Textversion des Video-Interviews
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Zu den Weltfestspielen wurden eben auch orientiert, bzw. ganz politisch bewusst, viele Dinge möglich oder zugelassen, die man davor und danach nicht zugelassen hätte. In dieser Woche war da Open Air, da war eben Woodstock.
Hinsichtlich der Solidarität, hinsichtlich der Völkerfreundschaft oder der internationalen Verbundenheit war das Bekenntnis bei der Jugend, glaube ich, ein relativ echtes. Das ist aber noch längst kein Bekenntnis zu dem Staat DDR oder zum Regime der SED! Die Masse der Teilnehmer hat dieses politische Bekenntnis, was die DDR-Medien und die SED-Politikteilnehmer so hervorgehoben haben im Zusammenhang mit den Weltfestspielen, eher beiseite gedrückt oder beiseite geschoben und sich sozusagen diesem Fest von jugendlichem Frohsinn und internationalem Treffen hingegeben.
Also, wenn man von heute ausgeht, dann ist es wirklich frappierend, wie breit diese Erinnerungskultur geworden ist. Es gibt einen ganz bewussten Trend, auch die Alltagserfahrung der Ostdeutschen in der Geschichte zu bedienen. Das ist auf der einen Seite natürlich ein gewinnträchtiges Geschäft für die Kulturindustrie, bitte schön, es ist auf der anderen Seite aber auch ein Reflex darauf, dass in den – zumindest in der ersten Hälfte – der 90er doch sehr stark eine offizielle, eine theoretische, eine vorwiegend wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der DDR-Geschichte stattfand. Jeder Ostdeutsche beschäftigt sich mit seiner Geschichte inzwischen aus einer großen Distanz: Es sind über zehn Jahre vergangen, dass die DDR zusammengebrochen ist. Keiner will die DDR wieder haben, aber er will natürlich auch nicht ohne Vergangenheit sein.
Keiner will die DDR wiederhaben, aber keiner will ohne Vergangenheit sein (2) Gerd Dietrich, Historiker
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Gerd Dietrich erlebte die Weltfestspiele 1973 als 28-Jähriger. Das Jugendfestival hat er als großes Open-Air-Fest in Erinnerung, das mehr Lebensgefühl als politisches Bekenntnis war.
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