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Chinas Entwicklungszusammenarbeit | Entwicklungszusammenarbeit | bpb.de

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Chinas Entwicklungszusammenarbeit

Julia Bader Christine Hackenesch

/ 12 Minuten zu lesen

Chinas Entwicklungszusammenarbeit ist umstritten. Kritiker bemängeln fehlende Transparenz, Korruption und die Rolle des Landes bei der Verschuldung von Staaten des Globalen Südens. Die dortige Bevölkerung bewertet die Zusammenarbeit hingegen überwiegend positiv.

Die Entwicklungszusammenarbeit (EZ) der Volksrepublik China hat in den letzten Jahren viel Aufsehen erregt und für kontroverse Debatten gesorgt. Gleichwohl ist sie kein neues Phänomen. Schon in den 1950er Jahren unterstützte China im Kontext des Kalten Krieges sozialistische oder revolutionäre Gruppierungen, zunächst in der Demokratischen Republik Vietnam, Nordkorea und der Mongolei. Nach der Bandung-Konferenz im Jahr 1955 und dem Bruch mit der Sowjetunion erweiterte Mao Zedong die EZ auf nichtsozialistische Unabhängigkeitsbewegungen in weiteren Ländern Asiens und Afrikas. China entsandte beispielsweise Ärzteteams oder unterstützte diese Bewegungen mit Militärhilfe. Die Ursprünge chinesischer EZ liegen also einerseits in der Blockkonfrontation mit dem Westen und der Sowjetunion, andererseits im Gedankengut einer sozialistischen Bruderschaft und einem Solidaritätsgefühl gegenüber Völkern unter kolonialer Herrschaft.

Ende der 1960er Jahre intensivierte China seine EZ und warb damit auch um diplomatische Anerkennung. Dafür investierte es unter anderem in gigantische Infrastrukturprojekte wie die TAZARA-Eisenbahn zwischen Daressalam in Tansania und Kapiri Mposhi in Sambia. 1971 erhielt die Volksrepublik China einen Sitz in den Vereinten Nationen und löste damit Taiwan ab, das bis dato den Sitz Chinas innegehabt hatte. Auch heute noch ist das Bekenntnis zur Ein-China-Politik, also die diplomatische Anerkennung der Volksrepublik – und nur der Volksrepublik – eine Voraussetzung für chinesische EZ.

Während der Reformperiode unter Parteiführer Deng Xiaoping ab den 1980er Jahren konzentrierte sich China auf die eigenen Wirtschaftsreformen und reduzierte sein entwicklungspolitisches Engagement unter dem Slogan „weniger, aber besser“. Die Regierung beließ es im Wesentlichen dabei, Ärzteteams zu entsenden, und pflegte diplomatische Beziehungen; große Infrastrukturprojekte wurden nicht mehr initiiert. Unter dem Druck kritischer Stimmen in China, die angesichts des chinesischen Entwicklungsrückstands die eigene EZ hinterfragten, verschoben sich deren Leitprinzipien. Zwar konnte Deng Xiaoping das chinesische Engagement als ein notwendiges außenpolitisches Instrument positionieren und erhalten, jedoch wurden nun neben den Prinzipien der Nicht-Einmischung und Selbstbestimmung der 1960er und 1970er Jahre auch das Prinzip des gegenseitigen Nutzens und der gemeinsamen Entwicklung (win-win und mututal benefit) stärker betont. Chinas EZ wandelte sich von einem Mittel zur Unterstützung sozialistischer und revolutionärer Bewegungen zu einem pragmatischen Instrument zur Förderung der chinesischen Wirtschaft. Entwicklungsgelder wurden nun zum Beispiel auch eingesetzt, um Kreditzinsen zu subventionieren. Bis heute positioniert China sich als das größte Entwicklungsland und argumentiert, dass es deshalb auch von der eigenen EZ profitieren sollte.

Um Chinas Isolation durch den Westen nach der Niederschlagung der Protestbewegung auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Beijing im Juni 1989 zu durchbrechen, bemühte sich die Regierung auch über EZ, die Beziehungen zu Ländern des Globalen Südens zu intensivieren. Mit Chinas wirtschaftlichem Öffnungsprozess gewannen wirtschaftliche Interessen als Motiv für EZ langsam an Bedeutung.

Seit Mitte der 1990er Jahre spielten die Beziehungen zu Ländern des Globalen Südens eine größere Rolle bei der Deckung des stetig steigenden Rohstoffbedarfs der chinesischen Volkswirtschaft. Entsprechend dient die im Jahr 1999 initiierte Strategie eines größeren globalen Wirtschaftsengagements („Going-out-Strategie“) unter anderem der Rohstoffsicherung und soll chinesische Staatsunternehmen international wettbewerbsfähig machen. Mit dem Beitritt Chinas in die Welthandelsorganisation Ende 2001 wurden Länder des Globalen Südens zu wichtigen Absatzmärkten für chinesische Projekte. Die Belt and Road Initiative weitete diese Strategie aus und soll nicht nur das Wirtschaftswachstum in den westlichen chinesischen Provinzen fördern, sondern gleichzeitig die Konnektivität und die internationalen Absatzmärkte für chinesische Produkte ausweiten. Der chinesischen EZ kommen in diesem Kontext zwei zentrale Funktionen zu: Sie soll einerseits die Wirtschaftsbeziehungen fördern und flankieren und andererseits für politische Unterstützung (etwa in den Vereinten Nationen) sorgen und China als verantwortlichen globalen Akteur platzieren, von dessen „Aufstieg“ keine Bedrohung für andere Länder ausgeht.

Selbstverständnis und Prinzipien seit 2000

Die chinesische Regierung versteht Entwicklung vornehmlich als technologiegetriebene Wirtschaftsentwicklung, die sie als Voraussetzung für Armutsbekämpfung, Programme im Gesundheits-, Bildungs- und Sozialwesen sowie insgesamt für die Verbesserung der Lebensumstände sieht. Wenig überraschend angesichts des autoritären Regierungsmodells ist die Förderung von Demokratie oder Rechtsstaatlichkeit explizit kein Ziel der chinesischen EZ. Sie wird vielmehr als ein diplomatisches Instrument betrachtet, das dazu dient, politische und wirtschaftliche Eigeninteressen zu fördern. Hierbei versteht die chinesische Regierung EZ nicht als einseitige Hilfe eines Gebers an ein Empfängerland, sondern als wechselseitige Kooperation zwischen zwei Ländern des Globalen Südens, die für beide Parteien gleichermaßen Nutzen bringen soll (equality und mutual benefit).

Aus ihrem Selbstverständnis als Entwicklungspartner heraus strebt die chinesische Regierung eine „unabhängige Entwicklung“ der Partnerländer an. Demnach muss jedes Partnerland – genau wie China selbst – seinen eigenen Entwicklungspfad finden. Obwohl die chinesische Regierung ihre eigenen Erfahrungen mit anderen Entwicklungsländern teilt – und hierfür 2016 auch das Institut für Süd-Süd-Kooperation und Entwicklung an der Peking-Universität gegründet hat – argumentiert sie, dass es keinen allgemeingültigen, auf andere Länder übertragbaren Entwicklungspfad gibt. In der Praxis bedeutet dies, dass China politische Konditionalitäten wie die Verknüpfung von EZ an die Einhaltung von Menschenrechtsstandards kategorisch ablehnt. Wirtschaftliche Konditionalitäten, wie beispielsweise Lieferbindung an chinesische Produkte und Unternehmen, werden jedoch sehr wohl durchgesetzt. Dieser sogenannte No-Strings-attached-Ansatz unterscheidet sich deutlich von traditionellen Gebern, die Leistungen zum Teil an Wirtschafts- oder politische Reformen, die Wahrung von Rechtsstaatsprinzipien oder gute Regierungsführung im Partnerland knüpfen.

Umfang und Allokation der Entwicklungsgelder

China legt ein sehr weites Verständnis von EZ zugrunde. Dieses beinhaltet einerseits staatliche Zuschüsse, zinsfreie und konzessionäre – also zinsgünstige – Kredite und direkte Sachleistungen, etwa den Bau von Krankenhäusern oder Schulen, die Bereitstellung von Ausrüstung und Technologie, die Entsendung medizinischer Helfer oder anderer Experten, Ausbildungsprogramme, Stipendien oder humanitäre Hilfe. Die chinesische Regierung spricht manchmal von „Hilfe“ (aid oder assistance), wenn sie sich explizit auf die genannten Leistungen bezieht. Diese entsprechen ungefähr der Definition öffentlicher Entwicklungsleistungen im Sinne des OECD Development Assistance Committees – sogenannte Official Development Assistance (ODA) oder auch ODA-Leistungen –, wonach EZ mindestens eine Zuschusskomponente von 25 Prozent beinhalten muss.

Meist benutzt die chinesische Regierung aber den Begriff der „Entwicklungszusammenarbeit“, der darüber hinaus auch kommerzielle Kredite, Exportkäuferkredite für Importeure chinesischer Produkte oder Direktinvestitionen beinhalten kann. Zum Beispiel schlüsselte sie 2021 in ihrem Weißbuch „Chinas internationale Entwicklungszusammenarbeit im neuen Zeitalter“ das Gesamtvolumen chinesischer Entwicklungshilfe – also nur Zuschüsse, zinsfreie und zinsgünstige Kredite – zwischen 2013 und 2018 auf. Jedoch wird im Weißbuch gleichzeitig auch die Belt and Road Initiative mit ihrer viel breiteren Zielsetzung und ihren oftmals kommerziellen Krediten als integraler Bestandteil chinesischer EZ präsentiert. Diese definitorische Ungenauigkeit sorgt bei westlichen Betrachtern oft für Verwirrung und bereitet Schwierigkeiten im Vergleich mit anderen Gebern.

Grundsätzlich gibt es nur wenig gesicherte Informationen zum Umfang der Entwicklungsgelder und zur Allokation nach Ländern. In ihrem Weißbuch bezifferte die chinesische Regierung das Gesamtvolumen ihrer Entwicklungshilfe (also ODA-vergleichbare Leistungen) zwischen 2013 und 2018 auf 270,2 Milliarden Renminbi, was etwa 42 Milliarden US-Dollar entspricht. Ungefähr 45 Prozent dieser Mittel flossen nach Afrika, etwa 37 Prozent nach Asien und nur 4,2 Prozent an internationale Institutionen. Wo genau die chinesische Entwicklungshilfe alloziert wird, ist unbekannt. Damit Partnerländer sich nicht untereinander vergleichen und weil viele chinesische Bürgerinnen und Bürger der Auffassung sind, dass Entwicklungsgelder besser im eigenen Land investiert werden sollten, veröffentlicht die Regierung keine nach Ländern und Jahren aufgeschlüsselten Finanzvolumen.

Verschiedene westliche und chinesische Forschende und Institutionen versuchen daher, den Umfang chinesischer EZ zu schätzen. Viele wissenschaftliche Untersuchungen basieren dabei auf Medienberichten, öffentlichen Absichtserklärungen und anderen öffentlich zugänglichen Dokumenten. Da jedoch längst nicht alle angekündigten Vorhaben tatsächlich umgesetzt werden, erfordert diese Methodik gründliches Nachrecherchieren und eine sorgfältige Unterscheidung zwischen ODA-Leistungen im Sinne der oben genannten Definition und solchen Projekten, die durch Kredite chinesischer Staatsbanken mit weniger hohen oder keinen Zuschüssen finanziert werden (sogenannte sonstige öffentliche Leistungen).

Eine umfassende Datensammlung von AidData zeigt, dass China zwischen 2001 und Mitte 2022 weltweit etwa 140 Milliarden US-Dollar an ODA-vergleichbaren Leistungen erbracht hat. Die China Africa Research Initiative, deren Zahlen auf Werten des chinesischen Finanzministeriums basieren, sieht das Gesamtvolumen dieser Leistungen zwischen 2000 und 2024 bei lediglich rund 51 Milliarden US-Dollar. Beide Werte würden China zu einem kleinen bis mittelgroßen Geber machen; deutlich kleiner als die USA, Japan oder Deutschland. Mit rund einer Billion US-Dollar fallen die sonstigen öffentlichen Leistungen, zu denen auch weniger vorteilhafte oder kommerzielle Kredite chinesischer Staatsbanken im Rahmen der Belt and Road Initiative gehören, allerdings deutlich umfangreicher aus.

Die Allokation nach Sektoren zeigt, wie stark die chinesische EZ mit Wirtschaftsinteressen verknüpft ist. Nach Information von AidData verausgabte China die meisten ODA-vergleichbaren Leistungen zwischen 2000 und 2021 für Projekte im Transportsektor, gefolgt von Energie, Unterstützung für Schuldenerlass sowie Projekten im Bereich Industrieförderung, Bergbau und Infrastruktur. Nur rund 10 Prozent der Gelder wurden für Sozialpolitik und Gesundheit veranschlagt.

In Reaktion auf Kritik an der Belt and Road Initiative bezüglich Schuldentragfähigkeit sowie Umwelt- und Sozialstandards der Infrastrukturprojekte hat China nicht nur diese Initiative reformiert, sondern parallel dazu auch eine Initiative für „kleine, aber feine“ Entwicklungsprojekte eingeführt. Diese sollen wirtschaftlich tragfähig sein und einen positiven Beitrag zur sozialen Entwicklung und zum Umweltschutz leisten, etwa im Bereich der Landwirtschaft, der Medizin oder der beruflichen Bildung.

Implementierung

Chinas EZ wird durch ein komplexes System mit einer Vielzahl an Akteuren und Institutionen umgesetzt. Eine wichtige Neuerung war 2018 die Gründung der China International Development Cooperation Agency (CIDCA), einer zentralen Entwicklungsagentur, die die Projektplanung und Koordination zwischen den verschiedenen chinesischen Akteuren und Durchführungsorganen verbessern soll. Neben der CIDCA spielt das chinesische Handelsministerium eine zentrale Rolle bei der Abwicklung von Projekten. Im Partnerland kommen als Projektpartner nur staatliche Institutionen in Betracht. Auch hier steht das chinesische Vorgehen im Gegensatz zu traditionellen Gebern, die oft mit zivilgesellschaftlichen Organisationen im Partnerland zusammenarbeiten. Durchgeführt werden Projekte letztendlich von verschiedenen Organisationen, die chinesischen Fachministerien auf Staats- beziehungsweise Provinzebene untergeordnet sind, oder von chinesischen Firmen.

Kredite verbleiben häufig in der Hand chinesischer Banken (meist der Export-Import Bank of China oder der China Development Bank) und werden nach Fertigstellung des Projekts direkt an die chinesischen Vertragspartner ausgezahlt. Kredite können teilweise auch mit Agrarprodukten, Rohstoffen oder den zukünftigen Einnahmen aus fertiggestellten Projekten (etwa durch Verkauf von Energie oder Mautgebühren) gesichert werden. In diesem Fall wird neben dem eigentlichen Kredit ein Vertrag zum Verkauf bestimmter Güter an chinesische Abnehmer geschlossen.

Kritik, Wirksamkeit und Wahrnehmung

Kritik insbesondere auch westlicher Akteure an der chinesischen EZ bezieht sich auf fehlende Transparenz, Nachhaltigkeit und Korruption, Probleme rund um die Schuldentragfähigkeit sowie Versuche geopolitischer Einflussnahme.

Seit der Intensivierung chinesischer EZ Anfang der 2000er Jahre mangelt es an Transparenz darüber, zu welchen Konditionen und in welchen Ländern einzelne Projekte finanziert werden. Zum einen kann ein einzelnes Projekt über mehrere verschiedene Finanzierungsmodi finanziert sein, wenn zum Beispiel Bau, Ausstattung oder die Inbetriebnahme öffentlicher Infrastruktur über mehrere Phasen gefördert werden. Darüber hinaus haben Forschende in einem systematischen Vergleich festgestellt, dass chinesische Kreditverträge seit 2014 ungewöhnlich starke Vertraulichkeitsklauseln enthalten. In der Folge bleiben Kredite teilweise selbst in Empfängerländern undokumentiert. Solche sogenannten verborgenen Schulden, das heißt Staatsschulden, die nicht in der öffentlichen Buchhaltung festgehalten sind, unterminieren nicht nur die Rechenschaftspflicht der Empfängerländer gegenüber ihren Bürgern und gegebenenfalls internationalen Gläubigern, sondern auch die Rechenschaftspflicht der chinesischen Regierung gegenüber ihren eigenen Bürgern. Darüber hinaus haben sich verborgene Schulden in den vergangenen Jahren zunehmend als Problem manifestiert, weil sie das Ausmaß der Staatsverschuldung in Empfängerländern verschleiern und damit einer Umschuldung – also der Ablösung eines bestehenden Kredites durch einen neuen – überschuldeter Staaten im Wege stehen.

Chinas Rolle bei der Verschuldung von Ländern im Globalen Süden wird besonders kontrovers diskutiert. Nach Informationen der Weltbank war China Ende 2022 Gläubiger von rund 180 Milliarden US-Dollar internationaler Schulden von Niedrig- und Mitteleinkommensländern. Einige Länder haben einen besonders hohen Schuldenstand bei China, so etwa Laos oder Simbabwe mit 51 beziehungsweise 43 Prozent. Bei westlichen Partnern besteht die Sorge, China könne die Schulden nutzen, um sein geopolitisches Gewicht zu stärken und die wirtschaftliche Abhängigkeit afrikanischer Länder von China zu vergrößern. Auf Nachfrage und Drängen hat China Schulden erlassen; in afrikanischen Ländern zwischen 2000 und 2019 beispielsweise 3,4 Milliarden US-Dollar. In der Regel stundet China allerdings vor allem zinsfreie Kredite. Bei anderen Krediten hat China in einigen Fällen die Rückzahlungszeiträume verlängert, um Länder in Zahlungsschwierigkeiten zu unterstützen. Auf diese Art wurden zwischen 2009 und 2019 Kredite in Höhe von etwa 19 Milliarden US-Dollar umstrukturiert.

Weil sich China der Nichteinmischungspolitik verschreibt, Konditionalität ablehnt und Projekte durch chinesische Betriebe vorgeschlagen und dann von Partnerländern angefragt werden können, fürchten Kritiker, dass chinesische EZ Korruption befördert beziehungsweise zu überteuerten Projekten führt. Tatsächlich wurden in der Vergangenheit in den Anti-Korruptionskampagnen von Staatspräsident Xi Jinping unter anderem hochranginge Funktionäre erfasst, die in der EZ tätig sind.

Wenn die Finanzierung chinesischer Projekte intransparent ist, stellt sich die Frage, mit welchem Maßstab die Wirkung chinesischer EZ gemessen und womit sie sinnvoll verglichen werden kann. China tritt in vielen Ländern als prominenter und sichtbarer Wirtschaftspartner auf; unklar bleibt aber oft, welche Projekte tatsächlich als ODA-vergleichbare Leistungen betrachtet werden können und welche als sonstige öffentliche Leistungen.

Wissenschaftler kommen zu dem Ergebnis, dass beide Leistungen von China unterschiedlich eingesetzt werden und auch zu unterschiedlichen Resultaten führen. Demzufolge sind Chinas ODA-vergleichbare Leistungen stärker politisch motiviert, fließen vor allem in Niedrigeinkommensländer oder werden angeboten, um andere außenpolitische Eigeninteressen im Empfängerland zu fördern. Sie fließen nicht – wie oft behauptet – überproportional in Länder mit natürlichen Rohstoffen und auch nicht häufiger in autoritäre Länder als zum Beispiel US-amerikanische Entwicklungsgelder. Allerdings lässt sich nachweisen, dass Chinas Entwicklungsgelder von den Machthabenden in Partnerländern strategisch zum Machterhalt genutzt werden. Solche Projekte werden überproportional in den Heimatregionen der Präsidenten oder Premierminister umgesetzt – besonders häufig im Vorfeld von Wahlen. Sonstige öffentliche Leistungen chinesischer Staatsbanken, wie beispielsweise viele große Infrastrukturprojekte, folgen einer anderen Logik: Sie orientieren sich mehr an der Wirtschaftlichkeit der Projekte und fließen häufiger in autoritäre oder korrupte Länder.

Hat chinesische EZ positive Effekte für Entwicklung? Studien zeigen, dass beide Formen chinesischer Leistungen zu Wirtschaftswachstum und sozioökonomischer Entwicklung beitragen und dabei manchmal besser abschneiden als Projekte der Weltbank. Jedoch variieren die Wirkungen chinesischer EZ regional und scheinen insgesamt in Afrika größer zu sein als in Lateinamerika und Asien, da sie durch den höheren Infrastrukturbedarf in afrikanischen Ländern mehr zur wirtschaftlichen Aktivität in peripheren Gebieten beitragen.

Obwohl Chinas Engagement in einigen Ländern kontrovers diskutiert wird und teilweise zu Protesten geführt hat, zeigen repräsentative Umfragen für den afrikanischen Kontinent, dass eine Mehrheit der Bevölkerung Chinas Einfluss positiv bewertete. Auch politische und wirtschaftliche Eliten in afrikanischen Staaten, aber auch in anderen Ländern des Globalen Südens sehen Kooperation mit China überwiegend positiv. Trotz kritischer Debatten über die Schuldentragfähigkeit oder geringe Umwelt- und Sozialstandards in chinesischen Infrastrukturprojekten begrüßt eine Mehrheit unter ihnen Chinas Infrastrukturfinanzierung und betont die wirtschaftlichen Chancen, die sich durch günstige finanzielle Konditionen und die schnelle Projektimplementierung ergeben. Gleichzeitig werden aber auch die Herausforderungen gesehen, die mit den Projekten einhergehen, etwa Intransparenz, Korruption und Umweltverschmutzung.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. Rolf Schwarz/Marina Rudyak, China’s Development Co-Operation, Organisation für internationale Zusammenarbeit (OECD), Development Co-Operation Working Papers No. 113, 2023.

  2. The State Council Information Office of the People’s Republic of China (SCIO), China’s International Development Cooperation in the New Era, 10.1.2021, Externer Link: https://english.www.gov.cn/archivewhitepaper/
    202101/10/content_WS5ffa6bbbc6d0f72576943922.html
    .

  3. Vgl. Schwarz/Rudyak (Anm. 1).

  4. Vgl. ebd.

  5. Vgl. SCIO (Anm. 2).

  6. Vgl. ebd.

  7. Vgl. AidData, Global Chinese Development Finance Dataset, Version 3.0, 2023, Externer Link: https://www.aiddata.org/data/aiddatas-global-chinese-development-finance-dataset-version-3-0.

  8. Vgl. John Hopkins China Africa Research Initiative, Chinese Global Foreign Aid Expenditure, Mai 2025, Externer Link: https://www.sais-cari.org/data-chinese-global-foreign-aid.

  9. Vgl. Hangwei Li/Christine Hackenesch, FOCAC 2024: Moving Away From Large Infrastructure Deals Towards Normative Power of China, 16.9.2024, Externer Link: https://www.megatrends-afrika.de/publikation/megatrends-spotlight-38-focac-2024-towards-normative-power-of-china; Ministry of Foreign Affairs of the People’s Republic of China, Forum on China-Africa Cooperation Beijing Action Plan (2025–2027), 5. 9. 2024, Externer Link: https://www.mfa.gov.cn/eng/xw/zyxw/202409/t20240905_ 11485719.html.

  10. Vgl. Leah Lynch et al., China’s Foreign Aid: A Primer for Recipient Countries, Donors, and Aid Providers, Center for Global Development, CGD Note Juli 2020.

  11. Vgl. Anna Gelpern et al., How China Lends. A Rare Look into 100 Debt Contracts with Foreign Governments, in: Economic Policy 114/2023, S. 345–416.

  12. Vgl. ebd.

  13. Vgl. Weltbank, International Debt Report 2023, Washington, D.C. 2023.

  14. Noah Cheruiyot Mutai et al., Examining the Sustainability of African Debt Owed to China in the Context of Debt-Trap Diplomacy, in: Scientific African 2/2024, e02164.

  15. Kevin Acker et al., Debt Relief with Chinese Characteristics, China Africa Research Initiative, Working Paper 39/2020.

  16. Vgl. Axel Dreher et al., Banking on Beijing: The Aims and Impacts of China’s Overseas Development Program, Cambridge 2022. Bei der Bewertung der Anti-Korruptionskampagnen muss jedoch berücksichtigt werden, dass diese in Teilen politisch motiviert sind.

  17. Vgl. ebd.

  18. Dieser statistische Befund ist möglicherweise auch einem Substitutionseffekt geschuldet, wobei China teilweise Projekte finanziert, die ansonsten durch die Weltbank finanziert würden. Vgl. ebd.; Courage Mlambo, China in Africa: An Examination of the Impact of China’s Loans on Growth in Selected African States, in: Economies 7/2022, Art. 154.

  19. Vgl. Dreher et al. (Anm. 16).

  20. Vgl. Josephine Appiah-Nyamekye Sanny/Edem Selormey, Africans Welcome China’s Influence But Maintain Democratic Aspirations, Afrobarometer No. 489, 2021.

  21. Vgl. Samantha Custer et al., BRI from the Ground Up. Leaders from 129 Countries Evaluate a Decade of Beijing’s Signature Initiative, AidData Policy Report März 2024.

Lizenz

Dieser Text ist unter der Creative Commons Lizenz "CC BY-NC-ND 3.0 DE - Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland" veröffentlicht. Autoren/-innen: Julia Bader, Christine Hackenesch für Aus Politik und Zeitgeschichte/bpb.de

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ist Associate Professor am Department of Political Science der Universität Amsterdam und forscht unter anderem zu Chinas Außenpolitik.

ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am German Institute of Development and Sustainability (IDOS).