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Staatsbürgerschaft | Albanien | bpb.de

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Staatsbürgerschaft

Julie Vullnetari

/ 3 Minuten zu lesen

Die Anfänge

Als Teil des Osmanischen Reichs galt in Albanien bis zur Unabhängigkeitserklärung im Jahr 1912 die Osmanische Rechtsprechung. Das erste Dokument, das Bestimmungen zur albanischen Staatsangehörigkeit enthielt, war die erste Verfassung des Landes, die 1914 angenommen wurde. Die Staatsbürgerschaft beruhte auf einer Kombination von Abstammung und Aufenthalt, die doppelte Staatsbürgerschaft war verboten. 1929 wurden neue Bestimmungen zur Staatsangehörigkeit in einem Kapitel des Zivilgesetzbuchs des Königreichs Albanien festgeschrieben. Demnach war die doppelte Staatsbürgerschaft weiterhin verboten und die Staatsbürgerschaft wurde durch Abstammung – allerdings nur über die männliche Linie -, durch Einbürgerung nach einer bestimmten Aufenthaltsdauer, oder aber durch ein königliches Dekret erlangt.

Die kommunistischen Jahre

Die kommunistische Regierung erließ 1946 ein neues Staatsangehörigkeitsrecht, wonach die Staatsbürgerschaft durch Abstammung, Geburt in Albanien, Einbürgerung oder internationale Abkommen erlangt werden konnte. Das Gesetz erleichterte den Erwerb der Staatsangehörigkeit für Individuen albanischen Ursprungs. Durch eine Reihe von Bestimmungen zum Verlust der albanischen Staatsangehörigkeit wurde das Gesetz auch als Waffe gegen Feinde der Regierung eingesetzt. Entsprechend konnte die Staatsbürgerschaft Individuen entzogen werden, die im Ausland lebten oder sich gegen die Interessen der Volksrepublik Albanien stellten oder dieses während des Zweiten Weltkriegs getan hatten. Die Nachfolgeverordnung aus dem Jahr 1954 sprach dem Präsidium der Volksrepublik Albanien weitreichende Rechte in Bezug auf die Vergabe, die Entlassung aus und den Entzug der Staatsangehörigkeit zu.

Die frühen 1990er Jahre

Die doppelte Staatsbürgerschaft wurde zum ersten Mal 1992 in einem kurzen Präsidentenerlass eingeführt, der noch im selben Jahr in ein Gesetz überführt wurde. Dieses zielte auf die Vereinfachung des Erwerbs der albanischen Staatsangehörigkeit durch Ausländer albanischer Herkunft. Drei Gruppen profitierten von dem Gesetz:

  • Albaner aus dem ehemaligen Jugoslawien, die die albanische Staatsangehörigkeit erwerben wollten, ohne ihre andere Staatsangehörigkeit aufgeben zu müssen,

  • Albaner – insbesondere Gegner des kommunistischen Regimes – denen in den kommunistischen Jahren die albanische Staatsangehörigkeit entzogen worden war;

  • und die Diaspora, die sich nach den 1990er Jahren herausbildete.

Darüber hinaus wurde 1993 die Charta über Menschenrechte und Grundfreiheiten angenommen, die festschrieb, dass niemandem die Staatsangehörigkeit ohne sein Einverständnis entzogen werden kann.

Das Staatsangehörigkeitsgesetz von 1998

1998 wurden eine neue Verfassung – die erste echte postkommunistische Verfassung – und ein neues Staatsangehörigkeitsgesetz verabschiedet. Kindern mit mindestens einem albanischen Elternteil wurde fortan die albanische Staatsangehörigkeit automatisch zugesprochen und es wurde verfassungsrechtlich verankert, dass die Staatsbürgerschaft ohne Einverständnis des betroffenen Bürgers nicht entzogen werden darf. Das Staatsangehörigkeitsrecht adressiert auch eine Reihe von Anliegen im Zusammenhang mit im Ausland lebenden Albanerinnen und Albanern. Erstens erlaubt es die doppelte Staatsbürgerschaft (Artikel 3). Zweitens trifft das Gesetz Vorkehrungen, um Staatenlosigkeit vorzubeugen, indem es Individuen, die ihre albanische Staatsangehörigkeit verloren haben, ermöglicht, diese wiederzuerlangen. Drittens können im Ausland geborene Kinder albanischer Migranten automatisch die albanische Staatsangehörigkeit erwerben, wenn mindestens ein Elternteil albanischer Staatsbürger ist. Schließlich können ausländische Ehepartner albanischer Staatsangehöriger die albanische Staatsbürgerschaft in einem erleichterten Einbürgerungsverfahren erwerben. Voraussetzungen dafür sind, dass die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht und sie mindestens ein Jahr lang legal in Albanien gelebt haben. Bestimmte Voraussetzungen für die Einbürgerung werden im Fall von staatenlosen Personen oder Individuen, die für Albanien von besonderem wissenschaftlichem, kulturellem oder nationalem Interesse sind, aufgehoben. Tabelle 9 fasst Zahlen über den Erwerb und Verlust der albanischen Staatsangehörigkeit zwischen 1992 und dem 8. Februar 2013 zusammen.

Das Staatsangehörigkeitsrecht steht im Einklang mit EU-Recht und ist damit ein wichtiger Schritt in Albaniens Bestreben ein vollständiges Mitglied der EU zu werden. Trotzdem erweist sich die Implementierung des Gesetzes als schwierig und zivilgesellschaftliche Akteure haben bereits Bedenken angemeldet, dass marginalisierte soziale Gruppen wie die Roma keinen Zugang zu Staatsbürgerrechten hätten. Sie seien häufig staatenlos, da neugeborene Kinder nicht bei den Behörden registriert würden.

Tabelle 9: Ausgewählte Daten zum Erwerb und zum Verlust der albanischen Staatsangehörigkeit, 1992-2013

Jahr 1992 1992-19971991-20071992-20072002 2012 2013
Erwerb 1.1072.5303.184n.a.n.a.36735
Verlust n.a.668n.a.4.9491.10512890

Quellen: Büro des Präsidenten von Albanien, in: Sorraj (2007, S. 36-38, 41) zitiert nach Krasniqi (2012, S. 9-13); Externer Link: www.president.al (Zugriff: 8.2.2013)

Fussnoten

Fußnoten

  1. Dieser Abschnitt bezieht sich soweit nicht anders angegeben auf Krasniqi (2012).

  2. Dekret Nr. 1874 vom 7. Juni 1954.

  3. Verfassung der Republik Albanien, Artikel 19 und 92(c).

  4. Gesetz Nr. 8389 ''über die albanische Staatsangehörigkeit'', 5. August 1998. Amtsblatt: Jahr 1998, Nr. 21, S. 845; Datum der Veröffentlichung: 20.8.1998.

  5. Für eine detaillierte Darstellung siehe Krasniqi (2012).

  6. Krasniqi (2012).

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Dieser Text ist unter der Creative Commons Lizenz "CC BY-NC-ND 3.0 DE - Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland" veröffentlicht. Autor/-in: Julie Vullnetari für bpb.de

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Julie Vullnetari ist Postdoktorandin am Sussex Centre for Migration Research der Fakultät für Global Studies der Universität von Sussex, Vereinigtes Königreich. E-Mail: E-Mail Link: jvullnetari@gmail.com