Wohnungsversorgung in der Bundesrepublik Deutschland
Rudi Ulbrich
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Zusammenfassung
Die im Jahr 1987 durchgeführte Gebäude-und Wohnungszählung offenbarte für die (heute) westlichen Bundesländer eine insgesamt gute Wohnungsversorgung: Die Zahl der Wohnungen überstieg (leicht) die der Haushalte; die Wohnverhältnisse hatten sich im Zeitablauf nicht nur für die Bessersituierten, sondern auch für die weniger gut Verdienenden verbessert. Allerdings zeichneten sich auch Probleme ab: In der Bildung von Wohneigentum konnten die Bezieher niedriger Einkommen schon seit langem nicht mehr mithalten; im Mietwohnungsbestand waren sie aber von steigenden Mietbelastungen betroffen, die auch durch Wohngeldzahlungen nicht immer ausreichend reduziert wurden. Seit 1987 hat sich die Wohnungsmarktsituation sehr zum Schlechten verändert. Bedingt durch den konjunkturellen Aufschwung seit Mitte der achtziger Jahre sowie als Folge eines starken Bevölkerungswachstums durch die Zuwanderungswelle aus der ehemaligen DDR und dem osteuropäischen Ausland ist die Nachfrage nach Wohnungen weitaus stärker gestiegen als das Angebot, so daß jetzt ein empfindlicher Wohnungsmangel herrscht, der sich vor allem in den Ballungsgebieten in einem starken Mietpreisauftrieb, langen Warteschlangen von Wohnungsuchenden vor den städtischen Wohnungsämtern und zunehmender Obdachlosigkeit manifestiert. Auch in den neuen Bundesländern besteht Mangel an Wohnungen. Hinzu kommt, daß sich der Wohnungsbestand in einem sehr schlechten Zustand befindet. Große Anstrengungen sind hier nötig, um den anhaltenden Verfall der Bausubstanz zu stoppen, die Kembereiche der Städte zu revitalisieren, die Ausstattung der Wohnungen mit Sanitäreinrichtungen und Heizungen zu verbessern und die dabei notwendigen Mietanpassungen sozial verträglich zu gestalten.
I. Wohnungsversorgung in den westlichen Bundesländern
1. Ergebnisse der Gebäude-und Wohnungszählung 1987
Abbildung 3
Quelle: Statistisches Bundesamt, 1-Prozent-Wohnungsstichprobe 1978; Mikrozensus 1982, 1985; Gebäude-und Wohnungszählung 1987.Tabelle 3: Entwicklung der Wohneigentumsquote
Quelle: Statistisches Bundesamt, 1-Prozent-Wohnungsstichprobe 1978; Mikrozensus 1982, 1985; Gebäude-und Wohnungszählung 1987.Tabelle 3: Entwicklung der Wohneigentumsquote
Die letzte (1987) in der Bundesrepublik Deutsch-land durchgeführte Gebäude-und Wohnungszählung dokumentierte für die heute westlichen Bundesländer eine -global gesehen -gute Wohnungsversorgung. 26, 1 Millionen Haushalten (ohne doppelt gezählte Haushalte in Zweit-und Ferienwohnungen) stand eine Zahl von 26, 3 Millionen Wohnungen gegenüber, so daß es zumindest rechnerisch für jeden Haushalt eine Bleibe gab. Damit ist freilich nicht gesagt, daß auch an jedem Ort ausreichend Wohnungen vorhanden waren -zumal Abschläge für notwendige Fluktuationsreserve, nicht zur Verfügung stehende Zweitund Ferienwohnungen, Schlechtbestände und weitere nur bedingt disponible Wohnungsbestände noch nicht berücksichtigt worden sind. Tatsächlich hatten damals auch nicht alle Haushalte in Westdeutschland eine eigene Wohnung; 1, 5 Millionen waren Untermieter oder teilten sich eine Wohnung mit einem anderen Haushalt. a) Anzahl und Größe der Wohnungen Gegenüber dem Zeitpunkt der vorletzten Gebäude-und Wohnungszählung (1968) hatte sich die Wohnungsversorgung nicht nur quantitativ (damals 19, 7 Millionen Wohnungen für 20, 5 Millionen Haushalte), sondern vor allem qualitativ verbessert. Aus Tabelle 1 läßt sich im Vergleich zu 1968 ablesen, daß die Zahl der Wohnungen um 6, 6 Millionen oder 34 Prozent größer geworden war. Dagegen lebten in der Bundesrepublik 1987 nur 3, 4 Millionen oder 6 Prozent mehr Personen als 1968.
Abbildung 4
Quelle: Eigene Graphik des Institutes Wohnen und Umwelt Darmstadt (IWU). Abbildung 1: Haushalte in Wohnungen ohne Bad (Anteil in Prozent)
Quelle: Eigene Graphik des Institutes Wohnen und Umwelt Darmstadt (IWU). Abbildung 1: Haushalte in Wohnungen ohne Bad (Anteil in Prozent)
Der Vergleich mit der Zahl an Haushalten fällt demgegenüber nicht so günstig aus. Diese hat sich seit 1968 immerhin auch um 5, 9 Millionen oder 28 Prozent erhöht, was bedeutet, daß die Relation zwischen Haushalten und Wohnungen bis 1987 nicht gerade dramatisch gestiegen war. Aber die durchschnittliche Haushaltsgröße ist in den letzten zwanzig Jahren stark zurückgegangen. Das hat zur Folge, daß die Haushalte heute im allgemeinen doch wesentlich geräumiger wohnen können als damals.
Abbildung 5
Quelle: Eigene Graphik des IWU. Abbildung 2: Wohnflächen pro Kopf (in m 2)
Quelle: Eigene Graphik des IWU. Abbildung 2: Wohnflächen pro Kopf (in m 2)
So hatte sich die Zahl der Personen je Wohnung von 3, 0 auf 2, 4 verringert, während gleichzeitig die durchschnittliche Wohnfläche von 71 auf 86 Quadratmeter angestiegen war. Dadurch standen je Person statt vorher 24 nun 35, 5 Quadratmeter Wohnfläche zur Verfügung. Das bedeutet eine Steigerung um fast 50 Prozent. Haushalte in Mietwohnungen wohnen weniger großzügig als Haushalte in Eigentümerwohnungen, aber die jeweiligen Versorgungskennziffern differieren nicht sehr stark, bezüglich der Wohnfläche etwas mehr als bezüglich der Raumzahl. Von den Verbesserungen im Zeitablauf haben beide Gruppen kaum unterschiedlich profitiert. Bei dieser Betrachtung wird freilich vernachlässigt, daß Mieterhaushalte meistens eine kleinere Personenzahl als Eigentümerhaushalte aufweisen und kleine Haushalte pro Kopf mehr Raum oder Fläche benötigen als große Haushalte. Die Situation der Mieterhaushalte erscheint dadurch günstiger, als sie tatsächlich ist. Differenziert man nach der Haushaltsgröße, dann zeigt sich, daß bei übereinstimmender Personenzahl die Eigentümerhaushalte stets um 40 bis 50 Prozent mehr an Wohnfläche zur Verfügung hatten als die betreffenden Mieterhaushalte.
Abbildung 6
Quelle: Eigene Graphik des IWU.Abbildung 3: Wohneigentumsquote (Anteil in Prozent)
Quelle: Eigene Graphik des IWU.Abbildung 3: Wohneigentumsquote (Anteil in Prozent)
Die günstigere Situation der Haushalte in Wohneigentum bestätigt sich bei einer näheren Untersuchung raummäßiger Unterversorgungen. Geht man von der Norm aus, daß jedem Haushaltsmitglied mindestens ein Wohnraum zur Verfügung ste-hen sollte, dann waren 1987 insgesamt 14 Prozent der Mehrpersonenhaushalte als unterversorgt anzusehen. In der Unterscheidung nach der Haushaltsgröße und dem WohnVerhältnis (vgl. Tabelle 2) ergibt sich, daß große Haushalte sehr viel häufiger raummäßig unterversorgt waren als Haushalte mitkleinerer Personenzahl und Mieterhaushalte häufiger als Haushalte mit Wohneigentum. Im Zeitablauf haben sich in dieser Hinsicht besonders die großen Mieterhaushalte auch nicht verbessern können, eher ist das Gegenteil der Fall. Hauptmieter mit fünf oder mehr Personen hatten 1987 zu einem Anteil von ca. drei Viertel (darunter Ausländer so-gar mit einem Anteil von mehr als 85 Prozent) nicht für jedes Haushaltsmitglied einen eigenen Wohnraum zur Verfügung. Eigentümerhaushalte dieser Größe waren dagegen nur zu einem Viertel raummäßig unterversorgt. Auch bei den Haushalten mit zwei bis vier Personen ergaben sich für Eigentümer viel günstigere Versorgungsrelationen als für Mieter. b) Ausstattung der Wohnungen Die Wohnungen sind in zwanzig Jahren nicht nur größer, sondern auch erheblich komfortabler ge-worden. Der Anteil der Wohnungen ohne Bad hat sich von 28 Prozent im Jahr 1968 auf nur noch 4 Prozent im Jahr 1987 verringert. Umgekehrt vergrößerte sich der Anteil der mit Bad, WC und Sammelheizung vollausgestatteten Wohnungen von 30 auf fast 75 Prozent. Dabei sind aber auch die Wohnkosten beträchtlich angestiegen. Die Mietpreise haben sich im Betrachtungszeitraum auf das Dreifache ihres Anfangswertes erhöht. Das bedeutet eine Steigerungsrate von jahresdurchschnittlich 6, 1 Prozent, die damit deutlich überdem Anstieg der Löhne und Gehälter lag (5, 5 Prozent). Tabelle 1 enthält -zum Vergleich zu 1968 -auch Versorgungskennziffern aus der Wohnungsstichprobe des Jahres 1978. Danach waren die Verbesserungen in der Wohnungsversorgung in den siebziger Jahren wohl ausgeprägter als im Jahrzehnt danach. Das gilt auch für die Wohneigentumsquote, deren Erhöhung stets ein wichtiges Anliegen aller Bundesregierungen war. Noch bis Mitte der achtziger Jahre ist der Anteil der Haushalte, die in eigenen vier Wänden wohnten, kontinuierlich größer geworden; 1987 lieferte die Gebäude-und Wohnungszählung erstmals wieder eine etwas reduzierte Quote. Im Gegensatz zur Ansicht der Bundesregierung hat sich offenbar zuletzt auch für die größeren Haushalte die Ausstattung mit Wohneigentum nicht mehr verbessert (vgl. Tabelle 3).
Abbildung 7
Quelle: Eigene Graphik des IWU.Abbildung 4: Entwicklung der Wohneigentumsquote nach Haushaltsgröße und Einkommen
Quelle: Eigene Graphik des IWU.Abbildung 4: Entwicklung der Wohneigentumsquote nach Haushaltsgröße und Einkommen
Die Eigentumsquote für Ehepaare mit mindetjährigen Kindern ist von 1978 bis 1985 zunächst noch recht vorteilhaft von 45 auf fast 50 Prozent angewachsen, dann aber wieder leicht zurückgegangen auf etwa 48 Prozent Erst wenn man auch alle Haushalte mit erwachsenen Kindern in die Betrachtung einbezieht, gelangt man zu noch höheren Wohneigentumsquoten. Der Grund für die relativ schlechtere Wohneigentumsausstattung der Familien mit kleineren Kindern besteht darin, daß der Erwerb eines eigenen Hauses oder einer Wohnung oft erst recht spät erfolgt, wenn viele Kinder schon über das Grundschulalter hinaus sind. 1987 bis 1990 betrug das Durchschnittsalter der Erwerber von Wohneigentum nach einer Infratest-Studie 38 Jahre und war damit noch um ein Jahr höher als im Zeitraum 1983 bis 1985 So ist es denn auch nicht überra-sehend, daß von den jungen Familien mit Kindern (Haushaltsvorstand jünger als 30 Jahre) nur weniger als 20 Prozent mit Wohneigentum ausgestattet sind.
Abbildung 8
Quelle: Eigene Graphik des IWU. Abbildung 5: Mietpreisanstieg (Prozent gegenüber Vorjahr)
Quelle: Eigene Graphik des IWU. Abbildung 5: Mietpreisanstieg (Prozent gegenüber Vorjahr)
Neben den Normalfamilien dürfen die Alleinstehenden mit Kindern nicht aus dem Blick verloren werden. Diese bewohnen ebenfalls nur zu einem Anteil von weniger als 20 Prozent Haus-oder Wohnungseigentum, und im Zeitablauf hat sich ihre Eigentumsquote sogar reduziert. Zu einem noch geringeren Anteil (lediglich 10 Prozent) können Ausländerfamilien Wohneigentum nutzen.
Während sich in regionaler Hinsicht die Ausstattung der Wohnungen mit Bad, WC und Sammelheizung ziemlich einheitlich darstellt und auch die Wohnflächenversorgung der Haushalte regional nur wenig streut weichen die Wohneigentumsquoten von Ort zu Ort ganz erheblich voneinander ab. So konnten in den westdeutschen Großstädten mit mehr als 500000 Einwohnern 1987 insgesamt nur 17 Prozent der Haushalte Wohneigentum nutzen, in Berlin und Frankfurt am Main sogar nur 11 bis 12 Prozent; lediglich in Bremen waren es etwas mehr als 30 Prozent Schon in den Umlandgemeinden der größeren Städte erhöhte sich die Wohneigentumsquote oft auf über 50 Prozent, und in den ländlichen Gemeinden waren bis zu zwei Drittel der Haushalte mit Wohneigentum ausgestattet.
Quelle: Eigene Graphik des IWU. Abbildung 7: Einfluß des Wohngeldes auf die Mietbelastung
Quelle: Eigene Graphik des IWU. Abbildung 7: Einfluß des Wohngeldes auf die Mietbelastung
In einer überwiegend am Markt orientierten Wirtschaftsordnung sind die finanziellen Mittel, über die die Haushalte verfügen können, entscheidend für ihre Möglichkeiten zur Bedürfnisbefriedigung. Das gilt auch für die Wohnungsversorgung. Nicht überraschend ist es deshalb, daß sich Besserverdienende gut mit Wohnraum versorgen können. Aber gilt das auch für Haushalte, die finanziell we-niger leistungsfähig sind? a) Ausstattung und Wohnfläche Generell läßt sich feststellen, daß einkommensschwächere Haushalte in älteren, kleineren und schlechter ausgestatteten Wohnungen leben als Haushalte, die über höhere Einkommen verfügen. Gemessen an gängigen Wohnungsversorgungsnormen (z. B. Mindestausstattung der Wohnung mit WC und Bad, Kölner Empfehlungen zur Mindestwohnfläche) ist dennoch nur eine Minderheit als unversorgt zu bezeichnen. Zumindest bis 1987 läßt sich auch die populäre Behauptung die Fortschritte in der Wohnungsversorgung der Bessersi-tuierten gingen zu Lasten der Bezieher niedriger Einkommen, nicht bestätigen. An den allgemeinen Verbesserungen der Wohnverhältnisse waren Haushalte mit geringeren Einkommen (hier eingegrenzt auf das untere Fünftel in der Einkommensschichtung) vielmehr ebenfalls beteiligt.
Abbildung 12
Quelle: Statistisches Bundesamt, 1-Prozent-Wohnungsstichprobe 1978; Mikrozensus 1982; Gebäude-und Wohnungszählung 1987.Tabelle 5: Haushalte in unzulänglichen Wohnverhältnissen (Anzahl in 1000 bzw. Prozent der jeweiligen Kategorie)
Quelle: Statistisches Bundesamt, 1-Prozent-Wohnungsstichprobe 1978; Mikrozensus 1982; Gebäude-und Wohnungszählung 1987.Tabelle 5: Haushalte in unzulänglichen Wohnverhältnissen (Anzahl in 1000 bzw. Prozent der jeweiligen Kategorie)
Besonders deutlich zeigt sich dies in der Ausstattung ihrer Wohnungen. So hat sich von 1978 bis 1987 der Anteil der Haushalte, die ohne Bad in ihrer Wohnung auskommen müssen, von 21 auf 12 Prozent verringert (vgl. Abbildung 1); der Wohnflächenverbrauch ist von durchschnittlich 28 Quadratmetern pro Kopf im Jahr 1978 auf 31 im Jahr 1985 (vgl. Abbildung 2, neuere Zahlen sind in der Einkommensdifferenzierung nicht verfügbar) angestiegen; flächenmäßig unterversorgt waren 1978 fast 32 Prozent der Haushalte im unteren Einkommensfünftel, 1987 noch 23 Prozent. Festzustellen ist freilich auch, daß die Versorgungsverbesserungen der einkommensschwächeren Haushalte oft hinter denen der Haushalte im oberen Einkommensbereich zurückgeblieben sind. Einkommensschwache Haushalte mit fünf oder mehr Personen mußten seit Ende der siebziger Jahre sogar eine (leichte) Verringerung ihres Wohnflächenverbrauchs hinnehmen. b) Wohneigentum Insbesondere hat sich aber die Ausstattung der we-niger gut verdienenden Haushalte mit Wohneigentum verschlechtert. Entfiel in den siebziger Jahren vom Nettozugang an Eigentümerwohnungen gut ein Drittel auf die untere Einkommenshälfte, so betrug der Anteil danach nur noch 20 Prozent. Das unterste Einkommensfünftel hat seit 1978 netto kein Wohneigentum mehr bilden können. Die Zahl der Eigentümerhaushalte hat sich in dieser Einkommensschicht bis 1987 sogar verringert, im Gegensatz dazu ist die Wohneigentumsquote für die Haushalte des oberen Einkommensfünftels um so stärker angestiegen (vgl. Abbildung 3).
Abbildung 13
Abbildung 8: Entwicklung der Haushalte und Wohnungen Quelle: Eigene Graphik des IWU.
Abbildung 8: Entwicklung der Haushalte und Wohnungen Quelle: Eigene Graphik des IWU.
Obwohl somit eine zunehmende Schiefe der Verteilung des Wohneigentums auf Einkommensschichten festzustellen ist, gibt es immer noch auch eine beträchtliche Anzahl von Eigentümerhaushalten, die nur über geringe Einkommen verfügen. Großenteils handelt es sich dabei um ältere Menschen, die ihr Wohneigentum schon vor langer Zeit erworben haben. Da diese Haushalte oft nur eine oder zwei Personen umfassen, ist die Verteilung des Wohneigentums über die Einkommensschichten bei den kleinen Haushalten viel gleichmäßiger als bei den größeren (vg. Abbildung 4), obwohlsich hier „Normalisierungstendenzen“ ebenfalls andeuten. Ein-und Zweipersonenhaushalte ma-chen jedoch weniger als die Hälfte der Haus-und Wohnungseigentümer aus, und bei den größeren Haushalten hat sich die Eigentümerstruktur immer mehr zugunsten der oberen Einkommensgruppen verschoben. Das zeigt sich besonders deutlich bei kinderreichen Familien (Haushalte mit fünf oder mehr Personen), deren Wohneigentumsquote sich seit 1978 im untersten Einkommensfünftel um nicht weniger als 15 Prozentpunkte verringert hat, während sie sich im obersten Einkommensfünftel von einem ohnehin schon hohen Niveau aus noch einmal um 10 Prozentpunkte erhöhte. c) Mieten und Mietbelastungen Die Mehrzahl der einkommensschwächeren Haushalte ist heute noch mehr als früher darauf angewiesen, in Mietwohnungen eine Bleibe zu finden. Das gilt auch für kleinere, insbesondere junge Haushalte, die erst am Anfang ihrer Berufskarriere oder noch in der Ausbildung stehen. Alleinerziehende -und hier vor allem Frauen -zählen ebenfalls zu jenen Haushalten, die nur selten über Wohneigentum verfügen können. Und ganz besonders sind aus dem Ausland zuziehende Haushalte zunächst auf Mietwohnungen angewiesen. Für diese Haushalte müßte ein ausreichend großer Wohnungsbestand mit für sie tragbaren Mieten zur Verfügung stehen.
Abbildung 14
Quelle: Zusammenstellung des IWU. Tabelle 6: Vergleich einiger Kennziffern zur Wohnungsversorgung in den westlichen und östlichen Bundesländern (Stand 1987 bzw. 1989)
Quelle: Zusammenstellung des IWU. Tabelle 6: Vergleich einiger Kennziffern zur Wohnungsversorgung in den westlichen und östlichen Bundesländern (Stand 1987 bzw. 1989)
Der Mietpreisanstieg in den achtziger Jahren fiel im Durchschnitt nominal zwar geringer aus als in dem Jahrzehnt zuvor, doch ist dabei in Rechnung zu stellen, daß auch die allgemeine Inflationsrate wesentlich niedriger lag. Real (d. h. unter Berücksichtigung der Preissteigerungen für die gesamte Lebenshaltung) sind gerade umgekehrt die Mietpreise in den achtziger Jahren durchschnittlich stärker geklettert als in den siebziger Jahren (vgl. Abbildung 5). Seit Anfang der neunziger Jahre ist vor allem nominal, aber auch real erneut eine Forcierung des Mietpreisanstiegs zu konstatieren.
Von 1978 bis 1987 haben sich die Mietpreise im Bundesdurchschnitt von 4, 32 DM je Quadratmeter Wohnfläche um 59 Prozent auf 6, 87 DM je Quadratmeter erhöht. Inzwischen dürfte die Durchschnittsmiete auf annähernd neun DM angestiegen sein. Im Altbau und im Sozialwohnungsbau liegen die Mietpreise durchschnittlich um etwa eine DM darunter, im freifinanzierten Neubau um mehr als eine DM darüber.
Noch größere Unterschiede zwischen den Mieten bestehen in regionaler Hinsicht. 1987 lag das Mietpreisniveau in den zwölf größten Städten der Bundesrepublik um nahezu zwei DM oder 30 Prozentüber dem der ländlich geprägten Regionen. Im Altbau und im sozialen Wohnungsbau waren die Unterschiede etwas geringer, aber bei neueren freifinanzierten Wohnungen betrugen die Abweichungen bis über vier DM (mehr als 60 Prozent). Während Niveauunterschiede eindeutig nachweisbar sind, läßt sich dagegen nicht erkennen, daß die Mietpreise in den Ballungsgebieten auch wesentlich stärker zugenommen hätten als auf dem Lande. Von 1978 bis 1987 betrug die Mietsteigerungsrate in Großstädten mit mehr als 500 000 Einwohnern im Jahresmittel 5, 3 Prozent und war da-mit nur unwesentlich höher als im Durchschnitt aller Gemeindetypen (5, 2 Prozent), während sie sich in kleinen Umlandgemeinden oder gerade auch in kleineren Gemeinden in ländlich geprägten Regionen oft auf mehr als 6 Prozent belief (vgl. Tabelle 4). Die Mietpreisübersichten des Rings Deutscher Makler lassen auch für die Zeit nach 1987 nicht erkennen, daß das Mietniveau in Großstädten stärker gestiegen wäre als in kleineren Städten
Da zumindest in der ersten Hälfte der achtziger Jahre die Einkommen der Haushalte hinter dem Mietpreisanstieg zurückgeblieben sind, haben sich die Mietbelastungen deutlich erhöht. Besonders Haushalte mit geringem Einkommen mußten stark steigende Belastungen ihres Budgets durch höhere Mieten in Kauf nehmen (vgl. Abbildung 6). Haushalte des unteren Einkommensfünftels mußten für die Miete 1988 bereits fast ein Drittel ihres Einkommens aufbringen, im untersten Einkommenszehntel sogar 37 Prozent.
Der Anstieg der Mietbelastungen darf allerdings nicht ohne Hinweis auf die Entlastungseffekte durch das Wohngeld diskutiert werden. Die positive Wirkung dieses Instruments ist im Einzelfall durchaus beachtlich. 1990 führte das Wohngeld bei den Empfängern von Mietzuschüssen im Durchschnitt zu einer Reduzierung ihrer vorherigen Wohnkosten um mehr als ein Drittel. Bei Haushalten mit sehr niedrigen Einkommen lag die Entlastung oft bei 60 Prozent oder mehr. Insgesamt sind die Wirkungen des Wohngeldes jedoch nicht so günstig, weil viele wohngeldberechtigte Haushalte ihre Ansprüche nicht realisieren. Es ist eine Ausschöpfungsquote von weniger als 50 Prozent anzunehmen Abbildung 7 zeigt die Entlastungseffektedes Wohngeldes unter Berücksichtigung dieser Tatsache. Erkennbar ist zunächst, daß wenig verdienende Einkommensbezieher am stärksten vom Wohngeld profitieren. Im untersten Einkommenszehntel reduzierte sich 1988 durch die Gewährung von Mietzuschüssen die Belastungsquote von durchschnittlich 37 auf 28 Prozent. Das bedeutet eine Entlastung von den ursprünglichen Wohnkosten um rund ein Viertel. Für die Haushalte des folgenden Einkommenszehntels ergab sich bei einer Verminderung der Belastungsquote von 27 auf 25 Prozent durch das Wohngeld noch eine Entlastungswirkung von gut einem Zehntel. Gegenüber 1978 ist als Folge der Reform von 1986 die Vergünstigungswirkung des Wohngeldes zwar gesteigert worden, aber die verbleibenden Mietbelastungen für die einkommensschwächsten Haushalte in der Bundesrepublik sind immer noch weitaus am höchsten und im Zeitablauf auch am stärksten angewachsen Die Entlastungseffekte hätten indes wesentlich größer sein können, wenn alle berechtigten Haushalte. ihr Wohngeld auch beantragt hätten. 3. Unzulängliche Wohnverhältnisse Die Zahl der von unzulänglichen Wohnverhältnissen betroffenen Haushalte ist zwar relativ gering und hat im Zeitablauf insgesamt abgenommen, aber die Entwicklung ist nicht in allen Bereichen so positiv verlaufen.
Im einzelnen ergibt sich (vgl. Tabelle 5), daß seit Ende der siebziger Jahre die Zahl der in Behelfsheimen (Unterkünften) lebenden Haushalte von ca. 65000 auf 25000 abgenommen hat. Weiter wohnten 1978 noch 800000 Haushalte in Wohnungen ohne jegliche Komfortmerkmale, d. h. ohne Bad, ohne WC in der Wohnung und ohne Sammelheizung; 1987 waren das nur noch 250000 Haushalte. Über 200000 Haushalte wohnten 1978 extrem beengt mit mehr als zwei Personen pro Raum. Bis 1982 hatte sich die Zahl der Haushalte in überbelegten Wohnungen auf 90 000 reduziert, ist dann aber offenbar allmählich wieder bis auf 120000 (1987) angestiegen Insgesamt waren 1987 gut 300000 bis 350000 Haushalte, in denen 800000 bis 900000 Personen lebten, nach diesen Kriterien unzulänglich untergebracht.
Häufiger als Haushalte in Wohneigentum sind davon Mieterhaushalte betroffen gewesen. Hinsichtlich der Ausstattung unterversorgt waren verhältnismäßig oft Einpersonenhaushalte, einerseits junge und andererseits alte Haushalte, Ausländer drei bis viermal so häufig wie deutsche Haushalte. Haushalte des unteren Einkommensfünftels wohnten dreimal so oft in Wohnungen ohne Bad, WC und Sammelheizung wie die Haushalte im Durchschnitt. Mehr als die Hälfte der unzulänglich ausgestatteten Wohnungen entfiel auf diese Einkommensschicht.
Von Überbelegungen waren vor allem Ausländerhaushalte betroffen: zehnmal so häufig wie deutsche Haushalte. Fast die Hälfte der überbelegten Wohnungen wurde von ihnen bewohnt, obwohl sie nur 6 Prozent aller Wohnungsinhaberhaushalte ausmachten. Insgesamt wohnten 3, 5 Prozent der ausländischen Mehrpersonenhaushalte extrem beengt, von den Haushalten mit fünf oder mehr Personen sogar 7, 5 Prozent. Es muß wohl damit gerechnet werden, daß sich durch die angespannten Wohnungsmarktverhältnisse der letzten Jahre die Ausbreitung extremer Wohndichte wieder verstärkt hat; statistische Belege dafür gibt es zur Zeit aber nicht.
Die krasseste Form der Unterversorgung mit Wohnraum ist sicherlich die Obdachlosigkeit Darüber, wie viele Menschen in der Bundesrepublik Deutschland kein Dach über dem Kopf haben, gibt es ebenfalls keine offiziellen Statistiken. Nach Angaben der Städte und Gemeinden ist aber in allen Landesteilen eine steigende Zahl von Obdachlosenfällen zu beobachten, wobei die mangelnde Fähigkeit, die Wohnkosten tragen zu können, als eine entscheidende Ursache für Wohnungsverlust und Abgleiten in die Obdachlosigkeit angesehen wird. Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Wohnungslosenhilfe hat die Zahl der Obdachlosen in den alten Ländern im Jahr 1990 auf mehr als 800000 geschätzt, darunter --130000 alleinstehende Wohnungslose, 300 000 Personen in Obdachlosenunterkünften, -100000 Personen in gewerblichen Unterkünften (Pensionen),-100000 in Heimen und psychiatrischen Einrichtungen und -200 000 Aus-und Übersiedler in Übergangsunterkünften.
4. Entwicklungen seit 1987
Spätestens seit 1987 kann in der Bundesrepublik Deutschland auch von einem global ausgeglichenen Wohnungsmarkt nicht mehr die Rede sein.
Von Ende 1986 bis Ende 1991 hat sich der Wohnungsbestand von 26, 4 Millionen lediglich um 900000 auf 27, 3 Millionen erhöht. Im Jahrfünft zuvor sind es noch 1, 3 Millionen Einheiten gewesen. Ursächlich dafür ist die rückläufige Wohnungsbautätigkeit seit Mitte des Jahrzehnts Wurden zu Beginn der achtziger Jahre im Jahresdurchschnitt 370000 Wohnungen fertiggestellt (mit einem Höhepunkt von 400000 Fertigstellungen im Jahr 1984), so waren es in den Jahren ab 1986 im Schnitt nur noch gut 230 000 Wohnungen. 1988 wurden lediglich 208000 Wohnungen neu gebaut, auch nach der Wiederankurbelung des Wohnungsbaus sind es 1991 nur 315000 Wohnungsbaufertigstellungen gewesen.
Seit Ende 1986 hat die Anzahl der Haushalte sehr viel stärker zugenommen als der Bestand an Wohnungen, und zwar um mehr als 1, 9 Millionen bis Ende 1991. Lag die Wohnungszahl noch 1986 um ca. 400000 über der Zahl der Haushalte, so ergab sich 1991 bereits ein Defizit von 600000 Wohnungen. Auch wenn in den letzten Jahren zur Deckung der Zusatznachfrage zunächst noch ein Teil der leerstehenden Wohnungen (1987 etwas mehr als 450000) genutzt worden sein dürfte, muß sich doch die Zahl der Haushalte, die zur Untermiete wohnen oder die eine Wohnung mit einem anderen Haushalt (zumindest vorübergehend) teilen (müssen), von damals 1, 5 Millionen auf mehr als 3 Millionen erhöht haben. Anhand der Kurvenverläufe in Abbildung 8 ist erkennbar, wie stark sich die Wohnungsmarktverhältnisse in den letzten Jahren angespannt haben.
Verursacht wurde der Haushaltszuwachs durch die anhaltende Verringerung der durchschnittlichen Haushaltsgröße und den kräftigen Bevölkerungs-anstieg als Folge des Zustroms von Aus-und Übersiedlern aus dem osteuropäischen Ausland und der ehemaligen DDR und der verstärkten Zuwanderung von Ausländem. Der Wanderungsüberschuß der Jahre 1987 bis 1991 ergibt sich mit 3, 5 Millionen. Bei einer Fortsetzung des Trends der Haushaltsgrößendegression der vorherigen eineinhalb Jahrzehnte hätte sich die Haushaltszahl allerdings auch ohne Zuwanderungen um weit mehr als eine Million erhöht. Es wäre also auch infolge des „natürlichen“ Haushaltsbildungsverhaltens zu Verengungen am Wohnungsmarkt gekommen, die dann tatsächlich durch den Bevölkerungszuwachs ganz wesentlich verstärkt worden sind.
Kennzeichen der Anspannungen auf dem Wohnungsmarkt sind stark anziehende Mieten bei der Neu-und Wiedervermietung von nicht öffentlich gefördertem Wohnraum Zwar gibt es hierzu keine Repräsentativstatistiken; die jährlichen Mitteilungen des Rings Deutscher Makler lassen jedoch erkennen, daß sich in den Ballungszentren der westlichen Bundesländer die Mieten für Wohnungssuchende von 1987 bis 1991 um rd. 50 Prozent verteuert haben. Dem steht für die Mieten insgesamt (die sich überwiegend aus Bestandsmieten zusammensetzen) ein Anstieg um weniger als 20 Prozent gegenüber. Lagen die Neuvertragsmieten 1987 im Durchschnitt nur um bis 20 Prozent über den Bestandsmieten, so dürfte sich der Abstand inzwischen auf 40 bis 50 Prozent erweitert haben 15. In Großstädten sind nicht nur Haushalte mit geringem Einkommen, sondern auch „Normalverdiener“ kaum noch in der Lage, die hohen Einstandsmieten aufzubringen. Bei einer Wohnkostenbelastung (Brutto-Kaltmiete) aller Mieterhaushalte von durchschnittlich 23 Prozent ihres laufenden verfügbaren Einkommens ergibt sich bei Wohnungswechslem ein Durchschnitt von über 35 Prozent. In Einzelfällen können die Mietbelastungen speziell in freifinanzierten Neubauten noch viel höher sein.
Wohnungswechsler verfügen oft nicht über allzu hohe Einkommen. Überrepräsentiert als Wohnungsnachfrager sind junge Familien, Alleinerziehende, Ausländerhaushalte und ganz besonders junge Einpersonenhaushalte (Studenten), allesamt Einkommensgruppen, von denen anzunehmen ist, daß ihre Einkommen nicht im oberen Be-reich angesiedelt sind. Von der Enge des Woh-nungsmarktes sind demnach einkommensschwächere Gruppen besonders betroffen. Sie müssen nicht nur mit den besser situierten „Wohlstandswechslem“, gegenüber denen sie ohnehin im Hintertreffen sind sondern seit 1988 auch mit Hunderttausenden von Aus-und Übersiedlem um das knappe Angebot an Wohnungen konkurrieren. Wesentlich für ihre Schwierigkeiten ist weiter, daß auch das Angebot an Sozialwohnungen, in denen weniger verdienende Haushalte bislang noch Un terkommen konnten, wegen der Talfahrt im Sozialwohnungsbau und des Auslaufens von Wohnungsbindungen stark zurückgegangen ist. Die ohnehin niedrigen Fluktuationsraten im Sozialwohnungsbestand, die sich nach Auskunft der städtischen Wohnungsämter zuletzt noch weiter reduziert haben, tragen zur Verschärfung der Situation bei.
Als Folge des neuen Wohnungsmangels dürfte der Trend zur Haushaltsverkleinerung und zur Ausdehnung der Wohnfläche zunächst einmal gebrochen sein. Darauf deutet der (leichte) Wiederanstieg der durchschnittlichen Haushaltsgröße in den Ergebnissen der jüngsten Mikrozensen von 1990 und 1991 hin. Für die schlechter verdienenden Haushalte könnte sich diese Situation sogar dahingehend auswirken, daß sie sich in ihrem Verbrauch an Wohnfläche wieder einschränken müssen. Die schon von 1985 an steigende und 1987 abermals zunehmende Zahl extrem beengt untergebrachter Haushalte (s. o.) und die Ausbreitung der Obdachlosigkeit in vielen Städten sind Hinweise darauf. Über die wohnungswirtschaftlichen Tendenzen des Jahres 1992 gibt es noch keine abschließenden statistischen Befunde. Die vorliegenden Informationen vermitteln einen zwiespältigen Eindruck. Einerseits besteht Hoffnung, daß sich infolge der zunehmenden Bautätigkeit bei gleichzeitig abnehmendem Zuwanderungsdruck und durch niedrige Einkommenszuwächse gebremster Nachfrageentwicklung der Wohnungsengpaß nicht noch weiter erhöht hat. Auf entspanntere Wohnungsmarktverhältnisse deuten auch die jüngsten Berichte der Maklerverbände hin, die für die zweite Hälfte 1992 im Vergleich zu den Vorjahren erheblich verringerte Preissteigerungen melden. Andererseits haben sich erstmals nach längerer Zeit die Bestandsmieten wohl wieder stärker erhöht als die Einkommen der Bewohner, so daß ein neuerSchub für die Mietbelastung recht wahrscheinlich geworden ist.
II. Wohnungsversorgung in den östlichen Bundesländern
Über die Wohnungsversorgung der Haushalte in den östlichen Bundesländern liegt nur wenig repräsentatives statistisches Material vor. Insbesondere ist es kaum möglich, die besser fundierten Angaben über die Struktur des Wohnungsbestandes mit Daten zur Haushaltsstruktur zu verknüpfen, um so Aussagen über die Wohnungsversorgung verschiedener Haushaltsgruppen oder Einkommensschichten treffen zu können.
Bei einem Gesamtbestand von 26, 2 (1987, West) bzw. 7 Millionen Wohnungen (1989, Ost) stehen im Westen wie im Osten der Republik je 1000 Einwohner etwa 430 Wohnungen zur Verfügung (vgl. Tabelle 6). Bezogen auf die Zahl der Haushalte (26, 2 bzw. 6, 6 Millionen) ergibt sich im Osten so-gar eine günstigere Relation als im Westen -zumal dann, wenn man für die westlichen Bundesländer nicht die Situation von 1987, sondern die gegenwärtigen Verhältnisse zugrunde legt.
Die Angaben zum Wohnungsbestand in der ehemaligen DDR sind allerdings als deutlich überhöht anzusehen. Zum einen beruhen sie nicht wirklich auf einer Erhebung, sondern stellen Fortschreibungsergebnisse dar, bei denen ein Fehler in unbekannter Größenordnung zu berücksichtigen wäre. Zum anderen sind in den Bestandszahlen auch die wegen forgeschrittenen Verfalls nicht mehr nutzbaren Wohnungen enthalten. Die Zahl der wegen schwerwiegender baulicher Mängel unbewohnbaren Wohnungen muß mit weit mehr als 100000 angenommen werden, z. T. reichen die Schätzungen an eine halbe Million heran Daß auch in der ehemaligen DDR die Wohnungsmarktlage angespannt war, zeigt sich etwa daran, daß bei den für die Wohnungsvergabe zuständigen kommunalen Stellen zuletzt 780 000 Anträge von Wohnungssuchenden Vorlagen. Der größte Teil der Antragsteller (470000) waren Haushalte, die sich zusammen mit anderen eine Wohnung teilen mußten; bei den üb-rigen handelte es sich um Wohnungssuchende, die entweder in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht waren oder in Wohnungen, die wegen baulicher Mißstände von Räumung bedroht waren Daß sich die Lage seit 1989 trotz der hohen Abwanderung nicht gebessert hat, ergibt sich aus der Zahl der ausgestellten Wohnberechtigungsscheine. Von September 1990 bis Juni 1991 haben 6 Prozent aller Haushalte einen Wohnberechtigungsschein mit Dringlichkeit erhalten. Versorgt werden konnten davon im gleichen Zeitraum lediglich 28 Prozent
Auffällig im Vergleich zu den westlichen Bundesländern ist der große Wohnungsbestand der öffentlichen Hand. Der Anteil der ehemals volkseigenen, heute im kommunalen Besitz befindlichen Wohnungen beläuft sich auf über 40 Prozent; im Westen spielt kommunales Wohneigentum nur eine untergeordnete Rolle. Privateigentum an Wohnungen, das in den westlichen Bundesländern vier Fünftel des Bestandes ausmacht, bestand in der DDR demgegenüber nur in ebenfalls etwa 40 Prozent der Fälle. Private Haushalte Waren vor al-lem Eigentümer von Ein-und Zweifamilienhäusern, sehr viel weniger auch von Mehrfamilienhäusern oder von Eigentumswohnungen.
Während im Westen der Bundesrepublik 70 Prozent der Wohnungen nach dem Zweiten Weltkrieg gebaut worden sind, war es in den östlichen Bundesländern noch nicht einmal die Hälfte. Mehr als ein Drittel des Wohnungsbestandes stammt hier sogar aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Besonders Ein-und Zweifamlienhäuser weisen ein hohes Baualter auf, nur ein Fünftel besteht aus Nachkriegsbauten.
Hinzu kommt, daß die seit Anfang der siebziger Jahre gesteigerte Neubautätigkeit durch eine Vernachlässigung des Wohnungsbestandes erkauft worden ist Dadurch verschlechterte sich nicht nur der Erhaltungszustand der Wohnungen mehr und mehr, sondern auch hinsichtlich der Ausstattungsqualität der Wohnungen sind erhebliche Defizite im Vergleich zu den westlichen Bundesländern zu konstatieren. So verfügt immer noch knapp ein Viertel der Ost-Wohnungen nicht über ein Innen-WC, im Westen der Republik sind nur 2 Prozent der Wohnungen von diesem Mangel betroffen. Und während in den westlichen Bundesländern be-reits drei Viertel der Wohnungen mit modernen Zentralheizungsanlagen ausgestattet sind, macht der Anteil dieser Wohnungen im Osten weniger als die Hälfte aus. Besonders die Ein-und Zweifamilienhäuser weisen wegen nicht vorgenommener Modernisierungen -gemessen am modernen Standard -hohe Ausstattungsdefizite auf. Andererseits ist ihr Erhaltungszustand -wohl weil sie überwiegend von privaten Eigentümern bewirtschaftet worden sind, die sich selbst darum gekümmert ha-ben -oft besser als der von Mehrfamilienhäusern aus der Vorkriegszeit.
Schließlich sind in Westdeutschland die Wohnungen zumeist auch beträchtlich größer als im Osten. Das liegt vor allem im sehr viel höheren Anteil des Eigenheimbaus begründet, in dem wesentlich größere Wohnflächen als im Mietwohnungsbau realisiert worden sind. Die an der Wohnfläche gemessene Versorgung der westlichen Bundesbürger ist darum mit 36 Quadratmetern je Einwohner deutlich besser als in Ostdeutschland mit 28 Quadratmetern. Der Wohnungsbestand in der ehemaligen DDR wird deshalb oft als wenig bedarfsgerecht qualifiziert. Die Wohnungen sind klein und schränken individuelle Wohnbedürfnisse ein Fast 40 Prozent der Wohnungen weisen nur ein oder zwei Wohnräume auf (knapp 30 Prozent in den westlichen Bundesländern). Es fehlen alters-, behinderten-und familiengerechte Wohnungen. Ausreichend familienfreundliche Wohnungen gibt es in den westlichen Bundesländern allerdings auch nur im eigengenutzten Wohnungsbestand und viel zu wenig als Mietwohnungen (vgl. Ta-belle 2). Der Vergleich der genutzten Wohnflächen im Mietwohnungsbestand offenbart deshalb zwischen Ost und West erheblich geringere Unterschiede als bei Betrachtung des gesamten Wohnungsbestandes.
Entsprechend der Eigentümerstruktur des Wohnungsbestandes in den neuen Ländern liegt der Anteil des selbstgenutzten Wohneigentums lediglich bei 20 bis Prozent und damit fast nur halb so hoch wie in den alten Ländern Festzustellen ist allerdings, daß Wöhneigentum in der ehemaligen DDR kein Privileg der Besserverdienenden war. Untersuchungen des Statistischen Bundesamtes offenbaren sogar eine niedrigere Wohneigentumsquote für Familien mit höherem Einkommen als für Haushalte mit mittlerem oder niedrigerem Einkommen 25.
Sehr niedrig waren in der ehemaligen DDR die Mieten. Der Mietpreis je Quadratmeter Wohnfläche lag 1989 bei weniger als einer Mark (Ost); einschließlich Heizung und Warmwasser waren etwa I, 50 Mark pro Quadratmeter aufzubringen Dagegen belief sich die Kaltmiete in den alten Bundesländern bereits 1987 auf nahezu 7 DM pro Quadratmeter. Entsprechend niedrig waren die Mietbelastungen im Osten: Die verfügbaren Einkommen wurden durch Ausgaben für die Miete nur in Höhe von drei bis fünf Prozent belastet.
Zum 1. Oktober 1991 sind in einer ersten Stufe die Mieten in den neuen Bundesländern deutlich angehoben worden. Die Brutto-Kaltmiete ist dadurch auf mehr als drei DM pro Quadratmeter, die Warmmiete auf mehr als 5 DM angestiegen. Von der zweiten Mietstufe, die zum 1. Januar 1993 gültig wurde, erwartet z. B. das Land Brandenburg einen Anstieg auf 5 bis 5, 50 DM pro Quadratmeter kalt (brutto) bzw. auf 7 bis 7, 50 DM warm Im Vergleich dazu beläuft sich die Brutto-Kaltmiete in den westlichen Bundesländern gegenwärtig auf ca. 9 DM pro Quadratmeter, einschließlich Heizung und Warmwasser auf ca. 10, 50 DM -bei einem freilich wesentlich höheren Qualitätsstandard der Wohnungen als im Osten Deutschlands.
Die Mietlastquote ist in den östlichen Bundesländern für 1992 auf 11 bis 12 Prozent geschätzt worden. Die Ausgaben für die Warmmiete sollen sich auf 18 Prozent des verfügbaren Einkommens belaufen haben Die Mieterhöhungen des Jahres 1993 dürften unter Berücksichtigung der gleichzeitigen Einkommenssteigerungen zu einer Erhöhung des Niveaus um drei Prozentpunkte führen. Bei gleicher Berechnungsweise ergibt sich für die west-lichen Bundesländer eine Mietbelastung (bezogen auf die Brutto-Kaltmiete) von mehr als 20 Prozent.
Angesichts des immer noch relativ niedrigen Einkommensniveaus in den neuen Bundesländern spielt die Entlastung von den Wohnkosten durch Wohngeld eine besondere Rolle. Anders als im Westen sind hier nicht nur die Brutto-Kaltmieten, sondern auch die Heizungs-und Warmwasserkosten wohngeldfähig. Insgesamt erhalten gut 30 Prozent der Mieter und 20 Prozent der Haushalte mit selbstgenutztem Wöhneigentum Wohngeld In Westdeutschland sind dagegen nur 10 bis 11 Prozent der Mieter und sogar nur ein Prozent der Eigentümer Wohngeldempfänger. Durch die Wohngeldzahlungen reduziert sich der Anteil der selbst zu tragenden Wohnkosten (Brutto-Kaltmiete zuzüglich wohngeldfähiger Heizzuschläge) am verfügbaren Einkommen bei den Begünstigten von 27 auf 17 Prozent. Das bedeutet einen Entlastungseffekt von 37 Prozent. In den alten Bundesländern wird durch Mietzuschüsse nur eine Reduzierung der wesentlich höheren Wohnkostenbelastung (Warmmiete) von 42 auf 31 Prozent bewirkt (Entlastungseffekt: 26 Prozent).
Durch Mieterhöhungen wird in den östlichen Bundesländern ein Anstieg des für die Warmmiete aufzubringenden Einkommensanteils auf 18 bis 19 Prozent nach Wohngeld erwartet. Auch damit bleiben die von Wohngeldempfängern im Osten zu tragenden Belastungen noch erheblich unter den im Westen für Wohngeldempfänger üblichen Belastungen.
Rudi Ulbrich, Dr. rer. pol., geb. 1944; Studium der Volkswirtschaftslehre in Hamburg; wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut Wohnen und Umwelt, Darmstadt. Veröffentlichungen u. a.: Das Leistungsfähigkeitsprinzip der Besteuerung, Bern-Frankfurt am Main 1975; • Verteilungswirkungen des Förderungssystems für den Wohnungsbau, Schriftenreihe Wohnungsmarkt und Wohnungspolitik des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau, Heft 07. 010, Bonn 1980; Bestandsanalyse der Wohnungsversorgung bestimmter Haushaltstypen durch verschiedene Anbietergruppen, Institut Wohnen und Umwelt, Darmstadt 1983; Verteilungswirkungen wohnungspolitischer Instrumente, Institut Wohnen und Umwelt, Darmstadt 1992.