Europas Entwicklungspolitiken. Anspruch, Zielkonflikte, Interessen
Stefan Brüne
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Zusammenfassung
Die europäische Entwicklungspolitik steht vor wegweisenden Richtungsentscheidungen. Angesichts weltweit rückläufiger Finanzaufkommen für die öffentliche Entwicklungshilfe treten ökonomische und geopolitische Eigeninteressen der großen Geberländer immer stärker in den Vordergrund. Hier hat die Europäische Union als -zusammen mit ihren Mitgliedstaaten -weltweit größter entwicklungspolitischer Geber die Chance, als Korrektiv zu wirken. Dabei sollte eine regionale Konzentration auf die ärmste Weltregion -das subsaharische Afrika -mit einer schrittweisen Europäisierung öffentlicher Hilfe einhergehen.
I. Geleistete Entwicklungshilfe
„Wir müssen ein neues kühnes Programm aufstellen, um die Segnungen unserer Wissenschaft und Technik für die Erschließung der unterentwickelten Weltgegenden zu verwenden... Der alte Imperialismus -das heißt die Ausbeutung zugunsten ausländischer Geldgeber -hat mit diesem Konzept eines fairen Handels auf demokratischer Basis nichts zu tun.“ Seit Präsident Truman die Nachkriegszeit zur Ära der Entwicklungspolitik erklärte, sind viereinhalb Jahrzehnte vergangen, in denen die internationale Entwicklungszusammenarbeit zu einem veritablen Politikfeld wurde. Über den Sinn und die Notwendigkeit von Entwick-. lungshilfe wird heute wieder mehr gestritten. Als neben der Sozialpolitik einziges überwiegend ethisch-humanitär begründetes Politikfeld konnte die Entwicklungspolitik lange auf wohlwollende öffentliche Begleitung und kontinuierlich steigende Mittel zählen. 1992 belief sich das Volumen der weltweiten, nach DAC-Kriterien gewährten Entwicklungshilfe auf rund 62 Milliarden US-Dollar und war damit nominal etwa siebenmal so hoch wie 1970 und doppelt so hoch wie 1985. Erst in jüngster Zeit zeichnet sich -als Folge des ausklingenden Ost-West-Konfliktes, anhaltend niedriger Ölpreise und kriegsbedingter Wirtschaftsprobleme der Golfstaaten -eine Trendwende ab. Nachdem die weltweiten ODA-Leistungen in den siebziger und achtziger Jahren kontinuierlich jährlich um zwei bis drei Prozent gestiegen waren, gingen sie 1993, nach einer Phase verlangsamten Wachstums, erstmalig zurück. 1993 sank die öffentliche Entwicklungshilfe der DAC-Länder um 4, 8 auf 56 Milliarden US-Dollar und lag damit, inflationsbereinigt, um sechs Prozent unter dem Vorjahresniveau (zu den Entwicklungshilfebeiträgen der einzelnen Staaten s. Tabelle 1). Ze 8 auf 56 Milliarden US-Dollar und lag damit, inflationsbereinigt, um sechs Prozent unter dem Vorjahresniveau (zu den Entwicklungshilfebeiträgen der einzelnen Staaten s. Tabelle 1). Zehn der 21 DAC-Staaten 3, darunter Frankreich, Finnland, Kanada und die zunehmend mit sich selbst beschäftigten USA, haben in den vergangenen Jahren ihre Entwicklungshilfeetats, zum Teil spürbar, gekürzt. Im Ergebnis stellen die im Development Assistance Committee der OECD zusammengeschlossenen Länder jetzt durchschnittlich nur noch 0, 3 Prozent ihres Bruttosozialproduktes für öffentliche Entwicklungshilfe zur Verfügung -die niedrigste Rate seit 1973. Weitere Streichungen sind absehbar oder wurden bereits angekündigt 4. Auch die von Nicht-OECD-Ländem gewährten Hilfen sind rückläufig und erreichten 1992 mit nur 1, Milliarden US-Dollar -1980 waren es noch 8, 8 Milliarden -einen neuen Tiefstand. Da der Anteil der OPEC-und ehemaligen COMECON-Länder an den weltweiten ODA-Leistungen seit den frühen achtziger Jahren von über 30 Prozent auf heute 2, 5 Prozent gesunken ist, kommen die OECD-Staaten heute für 97, 5 Prozent der weltweit gewährten öffentlichen Entwicklungshilfe auf 5 (s. Tabelle 2). Der mit Abstand größte Einzelgeber bleibt Japan, das seinen Anteil an den weltweiten ODA-Leistungen in der zurückliegenden Dekade von 14 Prozent (1981/82) auf 18 Prozent (1991/92) erhöhte, seine entwicklungspolitische Bildungsarbeit intensivierte und mit neuen Ideen aufwartete: Japanische Postkunden haben seit kurzem die Möglichkeit, ihre Zinserträge automatisch bei entwicklungspolitischen Nichtregierungsorganisationen gutschreiben zu lassen. Zweitgrößter nationaler Geber bleiben, wenngleich mit anhaltend abnehmender Tendenz, die USA, die 1993 nur noch 0, 15 Prozent ihres Bruttosozialprodukts (BSP) für öffentliche Entwicklungshilfezwecke bereitstell-ten. Es folgen Frankreich, Deutschland sowie -mit deutlichem Abstand -Italien, Großbritannien und die Niederlande. Von jeweils 100 US-Dollar, die 1993 im Rahmen der ODA-Hilfe für Entwicklungsländer und multilaterale Organisationen zur Verfügung standen, stammte jeder zweite aus dem Europa der Zwölf, jeder fünfte aus Japan und nur noch jeder siebte aus den Vereinigten Staaten. Nur vier Länder -Norwegen, Dänemark, Schweden, Niederlande -kamen der Empfehlung der Vereinten Nationen nach und stellten 0, 7 Prozent ihres BSP für Entwicklungshilfezwecke zur Verfügung
II. Konsens der noblen Gesinnung
Abbildung 2
Quellen: Dieter Noblen, Lexikon Dritte Welt, Hamburg 1989, S. 509; OECD, Development Cooperation, Reports 1991-1994, Paris 1991-1995. Tabelle 2: Anteil der Hauptgebergruppen an der gesamten offiziellen Entwicklungshilfe (ODA) (in Prozent)
Quellen: Dieter Noblen, Lexikon Dritte Welt, Hamburg 1989, S. 509; OECD, Development Cooperation, Reports 1991-1994, Paris 1991-1995. Tabelle 2: Anteil der Hauptgebergruppen an der gesamten offiziellen Entwicklungshilfe (ODA) (in Prozent)
Entwicklungshilfe kann äußerst unterschiedlich, nämlich ökonomisch, außen-und sicherheitspolitisch oder auch humanitär-karitativ begründet werden. Am geläufigsten sind Auffassungen, die Entwicklungshilfe als Gemeinwohlerfordernis begreifen. Entwicklungspolitik ist in dieser Sicht eine einseitige, historisch oder sozialpolitisch begründete Pflichtenbeziehung der reichen Industrieländer zu den ärmeren Staaten -eine Art internationale Solidarbeziehung, die von geostrategischen und außenwirtschaftlichen Interessen mit dem Ziel abstrahiert, einen Wohlstandsausgleich zwischen Völkern in bitterer Not und jenen in relativem Wohlstand herbeizuführen. Eine solche, idealistisch geprägte Sichtweise deckt sich mit den politischen Wünschen der meisten Europäer, die sich in Umfragen mit großer Mehrheit für eine karitativ begründete Entwicklungszusammenarbeit aussprechen -und dabei auf verbreitete Armut und wachsende soziale Gegensätze verweisen Sie begünstigt aber zugleich Denkhaltungen, die sich in moralisierender Anklage und skeptisch stimmender Abstraktheit erschöpfen. Prognosen, nach denen im Jahr 2000 eine Milliarde Menschen als arm, eine weitere als gut versorgt und nur ein Sechstel der Menschheit als wohlhabend wird gelten können, müssen als realistisch gelten
Wahrscheinlich ist auch, daß im Jahre 2025 von den dann 8, 5 Milliarden Menschen zwei Drittel in den urbanen Slums der Entwicklungsländer zu Hause sein werden, ein Szenario, daß den polnischen Journalisten und Autor Ryszard KapuSciriski veranlaßt, für die Zukunft zwischen einer Zivilisation der Entwicklung und einer solchen des Über-lebens zu unterscheiden Absehbar scheint des weiteren, daß -trotz beachtlicher Erfolge im einzelnen -das wirtschaftliche Gefälle zwischen der OECD-Welt und den ärmeren Entwicklungsregionen weiter zunehmen wird. Während das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf in den Entwicklungsländern zwischen 1970 und 1990 um drei Prozent stieg (in Afrika ging es um zehn Prozent zurück), erhöhte es sich in den OECD-Staaten um 35 Prozent.
Dennoch stellt sich die Frage nach der politischen Wirkung von Analysen, die, indem sie globale Bedrohungen thematisieren, der Gefahr eines wohlmeinenden Alarmismus nicht immer entgehen Zu abstrakt und zu moralisch gefallen sich entwicklungspolitisch interessierte Teilöffentlichkeiten in Haltungen, die Zeitgeistanliegen und partikulare Gruppeninteressen modisch über-höhen und die empirische Analyse bei Bedarf durch einschlägige Reizvokabeln ersetzen. Das Ergebnis ist eine entwicklungspolitische Debatte, die von hohen Idealen (und verdeckten Interessen) lebt und die das Machbare geringschätzt.
Entwicklungspolitik ist ein junges, vergleichsweise unbedeutendes Politikfeld, über dessen Zukunft politisch noch nicht entschieden ist und dessen Gestaltungsspielräume angesichts weltweiter Probleme chronisch überschätzt werden Entwicklungspolitik ist aber auch und vor allem Interessen-politik -Ausdruck und Reflex historischer Bindungen, geographischer Nähe, kommerzieller Erwägungen, geopolitischer Kalküle, bürokratischer Eigeninteressen und nationaler Politiktraditionen. Es scheint daher reizvoll, die Sichtweise der meisten Europäer -also die Perspektive karitativ motivierter Besorgnis -aufzugeben und danach zu fragen, wie eine durchaus interessen-gebundene europäische Entwicklungspolitik aussehen könnte. Dies ist kein Verdikt gegen die mobilisierende Kraft der Empathie. Aber es ist ein Nachdenken, das darauf besteht, Zielkonflikte offen anzusprechen und im Blick auf konkrete Handlungsalternativen zu diskutieren.
. III. Maastricht und die Folgen
Abbildung 3
Tabelle 3: Geographische Verteilung der Gemeinschaftshilfe (in Prozent) Quelle: OECD, Development Cooperation, Report 1993, Paris 1994, S. 207f.
Tabelle 3: Geographische Verteilung der Gemeinschaftshilfe (in Prozent) Quelle: OECD, Development Cooperation, Report 1993, Paris 1994, S. 207f.
Seit Konrad Adenauer der französischen Regierung in den fünfziger Jahren pauschale Abfindungszahlungen für den Verzicht auf die EG-Assoziierung ihrer schwarzafrikanischen Kolonien anbot, hat sich die Europäische Gemeinschaft zu einem erfahrenen und profilierten entwicklungspolitischen Geber entwickelt. Mit den als wegweisend empfundenden Abkommen von Lome, Haushaltsmitteln von über 3, 7 Milliarden US-Dollar (1993) und dem Anspruch, kolonial und national geprägte Egoismen durch eine bedarfsbezogene Entwicklungspolitik überwinden zu wollen, zählt die Gemeinschaft -als Gemeinschaft -zu den mittelgroßen Gebern. Rechnet man die bilateralen ODA-Leistungen der EU-Mitgliedstaaten und das Finanzaufkommen für die Gemeinschaftshilfe zusammen, dann ist die EU der mit Abstand größte entwicklungspolitische Geber.
Selbst wenn eine jüngere Entschließung, in der das Europäische Parlament die „bahnbrechenden und positiven Ansätze der europäischen Entwicklungspolitik“ würdigt und deren „unverwechselbaren Charakter“ betont, als übertrieben gelten darf, so kann sich die Europäische Gemeinschaft doch zugute halten, das von Frankreich gelegte „Kuckucksei der Assoziierung“ originell und vorzeigbar genutzt zu haben. Dank der Abkommen von Yaounde (1963 und 1996) und Lomd (seit 1975) ist die aus der Europäischen Gemeinschaft hervorgegangene Europäische Union heute der einzige entwicklungspolitische Geber, der über langjährige Erfahrungen im „partnerschaftlichen Dialog“ verfügt und seine Beziehungen zu den Lome-Staaten auf eine rechtsverbindliche, einseitige Abhängigkeiten überwindende Grundlage gestellt hat Die Abkommen von Lome, die den Kern der EG/EU-Entwicklungspolitik darstellen, wiegen den Nachteil, kolonial begründete regionale Präferenzabkommen zu sein (und damit eine Reihe bedürftiger Länder indirekt zu diskriminieren), durch eine Reihe als vorbildlich geltender Besonderheiten auf. Sie legen die Ziele und Pflichten der Vertragsparteien verbindlich fest, erlauben dank mehrjähriger Laufzeiten (Lom 6 IV: 1991-2001) mittelfristige Planung, begrenzen als supranationale Vereinbarungen nationale Begehrlichkeiten, garantieren durch paritätisch besetzte Gremien einen kontinuierlichen Dialog und verbinden einen breiten Kooperationsansatz mit einem überdurchschnittlich hohen Schenkungsanteil
Eine bemerkenswerte Aufwertung hat die Entwicklungspolitik zudem durch den EG-Vertrag vom 7. Februar 1992 -den sogenannten Vertrag von Maastricht -erfahren. Hatten die Römischen Verträge nur vage auf die Herstellung engerer Wirtschaftsbeziehungen zwischen der EG und den ihr assoziierten Ländern abgestellt -und kein ausdrückliches entwicklungspolitisches Ziel gekannt -, so ist die Entwicklungszusammenarbeit der EU jetzt in einem für das künftige Europa konstitutiven Vertragswerk als Gemeinschaftsaufgabe anerkannt und in ihrer politischen Zielsetzung vertraglich festgelegt Die Europäische Gemeinschaft verfügt mit dem Vertrag von Maastricht über ein rechtlich verankertes entwicklungspolitisches Mandat, das neue Perspektiven eröffnen und zukunftsweisend sein könnte. Danach sollen sich die Union und die Mitgliedstaaten bei der Ausgestaltung der Entwicklungspolitik ergänzen (Komplementaritätsgrundsatz), ihre Politiken aufeinander abstimmen (Koordinierungsauftrag), nichts tun, was die Mitgliedstaaten nicht selbst ausreichend bewirken können (Subsidiaritätsprinzip) und entwicklungspolitische Ziele in allen Politikbereichen, die für Entwicklungsländer von Belang sind, berücksichtigen (Kohärenz-gebot)
Obgleich die Entwicklungspolitik jetzt erstmals als Politikbereich der Union rechtliche Anerkennung gefunden hat, darf dies nicht als umfassende Verlagerung von Kompetenzen auf die Gemeinschaftsebene mißverstanden werden. Auch in Zukunft wird die Europäische Union ihre Entwicklungspolitik in konkurrierender Zuständigkeit mit nationalen Gebern betreiben, wird sich die Entwicklungshilfe der Gemeinschaft als sechzehnte zu jenen der Mitgliedstaaten addieren. Der Vertrag von Maastricht definiert die Entwicklungspolitik ausdrücklich „als Ergänzung der entsprechenden Politiken der Mitgliedstaaten“ und weist der Kommission lediglich ein Initiativrecht bei deren Koordination zu. Dennoch scheint die Frage, ob durch den Vertrag von Maastricht eine Ausdehnung der Gemeinschaftskompetenzen stattgefunden hat, weniger juristisch als politisch bedeutsam. Nachdem es mit dem Vertragswerk gelungen ist, eine Rechtsgrundlage für etwas zu schaffen, was ohnehin seit drei Jahrzehnten existierte mehren sich in jüngster Zeit Stimmen, die einer weiteren oder gar vollen Vergemeinschaftung der europäischen Entwicklungs-und Südpolitik skeptisch gegenüberstehen. Dabei stehen Bedenken gegen eine exzessive bürokratische Reglementierung im Vordergrund. Der Wissenschaftliche Beirat des Ministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hat im März 1993 eine Stellungnahme veröffentlicht, in der er vor einer weiteren Europäisierung der Entwicklungszusammenarbeit mit dem Argument warnt, diese sei durch „Überlappungen, Doppel-arbeit ... eine gewisse Zufälligkeiten bei der Aufgabenverteilung ... internes Kompetenzgerangel, träge Abwicklung und fehlende analytische Kapazitäten“ belastet. Da dies gegenüber den nationalen Politiken mit ähnlichem Recht eingewandt werden kann -und es m. W. bislang keinen empirisch fundierten Effizienzvergleich zwischen der Entwicklungspolitik der Gemeinschaft und der einzelner Mitgliedstaaten gibt -, kann hier ein politisch motivierter Versuch, die Interpretationsspielräume des Vertragstexts für eine „Renationalisierung“ der Entwicklungspolitik zu nutzen, nicht ausgeschlossen werden Auch der Umstand, daß der Europäische Entwicklungsfonds nicht Teil des EU-Haushaltes ist, sondern nach wie vor aus den nationalen Haushalten finanziert (und von Brüssel verwaltet) wird, nährt den Verdacht, daß es einigen Mitgliedstaaten weniger um höhere Effizienz als um Mitsprache bei der Vergabe von Aufträgen geht.
Dies gilt insbesondere für Frankreich, das die Entwicklungspolitik der EU-Kommission personalpolitisch lange dominierte und dessen politisch durchgesetzte Exportpreise ins frankophone West-und Zentralafrika nach Weltbankauffassung lange um bis zu 30 Prozent über den Welt-marktpreisen für vergleichbare Güter lagen. Kritische Schätzungen gehen davon aus, daß von den 40 Milliarden Franc des französischen Entwicklungshilfehaushalts ein knappes Viertel für Projekte bestimmt ist, die -entwicklungspolitisch fragwürdig -vor allem französischen Lieferfirmen zugute kommen Auch nach dem binnenmarktbedingten Wegfall nationaler Lieferbindungen gibt es wirksame Möglichkeiten, nationale Wirtschaftsinteressen gezielt zu fördern. Der Beschluß des Haushaltsausschusses des Bundestags, den Anteil der multilateralen Hilfe durch eine Quotenregelung auf 30 Prozent zurückzuführen (1992 waren es 35 Prozent) zählt hierzu ebenso wie die Bereitstellung von 350 Millionen Mark aus dem Haushalt des BMZ, die einem deutschen Konsortium zu einem Auftrag für den U-Bahnbau in Kanton/China verhalf Auch der Umstand, daß die halbstaatliche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) auf ausdrücklichen Wunsch des BMZ grundsätzlich gehalten ist, Kraftfahrzeuge deutscher Produktion anzuschaffen (da nur so die deutsche Herkunft des Entwicklungsbeitrags deutlich werden könne), ist ökonomisch und entwicklungspolitisch kaum zu begründen.
Hinzu kommt, daß eine entwicklungspolitisch begründete Kosten-Nutzen-Rechnung auch die -kaum zu quantifizierenden -politischen und ökonomischen Kosten nationaler Egoismen und Einflußsuche in Rechnung stellen müßte. Wie stark geopolitische Kalküle entwicklungspolitisch begründete Ansprüche in den Hintergrund drängen können, haben zuletzt das französische Engagement in Ruanda aber auch -von der deutschen Öffentlichkeit kaum wahrgenommen -die jüngere Entwicklung der sudanesisch-europäischen Beziehungen deutlich gemacht.
Im Sudan, Afrikas flächengrößtem Staat, der mit einem durchschnittlichen jährlichen Pro-Kopf-Ein-kommen von 480 US-Dollar (1993) zu den Least Developed Countries (LDCs) zählt, bereitet die islamistische Regierung des arabisierten Nordens in diesen Tagen -nach über zwölfjährigem Bürgerkrieg (mit bislang etwa 1, 3 Millionen Toten) und dem Scheitern internationaler Vermittlungsbemühungen -eine neue Offensive gegen den teils animistischen, teils christianisierten, um staatliche Unabhängigkeit bemühten Süden vor. Dabei dürfte den regierenden Militärs die 1993 aufgenommene militärische Kooperation mit Teilen der französischen Administration (Training von Polizeioffizieren, Geheimdienstkooperation) zugute kommen. Vielfach bestätigten Presseberichten zufolge hat der französische Auslandsnachrichtendienst Khartoum im Januar 1994 als Gegenleistung für die Auslieferung des lange gesuchten Terroristen Carlos militärisch nutzbare Satellitenfotos zur Verfügung gestellt. Sollten diese Berichte zutreffen -worauf amerikanische Proteste hindeuten -, dann hätte Frankreich, das Anfang 1994 die EU-Präsidentschaft übernommen hat und im Oktober 1994 den Ausschluß des hochverschuldeten Sudan aus dem Internationalen Währungsfonds verhinderte, das vom EU-Ministerrat verhängte Waffenembargo gegen den Sudan, wenn nicht gebrochen, so doch unterlaufen.
Auf anhaltende und grundsätzliche Meinungsunterschiede deutet jedenfalls der jüngste Jahresbericht des niederländischen Außenministeriums hin, der nicht nur einen mangelnden europäischen Konsens beklagt, sondern sich auch -für Diplomaten ungewöhnlich -ausdrücklich die Option einer nicht mit der EG, sondern mit „Ländern wie Norwegen“ abgestimmten Sudanpolitik vorbehält. Wenn man darüber hinaus wichtige Wirtschaftsinteressen (Öl/Total, Airbus), innerfranzösische Gegensätze (Innen-ZAußenministerium), geopolitische Einflußkalküle (Ruanda, Zaire), wachsende regionale Spannungen (Abbruch der eritreischsudanesischen Beziehungen) in Rechnung stellt und weiß, daß Teile der französischen Politik in verbesserten Beziehungen zu Khartoum eine Möglichkeit sehen, den festgefahrenen Dialog zwischen der FIS (Front Islamique du Salut) und der Regierung in Algier zu beleben -dann wird die Vielfalt und Komplexität unterschiedlicher und zum Teil gegenläufiger Interessen ebenso deutlich wie die geringen Möglichkeiten, Entwicklungspolitik als prominentes Politikfeld mit eigenen Zielen zu etablieren
Hinzu kommen, häufig übersehen oder so nicht eingeräumt, innenpolitische Konstellationen. Während die entwicklungspolitischen Kosten des Ost-West-Konfliktes nach dessen Ende bereitwillig eingeräumt wurden und der entwicklungspolitische Nutzen staatlicher Exportförderung seit langem in Zweifel gezogen wird, sind die entwicklungshemmenden Wirkungen und Kosten nationaler Stabilität weitgehend Anathema. Gemeint ist die in keiner ministeriellen Broschüre nachzulesende Tatsache, daß die repräsentativen Demokratien des Westens aus innenpolitischen Gründen dazu neigen, binnenwirtschaftlich unerwünschte Konflikte zu externalisieren. Stockhausen hat darauf hingewiesen, daß der Umstand, daß nur wenige Länder die angestrebten 0, 7 Prozent des Brutto-sozialproduktes für die Entwicklungshilfe zur Verfügung stellen, einem (innen) politisch durchaus rationalen Kalkül entspricht In einem politischen Umfeld, in dem die Wahlchancen konkurrierender Parteien maßgeblich von binnenwirtschaftlichen Entwicklungen abhängen, haben die ärmsten und einflußlosesten Entwicklungsländer keine Lobby, neigen Regierungen dazu, marktwirtschaftlich gebotene Reformen (wie Exporterleichterungen für Entwicklungsländer) zurückzustellen. Hier wäre die EU in besonderem Maße gefordert, Vorstellungen zu entwickeln, die dem Kohärenz-gebot entsprechen. Ein erster wichtiger Schritt hierzu wäre die Offenlegung von Zielkonflikten.
Wir haben uns an eine Politik gewöhnt, die Länder einerseits außen-und wirtschaftspolitisch instrumentalisiert und andererseits so tut, als ließen sich die in der Regel sehr allgemein formulierten Ziele (Festigung der Demokratie, nachhaltige wirtschaftliche und soziale Entwicklung, harmonische Eingliederung der Entwicklungsländer in die Weltwirtschaft, Bekämpfung der Armut) widerspruchslos und ohne ökonomische Verlierer verwirklichen Während die einschlägigen Statistiken belegen, daß für die regionale Allokation staatlicher Entwicklungshilfe politische Faktoren eine zentrale Rolle spielen -mit Ägypten, der Elfenbeinküste, Kamerun, der Türkei und Jordanien zählen nicht die ärmsten, sondern politisch wichtige Länder zu den Hauptnutznießern von EU-Hilfen -, hält der offiziöse Diskurs an Auffassungen fest, die eine bruchlose Übereinstimmung entwicklungspolitischer Ziele und vitaler innen-und außenpolitischer Interessen suggerieren. Man kann dies als einen unseren politischen Strukturen inhärenten Mangel an Aufrichtigkeit beklagen, man kann darin aber auch den Versuch sehen, entwicklungspolitische Anliegen in einem Umfeld zu behaupten, in dem es zunehmend schwer fällt, öffentliche Aufmerksamkeit für ein politisch nachgeordnetes Anliegen zu bündeln.
IV. Geopolitischer Realismus und schrittweise Europäisierung
Was ergibt sich aus all dem als Anforderung an eine qualitativ verbesserte, zumindest aber wirksamer koordinierte europäische Entwicklungspolitik? Zunächst der Wunsch nach mehr Offenheit und Realismus. Angesichts einer überwiegend verantwortungsethisch und „mitleidspolitisch“ geführten Nord-Süd-Debatte (Kolonialschuld, Marginalisierung, globale Herausforderung) soll hier auf den Abgleich von Entwicklungsanspruch und Realität verzichtet und nach mittelfristig realisierbaren Optionen gefragt werden. Dabei stehen, und vielleicht weist dies europäischer Südpolitik konkretere Auswege als moralische Appelle und die normative Einforderung gleichberechtigter Beziehungen, folgende Annahmen im Vordergrund: 1. Entwicklungshilfe ist kein öffentliches internationales Gut, Das zentrale Kriterium für die Vergabe von Entwicklungshilfe ist nicht Bedarf. Im Vordergrund stehen, seitens der Geber, außenwirtschaftliche und geopolitische Gesichtspunkte und Einflußkalküle. Ins Gewicht fallen zudem, wenn auch weniger bedeutend, bürokratische Eigeninteressen großer nationaler und internationaler Durchführungsorganisationen. 2. Es ist unrealistisch anzunehmen, aus Solidarität mit „dem Süden“ würde „der Norden“ Politiken verfolgen, die er trotz anderer wichtiger Gründe nicht verfolgt. Solidarität kann Makropolitiken nur am Rande beeinflussen. Dauerhafte und flächendeckende Veränderungen sind von einem auf Solidarität gegründeten Handeln nicht zu erwarten 3. Der Vorhalt, der Norden habe ein wirkungsmächtiges friedens-, umweit-oder wirtschaftspolitisches Eigeninteresse an der Entwicklung des Südens, ist -in dieser Allgemeinheit -Selbsttäuschung auf hohem moralischen Niveau. Mahnende Hinweise, Europa müsse schon aus Gründen der Gefahrenabwehr (Ökologie, Migration, Drogen) eine aktive Südpolitik betreiben, verkennen deren realpolitisches Gewicht. Sie sind auch deshalb problematisch, weil sie Entwicklungspolitik mit Angstargumenten begründen. 4. An der Tatsache, daß Entwicklungspolitik überwiegend innenpolitisch determiniert ist und häufig als unwesentliches Korrektiv der Agrar-und Handelspolitiken erscheint, wird sich kurz-und mittelfristig nichts Wesentliches ändern lassen.
Aus einer solchen, bewußt nüchternen Perspektive ergäbe sich zunächst die Forderung, die EU-Süd-politik offen an außenwirtschaftlichen und außen-politischen Interessen auszurichten. Die südlichen Mittelmeeranrainer, die Ölproduzenten aus Nah-ost, China, Südostasien und Lateinamerika wären hier die Hauptpartner. In diesen Kontext gehört auch die Einsicht, daß das Demokratieziel angesichts massiver außenwirtschaftlicher und außen-politischer Interessen insbesondere in Asien einen auf Sicht unlösbaren Zielkonflikt bedingt. China und Saudi-Arabien werden auch in Zukunft kaum befürchten müssen, daß ihre Beziehungen zur EU wegen undemokratischer Verhältnisse im Innern leiden werden, und die Entwicklungspolitik ist zu schwach, hieran Wesentliches zu ändern.
Nahe läge in diesem Zusammenhang die Konzentration europäischer Entwicklungshilfebemühungen auf jenen Kontinent, in dem ihre Wirkung am größten wäre: auf Afrika. Nachdem die diesbezügliche Unentschiedenheit der EU lange Anlaß für ironische Kommentierung war -„In Paris wurde auch der Streit zwischen den Verfechtern einer weltweiten Politik und einer regionalen Bindung entschieden. Die Gemeinschaft erhielt den Auftrag, beide Wege zu gehen“ -, mehren sich die Argumente für eine regionale Schwerpunktsetzung. Hierzu trägt neben dem zeitlichen Abstand zur Kolonialzeit auch der Umstand bei, daß nach dem Gießkannenprinzip gewährte Leistungen -als Teil der Außenpolitik -zu einer politischen Anerkennungsprämie zu verkommen drohen DieBundesrepublik Deutschland finanzierte bis vor kurzem Entwicklungsprojekte in über hundert Ländern. Wenn man berücksichtigt, daß das Bruttosozialprodukt aller schwarzafrikanischen Staaten zusammen (Südafrika exkl.) nicht größer als das Belgiens ist und die wirtschaftliche Bedeutung vieler afrikanischer Staaten der von Osnabrück -also einer mittleren Stadt im westlichen Europa -entspricht, werden die Chancen, aber auch das relative Gewicht europäischer Hilfen deutlich Ein Land wie Mosambik finanzierte Anfang der neunziger Jahre über 90 Prozent seines Sozialproduktes aus Entwicklungshilfeleistungen. Umgekehrt können reduzierte europäische Exportbeihilfen binnen Jahresfrist dazu beitragen, daß sich die Einkommen afrikanischer Rindfleischproduzenten verdoppeln Anfang der neunziger Jahre waren zwei Drittel der europäischen Gemeinschaftshilfe für Afrika südlich der Sahara, ein Siebtel für den Mittleren Osten und Nordafrika, ein Zehntel für Lateinamerika und nur noch ein Zwanzigstel für die bevölkerungsreichen Länder Süd-und Zentral-asiens bestimmt (s. Tabelle 3).
Mit der Frage nach dem Sinn und Schwerpunkt regionaler Präferenzbindungen sind andere, wie die nach Umfang, Rechtsformen und konzeptioneller Ausrichtung, eng verknüpft. Dabei steht, angesichts des Kohärenzgebots und der in Aussicht genommenen „Gemeinsamen Außen-und Sicherheitspolitik“ (GASP), vor allem das überkommene Verhältnis von bi-und multilateraler Hilfe zur Disposition. Soll sich die künftige Entwicklungspolitik der Gemeinschaft, wie es der Vertrag von Maastricht vorsieht, vornehmlich als „Ergänzung der entsprechenden Politiken der Mitgliedstaaten“ verstehen, oder wäre eine verbindliche Koordinierung mit dem Ziel einer langfristig einheitlichen europäischen Entwicklungspolitik das Ziel?
Der frühere belgische Ministerpräsident Tindemanns hat 1977 die schrittweise Übertragung einzelstaatlicher Mittel auf die EG und den Ausbau spezifischer Kooperationsfelder vorgeschlagen, für den die EG gegenüber den Entwicklungsländern allein zuständig sein sollte. Ähnlich argumentiert heute der entwicklungspolitische Ausschuß des Europäischen Parlaments, wenn er -über Partei-und sonstige Grenzen hinweg -die Auffassung vertritt, daß die Entwicklungszusammenarbeit der EU sich nicht auf die Ergänzung nationaler Politiken beschränken, sondern langfristig deren Europäisierung anstreben sollte Ein Blick in den Vertrag von Maastricht, der eine Vielzahl von Interpretationen über das künftige Verhältnis von Gemeinschaft und Mitgliedstaaten zuläßt -und die Frage nach einer möglichen Europäisierung der Südpolitik und der grundlegenden Revision ihrer Instrumente ausklammert -, hilft hier nur begrenzt weiter. Was not tut sind politisch gewollte und politisch begründete Richtungsentscheidungen. Dabei gilt es, zwei eng miteinander zusammenhängende Fragen zu beantworten: 1. Gibt es Sinn, daß die Entwicklungszusammenarbeit langfristig den Status eines eigenständigen Politikbereichs behauptet, oder wäre es sinnvoller, sie -partiell oder vollständig -in die klassischen Politikbereiche Außen-, Sicherheits-und Wirtschaftspolitik zu integrieren 2. Soll die Europäische Union, wenn sie als entwicklungspolitischer Geber ein eigenes Profil wahren will, auf Dauer einer von sechzehn, der dominante oder der alleinige Geber sein? Anders formuliert: Soll die europäische Entwicklungspolitik durch eine systematisierte Abstimmung koordiniert und harmonisiert oder soll eine kohärente Entwicklungspolitik durch eine schrittweise Kompetenzverlagerung an die EG-Kommission erreicht werden
Gegenwärtig lassen sich in der EU Maßnahmen, die a) in ausschließlicher Gemeinschaftskompetenz wahrgenommen werden (Handelspräferenzen, Soforthilfe etc.); b) die in gemeinsamer Verantwortung von EG und Mitgliedsländern hegen (Nahrungsmittelhilfe, EZ mit den Mittelmeerdrittländern und den EL Asiens und Lateinamerikas); c) die von den Mitgliedstaaten finanziert und von der EG abgewickelt werden (Lome-Kooperation), und d) Graubereiche unterscheiden, in denen die EG agiert, ohne eine klar definierte gemeinschaftliche Rechtsgrundlage zu haben (gemeinsame Interessenvertretung in internationalen Nord-Süd-Konferenzen).
Für zusätzliche Verwirrung sorgen Pläne der neuen EU-Kommission, die Verantwortung für die Südpolitik mehreren Kommissaren zu übertragen -und damit an geographischen Präferenzen auszurichten.
Das Ergebnis dieser Gemengelage könnte, wie Anfang 1995 anläßlich der Halbzeitrevision des Lome-Abkommens deutlich wurde, eine im Umfang reduzierte und stärker an Eigeninteressen und bilateralen Präferenzen ausgerichtete „europäische“ Entwicklungspolitik sein. Der Vorschlag Frankreichs, den 8. Europäischen Entwicklungsfonds um ein Drittel auf 28 Milliarden Mark zu erhöhen, blieb in den anderen großen Geberländern ohne nennenswerte Unterstützung. Während Großbritannien seinen Beitrag spürbar reduzieren wollte, sprachen sich Deutschland, die Niederlande und Italien dafür aus, es bei dem bisherigen Finanzbeitrag zu belassen (also keinen Inflationsausgleich zu gewähren), so daß die ursprünglich für Mitte Februar 1995 anberaumten EU-AKP-Verhandlungen auf unbestimmte Zeit verschoben werden mußten. Von den schleppenden Verhandlungen und der deutsch-britischen Ankündigung, wegen des Verdachts der Verschwendung künftig weniger multilaterale und mehr bilaterale Entwicklungshilfe anbieten zu wollen, zeigte sich vor allem Frankreich, Hauptlieferant und Handelspartner der AKP-Staaten, enttäuscht. Der französische Außenminister Juppe („Wer nicht mehr multilateral hilft, stellt damit letztlich die EU in Frage“) äußerte offen die Vermutung, daß der Verweis auf die angeblich „effizientere“ bilaterale EZ vorgeschoben sei.
Diese Argumentation, die unerwähnt läßt, daß Frankreich aus der AKP-Kooperation beträchtliche ökonomische Vorteile zieht, ist im Kern nachvollziehbar. Durch eine klar definierte Aufgaben-teilung der bestehenden Akteure (Ministerrat, Kommission, nationale Ministerien, Durchführungsorganisationen, Außenvertretungen) könnte der Prozeß der Europäisierung -der allerdings mit einer verbesserten parlamentarischen Kontrollmöglichkeit d^s seit Juni 1979 in allen EU-Staaten direkt gewählten Europäischen Parlaments einhergehen müßte -mit vergleichsweise geringen institutioneilen Veränderungen und ohne weitere Bürokratisierung realisiert werden. Was fehlt, ist der politische Wille. Frankreich, dessen Beitrag zum Europäischen Entwicklungsfonds (EEF) (24 Prozent) gemessen an seiner Wirtschaftskraft überproportional hoch ist (Bonn kommt für 26, London für 16, 5 Prozent auf), hatte in der Vergangenheit mit Blick auf seine ehemaligen Kolonien stets für eine großzügige Dimensionierung der AKP-Hilfe plädiert. „Logisch zu Ende gedacht“, so Juppe, stelle die fehlende Bereitschaft, an einem der besten Instrumente gemeinsamer Politik festzuhalten, auch die in Aussicht genommene gemeinsame EU-Außenpolitik in Frage
Das Europa der 15 ist mit derzeit 370 Mio. Einwohnern eine der politisch stabilsten und wohlha-bendsten Regionen der Welt. Um die Jahrtausendwende werden der Europäischen Union voraussichtlich 20, wenige Jahre später vielleicht schon 35 Staaten mit dann 550 Mio. Einwohnern angehören Es wäre zu wünschen, daß die Union auch in Zukunft vertragliche und institutionelle Garantien für die Berücksichtigung entwicklungspolitischer Belange bietet. Denkbar wären -als Versuch einer „qualitativen Europäisierung“ künftiger Südpolitik -den Lome-Abkommen nachempfundene kündbare Entwicklungsverträge, in denen beide Seiten Ziele und Verpflichtungen festhalten und in denen die schwächeren Partner durch Fristen und Schlichtungsverfahren vor willkürlichen Kündigungen geschützt wären
Stefan Brüne, Dr. phil. habil., geb. 1950; Studium der Politikwissenschaft, Geschichte, Philosophie und Germanistik in Mainz, Marburg/L. und Berlin; seit 1992 wissenschaftlicher Referent am Deutschen Übersee-Institut in Hamburg; Privatdozent an der Universität Osnabrück. Veröffentlichungen u. a.: (Mithrsg.) Jahrbuch Dritte Welt 1995, München 1994; (zus. mit Joachim Betz/Winrich Kühne) Africa and Europe. Relations of two continents in transition, Hamburg 1994; Zwischen Hegemonie und Entwicklungsanspruch: Die französische Afrikapolitik südlich der Sahara, Baden-Baden 1995 (i. E.).
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