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Freiheiten des Alltags | Weltfestspiele 1973 | bpb.de

Weltfestspiele 1973 Einführung Video-Interviews mit Zeitzeugen I Der Umgang mit der DDR war nicht fair Wir haben unser Leben am Staat vorbei gelebt Neugierde auf eine "fremde Welt" Der Bessere hat gewonnen Keiner will die DDR wiederhaben, aber keiner will ohne Vergangenheit sein Hinterher war alles beim Alten Lieber Kneipen in Westberlin als Weltfestspiele in der DDR Das Erlebnis einer DDR, die nicht so muffig war "Wie hälst du es mit den Freiheitsrechten?" Einfach mal die andere Seite der Stadt kennen lernen Es war ganz sicher Woodstock Der Wunsch nach Offenheit kann ansteckend sein Video-Interviews mit Zeitzeugen II Erwartet wurde eine klare Niederlage Urlaub von der DDR Ostalgie als Standard-Sehnsucht Mich hat die neue Zeit geküsst Heutzutage ist die kulturelle Vielfalt überall Die Weltfestspiele als Satire Wie ein Rausch und die Flachtrommel mit dabei Dem SED-Mann gingen die FDJler von der Stange Freiheiten des Alltags Das Thema ist immer Kapitalismus und Sozialismus gewesen Die Weltfestspiele damals und heute Chronik Das Jahr 1973 Weltfestspiele in Zahlen und Fakten Hinter den Kulissen des X. Festivals ND-Titelblatt vom 29. Juli 1973

Freiheiten des Alltags Dr. Stefan Wolle, Historiker

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Nach einem Universitätsverweis musste sich der Student Stefan Wolle zunächst in der Produktion "bewähren". 1973 kehrte er an die Humboldt-Universität zurück und nahm als "Kulisse" bei den Weltfestspielen teil. Gemeinsam mit anderen FDJ-lern wurde er für Diskussionsrunden vor allem mit westdeutschen Teilnehmern "angefordert."

Freiheiten des Alltags

Stefan Wolle im Interview

Freiheiten des Alltags

Der Historiker und DDR-Kritiker nahm 1973 an organisierten Diskussionsrunden mit westdeutschen Teilnehmern teil.

Textversion des Video-Interviews

Ich bin damals Student der Humboldt-Universität gewesen, allerdings in einer sehr pikanten Situation: Ich bin einige Zeit vorher wegen ideologischer Schwierigkeiten von der Universität verwiesen worden und musste dann mich in der Produktion bewähren, wie es damals hieß, und kam an die Universität zurück, gerade zu dem Zeitpunkt, als die Weltfestspiele begannen.

Ich habe natürlich sehr viel gewusst über die Hintergründe, durch diese Einbindung in diese organisierte Gruppe – wir waren denn auch zusammengefasst in einer Schule hier in Berlin – und es ging also früh los, recht militärisch und eigentlich auch generalstabsmäßig geplant. Wir wurden dann irgendwo hin geschickt, wo "die Brennpunkte waren der Diskussion", wo Westdeutsche oder andere Gruppen auftraten, wo einfach ein bißchen Kulisse gebraucht wurde, da sind wir dann sozusagen hinbeordert worden, per Telefonanruf. Da wurden dann 100 FDJler verlangt oder 500 oder 1.000 und das ging dann zack, zack, zack.

Es waren interessante Tage. Wir haben ja einfach dieses internationale Treiben sehr genossen und das war dann auch nicht mehr hundertprozentig zu kontrollieren, von niemandem. Von keiner FDJ-Führung und von keiner Staatssicherheit. Und ich habe damals vieles überhaupt zum erstenmal gehört, was da vor sich geht, im Iran zum Beispiel. Ich kann mich an eine lange, interessante Diskussion erinnern mit iranischen Studenten. Das war einfach eine Möglichkeit, den Horizont zu weiten.

Insgesamt, die ersten Jahre von Honecker – also so zwischen etwa '71 und '76 – war schon die Zeit der relativ größten Übereinstimmung zwischen der SED-Führung und der Bevölkerung. Die Leute nahmen die kleinen Freiheiten des Alltags gerne an, aber sagten dann: Wir hätten gerne ein bißchen mehr davon. Und irgendwo musste der Staat dann die Notbremse ziehen. Das tat er dann im November '76 demonstrativ durch die Ausweisung von Wolf Biermann.

Fussnoten