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„Vergangenheitsbewältigung“ Zur Problematik eines umstrittenen Begriffs | APuZ 1-2/1992 | bpb.de

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APuZ 1-2/1992 Zur deutsch-jüdischen Beziehungsgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert „Die vorbereitenden Arbeiten sind eingeleitet.“ Zum 50. Jahrestag der „Wannsee-Konferenz“ vom 20. Januar 1942 Artikel 1 Reaktionen auf die Verfolgung der Juden und den Holocaust in Deutschland vor und nach 1945 Die Folgen des Holocaust für die israelische Gesellschaft „Vergangenheitsbewältigung“ Zur Problematik eines umstrittenen Begriffs

„Vergangenheitsbewältigung“ Zur Problematik eines umstrittenen Begriffs

Peter Dudek

/ 26 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

„Vergangenheitsbewältigung“ ist ein zentrales Ferment der politischen Kultur der Bundesrepublik. Dennoch ist der Begriff inzwischen mit vielfachen Assoziationen verknüpft, die sich vom historischen Ort des Nationalsozialismus gelöst haben. Er wird im politischen Tagesgeschäft ebenso wie in wissenschaftlichen Studien für die Kollaboration in westeuropäischen Ländern oder die Auseinandersetzung mit den politischen Lasten der ehemaligen Ostblockstaaten verwendet. Der Beitrag beschäftigt sich kritisch mit der Rezeption dieses Schlagwortes in der politischen und wissenschaftlichen Diskussion der achtziger Jahre. Gezeigt werden die mit ihm verbundenen Ritualisierungen, seine strategische Verwendung in der Zeitgeschichtsschreibung und sein Bedeutungswandel im Kontext politischen Wandels. Skeptisch gegenüber psychoanalytischen Begriffen wie dem der „Verdrängung“ wendet sich der Beitrag auch gegen den Versuch, die Historisierung des Nationalsozialismus mit der pädagogischen Aufgabe der Vergangenheitsvermittlung zu verbinden. Zu beklagen ist, daß trotz des inflationären Gebrauchs des Begriffs distanzierte Forschungen zum Problem noch immer Mangelware sind und sie in ihren Befunden widersprüchlich ausfallen. Das Problem der Auseinandersetzung mit der jüngsten deutschen Vergangenheit ist nicht nur eine Aufgabe der Zeitgeschichtsforschung, sondern auch eine Herausforderung an die historisch-politische Bildung in den neuen und alten Bundesländern.

I. Einleitung

Der Begriff „Vergangenheitsbewältigung“ steht in den politischen Diskussionen nach 1945 und in den pädagogischen Reflexionen über den Nationalsozialismus für die Mahnung vor dem Vergessen der Geschichte, als Aufforderung zur kritischen Auseinandersetzung mit der NS-Ära, als Leitbegriff von Defizit-Diagnosen in der politischen Kultur sowie als Orientierung für die Praxis politischer Bildung Die gebräuchlichen, gleichwohl sehr schillernden Schlagworte von der „unbewältigten Vergangenheit“ oder der „Vergangenheitsbewältigung“ haben inzwischen zwar sogar in die internationale Diskussion Eingang gefunden, aber sie sind durch vielfältige Assoziationen und politische Ritualisierungen belastet. Sie verdecken, daß der Terminus ursprünglich eine Vergangenheit meinte, die sich angemessen überhaupt nicht bewältigen läßt.

Der folgende Beitrag beschäftigt sich kritisch mit der Rezeption dieses Schlagwortes in der politischen und wissenschaftlichen Diskussion der achtziger Jahre. Er vertritt die These, daß der Begriff „Vergangenheitsbewältigung“ zur Beschreibung einer angemessenen Auseinandersetzung mit der NS-Zeit ungeeignet ist und entgegen seiner ursprünglichen Intention inzwischen auch in wissenschaftlichen Diskursen als strategisches Argument für historische Sinndeutungen eingesetzt wird

II. „Vergangenheitsbewältigung“ und politische Kultur

Die Aufforderung zur Bewältigung von Geschichte ist schon lange inflationär und hat gegenwärtig Konjunktur. So wird der Begriff beispielsweise für die Kollaboration in westeuropäischen Ländern verwendet und mit den politischen Veränderungen der letzten Jahre in den Ostblockstaaten, speziell in der DDR, erhielt er noch weitere Bedeutungsvarianten Bereits Ende der fünfziger Jahre argwöhnte Adorno aber schon, daß der Begriff der „Aufarbeitung der Vergangenheit“ im öffentlichen Sprachgebrauch eine revisionistische Bedeutung angenommen habe. Mit ihm verbinde sich auch der Gestus, daß man unter das Vergangene einen Schlußstrich „ziehen und womöglich es selbst aus der Erinnerung wegwischen“ will Seit den sechziger Jahren bis in die unmittelbare Gegenwart läßt sich jedoch ein gegenläufiger Prozeß beobachten. Je mehr die Maßnahmen zur Verfolgung der NS-Gewaltverbrecher effektiviert wurden, je größer die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Verbrechen unter dem NS-Regime und dessen Folgelasten für die politische Kultur der Bundesrepublik wurde, desto lauter meldete sich die Kritik an den Versäumnissen der „Vergangenheitsbewältigung“.

Aus einem anderen Grunde noch ist der Begriff „Bewältigung“ wenig hilfreich. Es ist nämlich nicht das Problem, ob nach 1945 die NS-Vergangenheit bewältigt oder verdrängt wurde, sondern was die deutsche Gesellschaft und ihre Bürger aus der Geschichte lernen wollten und gelernt haben. Dem realen historischen Prozeß angemessener wäre hier der Begriff der „pädagogischen Verarbeitung“ in einer doppelten Bedeutung: Mit ihm ist einerseits die Thematisierung des Nationalsozialismus durch die Geschichts-und Sozialwissenschaften sowie in pädagogischen Handlungsfeldern bezeichnet, zum anderen erinnert er an die Tatsache, daß in der Bundesrepublik die Auseinandersetzung mit dem NS-Regime -im Unterschied zur DDR -stets als eine pädagogische Aufgabe zumal der politischen Bildung verstanden wurde.

Die Forderung, aus der Geschichte zu lernen oder -psychoanalytisch gesprochen -die Fähigkeit, Trauerarbeit zu erbringen, richtet sich nicht nur an jene Generationen, die den Nationalsozialismus erlebt, getragen, gestützt oder erlitten hatten, sondern stets auch an die nachwachsenden Generatio-nen als Mahnung und Verpflichtung. Geschichte zu erinnern und aus ihr zu lernen, wurde jenseits aller politischer Implikationen hierzulande zu einer öffentlichen pädagogischen Aufgabe von Schule, Erwachsenenbildung und den Medien deklariert

Andererseits waren und sind die Deutungen des Nationalsozialismus, seiner Ursachen, seiner Rolle in der deutschen Geschichte und seiner Auswirkungen auf die politische Kultur der Bundesrepublik stets vom politischen Zeitklima abhängig gewesen. Es wäre in der Tat eine naive Annahme zu glauben, das Geschichtsbild der deutschen Bevölkerung sei von den Forschungsergebnissen der Geschichtswissenschaft nachhaltig beeinflußt. Die Bildungsinstitutionen, die eine solche Vermittlungsarbeit am ehesten leisten, sind neben den Massenmedien bekanntlich nur eine von vielen Quellen, aus denen sich das Geschichtsbewußtsein speist, und die Reichweite ihrer Wirkungen wird bekanntlich skeptisch beurteilt. Weiterhin können wir beobachten, daß die Auseinandersetzungen mit der NS-Zeit und ihren Bezügen zur Gegenwart jeweils auch durch aktuelle politisch-kulturelle Konfliktthemen der Bundesrepublik geprägt sind, daß zudem mit zeitlicher Distanz die politischen Generationserfahrungen zwischen den Nachleben-den und den Miterlebenden spätestens seit den sechziger Jahren auseinanderlaufen und in nächster Zukunft die demographische Struktur der Bevölkerung keine größere Altersgruppe mehr kennen wird, die zum Nationalsozialismus noch lebensgeschichtliche Bezüge aufweist. Seit etwa 15 Jahren verfugt die Mehrheit der deutschen Bevölkerung lebensgeschichtlich nicht mehr über die NS-Vergangenheit, sondern nur noch über ihre Interpretationen. Dies führt zu der Konsequenz, daß „Vergangenheitsbewältigung“ zunehmend als Medienereignis inszeniert, als interpretierte Geschichte gelehrt und gelernt oder als Ferment tagespolitischer Auseinandersetzungen instrumentalisiert wird.

Und dennoch stellen sich auch mit den veränderten Sichtweisen des NS-Regimes in der historischen Einordnung wie im Geschichtsbewußtsein der deutschen Gesellschaft stets die Fragen nach den politisch-moralischen Maßstäben seiner Bewertung neu. Schließlich wird man auch beachten müssen, daß die Geschichtsschreibung selbst Zeitorientierungen mitgetragen hat, die sie heute für revisionsbedürftig hält. Für die politische Pädagogik ist hier auf absehbare Zeit eine Aufgabe gestellt, die sie stets neu überdenken muß, denn bei der Verarbeitung des Nationalsozialismus handelt es „sich ja nicht um einen irgendwie einzuleitenden, von außen zu kontrollierenden und zu steuernden Prozeß, sondern um ein weitgehend freiwilliges Aufsichnehmen der geforderten Trauerarbeit“

III. Kontroverse Standpunkte

Es steht auch nicht in unserer Wahl, ob wir uns an die Verbrechen des Nationalsozialismus erinnern oder erinnern lassen wollen. Denn in der Gegenwärtigkeit der Vergangenheit liegt „eben ein wichtiger Teil unserer gesellschaftlichen Identität“ und unsere Geschichtserinnerung ist von ihr maßgeblich bestimmt. Vor allem die politische Kulturforschung war es, die auf die prägende Rolle des Nationalsozialismus für die Bundesrepublik und ihr nationales Selbstverständnis hingewiesen hat. Die Befunde dieser Forschungen lassen sich grob in zwei Gruppen bündeln -nämlich in jene Studien, die die politische Kultur für gefestigt, ihre vordemokratischen Ausprägungen zu Gunsten von Partizipationsbereitschaft und politischer Toleranz zurückgedrängt sehen, und jene, die nach wie vor ein hohes Maß an Illiberalität und zunehmender Restauration konstatieren, also bei aller Anerkennung der veränderten Sozialstruktur, der Verschiebung oder Abschwächung spezifischer sozio-politischer Konfliktzonen eher die obrigkeitsstaatlichen Kontinuitäten betonen als deren Wandel.

Neben Peter Reichel und Wilfried Röhrich waren es vor allem Sylvia und Martin Greiffenhagen, die dem Nationalsozialismus eine konstitutive Rolle für das politische Selbstverständnis der Bundesrepublik zugewiesen haben Andererseits habe die NS-Vergangenheit im Bewußtsein der Bevölkerung deswegen so effektiv verdrängt werden können, weil alle Energien mit „Arbeitseifer und Leistungsfanatismus“ in den Wiederaufbau gesteckt wurden. Ähnlich betont auch Reichel, daß durch das Anknüpfen an eine ungebrochene Leistungsund Konsumorientierung der wirtschaftliche Wiederaufstieg und die Verdrängung der Vergangen-heit gelungen sei Aus dem Blickwinkel der historischen Sozialisationsforschung kommt Klönne zu ähnlichen Hypothesen. Die NS-Erziehung habe vor allem zu einem „Utopieverlust“ und zur „Verhinderung politischen Nachdenkens und politischen Experimentierens“ geführt und damit die Verhaltensmuster von Jugendlichen nach 1945 entscheidend bestimmt

Solche politisch-psychologischen Überlegungen sind im Rahmen der Diskussion um die „Vergangenheitsbewältigung“ bislang jedoch nicht weiter verfolgt worden. Bis weit in die achtziger Jahre hinein wurden diese und ähnliche Begriffe gewöhnlich in Argumentationskontexten eingeführt, die vor allem pauschal Verdrängungen der NS-Geschichte beklagten oder „die noch ausstehende Aufarbeitung der Vergangenheit“ anmahnten. Ihre Antipoden finden sie traditionell bei jenen revisionistischen Autoren, die „Vergangenheitsbewältigung“ polemisch als die Fortsetzung der Entnazifizierung und Umerziehung bezeichnen und aus diesen oder anderen politisch durchschaubaren Erwägungen heraus einen Schlußstrich unter die Vergangenheit ziehen wollen. Neuerdings sehen aber auch jüngere Politologen solche Klagen als Ausdruck eines „atavistischen Sühnegedankens“ und sie empfinden die Forderung nach „Historisierung“ als „befreiend“

Plausibel und ärgerlich zugleich sind solche Diagnosen deshalb, weil sie in der Regel zwar mit bestätigenden Beispielen aufwarten können, aber weder systematisch noch empirisch zureichend abgesichert, geschweige denn begrifflich halbwegs eingegrenzt sind. Sie unterschlagen zugleich, daß der Ruf nach der „Bewältigung der Vergangenheit“ nicht nur Forderung oder politisch-pädagogisches Programm, sondern auch ein sich seit 1945 vollziehender Prozeß ist, der in je unterschiedlicher Weise zwar die Mentalitäten der verschiedenen politischen Generationen prägte, aber doch auch eine empirisch kaum zu kontrollierende biographische Komponente aufweist. Der Begriff selbst hat zwar Aufforderungscharakter, ohne daß damit schon die Adressaten bekannt sind. „Und was an dieser Vergangenheit zu bewältigen ist, wie dies geschehen soll, und ob Vergangenheitsbewältigung überhaupt möglich ist, auch darüber sagt der Begriff selbst nichts aus.“

Erst in jüngster Zeit nehmen Zeitgeschichtsschreibung und Politikwissenschaft das Thema auch als Gegenstand von Reflexion und Forschung an und gehen damit über die traditionellen Lamentos über zu viel oder zu wenig „Vergangenheitsbewältigung“ hinaus. Deren erneute Konjunktur in den achtziger Jahren hat nicht nur mit dem sogenannten „Historikerstreit“ zu tun, sondern auch mit der von der konservativ-liberalen Bundesregierung Anfang der achtziger Jahre propagierten „politischen Wende“, und sie wird nicht zuletzt auch bestimmt durch die Frage nach der kulturellen und nationalen Identität der Deutschen. Denn in allen diesen Kontexten gewann das Problem der „Vergangenheitsbewältigung“ einerseits und die Forderung nach der „Historisierung des Nationalsozialismus“ andererseits eine kaum erwartbare Aktualität und politische Brisanz. Von Bitburg über die umstrittene Rede des ehemaligen Bundestagspräsidenten Jenninger bis hin zu dem mißverständlichen Wort von der „Gnade der späten Geburt“ und den öffentlichen Reaktionen darauf ist noch in den späten achtziger Jahren die Gegenwärtigkeit der NS-Vergangenheit in der Bundesrepublik Deutschland für jeden beobachtbar. Ernsthafte historische Forschung mit Distanz gegenüber solchen tagespolitischen Kontroversen und ihren kulturkämpferischen Implikationen steht dagegen erst an den Anfängen.

IV. Themen der Forschung -kontroverse Beurteilungen

Zwei Entwicklungslinien der Forschungen zur „Vergangenheitsbewältigung“ sind jedoch schon jetzt erkennbar, nämlich die Rekonstruktion ihrer verschiedenen Felder in der Bundesrepublik und die komparative Analyse. Konzentrierte die Forschung sich in dem ersten Bereich vor allem auf die verschiedenen Formen der justitiellen Maßnahmen gegen NS-Gewaltverbrecher und neuerdings auf ihren Zusammenhang mit dem Konzept der streit-baren Demokratie so richtet sich nun auch das Augenmerk auf vergleichende Länderstudien zwischen der Bundesrepublik, der DDR und Österreich, auf Untersuchungen der bilateralen Beziehungen wie die zwischen der Bundesrepublik und Israel vor dem Hintergrund der Wiedergutmachungspolitik sowie fragiler politisher Bezeihungen zwischen beiden Ländern und jüngst sogar in einer ersten Analyse für fast alle europäischen Staaten Deutlich machen die vorliegenden Studien die unterschiedliche Rollenverteilung zwischen den einzelnen Ländern und die jeweils nationalspezifischen Traditionskonstruktionen Während die DDR aus politisch-ideologischen Gründen eine politische und finanzielle Haftung für die Verbrechen des Nationalsozialismus stets abgelehnt hatte, ihr Selbstverständnis aus einem mystifizierten und letztlich verordneten Antifaschismus ableitete und die „fortschrittlichen“ Traditionen deutscher Geschichte für sich okkupierte, blieb in Österreich die Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit jahrzehntelang von der Legende bestimmt, das Land sei das erste Opfer nationalsozialistischer Aggression gewesen. Solche Selbststilisierung-bereits in der Moskauer Deklaration der Alliierten vom Oktober 1943 festgehalten -verhinderte nicht nur eine offene Auseinandersetzung mit dem traditionell starken Antisemitismus in der Alpenrepublik, sondern verbot automatisch die Frage, welchen Anteil Österreich bei der Akzeptanz und Stabilisierung des NS-Regimes gehabt hatte.

Will man den auch moralisch instrumentalisierten Begriff der „Vergangenheitsbewältigung“ näher bestimmen und die Geschichte seiner unterschiedlichen Maßnahmen und Bedeutungen rekonstruieren, so ist man zu einer inhaltlichen Definition genötigt. Die Schwierigkeit besteht aber darin, daß dieser Begriff sich einer konsensfähigen Definition schon deshalb entzieht, weil der Sachverhalt weder zielgerichtet noch abschließbar, weder planvoll intendierbar noch empirisch völlig kontrollierbar, sondern ein sich immer wiederholender und aufdrängender Prozeß jüngster deutscher Geschichte ist. Überlagert wird er zudem durch ein moralisches Pathos und antifaschistische Rituale, die sich häufig genug in pauschalen Defizitdiagnosen erschöpfen. Demgegenüber bleibt für die Forschung nur der eine Weg, nämlich sich dem Begriff historisch zu nähern.

Fragt man nämlich nicht, wie „Vergangenheitsbewältigung“ in der Bundesrepublik hätte aussehen können oder sollen, sondern genauer, auf welchen Gebieten und mit welchen Maßnahmen die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und seinen Verbrechen stattgefunden hat, so wird man im wesentlichen vier Bereiche identifizieren können: a) die strafrechtliche Dimension, b) die finanziellen Maßnahmen im Rahmen der Wiedergutmachungszahlungen und des Bundesentschädigungsgesetzes, c) die politischen und verfassungsrechtlichen Maßnahmen und schließlich d) die psychologisch-pädagogischen Verarbeitungsformen. Diese thematische Eingrenzung mindert zwar nicht die Kontroversen über den Ertrag der Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit, aber sie begrenzt doch die Felder so, daß sie für historische Forschung handhabbar werden. Ähnlich wird man mit Karl Jaspers im Sinne einer Präzisierung bei der mit der Diskussion zusammenhängenden Schuldfrage differenzieren können in die Bereiche von krimineller Schuld, politischer Schuld, moralischer und metaphysischer Schuld Es ist offensichtlich, daß solche Präzisierungen auch zu differenzierten Antworten hinsichtlich ihres Ertrages und hinsichtlich der Adressaten führen werden. Denn „Vergangenheitsbewältigung“ aus der Sicht der Opfer besitzt eine andere Qualität als etwa aus der Sicht der heutigen Jugendgeneration. Jugendliche in den neuen Bundesländern wiederum assoziieren damit etwas anderes als ihre Altersgenossen in Hessen oder im Rheinland.

Ohne im einzelnen auf die Befunde der jüngeren Forschungen einzugehen, läßt sich generell sagen: Der erste Bereich der „Vergangenheitsbewältigung“ ist bislang am stärksten bearbeitet worden, der letzte dagegen hat immer wieder zu Defizit-Diagnosen geführt, ohne daß sie bislang empirisch fundiert und systematisch begründet worden sind. Angesichts der kontraproduktiven Effekte der „antifaschistischen Erziehung“ in der DDR zeichnet sich gegenwärtig in den neuen Bundesländern eine Diskussion ab, in der deren theoretisches Konzept gegenüber dem Mißbrauch der Praxis gerettet werden soll

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Etwas vergröbert kann man auch angesichts noch bescheidener Ergebnisse doch drei grundsätzliche Positionen der Bewertung der unterschiedlichen Formen der „Vergangenheitsbewältigung“ unterscheiden: Die erste und zugleich traditionsreichste vertreten jene Autoren, die die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus vorwiegend in den Kategorien des Verdrängens und Vergessens beschreiben, als politisch-moralisches Skandalen anprangem und von einem „beinahe kollektive(n) Widerstand gegen die Selbsterkenntnis durch Geschichte“ sprechen Ähnlich schrieb Margarete Mitscherlich kürzlich im Argumentationsgang ihrer älteren These von der „Unfähigkeit zu trauern“, daß nur wenige Deutsche sich wirklich die Zeit nähmen, „sich mit ihrer Vergangenheit oder der ihres Volkes zu beschäftigen“ Noch radikaler sprach Ralph Giordano gar von der „zweiten Schuld“ und der „Dauerverdrängung eines Zeitalters“ und schlußfolgerte, daß der Nationalsozialismus 1945 zwar militärisch, aber bis heute nicht ideologisch überwunden worden sei Grundsätzlich sehr kritisch dazu Ralph Giordano: „Der Nationalsozialismus und die Auseinandersetzung mit seinem Erbe sind ein bundesdeutsches Dauer-thema. Der Leichenberg im Keller der deutschen Geschichte fragt nach dem Befinden weder der Tätergenerationen noch ihrer Kinder und Kindeskinder. Er ist da.“

Nun sind Mitscherlichs und Giordanos Thesen weder neu noch originell, sondern sie wiederholen in einem radikalen moralischen Gestus nur das, was seit den fünfziger Jahren immer wieder behauptet wurde, nämlich um die NS-Vergangenheit gäbe es bis zum heutigen Tage ein „großes Schweigen“ oder ein „kollektives Schweigen“, sie sei „verleugnet, verdrängt, verschwiegen“ worden oder eben gerade nicht verdrängt, sondern sehr bewußt um-gedeutet, um die Nazi-Täter zu entlasten und zu rehabilitieren „Vergangenheitsbewältigung“, so die populäre Diagnose, lag und liegt im argen. Aber die Wiederholung solcher Pauschalurteile bestätigt noch nicht ihren Wahrheitsgehalt. Man wird ihnen zustimmen oder widersprechen -je nachdem, welche Maßstäbe man für erfolgreiche Bewältigung der NS-Vergangenheit anlegt. Weil aber konsensfähige Beurteilungsmaßstäbe nicht existieren, bleibt die Frage nach der „Vergangenheitsbewältigung“ ein offenes Feld für politische Instrumentalisierungen, für selbstgerechtes Moralisieren und ein Tummelplatz für häufig nicht sehr sachkundig vorgetragenen Defizitdiagnosen.

Während sich Giordano wenigstens noch an einer historisch-politischen Analyse des Phänomens versucht, beklagen andere Autoren allenfalls „die Kluft zwischen öffentlicher Diskussion und privatem Schweigen über die Zeit des Nationalsozialismus“ oder demonstrieren ihren Lesern die eigene Betroffenheit über die kollektive Verdrängung der NS-Geschichte. Aufklärung über das schwierige Problem des Umgangs mit dem Nationalsozialismus und seinen Folgen wird man von ihnen allerdings nicht erwarten können. Auch der Versuch Adlers, sich dem Thema teils biographisch, teils mit Hilfe einer an der Soziobiologie orientierten psychiatrischen Methode anzunehmen, kommt über eine Kritik an den politisch-moralischen Ritualen der „Vergangenheitsbewältigung“ und dem Plädoyer für eine der naturwissenschaftlich-methodischen Aufklärung folgenden Handlungs-und Verantwortungsethik nicht hinaus

Im Gegensatz zu solchen Einschätzungen hat der Politologe und Zeithistoriker Peter Steinbach schon 1981 in einer Studie über die Ahndung nationalsozialistischer Gewaltverbrechen die radikale Gegenthese vertreten, es habe in der Bundes-republik eine „in der Menschheitsgeschichte wohl einmalige radikale Auseinandersetzung mit der Vergangenheit“ gegeben. Er sieht hier nicht nur die einschneidenden verfassungsrechtlichen Diskontinuitäten, sondern auch die antitotalitäre politische Legitimität der Bundesrepublik als einen herausstechenden Indikator für seine These an. Ähnlich charakterisierte der Politologe Hans-Peter Schwarz das Phänomen, wonach es im 20. Jahrhundert noch kein Land gegeben habe, daß „im Auftrag der eigenen Regierung und von eigenen Landsleuten begangene Verbrechen über einen so langen Zeitraum und mit solcher Intensität geahndet“ hätte. Man kann an anderen Ländern wie Japan, Italien, Griechenland, Spanien, Portugal etc. in der Tat belegen, daß sich Nachfolgedemokratien mit dem Erbe ihrer Diktaturen generell sehr schwer tun. Vor diesem Hintergrund kommt der deutsche Emigrant John Herz zu einer ähnlichen Bewertung. Man müsse die „Vergangenheitsbewältigung“ in Westdeutschland als erfolgreich bezeichnen und speziell betonen, „daß den politischen Opfern, und insbesondere dem Widerstand, genügend Aufmerksamkeit geschenkt worden ist, und ihre geschichtliche Rolle und Bedeutung im Bewußtsein der Öffentlichkeit zu verankern“

Dieser These ist vielfach von der bundesdeutschen Linken widersprochen worden. Im Vergleich zur DDR und ihrem ritualisierten Antifaschismus klinge sie zwar plausibel, aber gemessen an dem Kriterium des politisch Wünschbaren bleibe sie seit den fünfziger Jahren umstritten, sei die politische und moralische Anerkennung des Widerstandes über Jahre hinweg alles andere als gesellschaftlicher Konsens gewesen.

Nicht mit harter Bestrafung, sondern mit dem „größten Resozialisierungswerk“ sei die Bewältigung der Vergangenheit abgeschlossen worden, so lautet die Gegenthese. Genau in solch extrem kontroversen Bewertungen aber liegt die Crux des Themas. Denn niemand kann genau sagen, wie „Vergangenheitsbewältigung“ für die nachfolgenden Generationen oder für einzelne denn konkret auszusehen habe bzw. welche alternativen Möglichkeiten es für die Deutschen nach 1945 politisch gegeben hätte, selbstverantwortlich die Vergangenheit so zu verarbeiten, daß auch mentalitätsgeschichtlich die Akzeptanz anti-universalistischer, nationalistischer Dispositionen als überwunden gelten kann.

Wann endet die Nachkriegszeit bzw. die Verpflichtung zu kollektiver Verantwortung? Wäre, ähnlich wie in der DDR, die Konzentration auf die Produktionsmittelfrage der Königsweg gewesen, mit der Latenz der Faschismusgefahr zu brechen oder stand am Beginn der „Vergangenheitsbewältigung“ nicht jene pragmatische Alternative, die drastisch Eugen Kogon 1947 in die Formel goß: Man kann die alten Nazis „nur töten oder gewinnen, anders sollen nach den Erfahrungen der Weltgeschichte Feinde nie behandelt werden“ Die Kontroversen der Diskussion zeigen, daß hier vor allem politisch-moralische Grundsatzprobleme eine gewichtige Rolle spielen, daß etwa bedeutsame Fragen nach der des Elitenaustausches, den es in der DDR sehr wohl gegeben hat, oder nach der Möglichkeit und Akzeptanz einer sozialen Strukturreform unterschiedlich gewichtet werden.

Konnte man 1945 realistisch erwarten, die neue Demokratie „werde die Vergangenheit ihrer Bürger als eine ständige und heftige Anklage gegen ihre Bürger thematisieren“ Wenn man nicht blind ist gegenüber den politischen und psychologischen Möglichkeiten, die nach 1945 in den Westzonen existierten, so wird man erkennen müssen, daß die „Verdrängung“ der NS-Vergangenheit, die Integration der politisch und sozial Deklassierten der Preis für einen geglückten demokratischen Neuanfang war. Gleichwohl kann das nicht darüber hinwegtäuschen, daß der Nationalsozialismus gerade deshalb eben fürjene Demokratie konstitutiv werden sollte. Denn erstmals in der deutschen Geschichte sind Demokratie und Verfassungsstaat „Gemeingut linker und rechter Demokraten geworden ... Die politische Kultur der Republik nimmt Schaden, wenn Vergangenheitsbeschwörung in den Dienst einer , La democratie c’est nous‘-Attitüde gestellt wird -auch das ist eine der Regeln für den Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit, die gelernt werden müssen.“

V. „Vergangenheitsbewältigung“ als historisches Relikt?

Es ist kaum verwunderlich, daß es auch außerhalb des hier zu vernachlässigenden rechtsextremen Spektrums Stimmen gibt, die dem Nationalsozia-lismus zwar eine konstitutive Rolle für die politische Identität der Bundesrepublik zuweisen, die Frage nach der „Vergangenheitsbewältigung“ aber nur noch als ein „rhetorisches Problem“ sehen, das man am besten daran erkennt, „daß die Antifaschisten heute in der überwältigenden Mehrheit sind, daß , Faschismus 4 ein beliebtes Schimpfwort geworden ist und daß aus der Singularität der NS-Verbrechen -abgesehen von immer neuen Geldforderungen -keine weiteren Konsequenzen gezogen werden, von niemandem, auch nicht von den Linken. Wäre die »unbewältigte Vergangenheit 1 mehr als eine politisch-rhetorische Frage, wäre sie auch nicht zu ertragen.“

Fast logisch schließt sich an solche Überlegungen dann die Frage an: „Wie lange haften wir für Hitler?“ und sie mündet zunehmend in die Forderung, mit dem Ende der Nachkriegszeit auch das Ende der „Vergangenheitsbewältigung“ zu proklamieren. In diesem Sinne hat Arno Plack die pädagogischen Bemühungen um „Vergangenheitsbewältigung“ als einen kollektiven Zwangsakt beschrieben, der zwar einen Antifaschismus mit „gesinnungsstarken, kräftigen Worten“ hervorgebracht habe, „die die affektive Ladung der NS-Parolen nur gleichsam mit negativen Vorzeichen versehen“ aber letztlich keine mentalitätsgeschichtlichen Veränderungen bewirkt habe „Vergangenheitsbewältigung“, so wie sie sich in der Polemik Placks darstellt, hat danach nicht zu einer „Vitalkorrektur“ der Deutschen geführt, sondern lediglich zu einer oberflächlichen, gesinnungsbildenden und moralisierenden Attitüde.

Aus ähnlichen Motiven speist sich auch jene Kritik an der „Vergangenheitsbewältigung“, wie sie seit kurzem vor allem jüngere Politologen und Historiker unter dem Stichwort der Historisierung des Nationalsozialismus vortragen Dieser ursprünglich von Martin Broszat geprägte Begriff wird inzwischen mit unterschiedlichen Konnotationen verwendet. Broszat ging 1985 von der Beobachtung aus, daß der „Nazi-Schock“ noch immer weiter bestehe, jene Epoche aber inzwischen zu einem abgeschotteten moralischen Paradigma deutscher Geschichte geworden sei, in dem alle Ereignisse und Maßnahmen des Dritten Reiches unter dem Aspekt der NS-Herrschaftsstabilisierung interpretiert werden. Diese Tendenz führe zu einer hermetischen Abschottung jener zwölf Jahre nach vorn und hinten, damit zu bestimmten selektiven Sichtweisen.

Die neueren Befunde der Regional-, Alltags-und Sozialgeschichte, so Broszat, zeigten jedoch, daß die These von einer alles umfassenden Gewaltherrschaft überzeichnet worden sei. Vonnöten seien in diesem Sinne neue Sichtweisen; man dürfe der NS-Zeit künftig nicht mehr „eine Art methodischer Sonderbehandlung angedeihen lassen“ „Vor allem muß eine periodenübergreifende Betrachtung des ganzen neuzeitlichen deutschen Geschichtsraums entwickelt werden, in dem sich auch der Nationalsozialismus abgespielt hat. In solcher erweiterter Perspektive wird in mancher Hinsicht der Ort des Nationalsozialismus in der deutschen Geschichte neu zu bestimmen sein. Es werden schon lange vorher angelegte problematische Modernisierungstendenzen und Sozialpathologien sichtbar werden, die, im Nationalsozialismus legitimiert und zusammengerafft, in äußerste Gewaltsamkeit umschlugen. Mit solchem Blick wird es aber auch möglich sein, manche der bislang tabuisierten historischen Nachwirkungen der NS-Zeit in der gesellschaftlichen oder rechtlichen Verfassung der Bundesrepublik kritisch, aber ohne pauschale Denunziation in den Blick zu nehmen.“ Ähnlich präzisierte auch der Bochumer Historiker Hans Mommsen. Historisierung dürfe nicht mit Relativierung verwechselt werden. Vielmehr bedeute sie, „die Vielfältigkeit, die Widersprüchlichkeit und die relative Offenheit des NS-Systems ernstzunehmen und statt einer vorweggenommenen Pauschalablehnung des Nationalsozialismus dessen verschiedenste Erscheinungsformen, dessen destruktive Züge, aber auch dessen in den Augen vieler Zeitgenossen verheißungsvollen Momente herauszuarbeiten und damit die Motivationen aufzudecken, die dazu führten, daß eine Persönlichkeit wie Adolf Hitler ... bis in das Frühjahr 1945 hinein als über den Interessenkonflikten von Partei Staat stehende fungieren und Symbolfigur konnte“ Gegen diese Plädoyers sind zahlreiche grundsätzliche Bedenken, etwa von Saul Friedländer oder Dan Diner, geäußert worden. Sie wenden ein, daß damit die Gefahr einer Relativierung der NS-Verbrechen eröffnet und deren Singularität verwischt werden könne. In der Tat zeigt die Rezeption des Historisierungsbegriffs, daß er in noch ganz anderer Weise genutzt wird, als dies Broszat ursprünglich intendiert hatte. Im Kontext des „Historikerstreits“ entstand z. B. die Deutung, das Plädoyer für Historisierung sei gleichbedeutend mit der Leugnung der Einzigartigkeit der Praxis der Vernichtungslager. Es ist nicht von der Hand zu weisen, daß es solche Tendenzen in der jüngeren Geschichtsschreibung gibt und mit ihnen gegenwärtig auch Geschichtspolitik betrieben wird. Damit gewinnt die Historisierungsforderung einen andersartigen Charakter. Nicht mehr stehen, wie noch von Broszat gefordert, neue Forschungsergebnisse in ihrem Mittelpunkt, sondern das Element historisch-politischer Umorientierung und kollektiver Sinnstiftung, nämlich die Herstellung eines homogenen Bildes deutscher Nationalgeschichte und die Konstruktion einer nationalen Identität, in der die Vernichtungspolitik gegenüber den europäischen Juden als zentraler Bezugspunkt relativiert und der Nationalsozialismus als atypischer Sonderweg in der deutschen Geschichte interpretiert wird.

Zwar ist der Hinweis, die Behauptung der Singularität der NS-Gewaltverbrechen setze den Vergleich voraus, logisch korrekt. Aber er unterschlägt einen entscheidenden Aspekt: Die Singularitätsthese ist das Ergebnis eines Prüfprozesses, das die neue Dimension der NS-Vernichtungspolitik behauptet und ihre Einzigartigkeit begründet. Wer jedoch die unterschiedlichen „Massaker in der Weltgeschichte“ in vergleichender Absicht mit identischen Maßstäben analysiert, „muß unvermeidlich strukturell relativieren“ und bleibt bei einer begriffsdefinitorisch erzeugten formalen Komparatistik stehen, die die unterschiedlichen politischen Situationen und moralischen Implikationen von Verbrechen ignoriert bzw. für wissenschaftlich irrelevant erklärt. Aber schon aus kriminologischen und verfassungsgeschichtlichen Erwägungen heraus bleibt die Frage nach der Vergleichbarkeit zeitlich getrennter staatlicher Groß-verbrechen umstritten und veranlaßt zur „Vorsicht bei der Hypothesenbildung“

Was Historisierung für die konkrete Forschungspraxis bedeutet, ist bislang noch völlig ungeklärt. Auch die Versuche von Backes, Jesse und Zitelmann sind in dieser Hinsicht bei aller publizistischen Resonanz, die sie gefunden haben, enttäuschend. Sie plazieren den Begriff in den Kontext der „Vergangenheitsbewältigung“ und überlagern damit seinen ursprünglich wissenschaftsheuristischen Gehalt zugunsten einer explizit wissenschaftspolitischen Bedeutung, ohne selbst recht zu wissen, was darunter zu verstehen sei Deshalb wohl wählen sie eine Strategie der negativen Begriffsbestimmung. Das Plädoyer für eine Historisierung wende sich demzufolge -„gegen eine von moralisierenden Gesinnungsstatements und manichächistischen Schwarzweißbildern bestimmte Geschichtsbetrachtung“,

-gegen den Primat pädagogischer Intentionen vor dem „geschichtswissenschaftlichen Bemühen“,

-„gegen eine selektive Verarbeitung historischer Phänomene“

Natürlich möchte dem niemand widersprechen. Allerdings, und dies ist die Problematik dieser Sichtweise von Historisierung, argumentieren die Autoren von stark konstruierten und wenig realistischen Voraussetzungen aus. Sie unterstellen nämlich auf dem Gebiet der NS-Forschung „dominierende Schwarzweißstereotypen“ (S. 30), „Volkspädagogik und Frageverbote“ (S. 37) und behaupten, in der Geschichtswissenschaft halten sich „hartnäckig Restbestände eines vom Postulat der , Vergangenheitsbewältigung 4 bestimmten moralisierenden Umgangs mit der Zeit des Dritten Reiches, wird die Forschung noch immer durch Tabus und wissenschaftsfremde Motive blockiert“ (S. 48). Zwar wird die These, das Bild des Nationalsozialismus sei jahrzehntelang von „volkspädagogischen“ Interessen bestimmt und von politischen Tabus verzeichnet worden, nicht näher exemplifiziert oder belegt, aber das hindert z. B. Jesse nicht daran, „die selbstquälerische Form der Vergangenheitsbewältigung“ zu beklagen, eine „Bewältigungsmanie von Teilen der öffentlichen Meinung“ zu diagnostizieren, um schließlich seiner Überzeugung Ausdruck zu geben, „wie stark philosemitische Überlegungen die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit behindern“ Ähnlich mahnt Wolffsohn, Zeitgeschichte dürfe „nicht die Dienstmagd des volkspädagogisch, also politisch Erwünschten sein“

Natürlich ist es unbestreitbar, daß die sogenannte Aufarbeitung der Vergangenheit nach 1945 vor allem auch eine pädagogische Aufgabe war und ist. Aber Jesse, Wolffsohn u. a. kritisieren nicht diese Tatsache, sondern sie behaupten, das von der Geschichtswissenschaft gezeichnete Bild des Nationalsozialismus sei von pädagogischen Interessen und Intentionen verzeichnet. Deshalb habe das „Bewältigungsritual“ (Jesse) auch in der Geschichtswissenschaft zu Frageverboten, normativer Selektivität, Legendenbildung und Tabus geführt. Aus dem Blickwinkel dieser Unterstellung reduziert sich dann ihr Plädoyer für eine Historisierung auf den Versuch, solche vermeintlichen Frageverbote und Tabus zu durchbrechen und „Vergangenheitsbewältigung“ zu entmoralisieren. Gefordert wird ein „nüchteme(s) Bild der Hitler-Zeit“, das sich erst dann durchsetzen könne, „wenn es von einer anderen Form der Vergangenheitsbewältigung begleitet wird“

Es ist offenkundig, daß im Kontext der „Vergangenheitsbewältigung“ das Historisierungsproblem eine andere Wendung erfährt, als Broszat sie noch beabsichtigte. So ist die Kritik an der augenfälligen Diskrepanz „zwischen dem einseitigen Bild des Dritten Reiches wie es beispielsweise in Medien und Schulbüchern oftmals vermittelt wird, und den zunehmend differenzierten Ergebnissen, wie sie sich in Spezialstudien widerspiegeln“ nicht die Beschreibung einer strukturell bedingten, aber auch didaktisch begründbaren Vermittlungsproblematik zwischen Forschung und politischer Bildung, sondern sie enthält die Insinuation, dies sei „volkspädagogisch“ so gewollt

Solche Vorwürfe sind nicht neu. In der Regel wird dabei übersehen, daß hier nicht nur ein Problem zeitlicher Verzögerung angesprochen ist, sondern daß -wie neuere Untersuchungen zeigen -die Haltungen und Einstellungen der Lehrer eine entscheidende Rolle bei der Vermittlung eines bestimmten NS-Bildes im Rahmen historisch-politischer Bildung spielen. Zwar warnte auch Broszat gelegentlich vor der Gefahr, die eine vordergründige Pädagogisierung der NS-Zeit mit sich bringe, doch ließ er offen, wer oder welche Tendenzen damit gemeint waren. Es war jedenfalls kein Einwand gegen die pädagogische Verarbeitung des Nationalsozialismus, die -wie beschränkt in ihrer Wirkung auch immer -notwendig ist, schon deshalb, weil es keine Alternative zum institutionell organisierten Lernen aus Vergangenheit gibt. Gerade deshalb muß man sich der strukturellen Grenzen und beschränkten Wirkungen bewußt sein, denen historisch-politische Bildung unterliegt, und man darf sie gesellschaftspolitisch nicht in ihren Leistungsmöglichkeiten überfordern

VI. Ausblick

In den neuen Bundesländern machen Lehrer gegenwärtig die Erfahrung, wie unerläßlich und schwierig sich die Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit in den Schulen gestaltet, wenn sie nicht den verordneten Direktiven staatlicher Selbstlegitimation und dem Bemühen parteipolitischer Traditionsbildung folgt. Auch das einstige Establishment der direktivistischen DDR-Erziehungswissenschaft beginnt -dort, wo es selbstkritisch und nicht nur abwehrend die eigene Geschichte thematisiert -zu erkennen, daß Verurteilung und Tabuisierung des Faschismus eng miteinander verknüpft waren. Eine solche Aneignung von Geschichte läßt sich nur um den Preis der Leugnung der subjektiven Momente und lebens-weltlichen Kontexte dieses Prozesses politisch verordnen. Sie war zugleich von der illusionären Erwartung bestimmt, „der neue, an sozialistischen Idealen orientierte Mensch werde eo ipso Antifaschist sein, so daß es einer speziellen Auseinandersetzung mit dem Faschismus kaum noch bedürfe“ Der Nachholbedarf ist offensichtlich und es zeigt sich, daß die Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit und der Geschichte der DDR auch hier eine notwendige Voraussetzung für die bewußte Gestaltung der Gegenwart und Zukunft ist. Ihr müssen sich Geschichts-und Erziehungswissenschaft sowie die politische Bildung gleichermaßen stellen -in dem Bewußtsein, daß Vergangenheit sich nicht „bewältigen“ läßt und ihre Aufarbeitung ein infiniter Prozeß in der jeweiligen Neugestaltung der Generationsverhältnisse ist.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Dieser Beitrag entstand im Kontext eines von der DFG geförderten Forschungsprojektes zur „pädagogischen Verarbeitung des Nationalsozialismus in der der BRD und DDR (1945-1990)“.

  2. Vgl. Peter Dudek, Sozialwissenschaften und Nationalsozialismus. Zum Stand der disziplingeschichtlichen „Vergangenheitsbewältigung“, in: Neue Politische Literatur, 35 (1990), S. 407-442.

  3. Vgl. Eckhard Jesse, „Vergangenheitsbewältigung“ und politische Kultur, in: Politische Bildung, 23 (1990) 3, S. 60.

  4. Theodor W. Adorno: Erziehung zur Mündigkeit, Frankfurt/M. 1970, S. 10.

  5. Peter Dudek, „Aufarbeitung der Vergangenheit“ als Erziehungsprogramm? Über die Schwierigkeit, antifaschistische Jugendarbeit zu begründen, in: Neue Praxis, 12 (1982), S. 317-332.

  6. Bernd Hey, Zeitgeschichte und Vergangenheitsbewältigung, in: Bernd Hey/Peter Steinbach (Hrsg.), Zeitgeschichte und politisches Bewußtsein, Köln 1986, S. 79.

  7. Christian Meier, Vierzig Jahre nach Auschwitz. Deutsche Geschichtserinnerung heute, München 1990, S. 17.

  8. Vgl. Martin u. Sylvia Greiffenhagen, Ein schwieriges Vaterland. Zur politischen Kultur Deutschlands, Frankfurt/M. 1981, S. 49ff.

  9. Wilfried Röhrich, Die Demokratie der Westdeutschen. Geschichte und politisches Klima einer Republik, München 1988, S. 21.

  10. Vgl. Peter Reichel, Politische Kultur. Zur Geschichte eines Problems und zur Popularisierung eines Begriffs, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 42/82, S. 25.

  11. Vgl. Arno Klönne, Jugend im Dritten Reich, Köln 1982, S. 283.

  12. Bernd Weber, Anmerkungen zu Kurt-Ingo Flessau, Schule der Diktatur, Lehrpläne und Schulbücher des Nationalsozialismus in: Neue Sammlung, 19 (1979), S. 234.

  13. E. Jesse (Anm. 3) S. 57.

  14. Rainer Zitelmann, Vom Umgang mit der NS-Vergangenheit, in: Rolf Italiaander (Hrsg.), Bewußtseins-Notstand. Thesen von 60 Zeitzeugen, Düsseldorf 1990, S. 76.

  15. Dieser Begriff wurde ursprünglich von Hermann Heimpel geprägt und von Theodor Heuss in vielen Reden popularisiert.

  16. Peter Reichel, Vergangenheitsbewältigung als Problem unserer politischen Kultur, in: Jürgen Weber/Peter Steinbach (Hrsg.), Vergangenheitsbewältigung durch Strafverfahren? NS-Prozesse in der Bundesrepublik Deutschland, München 1984, S. 147.

  17. Zur Frage, inwieweit Vergangenheitsbewältigung als interessegeleiteter Kulturkampf gedeutet werden kann, vgl. Hans-Gerd Jaschke, Streitbare Demokratie und innere Sicherheit, Opladen 1991, S. 277ff.

  18. Vgl. Eckhard Jesse, Streitbare Demokratie und „Vergangenheitsbewältigung“, in: Bundesamt für Verfassungsschutz (Hrsg.), Verfassungsschutz in der Demokratie. Beiträge aus Wissenschaft und Praxis, Köln-Berlin 1990, S. 257-305.

  19. Vgl. Michael Wolffsohn, Ewige Schuld? 40 Jahre deutsch-jüdisch-israelische Beziehungen, München 1988.

  20. Vgl. Klaus Dietmar Henke/Hans Woller (Hrsg.), Politische Säuberung in Europa. Die Abrechnung mit Faschismus und Kollaboration nach dem Zweiten Weltkrieg, München 1991.

  21. Vgl. etwa Agnes Blänsdorf, Zur Konfrontation mit der NS-Vergangenheit in der Bundesrepublik, der DDR und Österreich. Entnazifizierung und Wiedergutmachungsleistungen, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 16-17/87, S. 3-18; Eckhard Jesse, Vergangenheitsbewältigung in Österreich und in der Bundesrepublik Deutschland. Ein Vergleich, in: Beiträge zur Konfliktforschung, 19 (1989), S. 77-90; Andreas Maislinger, „Vergangenheitsbewältigung“ in der Bundesrepublik Deutschland, der DDR und Österreich. Psychologisch-pädagogische Maßnahmen im Vergleich, in: Uwe Backes/Eckhard Jesse/Rainer Zitelmann (Hrsg.), Die Schatten der Vergangenheit. Impulse zur Historisierung des Nationalsozialismus, Frankfurt/M. -Berlin 1990, S. 479-496; Michael Wolffsohn, Das deutsch-israelische Wiedergutmachungsabkommen von 1952 im internationalen Zusammenhang, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 36 (1988), S. 691-731.

  22. Vgl. Karl Jaspers, Hoffnung und Sorge. Schriften zur deutschen Politik 1945-1965, München 1965.

  23. Vgl. Ulrich Wiegmann, Bildungsgeschichtliche Faschismusforschung -Aufgaben und Probleme, in: Pädagogik, 45 (1990), S. 297-303; ders., Vom Widerspruch zwischen antifaschistischem Anspruch und Erziehungspraxis in der DDR, in: Pädagogik in Schulalltag, 46 (1991), S. 401-409. Zur grundsätzlichen Kritik vgl. Wolfgang Wippermann, Antifaschismus in der DDR: Wirklichkeit und Ideologie, Berlin 1980.

  24. Günter Wichert/Ulrich Zwischen den -24 Heinemann, Zei ten: Geschichts-und Gegenwartsbewußtsein in der Bundesrepublik der achtziger Jahre, in: Landeszentrale für Politische Bildung (Hrsg.), Streitfall Deutsche Geschichte, Essen 1988, S. 2.

  25. Margarete Mitscherlich, Erinnerungsarbeit. Zur Psychoanalyse der Unfähigkeit zu trauern, Frankfurt/M. 1987, S. 7.

  26. Hans Becker/Sophinette Becker sprechen mit Blick auf den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik von einem Zusammenfügen der NS-Schuld und sehen sogar eine „dritte Schuld“, nämlich von der Schuld der Linken durch die Verleugnung der stalinistischen Verbrechen: Von der ersten zur zweiten und jetzt zur dritten Schuld, in: Frankfurter Rundschau vom 9. November 1990, S. 8. Zur erneuten Aktualität der Schuld-Diskussion durch den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik vgl. Karl-Heinz Janßen, Von deutscher Schuld. Warum Deutschland den Schatten der Vergangenheit nicht entfliehen kann, in: Die Zeit vom 16. November 1990, S. 48.

  27. Ralph Giordano: Die zweite Schuld oder Von der Last ein Deutscher zu sein, Hamburg 1987, S. 355.

  28. So einige einschlägige Buchtitel: Gabriele von Arnim, Das große Schweigen. Von der Schwierigkeit, mit den Schatten der Vergangenheit zu leben, München 1989; Barbara Heimannsberg/Christoph Schmidt (Hrsg.), Das kolektive Schweigen. Nazivergangenheit und gebrochene Identität in der Psychotherapie, Heidelberg 1988; Joachim Müller-Hohagen, Verleugnet, verdrängt, verschwiegen. Die seelischen Auswirkungen der Nazizeit, München 1988.

  29. Vgl. Hannes Friedrich, „Die Unfähigkeit zu trauern“ als die Fähigkeit zur bewußten Entlastung und Rehabilitierung der Nazitäter. Zur Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit in der Bundesrepublik Deutschland, in: Sozialwissenschaftliche Informationen für Wissenschaft und Unterricht, 16 (1987), S. 215-225.

  30. G. von Arnim (Anm. 28), S. 5.

  31. Vgl. Meinhard Adler, Vergangenheitsbewältigung in Deutschland, Frankfurt/M. -Bern 1990.

  32. Peter Steinbach, Nationalsozialistische Gewaltverbrechen. Die Diskussion in der deutschen Öffentlichkeit nach 1945, Berlin 1981, S. 8.

  33. Hans-Peter Schwarz, Die Ära Adenauer. Epochenwechsel 1957-1963. Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 3, Stuttgart -Wiesbaden 1983, S. 213.

  34. John Herz, Bürde der Vergangenheit oder: Wie die Deutschen mit der Nazihinterlassenschaft fertig wurden, in: Tel Aviver Jahrbuch für deutsche Geschichte, Bd. XIX (1990), S. 23.

  35. Jörg Friedrich, Die kalte Amnestie. NS-Täter in der Bundesrepublik Deutschland, Frankfurt/M. 1984, Vorwort.

  36. Eugen Kogon, Das Recht auf den politischen Irrtum, in: Frankfurter Hefte, 2 (1947), S. 655.

  37. Peter Graf Kiehnansegg, Lange Schatten. Vom Umgang der Deutschen mit der nationalsozialistischen Vergangenheit, Berlin 1989, S. 19.

  38. P. Graf Kielmansegg (Anm. 37), S. 94.

  39. Gerd Roellecke, Der Nationalsozialismus als politisches Layout der Bundesrepublik Deutschland, in: Der Staat, Bd. 28 (1989), S. 512.

  40. Klaus Groll, Wie wir für Michael lange haften Hitler? Zum Selbstverständnis der Deutschen heute, Düsseldorf 1990.

  41. Arno Plack, Wie oft wird Hitler noch besiegt?, München 1982, S. 64.

  42. Das entscheidende Manko sieht Plack darin, daß die westdeutsche Demokratie allein auf dem „Anti“ zu Hitler aufgebaut sei: „Hitler, mit negativen Vorzeichen versehen, wird so zum Leitstern der Demokratie. Unser Begriff von Volksherrschaft höhlt darunter sich aus, sofern er jemals erfüllt war von positiven Leitbildern demokratischer Gesinnung. Auch hierin ist Hitler noch zu besiegen“; A. Plack (Anm. 41), S. 346.

  43. So finden sich z. B. unter den 22 Autoren des von Bakkes, Jesse, Zitelmann (Anm. 21) herausgegebenen Bandes nur sieben Personen, die vor 1943 geboren sind. Genau die Hälfte entstammt den Jahrgängen zwischen 1947 und 1964.

  44. Hermann Graml/Klaus-Dietmar Henke (Hrsg.), Nach Hitler. Der schwierige Umgang mit unserer Geschichte. Beiträge von Martin Broszat, München 1986, S. 153.

  45. Martin Broszat, Plädoyer für eine Historisierung des Nationalsozialismus, in: Merkur, 39 (1985), S. 384.

  46. Hans Mommsen, Aufarbeitung und Verdrängung. Das Dritte Reich im westdeutschen Geschichtsbewußtsein, in: Dan Diner (Hrsg.), Ist der Nationalsozialismus Geschichte?, Frankfurt/M. 1987, S. 85.

  47. Imanuel Geiss, Massaker in der Weltgeschichte, in: U. Backes/E. Jesse/R. Zitelmann (Anm. 21), S. 111.

  48. Herbert Jäger, Über die Vergleichbarkeit staatlicher Großverbrechen. Der Historikerstreit aus kriminologischer Sicht, in: Merkur, 43 (1989), S. 505.

  49. Die Herausgeber widmen ihren Band „Martin Broszat zum Gedenken“. Doch das kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß sie gerade seinen Intentionen nicht folgen, sondern eher einen Popanz aufbauen, gegen den sich dann trefflich argumentieren läßt.

  50. U. Backes/E. Jesse/R. Zitelmann (Anm. 21), S. 27. Die folgenden Zitate entstammen diesem Aufsatz.

  51. Eckhard Jesse, Philosemitismus, Antisemitismus, und Anti-Antisemitismus. Vergangenheitsbewältigung und Tabus, in: ebd., S. 543.

  52. M. Wolffsohn (Anm. 21) S., 731. Das Argument vertrat Jesse schon 1987, und es wird hier wie an anderer Stelle stets auf eine private Äußerung Golo Manns zurückgeführt, daß die These von der Alleinverantwortlichkeit van der Lübbes für den Reichstagsbrand „sozusagen volkspädagogisch unwillkommen“ sei; vgl. Eckhard Jesse, „Vergangenheitsbewältigung“

  53. Neue Forschungsergebnisse legen die Autoren des Sammelbandes nur in Ansätzen vor. Auch der Gestus, man würde alte Tabus brechen und Legenden widerlegen, reduziert sich bei näherem Hinsehen auf Marginalien, auf „Widerlegungen“, die ernsthaft niemand behauptet oder auf den Nachweis, daß entgegen rechtsextremer Behauptungen in Auschwitz doch Millionen von Menschen vergast worden sind.

  54. U. Backes/E. Jesse/R. Zitelmann (Anm. 21), S. 48.

  55. Dies. (Anm. 21), S. 40.

  56. Im übrigen wird der Rückstand, den der Schulunterricht gegenüber der Forschung hat, durch die zahlreichen Unterrichtsmodelle, auf die Lehrer neben den Schulbüchern zurückgreifen können, merklich abgemildert.

  57. Vgl. Christel Hopf/Knut Nevermann/Ingrid Schmidt, Wie kamen die Nationalsozialisten an die Macht. Eine empirische Untersuchung von Deutungen im Unterricht, Frankfurt/M. -New York 1985.

  58. Vgl. Peter Dudek, Antifaschistische Erziehung? Skeptische Überlegungen zu einem pädagogischen Leitbegriff, in: Die Deutsche Schule, 82 (1990), S. 474-483.

  59. Gottfried Uhlig, Mit der Wurzel ausgerottet? Gedanken zur Bewältigung des Faschismus durch das Schulwesen der DDR, in: Pädagogik und Schulalltag, 46 (1991), S. 397.

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