Die wohl wichtigsten frühen Ansätze für einen nicht-akademischen künstlerischen Ausdruck, seine eigenverantwortliche Präsentation und neue, ungewohnte Organisations- und Kommunikationsformen fanden in Leipzig ihr Zentrum im Gartenatelier Günther Huniats im Stadtteil Stötteritz. Gemeinsam mit Freunden wie Manfred Smollich, Gil Schlesinger, Roland Frenzel und Thomas Ranft besetzte Huniat leerstehende, dem Verfall preisgegebene Häuser, um sie mit den eigenen Bildern und Objekten wiederzubeleben. Wurde eines der Gebäude abgerissen, zog er ins nächste, wenige Meter weiter. Die hinter dem einen – Nummer 73 in der Holzhäuser Straße – liegenden, verwilderten Gärten verwandelte er 1972 in ein weiträumiges Freiluftatelier, den Plastikgarten Stötteritz. Dort gründete Huniat acht Jahre später die Freiluftgalerie Stötteritz, in der bis 1989 in den Sommermonaten dreizehn Ausstellungen mit Skulpturen, Objekten und Installationen stattfanden.
Die Freiluftgalerie Stötteritz
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Im Gartenatelier Günther Huniats, der späteren Freiluftgalerie Stötteritz, fanden die wohl wichtigsten frühen Ansätze für einen nicht-akademischen künstlerischen Ausdruck und seine eigenverantwortliche Präsentation ihr Zentrum.
Fotos aus der Freiluftgalerie Stötteritz
Vorbereitung der „Tangente-Ausstellung“ im Plastikgarten Stötteritz, Mai 1977: Lutz Dammbeck (links) und Hans Hendrik Grimmling.
Gemeinsame Malaktion für die „Tangente-Ausstellung“ im Plastikgarten Stötteritz, Mai 1977: Lutz Dammbeck, Gregor-Torsten Schade (Kozik), Hans
Hendrik Grimmling, Andreas Dress, Frieder Heinze.
Fußballspiel der „ART-BREAKER Leipzig“ gegen „Clara Mosch“, November 1977: u.a. mit Lutz Dammbeck, Michael Morgner, Frieder Heinze, Peter
Schnürpel, Gregor-Torsten Schade, Rolf Münzner, Johannes Heisig, Günther Huniat, Hans Hendrik Grimmling, Wolfgang Biedermann.
„Mogollon-Preis“-Verleihung in Karl-Marx-Stadt an die „Clara Mosch“, 31. Mai 1980: Günther Huniat, Lutz Dammbeck, Thomas Ranft (v.l.n.r.).
Fußballspiel der „ART-BREAKER Leipzig“ gegen „Clara Mosch“, 1980: u.a. mit Frieder Heinze, Johannes Heisig, Hans Hendrik Grimmling, Lutz
Dammbeck.
Fußballspiel der „ART-BREAKER Leipzig“ gegen „Clara Mosch“, 1980: Frieder Heinze, Lutz Dammbeck, Rolf Münzner, Claus Baumann, Wolfgang
Biedermann, Peter Schnürpel, Gregor-Torsten Kozik.
Im Plastikgarten Stötteritz, Juli 1982: Susanne Kucharski-Huniat, Günther Huniat, Roland Frenzel, Lutz Dammbeck (v.l.n.r.).
Frieder Heinze und Günther Huniat.
Plastikgarten Stötteritz, ca. 1982.
Ab 1975 erweiterte sich der Freundeskreis: Andreas Dress kam aus Dresden, Gregor-Torsten Schade (Kozik), Frieder Heinze, Hans-Hendrik Grimmling und Lutz Dammbeck waren sich beim Studium an der
1977 entwickelten die gerade in den Verband Bildender Künstler aufgenommenen jungen Hochschulabsolventen mit dem Projekt "Tangente“ erstmals die Idee einer gemeinsamen "grenzüberschreitenden“ Ausstellung, die parallel zur VIII. Kunstausstellung der DDR in Dresden stattfinden sollte. Unbefriedigt von den immer wieder gleichen Konstellationen zusammengetragener Bilderberge in den zentral geplanten Präsentationen entstand das Bedürfnis, zu einer selbst gewählten Korrespondenz von Form, Farbe oder Thema zu gelangen und mit dem Publikum in direkten Kontakt zu treten. Nicht mehrere, auf ein Genre begrenzte Einzelkollektionen sollten gezeigt werden, sondern das, was den künstlerischen Alltag bedeutete, nämlich das aufmerksame Verfolgen der Arbeit des anderen, die kommunikative Bezugnahme aufeinander und zu anderen künstlerischen Disziplinen. Geplant war gleichermaßen die Anwesenheit der Künstler während des gesamten Zeitraumes, um die entstandenen Gemeinschaftsprojekte vorzustellen und Diskussionen zu provozieren, wie das Vorführen eigener Experimental- und Animationsfilme sowie die Veranstaltung von Lesungen, Konzerten und Theateraufführungen. War dieses Vorhaben noch in Abstimmung mit den offiziellen Institutionen des Verbandes Bildender Künstler, des Rates des Bezirkes und der Partei geplant worden und deshalb an ideologischen Auflagen und politischen Intrigen gescheitert, gelang der Gruppe im Herbst 1984 ein handstreichartiger Piratenakt – in der Messehalle am Markt fand der als Werkstatt deklarierte
Die Künstler verstanden ihre Aktion als ästhetischen Befreiungsschlag von einer bevormundenden staatlichen Genehmigungspraxis, Partei und Behörden sahen darin ein Beispiel "konterrevolutionärer Entwicklungen“ und damit eine politische Provokation. Deshalb wurden Günther Huniat und Hans-Hendrik Grimmling auf Anweisung des Verbandspräsidenten Willi Sitte aus der Sektionsleitung des Leipziger Bezirksvorstandes entfernt. Frieder Heinze solidarisierte sich und trat selbst aus. Ohne Zuversicht auf ein baldiges Aufbrechen der festgefahrenen Verhältnisse verließen Lutz Dammbeck, Hans-Hendrik Grimmling und der am Herbstsalon ebenfalls beteiligte Günter Firit 1986 die DDR.
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Geb. 1965, Kunsthistorikerin, arbeitet als freiberufliche Autorin und Lektorin in Berlin.