser Richtung auch offiziell abgesteckt 25).

Neben diesen deutschlandpolitischen Entwicklungen und Konstellationen innerhalb der Besatzungsmächte sind die Voraussetzungen und Bedingungen der Entstehung des Marshall-Planes und die Veränderungen in der amerikanischen Außen-und Deutschland-politik in engem Zusammenhang mit der inneren Situation im besetzten Deutschland und in den durch den Krieg geschädigten anderen europäischen Ländern zu sehen.

Die völlig unzureichende Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln, Wohnraum, Sozial-und Krankenfürsorge, die hohe Arbeitslosigkeit und die Flüchtlingsbewegung bei gleichzeitig weitgehender Lähmung des öffentlichen Verkehrswesens und nur sehr zögernder Ingangsetzung von lebensnotwendigen industriellen Produktionsbereichen schufen eine Situation aussichtslosen Massen-elends, dem die Besatzungsmächte von ihren eigenen damaligen ökonomischen Möglichkeiten her — mit Ausnahme der USA — nur sehr wenig entgegenzusetzen vermochten Im politischen Bereich gab es als Reaktion auf die Ursachen und die Politik des Faschismus und trotz der desolaten wirtschaftlichen Situation zunächst eine starke Dominanz sozialistischer Neuordnungsforderungen die eine — wenn auch unterschiedliche — Umgestaltung der wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse zum Ziel hatten. Auch in anderen europäischen Ländern, z. B. in Italien und in Frankreich, war eine deutliche Verstärkung des Einflusses der Arbeiterparteien zu verzeichnen, und in Großbritannien erfolgte eine Ablösung der konservativen Regierung durch die Labour Party Diese Konstellationen in Westeuropa mußten für die Vereinigten Staaten — nach ihrem eigenen weltpolitischen Anspruch, der Zuspitzung des Ost-West-Verhältnisses und ihrer dominanten Stellung als Besatzungsmacht in Deutschland — zwangsläufig zu neuen Überlegungen führen, um ihren Einflußbereich zu stabilisieren, zu erweitern und abzuschirmen gegen Einflüsse der Sowjetunion und diesen. auch im Inneren gegen kom-munistisch-sozialistische Entwicklungen zu immunisieren

Zwangsläufig kam dabei Deutschland bzw.den Westzonen eine Schlüsselrolle als Nahtstelle der Systemauseinandersetzung eine besondere Bedeutung zu — ebenso, wie sich gerade hier die westliche Führungsrolle der USA unter den politischen Vorzeichen Trumanscher Außenpolitik einzulösen hatte. Während Großbritannien infolge von Verschuldung, umfangreichen Kreditersuchen und der eigenen völlig desolaten Wirtschaftssituation diesem Dominanzanspruch der USA in der deutschen Besatzungspolitik nichts entgegen-zusetzen vermochte betrieb Frankreich mit dezidiert nationalen Interessen zunächst noch in vielen Entscheidungen eine eigenständige Politik gegenüber den USA

III. Der Marshall-Plan als Bestandteil der US-Außenpolitik

Tabelle 2

Den Auftakt zur Entwicklung eines Auslands-programms der USA gab die Nachkriegsentwicklung in Griechenland und die strategische Rolle der Türkei. Insbesondere in Griechenland hatten sowohl in der letzten Kriegs-phase als auch in der Nachkriegszeit diejenigen politischen Kräfte zunehmend an Einfluß gewonnen, die eine sozialistische Entwicklung Griechenlands anstrebten Während zunächst Großbritannien mit wirtschaftlicher Hilfe und militärischem Engagement dem entgegenwirkte, beschloß die Labour-Regierung im Frühjahr 1947 den Rückzug ihrer Truppen. In dieser Situation sahen sich die USA veranlaßt, Maßnahmen in die Wege zu leiten, um in Griechenland ein feudales Regime an der Macht zu erhalten, das die Gewähr dafür bot, einen kommunistisch-sozialistischen Sieg im Bürgerkrieg zu verhindern und dies mit militärischen und politischen Mitteln durchzusetzen, wofür eine finanzielle Basis nur über Auslandsunterstützung erreichbar war

Das beabsichtigte finanzielle Engagement im inneren Konflikt Griechenlands und mit strategischen Absichten in der Türkei war der Anlaß für die bekannte Botschaft Trumans an den amerikanischen Kongreß am 12. März 1947 In dieser Rede wurden die veränderten Aspekte der US-Außenpolitik, zusammengefaßt unter der „Truman-Doktrin", in aller Deutlichkeit verkündet Wenngleich es hier zunächst nur um Griechenland und die Türkei zu gehen schien, so war die dortige Situation doch nur ein exemplarischer Anlaß dafür, daß der Kern der amerikanischen Außenpolitik künftig darin bestehen würde, überall dort in der Welt, wo der Einfluß des Kommunismus in einem Lande zum bestimmenden politischen Faktor zu werden drohte, dies entsprechend den jeweiligen Bedingungen mit wirtschaftli chen, politischen und auch militärischen Mitteln zu verhindern, um ihren Einflußbereich mit einer Politik der „Eindämmung" zu sichern

Bereits kurze Zeit nach der Trumanschen Botschaft an den Kongreß skizzierte Marshall am 5. Juni 1947 in der berühmten Rede vor dei Harvard Universität seine Vorstellungen füi ein europäisches Hilfsprogramm, in der stark der Aspekt der uneigennützigen Wirtschaftshilfe der USA für die Gesundung der europäischen Wirtschaft herausgestellt wird, gleichzeitig aber auch die politischen Intentionen des Planes benannt werden: „In Wahrheit liegt die Sache so, daß Europas Bedarf an ausländischen Nahrungsmitteln und anderen wichtigen Gütern — hauptsächlich aus Amerika — während der nächsten drei oder vier Jahre um so viel höher liegt als seine gegenwärtige Zahlungsfähigkeit, daß beträchtliche zusätzliche Hilfeleistungen notwendig sind, wenn es nicht in einen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Verfall sehr ernster Art geraten soll." Marshall betonte, daß die Aufstellung des Planes, für den die USA die Mittel zur Verfügung stellen würden, „Sache der Europäer selbst" sei. „Die Initiative muß von Europa ausgehen." Zur Problematik einer Beteiligung bzw. Form der Mitwirkung Deutschlands äußerte sich Marshall hier noch nicht.

Im Verlauf der Pariser Außenministerkonferenz vom 27. Juni bis 2. Juli 1947 kam es zu einer weiteren Verschärfung der Konfliktsituation zwischen den USA und der UdSSR, u. a. wegen des Marshall-Planes. Der sowjetische Außenminister Molotow trug die ablehnende Haltung der UdSSR vor und begründete diese insbesondere mit der Gefahr der westeuropäischen Blockbildung, die in dem Plan angelegt sei In der Folgezeit wurde in einer Reihe von Verhandlungen und Konferenzen das Programm und seine Durchführung diskutiert und konkretisiert Vom 12. Juli bis 22. September 1947 tagte in Paris die „Konferenz für wirtschaftliche Zusammenarbeit in Europa".

Die Vertreter der 16 Teilnehmerstaaten: Großbritannien, Frankreich, Belgien, Niederlande, Luxemburg, Dänemark, Norwegen, Schweden, Irland, Österreich, Italien, Griechenland, Portugal, Schweiz, Island und die Türkei erarbeiteten in langwierigen Verhandlungen Vorschläge für ein westeuopäisches Wirtschaftsprogramm, um dies den Vereinigten Staaten zur Durchführung zu unterbreiten Deutschland nahm an der Konferenz nicht teil. Die drei Oberbefehlshaber der Westzonen konnten den gleichen Fragebogen wie die übrigen Teilnehmerländer der Konferenz einreichen. Die Aufnahme Deutschlands, vertreten durch die drei Militärregierungen der Westzonen, in den Kreis der Teilnehmerstaaten erfolgte erst im Verlauf der 2. Vollversammlung der CEEC-Länder (Committee on European Economic Cooperation) am 15. /16. März 1948 in Paris Die bis dahin vollzogene Wandlung in der Behandlung der Deutschlandfrage wird aus dem Beitrag des französischen Außenministers Bidault deutlich, der als erster Außenminister sprach und die Einbeziehung Westdeutschlands forderte: „Auch Deutschland, das durch jahrhundertealte Konflikte von uns geschieden ist, muß seinen Platz in der Einheit haben, die wir errichten wollen, ohne daß ihm ein Vorrang eingeräumt wird. Deutschland sollte, wohlverstanden, in der gegenwärtigen Phase durch Delegierte der Oberkommandierenden in den westlichen Zonen vertreten sein." Der Konferenzbeschluß, Deutschland zu beteiligen und deutsche Sachverständige zuzulassen, wurde am 17. März 1948 dem Zweizonen-Wirtschaftsrat mitgeteilt, der die Einrichtung einer besonderen Abteilung zur Durchführung des ERP beschloß

Der Konstituierungsprozeß des ERP fand seinen vorläufigen Abschluß in dem vom amerikanischen Kongreß gebilligten „Gesetz für wirtschaftliche Zusammenarbeit von 1948" vom 3. April 1948 In der Präambel dieses Gesetzes spiegelt sich das Ergebnis der inneramerikanischen Diskussion um das Hilfsprogramm wider, in der eine deutlichere Akzentuierung der spezifischen amerikanischen Interessen zum Ausdruck gebracht wird: „Ein Gesetz zur Förderung des Weltfriedens und der allgemeinen Wohlfahrt der nationalen Interessen und der auswärtigen Politik der Vereinigten Staaten durch wirtschaftliche, finanzielle und andere Maßnahmen, die zur Aufrechterhaltung der Verhältnisse im Ausland notwendig sind, wo freiheitliche Einrichtungen weiterbestehen sollen, und die dem Gedanken der Erhaltung der Macht und Stabilität der Vereinigten Staaten entsprechen. Mögen Senat und Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten von Amerika, im Kongreß vereinigt, beschließen, daß dieses Gesetz als Auslandshilfsgesetz von 1948'bezeichnet wird." In den folgenden 25 Artikeln des Gesetzes wird diese allgemeine Zielsetzung für das Wirtschaftsprogramm konkretisiert. Die starke Betonung der nationalen Interessen und der Stabilisierung der Weltmacht USA in der Präambel des Gesetzes stellen den direkten Bezug zu den im März 1947 verkündeten Trumanschen Prinzipien der Außenpolitik her.

In der Diskussion in den USA um die wirtschaftlichen Auswirkungen des ERP gab es heftige Kontroversen, deren wesentliche Positionen sich wie folgt charakterisieren lassen: „Gegen die Gewährung der Auslandshilfe wird angeführt, sie stelle eine untragbare Belastung für die amerikanische Wirtschaft dar, sie verhindere ihre weitere Entwicklung, die für Amerikas Stellung in der Welt und als Basis für seine militärische Macht unerläßlich sei; sie schaffe für die amerikanische Exportindustrie eine Konkurrenz im Ausland, für die der Faktor Arbeit billiger sei; sie belaste den amerikanischen Steuerzahler so stark, daß die Initiative, mehr zu produzieren und mehr zu verdienen, gelähmt sei; sie trage zur Steigerung der Inflation bei."

Dieser engstirnigen Betrachtungsweise, die das Ausmaß der krisenhaften Entwicklung der USA in der Folge des Krieges, die notwendigen Umstrukturierungen der gewaltig expandierten Kriegsindustrie, die Probleme der Eingliederung des Millionen zählenden militärischen Personals in den Produktionsprozeß sowie die Arbeitslosigkeit unterschätzte, standen die Gegenargumente derjenigen gegenüber, die realistisch einschätzten, daß die Wirtschaftsprobleme der USA entscheidend positiv beeinflußt würden, wenn eine außen-wirtschaftliche Konjunktur mit neuen, expandierenden Absatzmärkten ermöglicht werden könnte: „Die Befürworter der Auslandshilfe argumentieren, die Auslandshilfe fördere die Konjunktur und vermindere die Arbeitslosigkeit; sie sei ein notwendiger Ausgleich für die hohe Produktivität der amerikanischen Wirtschaft einerseits und die Dollarknappheit im Ausland andererseits; sie fördere den amerikanischen Export und erschließe neue Exportmärkte, sie sichere der amerikanischen Industrie neu Rohstoffquellen und . strategische’ Güter-, andere wieder meinen, sie sei ein . Surplus Disposal Program', eine Methode, di Überschüsse der amerikanischen Wirtschaft loszuwerden, und damit eine Form des . Dumping'; sie sei ein Programm zur Stützung der unter Absatzschwierigkeiten leidenden amerikanischen Wirtschaftszweige."

Dieser von Wirtschaftsinteressen begründete Standpunkt steht in vollem Einklang mit dem dominierenden politischen Interesse, mit wirtschaftlichen Mitteln diejenigen politischen Ziele zu realisieren, wie sie in der , Truman-Doktrin’ und dem ERP-Gesetz festgelegt sind. Gerade in der Verknüpfung des ökonomischen und Politischen in der Begründung des ERP liegt das zentrale Moment dafür, einerseits innerhalb der USA ihre Großmachtinteressen in Europa und in der ganzen Welt politisch ohne relevante Gegenpositionen zu begründen und andererseits den wirtschaftlichen Hilfsaspekt als zentrales Anliegen der USA gegenüber den Empfängerländern und deren Bevölkerung zu betonen, unter weitgehender Ausklammerung der politischen Intentionen.

Das Ziel der Maßnahmen, mit einer „Stabilisierungspolitik" die entsprechenden Länder im fortschreitenden Kalten Krieg fest in das westliche Bündnis einzubauen, war zu diesem Zeitpunkt zumindest auf dem europäischen Konti-nent wirksam nur mit ökonomischen Mitteln möglich, deren Perspektive auch von Anfang an die militärische Bündniskomponente einschloß In der Ost-West-Auseinandersetzung als Konfrontation gegensätzlicher Gesellschaftssysteme war der Einsatz ökonomischer Hilfe dabei auf den Kern der politischen Frage gerichtet: „Bezogen auf die USA bedeutet Stabilisierungspolitik die Gewinnung bzw.den Ausbau von ökonomischen und politischen Einflußmöglichkeiten zur Erhaltung eines freien, kapitalistisch-marktwirtschaftlichen Wirtschaftssystems — sowie einer dominanten Stellung darin — und einer Gesell-schaftsordnung auf bürgerlich-liberaldemokratischer Grundlage."

Knapp kommt in der Gesamtwertung der Motive der USA hinsichtlich des Marshall-Plans zu dem Ergebnis, daß es sich um eine „Stabilisierungspolitik zur Erhaltung und Sicherung eines kapitalistischen Weltwirtschaftssystems" handelt: „Es steht außer Zweifel, daß die USA mit dem Marshallplan Ziele verfolgten, die eo ipso auf antikommunistische Wirkungen hinausliefen und durchaus auf politisch-ökonomische Stabilisierung im Sinne von Containment-Politik abgestellt waren.“

IV. Westdeutschland im ERP

Tabelle 3 Quelle: Wiederaufbau im Zeichen des Marshall-Planes, a. a. O., S. 158

Einen besonderen Stellenwert in den Debatten um die Entstehung und Konzipierung des Marshall-Plans nimmt die Frage der Einbeziehung Westdeutschlands in den Plan und seine Rolle in der außenwirtschaftlichen und außen-politischen Strategie der USA in diesem Zusammenhang ein. Während in den ersten offiziellen Bekundungen der USA und in den Gesprächen der Teilnehmerstaaten eine deutsche Beteiligung von untergeordneter Bedeutung erscheint, kann aus der Logik des amerikanischen Interesses im besetzten Deutschland und dessen zentraler Stellung in Europa kaum angenommen werden, daß diese Frage als nebensächlich in der ERP-Diskussion gelten konnte. Daß von Seiten der Regierung der Vereinigten Staaten von Anfang an eine deutsche Beteiligung außer Frage stand, ja eine zentrale Bedeutung im Gesamtkonzept der außenpolitischen Strategie der , Truman-Doktrin'zukam, steht inzwischen in der historischen Forschung fest.

John Gimbel ist einer der exponiertesten Vertreter dieser Position. Er kommt aufgrund präziser Kenntnisse der inneramerikanischen Verhältnisse und der Aufarbeitung umfangreicher Quellen zu dem Ergebnis, „daß die anfängliche Planung Marshalls einen wichtigen Anstoß erhielt durch die Suche nach einem Weg für den raschen Wiederaufbau in Deutschland, der die Subventionen der Vereinigten Staaten und Großbritanniens für Deutschland direkt und unmittelbar für andere europäische Länder überflüssig machen würde. ... Die große Leistung bestand darin, daß er den allgemeinen Wiederaufbau Europas, und nicht Deutschland für sich allein, in den Brennpunkt rückte. Seine Argumentation zugunsten Europas versetzte Washington in die Lage, den Wiederaufbau Deutschlands voranzutreiben, ohne dabei jede Veränderung der Politik, die für die wirtschaftliche Erholung Deutschlands so dringend erforderlich war, in Begriffen rechtfertigen zu müssen, die sich auf das bezogen, was in Deutschland geschah oder früher geschehen war."

Obwohl bei Gimbel eine Tendenz dazu anklingt, die europäische Ausdehnung des Marshall-Plans lediglich als Vehikel für ein deutsches Aufbauprogramm zu sehen, ist der Nachweis unbestreitbar, daß Westdeutschlands Einbeziehung von Anfang an für die USA entscheidende Bedeutung bei der Realisierung des Programms hatte

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach den primär politischen oder wirtschaftlichen Zielsetzungen der USA mit dem ERP in besonderer Weise. Auch dazu werden gerade in neueren Forschungsergebnissen differen-zierte Antworten gegeben, deren Tendenz darin besteht, die politischen Implikationen der Vereinigten Staaten stärker zu gewichten als die ökonomische Funktion der Lieferungen und Kredite Wenngleich die Herausarbeitung der jeweiligen politischen wie auch ökonomischen Intentionen und Zweckentsprechungen der Mittel, um bestimmte Ziele zu realisieren, sowie die konkreten Leistungen und Erfolge des ERP für die Erhellung der Hintergründe unerläßlich sind, so besteht doch der Kern des Programms gerade in der Einheit der politischen und wirtschaftlichen Inhalte und Ziele. Die nicht auflösbare Verknüpfung von außenpolitischen Zielen der USA hinsichtlich der innenpolitischen Entwicklung Westdeutschlands und der anderen europäischen Länder, deren primärem Bedürfnis an wirtschaftlicher Unterstützung und der politisch-ökonomischen Wirkung wirtschaftlicher Hilfsmaßnahmen bilden das Gesamtkonzept, welches schließlich den Erfolg des Marshall-Planes bewirkte

Im Vergleich zu der Bedeutung des Marshall-Planes für die Nachkriegsentwicklung Deutschlands nimmt die Diskussion in der Öffentlichkeit wie auch in den politischen und gesellschaftlichen Organisationen nur ein verhältnismäßig geringes Ausmaß an. In der sowjetisch besetzten Zone lehnte die SED in Übereinstimmung mit der Besatzungsmacht UdSSR den Marshall-Plan wegen der Gefährdung der Einheit Deutschlands, restaurativer innenpolitischer Entwicklung und der Gefahr einer europäischen Blockbildung ab Innerhalb der Westzonen war in der CDU und der CSU eine positive Haltung zum Marshall-Plan unumstritten. Die starke Akzentuierung in den ersten programmatischen Dokumenten der CDU gegen „das kapitalistische Gewinn-und Machtstreben" für die Sozialisierung zentraler Industriebereiche und eine „Planung und Lenkung der Wirtschaft" wurde auch programmatisch innerhalb von zwei Jahren durch ein prinzipielles Bekenntnis zur Marktwirtschaft abgelöst, also einer Wirtschaftsordnung auf der Grundlage privater Wirtschaftsinitiative, privaten Eigentums an den Produktionsmitteln und der privaten Verfügung darüber

In den Düsseldorfer Leitsätzen heißt es: „Der Marshall-Plan (ERP) wird von uns bejaht. ... Ohne den zusätzlichen Kapitalstrom des Marshallplanes (ERP) müßte das deutsche Volk an der Möglichkeit einer wirtschaftlichen Erholung verzweifeln." Hier klingen lediglich Bedenken an, der Marshall-Plan sei mit „planmäßig(en) Ansätze(n)" im europäischen Rahmen angelegt: „Es muß aber dafür gesorgt werden, daß aus dem Verfahren heraus die Funktionsfähigkeit der Marktwirtschaft nicht über das notwendige Maß hinaus gestört wird und daß Deutschland dabei als gleichberechtiger Partner in das Gesamtgefüge der europäischen Volkswirtschaft eingeordnet wird." Das vorherrschende Argument für den-Marshall-Plan in der CDU war die Einschätzung, daß ohne diese Hilfe eine wirtschaftliche Erholung Deutschlands kaum möglich wäre. So auch Hermann Pünder (CDU), ab 1948 Vorsitzender des Verwaltungsrates des Vereinigten Wirtschaftsgebietes: „Allen unseren Bemühungen wäre die Frucht versagt geblieben, wenn nicht ein starker Arm von jenseits des Meeres uns gestützt hätte. Der Marshall-Plan, das große wirtschaftliche Hilfswerk der westlichen Welt, in dem zum erstenmal die Solidarität der in Freiheit, De-mokratie und Kultur verbundenen Völker der Erde ihren ökonomischen Ausdruck findet, ist in weitem Maße die Grundlage auch unserer wirtschaftlichen Planungen und Hoffnungen." Es wurde allerdings auch gesehen — beispielsweise von Konrad Adenauer —, daß die Hilfe „nicht nur aus humanitären Erwägungen erfolgte, sondern zu einem großen Teil eine Frage der Selbsterhaltung der Vereinigten Staaten sei"

Insgesamt mußten sich der Marshall-Plan und auch andere Maßnahmen der amerikanischen Besatzungsmacht hinsichtlich der wirtschaftspolitischen Entwicklungen zur Festigung der marktwirtschaftlichen Ordnung in Westdeutschland für die CDU als stabilisierender und unterstützender Faktor auswirken

Die FDP erhob von ihrer Gründung an die Forderung nach einer freien Wettbewerbswirtschaft und für privates Eigentum an den Produktionsmitteln Aus diesem Selbstverständnis heraus resultierte auch eine positive Haltung zum Marshall-Plan, denn sie ging davon aus, „daß Deutschland ohne die Lieferungen der angelsächsischen Besatzungsmächte seine Wirtschaft nicht wieder aufbauen kann" Die Bejahung des Marshall-Plans wurde von der FDP in den Zusammenhang gestellt, „daß Deutschland den Marshall-Plan unter den gleichen Bedingungen wie die anderen Länder durchführen kann" Der Bremer-Parteitag der FDP 1949 sah den Erfolg der amerikanischen Wirtschaftshilfe durch die „rücksichtslosen Demontagen" in Frage gestellt: „Das Ziel des Marshallplanes, unter großen Opfern der amerikanischen Steuerzahler bis zum Jahre 1952 eine freie und wieder zahlungsfähige europäische Wirtschaft herzustellen, wird gefährdet."

Für die SPD war die Bewertung des Marshall-Planes nach ihrem eigenen Selbstverständnis mit einer Reihe von Problemen verbunden. Ihren Forderungen nach einer sozialistischen Neuordnung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse und der Überwindung der kapitalistischen Wirtschaft durch Sozialisierung der zentralen Produktionsbereiche sowie der Planung und Lenkung der Wirtschaft nach dem gesellschaftlichen Bedarf stand eine amerikanische Wirtschaftshilfe gegenüber, deren präjudizierender Charakter für die Wirtschaftsordnung Westdeutschlands offenkundig war.

Auf ihrem Nürnberger Parteitag 1947, der wenige Wochen nach der Marshall-Rede stattfand, nahm die SPD erstmals zu dem Plan für ein europäisches Hilfsprogramm Stellung Kurt Schumacher formulierte in seiner Rede „Deutschland und Europa" die erste Stellungnahme der Partei: „Die Verantwortung für die Millionen Hungernder schreibt uns vor, diese große Initiative nicht zu entmutigen. Die Pflicht aller demokratischen Sozialisten in jedem europäischen Lande ist unserer Ansicht nach, diese Hilfe mit guten und stichhaltigen Argumenten zu begrüßen und zu dieser Hilfe zu sagen, wie sie sich auf das Europäertum und auf die spezielle Situation jedes europäischen Landes erstrecken sollte. Diese amerikanische Hilfe zwingt die Völker Europas, sich untereinander anzunähern." Unter Hinweis auf die selbständige Vertretung Deutschlands bei den Pariser Besprechungen wird in der wirtschaftlichen Resolution des Parteitages die Forderung erhoben, daß „Deutschland als ein vollwertiger Faktor und nicht als Objekt eingeschaltet werden" muß. Die Aussagen Marshalls interpretiert Schumacher so: „Er sagte damit, daß hier nicht versucht wird, Europa etwa das ökonomische und gesellschaftliche Vorbild der Vereinigten Staaten aufzuzwingen. Er sagte damit, daß ökonomisch und politisch die beste Sicherung Amerikas für die Zukunft ein gesundes, kaufkräftiges, im Politischen und Wirtschaftlichen lebendiges Europa ist." Im Grundsätzlichen wurden auf diesem Parteitag keine unterschiedlichen Positionen zu der von Schumacher geäußert.

Im weiteten Verlauf der Diskussion 1947/48 werden kritische Aspekte gegenüber dem Marshall-Plan benannt bei gleichzeitiger, unverändert positiver Haltung zu der gesamten Initiative. Nicht zuletzt die innergewerkschaftliche Diskussion dürfte sich hier auf die Argumentation der SPD ausgewirkt haben. Die frühe, eindeutige Festlegung der SPD für den Marshall-Plan wird von Wenzel Jaksch wie folgt begründet: „Auf der Pariser Konferenz hatten westeuropäische und skandinavische Länder die Initiative, in deren Regierungen sozialdemokratische Parteien teils führend, teils maßgebend vertreten sind. Damit kam bereits eine Vorentscheidung der westund nordeuropäischen Sozialdemokratie zugunsten des Marshall-Plans zum Ausdruck.

Die deutsche Sozialdemokratie hätte bei freier Entscheidung keine andere Wahl treffen können" da sie noch mit weitaus größeren Problemen (Hunger, Verelendung) in ihrem Lande zu tun habe.

Vor diesem Hintergrund von präjudizierenden Vorentscheidungen, denen sich weder die SPD noch die Gewerkschaften entziehen konnten und wollten, wird in der weiteren Argumentation die Bedingung an den MarshallPlan geknüpft: „Das deutsche Volk muß aber das Recht haben, über seine zukünftigen Wirtschaftsformen selbst zu entscheiden." Dazu wird von Gert von Eynern festgestellt, daß „der vieldeutige Marshall-Plan nicht nur als außen-politische Aktion, nicht nur als caritative Handlung von weltweitem Ausmaß, nicht nur als fortschrittliche Form internationaler Wirtschaftsplanung aufzufassen (ist), sondern zugleich als ein Mittel zur Rettung des kapitalistischen Wirtschaftssystem"

In diesem Zusammenhang ist die Stellungnahme des damals in den USA lebenden Fritz Sternberg zu dem wichtigen Unterschied der Lage Westdeutschlands gegenüber den anderen westeuropäischen Länder interessant: „Es (Deutschland, E. O.) hat etwa den Status einer Halb-Kolonie... In allen anderen Ländern Westeuropas haben es die Vereinigten Staaten mit souveränen Regierungen zu tun; sie können keine Befehle erteilen, was mit den Geldern des Marshall-Plans geschehen soll. In Deutschland ist die Lage anders. Hier sind die Vereinigten Staaten zugleich Quelle wirtschaftlicher Hilfe, Leiter ihrer Verteilung und die wirkliche Regierungsmacht, die für den Erfolg oder Mißerfolg der Bemühungen verantwortlich ist. Es kann keinen Streit darüber geben, daß diejenigen, die amerikanische Politik für und in Deutschland leiten, den Versuch machen, das Land auf der Grundlage des Privatkapitalismus wiederaufzubauen. In England und Frankreich mögen sie noch so viele politische Hindernisse vorfinden und sich vielleicht mit ihnen abfinden, aber in Deutschland werden sie nicht erlauben, daß ihnen solche Hindernisse im Weg stehen." Die inneramerikanischen Diskussionen um den Marshall-Plan, in denen u. a. Tendenzen und Forderungen zur zusätzlichen militärstrategischen Nutzung Westeuropas und insbesondere Deutschlands erhoben werden, wirken ebenfalls in die sozialdemokratische Diskussion hinein: „Andere amerikanische Kreise wollen politische Bedingungen an die USA-Hilfe knüpfen, angefangen von der Forderung des Abgeordneten Dewey, die Marshall-Plan-Länder sollen eine Militärallianz abschließen bis zur Forderung Baruchs und anderer Abgeordneter, die USA sollen Stützpunkte in Europa als Gegenleistung für ihre Hilfe fordern. Andere Abgeordnete fordern ein Verbot der Sozialisierung in den Ländern, die USA-Hilfe erhalten. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Mitteilung, daß der frühere Direktor des Verwaltungsamtes in Minden, Dr. Rudolf Müller, sich im Einverständnis mit General Clay nach Amerika begeben soll, um seine privatkapitalistischen Ansichten zur Geltung zu bringen. Danach sollen die USA die Marshall-Hilfe nicht den europäischen Regierungen geben, sondern unmittelbar den Privatunternehmen, .denn wenn man von dem Verstaatlichungssystem loskommen und die Pläne des Kommunismus bekämpfen wolle, dürfe man die finanzielle Hilfe nicht über Behörden leiten, die eine Planwirtschaft beabsichtigen'." Schon am 6. Dezember 1947 versuchte Schumacher in einer Rede in Stuttgart, Bedenken in dieser Richtung zu zerstreuen: . Aber interessant ist, daß vor 14 Tagen die maßgebenden amerikanischen Staatssekretäre des Ministers Harriman und Minister Marshall vor dem Kongreß in Washington erklärt haben, daß die Marshallplanhilfe ohne Bedingungen, ohne Verbot der Sozialisierung gegeben werden soll. An diese Worte wollen wir uns halten."

Die politischen Intentionen des Marshall-Plans wurden in der SPD deutlich erkannt — so von Willi Eichler, der bereits im August 1947 feststellte: „Das eigentliche Hauptinteresse Amerikas an dieser Aktion ist zunächst ein rein politisches: die Einflußsphäre der Russen einzudämmen und zurückzudrängen. Und dabei ist die wirkliche Mitarbeit Europas nötig." In Kenntnis dieser Funktion wird der Marshall-Plan in der Deutschlandpolitik der SPD Bestandteil der „Anschlußkonzeption“ bzw. „Magnettheorie" und von Schumacher darin eingebaut: „Wenn nun Frankfurt (gemeint ist der Frankfurter Wirtschaftsrat, E. O.) einen tieferen Sinn bekommen soll, wäre es nur der, dieses Instrument so stark zu machen, um es später auf einer Grundlage der Sozialdemokratie zum entscheidenden Faktor zu machen und politisch und ökonomisch so zu gestalten, daß von diesem Gebiet ein unwiderstehlicher Magnetismus auf die anderen Teile Deutschlands ausgeht. Und dieser Magnetismus soll durch den Marshall-Plan erreicht werden. Wir können uns keine andere Möglichkeit der rein physischen und wirtschaftlichen Existenz Deutschlands ohne die Realisierung des Marshall-Plans denken."

In der SPD verlief die Diskussion um den Marshall-Plan ohne prinzipielle Kontroversen auf einem breiten Konsens der Zustimmung mit lediglich unterschiedlichen Akzentuierungen in Einzelfragen. Erst ab April 1948 beschäftigten sich offiziell der Wirtschaftspolitische Ausschuß und weitere wirtschaftspolitische Fachleute konkret mit den Auswirkungen des Marshall-Plans für Deutschland Ein Hauptdiskussionspunkt war dabei das Problem der Demontagen, die als unvereinbar mit dem Marshall-Plan angesehen wurden. Dazu war bereits Ende 1947 eine umfangreiche Stu-die erarbeitet worden, die eine Einstellung der Demontagen fordert und sich gegen die vorliegenden: Demontagepläne wendet Differenzen gab es zunächst in der SPD lediglich um die Höhe des Marshall-Plan-Anteils für Westdeutschland, die jedoch relativ folgenlos blieben

Die Entscheidung der SPD für den Plan war eine zwangsläufige Konsequenz aus ihrer Westorientierung 1947/48 und der Priorität ihrer Arbeit zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung, die sie ohne fremde Hilfe als kaum möglich ansah, gegenüber grundsätzlichen ökonomischen und politischen Neuordnungsaktivitäten, was in ähnlicher Weise auch für die Entscheidung der deutschen Gewerkschaften gilt Der Kampf gegen Hunger und Elend mußte als wichtigste Tagesaufgabe gelten. Doch dies hatte nicht zwingend zur Folge, daß dabei Initiativen für gesellschaftliche Veränderungen aufgegeben werden mußten. Eine Verbindung der Aktivitäten für materielle Verbesserungen und die Durchsetzung von Neuordnungsfakten ist der SPD in der Nachkriegsentwicklung und insbesondere in der Frage des Marshall-Plans nicht gelungen. Darin liegt ein wesentliches Moment dafür, daß dieser ohne jede Modifikation als unterstützender Faktor für die CDU/CSU bei der Durchsetzung der marktwirtschaftlichen Ordnung wirksam werden konnte.

Eine Ablehnung des Marshall-Plans wegen der von den USA mitintendierten Motive bezüglich des politischen und wirtschaftlichen Systems in Westdeutschland wäre auch bei umfassender öffentlicher Diskussion in großen Teilen der Bevölkerung auf Unverständnis gestoßen. Die Gegenargumentation, daß diese Ablehnung eine Verhinderung von Hilfeleistungen gegen Hunger und Not sei, hatte unter den damaligen extremen schlechten Lebensbedingungen weitaus größere Popularität als die Argumentation mit der Verhinderung restaurativer Einflüsse auf das künftige deutsche Wirtschaftssystem.

Diese Erwägungen spielten in der Gewerkschaftsdiskussion eine zentrale Rolle, wo es zu heftigen und folgenschweren Auseinandersetzungen um den Marshall-Plan kam, in geringerem Maße auch unter den europäischen sozialistischen und sozialdemokratischen Parteien Für die SPD dürfte die Teilnahme westeuropäischer sozialdemokratischer Regierungen am ERP und deren Befürwortung des Marshall-Plans ein entscheidender Faktor für ihre Haltung gewesen sein

Innerhalb der Gewerkschaften der westlichen Besatzungszonen gab es in der ersten Konzipierungsphase des Marshall-Plans zunächst erhebliche Bedenken bis hin zur Ablehnung des Programms. Dies resultierte aus der Erkenntnis, die in ähnlicher Weise auch auf die SPD zutraf: „Akzeptierten sie den Plan als Ganzes, so mußte ihnen klar sein, daß es mit ihren Vorstellungen für eine fundamentale Neuordnung der Wirtschaftsund Besitzverhältnisse ein für allemal vorbei war." In der ersten Stellungnahme des DGB (brit. Zone) wurde einerseits das wirtschaftliche Hilfsprogramm begrüßt und andererseits betont, daß eine Einschränkung der gewerkschaftlichen Forderungen zur Neuordnung der Wirtschaft damit nicht verbunden sein dürfte In dieser Situation, in der die Ankündigung des europäischen Hilfsprogramms als Rettung aus der Not mit einem großen öffentlichkeitswirksamen Aufwand betrieben wurde, waren auch die Gewerkschaften in einer schwierigen Lage. Votierten sie gegen das ERP wegen der Gefährdung ihrer Neuordnungsvorhaben, so konnte sich dies leicht von ihren Gegnern demagogisch in eine Ablehnung der dringend benötigten Hilfsgüter publikumswirksam um-deuten lassen. Gleichzeitig mußte aber auch Klarheit darüber bestehen, daß bei einer Annahme des Marshall-Plans ihre Sozialisierungsforderungen nicht mehr realisierbar wären. Von besonderem Gewicht für Haltung und Entscheidung der Gewerkschaften der westlichen Besatzungszonen hinsichtlich des ERP dürften die Ergebnisse der internationalen Gewerkschaftskonferenz in London vom 9. bis 10. März 1948 gewesen sein, an der Vertreter der Gewerkschaften aus 13 Marshallplanländern teilnahmen Hier wurde beschlossen: „Die auf unserer Konferenz vertretenen Gewerkschaften erklären sich entschieden für die Unterstützung des Hilfsplans."

Die Auseinandersetzung innerhalb des DGB (brit Zone) um ein Für oder Wider zum Marshall-Plan verschärfte sich weiter, bis schließlich der Bundeskongreß in Recklinghausen vom 16. bis 18. Juni 1948 grundsätzlich für den Marshall-Plan votierte Hans Böckler, Vorsitzender des DGB (brit Zone), begründete in einem ausführlichen Referat die positive Haltung zum ERP in erster Linie mit der Notlage in Deutschland, in der jede ausländische Hilfe angenommen werden müsse, um die deutsche Wirtschaft wieder in Gang zu bringen In bezug auf die Einflüsse der USA bei der Gestaltung der Wirtschaftsordnung in Westdeutschland und im Hinblick auf die Realisierung diesbezüglicher Gewerkschaftsforderungen argumentierte Böckler: . Aber verringern wir diese Absichten in Amerika, wenn wir ablehnen, uns am Marshall-Plan zu beteiligen? Hat Amerika nicht die Möglichkeit, auch ohne Beteiligung der Westzone auf die Erhaltung der großkapitalistischen Bestrebungen hinzuarbeiten?"

Die Gegner des Marshall-Plans innerhalb der Gewerkschaften waren in erster Linie die Kommunisten, die jede Teilnahme am ERP ablehnten. Der Recklinghäuser Kongreß, auf dem sich die ablehnende Fraktion nur begrenzt artikulieren konnte, wurde zum Mark-stein der innergewerkschaftlichen Auseinandersetzungen. Der relativ starke Einfluß kommunistischer Gewerkschafter in der ersten Nachkriegsphase wurde mit der Entscheidung um den Marshall-Plan zu einem zentralen Konfliktgegenstand innerhalb der Gewerkschaften, in dessen weiterer Entwicklung die Kommunisten zunehmend innergewerkschaftlich isoliert und abgedrängt wurden General Clay äußerte sich später dazu: „Die deutschen Gewerkschaftsverbände, welche die kommunistische Opposition gegen den Marshall-Plan in ihren Reihen besiegt hatte, verdienten ... Anerkennung.“

Die KPD lehnte den Marshall-Plan von Anfang an entschieden ab. Max Reimann, Vorsitzender der KPD, begründete die Ablehnung wie folgt: „Es war der Versuch, die Führungsrolle des US-Imperialismus durch die Bildung eines antisowjetischen Westblocks ökonomisch, politisch und in der Konsequenz auch militärisch zu festigen. Hinter der Fassade einer wirtschaftlichen Hilfe für den Wiederaufbau Europas bildete der Marshall-Plan die ökonomische Basis der Doktrin von der , Zurückdrängung des Kommunismus'.“ In einer umfangreichen Begründung zur Ablehung des ERP bewertet die KPD den amerikanischen Plan: „Unter dem Vorwand, man wolle Europa, das sich in Not befinde, Hilfe bringen, wurde der Marshall-Plan vom USA-Imperialismus in Szene gesetzt. Das Ziel war dabei, aus der europäischen Elendslage Riesenprofite zu schöpfen und ein großes Geschäft zu machen. Gleichzeitig sollte Europa unter das Diktat der Finanzgewaltigen der Wallstreet und der amerikanischen Regierung geraten. Der USA-Imperialismus schickte sich an, mit dem Marshall-Plan seine Weltherrschaftsund Kriegs-pläne zu verwirklichen.“

Diese prinzipielle Ablehnung vertrat die KPD auch in allen Gremien und Institutionen, in denen sie vertreten war. Nicht zuletzt war dies der Ansatzpunkt, der die übrigen Parteien bestärkte, die KPD-Vertreter auch aus den Länderregierungen, an denen sie beteiligt war, herauszudrängen.

Insgesamt läßt sich feststellen, daß die relevanten gesellschaftlichen und politischen Organisationen in den westliche Besatzungszonen — mit Ausnahme der KPD — den Mar-shall-Plan befürworten und bei der Durchführung mitwirkten. Die große, öffentlichkeitswirksame Aktion wurde in Verbindung mit solch wichtigen Ereignissen wie der Währungsreform, der Berlin-Blockade und dem sich verschärfenden Kalten Krieg von den Amerikanern genutzt, ihr großenteils negatives Image im Bewußtseinsbild der Bürger der Westzone bzw.der Bundesrepublik positiv zu verändern, indem die Vereinigten Staaten sich als Retter und Helfer darstellen konnten. Die politisch-ideologische Wirkung dieser Fakten ist sicherlich als wirksamer und nachhaltiger zu bewerten — insbesondere auf die Konstituierung der Bundesrepublik und die marktwirtschaftliche Ordnung bezogen — als die tatsächlich geleistete materielle Hilfe. Dies spiegelte sich beispielsweise auch im Bewußtsein der Bevölkerung wider, wie die Ergebnisse einer Befragung von 1950 zeigen:

V. Die wirtschaftlichen Auswirkungen auf Westdeutschland

Tabelle 4 Quelle: Wiederaufbau im Zeichen des Marshall-Planes, a. a. O., S. 23

Um die wirtschaftlichen Leistungen des Marshall-Planes zu beurteilen und um die Frage nach der primären Bedeutung des ERP als außenpolitische Maßnahme der USA oder als ökonomische Hilfsaktion zu beantworten, bedarf es auch einer Betrachtung der wirtschaftlichen Daten und Fakten.

Dem ERP voraus ging das GARIOA-Programm (Government Aid for Recovery in Occupied Areas) der USA bestehend aus Wareneinfuhren und Dienstleistungen in das US-Besatzungsgebiet bzw. in die Bizone, die größtenteils Nahrungsmittel umfaßten. Das GAR 1OA-

Programm lief über den Zeitraum von 1946 bis 1950 und umfaßte insgesamt 1, 62 Mrd. Dollar (vgl. Tabelle 2): Insgesamt wurden im Rahmen des ERP für alle 13, 9 Mrd. Dollar aufgeraum bracht, die sich wie folgt über den Gesamtzeit-Teilnehmerländer 1948 bis 1952 verteilen:

Danach ergibt sich, daß rund 10% der gesamten ERP-Mittel an die Bundesrepublik Deutschland flossen, die zunächst vorwiegend den Ernährungsbereich betrafen und erst in den folgenden Jahren verstärkt der industriellen Produktion zugute kamen.

Ein Vergleich zeigt, daß die GARIOA-Mittel von rund 1, 6 Mrd. Dollar höher waren, als die Gesamtsumme des ERP für Westdeutschland in Höhe von insgesamt 1, 4 Mrd. Dollar bis zum Ende des Hilfsprogramms 1952. Diese rein zahlenmäßige Betrachtung ist vom ökonomischen Aspekt her allerdings dahin gehend zu differenzieren, daß es sich bei den GARIOA-Lieferungen weitgehend um Nahrungsmittel und Verbrauchsgüter handelte, während erhebliche Teile des ERP direkt in den Investitionsgüterbereich flossen und sich auf die Ent-B

Wicklung der industriellen Produktion auswirkten. Der zahlenmäßige Anteil der ERP-Gegenwertmittel an den gesamten Anlageinvestitionen ist mit Ausnahme des Jahres 1950 — hier spielt die Korea-Entwicklung eine wichtige Rolle — gering bis unbedeutend, wie dies aus der Tabelle 5 deutlich wird.

Neben der rein zahlenmäßigen Betrachtung ist dabei auch die konjunkturelle Entwicklung einzubeziehen. Hier verdient die These von Werner Abeishauser Beachtung, der die Wirkung des ERP 1948 für die westdeutsche Wirtschaft nicht als entscheidende belebende konjunkturelle Kraft ansieht 1 ° ). Er begründet dies damit, daß der Aufschwung bereits Ende 1947 einsetzte und sich in der ersten Hälfte des* Jahres 1948 weiter verstärkte 104). „Tatsächlich sind aber noch im September 1948 industrielle Einfuhrgüter des ersten, des sog. 90-Tage-ERPProgramms, das für das zweite Quartal 1948 gedacht war, weder endgültig von ECA genehmigt noch gar in die Bizone geliefert worden."

In der Literatur und den offiziellen Darstellungen zum Marshall-Plan dominiert die Bewertung des Programms als entscheidender Faktor des wirtschaftlichen Aufschwungs 1948, die u. a. durch die Abeishauser-Untersuchung erheblich zu relativieren ist. Dennoch muß davon ausgegangen werden, daß die ERP-Kredite und die Bildung der Gegenwertfonds ein wirksamer Faktor waren, der zur ökonomischen Belebung beigetragen hat. Dazu sind vor allem jene Wirkungen zu betrachten, die über die engeren wirtschaftlichen Zahlen und Fakten hinausgehen, z. B. solche wirtschaftspolitiB sehen Momente, die den Kapitalbesitzern wieder größeres Interesse an Investitionen vermitteln da mit dem verstärkten amerikanischen Engagement, dessen Gewährleistung und Sicherung der Unternehmerinitiative und der durchgeführten Währungsreform die . Gefahr’ der Durchsetzung sozialistischer Positio-nen (Sozialisierung, Planwirtschaft) in der Wirtschaftspolitik als nicht mehr relevant erscheinen mußte. Unter diesem Aspekt ist der Marshall-Plan als eine entscheidende Maßnahme zu sehen, die zur endgültigen Durchsetzung der marktwirtschaftlichen Ordnung beigetragen hat

VI. Zusammenfassende Bewertung

Tabelle 5 Quelle: Wiederaufbau im Zeichen des Marshall-Planes, a. a. O., S. 27

Versucht man, die verschiedenen Aspekte des Marshall-Planes in ihrer Bedeutung zu gewichten, so wird man dies — auch hinsichtlich der einzelnen Maßnahmen, Daten und Fakten — nur im Zusammenhang der europäischen und weltpolitischen Konstellationen leisten können, die sich am Ende des Zweiten Weltkrieges stellen. Bei einer solchen Einordnung läßt sich eine Bewertung etwa wie folgt vornehmen: 1. Die Konzipierung des Marshall-Plans 1947 ist zunächst das Ergebnis der Veränderungen in der US-Außenpolitik, d. h. er ist die Umsatz-strategie jenes Konzeptes, das in der „TrumanDoktrin" formuliert wurde. Das Bedeutende und zugleich Wirkungsvolle dieser Strategie besteht vor allem darin, daß die Ziele der Außenpolitik, die eine Ausdehnung bzw. Stabilisierung des amerikanischen Einflusses im europäischen und außereuropäischen Raum auf größtenteils souveräne Länder anstrebten, mit Mitteln möglich wird, welche den tatsächlichen Zielaspekt in der Realisierung des Programms in den Hintergrund treten lassen, indem die materielle Hilfeleistung die eigentlichen Ziele überlagert. Es gelang also, politischen Entwicklungen in Form von zunehmendem kommunistischen Einfluß mit relativ geringem wirtschaftlichem Einsatz zu begegnen und die Hilfsmaßnahmen in öffentlichkeitswirksamer Form ideologisch als Leistung der freien marktwirtschaftlichen westlichen Welt zu verankern. Gerade mit der Verschärfung des Kalten Krieges mußte dies sich — wenn auch unterschiedlich in einigen Ländern — als nachhaltige Immunisierung erweisen. Mit den politischen Begleitumständen im besetzten Deutschland (Währungsreform, Berlin-Blockade, CDU-CSU-Mehrheit im Wirtschaftsrat etc.)

mußte der Marshall-Plan gerade hier an der Nahtstelle des Systemkonfliktes besonders wirksam sein.

Möglich war diese außenpolitische Strategie nur aufgrund der besonderen Situation der USA als stärkste Wirtschaftsmacht. Auch die krisenhafte Nachkriegsentwicklung in den USA selbst ließ sich in positiver Weise in das Konzept des ERP integrieren, indem einerseits neue Absatzmärkte für US-Waren geschaffen wurden und andererseits die inneramerikanische Arbeitsmarktsituation günstig beeinflußt wurde. Der Marschall-Plan war ebenfalls Wegbereiter und Vorbedingung für die militärischen Zielsetzungen in der US-Außenpolitik, die durch das ERP-Bündnis vorangetrieben wurden. Es scheint also nicht überzogen, den Marshall-Plan mit all seinen Implikationen, Voraussetzungen und Wirkungen zumindest nachträglich als eine der wirksamsten und bedeutendsten außenpolitischen Konzepte der USA für ihre Weltmachtinteressen zu werten. 2. Auf Westdeutschland bezogen läßt sich bei einer Abwägung der Fakten und Verhältnisse eindeutig der politische Stellenwert als das dominante Moment des ERP einschätzen Zwar hatten die USA als Besatzungsmacht eine weitgehende politische Einflußmöglichkeit auf die Entwicklung der westlichen Besatzungszonen, nachdem die faktische Spaltung Deutschlands besiegelt und die Weststaatsgründung forciert wurde. Doch die Auseinandersetzungen um eine oktroyierte Ordnung mußten größere Reibungsverluste bringen, als sie für einen deutschen Staat an der Ost-West-Grenze vorteilhaft gewesen wären, dem eine* Bollwerkfunktion in politischer und ideologischer Form zukam und der zugleich eine ökonomische Anziehungskraft auf die sowjetische Zone und später auf die DDR ausüben sollte. Die wirtschaftliche Lösung über ein Hilfsprogramm in Kombination mit den Befugnissen der Besatzungsmacht boten hier ein vorteilhaftes Zusammenwirken bei der Konstituierung und Stabilisierung der Bundesrepublik als Staat und der Durchsetzung des marktwirtschaftlichen Systems im Verbund mit den in diesem Prozeß erstarkten politischen Kräften.

Gerade für die Bundesrepublik war der ERP-Anteil mit 1, 4 Mrd. Dollar ein Engagement mit einem weit überproportionalen Erfolg, wie er von den Beteiligten kaum erwartet werden konnte, wobei sich der Ost-West-Konflikt, insbesondere die Berlin-Blockade, als wirksame Unterstützung in das amerikanische Konzept einbinden ließ.

3. Daraus ergibt sich bereits der ökonomische Stellenwert des Marshall-Plans für Deutschland. Der zahlenmäßige Anteil an Investitionen, am Außenhandel etc., der über das ERP abgewickelt wurde, war sicherlich relativ bescheiden. Neben diesem Aspekt ist jedoch die wirtschaftliche Seite von spezifischem Gewicht, die in den Wirkungen für die Schaffung und Stabilisierung einer Wirtschaftsordnung nach amerikanischem Vorbild bestand und deren Integration in das westliche Wirtschaftssystem vollzog. In diesem Bereich wird die enge Verknüpfung der wirtschaftlichen und politischen Momente des. Marshall-Plans deutlich. Mittel und Ziele lassen hier keine Trennung zu. Die Realisierung der politischen Implikationen des ERP konnte nur wirksam und verständlich werden mit seiner wirtschaftlichen Form als Hilfsprogramm.

Der Zusammenfassung von Manfred Knapp kann zugestimmt werden, wenn er sagt: „Die Einbeziehung Westdeutschlands in den Marshall-Plan hatte nicht nur die außenwirtschaftliche Integration der Bundesrepublik in die ökonomische Organisation für Europäische Wirtschaftliche Zusammenarbeit, sondern gleichzeitig auch die außenpolitische Hin-orientierung und Einbindung des westdeutschen Staates in das westliche Bündnissystem unter hegemonialer Führung der USA zur Folge. Die definitive — auch militär-bzw. verteidigungspolitische — Westintegration der Bundesrepublik durch die nachfolgenden Westverträge war also mit dem ERP schon vorbereitet."

Fussnoten

Fußnoten

  1. Das Europäische Hilfsprogramm der USA erlangte am 23. April 1948 Gesetzeskraft durch das „Gesetz für wirtschaftliche Zusammenarbeit von 1948" (Economic Cooperation Act of 1948). Deutsche Übersetzung des Textes in: Europa-Archiv, hrsg. von Wilhelm Cornides, 3. Jg. 1948, S. 1385— 1394.

  2. In der bekannten Rede vom 5. Juli 1947 in der Harvard Universität umriß Marshall die Vorstellungen für eine europäische Hilfsaktion mit wirtschaftlichen Mitteln der USA. Vgl.den Text der Rede in: Europa-Archiv, 2. Jg. 1947, S. 821. Dieser programmatischen Rede gingen jedoch Vorüberlegungen und Maßnahmen voraus, auf die weiter unten noch eingegangen wird.

  3. Einen Überblick über die Literaturlage zum Marshall-Plan bis 1975 gibt: Manfred Knapp, Zum Stand der Forschung über die deutsch-amerikanischen Nachkriegsbeziehungen, in: ders. (Hrsg.), Die deutsch-amerikanischen Beziehungen nach 1945, Frankfurt/New York 1975, S. 7 ff., vgl. insbes. S. 73 f. Ferner zu den Veröffentlichungen über das ERP bis 1952 die Bibliographie: Schrifttum zum Marshallplan und zur wirtschaftlichen Integration Europas. Im Auftrage und unter Mitwirkung des Bundesministeriums für den Marshallplan zusammengestellt von Dr. Adolf Wittkowski, Bad Godesberg 1953.

  4. Vgl. dazu z. B. Manfred Knapp, Deutschland und der Marshall-Plan: Zum Verhältnis zwischen politischer und ökonomischer Stabilisierung in der amerikanischen Deutschlandpolitik nach 1945, in: Politische und ökonomische Stabilisierung Westdeutschlands 1945— 1949, hrsg. von Claus Scharf und Hans-Jürgen Schröder, Wiesbaden 1977, S. 19 ff.

  5. Vgl. beispielsweise die Ergebnisse einiger Beiträge in: Politische Weichenstellung im Nachkriegsdeutschland 1945— 1953, hrsg. von Heinrich A. Winkler, Göttingen 1979; ferner: Friedrich Jer-chow, Deutschland in der Weltwirtschaft 1944— 1947. Alliierte Deutschland-und Reparationspolitik und die Anfänge der westdeutschen Außenwirtschaft, Düsseldorf 1978, insbes. S. 350 ff.

  6. Zur Jalta-Konferenz vgl.den amtlichen Bericht in: Wilhelm Cornides, Hermann Volle, Um den Frieden mit Deutschland. Dokumente zum Problem der deutschen Friedensordnung 1941— 1948 mit einem Bericht über die Londoner Außenministerkonferenz vom 25. Nov. bis 15. Dez. 1947 (= Dokumente und Berichte des Europa Archivs Band 6), Oberursel 1948.

  7. Vgl. ebenda, S. 4 und 54; Wolfgang Marienfeld, Konferenzen über Deutschland. Die Alliierte Deutschlandplanung und -politik 1941— 1949, Hannover 1963, S. 149 ff.

  8. Wortlaut der Direktive JCS 1067 in: Cornides, Völle, a. a. O., S. 58 ff. Die wesentlichen Teile des Textes vgl. auch bei: Huster u. a., ä. a. O., S. 284 ff.

  9. Ebenda, S. 290.

  10. Vgl. dazu: John Gimbel, Amerikanische Besatzungspolitik in Deutschland 1945— 1949, Frankfurt/M. 1971, S. 16 ff.

  11. Frankreich wurde später zu dem Potsdamer Abkommen kooptiert.

  12. Es wird im Potsdamer Abkommen ausdrücklich festgestellt: „Das Ziel dieser Übereinkunft bildet die Durchführung der Krim-Deklaration über Deutschland", Europa—Archiv, l. Jg. 1946/47, S. 216.

  13. Vgl. ebenda, S. 216 ff.

  14. Vgl. ebenda, S. 218; Huster u. a., a. a. O., S. 28 ff. und S. 39 ff.

  15. Europa-Archiv, l. Jg. 1946/47, S. 217.

  16. Vgl. Ernst-Otto Czempiel, Das amerikanische Sicherheitssystem 1945— 1949, Berlin 1966, S. 198 ff.; die diese Doktrin begründende Rede Präsident Trumans vom 12. März 1947 in: Europa-Archiv, 2. Jg. 1947, S. 819f.

  17. Vgl. Harald Winkel, Die Wirtschaft im geteilten Deutschland 1945— 1970, Wiesbaden 1974, S. 44 f.; Conrad F. Latour, Thilo Vogelsang, Okkupation und Wiederaufbau. Die Tätigkeit der Militärregierung in der amerikanischen Besatzungszone Deutschlands 1944— 1947, Stuttgart 1973, S. 158 ff.

  18. Vgl. ebenda, S. 160 f.: Gimbel, Amerikanische Besatzungspolitik, a. a. O., S. 87 ff.; Huster u. a., a. a. O., S. 40 f.

  19. Vgl. die Byrnes-Rede in: Europa-Archiv, 1. Jg. 1946/47, S. 261 ff.; ferner dazu J. F. Byrnes, In aller Offenheit, Frankfurt/M. o. J., S. 251 ff.; John Gimbel, Byrnes Stuttgarter Rede und die Nachkriegszeit in Deutschland, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 20. Jg. 1972, S. 39 ff.; Lucius D. Clay, Entscheidung in Deutschland, Frankfurt/M. 1950, S. 189 ff.

  20. Vgl. zur wirtschaftlichen und sozialen Lage in Deutschland am Ende des Krieges: Winkel, a. a. O., S. 29 ff.; Klaus Mehnert, Heinrich Schulte (Hrsg.), Deutschland-Jahrbuch 1949, Essen 1949, S. 157 ff., S. 175 ff., S. 239 ff. und S. 289 ff.; Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Wirtschaftsprobleme der Besatzungszonen, Berlin 1948, S. 5 ff., S. 22 ff., S. 65 ff., S. 116 ff. und S. 143 ff.; Werner Abeishauser, Wirtschaft in Westdeutschland 1945— 1948. Rekonstruktion und Wachstumsbedingungen in der amerikanischen und britischen Zone, Stuttgart 1975, S. 100 ff. und S 130 ff.; Wirtschaftsstatistik der deutschen Besatzungszonen 1945— 1948 in Verbindung mit der deutschen Produktionsstatistik der Vorkriegszeit (= Dokumente und Berichte des Europa-Archivs Band 3) a. a. O., S. 56 ff. und S. 107 ff.

  21. Hierzu sei aus der Fülle der Literatur lediglich auf einige Überblicksdarstellungen verwiesen: Huster u. a., a. a. O., S. 120 ff., S. 128 ff., S. 175 ff., S. 217 ff.; Günter Plum, Versuche gesellschaftlicher Neuordnung — Ihr Scheitern im Kräftefeld deutscher und alliierter Politik, in: Westdeutschlands Weg, a. a. O.,

  22. Vgl. Horowitz, a. a. O., S. 74 ff. und S. 227 ff.; Wolfgang Abendroth, Sozialgeschichte der europäischen Arbeiterbewegung, Frankfurt/M. 1965, S. 156 ff.

  23. Vgl. dazu Czempiel, a. a. O., passim.

  24. Vgl. dazu: Winfried W. Kretzschmar, Auslandshilfe als Mittel der Außenwirtschafts-und Außenpolitik. Eine Studie über die amerikanische Auslandshilfe von 1945 bis 1956 unter Berücksichtigung sowohl wirtschaftlicher als auch praktisch-politischer Gesichtspunkte, München 1964, S. 158 ff.; Huster u. a., a. a. O., S. 42 ff.

  25. Vgl. Thilenius, a. a. O.. S. 147 und S. 156 f.; Alfred Grosser, Geschichte Deutschlands seit 1945. Eine Bilanz, München 1975, S. 81 ff. und S. 103 ff.; Gerhard Kiersch, Die französische Deutschlandpolitik 1945— 1949, in: Politische und ökonomische Stabilisierung, a. a. O., S. 61 ff.; Raymond Poidevin, Frankreich und die Ruhrfrage 1945— 1951, in: Historische Zeitschrift, Band 228, April 1979, S. 317 ff.; Julius Braunthai, Geschichte der Internationale, Band 3, Hannover 1971, S. 45 ff.

  26. Vgl. dazu Horowitz, a. a. O., S. 55 ff.

  27. Vgl. ebenda; Czempiel, a. a. O„ S. 191 f. und S. 201 ff.

  28. Vgl. Text in Europa-Archiv, 2. Jg. 1947, S. 819 f.

  29. Vgl. ebenda; Czempiel, a. a. O„ S. 198 ff.

  30. Vgl. Braunthai, a. a. O., S. 161 ff.: Czempiel, a. a. O., S. 202 ff.

  31. Marshall-Rede, in: Europa-Archiv, 2. Ja 1947 S. 821.

  32. Ebenda.

  33. Vgl.den Text der Rede Molotows am 7. Juli 1947, in: ebenda, S. 822; ferner S. 913 u. S. 915.

  34. Vgl. dazu den chronologischen Überblick in: ebenda, S. 913 ff.

  35. Vgl. das Übersichtsschema der Pariser Konferenz, in: ebenda, S. 917; eine Kurzfassung des Schlußberichtes vom 22. September 1947, ebenda, S. 922 ff., sowie die einzelnen Etappen und Argumentationen der Verhandlungen, ebenda, S. 916 bis 921.

  36. Vgl den Bericht über die Konferenz, in: Europa-Archiv, 3. Jg. 1948, S. 1306 ff.

  37. Ebenda, S. 1306.

  38. Vgl. Walter Vogel, Westdeutschland 1945— 1950. Der Aufbau von Verfassungs-und Verwaltungseinrichtungen über den Ländern der drei westlichen Besatzungszonen, Teil II, Boppard/Rhein 1964, S. 272 ff. und S. 280 ff.

  39. Vgl. Europa-Archiv, 3. Jg. 1948, S. 1385 ff. Dieses Gesetz ist Teil des Sammelgesetzes „Foreign Assi-stance Act of 1948" zur Auslandshilfe 1948, vgl. ebenda, S. 1385.

  40. Ebenda.

  41. Kretzschmar, a. a. O., S. 43 f.

  42. Ebenda, S. 44.

  43. Knapp, Deutschland, a. a. O., S. 22.

  44. Vgl. Kretzschmar, a. a. O., S. 134 ff.; Czempiel, a. a. O., S. 242 ff. und S. 348 ff.

  45. Knapp, Deutschland, a. a. O., S. 22; vgl. auch Kretzschmar, a. a. O„ S. 126.

  46. Knapp, Deutschland, a. a. O., S. 27.

  47. Gimbel, Amerikanische Besatzungspolitik, a. a. O., S. 201; vgl. auch: ders., The Origins of the Marshall Plan, Stanfort 1976, S. 254 ff.

  48. Vgl. dazu: Knapp, Deutschland, a. a. O., S. 25 ff., der sich auf eine Vielzahl von Quellen und Arbeiten stützt, neben anderen auf die für ihn wichtigen Nachweise von Warren Leroy Hickmann, Genesis of the Eufopean Recovery Program. A Study on the Trend of American Economic Policies, Diss. Genöve 1949.

  49. Vgl. Knapp, Deutschland, a. a. O., S. 35 f; Werner Abeishauser, Wirtschaft in Westdeutschland. Rekonstruktion und Wachstumsbedingungen in der amerikanischen und britischen Zone, Stuttgart 1975, S. 163 ff.

  50. Auf die wirtschaftlichen und politischen Auswirkungen für Westdeutschland wird weiter unten noch eingegangen.

  51. Vgl. dazu: Was steckt hinter dem Marshall-Plan?, hrsg. vom Verlag „Tägliche Rundschau“, Berlin (1948) -, Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Band 6, hrsg. vom Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED, Berlin 1966, S. 219 ff.; Geschichte der SED, Abriß, Frankfurt/M. 1978, S. 155 ff.

  52. Das Ahlener Wirtschaftsprogramm der CDU für Nordrhein-Westfalen vom 3. Februar 1947, in: Rainer Kunz, Herbert Meier, Theo Stammen, Programme der politischen Parteien in der Bundesrepublik, München 1975, S. 131.

  53. Ebenda, S. 133. Das Ahlener Programm enthält noch keine Stellungnahme zum Marshall-Plan, da es bereits vor dessen Verkündung beschlossen wurde.

  54. So bereits in den zwei Jahre später verabschiedeten „Düsseldorfer Leitsätzen der CDU vom 15. Juli 1949"; vgl. Ossip K. Flechtheim (Hrsg.), Dokumente zur parteipolitischen Entwicklung in Deutschland seit 1945, zweiter Band, Erster Teil, Berlin 1963, S. 58 ff.

  55. Ebenda, S. 67.

  56. Ebenda, S. 68. Auf dieser Linie konnte der Marshall-Plan auch positiv in die Programmatik der CSU eingeordnet werden; vgl. Alf Mintzel, Geschichte der CSU. Ein Überblick, Opladen 1977, S. 242 ff.

  57. Hermann Pünder, Die Frankfurter Wirtschaftspolitik im Frühjahr 1949, Frankfurt /M. (1949), S. 9.

  58. Konrad Adenauer, Erinnerungen 1945— 53, Stuttgart 1965, S. 115.

  59. So beispielsweise die Eingriffe und Aktivitäten bei der Gestaltung des Frankfurter Wirtschaftsrates, die sich zugunsten der CDU/CSU gegen die SPD auswirkten, wie auch die Verhinderung der Sozialisierungsmaßnahmen durch die US-Militärregierung. Vgl. dazu: Gimbel, Amerikanische Besatzungspolitik, a. a. O„ S. 161; Erich Ott, Die Wirtschaftskonzeption der SPD nach 1945, Marburg 1978, S. 125 ff. und S. 200 ff. Zur Politik der CDU insgesamt: Wolf Dieter Narr, CDU—SPD. Programm und Praxis seit 1945, Stuttgart 1966; Ernst Deuerlein, CDU/CSU 1945— 1957, Köln 1957.

  60. Vgl. die „Programmatischen Richtlinien der Freien Demokratischen Partei" vom 4. Februar 1946, in: Kunz u. a., a. a. O„ S. 232 f.

  61. So in den „Heppenheimer Beschlüssen" vom 12. Dezember 1948, in: ebenda, S. 234.

  62. Ebenda.

  63. „Bremer Plattform von 1949", beschlossen vom Bremer Parteitag der FDP vom 11. — 12. 6. 1949, in: Flechtheim, a. a. O„ S. 278.

  64. Ebenda, S. 279.

  65. So insbesondere die programmatischen Aussagen der Parteitage der SPD 1946 und 1947. Protokoll der Verhandlungen des Parteitages der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands vom 9. bis 11. Mai 1946 in Hannover, Hamburg 1947; dasselbe: vom 29. Juni bis 2. Juli 1947 in Nürnberg, Hamburg o. J. Ferner: Theo Pirker, Die SPD nach Hitler, München 1965, S. 46 ff. und S. 68 ff.; Ernst-Ulrich Huster, Die Politik der SPD 1945— 1950, Frankfurt-New York 1978, S. 26 ff. und S. 60 ff.; Ott, Wirtschaftskonzeption, a. a. O„ S. 90 ff. und S. 142 ff.

  66. Zur Diskussion um den Marshall-Plan in der SPD vgl. ebenda, S. 167 ff., ferner: Erich Ott, SPD und Marshall-Plan, in: Neue Politik, Hamburg, 24. Jg. H. 5/1979, S. 34 ff.

  67. Protokoll der Verhandlungen des Parteitages der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands vom 29. Juni bis 2. Juli 1947 in Nürnberg, Hamburg o. J. (1948), S. 37 f.

  68. Ebenda, S. 228, vgl. auch S. 38; Jahrbuch der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands 1947, hrsg. vom Vorstand der SPD, Göttingen o. J. (1948), S. 74 Hier wird auch in diesem Zusammenhang die Einstellung der Demontagen und die Klärung der Reparationsfrage gefordert. Vgl. dazu auch: Wolfgang Schneider, Der Marshall-Plan und die Demontage in der westdeutschen Industrie — unter Verwendung amtlicher Unterlagen, Frankfurt/M. 1948.

  69. Protokoll SPD-Parteitag 1947, a. a. O., S. 38.

  70. Wenzel Jaksch, Sozialdemokratie und MarshallPlan, in: Sozialistische Tribüne, hrsg. von Willi Knothe und Josef Hofbauer, Frankfürt/M. 1-Jg-1947, Nr. 8/9, S. 30.

  71. Resolution des Parteivorstandes und Parteiausschusses der SPD, beschlossen am 16. November 1947 in Bremen, in: SPD-Jahrbuch 1947, a. a. O., S. 89.

  72. Gert von Eynern, Was will der moderne Sozialismus? Der Vorschlag eines wirtschaftspolitischen Programms, hrsg. vom Vorstand der SPD, Hannover 1949, S. 5.

  73. Fritz Sternberg, Deutschland und der MarshallPlan, in: Neuer Vorwärts, 2. Oktober 1948, S. 5. Bei diesem Aufsatz handelt es sich um die Übersetzung eines Beitrages von Sternberg in der New Yorker Zeitschrift „Nation" von Anfang September 1947. Vgl. zu diesem Aspekt der besonderen Stellung Westdeutschlands auch: Hans-Hermann Hartwich, Sozialstaatspostulat und gesellschaftlicher Status quo, Köln u. Opladen 1970, S. 74.

  74. Otto Bach, Um den Marshall-Plan, in: Das sozialistische Jahrhundert, hrsg. von Luise Schröder und Otto Suhr, Berlin, 2. Jg. März 1948, H. 9/10, S. 136.

  75. Zitiert nach: Vorstand der SPD (Hrsg.), Acht Jahre sozialdemokratischer Kampf um Einheit, Frieden und Freiheit. Ein dokumentarischer Nachweis der gesamtdeutschen Haltung der Sozialdemokratie und ihre Initiativen (Dokumentation), Bonn o. J. (1953), S. 42.

  76. Willi Eichler, Die dritte Phase, in: Das Volk, 1. Jg., August 1947, Nr. 21, S. 328.

  77. Vgl. dazu: Vorstand der SPD (Hrsg.), Acht Jahre, a. a. O., S. 26 und S. 49 ff.; Protokoll SPD-Parteitag 1947, a. a. O., S. 40.

  78. Kurt Schumacher anläßlich einer Rede am 19. Februar 1948 in Kassel, zitiert nach: Vorstand der SPD (Hrsg.), Acht Jahre, a. a. O., S. 51, vgl. auch ebenda, S. 26 f.

  79. Vgl. Einladung SPD Parteivorstand Wirtschaftspolitischer Ausschuß (Kriedemann) vom 29. April 1948 zu einer Sitzung mit der Thematik Marshall-Plan, in: Archiv der sozialen Demokratie — Parteivorstandsakten (im weiteren: AsD-PVA) Signatur K 15.

  80. Vgl. Manuskript „Zerstörung auf unsere Kosten. Wie die Demontage von Fabriken in Deutschland der Inflation in den Vereinigten Staaten hilft und den Marshall-Plan sabotiert", von Christopher Emmet und Fritz Baade, mit einem Vorwort von Herbert Hoover (27. 12. 1947), in: AsD-PVA L 17. Dort befinden sich weitere Materialien und Stellungnahmen zum Problem Demontagen.

  81. Vgl. dazu: Ott, Wirtschaftskonzeption, a. a. O., S. 175 ff.

  82. Vgl. dazu Schmidt, a. a. O., S. 115 ff.; Theo Pirker, Die blinde Macht, Erster Teil, München 1960, S. 92 ff.

  83. Vgl. Seume, a. a. O., S. 173; Braunthai, a. a. O., S. 181 ff.

  84. Vgl. Jaksch, a. a. O„ S. 30.

  85. Schmidt, a. a. O„ S. 114. Hier wird auch belegt, daß die USA eine Preisgabe bzw. einen Aufschub der Sozialisierung als Bedingung an die Gewährung der ERP-Mittel für Westdeutschland knüpften. Vgl. ebenda, S. 115.

  86. Vgl. ebenda, S. 115 ff.

  87. Europa-Archiv, 3. Jg. 1948, S. 1242 f.: Clay, a. a. O., S. 325.

  88. Zit nach: Schmidt, a. a. O„ S. 116.

  89. Vgl. Protokoll des a. o. Bundeskongresses des DGB (brit. Zone) 16. — 18. 6. 1948 in Recklinghausen, Köln o. J.; vgl. dazu auch: Die Gewerkschaftsbewegung in der britischen Besatzungszone, Geschäftsbericht des DGB (brit Zone) 1947— 1949, Köln o. J., S. 135 ff.; Pirker, Blinde Macht, a.. a. O„ S. 92 ff.

  90. Vgl. Protokoll Bundeskongreß Recklinghausen, a. a. O., S. 39 ff.

  91. Ebenda, S. 42.

  92. Vgl. Pirker, Blinde Macht, a. a. O„ S. 94 f.; Schmidt a. a. O., S. 122 ff.

  93. Clay, a. a. O., S. 325.

  94. Max Reimann, Entscheidungen 1945— 1956, Frankfurt/M. 1973, S. 95.

  95. 4 Jahre Bundestag, Handbuch der Bundestagsfraktion der KPD, o. O. u. J. (1953), S. 245.

  96. Vgl. dazu: Wiederaufbau im Zeichen des Marshallplanes 1948— 1952, Hrsg. Bundesminister für den Marshallplan, Bonn 1953, S. 19 ff.; Winkel, a. a. O„ S. 37; Kretzschmar, a. a. O., S. 16 f.

  97. Abeishauser, a. a. O., S. 164.

  98. Vgi Acht Jahre danach. Deutschland heute, Hrsg. Presse-und Informationsamt der Bundesregierung, Bonn 1953, S. 296.

  99. Vgl. Marianne Welteke, Theorie und Praxis der sozialen Marktwirtschaft, Frankfurt/M. -New York 1976, S. 23 ff.

  100. Vg] zu dem Verhältnis von politischer und ökonomischer Wirkung des Marshall-Plans die zutreffenden Thesen von Manfred Knapp, Deutschland, a. a. O., S. 27 ff. und insbesondere S. 35 ff.

  101. Ebenda, S. 42.

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