Ereignis
Das Kloster Visoki Dečani, erbaut in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, zählt zu den bedeutendsten serbischen mittelalterlichen Klöstern und gilt als eines der geistlichen Zentren der Serben im Kosovo. Neben seiner Bedeutung für die serbische Gemeinde gehört Dečani auch zum UNESCO-Weltkulturerbe. Da es während der serbisch-albanischen Konflikte wiederholt zum Ziel von Angriffen wurde, steht das Kloster seit 1999 unter dem Schutz der internationalen KFOR-Truppen.
Während des Höhepunkts des Konflikts zwischen Serben und Albanern im Kosovo in den Jahren 1998 und 1999 wurde das Kloster dank Vater Sava Janjić zum Zufluchtsort für beide Volksgruppen. Vater Sava sah die Albaner als Nachbarn und nicht als Feinde an, deshalb öffnete er 1999 das Kloster für 200 albanische Familien, die sich hier vor Miloševićs Polizei versteckten. Serbische zivile Organisationen im Kosovo betonen, dass „die Hilfe und der Schutz, den die albanischen Flüchtlinge im Laufe des Jahres 1999 im Kloster erhalten haben, ein einzigartiges Beispiel der Menschlichkeit im Irrsinn des Krieges darstellen.“ Kurz danach nahm das Kloster 50 serbische Flüchtlinge auf, die die Befreiungsarmee des Kosovo aus den umliegenden Dörfern vertrieben hatte.
Vater Sava Janjić war die Stimme der Vernunft, sowohl in Fragen der serbischen als auch der albanischen Politik. Er war ebenso offen in seiner Kritik an Slobodan Milošević wie in der an der albanischen Führung und befand, dass es sich um zwei politische Positionen handelte, die „fest im 19. Jahrhundert verankert“ seien. Stets war er sich bewusst, dass man Vertrauen aufbauen und gemeinsam den Grundstein für ein zukünftiges gemeinsames Leben legen muss. Außerdem scheute er sich bereits 1998 nicht, zu betonen, dass sowohl Radovan Karadžić und Ratko Mladić als auch Slobodan Milošević und Franjo Tuđman nach Den Haag gehören, was in Serbien selbst ein Vierteljahrzehnt später nur selten ausgesprochen wird. Vater Sava war auch eines der Mitglieder der ersten Delgationen, die sich seit 1999 im Beisein von internationalen Repräsentantinnen und Repräsentanten mit der politischen Führung der Kosovo-Albaner trafen.
Seitdem spielt Vater Sava eine wichtige Rolle im Versöhnungsprozess zwischen Serben und Albanern sowie in der Förderung des Dialogs. Seine Arbeit trägt nicht nur zum Schutz des Kulturerbes bei, sondern er setzt sich auch für eine friedliche Beilegung der Konflikte im Kosovo ein. Seine Position brachte ihm zwar unter den serbischen und albanischen Extremisten zahlreiche Feinde ein, aber er genießt großen Respekt unter jenen, die den Frieden und den Dialog anstreben.
Joseph Biden (ehemaliger Präsident der USA, damals Vizepräsident der USA) wandte sich bei einem Besuch in Visoki Dečani im Jahr 2009 direkt an Vater Sava Janjić:
Biografie
Der orthodoxe Archimandrit und Vorsteher des Klosters Visoki Dečani, Sava Janjić, wurde 1965 in Dubrovnik (Kroatien, damals Jugoslawien) als Dragutin Janjić geboren. Er stammt aus einer binationalen Familie, sein Vater war Serbe und seine Mutter Kroatin. Die Grundschule, das Gymnasium sowie die Musikschule absolvierte er in Trebinje (Bosnien-Herzegowina), anschließend studierte er Anglistik und Germanistik an der Philologischen Fakultät in Belgrad und besuchte parallel dazu Vorlesungen an der Theologischen Fakultät. 1989 enschied er sich für ein Leben als Mönch und wurde Novize im Kloster Crna Reka, wo er 1991 den Namen Sava erhielt. Seit 1992 lebt er im Kloster Visoki Dečani und hat dort verschiedene Positionen durchlaufen: vom Diakon über den Klostervorsteher bis zum Archimandriten. Er war einer der ersten in der Serbischen orthodoxen Kirche, der Computer und Internet benutzte und später auch in sozialen Netzwerken aktiv wurde; dadurch ist er seit Mitte der 1990er Jahre auch als „Cyber Sava“ bekannt. Neben dieser Aktivität und seinem Geigenspiel ist Vater Sava auch für seine Sprachbegabung (er übersetzt sogar geistliche Literatur aus dem Griechischen ins Serbische), seine diplomatischen Fähigkeiten und seine Medienaffinität bekannt. Er setzt sich aktiv für die Erhaltung des serbischen Kulturerbes im Kosovo ein.
Links
Branka Mihajlović, „Das Kloster Dečani als Ort der albanisch-serbischen Versöhnung“, Radio Slobodna Evropa, 26.05.2009. Externer Link: https://www.slobodnaevropa.org/a/manastir_decani/1740133.html
Miljenko Jergović, „Vater Sava in schrecklichen Zeiten“, Politika, 10.07.2008. Externer Link: https://www.politika.rs/sr/clanak/48300/specijalni-dodaci/otac-sava-u-strasnim-vremenima
Jelena Tasić, „Archimandrit Sava (Janjić): Der Klostervorsteher von Dečani“, Danas, 16.04.2021. Externer Link: https://www.danas.rs/vesti/drustvo/arhimandrit-sava-janjic-decanski-iguman/
„Der Klostervorsteher“, Kloster Visoki Dečani, Externer Link: https://www.decani.org/sr/zivot/iguman
Daniel Simpson, „A Maveric Serbian Priest in Kosovo, Now Mistrusted by all“, The New York Times, 09.01.2003. Externer Link: https://www.nytimes.com/2003/01/09/world/a-maverick-serbian-priest-in-kosovo-now-mistrusted-by-all.html?searchResultPosition=5